1877 / 265 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

ewinnen wird, und ob den Bedürfnissen und Wünschen des⸗ elben Rechnung getragen ist, das möchten wir sehr bezweifeln. Vielleicht wird eine verhältnißmäßig kleine Summe im Budget erspart, die dann hundertfach vergrößert jene zu bezahlen haben, welche künftighin mit dem von Hauck vorgeschlagenen Verwaltungsorganismus in Berührung kommen müßt.“ Der „Leipz. Ztg.“ wird geschrieben: Der gestern vorg r Mehrheit der Abgeordneten kamm er beschlossene Abstrich der Summe von 6200 als Dispositionsfon ds des Staats⸗ Ministeriums des Königlichen Hauses und des Aeußern hat zur Folge, daß voraussichtlich auch die Dispositionsfonds der an⸗ deren Ministerien abgestrichen werden, und bei diesen han⸗ delt es sich schon um größere Summen. Nach den Regie⸗ rungspostulaten betragen dieselben für das Justiz⸗Ministerium 15,600 S, für das Ministerium des Innern 11,000 6, für das Kultus⸗-Ministerium 5743 s6 und für das Finanz⸗Mi⸗ nisterium 9170 S6, genau ebensoviel, als in dem bis⸗ herigen Budget bewilligt war, in der Gesammtsumme also 47,713 6 immerhin ein sehr erheblicher Betrag, der nothleidenden Beamten, Wittwen und Waisen, welche bisher damit unterstützt wurden, entgeht. Dem Vernehmen nach gedenkt nun die Mehrheit der Kammer, um nicht diese von ihr nicht beabsichtigte Folge herbeizuführen, und, wie der „Bayer. Kurier“, ein Organ derselben, sagt, „diesem Beschluß die Spitze nach dieser Richtung hin abzubrechen“, anderweitig die entsprechenden Summen, etwa bei dem allgemeinen, der Kontrole unterstehenden Unterstützungsfond, soweit das Be⸗ dürfniß sich herausstellt, zu genehmigen. Die Kammer der Abgeordneten nahm heute die Anträge des Finanz⸗ ausschusses zu den Etats „Oekonomie und Gewerbe“ an. Bei der Position des Staatsguts Schleißheim wurde ein Antrag des Abg. Brandenburg auf Verpachtung abgelehnt. Für Ratzinger ist heute Michael Feuerstein in die Kammer ein⸗ getreten. Der Tag für die nächste Sitzung ist noch nicht be⸗ stimmt.

8. November. (W. T. B.) Der Kronprinz Rudolf von Oesterreich ist heute Nachmittag um 3 Uhr zu mehr—⸗ tägigem Aufenthalte hier eingetroffen. Der König hat sich gestern zu längerem Aufenthalte nach Hohenschwangau be— geben, ohne vorher wie erwartet worden war den neuen päpstlichen Nuntius Maselli empfangen zu haben. Gutem Vernehmen nach ist der Staats⸗-Minister von Pfretzschner angewiesen worden, das Beglaubigungsschreiben Maselli's ent⸗

gegenzunehmen. . 3

Sachsen. Dresden, 8. November. Die Königin⸗ Mutter Amalie ist heute Abend sanft entschlafen. Die Königin Amalia Augusta war geboren am 13. November 1801, des Königs Maximilian J. Joseph von Bayern Tochter, und Zwillingsschwester der am 14.15. Dezember 1873 verstor⸗ benen Königin Elisabeth von Preußen und ältere Schwester der gleichfalls bereits aus dem Leben geschiedenen Zwillings⸗ geschwister, der Erzherzogin Sophie von Oesterreich (ge⸗ boren am 27. Januar 1805, gestorben am 28. Mai 1872) und der Königin Maria von Sachsen (ge— storben am 13. September 1877). Die 3Zweite Kammer hat in ihrer Sitzung vom 7. d. M. ein Königliches Dekret, die Errichtung eines Gebäudes in Berlin für den Gebrauch der Bevollmächtigten zum Bundesrathe und der Gesandtschaft betreffend, an die Finanzdeputation ver⸗ wiesen.

Reuß j. L. Gera, 6. November. (Thür. Korr.) Die gestrige Nachmittagssitzung des Landtages hatte ein besonderes Interesse, weil in derselben die Frage der Fort— führung der Eisenbahn Gera-Eichicht verhandelt wurde, an der namentlich das Großherzogthum Sachsen und das Fürstenthum Reuß interessirt sind, da diese Staaten für die Zinsgarantie dieser Bahn erhebliche Opfer bringen müssen, während eine Fortführung derselben zum Anschluß an die bayerischen Bahnen in Hof eine wesentliche Steige⸗ rung des Verkehrs und somit eine Verminderung der für die Zinsgarantie zu leistenden Zahlungen herbeiführen würde. Der Abg. Jäger begründete seine An⸗ frage, wie es mit der Aussicht auf Fortführung genannter Bahn stehe, damit, daß nach Mittheilung bayerischer Comite— Mitglieder Bayern sich bereit gezeigt habe, den Bau der Bahn von Eichicht nach Hof zu übernehmen gegen Erstattung des Baukapitals, das es indessen durch die pachtweise Uebernahme des Betriebes der Strecke zu verzinsen gedenke. Jetzt seien nun Verhandlungen zwischen Bayern und Meiningen im Gange über den Bau einer Bahn von Kronach nach Saalfeld, d. h. mit Umgehung des Anschlusses an die Gera⸗Eichichter 57 Der Minister von Beulwitz erwiderte, daß die bayerische Regierung bis jetzt weder dem Reichs⸗Eisenbahnamte, das schon im Jahre 1875 ersucht wor— den sei, in Munchen für die Fortführung der Gera⸗Eichichter Bahn in der bei Abschluß der Verträge vorgesehenen Richtun zu wirken, noch der diesseitigen Regierung, die neuerlich direkt ein solches Ansuchen in München gestellt, eine Erklärung ab— gegeben habe. Bayern scheine überhaupt zur Zeit den Bau neuer Bahnen nicht übernehmen zu wollen.

Waldeck. Arolsen, 7. November. Der auf den 31. v. M. zusammenberufene Landtag der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont nahm in seiner 1. Sitzung Wahl⸗ prüfungen vor, erklärte dabei die Wahl eines AÄhgeordneten für ungültig, wählte den Abg. Hagemann zum Piäsidenten und konstituirte die Ausschüsse.

In der heutigen 2. öffentlichen Sitzung wurde: 1) die Gesetzesvorlage, betreffend die Uebernahme der in den Fürsten⸗ thümern Waldeck und Pyrmont zur Ausführung ge— brachten Gemeinheitstheilungen, wirthschaftlichen . menlegungen der Grundstücke und Ablösungen der Servituten in das Grundkataster, sowie 2) der Etat der Immobiliar⸗ Feuerversicherungs⸗Anstalt pro 1878.80 und 3) eine Regierungsvorlage, betreffend Ueber⸗ weisung des Ueberschusses der alten Brandkasse an den Re⸗ servefonds der Immobil⸗Feuerversicherungsanstalt, von den Ständen einstimmig angenommen. 4) Die Staatskasserechnung vom Jahre 1875 gab zu besonderen Erinnerungen keinen Anlaß. Die Etatsüberschreitungen wurden r, , 5 Auf eine Eingabe des Hof⸗Buchdruckers eigel zu , , , Entschädigung für sein durch die Reichs⸗ Gewerbeordnung aufgehobenes Buchdruckereiprivileg betreffend, erkannten Stände an, daß eine Entschädi⸗

ung für das entzogene Buchdruckerei⸗Privileg, soweit sich ein chaden als begründet herausstellen sollte, durch die Staats⸗ kasse zu leisten sei und ersuchten den Landesdirektor, nach desfallsiger Erörterung eine Gesetzesvorlage zu machen. 5) Auf eine Eingabe der Gemeindebürger zu Pyrmont, die

vom Domanium zu Kurzwecken jährlich aufzuwendenden 12,000 46 betreffend, wurde bes „das Fürstliche Domanium zur Rechnungsstellung über die seit 1. Januar 1868 verausgabten Beträge zu veranlassen 7) Nach Berathung einiger anderer Petitionen erklärte der Landesdirektor von Sommerfeld, daß zu⸗ nächst weitere Vorlagen nicht zu berathen seien, daß der neue Accessionsvertrag mit Preußen und das Budget heut noch nicht vorgelegt werden könne und er deshalb anheim gebe, ohne eine Vertagung des Landtags auszusprechen, die An⸗ beraumung der nächsten —— dem Präsidium zu überlassen, worauf der Landtag bis auf Weiteres auseinander ging.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 7. November. Die nächste Sitzung der ige , Quoten⸗Deputation findet, der „Presse“ zufolge, Freitag Abends statt. In dieser Sitzung werde, dem letztgefaßten Beschlusse der Deputation gemäß, der Bericht des Schriftführers, Baron Walterskirchen, über das Resultat der Verhandlungen mit der ungarischen Deputation zur Berathung gelangen. Am Schlusse der gestrigen Abgeordnetenhaussitzung theilte der Präsident mit, daß er nach Erledigung des Eisenbahn⸗Expropriations⸗ Gesetzes und der Vorlage, betreffend den Sachentransport auf Eisenbahnen, die Bankvorlage als nächsten Gegenstand auf die Tagesordnung stellen werde. Auch der Klub des linken CDentrums hat den für die Mitglieder dieses Klubs bindenden Beschluß gefaßt, gegen den Minoritätsantrag Scha up (Vertagung der Spezialberathung über die Bankvor⸗ lage) zu stimmen. Es werden demnach find ig Klubs der Verfassungspartei bis auf den Fortschrittsklub für die a e des Antrages Schaup stimmen. Bei allen Klubs ist der betreffende Beschluß als bindend für die Mitglieder erklärt worden. Die aus Südtirol neugewählten Abgg. Baron Hippoliti und Don Gentilini sind in den Klub des linken Centrums eingetreten. Bekanntlich wurden von den National- liberalen Südtirols nur die Abgg. Baron Ciani und Dr. von Bertolini wiedergewählt. Letzterer hat nun in einem Schrei— ben an das Präsidium erklärt, daß ihn wichtige Geschäfte hindern, derzeit im Abgeordnetenhause zu erscheinen.

Schweiz. Zürich, 7. November. (N. Zürch. Ztg.) Der Kantonsrath von Obwalden beschloß in seiner Sitzung vom 25. Oktober, die vom Bundesrath verlangte Einzahlung von 5573 Fr. 52 Rp. an die Gotthardbahn in der Weise zu leisten, daß das Betreffniß an die schon verbauten Kosten vorbehaltlos, der fixe Jahrbetrag aber auf den Fall der Sicherstellung des Unternehmens auszuhändigen sei. Der Regierungsrath von Zug beantragt, dem Kantonsrath nach einem Gutachten der Bau⸗ und Eisenbahnkommission, dem⸗ zufolge mit Rücksicht auf das Fallenlassen der Linie Arth⸗Zug, resp. das Nichteinhalten desjenigen Theiles des Vertrages, der die diesseitige Behörde s. 3. wesentlich zur Subventionsgewährung bestimmte, die in diesem Monat fällige 5. Subventionsrate, die einschließlich des städtischen Antheils eine Summe von 31,834 Fr. 55 Rp. fordern würde, zu Gunsten des Gotthardtunnelbaues vor der Hand nicht zu leisten sei —, aus diesen Gründen auch auf das außerordent— liche Subventionsbegehren behufs Rekonstruktion des Werkes, wofür man Zug 156,000 Fr. zugemuthet, nicht einzutre⸗ ten. Der Große Rath des Kantons Scha ffhausen hat den Antrag der staatswixthschaftlichen Kommission, sich an der Nachsubvention des Gotthardunternehmens mit 7ö, 009 Fr. zu betheiligen, mit großer Mehrheit angenommen. Die Regierung des Kantons Baselstadt ist (wie schon gemeldet) bereit, bei ihrem Großen Rathe eine weitere Sub— vention bis auf höchstens 800,009 Franken zu beantragen, unter der Voraussetzun, daß auch die übrigen Regierungen der betheiligten Kantone sich bereit erklären, ihren Großen Räthen ebenfalls bezügliche Anträge, im Wesentlichen auf Grundlage des von der Siebenerkommission aufgestellten Repartionstableaus vorzulegen.

Großbritannien und Irland. Lon don, 7. November. An Stelle des Contre-Admirals Sir Beauchamp Seymour, dessen Kommando abgelaufen ist, übernimmt der Contre⸗ Admiral Lord John Hay den Oberbefehl über die Kanalflotte. Lord John Hay ist ein Bruder des jetzigen Marquis of Tweedale und des Lord William Montagu.

Frankreich. Paris, 8. November. (W. T. B.) Wie der „Moniteur“ meldet, habe der Marschall Mac Mahon in dem heutigen Ministerrathe zunächst seinen festen Entschluß bekundet, auf keinen Fall zurückzutreten und sodann die Minister gebeten, ihre Posten zu behalten, bis es ihm gelungen wäre, die nöthigen Elemente zur Bildung eines neuen Kabinets zu sammeln. Der Marschall habe hinzugefügt, daß er es für den Augenblick für gut erachtet habe, alle Unterhand⸗ lungen abzubrechen, und daß er dieselben erst wieder aufzu—⸗ nehmen gedenke, wenn die Haltung der einen oder der an⸗ deren Kammer ihm die nöthige Basis hierzu gegeben hätte. Die Mitglieder des Kabinets er nn darauf wiederholt ihre Bereitwilligkeit erklärt, dem Marschall, so lange er es für nothwen⸗ dig erachte, zur Seite zu stehen. Wie dagegen aus parla⸗ mentarischen Kreisen verlautet, hat der Herzog Decazes nur unter der ausdrücklichen Bedingung darein gewilligt, gleich seinen Kollegen seine Entlassung zurückzunehmen, daß sofort ein Nachfol— ger für ihn ernannt werdd, wenn das Kabinet aus irgend welchem Grunde sich entschließen sollte, definitiv im Amte zu bleiben. Canrobert, Depeyre, Daru, Bocher und Kerdrel begaben sich heute Abend als Delegirte der verschiedenen Gruppen der Rechten des Senats zu dem Marschall Marc Ma⸗ hon, um demselben formell die Versicherung zu geben, daß er auf die Majorität des Senats bei der energischen Verthei⸗ digung des Landes und der Gesellschaft rechnen könne. Der Marschall entgegnete denselben: Ihr Schritt beweist mir, daß ich Recht hatte, auf die Unterstützung des Senats bei Befol⸗ gung der konservativen Politik zu rechnen, welche, wie Sie wissen, die einzige ist, der ich dienen kann. In der heute Abend stattgehabten Plenarsitzung der verschiedenen Gruppen der Linken der Deputirtenkammer wurde ein Comité ernannt, welches seine Berathungen geheim halten wird. Sicherem Vernehmen nach, hat der französische Gesandte im Haag, der ehemalige Deputirte Target, seine Entlassung an— geboten. Die heute veröffentlichte Beförderung Leflö's zum Großoffizier der Ehrenlegion wird als ein Beweis dafür an⸗ gesehen, daß dieser Diplomat ebenfalls zurücktreten werde.

9. November. (W. T. B.). Die Minister werden in der 13 en Sitzung der Deputirtenkam mer erscheinen und haben 6 bereit erklärt, Aufklärungen über die Haltung der Regierung zu geben. Die Rechte des Senats hat ihre Interpellation verschoben, um zunächst die

Haltung der Deputirtenkammer abzuwarten. Die Agence Havas“ bestätigt, daß die Majorität des Senates vol kommen darüber einig sei, den Marschall Mac Mahßon zu unterstützen. .

(Fr. C.) DOffiziös werden über das Stimmen⸗ 6 in den neuen und überhaupt in allen General⸗ räthen folgende Ziffern angegeben: Vor den Wahlen ge⸗ hörte die Majorität den Republikanern in 39, den Konser⸗ vativen in 46 Generalräthen und in einem war sie zweifel⸗ haft. Nach den letzten Wahlen ist die Majorität in 39 Ge⸗ neralräthen republikanisch, in 41 konservativ, in einem zwei⸗

felhaft, und in 5 halten sich beide Parteien die Waage. ö.. . t

zwei von diesen 5 letzteren werden Stichwahlen eine Entschei⸗ dung bringen. Die in Paris lebenden Amerikaner haben am 6. d. M. Abends dem General Grant zu Ehren im Grand Hotel ein großes Bankett gegeben, an dem 300 Per⸗ sonen, unter ihnen auch einige Franzosen, Theil nahmen. Der amerikanische Gesandte, General Noyes, feierte in längerer Rede die Verdienste des ehemaligen Präsidenten der Republik um die Beendigung des Bürgerkrieges.

Versailles, 8. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats legte der Kriegs⸗ Minister einen Gegen⸗Gesetzentwurf zu dem gestern erwähnten Gesetzentwurf über den Generalstab vor. Hier⸗ auf wurde die Sitzung aufgehoben. Die nächste Sitzung findet am Mittwoch statt. —jie Bureaux des Senats haben sich konstituirt. Von den g Vorsitzenden derselben gehören 5 der Rechten, 4 der Linken an. Die Einbringung der von der Rechten des Senats beabsichtigten Interpellation, mittelst welcher ein Vertrauensvotum für die Regierung herbei⸗ geführt werden soll, ist vertagt worden. Die Depu⸗ tirten kammer begann mit der Prüfung der Wah⸗ len und hat die Wahlen einer Anzahl republikani⸗ scher Deputirten für gültig erklärt. Bei der Prüfung der Wahl eines offiziellen Kandidaten beantragte Brisson von der Linken die Vertagung dieser Wahlprüfung, die zu gewichtigen Fragen Anlaß gebe, über welche gegenwärtig nicht diskutirt werden könne. Cassagnac erwiderte, die offizielle Kandidatur sei im Jahre 1871 weit mehr als im Jahre i877 gehandhabt worden. Der Antrag Brissons wurde schließlich mit großer Majorität angenommen. Um 8 Uhr trat die Kammer zu einer Abendsitzung zusammen, um die Prüfung der Wahlen fortzusetzen.

Türkei. (W. T. B.) Aus Belgrad wird vom 8. der „Polit. Korr.“ eine plötzliche Zunahme der zwischen der Pforte und Serbien bestehenden Spannung signalisirt. Es sei dies die Folge einer dem Belgrader Kabinete zugegangenen Verbal— note der Pforte, worin, unter Androhung energischer Maß— nahmen, die Zurückziehung des serbischen Observations-Corps verlangt werde.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. No⸗ vember. (Journal de St. Pétersbourg.) Die Ueberführung der sterblichen Ueberreste Sr. Kaiserlichen Hoheit des Prinzen Ssergej Maximilianowitsch Romanowski, Herzogs von Leuchtenberg, von dem Bahnhöfe der Nikolasbahn in die St. Peter- und Pauls⸗-Kathedrale hat gestern Abend 8 Uhr unter allgemeiner Theilnahme in feierlichster Weise stattgefunden. Trotz des schlechten Wetters drängte sich eine ungeheuere Menschenmenge an den Zugängen zu dem Bahnhofe und auf dem ganzen Wege, den der Trauerzug nahm. Heute Mon⸗ tag, Vormittags 19 Uhr, hat die feierliche Beisetzung der Leiche Sr. Kaiserlichen Hoheit stattgefunden.

Dänemark. Kopenhagen, 8. November. (W. T. B.) Nach elfstündiger Debatte nahm der Reichstag heute, in Uebereinstimmung mit der Regierung, den Antrag auf vor—⸗ . Bewilligung des provisorischen Bud— gets an.

Der russisch⸗türkische Krieg.

St. Peters burg, 8. November. (W. T. B.) Ein von hiesigen Zeitungen veröffentlichtes Londoner Telegramm, nach welchem sich der Herzog von Edinburgh und der hiesige eng⸗ lische Botschafter, Lord Loftus, ins Hauptquartier begäben, um Friedensvorschläge zu überbringen, wird von Lord Loftus selbst als durchaus unbegründet bezeichnet.

Europäischer Kriegsschauplatz.

Konstantinopel, 8. November. (W. T. . Suleiman Pascha meldet unter dem 7. d.: Eine Abtheilung Kosaken, welche mit Wagen in die Nähe von Kozloubey gekommen waren, um Getreide fortzunehmen, wurden von den Türken zerstreut. Gestern versuchten darauf 4 Com— pagnien von Jenikeni aus den Transport wiederzunehmen und griffen Kozloubey an, wurden aber nach einem drei⸗ stündigen Gefechte zum Rückzu ö Achmed Pascha telegraphirt aus Rustschuk vom 7. d.. Der Feind bombardirte fi Thul 2 Stunden lang, wir erwiderten das Feuer. Wir verloren einen Todten. Bei Pyrgos hat zwischen Tscherkessen und Kosgken ein Rekognoszirungs⸗ gefecht stattgefunden. Die Vorposten bei Kalarasch unter⸗ halten fortdauernd das Feuer mit der Artillerie und In⸗ fanterie, welche die Insel Soba, gegenüber von Silistrig be⸗ setzt haben. Ein Telegramm Reouf Paschas vom 7. d. meldet: Heute wurde den ganzen Tag hindurch von beiden Seiten ein hefti zes Feuer unterhalten. Wir hatten einen Todten und einen Verwundeten.

London, 9. November. (W. T. B.) Der Korrespondent der „Daily News“ bespricht in einer Korrespondenz aus Bogot, 4. d., ausführlich die Lage Osman Paschas und hebt hervor, daß seit mehr als einem Monat keine Zufuhren nach Plewna gelangt seien. Die Stadt sei von Erdwerken umzingelt, deren Bemannung durch täglich neu eintreffende Truppentheile fortdauernd u tanzt werde. Es sei fast als sicher anzunehmen, daß Osman Pascha keine großen Vorräthe hat und es sich also nur um die Frage handelt, ob er kapi⸗ tuliren oder versuchen werde, durchzubrechen. Die russischen Cernirungslinien seien durch den Telegraphen vollständig ver⸗ bunden; jede Konzentrirung der türkischen Truppen sei von allen Theilen der russischen Positionen aus bemerkbar. Das russische Reservesystem bewährt sich vortrefflich. Das Corps des Generals Skobeleff, welches am 11. September so stark gelitten hatte, zählt jetzt wieder 11500 Mann.

Serre, S. November. (W. T. B.) Wie der „Agence avas“ aus Tunis gemeldet wird, würde der Bey von unis der Türkei demnächst 5000 Mann Hülfstruppen

senden.

Aus Sist owa, 5. November, wird der W. „Presse“ gemeldet: Ueberläufer von dem Corps Reouf Paschas schil⸗ dern die Lage der türkischen Truppen im Schipkapasse und im Tundschathale als eine sehr schlechte. Es soll beson⸗ ders an Allem und Jedem zur Ueberwinterung fehlen. Viele Soldaten gehen noch immer barfuß und ohne Mäntel herum und an die Etablirung von Vorrathsmagazinen wird noch nicht gedacht. In Folge dessen leiden die türkischen Truppen jetzt schon an Hunger und Krankheiten und die Redifs marodiren zwischen Kasanlik und Philippopel massenweise. Auch das Elend unter der Bevölkerung soll ein großes sein., Letzteres ist übrigens auch unter den bulgarischen Flüchtlingen der Fall, welche sich in den Bezirken von Selwi, Tirnowa, Gabrowa und Elena befinden. K

Bei Plewng ist Alles ruhig. Der Czar ließ sich den gefangenen Hifzi Pascha, der Großfürst Nikolaus 17 Offiziere vorstellen. Die Gefangenen sind fast nur Irreguläre; unter ihnen befinden sich viele Afrikaner. Os man Pascha wollte die Bewohner von Plewna aus der Stadt treiben, um die Er⸗ nährung der Truppen zu erleichtern. Die Russen zwangen die Leute, nach Plewna zurückzukehren. General Todleben befindet sich in Tutschenitzã . .

Nach Angabe des „West. Nar. Pom.“ sind vom 26. Oktober bis zum 2. November bei der russischen Armee auf dem Kriegsschauplatz an der Donau 2859 Mann aus der Fronte geschieden. Von dieser Zahl sind 32 Offiziere gefallen und 138 verwundet. Der Gesammtverlust bis zum 2. No⸗ vember beträgt 64,801 Mann.

Aus Bukarest, 7. November, wird der „Pol. Korr.“ gemeldet: ; J

„Trotzdem das russische Garde⸗Corps bereits fast vollständig auf dem Kriegsschauplatze sich befindet, rücken noch immer neue rus⸗ sische Truppenabtheilungen der verschiedensten Waffengattun⸗ gen in Rumänien ein. Nachrichten aus Küstendsche zufolge haben die meisten höheren Offiziere vom Stabe des Corps des Generals Zimmermann alle verfügharen Wohnungen bis zur ärmlichsten Hütte dort und in der Umgebung gemiethet, woraus man schließen will, daß dort der Feldzug für dieses Jahr als beendigt angesehen werden wird. Nur die Kavallerie des Corps Zimmermann setzt ihre Streifungen fort. In den letzten Tagen drangen russische Kaval— lerie⸗Detachements auf einer solchen Streifung bis in die Nähe von Silistria vor, wo sich zumeist bulgarische Dörfer befinden. Die Ein⸗ wohner von zwei solchen Dörfern gingen mit ihrem Geistlichen an der Spitze den sich nähernden Russen mit Brod und Salz entgegen. Kaum daß die Russen sich wieder zurückzogen, wurden die Einwohner der beiden bulgarischen Dörfer von tscherkessischer Kavallerie überfallen, durch Plünderung und Mißhandlung gezüchtigt und schließ⸗ lich die beiden Dörfer in Brand gesteckt.“ . .

Die Lage auf dem bulgarischen Kriegsschau— platze wird vom „Golos“ folgendermaßen gekennzeichnet:

„Die Blokade Plewnas von der Westseite aus ruft in der türkischen Armee eine verstärkte Thätigkeit hervor. Von allen Seiten her eilen Verstärkungen für Osman Pascha herbei: aus Widdin über Drewna, von den serbischen Grenzen, aus Orkhanie. Aus Orkhanie kommt Chefket Pascha, der unsere Truppen auf dem rechten Ufer des JIsker in Radomirje traf und auf das linke Ufer zurückging, ohne die Brücke zerstören zu können. Nach ausländischen Nach⸗ richten wird das Gerücht über die Formirung einer türki⸗ schen Armee unter Mehemed Ali Pascha zur Aktion gegen Serbien aus dem Grunde verbreitet, um das eigentliche Ziel nach Orkhanie und weiter nach Plewna zum Entsatze Osmans zu marschiren zu maskiren. Die Türken haben in der gegen⸗ wärtigen Kampagne eine solche Energie gezeigt, daß es nicht zu ver— wundern wäre, wenn sie einen Versuch zur Befreiung Osman Daschas machten. Aber dieser Versuch muß auch nur ein Versuch lelben, da jetzt, bei dem Zustande, in welchem sich die Truppen Chefket Paschas befinden, es nicht so schwer sein dürfte, mit den Türken fertig zu werden. Aus ausländischen Quellen erfahren wir, daß das bisher bei Medschidje aufgestellte Corps des Generals Zimmermann einen Belagerungspark erhalten hat und einen Vormarsch nach Silistria unternimmt, um diese Festung zu blokiren. . haben wir keine offizielle Nachricht, die diese Gerüchte estätigt. ö

(W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Kat⸗ taro vom 8., die Montenegriner hätten am 6. d. M. das Bombardement des Forts Serdan bei Spuz begonnen und . . desselben 20 Geschütze von Podgoritza dahin gebracht.

Asiatischer Kriegsschauplatz.

Konstantinopel, 8. November. (W. T. B.) Ein Telegramm Moukhtar Paschas aus Erzerum vom 5. d. meldet, die Russen hätten am Sonntag seine Positionen rechts und links angegriffen, er habe rechts die Russen Anfangs zu⸗ rückgewiesen, nachdem sich aber die Russen des linken Flügels gegen das aus unvollständigen Erdwerken bestehende Centrum gewandt hätten, sei es den Truppen des Centrums nicht möglich gewesen, sich zu behaupten. Dieselben hätten unter

urücklassung mehrerer Geschütze die Flucht ergriffen. Er abe darauf die Unmöglichkeit eingesehen, seine Positionen zu ehaupten und das Signal zum Rückzug nach Erzerum egeben. Die unter den Truppen des Centrums ausgebrochene

anik sei dem unehrenhaften Verhalten einiger Offiziere zu⸗ zuschreiben, die vor das Kriegsgericht gestellt werden würden. Seine Truppen hätten die befestigten Werke von Erzerum be— setzt, er habe Vertheidigungsmaßregeln getroffen.

Konstantinopel, 8. Oktober. (W. T. B. Derwisch Pascha telegraphirt aus Batum vom 7. d.: Der Feind, wel⸗ cher Truppen und 6 Geschütze großen Kalibers als Verstär⸗ kung erhalten hat, eröffnete ein heftiges Artilleriefeuer und griff heute mit einer Kolonne unsere Front an, wobei er von dem Feuer aus den Verschanzungen unterstützt wurde. Der Kampf dauerte 3 Stunden; der Feind wurde gezwungen, sich hinter die letzten Befestigungswerke zurückzuziehen. Wir hatten mehrere verwundete Offiziere und 16 Mann todt. Die Ver— luste der Russen sind bedeutender.

Ein Korrespondent der „Daily News“ bei der tür— kischen Armee in Armenien sendet seinem Blatte folgende ö über den fluchtartigen Rückzug Moukhtar

aschas:

Am 14. Oktober entdeckten wir, daß 25 russische Bataillone unseren rechten Flügel umgangen hatten. Sie eröffneten am Nach⸗ mittag des genannten Tages das Feuer. Die Russen stürmten den Hügel, wo Moukhtar Pascha selbst sich befand. Er schickte all sein Gepäck nach Kars. Am 15. begannen die Russen das Feuer auf Awliar⸗Tepeli und deckten so das Vorrücken der angreifenden Macht. Sie nahmen diesen Hügel. Moukhtar und sein Stab fingen den Rückzug nach Sivri Tepe an; 30 Bataillone mit 25 Feldgeschützen wurden so aufgegeben, weil der Awliar⸗Hügel den einzigen Weg beherrscht, auf dem sie zurückgezogen werden konnten. Um 3 Uhr folgte eine Panik, die Truppen flohen in Unordnung von ihren Verschanzungen aus Sivri Tepe und es folgte eine allgemeine Verwirrung. Infanterie und Kavallerie stürzte in wilden Mengen auf Wisinkiöä; und Kars. Eine Linie Infanterie mit gefälltem Bajonnet ward aufgestellt, sie zum Halten zu bringen

und hatte eine Weile Erfolg. Einige Male ward von Flüchtigen auf sie geschossen. Hussein Bey, Befehlshaber der Artillerie in Kars, hielt mir einen Revolver vor dea Kopf und zwang mich, zurückzu⸗ gehen. Ich wurde durch die zeitige Ankunft eines Adjutanten aus der Situation befreit. Die irreguläre Reiterei war wild vor Furcht, sie zog ihre Schwerter und Wunden und Tod folgten überall. Die Araber aus Orfa und Aleppo liefen zuerst davon. Die Panik in Kars war furchtbar. Die Einwohner flohen in Massen. Die Russen drängten vor, um die Verbindungen mit Erjzerum abzu⸗ schneiden.

Moukhtar erreichte Kars am frühen Morgen des 16. mit dem Rest seines Heeres. Er zog am 17. fcüh wieder ab, auf Ardost zu mit 28090 Mann. Ich hakte eine Unterredung mit ihm. Er sagte, daß die Russen 12000 Mann gefangen nahmen, 25 Feldgeschütze und viele höhere Offiziere. Sein Heer ist im Zustande äußerster Demo⸗ ralisation und Desorganisation. Die Lage von Kars ist fast hoff⸗ nungslos. Es ist wenig Vorrath dort und 4000 Kranke und Ver⸗ wundete. Brennhol; fehlt durchaus.“

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 28. Ok— tober bis incl. 3. November er. zur Anmeldung gekommen: 282 Ehe. schließungen, 813 Lebendg borene, 46 Todtgeborene, 463 Sterbefälle.

Auf Grund eines Beschlusses des Bundesraths vom 24 Ok— tober 1875 sind statistische Aufnahmen über die Aerzte und das medizinische Hülfspersonal, die Apotheken und die Heilanstalten, sowie die wissenschaftlichen medizinischen und pharmazeutischen Vereine im Reiche nach dem Stande vom 1. April 1876 ausgeführt worden. Die Resultate dieser Erhebungen sind vom Kaiserlichen statistischen Amte im Septemberheft der Monatshefte zur Statistik des Deut—⸗ schen Reichs für 1877 veröffentlicht worden, und entnehmen wir daraus folgende Angaben:

Im Deutschen Reiche praktizirten 13723 approbirte Aerzte, darunter 12049 frei praktizirende Civilärzte, 344 ausschließlich für Anstalten beschäftigte und 1335 Militärärzte. Außerdem waren löß5 Wund⸗ und Landärzte vorhanden, welche zwar die Appro⸗ bation zur Heilpraxis erworben haben, aber den Titel Arzt nicht führen dürfen. Von den Aerzten wohnten 7816 in Städten mit 500) und mehr Einwohnern, die übrigen 5912 in kleineren Orten. Im Durchschnitt kommen auf je 100 Qu.⸗Kilometer der Reichsfläche 254 approbirte Aerzte, von denen 2s frei praktiziren, und auf je 10,9000 Einwohner 3, 21 approbirte, unter ihnen 2, frei praktizirende Aerzte. In den Städten von 5000 und mehr Einwohnern finden sich auf je 15,9000 Einwohner 7,*, im übrigen Lande nur 9, * approbirte Aerzte. Neben den Aerzten und Wundäriten, welche ihre Praxis auf Krankheiten aller Art ausdehnen dürfen, wurden noch 493 approbirte Zahnärzte gezählt. Geprüfte Heil diener werden 4723 angege⸗ ben, außerdem in Lübeck 1 geprüfter Krankenpfleger und 3 militäͤr⸗ ärztlich geprüfte Lazarethgehülfen. In Baden, Mecklenburg⸗Schwe⸗ rin, Oldenburg, Reuß 4. L. und Lippe sind Heildiener unbekannt und auch in Sachsen, Württemberg und Elsaß⸗Lothringen nur in geringer Zahl vorhanden. An ausgebildeten Krankenpflege⸗ rinnen sind 633 frei praktizirende, 1760 Diakonissinnen, 5763 barmherzige und andere Ordensschwestern und 525 Angehörige an— derer Genossenschaften und Vereine gezählt; es sind unter letzterer Zahl vorzugsweise die unter dem Schutze der Frauenvereine wirkenden Krankenpflegerinnen zu verstehen, welche weder Diakonissinnen sind, noch einem geistlichen Orden angehören. Hebammen waren 33,134 vorhanden, davon 5078 in Städten von 50900 und mehr Einwoh— nern. Es fanden sich danach durchschnittlich 6, Hebammen auf je 100 Qu--Kilometer und 7,365 auf je 19000 Ein⸗ wohner. In Städten von 5000 und mehr Einwohnern wurden nur 486 Hebammen durchschnittlich auf je 10, 000 Einwohner gezählt, ein Verhaͤltniß, welches eine sehr viel günstigere Vertheilung der Hebammen über das flache Land erkennen läßt, als sie bei den Aerzten der Fall ist. An nicht approbirten Me dizinalper⸗ sonen, welche sich mit der Behandlung kranker Menschen notorisch befassen, bez. ihren Gewerbebetrieb bei der Behörde angemeldet haben, sind 575 männliche und 95 weibliche nachgewiesen; eine verhältniß⸗ mäßig große Zahl solcher Personen findet sich in den Regierungs— bezirken Frankfurt, Coblenz und Wiesbaden, im württembergischen Donaukreis, in Hamburg und im Unterelsaß, namentlich aber in den sächsischen Bezirken Dresden, Leipzig und Zwickau. Thierärzte sind im Ganzen 3255 (darunter 580 aktive Militär⸗Roßärzte) gezählt worden. Danach finden sich auf je 1090 Qu.⸗Kilometer durchschnitt— lich 0, approbirte Thierärzte, und auf je 10,999 Einwohner deren Las. Vergleicht man die Zahl der Thierarzte mit der Menge des im Reiche vorhandenen Nutzviehes, so ergiebt sich, daß auf je 1 Thierarzt die Zahl von 357 Haupt Großpieh im Durchschnitt kommt.

Was die Apotheken betrifft, so waren an selchen einschließlich der Filialen am 1. April 1876 überhaupt 4416 und daneben 903 J,, aller Art vorhanden. Unter den eigentlichen Apotheken ausschließlich von 144 Filialen befanden sich im Privat— besitz 18384 realberechtigte bez. privilegirte, 2092 personalberechtigte bej. konzessionirte und 283 sonstige, die übrigen 43 waren im Besitz der Krone, des Staats, der Gemeinden und Korporationen. Unter den Dispensiranstalten waren 466 ärztliche Hausapotheken, 274 Dispensiranstalten des Militärs und 163 bei Krankenhäusern. Auf 1090 Qu Kilometer kommen durchschnittlich Os. Apotheken und Oi, Dispensiranstalten, auf je 10090 Einwohner L036 Apotheken und On Dispensiranstalten. 1643 Apotheker führen ihr Geschäft ohne Gehülfen oder Lehrlinge, während in 1683 Apotheken je 1 Gehülfe oder Lehrling, in 684 je 2, in 195 je 3, in 148 je 4 und in 6 je 5 und mehr Gehülfen oder Lehrlinge beschäftigt werden. Das phar⸗ mazeutische Personal in den Apotheken und Dispensiranstalten betrug, außer 4465 Besitzern, Pächtern ode Verwaltern, 1796 avpprobirte, 1511 nicht approbirte Gehülfen und 1369 Lehrlinge. Bezüglich der Heilanstalten haben die Ermittelungen ergeben, daß 1678 allgemeine öffentliche Krankenanstalten mit 65, 813 Betten im Reiche vorhanden waren; daneben bestanden 307 allgemeine Krankenanstalten mit privatem Charakter mit zusammen 9383 Betten, 348 Militärlazarethe mit 26,473 Betten, 102 öffentliche Irren⸗, Heil⸗ und Pflegeanstalten mit 24,440 Plätzen, 97 private solche Anstalten mit 3892 Plätzen, 498 andere öffentliche und private Anstalten für spezielle Heilzwecke und Heilmethoden mit 19,392 Betten, so daß also die Zahl sämmt⸗ licher Heilanstalten im Reiche 3030 mit 140,899 Betten oder Plätzen betrug und durchschnittlich ein Bett oder Platz derselben auf je 303 Einwohner kommt. An wissenschaftlichen medizinischen und pharmazeutischen Vereinen endlich sind im ganzen Reiche 294 (davon 126 in Preußen) gezählt worden, und zwar: 244 wissen⸗ schaftliche ärztliche (davon 160 in Preußen) 12 thierärztliche (davon 9 in Preußen) und 38 pharmazeutische Vereine (davon 17 in Preußen).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

»Die rechtliche Natur der Antragsdelikte.“ Von Arthur Kirchenheim, Dr. jur. Tübingen, Baupp. 1877. Diese vor Kurzem erschienene Monographie behandelt ein in den letzten Jahren durch die neuere Strafgesetzgebung und Wissenschaft zu lebhaftem Interesse gelangtes Thema von einem neuen Stand- punkte aus. Ein einleitender Theil giebt einen geschichtlichen Ueberblick, welcher das österreichische, englische und französische Recht berück⸗ sichtigt und eine graphische Darstellung der neuen Landes⸗ gesetzgebungen giebt. Der Haupttheil der Arbeit bietet eine neue en ger r en hifth⸗ Darlegung, die eigene Ansicht des Verfassers. Dieselbe ist neu und eigenthümlich begründet und geht im All⸗ gemeinen darauf hinaus, daß der Verfasser als Antragsdelikte die⸗ jenigen hinstellt, welche gegen die ideellen Güter der Einzelmenschen gerichtet sind. Ein Schlußtheil giebt sodann nach einer formellen Begriffsbestimmung ergänzende Einzelheiten der Lehre. Das Werk dürfte allen Denen reiches Material und mannichfache Anregung bieten, welche für das Emporkommeu der neuen Begriffe im Straf⸗ recht Interesse haben.

Unter dem Titel Beiträge zur Geschichte Hessen⸗ Cassels, Hessen, Frankreich. Jahr 1791 bis 1814 sind vom Geh. Archiv⸗Rath a. D. Dr. Strippelmann in der Elwer ischen Verlagsbuchhandlung zu Marburg soeben wichtige urkundliche Mit⸗ theilungen über die Geschichte von Hessen⸗Cassel aus der Zeit von 1791 und folgende Jahre veröffentlicht worden. Dieselben geben Nachricht über einzelne historisch erhebliche, thatsächlich noch unbe⸗ kannte oder noch nicht genügend festgestellte Momente, Ereignisse, Zustände und Verhältnisse, enthalten nicht eine fortlaufende, zusam⸗ menhängende Geschichte Hessens, sondern nur historische Bruch⸗ stücke, Markstücke und Vorarbeiten für den künftigen Fortbau dieser Geschichte. Sie sind dem ehemaligen Haus- und Staatsarchive, ins⸗ besondere dem dazugehörigen Kurfürstl. hessischen Geh. Kabinets—⸗ Archive, dermalen zu Marburg, entnommen und sollen im Ganzen in 32 Abschnitten oder Nummern die Zeit von 1791 bis 1814 um— fassen. Von diesen liegen bis jetzt in dem J. Hefte, das soeben er— schienen, die 8 ersten Abschnitle oder Nummern vor. Dieselben reichen von 1791 bis zum Jahre 1306 und legen die Veranlassung dar, durch welche Hessen⸗Cassel zur in Rede stehenden Zeit mit der französischen Republik in feindliche Berührung kam. Sie beginnen mit den von der Hessen⸗Darmstädtischen Regierung an Hessen⸗Cassel im Jahre 1791 gerichteten VorsJ lägen, mit ihr und Kur⸗Mainz gemeinschaftlich Maßregeln gegen die Verbreitung der französis en Revolution zu ergreifen; berichten sodann über die Verhandlungen zwischen den Bruͤdern Ludwigs XVI. und Landgraf Wilhelm IX. von Hessen⸗Cassel bezüglich der beabsichtigten Gegen⸗Revolu⸗ tion in. Frankreich, sowie über die Unterhandlungen der gedachten Prinzen mit Hessen ⸗Cassel wegen Aufnahme der fran⸗ zösischen Emigranten in Hessen, referiren über die Erobecung von . a. M. am 2. Dezember 1792 durch die Hessen, und end⸗ ich über den in Folge des Krieges Deutschlands mit der franzö— sischen Republik im Jahre 1794 gestifteten Fürsten⸗Verein zu Wil⸗ helmsbad. Hieran schließen sich Mittheilungen über die Besetzung Hannovers durch die Franzosen im Jahre 1803 und die von da aus an den Kurfürsten Wilhelm J. von Hessen gemachte Zumuthung einer Zwangsanleihe von 4 —5 Millionen Livres zur Bestreitung der fran— zöͤsischen Armeebedürfnisse. Darauf felgen Nachrichten über die mehr— wöchentliche Anwesenheit Napoleons in Mainz zur Entgeg nnahme der Huldigung deutscher Fürsten im Jahre 1804 und endlich über die Verhandlungen zwischen Frankreich und dem Kurfürsten von Hessen⸗Cassel wegen Ausweisung des englischen Gesaandten Taylor aus Cassel und Bernadotte's neutralitätswidrigen Durchmarsch durch Hessen im Jahre 1805. Obwohl vorzugsweise Hessen⸗Cassel betref⸗ fend, enthalten diese urkundlichen Mitteilungen doch zugleich auch garnicht unwichtige Beiträge zur Geschichte des übrigen Deutschlands und Preußens aus derselben Zeit. Eine besonders eingehende Be⸗ handlung hat der Verfasser der Darstellung der Stiftung des Fürsten—⸗ Vereins im Jahre 1794 gewidmet. Hier werden eine Menge von Schreiben der verschiedenen deutschen Fürsten und Staatsmänner theils im Wortlaut, theils im Auszuge mitgetheilt.

Gewerbe und Handel.

Die Hannoversche Eisengießerei vertheilt für das Betriebsjahr 1876/77 eine Dividende von 6'½, während der aus dem Jahresgewinn noch verbleibende Rest von 21,225 M dem Amorti— sations-⸗ und Erneuerungsfond überwiesen wird.

Die „New⸗Yorker Hdl.. Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 26. Oktober datirten Wochenbericht über die Geschäftslage folgendermaßen: In der Situation des Geldstandes ist während dieser Berichtswoche keine Veränderung eingetreten. Im Gold—⸗ markte ruhte die Spekulation während dieser Berichtswoche fast gänzlich. Das Agio fluktuirte zwischen 3 und 2, mit letzterem Course als Schlußnotirung. Auf dem Waaren- und Pro⸗ dukten markt herrschte in der Import-⸗Branche eine festere Stimmung. Der Waaren⸗ und Produkten⸗Import wäh⸗ rend der am 20. Oktober beendeten Woche repräsentirt einen Gesa nmt⸗ werth von 5,243,393 Doll. gegen 5,688,223 Doll. in der Vorwoche, eine Abnahme von 444,830 Doll. ergebend. Fremde Webstoffe par⸗ tizipiren am Gesammtwerth des letztwöchentlichen Imports mit 15,382,995 Doll. resp. mit 197,005 Doll. mehr als in der Vorwoche, während der Import diverser Produkte und Waaren um 641,836 Doll. geringer war. Am Waaren- und Produ ktenexport während der am 23. Oktober beendeten Woche dessen Gesammtwerth in Höhe von 6,623,045 Doll. gegen die Vorwoche eine Zunahme von 681,477 Doll. aufweist partizipirt Baumwolle mit 7163 Ballen im klarirten Werth von 418,517 Doll. gegen 7919 Ballen im Werth von 438,999 Doll. in der Vorwoche und 5043 Ballen resp. 6529 Ballen im Werth von 267,300 Doll. resp. 303,543 Doll. in der Parallelwoche beider Vorjahre.

Berlin, 9. November 1877.

Die Stadtverordneten⸗Versammlung ehrte in ihrer gestrigen Sitzung zuerst das Andenken des am 1. d. verstorbenen Ehrenbürgers von Berlin, General⸗Feldmarschalls Grafen von Wrangel durch Erheben von den Sitzen. . .

In Folge der von der Versammkung gefaßten Beschlüsse, be⸗ treffend die Errichtung eines Central-Viedomarktes mit öffentlichen Schlachthäusern, hat der Mazistrat die spe⸗ ziellen Entwürfe und Kostenanschläge zu den zunächst zu errichtenden Gebäuden ausarbeiten lassen und alle Vorbereitungen getroffen, um die Bauausführung sofort in Angriff zu nehmen, damit der Stadt⸗ gemeinde der in Aussicht stehende Vortheil der unentgeltlichen Ueberlassung des rund 2 Hektaren (ca. 8 Morgen) großen Platzes R. der Abtheilung XIII. des Bebauungsplanes Sei⸗ tens der Aktiengesellschaft „Berliner Neustadt“ nicht verloren geht. Demgemäß hat der Magistrat der Stadtverordneten⸗ Versammlung übersendet: 1] den ursprünglichen, sowie einen in einigen unwesentlichen Punkten abgeänderten Situations plan des gesammten Bauterrains; 2) den speziellen Bauplan zu den 10 Stück Markt ⸗Stallgebäuden für Rinder nebst speziellem Kosten⸗ anschlag im Betrage von 118, 0090 1 für jeden Stall; 3) desgleichen zu den 4 Hammelställen nebst Kostenanschlag im Betrage von S5, 000 S für jeden Stall; 4) 2 Blatt ursprüngliche Skizzen zu den Gebäuden ad 2 und 3. Mit diesen Ausarbeitungen hat sowobl die durch den Kommunalbeschluß vom 12 —17. Oktober 1876 niederge⸗ setzte gemischte Deputation für Vorarbeiten, welche die Errichtung eines städtischen mit öffentlichen Schlachthäusern verbundenen Central⸗ Viehmarktes betreffen, wie auch die Bau⸗Deputation sich einverstan⸗ den erklärt. Der Magistrat beantragt demnach bei der Versamm⸗ lung, die ihr vorgelegten speziellen Entwürfe zu 19 Stück Rinder⸗ ställen und zu 4 Hammelställen nebst den dazu gehörigen Kostenan⸗ schlägen zu genehmigen Einer Geldbewilligung über die bereits zur ö gestellte Summe von 500 000 MS bedarf es vorläufig nicht.

Nach längerer Diskussion wurde bei der Abstimmung ein An— trag auf Vertagung der Berathung bis zur zweiten Sitzung im näch—⸗ sten Januar abgelehnt, ein Antrag auf Vertagung der Beschluß⸗ fassung abgelehnt und schließlich stimmte die Versammlung mit großer Majorität dem Antrage der Stadtverordneten Misch und Löwe bei, die Vorlage des Magzistrats zu genehmizen, an weitere Geldbe⸗ willigungen aber die Bedingung zu knüpfen, daß die Inkommuna⸗ lisationsfrage zuvor im Sinne der bisherigen Beschlüsse erledigt werde. Ingleichen genehmigte die Versammlung, daß die schon früher bewilligten 500, 0090 M zu Baulichkeiten mit verwendet werden konnen.

Am Sonntag findet in Krolls Theaterz wiederum zu er— mäßigten Preisen eine große Vorstellung statt, welche der langen Dauer wegen um 6 Uhr ihren Anfang nimmt. Zur Aufführung gelangen die beliebten Repertoirestücke „Der Herr von Papillon“, Ein Schutzgeist“ und zum Schluß „Die neue Magd.“

Die Zeitungen berichten über den Erfolg, den am Sta dt⸗ Theater zu Königsberg „Goethe's Iphigenia“ mit der dortigen Heroine, Fr. Eisenmann, in der Titelrolle gefunden hat.