1877 / 275 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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Vehauptet waltung auf

werden, daß die Selbständigkeit der Ver⸗ diesem Gebiete bisher zu Unzuträglich— keiten geführt habe. Die Berechtigung des Justiz-Ministers,

in Vertretungsfällen einen Amtsrichter zu dem Kollegium eines Landgerichts hinzuzuziehen, sei unentbehrlich, denn sonst würde die Vertretung durch einen Gerichtsassessor übernommen wer⸗

den müssen, während es dem Geiste der neuen Gesetzgebung entspreche, in erster Linie etatsmäßige Richter zu verwenden. Ein Grund zu der Besorgniß, daß die Zahl der detachirten Strafkammern zu groß werde, sei in keiner Weise vorhanden; ebenso werde die Verhandlung in der Kommission Gelegenheit bieten, den größten Theil der übrigen Bedenken des Abg. Lasker zu widerlegen. Nachdem hierauf noch die Abgg. Thilo, Windthorst (Bielefeld), Löwenstein und Windthorst (Meppen) das Wort ergriffen und der Justiz⸗-Minister Dr. Leonhardt in einem Schlußworte die Angriffe des Abg. Windt— horst (Meppen) auf den preußischen Richterstand als unbe⸗ rechtigt zurückgewiesen hatte, wurden beide Vorlagen auf den Antrag des Abg. Windthorst (Bielefeld) an eine Kommission von 28 Mitgliedern verwiesen. Schluß 4 Uhr.

Die Rede, mit welcher der Justiz-Minister Dr, Leon⸗ hardt in der gestrigen Sitzung die Verhandlung über den Gesetzentwurf, betr. die Errichtung der Landgerichte und Ober— Landesgerichte, und das Ausführungsgesetz zum deutschen Ge— richts verfassungsgesetze einleitete, lautet; ( ;

Meine Herren! Es wird eine größere Reihe von Gesetzentwürfen von Ihnen berathen und jodann verabschiedet werden müssen, bevor die Reichsjustizgesetze ins Leben treten können. Unter diesen Gesetz. entwürfen sind die wichtigsten diejenigen beiden, welche heute Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen sollen. Sie sind wichtig ein⸗ mal wegen des Inhalts, dann aber aus folgendem besonderen Grunde: sie bilden eine besondere Grundlage für weitere Arbeiten, welche Sie bei Ihrem nächsten Zusammenkommen beschäftigen werden. Die übrigen rückständigen Gesetze tragen diesen Charakter nicht an sich. Mit dieser Wichtigkeit hängt die Dringlich keit der Sache zusammen. Ich hoffe, daß die Gesetzentwürfe so vorbereitet sind, daß es Ihnen nicht schwer werden wird, diese Gesetzentwürfe als dringliche zu be⸗ handeln und das Ihrige dazu beizutragen, daß sie recht bald ver⸗ abschiedet werden können.

Meine Herren! Der Gesetzentwurf, welcher sich betitelt als Ausführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz, gehört nicht zu den eleganten Arbeiten, er ist nicht abgeschlossen und der Zusammen hang ist nicht ein solcher, daß der , , leicht verständlich wäre. Das konnte auch nicht anders sein. Es war allerdings die Möglichkeit gegeben, ein in sich abgeschlossenes Ganze herzustellen, dann hätte man aber das Gerichtsverfassungsgesetz wenigstens zum bei Weitem größten Theil in diesen Gesetzentwurf aufnehmen müssen, und das habe ich die Frage ist in Erwägung gengmmen fir ganz unzulässig erachten müssen. So blieb denn nichts Anderes übrig, als diesen Gesetzentwurf herzustellen, gleichsam als Anhang zum deut⸗ schen Gerichts verfassungsaesetz welches theils Aus führungsbestimmungen enthält, theilweise aber Ergänzungsbestimmungen. Bei dieser Sach⸗ lage war es nun aber eine dringende Nothwendigkeit, daß die Be⸗ gründung des Entwurfs nach einer anderen Methode bearbeitet wurde, wie dieses sonst der Fall zu sein pflegt. Man mußte in den Motiven zuförderst den Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen mit dem großen Ganzen hervorheben. Dann aber schien es noth⸗ wendig, die einzelnen Bestimmungen auf das allergenaueste zu be⸗ gründen. Ich hoffe, meine Herren, daß Sie anerkennen werden, daß so eingehende und gründliche Motive selten Ihnen vorgelegt sein werden, und daß Sie bei ihrer Prüfung in diesen Motiven das voll⸗ ständigste Material finden werden, auch, wenn Sie wollen, da die Motive sehr offen und ehrlich abgefaßt sind, ausreichenden Stoff zur, Kritik. Meine 32 in Betreff des anderen Gesetzentwurfs kann ich nur hervorheben, daß er mit einer außerordentlichen Sorgfalt und Umsicht bearbeitet ist, nachdem nicht allein die Behörden der Justiz, sondern auch die Behörden der höheren Verwaltung gehört worden sind. Daß dieser Entwurf nicht allgemein Zufriedenheit hervor⸗ gerufen hat, das ist ganz selbstverständlich, wenn Sie aber Abänderungen vornehmen werden, so werden Sie sich auch sagen müssen, daß Sie die Zufriedenheit und Unzufriedenheit nur transferiren. Ich kann Ihnen ans vollster Ueberzeugung sagen, daß bei Bearbeitung dieses

Gesetzentwurfs und bei schließlicher Festsetzung desselben mit der größtmöglichen Objektivität verfahren worden ist. Meine Herren! Bei der Budgetberathung ist von einem der Herren Abgeordneten die Bemerkung gemacht, es sei zu bedauern, daß der Entwurf zur Ausführung der Gerichtsverfassung noch nicht vor— gelegt worden sei. Diese Bemerkung kann ganz objektiv ge—⸗ meint gewesen sein, und ich nehme das an. Wenn aber darin auch nur der leiseste Vorwurf der Verzögerung gefunden werden könnte, so würde ich dagegen entschieden protestiren. Denn, meine Herren, ich kann Ihnen das aus vollem Herzen erklären, es ist an diesem Gesetzentwurf mit einer Berufstreue und einer fast übermenschlichen Anstrengung gearbeitet worden, um ihn so weit zu bringen; ich glaube nicht für mich, wohl aber für meine Mitarbeiter die Anerkennung in Anspruch nehmen zu sollen, daß Alles geleistet worden ist, was von Menschen nur geleistet werden kann.

Meine Herren! Bis zur Mitte des Jahres hielt ich es nicht für möglich, daß der Gefetzentwurf zum Gerichtsverfassungsgesetz Ihnen schon jetzt vorgelegt werden könnte; hierin liegt theilweise der Grund, daß Ihnen der Gesetzentwurf über die Errichtung der Ober⸗ Landesgerichte und Landgerichte besonders vorgelegt worden ist.

In der heutigen (18. Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische der Handels— Minister Dr. Achenbach und mehrere Regierungs⸗-Kommissarien beiwohnten, gelangte, ein Schreiben des Justiz⸗-Ministers zur Verlesung, worin derselbe mittheilt, daß er in Folge des Beschlusses des Hauses das Königliche Land⸗ gericht und den Staats-Prokurator in Aachen angewiesen habe, das gegen den Abg., Franssen schwebende Strafver— fahren während der Dauer dieser Session zu sistiren.

Eingegangen ist von dem Finanz ⸗Minister und dem Minister des Innern ein Gesetzentwurf, betreffend die Aufbringung der Gemeindeabgaben, und vom Minister des Innern eine statistische Nachweisung über die Kosten der Ver— a n der zusammengelegten Amtabezirke u. s. w. für das Jahr 1876.

Ohne Debatte passirte in zweiter Berathung der mit der Herzoglich braunschweigischen Regierung abgeschlossene Vertrag wegen Bearbeitung der Auseinandersetzungs⸗ geschäfte in den Grenzgebieten der Provinz Hannover gegen das Herzogthum Braunschweig.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Aufnahme einer Anleihe zur Deckung der Aus⸗ gaben für Bauausführungen und Beschaffungen für die Staats⸗ eisenbahnen. Der Abg. Dr. Hammacher beantragte die Ver⸗ weisung der Vorlage an die Budgetkommission.

Außerdem sprachen noch die Abgg. Berger und von Benda. Der Handels⸗-Minister Dr. Achenbach erklärte, daß in der Budgetkommission seine Kommissarien jede gewünschte Aus⸗ kunft geben würden. Die Vorlage wurde der Budgetkommis⸗ sion überwiesen. Darauf begründete der Abg. Richter Hagen) nachdem auf eine Anfrage des Präsidenten der Unter⸗Staatssekretär r. sich Namens der Königlichen Staatsregierung zur sofortigen Beantwortung bereit erklärt

Im Anschluß an die Verhandlungen über die geheimen Polizei⸗= fonds in der Sitzung vom 9. November frage ich die Königliche Staatsregierung: 1) Wie viel Millionen Mark sind aus den Ein⸗ künften des mit Beschlag belegten Vermögens des Königs Georg in der Zeit vom Jahre 1871 (dem Friedensschluß mit Frankreich) bis heute verauegabt worden unter dem Titel von Kosten „für Maßregeln zur Üeberwachung und Abwehr der gegen Preußen ge⸗ richteten Unternehmungen des Königs Georg und seiner Agenten? 2) Sind für Ausgaben unter solchem Titel den einzelnen Ministe . rien, insbesondere auch dem landwirthschaftlichen Ministerium, Dispositionsfonds überwiesen worden? . .

Der Unterstaatssekretär Homeyer verlas hierauf die durch das Königliche Staats-Ministerium festgesetzte Antwort: Die Staatsregierung hat schon bei früheren Veranlassungen sich dahin ausgesprochen, daß eine Verpflichtung zur Rechnungslegung

über die Verwendung der in Beschlag genommenen Revenüen des

Königs Georg an den Landtag für dieselbe nicht bestehe, weil die . und Ausgaben nicht für Rechnung der Staats kasse, sondern des gedachten Fürsten erfolgen. Es wird hierüber auf das an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses gerichtete und zur Kennt⸗ niß dieses Hauses gebrachte Schreiben des Staats⸗Ministeriums vom 10. Dezember 1859 und die bei der Berathung des Staats⸗ haushalts Etats für das Jahr 1874 zu dem Fonds, Kapitel 109, Tit. l, des Etats des Ministeriums des Innern ertheilte Auskunft Bezug genommen. .

zug n e rt dieser, den maßgebenden Vorschriften der von beiden Häusern des Landtags genehmigten Verordnung vom 2. März 1558 entsprechenden Auffassung befindet die Staatsregierung sich daher nicht in der Lage, auf die in der Interpellation des Abgeordneten Richter hervorgehobenen speziellen Fragen Auskunft zu geben. j

Auf den Antrag des Abg. Dr. Hänel trat das Haus in

die Besprechung der Interpellation. Beim Schlusse des Blattes hatte der Abg. Br. Hänel das Wort.

= Soeben ist die zweite Ausgabe einer im Handels— Ministerium bearbeiteten Zusammenstellung der Wasser— straßen in Preußen, sowie eine gleichfalls im Handels— Ministerium bearbeitete Karte, welche die Beleuchtung der deutschen Seeküsten darstellt, nebst einem Verzeichniß der Leuchtfeuer erschienen. Wir kommen auf diese Publikationen des Näheren zurück.

Eine Polizeiverordnung, welche die Tödtung herrenlos umherlaufender Hunde ausnahmslos ge⸗ stattet, ist, nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 5. Oktober 1877, ungültig, vielmehr ist die böswillige Tödtung herrenlos umherlaufender Hunde als Sachbeschädi— gung zu bestrafen.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. Kossatz in Lieberose, Arzt Richtarsky in Loitz, Dr. Bielawski in Krotoschin. Dr. Schroeder in Wagenfeld, Dr. Kluge in Steinheim, Dr. Heidsieck in Heepen, Dr. Heiland in Rinteln, Dr. Sprengel in Marburg, Dr. Wachenfeld in Borken.

Görlitz, 19. November. Heute, Vormittags 10 Uhr, fand die Eröffnung des diesjährigen Kommunal-⸗-Land⸗ tages der Königlich preußischen Oberlausitz durch den Vorsitzenden, Landeshauptmann und Landesältesten von Seydewitz, im Ständehause hierselbst statt. Nachdem der Jahresbericht über die ständische Gesammtverwaltung vom Vorsitzenden vorgetragen worden war, wurden die gewöhn⸗ lichen Formalien erledigt, die neu eintretenden Mitglieder in die Verfammlung S ggefüht und einige Neu⸗ oder Ergänzungswahlen be den ständischen Direktionen oder Kommnissionen vorgenommen. Der Landtag trat dann in die Berathung mehrerer Incidenzpunkte und Propositionen ein, genehmigte dabei die geringen Etatsüber⸗ schreitungen bei der Landsteuerkasse, erklärte sich demnächst mit einigen Kapitalausleihungen, bei denen seine Genehmigung vorbehalten war, einverstanden, bewilligte dem landwirthschaft⸗ lichen Centralvorstande der preußischen Oberlausitz die bis⸗ herigen, theilweise zu Prämiirungen von Aufforstungen kleiner ländlicher Grundstücke bestimmten Subventionen und stellte die zur Förderung der Heilung armer an Augenkrankheit leidender Personen angewiesenen und zum Theil disponibel gebliebenen Beträge anderweit dem Landeshauptmann zur Disposition. Ferner bewilligte der Landtag einer Anzahl ständischer Beamten Gratifikationen, genehmigte die An⸗ stellung eines Kalkulatur⸗Assistenten, regelte die Ver⸗ leihungsbefugnisse bei der von der Frau Gräfin von Loeben für arme Dienstboten errichteten Stiftung und erledigte die Vorlagen, betreffend den Emeriten⸗ fonds und das Kreditinstitut der Ober⸗ und Niederlausitz, bei denen es besonderer Beschlüsse nicht bedurfte. Die nächste Sitzung findet am 21. d. M. statt; am 260. d. M. arbeiten die Landtagsausschüsse. ;

Cöln, 20. November. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl der Stadtverordneten zweiter Klasse wurden sämmtliche vier Kandidaten der liberalen Partei, trotz der äußersten Gegenanstrengungen der Ultramontanen, gewählt.

Sachsen. Dresden, 20. November. Die Zweite Kam mer verwies heute einen Antrag der Abgg. Grahl und Gen., die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, dem Land⸗ tage einen Plan über diejenigen Landestheile vorzulegen, welche noch durch Sekun därbahnen mit den Hauptlinien zu verbinden sind, und diesem thunlichst die Kostenanschläge beizufügen, an die Finanz⸗Deputation, und beschloß hierauf, einen Antrag der Abgg. Br. Krause und Gen. auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs, die Theilbarkeit des Grundeigen⸗ thums betreffend, in Schlußberathung zu nehmen.

Baden. Karlsruhe, 18. November. Der Zweiten Kamm er wurde, wie bereits gemeldet, in ihrer gestrigen Sitzung das gesammte Budget in seinem ordentlichen und außerordentlichen Etat für i878 und 1879 vorgelegt. Die Gesammtausgaben für beide Jahre betragen, der „Cöln. Ztg.“ zufolge, 75 262 254 M6, die Cinnahmon ös 831 541 (M6 sicht i sind also 6376713 ½ Zur Deckung soll ein den im

etriebsfonds der allgemeinen Staatsverwaltung angesammelten Ueberschüssen zu entnehmender Betrag von 3185 707 16 40 3 und ein außerordentlicher, in den folgenden Etats jahren wieder zu erstattender Zuschuß der Amortisationskasse von 3185 0056 6 60 3 dienen. Die Amortisationskasse befindet sich in der günstigen Lage, den erforderlichen in zu leisten und gleichwohl im Stande zu sein, ihren ZJinsen⸗ und Tilgungsbedarf sammt Verwaltungsaufwand aus den eigenen Aktivzinsen zu bestreiten. Der Finanz⸗Minister legte gestern auch noch den Gesetzentwurf wegen Forterhebung der Steuern im Dezember 1877 und Januar 1878 vor, worin vorge⸗ schlagen wird, den Steuerfuß der Erwerbsteuer, entsprechend der Vermehrung der Steuerkapitalien um 70 Prozent, von 44 3 von 190 16 Steuerkapital auf 26 3 herabzusetzen. Bezüglich der laufenden Budgetperiode heben die Motive zum Budget hervor

hatte, nachfolgende Interpellation:

daß der Staatshaushalt nur durch einen ansehnlichen ZJuschuß

aus der französischen Kriegskontribution bilanzirt werden konnte, daß aber für die Zukunft das Gleichgewicht in den Ausgaben und Einnahmen nach wirthschaftlichen Grundsãtzen hergestellt werden solle. Der Etats⸗Gesetzentwurf enthält fer⸗ ner die Bestimmung, daß die Eisenbahnschulden⸗ Tilgungskasse ermächtigt werden soll, nicht nur die zum Eisenbahnbau in den Jahren 1878 und 1879 erforderlichen Kapitalien, sondern auch den eventuell zur Schuldentilgung benöthigten Betrag durch ein Staats⸗ Anlehen aufzubringen, welches längstens in 59 Jahren nach erfolgter Emission getilgt sein müsse. In welcher Höhe das Anlehen emittirt werden soll, wird erst nach Bewilligung der Eisenbahnbauten und der Ausgaben des Staatshaushalts durch die Stände zu bestimmen sein.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 19. November. Die „Presse“ schreibt: Seit einigen Tagen sind Gerüchte über eine bevorstehende Mobilisirung verbreitet, welche auch ausländischen Blättern telegraphisch mitgetheilt worden. Wir brauchen wohl nicht zu versichern, daß sie durchaus unbegründet sind, daß kein Wort an denselben wahr ist. Ihre Genesis dürfte auf einige Maßregeln zurückzuführen sein, welche, wie alljährlich im tiefsten Frieden, laut den zu Recht bestehenden allgemeinen Mobilisirungsvorschriften nach jedem größeren Avancement vorbereitet werden müssen. Die im Mai und November eines jeden Jahres stattfinden den Offiziers⸗Avancements im aktiven Heere, in der Reserve und Landwehr bringen naturgemäß eine Verschiebung in der Nangstellung und amtlichen Thätigkeit einzelner Offiziere mit sich, welche sich entweder bei einzelnen Armee⸗-Anstalten oder in der Reserve und Landwehr befinden. Da zu Beginn eines jeden Jahres der Status einer jeden Armee⸗Abtheilung, welche von einer eventuellen Mobilisirung betroffen werden kann, geregelt sein muß, so werden auch diesmal, wie in jedem Jahre und zur tiefsten Friedenszeit, jene periodisch wieder⸗ , hen Anordnungen getroffen, welche sich lediglich auf eine Erfüllung der bestehenden Mobilisirungs-Vorschrift be— ziehen. So ist in den letzten Tagen an die General-Komman⸗ den die Weisung ergangen, die entsprechenden Anträge wegen der durch die letzten Avancements bedingten Korrekturen der Mobilisirungslisten zu erstatten.“

Innsbruck, 19. November. Die Vereins versammlung

des katholisch⸗politischen Volksvereins der reichsfreund?

lichen Fraktion sprach sich in der Zollfrage für die Regierungsvorlage aus, erklärte jedoch in Uebereinstimmung mit dem Antrage des Gemeinderaths von Innsbruck die Un— zweckmäßigkeit der Erhöhung des Petroleum- und Kaffeezolls.

est, 19. Novenber. F3M. Philippovics hat gestern längere Zeit mit dem Minister⸗Präsidenten Tisza konferirt. Wie die Bud. Korr.“ schreibt, handelt es sich jetzt ausschließlich um Feststellung des Quotenverhältnisses, nach welchem der Grenzfonds aufgetheilt werden soll. Die für autonome Zwecke der Grenze zu verwendende Summe soll, nach dem Wunsche der Kroaten, der Verwaltung des Grenz⸗ Kommandos, respektive nach Einverleibung der Grenze der kroatischen Landesregierung unterstellt werden.

Schweiz. Bern, 19. November. Der Bundesrath hat den Rekurs gegen das Verbot der Vornahme von * mungen im Kanton Solothurn durch den Bifchof Lachat abgewiesen.

Niederlande. Amsterdam, 17. November. Wie aus dem Haag von gut untexrichteter Seite mitgetheilt wird, wer— den sofort nach der zu Anfang der nächsten Woche erfolgenden Wiederaufnahme der Sitzungen der Zweiten Kammer der Generalstagten die von dem vorigen Kabinet eingebrachten wichtigen Gesetzentwürfe, zur Regelung des Primarunter— richtes, zur Abänderung der Eintheilung der Wahlkreise und zu Abänderungen im Steuerwesen, zurückgezogen werden. Die neuen Minister werden über diese Materlen später eigene Vorlagen machen. Es wird versichert, der Minister des Innern, Hr. Kappeyne, werde noch im Laufe dieses Jahres einen ganz umgeänderten Entwurf zur Verbesserung des Primar unterrichtswesens einbringen; in diesem Entwurfe werde ein ansehnlicher Theil der Kosten des Volksunterrichtes dem Reiche zugewiesen werden. Postberichten aus Batavia zu⸗ folge, welche bis zum 12. Oktober reichen, lauteten die neuesten Meldungen aus Atchin sehr günstig. Der Fürst von Merdu war durch die erfolgreiche Operation mehrerer Kriegsschiffe, die zu seiner Züchtigung entsendet worden waren, zur Anerkennung der niederländischen Souveränetät gebracht worden und hatte sich am 17. September unter Annahme aller ihm gestellten Bedingungen unterworfen. Die schwierige Expedition in dem Küstenstaate Samalanga war nach einer Reihe harter Kämpfe ebenfalls zu einem glücklichen Ende elangt; der Fürst dieses Landes, Tuku Tjihig Bugis, hatte 6 schließlich allen ihm vorgeschriebenen Bedingungen gefügt und die Unterwerfungsakte beschworen. Die Expeditions—⸗ truppen kehrten nun mit Ausnahme eines Bataillons, welches zur Qlkupation zurückgelassen wurde, von Samalanga nach Kotta⸗Radja zurück. Dort war auch Oberst van der Heyden, der tapfere Besieger Samalangas, wieder angelangt; er ist von der schweren Verwundung, die er auf diesem Feldzuge erlitten und die ihn sein linkes Auge gekostet, völlig genesen. Es hatten wiederum mehrere Häuptlinge Groß⸗Atchins Unterwerfungs⸗ Anerbietungen gemacht. Es hieß, selbst Hadji Abdul Rachman, einer der bisherigen Hauptführer der atchinesischen Kriegspartei, zeige sich jetzt geneigt, für Frieden mit den Niederländern zu wirken, und seine Unterwerfung werde wahrscheinlich nicht lange mehr ausbleiben, da er die Ueber⸗ eugung gewonnen habe, daß die Befestigung der niederländi⸗ a Herrschaft über Nord-Sumatra nunmehr eine vollendete Thatsache sei, welche durch längeren Widerstand nicht mehr rückgängig, gemacht werden könne. In Privatbriefen aus Kotta⸗Radja. glaubt man überhaupt jetzt ein nahes Ende dieses Krieges in Aussicht stellen zu dürfen. Auf ganz Ja va richtete anhaltende drückendste Hitze und Trockenheit großen Schaden an. Für ein Pikol Gras, welches in gewöhnlichen Zeiten dort 35 bis 50 Cents kostet, muß jetzt ein Preis von 3 bis 5 Gulden bezahlt werden. Die siamesische Regierung hatte, im Hinblick auf schlechte Ernteaussichten, die Reis— ausfuhr auf ein Jahr vom 20. September an verboten. Dieses Verbot ist von schlimmer Bedeutung für die Javanesen, welche einen großen Theil ihres Bedarfs an ihrem Haupt⸗ nahrungsmittel, Reis, von Siam her zu decken pflegen.

Großbritannien und Irland. London, 19. November. (E. C) Der General⸗Inspecteur der britischen

Festungen, General Sir Lintorn Simmons, wird, wie ver⸗

beigelegt werden wird, indem Letzterer geneigt sein soll,

Iautet, am Donnerstag nach dem Mittelmeer abreisen, um die Festungswerke von Gibraltar und Malta zu besichtigen.

Frankreich. Paris, 20. November. (W. TB.) Das Journal officiel“ wird die Zusammensetzung des neuen Ministeriums wahrscheinlich erst am Donnerstag veröffent— lichen. Der Herzog Decazes hat heute Morgen sämmt⸗ lichen Botschaftern Abschiedsbesuche gemacht, das Ministerhotel verlassen und sein Privathotel in der Rue Albe bezogen. Die Bildung der Budgetkommission aus lauter Mitglie— dern der republikgnischen Majorität (s. u. Versailles) unter vollständigem Ausschluß der Minorität, wird als erste Manifestation der republikanischen Majorität angesehen und ist nach hiesigem parlamentarischem Brauche unerhört. Gestern fand eine Sitzung der En quetekommission statt. Es wurde beschlossen, die Berathungen der Kommission geheim zu halten.

21. November. (W. T. B.) Die „République fran gaise“ schreibt, angesichts der Prätentionen des Senats und der Weigerung des Präsidenten, seine Politik zu ändern, habe die Kammer die Pflicht, das Budget zu verweigern: „Kein Budget, so lange kein Kabinet vorhanden sei, zu welchem die Majorität Vertrauen haben könne.“

Versailles, 20. No9vember. (W. T. B.) In der heu— tigen Sitzung der Deputirten kammer verlas der Ab— eordnete Bethmont zunächst eine im Namen der republi— ,, Majorität abgefaßte Erklärung, in welcher hervorgehoben wird, daß die Kammer, angesichts der von dem Minister⸗Präsidenten auseinandergesetzten Doktrinen, zur Auf⸗ rechterhaltung ihrer Würde nnd zur Wahrung der Integrität ihrer Entschließungen und Prärogativen gegenüber den ihr, in den Weg gelegten Erschwe⸗ rungen beschließt, die Verifikation der Wahl des Unterstaatssekretärs im Ministerium des Innern, Reille, zu vertagen, bis die Untersuchungskommission fest⸗ gestellt, welche Rolle Reille bei den offiziellen Kandidaturen gespielt habe, und außerdem die Behörden von Castres, welche amtlich Untergebene desselben sind, vernommen worden seien. Die Vertagung der Prüfung der Wahl Reille wurde hierauf mit 297 gegen 219 Stimmen angenommen. Marion von der Linken beantragte darauf, angesichts des Fehlens einer regelrechten Regierung, die Sitzung bis morgen zu vertagen. Der Arbeits ⸗Minister Caillaux erklärte demgegenüber, das MinisteriLum habe zwar seine Entlassung gegeben, werde aber die Geschãäfte bis zur Ernennung des neuen Ministeriums fortführen; es sei demnach eine regelrechte Regierung vorhanden. Die Kammer beschloß dessenungeachtet schließlich, mit 233 gegen 231 Stimmen, die Sitzung zu vertagen, und setzte die nächste Sitzung auf Do n nerstag an. Dise Mitglieder der in der heutigen Sitzung gewählten Budgetkommission gehören sämmtlich der Linken an. In den Bureaus warfen einige Deputirte der Rechten die Frage auf, ob die Majorität sofort die direkten Steuern vwotiren würde, , erwiderte, das werde von den Umständen ab— hängen.

Der Senat setzte die Berathung des Gesetzentwurfs über den Ge neralstab fort.

Spanien. Madrid, 16. November. Der „Magd. Ztg.“ wird geschrieben: Daß der Minister⸗Präsident Cano⸗ vas del Eastillo völlig Herr der Lage in Spanien ist, zeigt sich soeben von Neuem. Welche blutigen Scenen und Aufstände waren ihm nicht von ängstlichen Gemüthern vor⸗ ausgesggt worden, falls er zur Einführung der allgemeinen Dienstpflicht in den baskischen Provinzen schreiten würde! Er hat sie jedoch eingeführt, und kein Aufstand ist erfolgt. Jetzt ist er auf seiner Bahn einen Schritt weiter ge⸗ gangen, indem er die bisher steuerfreien Provinzen Alava, Guipuzcoa und Biscaya in Höhe von 2529 260 Pesetas zur Grundsteuer heranzieht. Es ist dies der erste Versuch einer Erhebung direkter Staatssteuern, der den davon Be— troffenen durch die Erklärung erträglich gemacht wird, daß das Geld nur ein Ersatz der früher von den Provinzen, jetzt aber vom Staate getragenen Kosten für den Unterhalt der Geist⸗ lichkeit sei. -Mit dem so gut wie beendelen Aufstand auf Cu ba schwindet das letzte Vorkommniß, welches wie ein beständiger Aderlaß an der . Spaniens zehrte. . und die alles Ernstes durchgeführte sparsameré Ver— waltun Staatshaushaltes zu erheblichen Ueberschüssen geführt, die sofort zur Einlösung zinstragender Staatspapiere verwendet werden. In Folge dieser sich immer günstiger gestaltenden Finanzzustände ist die innere Rente seit einigen Monaten um 20 Proz. gestiegen.

Italien. Rom, 17. November. Die „Libertâ“ be— richtet über die Ministerkrisis: Der Minister der öffent— lichen Arbeiten Zanardelli und seine Kollegen versammelten sich am Sonntag Abend auf Einladung des Minister⸗Prãäsi⸗ denten im Ministerium der Finanzen. Der Minister-Präfident und Finanz⸗Minister Depretis theilte mit, daß Zanardelli sich. noch nicht habe entschließen können, die Verantwortlichkeit für den Abschluß der Eisenbahn konven tionen mit zu über— nehmen und daß derselbe einen neuen Aufschub verlange, während die Unterhandlungen auf einem Punkte angekommen seien, auf dem eine sofortige Entschließung unerläßlich sei. Nach une Berathung beschloß der Ministerrath, dem Kabinetschef absolute Vollmacht zur Erledigung der Frage noch, vor Wiedereröffnung der Deputirtenkammer zu geben.

wei der versammelten Minister wurden beauftragt, Hrn.

anardelli, der sich inzwischen in sein Ministerium zurück⸗ zogen hatte, von dem gefaßten Beschlusse in Kenntniß zu sezen, und der Letztere . darauf, indem er sie beauf⸗

im Innern . bereits in allen Zweigen des h

tragte, dem Ministerrathe sein Entlassungsgefuch mitzutheilen. ies wurde dem Könige sofort telegraphisch gemeldet. Die Entlassung wurde angenommen, und nahm zu dem Finanz ⸗Ministerium interimistisch auch das der öffentlichen Arbeiten. Wie Fan fulla⸗ meldet, gedenken die Minister, in dem Beri te, der dem die Eisenbahn⸗Konventionen betreffenden Gesetz⸗ entwurfe vorgedruckt werden soll, die Geschichte aller hasen zu entwickeln, welche die etreffenden Unterhandlungen urchgemacht haben, und sie hoffen, deutlich darthun zu önnen, daß Zanardelli inkonsequent, und daß der letzte Grund seines Ausfritts aus dem! Kabinet die Kriegserklärung airoli' s und Genossen gegen das Ministerium gewesen ist. X Die „Ital. N. schreiben: Man versichert uns, daß der Streit zwischen dem Minister Nicotera und dem Abgeord— neten Finzi wegen der in Pesaro gehaltenen Rede gütlich

Hr. Depretis über⸗

worden.

hängern die Versammlung.

Comits von 15 Mitgliedern gewählt werden,

tagungsanträge wurden abgelehnt.

Erklärung ab, daß das Ministerium seine Schuldigkeit thun und die bezüglichen Dokumente zu einem fur geeignet erachteten Zeitpunkte, nicht aber jetzt, vorlegen werde.

Amerika. Washington, 17. November. (Reuters Bureau.) Das Repräsentantenhaus hat seine Zu⸗ stimmung zu dem Amendement des Senass zu dem Armee⸗ budget⸗Gesetze gegeben, welches die Stärke des Heeres auf 25,000 Mann festsetzt. Die New⸗Yorker Zeitungen ver⸗ öffentlichen Depeschen aus San Antbhnio in Texas, welche melden, daß mehrere Trupps maraudirender Indianer aus Mexiko in Texas eingefallen seien. Lieutenant Bullis soll, wie es heißt, ein Indianerlager bei Saragoffa zerstört haben. Oberst Villareal ist, wie verlautet, in Mexiko einge— fallen, um eine Revolution im Interesse Escobedo's und Lerdo de Tejada's anzuzetteln. Die gelbe Fieber⸗Epidemie in Fernandina (Ost⸗Florida) ist erloschen= Drei Sparbanken in Reading, Pennsylvanien, haben fallirt. Das Eomits der Wege und Mittel in Washington hat ein Subcomits unter dem Vorsitz von Mr. Wood ernannt, welches den Zoll—⸗ tarif der Union sowie die Art, in welcher die Zölle ein— gezogen werden, einer gründlichen Revision unterziehen soll.

Costarica. Der Präsident der Republik Don Vicente Herrera ist am 11. September cr. von der Prä⸗ sidentschaft zurückgetreten und hat die Regierung seinem ersten Stellvertreter Don Tomas Guardia uͤbertragen.

Asien. Von der chinesischen Grenze erhielt de „Turkestanische Ztg.“ folgende Nachrichten: e, ee ern,

Der Kollegien⸗Asessor Golowkin telegraphirt aus Ssergiupol, daß die chinesischen Truppen unter dem Befehl der Ambanen Lju und Tschshan nach einem fünfzehntägigen Kampf mit den Dunganen am Bs. September Koraschar und Korb eingenommen haben. Die weiteren Attionen der Chinesen werden sich wohl in diesem Jahre wegen Mangels an Proviant und Transportmitteln auf eine Bewe— gung nach Kutscha beschränken. Die Truppen Bei⸗Kult's konzen— triren sich in Aksu und Maral⸗Baschi. An diesen Punkten werden die Chinesen wohl einen Zusammenstoß haben, und zwar nicht mehr mit den Dunganen⸗Schaaren, sondern mit den gut disziplinirten und verhältaißmäßig gut bewaffneten Kaschgarschen Truppen. Den gan⸗ zen Juni, Juli und einen Theil des August⸗Monats hindurch ver⸗ weilten die chinesischen Truppen in Turfan, Tolfun und Dawantschi, wo sie durch die starke Hitze viel Leute und Zugvieh verloren. Aus eben diesem Grunde wurde ein Theil der chinesischen Truppen bekanntlich aus Turfan nach Urumzy übergeführt. Dfin⸗Dfsan⸗ Dsjun kehrte, nachdem er definitiv die Geschäfte von Shun über⸗ nommen aus Tschugutschak nach Schicho zurück, woselbst ihm auch bereits Quartier bereitet ist.

Ein am 16. Oktober aus Turfan in Kuldsha eingetroffener Sarte meldet Folgendes über die Ereignisse im Chanat von Kasch— gar: Aus Turfan rückte in den letzten Tagen des Augustmonats ein etwa 50,009 Mann starkes cinesisches Heer gegen Karaschar aus. Ungefähr 60 Werst von dieser Stadt entfernt, überfielen etwa 18,000 Dunganen die Chinesen und schlugen dieselben vollständig. Die zersprengten Reste der chinesischen Armee kehrten nach Turfan zurück. Da der chinesische Oberbefehlshaber die Nachricht erhalten hat, in Kuldsha in bedeutender Anzahl russische Truppen konzentrirt sind, so hat Dsin-⸗Dfsan⸗Dfjun den Befehl an seine Truppen erlassen, den Marsch nach Dshincho und Takijansa einzustellen und den bereits in Dfhincho befindlichen 200 chinesischen Soldaten befohlen, nach Schicho zurückzukehren. Gegenwärtig konzentrirt er seine Truppen in Schicho, Alabussun und

Manas. , n n ,

ne, , , , ge, w e n , Afrika. Egypten. Nach einem Berichte des Obersten Gordon vom 5. Oktober wären die Friedensverhand—⸗ lungen zwischen Egypten und Abyssinien zu einem günstigen Abschluß gekommen.

Der russisch⸗türkische Krieg.

London, 21. November. (W. T. B.) Der „Standard“ fordert die Regierung auf, im Hinblick auf den Fall von Kars Maßregeln zu ergreifen, durch welche die Stellung Englands aufrecht erhalten werde, wie sie Lord Derby in seiner Depesche vom Mai d. J. gekennzeichnet habe.

Paris, 21. November. (W. T. B.) Nach einem der „Agence Havas“ zugegangenen Telegranim aus Konstanti— nopel hat General Klapka ein Manifest an die un— garische Nation gerichtet, in welchem er seine Mitbürger auffordert, mit allen legalen Mitteln die Regierung zu zwin⸗ gen, aus ihrer passiven Haltung herauszutreten angesichts der . beunruhigenden militärischen Lage der Türkei, andern⸗ alls würde die Geschichte ni as tausendjährige Jubiläum sondern den Selbstmord Ungt verzeichnen.

Europäischer Krieg sschauplatz. Bukarest, 20. November. (W. T. B). Nach aus Pö⸗ radim hier eingegangenen Meldungen hat die Eroberung von Kars unter den russischen Trüppen vor Plewna großen Enthusiasmus hervorgerufen, alle Batterien gaben dreimalige Salven, um die glänzende . zu feiern. Gestern ist auf der neuen Eisenbahn Bender⸗Galatz der erste aus 26 Wagen bestehende i auf dem Bahnhofe Tabak Cubei eingelaufen. Auf demseĩ en befanden sich zahl⸗ reiche Passagiere, darunter auch der K Jacob Poljakoff. Das Wetter ist sehr schön. Konstantinopel, 21. November. (W. T. B.) Tele⸗

Ersterem Erklärungen zu geben, welche die Tragweite seiner Angriffe bedeutend abschwächen. Der Erzbischof von Trani, Msgr. Bianchi, ist zum Nachfolger Riario Sforzas auf dem erzbischöflichen Stuhle von Reapel ernannt

= 21. November. (W. T. B.) Gestern fand eine Ver⸗ sammlung der Majorität der Deputirtenkammer behufs Wahl eines leitenden Comités statt. 166 Deputirte wohnten derselben bei. Cairoli erklärte sich mit der Bildung eines Comitès nicht einverstanden und verließ mit feinen An' Letztere votirte hierauf eine Tagesordnung, nach welcher aus der Mitte der Majorität ein ) welches alle drei Monate durch ein neues Comité ersetzt werden soll. Den Vorsitz in demselben soll der Minister⸗Präfident oder zwei vom Comité gewählte Vize⸗Präsidenten führen. Alle anderen Ver=

Griechenland. Athen, 20. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer beantragte der Deputirte Petmezas die Mittheilung der Konsularberichte über die von türkischen Soldaten in griechischen Provinzen begangenen Verbrechen und die Mitthei⸗ lung der von der Pforte in Folge dessen ergangenen An⸗ ordnungen. Minister Trikupis lehnte den Antrag mit der

Mehemed Ali Pascha treffe Vorbereitungen, um Os man Pascha zu entsetzen.

Konstantinopel, 20. November. (W. T. B.) Die Regierung verbreitet ein Telegramm des Kommandanten in der Herzegowina, wonach die Montenegriner, die sich der Befestigungen in der Umgegend der Ortschaft Karnassi, auf der Seite von Antivari, bemächtigt hatten, gestern mit einem Verlust von 300 Mann zurückgeschlagen feien.

Wien, 20. November. (W. T. B.) Wie der „Polit. Korresp.“ aus Cettinje von heute gemeldet wird, haben die Montenegriner das Spizza beherrschende Fort Nehap genommen, nachdem sich Spizza vor 4 Tagen widerstandslos ergeben hatte. Fürst Nikita befindet sich vor Antivari, dessen Citadelle dem Bombardement der Montenegriner widersteht.

Der Korrespondent der Times“ bei der monte— negrinischen Armee telegraphirt unterm 18 ds. aus Cettinje:

„EEin amtliches Tel gramm von der Armee vor Antivari meldet, daß die montenegrinische Artillerie die Citadelle noch immer bom⸗ bardirt und die Wälle erheblich beschädigt hat. Die Einwohner des Distrikts haben die Montenegriner im Allgemeinen freundlich aufge⸗ nommen und die Katholiken wie die Orthodoren erhalten Schutz für ihre Person und ihr Vermögen. Jüngste Ankömmlinge von der Armee schildern den Empfang des Fuͤrsten Seitens des Bischofs von Antivari als sehr herzlich, und konstatiren, daß die besten Be⸗ ziehungen zwischen denselben existiren. Viele Katholiken haben, wie es heißt, mit den Montenegrinern zu den Waffen gegriffen. Das Bombardement von Podgoritza wurde heute eingestellt. Es liegen keine Nachrichten von irgend einer Bewegung in der Herzegowina vor.“

Asiatischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 20. November. (W. T. B.) Offi—⸗ zielles Telegramm aus Werankaleh vom 19. d. Der Sturm auf Kars richtete sich hauptsächlich gegen die südöst⸗ lichen Forts, während gegen die übrigen Forts nur demon— strirt wurde. Die Forts Hafiz, Kanly und Suwari wurden durch die Sturmkolonnen genommen. Die Forts Karadach und Arab wurden, das letztere durch einen Frontalangriff, das erstere vom Rücken her durch Freiwillige in plötzlichem Ansturm genommen. Am Morgen versuchte die Garnison der vom Feinde verlassenen Forts in die Berge zu flüchten, wurde aber umzingelt und gefangen genommen. Unsere Trophäen bestehen in über 19500 Gefangenen, gegen 300 Geschützen und massenhaften Vorräthen. In den Spitälern wurden gegen 4500 Verwundete und Kranke gefunden. Unser Verlust beträgt gegen 2500 Todte und Verwundete.

Moskau, 29. November. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Moskauer Zeitung“ hat sich' die Haupt⸗ macht der Russen von Kars gegen Erzerum gewendet und in Kars nur eine Besatzung zurückgelassen.

Konstantinopel, 21, November. (W. T. B.) Nach einem Telegramm Mo ukhkar Paschas vom 20. d. M. hätten die Russen bisher keinen neuen Angriff auf Erzerum unternommen; sie befanden sich noch immer bei Deweboyun. Wie, dasselhe Telegramm weiter meldet, hatte Moukhtar Paschg keinerlei neue Nachrichten von Kars erhalten.

Tiflis, 17. November. (W. „Presse“) General Ter— gukassow hat im Gouvernement Bajasid bel der Installirung der neuen russischen Verwaltung einen großen Theil der ehe⸗ maligen türkischen Lokalbehörden unter dem Gelöbniß der Treue für den Czar in ihren Anstellungen belassen. Seit einiger Zeit bitten diese Behörden um militärische Unter— stützung gegen die Ueber fälle einzelner Kurdenbanden, welche jetzt ganz besonders mohamedanische Dörfer plündern Es ist die Rede davon, daß eine Eisenbahn von Wladikawkas über den Kaukasus durch das Cjachska⸗ Thal gebaut wird. Sie wird bei Gori in die von Tiflis nach Poti führende Eisenbahn einmünden.

Ueber die Folgen des Falles von Kars bemerkt die W. „Presse“:

„Die unmittelbaren Konsequenzen dieses russischen Erfolges las⸗ sen sich heute nicht leicht mit einiger Bestimmtheit vorhersagen, da die Einflüsse eines sehr wichtigen Faktors, des Winters, vorderhand ganz unberechenbar sind. Sehen wir vorläufig von diesem ab, fo wird die nächste Folge dieses Ereignisses eine ansehnliche Verstär— kung der unter General Heimann nach Erjerum vorgerückten Kolonne sein. Wenn die Russen noch einige Zeit vor Er“ ze rum auszarren können, so wird auch der baldige Fall dieses Platzes als ziemlich wahrscheinlich anzusehen sein da weder der fortifikatorische Zustand von Erzerum, noch die Ueberreste der ehemaligen Armee Moukhtar Paschas eine an⸗ dauernde Vertheidigung diefes Punktes in Aussicht stellen. Was Derwisch Pascha in Batum leisten kann, fällt nicht fehr ins Gewicht; er wird mit seiner geringen Truppenmacht seine Schuldigkeit gethan haben, wenn er noch einige Zeit auf seinem Posten ausharrt' In keinem Falle wird bei Batum irgend etwas geschehen, was auf den, weiteren Gang der Kriegzereignisse in Armenien einen bestimmenden Einfluß üben kann. Die tüͤrkische Armee in Asien ist vorläufig kein operationsfähiger Faktor mehr und der Ausgang des Krieges an den Quellen des Euphrat kann nicht mehr zweifelhaft sein, selbst wenn es den Russen des ein— getretenen Winters halber erst im nächsten Jahre gelingen sollte, Erjerum zu nehmen. Was sich jetzt noch auf dem armenischen Kriegs⸗ theater abspielen kann, wird nur ein fünfter Akt mit leicht zu er— rathendem Schlusse sein. Ganz abgesehen von dem moralischen Ein—⸗ drucke, den die Erstürmung von Kars auf die Bevölkerung in Arme⸗ nien ausüben muß, wird der Fall dieser Festung, auf die man türkischer⸗ seits große Stücke hielt, auf die leicht erregbare Bevölkerung in Konstanti⸗ nopel einen sehr deprimirenden Eindruck machen. Jeder namhafte russische Erfolg hatte bishec ein politisches Unwetter in Stambul zur Folge und der Fall von Kars ist der schwerste Verlust, welchen die Türken bisher erlitten haben. Eine geschlagene Armee kann sich restauriren, reorganisiren und wieder sieghaft werden, aber die Wiedereroberung einer großen Festung ist ein höchst unwahrschzinliches Ereigniß, und darum wird der Fall von Kars höchst wahrscheinlich eine große Panique in Konstantinopel erzeugen.“

Aus Anlaß der Erstürmung von Kars theilt das genannte Blatt folgende historische Daten mit: In den verschie⸗ denen russischen Kriegen wurde Kars zum letzten Male im Jahre 1829 erstürmt. Vier Tage nach der Cernirung eroberte Furt Paskiewitsch die von 11,5600 Türken unter Emin Pascha vertheidigte Festung. Im Jahre 1855 wurde Kars nicht er⸗ stürmt. Ein gegen die westlichen Forts am 29. September unlernommener Angriff des Generals . mißlang, doch mußte die Festung am 28. November wegen Mangels an Proviant, also fast genau vor 22 Jahren, kapituliren. 7000 Reguläre, unter ihnen die Festungskommandanten Wassif Pascha und der englische General Williams geriethen in Ge⸗ fangenschaft. 6000 Irreguläre wurden nach Ablegung der Waffen in die Heimath entlassen.

8 aus Rasgrad berichten nur von unbedeutenden ekognoszirungsgefechten der Türken an verschiedenen Punkten.