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— Vor einigen Wochen bereits machten wir an dieser Stelle auf das bevorstehende Erscheinen emeg neuen Dichter buches aus Deu n schland und Desterreich aufmerksam, das den Titel Ver⸗ schollenes und Neues führen und unter der Autorität Friedrich Bodenstedts erscheinen sollte, Es hat das Werk nunmehr noch recht eitig genug, um den diesjährigen Weihnachtstisch zu schmücken, die Presse verlassen. Entstanden ist diese Sammlung von Gedichten durch den Wunsch des Dichters der Mirza⸗Schaff y ⸗Lieder, dem Publi⸗ kum auch noch aus anderen Dich ungen bekannt zu werden, die nicht so verbreitet sind, wie sie es verdienen. Bodenstedt hat daher die Sammlung durch eine Anzahl eigener poetischer Schöpfungen ein geleitet und geschlossen. Im Uebrigen sind in das Buch nur solche erke noch lebender Dichter aus Deutschland und Oesterreich aufgenommen, die entweder noch unbekannt oder ihrem Werth nach noch nicht genugsam gewürdigt sind. Das Buch bietet daher eine Auswahl des Besten aus der neuesten poetischen Literatur. Die Helwingsche Verlagshandlung in Hannover, bei welcher 2 4 erscheint, hat für eine würdige Ausstattung derselben gesorgt.
— Einen nach zuverlässigen Quellen bearbeiteten Beitrag zur Geschichte der französischen Reoolutionskriege und des Unterganges des alten deutschen Reiches hat Karl Rothenbücher mit der kürzlich im Verlage von Lampart K Comp. in Augsburg erschienenen Schrift: Der Kur mainzer Landsturm in den Jahren I899 und 1800 geliefert. Die vorliegende Abhandlung soll, wie der Verfasser in der Vorrede bemerkt, hauptsächlich ein Beitrag zur Geschichte der Spessarts, seiner Heimath, sein. Aus letzterem Grunde habe er Manches aus der Geschichte und Volkskunde dieser Wald- gegend auch dann beigefügt, wenn solches mit dem Hauptgegenstande der Abhandlung gerade nicht in unmittelbarem Zusammenhange steht. Bei Erzählung der Errichtung und des Verlaufs des Landsturms ist der Verfasser den hierauf bezüglichen Akten der ehemaligen kur⸗ mainzischen Regierung zu Aschaffenburg gefolgt und hat nebstdem die Anhaltspunkte zu benutzen gesucht, welche die Literatur und selbst die Tradition des Volkes für diesen Gegenstand bietet.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Im Regierungsbezirk Hannover ist das Ergebniß der Ernte im Ganzen ein günstiges zu nennen, nur in den dürftigeren Gegenden des Bezirks Osnabrück ist dasselbe hinter den Erwartun gen zurückgeblieben. Der Roggen, ein Theil der Sommerfrüchte und der Buchweizen lieferten eine gute Mittelernte, während der Weizen und die Kartoffeln, welche überdies an Fäulniß leiden, hinter einer Durchschnittsernte zurückgeblieben sind. Sämmtliche Futterkräuter, mit Ausnahme des Klees, haben einen guten, bisweilen reichen Er— trag geliefert, obgleich der zweite Schnitt durch Regen und Ueber— schwemmung sehr gelitten hat.
Gewerbe und Handel.
Nach dem Jahrbuch für bremische Statistik, herausgegeben vom Bureau für bremische Statistik, Jahrgang 1376 (Bremen, G. A. von Herlem, 1877) hat sich die Cinfuhr Bremens, wenn man den Werth derselben im Durchschnitt der Jahre 1847 —1851 (106 499 060 6) gleich 100 setzt, gehoben in den Jahren 1852 —1856 auf 15701 (167 211 568 S6), iss J — 1861 208,79 (222 358 693 M), 1862 — 1866 229 40 (244 309 422 6), 1867-1871 332, 06 (353 637 475 MS, 1872 — 1876 452,04 (481 417 765 A). Die Einfuhr von Ver⸗ zehrungsgegenständen ist in der Periode 1817 — 1851 bis 1872 1876 geftiegen von 100 auf 395,94 (166 014 915 ννë), die von Rohstoffen von 109 auf 939,39 (171 513 879 4Æ6), von Halbfabrikaten auf 1034,94 (31 988 238 M6), von Manufakturwaaren auf 291,77 (661 618 298 46), von anderen Industrie⸗Erzengnissen auf 413, 8.5 (49 830 621 MÆ6). Die Aus fuhr von 1847 — 1851 (92092 234 Vn) — 100 gesetzt, hat sich vermehrt 1852 — 1856 auf 16327 (1560 363 043 S6), 1857-1861 220,658 (203 231183 M), 1862 — 1866 241,25 (222 175 391 1065), 1867— 1871 33206 G30 457 081 SS), 1872 — 1876 491,13 (452 289 4537 416). Die Ausfuhr von Verzehrungsgegenständen ist in der Periode 1847 — 1851 bis 1872-1876 gesticgen von 100 auf 380,92 (161 638 877 A), von Rohstoffen auf 1091,02 (164 394 191 106, von Halbfabrikaten auf 1377.33 (29 298 458 M6), von Manufaktur⸗ waaren auf 23901 (53 g57 124 Sς,), von anderen Industrie⸗Erzeug⸗ nissen auf 433,590 (42 889 755 6).
Von der Einfuhr kamen dem Werthe nach auf die europäische 1847 — 1851 71,4700, auf die transatlantische 28, 535/0, 187 —-— 1876 bezw. 55,36 und 44,6479. Die Einfuhr vom Deutschen Reich hat sich in dem Zeitraum 1847 — 1851 bis 1872 — 1876 von 56,380 auf 31,0370 ermäßigt; diejenige von Großbritannien von 7,15 auf 15,727, von den Vereinigten Staaten von 13,72 auf 28, 110,0 erhöht. Von der Ausfuhr trafen 1847 —1851 70, 88/9, 1872 - 1876 78, 960 /o auf die europäische, 28,06 bezw. 19,93 auf die transatlantische Aus⸗ fuhr und 1,06 bezw. 1,110s0 auf die Ausrüstung der Handelsflotte. Die Ausfuhr nach dem Deutschen Reiche hat sich in dem Zeitraum von 1847 — 1851 bis 1872—1876 von 60,35 auf 55, 620/9, die nach den Ver inigten Staaten von 23, 07/0 auf 17, 84/9 ermäßigt, dagegen diejenige nach Großbritannien von 2775 auf 4790 und diejenige nach dem übrigen Europa (außer dem Deutschen Reich und ö = britannien) von 7,78 auf 18,555 o erhöht.
— In der gestrigen Generalversammlung der Deutschen Reichs- und Continental-Eisenbahnbau-⸗Gesellschaft wurde die gesammte Tagesordnung nach den Anträgen des Aufsichts⸗ raths erledigt, und zwar die Verlegung des Domizils der Gesellschaft nach Cains dorf, die Aendernug der Firma in Königin Marienhütte, Aktiengesellschaft“ und die Reduktion des Aktienkapitals auf 6 000 009 Æ, sowie der Abschluß eines Vergleichs mit der Posen⸗Freuzburger Eisenbahn. ̃
— Die Nürnberger Brguerei, vorm. Henninger, hat im letzten Geschäfts jahre einen Bruttagewinn von 615575 6 erzielt. Für Abschreibungen sind 88 350 S, auf Reparaturenkonto 71 659 „6 abgesetzt, für Hypothekenzinsen 62 O0 M für ,,,, 74 373 ν, Betriebsunkosten 185 353 Die zur Auszahlung gelan⸗ gende Dividende von 39so nimmt 117009 M in Anspruch.
Verkehrs ⸗Anstalten.
München, 12. Dezem ber. CLpz. Ztg.) Der der Abgeordneten kammer vorgelegte, die Vervollständigung des bayerischen Eisenbahn netze s betreffende Gesetzentwurf bestimmt 12 Linien zur sofortigen Ausführung, 10 zur allmähligen, und der Bedarf dafür ist auf 86 Millionen Mark festgesetzt. Unter den sofort auszufüh⸗ renden Bahnen befindet sich von allgemeinerem Interesse die Linie: sen enn der Hochstadt⸗Stockheim er Bahn über Ludwig⸗ kadt bis zur Landesgrenze bei Falkenstein und Donauwörth⸗ Treuchtlingen, welche die dirckte Verbindung von dem Norden nach der Schweiz und umgekehrt bedeutend abkürzen wird.
New⸗Nork, 13. Dezember. (W. T. B.). Der Hamburger Postdampfer Gellert“ ist gestern Abend 7 Uhr hier ein⸗ getroffen.
Berlin, 14. Dezember 1877.
Die Archäologische Gelellschaft beging am 9. R. M. Abends das , e st. Der Vorsitzende, Geheimer Regierungs⸗Rath Curtius, eröffnete die Festvorträge, legte das Neueste aus Olympia vor und vertheilte das Festprogramm nebst einem Beitrage zur griechischen Gewichts kunde von Dr. Schillbach. Der Geheime Ober Jegierungs⸗ Rath Schöne hielt einen Vortrag Über den verdienstvollen und persönlich ausgezeichneten italienischen Archäologen Carlo Promis, geboren 1808 in Turin, gestorben eben⸗ daselbst 1873. Seine Charakteristik wurde bestätigt und ergänzt durch den Freund des Verstorbenen, Hrn. Professor Theodor Mommsen, der einen Vortrag hielt über das mit dem dritten Bande a. einem gewissen Abschluß gelangte groß- artige Werk über das unterirdische Rom vor de ssi. Sodann berichtete Hr. Prof. Conze über die von der österreichischen
Regierung veranstalteten, von ihm geleiteten Ausgrabungen auf Samothrake. Endlich sprach Hr. Hübner über den großen römischen Grenzwall, der sich von Regeneburg bis an die niederländische Grenje hiazieht. Beim Festmahle hielt, wie man der Cöln. Ztg.“ schreibt, der Vorsitzende eine Rede, worin er sich über die Ausdehnung verbreitete, welche namentlich in jüngster Zeit die Bestrebungen Winckelmanns erhalten haben, besonders auch Durch die deutsche Re⸗ ö Waren doch die Ausgrabungen in Olympia so zu sagen
inckelmanns letzter Gedanke. Auch die archäologischen Institute in Rom und in Athen stehen unter dem Schutze Sr. Majestät des Deutfchen Kaiser s, auf dessen Wohl denn auch von der Festver ⸗ sammlung die Gläser geleert wurden.
zKunst und Alterthum in Elsaß-Lothrin gen. Be— schreibende Statistik, im Auftrage des Kaiserlichen Qber⸗Präsidiums von Elfaß⸗Lothringen herausgegeben von Dr. Franz Xaver Kraus, Professor an der Kaiserlichen Universität Straßburg. J. Band 2. Abtheilung, mit 68 Holzschnitten, 2 photograpischen Ta- feln und 3 Plänen. (Straßburg. CG. F. Schmidts Universitäts- Buchhandlung. Friedrich Bull. 1877.)
Den breitesten Raum in der vorliegenden 2. Abtheilung 1. Bandes des sich zu einem stattlichen Umfange erweitern den Werkes nimmt, der alphabetischen Reihenfolge gemäß, natürlich die Stadt Straßburg und vor Allem das dorlige Münster in Anspruch. Wag dieses ehrwürdigste und interessanteste Bauwerk der Reichzlande betrifft, so wird hier zum ersten Male eine Geschichte seiner Entstehung auf urkundlicher Grundlage dargeboten
Innerhalb des Buchstabens O mit dem Ort berehnheim“ be⸗ ginnend, beschreibt die vorliegende Fortsetzung u. A. die Kirche zu Obersteigen, eine der interessantesten Schöpfungen der Uebergangsperiode, welche in 4 Holjschnitten detaillirt wird, in ausführlicherer Weise. Weiterhin folgt: St. Odilienberg, Kloster Hohenburg und Heidenmauer. In Be ug auf die letztere schließt sich der Verf. einem Gutachten des Oberst von Cohausen an, der dieselbe wie alle jene großartigen Anlagen, welche als Steinmauern und Wälle die Höhen der Vogesen und des Hardtgebirges krönen, als Befestigungen ansieht, die bestimmt waren, der in der fruchtbaren Ebene zwischen dem Rhein und dem Gebirge wohnenden reichen Beyrölkerung, seit dieselbe nicht mehr durch die Waffen und das Ansehen der Römer geschützt wurde, als Zuflucht zu dienen. Die Situation der alterthümlichen Baudenkmale des Odilienberges veranfchaulicht eine vortreffliche Uebersichts karte. Aus dem Odilienkloster werden 3 sehr alterthümliche Reliefs in Holzschnitt mitgetheilt, die der Verf jedoch für im 12. Jahrhundert angefertigte Nachbildungen älterer Vorbilder (etwa aus dem 8. Jahrhundert) hält. Aus der Kirche zu Rosenweiler wird eine interessante alte Wand⸗ malerei in Holjschnitt reproduzirt, welche das jüngste Gericht und Episoden aus der Marienlegende darstellt und wahrscheinlich aus dem I4. Jahrhundert stammt. Dann folgen unter der Menge rein statistischer Aufzeichnungen, wie sie durch den Plan des Werkes geboten waren, detaillirtere Schilderungen der baugeschichtlich intereffanteren Kirchen von Rosheim,. Schaff hausen und Schlettstadt nebst Wiedergabe ihrer Grundrisse, Aufrisse, Quer⸗ schnitte und Details. .
Der umfangreichste Abschnitt des Werks Straßburg“ beginnt mit einer Beschreibung der gallisch⸗römischen Reste und der Befesti⸗ gungen der Stadt. Ber letzteren, welche von dem Premier ⸗Lieute⸗ nank im Ingenieur⸗Corps, Hrn. von Pöllnitz, bearbeitet worden, ist ein sehr instruktiver Plan zur Geschichte der Befestigungen von den ältesten Zeiten bis zu Ende des 16. Jahrhunderts“, welcher die alte römische Stadt Argentoratum, die erste Erweiterung um 720 und die weiteren bis zum Jahre 1441 in anschaulichster Weise dar⸗ stellt, sowie das Facsimile des Grundrisses der Stadt Straßburg, wie solche Anno 1680 im wesen gestanden“, beigegeben.
Waß nun das altehrwürdige Mün ster betrifft, so wollen wir im Nachstehenden auf Grund der sorgfältigen urkundlichen Forschun⸗ 9 1 Verfassers eine Skizze der , desselben zu geben versuchen.
Nach einer angeblichen Ueberlieferung wäre Pipin derjenige ge⸗ wesen, der den Bau des Münsters begonnen hätte, aber durch den Tod verhindert worden, denselben zu vollenden, was erst durch Karl d. Gr. geschehen wäre. Diese Angabe ist aber ebenso unbegründet, wie die von einem Chlodwigs⸗Bau wogegen übrigens schon der Um⸗ stand spricht, daß das fränkische Strateburg erst mit dem 6. Jahr⸗ hundert in die Geschichte eintritt. Urkundlich steht nur geh. daß um das Jahr 826 dort ein Münster stand, welches im Jahre 1002, am 4. April, durch die Truppen Herzog Hermanns von Schwaben und Elsaß verbrannt und im Jahre 10 durch Blitz völlig zerstört wurde. Der Bischof Werinhar ließ darauf in den Jahren 1015— 1028 den Bau wieder herstellen. In den Jahren 1140, , 50 und 76 wurde das Münster wiederholt durch Feuer theilweise zerstört. Der letzte Brand hat ohne Zweifel die Veranlassung zu einem völligen Neubau gegeben, der wahrscheinlich sofort begonnen wurde, wie die Bau⸗ formen der im Stil des ausgehenden 12. Jahrhunderts aufsteigenden Dst⸗ theile erweisen. Das Langhaus des 11. Jahrhunderts mit der Westfront ist e iß bis um die Mitte des 13. Jahrhunderts erhalten worden weil hier der Gottesdienst abgehalten werden mußte. Für den Ar⸗ chitekten der Osttheile hält man den Baumeister Hermannus Auriga (wahrscheinlich Wegeman) ohne daß dies urkundlich zu belegen wäre. 8 s. wieder fest, daß in den Jahren 1261 —1274 Conradus Oleymann als magister operis fungirte. 1275 wurde das Langhaus vollendet, 1276 die Fundamente und 1277 der Grundstein zu der Westfront gelegt. .
Auf einer unzweifelhaft unechten (übrigens auch nicht mehr vor⸗ handenen) Jaschrift beruht nun die bisherige Angabe, daß Erwin von da an den Bau geleitet habe. Daß derselbe der Erbauer eines Theils der Fagade ist, wird man zugeben müssen, über die Dauer seiner Thätigkeit in Straßburg steht aber durchaus nichts fest, nicht einmal, ob er den Bau der Westfront geplant oder begonnen, oder einen bereits in Ausführung genommenen überkommen und mo⸗ difizirt hat. Zwar existirt eine Urkunde aus dem Jahre 1284, welche im Straßburger Stadtarchiv aufbewahrt wird und den Namen Erwins zuerst und allein unter allen Urkunden ausspricht. Indessen steht der Nume, wie die dem Werke . Photographie der⸗ selben deutlich zeigt, in einer Rasur und ist offenbar von einer späteren Hand eingetragen. Die Frage, ob der Name nur nicht aus- geschrieben gewesen, oder ob gar ein ganz anderer daselbst gestanden hat, muß freilich offen bleiben.
Aus dem Jahre 1316 stammt der Bau der Marienkapelle durch Erwin; von einer darauf bezüglichen Inschrift werden drei Fragmente in Holjzschnitt mi d l Im Jahre 1318 stirbt Erwin. Von seinem Epitaph im Leicheahöfel an der Nordost⸗ seite des Münsters (unter demjenigen seiner Frau und dem feines Sohnes Johannes vorausgehend), welches von Goethe im Jahre 1770 vergebens uch wurde, liegt dem Werke ein rn graphisches Facsimile bei. Der darin vorkommende Ausdruck Guber= nator fabrice scheint darauf hinzuweisen, daß Erwin gegen Ende seines Lebens die b,, s gesammten Bauwesens übernommen hat. Den Antheil seiner Söhne und Enkel an dem Münsterbau näher zu bestimmen, ist nicht möglich.
Jahre 1365 wurde die Westfront bis zur Plattform voll⸗ endet, aber erst aus den Jahren 1399 — 1419 (nachdem das Münster 1384 abermals durch Feuer be chädigt worden) läßt sich wieder der Name eineg Baumeisterg urkundlich nachweisen: es ist der des Ulrich von 127 welcher schon vorher und wahrscheinlich auch päter noch in leser Zeit nebenher als Dom⸗Baumeister in Ulm
ngirte. Ulrich hat den Bau des Nordthurms an der Plattform aufgenommen und bis zum Abschluß des großen Fensters 1 3 ueltz aus Cöln ld -—-1440) wird auf seinem itaph der Vollbringer des hohen Thurns. . Die Vollendung des Thurms fand urkundlich im Jahre 14539 statt.!
Unter den zahlreichen weiteren Namen der Baumeister, welche von Kraus registrirt werden, erwähnen wir nur noch folgende, für die Bau⸗ geschichte des Münsters wichtigere: Jakob von Landshut (1495 — 1509);
in diese Zeit fãllt der Bau der Laurentius kapelle Hans Hammerer (151 51573; in der Zeit von lo ls = 1520 wurde di- St. Martins kapelle erbaut; Johann Georg Heckler ( 6 4 -1682); derselbe machte dem Rath den Vorschlag, den zweiten Mänsterthurm auszubauen, wurde jedoch ab⸗ schläglich beschieden. Andererseits war er es, der die Barbarei be⸗ ing, Erwins Marienkapelle, den schönen Lettner und den spätgothi⸗ = Fronaltar abzubrechen; die Apsis wurde mit Stugverzi en versehen, die alten Bogenfüllungen mit den gemalten Fenstern her⸗ ausgeworfen und die Basen und Kapitelle der Wandpfeiler abge⸗ scblagn um der zopfigen Gipsrocaille Platz zu machen. us der neueren Geschichte des Gotteshauses wird das Dekret vom 1. Frimaire des Jahres II (1793) erwähnt, welches die Zerstö⸗ rung der Steinbildwerke an dem Tempel der Vernunft anordnete. Der Munizipalrath legte jwar Verwahrung dagegen ein, das Dekret wurde jedoch am 15. Frimaire erneuert. Die Zahl der damals heruntergeschlage⸗ nen Figuren wird auf 235 angegeben. Unter dem J. Thermidor des Jahres II (1793) verfügten darauf die Departemental⸗Administratoren des Niederrheins, daß die Kirchthürme allenthalben niedergelegt werden sollen, ausgenommen diejenigen an den Ufern des Rheins, die zu militärischen Beobachtun hen dienen können, und den des Tem vels zu Straßburg, der ein eben so kühbnes als kostbares und einziges Denkmal der alten Architektur darbiete“ Nach dem 9. Thermidor und dem Sturje der Bergpartei wurde zwar eine Untersuchung über die am Münster begangenen Zerstörungen eingeleitet, eine Bestrafung der Schuldigen fand aber unter den bald wieder wechselnden poli⸗ tischen Verhältnifsen nicht statt. Im Jahre 1800 wurde das Münster dem katholischen Gottesdienste zurückgegeben.
Es folgt dann eine eingehende K und ein Ver⸗ zeichniß der Glas- und Wandmalereien sowie der Skulpturen des Münfters. Von den letzteren werden die charakteristischen und für die Kunstgeschichte interessanten Statuen am südlichen Portal der West front (darstellend drei der thörichten Jungfrauen und ihren Ver⸗ führer) sowie zwei Reliefs am Friese des Nordthurmz in Holischnitt abgebildet. Die interessante, höchst freimüthig sattrische Thierprozession“ ist leider ebenfalls zerstört, indessen sind noch einige alte 29 schnitte vorhanden, für deren facsimilirte Nachbildung man dem n f. besonders dankbar sein muß. Weiter wird dann das Mobiliar, die Grabdenkmäler, die Inschriften und Varia mit Sorgfalt verzeichnet und in dem Abschnitt über das Frauenhaus, dessen Räume zu ebener Erde jetzt als Museum dienen, und das im dritten Geschosse das Bureau des Dombaumeisters birgt, über die hier aufbewahrten alten Baurisse des Münsters eine Uebersicht gegeben und zugleich die wichtigsten in Holzschnitt reproduzirt, nämlich: 1) die südliche Hälfte der Westfront bis zur Rose einschließlich, 2) die nördliche Hälfte der Westfront nebst Thurm, 3) die Innenansicht. der südlichen. Hälfte der Westfagade bis zur Höhe der Rose, 4) die Kopie eines äußerst sorgfältig ausgeführten Risses zur Fagade, aus dem Germanischen Museum.
Die anderen Kirchen Straßburgs werden, ihrer geringeren Be⸗ deutung entsprechend, kürzer behandelt. Von Jung S. Peter“ sind Grundriß, System und Detail im Holzschnitt mitgetheilt, von St. Stephan der Grundriß und eine Ansicht der Osttheile, von St. Thomas Grundriß. Ansicht und Detail. In der letztgenannten Kirche sind der Sarg des Bischofs Adelochus und das Relief des h. Thomas, beide in Abbildung beigefügt, von größerem archäologi⸗ schen Interesse. Aus allen Kirchen werden zahlreiche Grab⸗ und In⸗ schriften in sorgfältigen Kopien reproduzirt. Die öffentlichen und Privatgebãude, sowie die Museen und Sammlungen der Hauptstadt des Elsaß beschließ'n den Artikel Straßburg.
Aus den ferner folgenden Städten verdient noch das schöne spät⸗ gothische Sakramentshäuschen zu Walburg und die Abteikirche St. Peter und Paul zu Weißenburg Erwähnung, welche in Illustrationen vorgeführt werden.
Der 1. Band des Werkes bietet songch ein vollständiges archão⸗ logisches bau- und kunstgeschichtliches Archiv dꝛs Elsaß und auf allen diesen Gebieten, vermöge seiner lexikalischen Form schnelle Auskunft, nicht nur über den jedesmaligen Gegenstand, sondern auch über die darauf bezügliche Literatur. Von der Gewissenhaftigkeit, die den Verfasser bei der Sammlung seiner, Irrthümern so sehr ausgesetzten Angaben geleitet hat, zeugt auch die große Anzahl von Nachträgen und Berichtigungen, die er in einem Anhange beigefügt hat.
Das Werk ist in Druck, Illustration und photographischen Bei⸗ lagen vortrefflich ausgestattet.
Paris, 12. Dezember. (Fr. C.) Der von den Zeitungen be⸗ reits mehrfach erwähnte Betrüger, welcher in Mailand und ver— schiedenen französischen Städten auftauchte und unter dem Vorwande, er sei ein aus einer deutschen Festung entflohener französischer Offi⸗ zier, der es dort habe büßen müssen, daß er im Jahre 1871 als Kriegsgefangener einen deutschen Offizier geohrfeigt hatte, nicht blos Unterstützungen erwirkte, sondern geradezu als Märtyrer seiner Va. terlandsliebe gefeiert wurde, — dieser Schwindler, Namens Charles Lebrun, erschien gestern vor dem Marseiller Zuchtpolizei⸗ gerichte und wurde zu fünfzehnmonatlichem Gefängniß und fünf⸗ jähriger Stellung unter Polizeiaufsicht verurtheilt.
In der Nähe des Feuerlandes ist kürzlich eine feuer speiende Insel auf der Oberfläche des Meeres erschienen und dann nach einiger Vit wieder in den Wogen verschwunden. Der Kapitän des dänischen Segelschiffes ‚Lutterfeld', J. O. Lunginers hat, wie man der Göln. Ztg. schreibt, in Valparaiso darüber folgende Erklärung abgege⸗ ben. Gegen Mitte Dezember 1876 kam er an die ö 10 Seemeilen von der . an der Seite des Stillen Oceans. Das Schiff war nach Valparaiso hestimmt; als es sich unter 650 15 10 südl. Breite und 756 12 19 westl. Länge befand, bemerkte der wachthabende Matrose 35 Uhr. Morgens am 10. Dezember in ge⸗ ringer Entfernung ein beträchtliche; Stück Erde oberhalb der Wasser⸗ fläche, in Gestalt eines etwa 39 m hohen Hügels. Unter der Gefahr, mit dieser Masse zusammenzustoßen, gelang es dem Steuermann mit genauer Noth, das Fahrzeug zu wenden, während der Kapitän sich nur vorsichtig pweiterbewegte und sorgsam die Seekarten ö um nicht vom rechten Wege abzukommen, indessen fand er auf keiner das neugefundene Land verzeichnet und beschloß daher, das Tageslicht ab⸗ zuwarten, um genguer die Entdeckung zu untersuchen. Gegen ol Uhr Mor⸗ gens erschien die Maffe bereits bedeutend geschmälert; nichts destowen iger ließ er ein Boot aussetzen und fuhr mit dem Piloten und vier Matrosen nach dem Eilande. Bei näherer Forschung ergab sich, daß seine Gestalt kegelförmig war und die Seitenflächen in etwag steiler Steigung sich senkten; einer der Matrosen sprang auf einen Ausschnitt des J. um dat Schiffstau an einer Felsspitze zu 5 mußte sich je och schleunigst zurückziehen, da der Boden unter seinen Füßen eine uner⸗ trägliche Gluth ausströmte, ohne Rauch auszulgssen. Daraus er klärte sich auch das Brodeln und Zischen an den Rändern des Kegels, die mit dem Meerwasser in Berührung kamen; allmählich ann dann die Masse zu sinken, bis gegen 8 Uhr Morgeng ihre letzte . verschwand. Ein Stunde späͤter fuhr das Schiff ohne ö. che Gefahr durch die Wasserstrecke, welche das vulkanische Eiland einge⸗ nommen hatte. Man bringt dieses Phänomen mit den zahlreichen Erdbeben in Verbindung, welche die stküste kürzlich so hart mit⸗ genommen haben.
Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl besuchte gestern, Donnerstag, das Friedrich⸗Wil helm städtische Theater und wohnte daselbst, der Aufführung der Posse: Unser schönes Berlin“ bis zum Schluß bei. ö
. Redacteur: J. V.: Riedel.
Berlin: Verlag der Grpedition (Cefsel). Druck: W. Els ner. Drei Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage).
M 285.
Deuntsche s Reich. Nachweisun
Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staagts⸗Anzeiger.
Berlin, Freitag, den 14. Dezember
1877
—
9 der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche für die Zeit vom 1. April bis zum Schlusse des Monats November 1577.
8
Ober ⸗Post⸗Direktions⸗Bezirke.
2.
Einnahme im Monate November 1877.
160. 13
3.
Hierzu Einnahme in den Vormonaten.
16.
4.
Zusammen.
41. 3
5
Einnahme in dem⸗ selben Zeitraume
des Vorjahres (Spalte 4). 46. 3
6. In 1877178
— mehr — weniger 0. 4
I. Im Reichs⸗Postgebiete.
1 2) Gumbinnen. w 3) Danzig.
3
5) Potsdam.
6) Frankfurt a / O..
7 tettin. .
8) Köslin.
9 Posen .
10) Bremberg .
11 Breslau
12) Liegnitz.
13) Oppeln..
14 Magdeburg ;
15 2 a. S..
16) Erfurt. .
17) Kiel.
18) Hannover.
Münster Minden Arnéberg. k . a. M. 1 Aachen. Coblenz Düsseldorf Trier Dresden Leipzig. Karlsruhe.. Konstanz. Darm stadt Schwerin i. M.. Oldenburg
36) Braunschweig
37) Bremen
Straßburg EC. . k
16926 3123 11876 53 574 3858 7405 8618 1811 4352 2995 17874 6673 7055 19435 8084 9813
6688
7410 1909 5564 15 142 3486 23 469 14174 63171 3272 340997 2262 11141 27538 11977 5 556 11210 1938 3840 5541 16829 73 691 17893 4497
25 85 30 35 60 55 85 45 40 35 80 20 85 60 80 15 50 05 05 60 05 25 20 40 40 35 45 35 15 60 90 05 95 80 30 50 30 55 50 10
121 809
20765 22576
425 572
25 834 51 112 90 353 17831 35570 23 643
128 811
51 062 h5 521
121 134
5 289 66 782
14685 360 559. 11 727
353192
138 492
26 961
202 567
99577 50 354 22572
2652 935
13 743 I6 554
2603 935
S8 687 31017 75 827 20 643 26 454 32047
112 692 514 968 116139
24 622
135 736 25 857 154455 182 145 35 633 58 518 5 ** 15 643 35 935 265 535 116 686 377335 ho 57 1455160 5 7 76 535 51 371 57 955 13 536 15 756 155 541 25 447 236 0635 113 5 56725 25 315 256 132 15 O55 r 655 251 474 Ib 65 z6 57d 5 635 22 555 365 251 37 558 135 43 55 60 134 933 29 119
100371 22515
92 614 466373
31395 60 946 1090 712 162383 410996 26220 167 845 61974
6i Jö 67
135994
65 160
76 485 413379 53 337 13 656
43 387
160743 30271 230 203 134619 62763 27309 308 205
239 563
100588
35 672 86 385 24015
30071
36327 148311
563 706
126118 30433
35 25 20 50 30 25 25 95 16 70 30 00 M
00 40 25 20 00 70 10 85 85 15 60 60
65 16 57 S6 7
95 05 30 35 45 16 80 35 85 35 45 60 70
33 364 1374 11 335 15 775 1701 2427 1710 3355 1673 418 21 155 1238 563 4535 17865 115 8651 16652 15 369 7198 825 4156 26 36 63? 14161 22 077 917 7123
8 655 76 961 53 1453 3235 135665 18 5.5 24 853
7914 1313
38) Hamburg . ö 39 40 1
—— ayern * ö. . . ürttemberg.
Summe JI.
38 463 18273
—
Wir 26
10
3 660 582 255 966 128 519
1159567
293 529
146792
275271 144201
Nöd S835 IF 65
30
1256 18 258 25291
über die von den Rübenzucker⸗Fabrikanten des deutschen Zoll von Zucker im
nebẽcha np Berlin, im Dezember 1877.
555 721 00
16044168 35
nebersicht . . ; gebiets versteuerten Rübenmengen, sowie über die Einfuhr und Ausfuhr Monat November 1877.
1579 885
Haupt-Buchhalterei des Reichs kanzler⸗Amts.
1580 296
R
r* id I*tiItrtlt!!“IIIIAIHIEItTYIIÆItNIIIAtTtτt
19593 33
Verwaltungs⸗ Bezirke.
befindlichen
Zahl der im Betrieb Rübenzucker⸗Fabriken.
Einfuhr vom Zollauslande.
Ausfuhr nach dem Zollauslande (mit und ohne Steuerrückvergütung.).
Raffinirter Zucker aller Art
NMelasse it Art und Soru
Raffinirter Zucker aller Art
Rohzucker
Melasse aller Art und Syrup
unmittelbar in den freien
Derkch.
auf Niederlagen.
S — * 5 8 * 8
unmittelbar in den freien
Verkehr.
Verkehr.
unmittelbar in den freien
S 2 * 8
auf Niederlagen
8 — * 8
unmittelbar aus dem freier Niederlagen
unmittelbar aus dem freien
Ctr. n. Ctr. n.
aus Niederlagen.
unmittelbar aus dem freie Niederlagen.
2
4
. .
D* *
*
0 *
82 *
12.
16.1
JI. Preuß en.
1 , reußen.
Preußen Westpreußen. 2) Provinz Brandenburg. 3) Provinz Pibo mern. 4 . Posen . 5) Provinz Schlesien 6 Provinz Sachsen, einschl.
der Fürstlich Schwarz⸗
burgischen Unterherr⸗
R 7) Provinz Schleswig⸗Hol⸗ stein
8) 6 annover.
* 8
. 88
— 2 2 —
N
3 rovinz Westfalen. 10 Brovinz Hessen⸗Nassau. 11) Rheinprovinz. ;
8 482 260
33 540 1612984 53 725 25 020 762 275
65 115 733 130 360 7190
S8 675
2271360
12 821 504 303 320
de —
J
* 2 8
125 469 60 676
24 903
1
56
S o- —
22
Summe JI. II. Bayern ö III. Sachsen . IV. Württem berg. V. Ba den. ; , III. Mecklenburg VIII. Thüringen , einschl. der Großherzoglich Sãchsischen Aemter Allstedt und Oldis⸗ d IX. Oldenburg.. X. Braunschweig . XI. Anhalt.. XII. El sa ß⸗Lothringen XIII. Luxemburg..
14 547 894 76 260
366 130 35 266
o org
o = 0,
277 001
2623 zö59 1814333
S 556590 2
14103 256
11
24 282 15)
15
5312
152 8
211 232
27
— dee 8 — O
6
— d
2
—
.
Neberhaupt Hierzu in den Vormonaten Septbr. und Oktbr. 1877
19 386 411 27033 662
20 417 24792
2720 5060
14 234
2oza6 14 6301776
Töss N 165 87 129
o80M 217 067 164 992
12 347 21 047 32 152 78 zes 2158
. In demselben Zeitraume
des Vorjahres — ) Laut einer nachträglich eingegangenen Berichtigung sind die in der Uebersicht für den
n 3 oos mn ss an
Sp. 7 angegebenen 7235 Ctr. in Sp. nach uweisen.
45 209
71780 5 853
Berlin, im Dezember 1877. Kaiserliches statistisches Amt.
38 209 29 426 50 481 23 469 60 058
39560 4664
(
98 294
372 059 426 787
44 499 99 642 17 523 1556 76 030, 27 746 Monat Oktober 1877 bei Westpreußen in
NAichtamtliches. Berlin, 14. Dezember. In der gestrigen (35) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische der M nister für Handel 2c. Dr. Achenbach und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, war ein Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Betheiligung des Staates bei dem Bau einer Eisenbahn von Kiel über Eckernförde nach Flens⸗ burg eingegangen; vom Herrenhause sind die gestern dort erledigten Gesetzentwürfe berübergekommen. 33 Das Haus setzte die Debatte über den Etat der Ei sen⸗
bahnverwaltung fort. . Der Abg. Richter (Hagen) behauptete, daß Derjenige, welcher die Erwiderung des Handels⸗Ministers auf seine gestrige Rede aufmerksam lese, finden werde, daß derselbe die Hauptsachen unerwähnt gelassen habe. Er, Redner, vertrete nicht das Prinzip der kürzesten Linie, sondern wolle nur die gleiche Konkurrenz zwischen Privat- und Staatsbahnen wahren. Der Minister habe gesagt, daß die Güterablenkung keine spezifische Krank⸗ heit der Stactsbahnen sei. Er habe also in ihr eine Krankheit anerkannt; und jedenfalls seien die Staats⸗ bahnen äußerst geeignet, diese Krankheit zu generalisiren. Das Verfahren der Staatsregierung in der Angelegenheit der Stettiner Bahn sei zum mindesten geeignet, die Bildung spontaner Spekulantenkonsortien zu begünstigen. Tie ganze Tendenz der Eisenbahnpolitik der Regierung gehe dahin, nur das Gebiet der Staasbahnen beständig auszudehnen, ohne da⸗ bei einen reformatorischen Gedanken zu verrathen. Die Behauptung, die jetzige Politik knüpfe an die alten preu⸗ ßischen Traditionen an, sei ohne jede Bedeutung, denn von solchen Traditionen könne man bei unserem jungen Eisenbahn⸗ wesen gar nicht sprechen. Wenn der Minister ihm entgegen⸗ halte, daß er bereit sei, für Staatsbahnen zu stimmen, wenn dieselben für Ostpreußen gebaut werden sollten, so erwidere er, daß in Ostpreußen Privatbahnen überhaupt nicht gebaut wür⸗ den, also vor der Alternative stehe, diesen Landestheil über⸗ haupt ohne Eisenbahnen zu lassen oder Staatsbahnen anzu⸗ nehmen. In diesem Falle wähle er natürlich das Letztere. Hierauf erwiderte der Minister für Handel ꝛc. Dr. Achenbach: . .
Meine Herren! Ich habe für meinen Theil noch niemals einen Zweifel darüber ausgesprochen, daß der Herr Vorredner bei seinen Bestrebungen ebenso das Wohl des Landes im Auge habe, wie ich selbst; es wird mir keine Aeußerung nachzuweisen sein, worin ich etwas Entgegengesetztes behauptet hätte. Ich bin nur wegen meines abweichenden Standpunktes leider in der Lage, sehr häufiz mit ihm in sehr ernste Diskussionen einzutreten, um die Stellung, die ich selbst einnehme, zu vertheidigen, und das muß ich auch heute noch einmal thun, obschon ich mich bestreben werde, recht kurz zu sein.
Meine Herren! Der Herr Vorredner, der in seiner Rede recht freundlich gegen mich selbst war, schien mir eigentlich dieselbe Freund⸗ lichkeit dem hohen Hause gegenüber nicht zu bewahren, denn er sagte, in den Jahren Is7z und 1874 seien die Regierungs vorlagen aus dem Grunde angenommen, weil der Herr. Minister die Gabe besitze, seine Reden oratorisch auszuschmücken und eine rhetorische Apostropbe an das Haus zu richten. In der Begeiste⸗ rung, die solche Worte herbeiführten, würden die Regierung vorlagen angenommen. Meine Herren, — ich glaube doch nicht versichern zu dürfen — das hohe Haus weiß es ja selbst beser — wie eingehend die betreffenden Vorlagen in den verschiedenen Stadien geprüft wor⸗ den sind und wie wenig das Herz hierbei thätig gewesen ist, sondern immer der Verstand. Das Haus hat ganz bewußt dasjenige ange⸗ nommen, was ihm von Seiten der Staatsregierung vorgeschlagen worden. So ist es mit der Berlin⸗Wetzlaer Bahn und mit allen denjenigen Bahnen geschehen, die seitdem gebaut, oder zu bauen unternommen worden sind. Der Herr Vorredner wälzt die Strömungen, welche augenblicklich dahin gehen, das Staatseisenbahn⸗ netz zu vermehren, auf die unglücklichen Konjunkturen der lezten Jahre, auf die mannigfachen hieraus entstandenen Schwierigkeiten. Ja, meine Herren, das mag in einer gewissen Art richtig sein. Man fann es schon aus den Akten des Jahres 1848 kennen lernen, daß damals bei verwandter Lage fast bei allen Privatbahnen der Ruf an die Königliche Staatsregierung erging, sie zu übernehmen, sie zu kaufen, weil die trostlosen erhältnisse es nicht mehr gestatteten, den Betrieb mit Aussicht auf gute Erfolge fortzuführen. Hätte die da⸗ malige wirthschaftliche Nothlage länger fortgedauert, so würde viel⸗ leicht schon in jener Zeit dieser Prozeß sich vollzogen haben. Ich glaube indessen, daß man die, auf, das Staats bahnsystem gerichtete Strömung der Gegenwart nicht hinlänglich erklärt, wenn man sie lediglich auf jene Ursache zurückführt. Es wird Niemanden, auch dem Herrn Vorredner nicht entgehen, daß diese. Strömung nicht allein bei uns vorhanden ist, sondern daß sie eigentlich auf dem
anzen Festlande existirt. Noch vor Kurzem haben wir gesehen, daß eispielsweise die österreichische Regierung ganz gewaltige An⸗ strengungen macht, um in den Besitz der Priva bahnen zu gelangen, und zwar auf einem Wege, den wir seit vielen Jahren eingeschlagen haben, nämlich auf Grund der geleisteten K sich zunächst die Verwaltung der Bahnen und später das igenthum derselben an; zueignen. Es muß also doch wohl die Völker des Kontinents das Gefühl durchdringen, daß der Staat auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens starke and, daß er Hier csnen erheblichen Besitz hahen mühsse, um vie e, zu erreichen, die auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens im Fffentlichen Interesse anzustreben sind. Ich glaube, es ist eine immer mehr zunehmende Auffassung, daß die Eisenbahnen in der That öffentliche Wege sind. Sodann aber muß hevorgehoben werden — ich habe es schon in meiner letzten Rede en — daß nach meiner persönlichen Ueberzeugung sich immer mehr und mehr — ich mag mich ja vielleicht irren — das Eisenbahnne verdichtet, daß diese Verdichtung zwar auf der einen Seite den Wohlstand des Landes heben, also auch die Transportmengen vermehren wird, daß aber auf der anderen Seite die Vermehrung der Transporte doch nicht in dem⸗ selben Maße, wie die Vermehrung des Anlagektapitals und die Stei⸗ gerung der Kosten der Bahnen . dürfte. Ich glaube daher, daß nach und nach es unmöglich werden wird, in den Eisenbahnen Privatvermögen anzulegen. Das ma noch recht fern liegen, vielleicht 50, 60 und mehr Ee fe. dauern, aber daß dieser Prozeß sich bis dahin vollziehen wird, glaube ich annnehmen zu dürfen. ch nehme an, daß diese , ieineswegs eine isolirte ist, sie dringt in viele Schichten der Gesellschast, und auch aus diesem Grunde er⸗ klärt es sich, daß man mehr und 6 die Eisenbahnen — diese öf= fentlichen Wege — zu Lasten . gen sehen will, der schließlich diese Bürde doch allein zu 6 m Stande sein wird.
Meine Herren! Wenn dles die Grundlage der augenblicklichen Richtung sein dürfte, so ö ich sie viel weniger in dem Umstande, daß man, wie der Herr Vorredner meinte, sich nach dem Polizeistqgat sehnt, daß man eine wirthschaftliche Reaktion, wie er es nannte, in= auguriren will. Ich bin vielmehr der en, daß diese Wand⸗ lungen und Strömungen in der öffentlichen Meinung mit einer wirkhschastlichen Reattion gar keinen Jufammenhang haben. Wenn