Aichtamtliches. Dentsches Reich.
Preußen. Berlin, 6. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag um 11 Uhr, wie alljährlich, die Vorstellung der in diesem Frühjahr in die Armee eintretenden Kadetten, in Gegenwart des General⸗ nspecteurs des Militär- Erziehungs und Bildungswesens, enerals der Kavallerie Baron von Rheinbaben, des General⸗ Adjutanten, General⸗Majors von Albedyll, und der direkten Vorgesetzten, 9 und empfingen hierauf den wieder ge⸗ nesenen General⸗Lieutenant von Pape, Commandeur der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, sowie den zum Gouverneur von Straßburg i. E ernannten General⸗Lieutenant von Schkopp, bisherigen Commandeur der 31. Division. Auf einen kurzen Vortrag des General⸗Adjutanten von Albedyll folgte dem⸗ nächst der des Geheimen Kabinets-Raths von Wilmowski. Außerdem gewährten Se. Majestät dem Staats⸗Minister Dr. Friedenthal und dem Prinzen Heinrich zu Waldeck und Pyrmont Audienz.
— Ihre Majestät die Kaiserin-Königin besuchte — 26 die Lebensmittel⸗Ausstellung des Berliner Hausfrauen⸗ ereins und das Augusta⸗Hospital.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag militärische Meldungen entgegen und begab Sich gegen 12 Uhr nach der Matthäi⸗ kirche, um dort der feierlichen Einsegnung der Leiche des ver⸗ storbenen Ersten Präsidenten des Ober⸗Tribunals, Staats⸗Mi⸗ nisters von Uhden, beizuwohnen. . ö
Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin begab Sich gestern Vormittag um 10 Uhr . Potsdam und traf um 25 Uhr von dort wieder ier ein.
Abends besuchten die Höchsten Herrschaften die französische Vorstellung im Schauspielhause.
— In der heutigen (16) Sitzung des Herren⸗ hauses, welcher die Staats⸗Minister Dr. Leonhardt und Dr. Friedenthal, sowie mehrere Regierungs⸗-Kommissarien bei⸗ wohnten und welche der Präsident Herzog von Ratibor um 11. Uhr eröffnete, berieth das Haus zunächst den mündlichen Bericht der Justizkommission über den Gesetzentwurf, betref⸗ fend die Errichtung der Landgerichte und Ober⸗Lan⸗ desgerichte. Der Berichterstatter Dr. Beseler bea ntragte die unveränderte Genehmigung des Gesetzes in der von dem Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung.
gie egen beantragte Herr Brüning, an Stelle des von dem Abgeordnetenhause beschlossenen Landgerichtes Bielefeld wieder zu setzen: Minden, und die Herren von Winterfeld und von Schöning, das von dem Abgeordnetenhause wiederher— gestellte , Brieg wieder zu streichen.
Bei der Diskussion wurde von dem Riegen n, ar, Geheimen Ober⸗Justiz Rath Rindfleisch, wie auch von dem Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt der Beschluß des Abgeordneten⸗ . zur Annahme empfohlen, während die Herren von
interfeld und Frhr. von Mirbach für die Streichung des Landgerichts Brieg eintraten. — ei der Abstimmung wurde der Antrag von Winterfeld⸗ Schöning abgelehnt und Brieg genehmigt. Herr Brüning zog hierauf seinen auf das Landgericht Minden bezüglichen Antrag zurück, und das Haus genehmigte schließlich en bloc das ganze Gesetz in der Fassung, wie dasselbe aus dem Ab⸗ geordnetenhause herübergekommen war.
Es folgte als zweiter Gegenstand der Tagesordnung der mündliche Bericht der Kommission für Agrar⸗Angelegenheiten über den Gesetzentwurf, betreffend Maßregeln gegen die Verbreitung der Reblaus. Der Referent, Herr Schuh⸗ mann, empfahl, das Gesetz in der Fassung anzunehmen, wie dasselbe aus den Berathungen des Abgeordnetenhauses hervor⸗ gegangen sei.
Die Debatte dauerte bei Schluß des Blattes noch fort.
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen G69.) Sitz un des Hauses der Abgeordneten wurde die Spezial⸗ debatte über das Aus führungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetze mit der Diskussion des §. 18. fortgesetzt. Derselbe hebt den privilegirten Gerichts⸗ stand der Standesherren auf; die Regierungsvorlage, deren Wiederherstellung der Abg. Windthorst (Meppen) beantragte, wollte den privilegirten Gerichtsstand von diesem Gesetze Un⸗ berührt lassen.
Nachdem der Abg. Windthorst seinen Antrag begründet und der Abg. Dr. Eberty sich gegen denselben erklärt hatte, wurde nach . Bemerkungen des Referenten Abg. Löwen⸗ stein und des Regierungs-Kommissars Geheimen Justiz-Raths Schmidt, der Antrag Windthorst abgelehnt.
Der §. 23 der Regierungsvorlage lautet:
„Die Bildung von Grundbuchämtern findet nicht statt. Die Geschäfte der Grundbuchführer werden von Gerichtsschreibern wahr⸗ genommen.“
Die Kommission schlägt folgende Fassung vor:
„Die Bildung von Grundbuchämtern findet nicht statt. Die Geschäfte der Grundbuchrichter dürfen nur von den mit Bearbeitung der Grundbuchsachen beauftragten Amtsrichtern, die Geschäfte der Grundbuchführer nur von den diesen Amterichtern zugewiesenen Ge— richtsschreibern wahrgenommen werden. Die Rechte und Pflichten des Grundbuchrichters und des Grundbuchführers gehen auf die hier⸗ nach an ihre Stelle tretenden Amtsrichter und Gerichtsschreiber über.“
Der Abg. Windthorst (Meppen) beantragte, die Geschäfte der Grundhuchrichter den Amtsrichtern, die der Grundbuch führer den Gerichtsschreibern zuzuweisen.
Der genannte Regierungs⸗Kommissar empfahl Wieder⸗ , der Regierungsvorlage, weil die Fassung des
ommissionsvorschlages der . der Amtsgerichte widerspreche und eine Reihe von Unklarheiten schaffe.
Nachdem sich noch der Abg. Köhler (Göttingen) und der Referent Abg. Löwenstein für den Antrag Windthorst aus— gesprochen hatten, weil er im Wesentlichen eine Verbesserung des Kommissionsbeschlusses enthalte, wurde derselbe vom Hause angenommen. .
§. 28 will den Schöffen und Vertrauensmännern Reise⸗ kosten gewähren.
Der Abg. Schnackenburg beantragte, denselben auch täg—⸗ liche Diäten von 6 S zu gewähren. .
Der Justiz-Minister Dr. Leonhardt erklärte sich gegen den Antrag Schnackenburg. Das Schöffenamt sei ein Ehrenamt. Ein gleicher Antrag des Reichstagsabgeordneten Liebknecht, mit einem täglichen Satz von nur drei Mark, sei im Reichs⸗ tage abgelehnt worden.
Nachdem sich der Referent ebenfalls gegen den Antrag erklärt, wurde derselbe abgelehnt, und der 5. A8 nach den Kom⸗ missionsbeschlüssen angenommen. l
§. 29 wurde vorläufig abgesetzt, weil er mit 5. 14 in Zusammenhang stehe. ᷓ .
§8. 30 bestimmt die Vertretung eines Landrichters durch einen Amtsrichter. Die Kommission will, daß die Justiz⸗ verwaltung die Amtsrichter bezeichne, welche zur Vertretung einberufen werden dürfen; das Präsidium soll die Reihenfolge bestimmen. Ein Amtsrichter soll nur dann einberufen werden, ö giße Stellvertretung durch ein Landgerichtsmitglied nicht möglich sei.
z Der Staats⸗Minister Dr. Leonhardt erklärte sich mit diesen Bestimmungen nicht einverstanden, weil sie den Reichs justiz⸗ gesetzen widersprächen und das Ansehen der deutschen Gerichte gefährdeten. Die bisherige Praxis in Hannover, nach welcher der Landgerichts⸗Präsident unter Berücksichtigung des speziellen . den vertretenden Richter einberufen habe, habe zu einen Uebelständen Anlaß gegeben. Die Bezeichnung von Amtsrichtern für die Stellvertretung sei keine würdige Beschäftigung für den Justiz-Minister eines großen Staates, der diese Bezeichnung doch nur immer nach den Vorschlägen des Landgerichts-Präsidenten vornehmen könne. Die Ein⸗ berufung nach einer bestimmten Reihenfolge würde zu vielen unnöthigen Schwierigkeiten in der Praxis führen. Der Be— schluß des Präsidiums — an Stelle des Präsidenten — sei ein zu peitläufiger Apparat für eine solche Kleinigkeit. Durch die staatsrechtlichen Garantien seien die etatsmäßigen Richter enügend gegen unberechtigten Einfluß der Präsidenten ge—⸗ ichert. Der Präsident bestimme ja auch die Mitglieder der Schwurgerichtshöfe, die doch politisch viel wichtiger seien, und sei hierbei an eine bestimmte Reihenfolge nicht gebunden. Mit der Annahme einer solchen Bestimmung, . . die Kommission vorschlage, werde ein schlechtes Licht auf die Richter geworfen.
Der Abg. Dr. Lasker beantragte, die Beschlüsse der Kom⸗ mission aufrecht zu erhalten. Der Abg. Köhler (Göttingen) stimmte den Ausführungen des Justiz-Ministers bei, während der Abg. Windthorst (Meppen) für die Kommissionsbeschlüsse eintrat, . ö. Kommissionsbeschlüsse angenommen wurden.
§. 2 lautet:
Das Ober-Landesgericht in Berlin ist ausschließlich zu⸗ ständig für die Verhandlung und Entscheidung: 1) über die nicht zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehörenden Revisionen gegen Urtheile der Strafkammern in erster Instanz; 2) über die Revisionen gegen Urtheile der Strafkammern in der Berufungsinstanz und über alle J gegen Entscheidungen der Strafkammern, sofern eine 1 ,, strafbare Handlung den Gegenstand der Unter⸗ uchun! bildet.
Die Kommission hat diesen Paragraphen gestrichen, aber dem Ober-Landesgericht in Berlin die Zuständigkeit für das . der weiteren Beschwerde gegen die Landgerichte elassen.
Der Abg. Wachler (Schweidnitz ) beantrggte die Wieder— r der Vorlage, während der Abg. Windthorst (Biele⸗ eld) eine Streichung aller hei te fenden Paragraphen vorschlug und dem Ober Lan a,,. Berlin nur die Juständigkeit jedes anderen Ober⸗Landesgerichtes zugestehen wollte, wie sie im §. 41 festgesetzt ist, welcher lautet:
Zur Zustaäͤndigkeit der Qber Lande gerichte gehören: I) alle An— gelegenheiten, für welche bisher die Appellationsgerichte als. Gerichte erster Instanz zuständig waren; 2) die bisher zur Zuständigkeit des Kreisgerichts in Ratzeburg gehörenden Familienfideikommißsachen; 3) die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel in den Angelegenheiten, welche nach den Vorschriften dieses Gesetzes in erster Instanz zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören. .
Der Abg. Wachler (Schweidnitz) empfahl seinen Antrag.
Auch der Abg. Dr. Lasker erklärte sich für die Regierungs⸗ vorlage, worauf der Regierungs⸗Kommissar bemerkte, er lege ein großes Gewicht auf die Aufrechterhaltung dieses Paragraphen, weil die Reichsgesetze die Möglichkeit eines solchen obersten Landes⸗ gerichtshofes offen ließen. Im Bundesrath sei man nämlich der Ansicht, daß der höchste Reichsgerichtshof nicht mit den Bagatellen der . belastet werden solle, wohl aber, habe man gemeint, müßte in den Partikularstagten durch einen obersten Gerichtshof in diesen Materien die Rechtseinheit gewahrt werden. Wolle man diese Landesstrafsachen doch dem
eichsgericht überweisen, so sei dazu eine Aenderung der Reichsgesetze nöthig, und ein solcher Antrag habe wenig Aus⸗ sicht auf Annahme Seitens der verbündeten Regierungen. Der Redner protestirte gegen die Annahme, daß bei einem höchsten Gerichtshofe in Berlin keine unabhängige Rechtsprechung mög— lich sei und bat die Regierungsvorlage anzunehmen.
Der Abg. Krech legte dagegen Verwahrung ein, daß man von besonders nationalem Standpunkte aus diesen Paragraphen streichen müßte, dieser Vorschlag stehe auf dem Boden der Reichs⸗-Justizgesetze. Der Abg. Windthorst (Meppen) äußerte sich gegen die ö
Nachdem hierauf der Abg. Dr. Miquel den Antrag Krech empfohlen hatte, wurde dieser 6 mit 141 gegen 141 Stimmen abgelehnt und die weitere Berathung um 41 Uhr
bis Abends 73 Uhr vertagt.
In der gestrig en G60. Abend- Sitzung, welcher am Ministertische der Minister für die landwirthschaftlichen An⸗ gelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regierungs⸗-Kom—⸗ missarien beiwohnten, stellte der . Dr. Hänel an den Mi⸗ nister eine Anfrage über die Beschlüsse der Staatsregierung in Betreff der Schließung des Landtages.
Der Staats⸗Minister Dr. rn . antwortete hierauf, er könne nur erwidern, was den Thatsachen entspreche. Das Staats⸗Ministerium . eingehende Berathungen gepflogen, sei aber zu einem definitiven Beschluß deshalb nicht gelangt, veil derselbe von Voraussetzungen abgehangen habe, deren Feststellung im Gange sei und voraussichtlich morgen Vor— mittag zu Stande komme. Morgen Vormittag werde das Staats⸗Ministerium in weitere Berathungen eintreten.
Auf der Tagesordnung stand zunäͤchst die zweite Be— rathung des Entwurfs einer Kreisverfassung für den Kreis Herzogthum Lauenburg. Der Reserent Abg. Dr. Hammacher führte aus, daß die Kommission den vor⸗ gelegten Entwurf abgelehnt habe, und dafür ein Nothgesetz vorschlage, nach welchem die ,, d ö des Kreises weiter fungiren sollen, und zwar längstens bis zum 1. März 1889. Der Erblandmarschall und die beiden Landschafts⸗ Räthe ä als solche aus der Ritter⸗ und Landschaft aus⸗ scheiden die Geschäfte des Erblandmarschalls der Landrath, eventuell dessen Stell vertreter übernehmen; dem Kreis sekretär könne jedoch die Stellvertretung im Vorsitze nicht übertragen werden. Die Kom⸗ mission habe 1 da eine Zwangslage bestände, und es nicht möglich gewesen sei, die 78 Paragraphen umfassende Vorlage der Regierung umzuarbeiten, zu diesem Schritte, der im Interesse des Kreises läge und nach Lage der Gesetzgebung
nothwendig sei, entschließen müssen. Der Kommissarius der Regierung habe erklärt, daß die Regierung mit dem Nothgesetz einverstanden sei, mit Ausnahme des §. 4, welcher vorschreibe, daß das gent c iir len aus dem Porsitzenden, dessen Stellvertreter und 3 Mitgliedern besteht, die von der Ritter⸗ und Landschaft gewählt werden sollen. Eine solche Bestim— mung sei aber nothwendig, weil für den Kreis Lauenburg andere Voraussetzungen vorlägen, als für die übrigen Kreise; denn Lauenburg habe in manchen Beziehungen, z. B. betreffs der Vermögens verwaltung, des Baues und der Unterhaltung von Chausseen die Funktion einer Provinz zu erfüllen.
Der Staats Minister Dr, Friedenthal bemerkte hierauf, er sei zwar der Ansicht, daß die Kommission den Regierungs⸗ entwurf wohl hätte durchberathen können; habe man das nicht wollen, dann wäre jedenfalls das einfachste Aushülfsmittel gewesen, daß man den gegenwärtigen Zustand einfach prolon⸗ girt hätte. Aber die Staatsregierung wolle der Kommission folgen und unter Anlehnung an den bestehenden . ein Provisorium schaffen, welches den Wünschen der evöllerung 53 entspreche, als der gegenwärtige Zustand. Der Minister erklärte sich aber gegen den 5. 4, der eine unnöthige Abweichung dom Bestehenden und von der Kreisordnung enthalte; er stelle ein staatsrechtliches Experiment dar, welchem die Regie— rung nicht zustimmen könne. Man solle an Stelle desselben den Kreisausschuß der östlichen Provinzen setzen, der vollständig allen Anforderungen genüge; denn die besonderen Verhältnisse des Kreises Lauenburg seien kein Grund zu einer so abnormen Abweichung; auch andere Kreise hätten ein bedeutendes Ver⸗ mögen und große Chausseen, und es sei keinem Menschen ein— gefallen, darauf ein besonderes Gewicht zu legen.
Nachdem der Abg. Dr. Hänel dagegen den Kommissions— antrag und der Staats Minister Dr. Friedenthal sowie der Abg. von Brauchitsch die Ablehung des §. 4, der eine bedenkliche Ab⸗ weichung von den Vorschriften der Kreisordnung enthalte, empfohlen hatten, nahm das Haus die Kommissionsvorschläge unverändert an.
Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, be— treffend die Unterbringung verwahrloster Kinder in Erziehungs- und Besserungsanstalten.
Der Staats⸗Minister Dr. Friedenthal bat, die Anträge Lasker zu 5. 1 und Zelle⸗Lammers zu 8. 3, die lediglich eine präzisere Fassung der betreffenden Paragraphen vorschlügen, anzunehmen. Von den Anträgen zu §. 10 (s. u.) empfehle er, den Antrag Jungk prinzipaliter, den Antrag Zelle eventualiter anzunehmen. Der Antrag Miquel empfehle sich, um das Vor— mundschaftsgericht vor unnützen Querulanten zu schützen. Wenn die Anträge angenommen würden, so könne er im Namen der Staatsregierung seine Zustimmung zu dem Gesetze geben und seinen Widerspruch gegen die Bestimmungen Über die Kosten fallen lassen. .
In der Spezialdiskussion genehmigte das Haus den An— trag Lasker zu 5. 1 und den Antrag Zelle⸗Lammers zu 58. 3, welche nur redaktioneller Natur sind. 5. 10 schreibt vor, daß das Recht der Zwangserziehung mit dem 16. Lebensjahre resp. mit dem Beschluß zur Entlaffung aufhöre. Für den Fall, daß die Erreichung des Zieles der Zwangserziehung zweifel— haft ist, kann eine widerrufliche Entlassung verfügt werden. Ueber einen Antrag der Eltern entscheidet das Vormundschafts— gericht, gegen welches innerhalb einer Woche Beschwerde ein— gereicht werden kann.
Der Abg. Jungk . das Recht der Zwangs— erziehung generell bis zur 18. Lebensjahr auszudehnen, wäh— rend die Abgg. Zelle und Lammers dies nur in außergewöhn⸗ lichen Fällen zulassen wollten. Außerdem beantragten die Abgg. Miquel und Burg, daß ein abgewiesener Antrag auf Entlassung nicht vor Ablauf von sechs Monaten erneuert wer⸗ den dürfe. Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Zelle, Röstel (Landsberg) und Jungk und des Regierungs⸗Kommissars, Ge⸗ heimen Ober⸗Regierungs⸗Raths Illing, genehmigte das Haus den vom Minister event. acceptirten Antrag der Abgg. Zelle⸗ Lammers und den Zusatzantrag des Abg. Dr. Miquel. Die übrigen Paragraphen wurden ohne Debatte angenommen; ebenso das Gesetz im Ganzen.
Außerdem genehmigte das Haus folgende, von der Kom— mission vorgeschlagene Resolution:
die Staatsregierung aufzufordern, darauf Bedacht zu nehm n, den den Kommunalverbänden nach 5. 9a. des Gesetzentwurfs be⸗ stimmten Zuschuß aus der Staatskasse, nachdem über dessen Höhe die nöthigen Erfahrungen gemacht sein werden, durch eine ent— sprechende gesetzliche Erhöhung der Dotation der Verbände zu er⸗ setzen, sowie eine fernere angemessene Erhöhung der Dotation ein— treten zu lassen zu dem Zwecke, die Verbände bei der ihnen durch dieses Gesetz auferlegten Errichtung neuer Anstalten zugunterstützen und darüber demnächst dem Landtage eine Vorlage zu machen.“
Schluß der Sitzung 11 Uhr.
— * der heutigen (61 Sitzung des Hau ses der Abgeordneten, welcher der Geheime Justiz— ath Schmidt und später der Justiz-Minister Br. Leonhardt beiwohnten, wurde zunächst eine Anzahl von Petitionen, welche Seitens der betreffenden Kommissionen zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet erachtet worden sind, für erledigt erklärt, worauf das Haus in der gestern abge— brochenen Berathung des Entwurfs eines Ausführungs⸗ . zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetze ortfuhr.
Es wurden zunächst die §§. 43 bis 48 . Debatte gestellt, welche die Bestimmung, daß das Aber⸗Landesgericht in Berlin für die Verhandlung und Entscheidung des Rechts— mittels der „weiteren Beschwerde“ n Entscheidungen der Landgerichte (5. 32) zuständig sein soll, und eine Reihe von Vorschristen über die Einlegung dieses Rechtsmittels enthalten.
Es lagen hierzu mehrere Amendements der Abgg. Witte, Dr. Petri, ah. Dr. von der Goltz, Windthorst (Meppen) und Windthorst (Bielefeld) vor, die jedoch nach längerer Debatte, an der sich mehrfach der Regierungs⸗-Kommissar, Geh. . Rath Schmidt, betheiligte, unter Annahme der Kommissions— anträge sämmtlich abgelehnt wurden. .
Hierauf nahm der inzwischen in das Haus eingetretene Justiz⸗-Minister das Wort und erklärte, daß das Staats— Ministerium in Uebereinstimmung mit den Wünschen des Abgeordnetenhauses Werth darauf lege, noch in der gegen⸗ wärtigen Session das , , zu Stande ju bringen. Die Regierung habe sich deshalb mit den Mitgliedern des Herrenhauses und speziell mit den Mitgliedern der Justij⸗ kommission in Verbindung gesetzt und bei ihnen angefragt, ob sie geneigt seien, während der Reichstagssefsion ihre Arbeiten fortzusetzen. Da diese Antwort bejahend ausgefallen sei, wofür die Justizverwaltung jenen Herren den größten Dank wisse, habe das Staats⸗-Ministerium heute den Veschluß
gefaßt, einen Schluß des Landtages vorläufig nicht eintreten en.
zu las eg dieser Erklärung setzte das Haus bei dem Schlusse
des Blattes die Berathung des Ausführungsgesetzes fort.
— In Bezug auf die Ausführung des Ausliefe⸗ rungsvertrages mit Italien vom 31. Oktober 1871 hat der Minister des Innern durch Cirkularerlaß vom 15. v. M. die Königlichen Regierungen und Landdrosteien angewiesen, von jeder durch dieselben bewirkten Verhaftung einer an Italien auszuliefernden Person auf telegraphischem Wege dem Aus⸗ wärtigen Amte direkt Mittheilung zu machen. Sodann ist bei jedem an die Königlich italienische Staatsregierung zu stellenden Auslieferungsantrage, wenn thunlich, die Ueber⸗ nahmestation an der deutsch⸗schweizerischen Grenze nach Maß⸗ gabe des zwischen Deutschland und Italien einerseits und der Schweiz andererseits getroffenen Uebereinkommens vom 25. Juli 1873 zu bezeichnen. Die Justizbehörden sind Seitens des Justiz⸗Ministers mit gleicher Anweisung versehen worden.
— Derjenige, welcher einen Anderen zur Begehung einer strafbaren Handlung dolose bestimmt, welche aber von dem Anderen nicht mit dem Bewußtsein ihres Unrechts, sogar mit dem Glauben an ihre Erlaubtheit begangen worden sst, ist, nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals, vom 3. No⸗ vember 1877, rechtlich als der wirkliche Thäter zu betrachten. Wer demnach in hinterlistiger Weise einen Exekutiv⸗Poli⸗ zeibeamten zur widerrechtlichen Verhaftung eines Dritten durch die . „daß der Dritte sich eine straf⸗ bare Handlung habe zu Schulden kommen lassen, bestimmt, ist nicht etwa als Anstifter, sondern als der wirkliche Thäter der rechtswidrigen Verhaftung auf Grund des §. 239 resp. des für Beamte bestimmten 8. 341 Str.⸗G.⸗B. zu bestrafen.
— Die Bundesrgths⸗Bevollmächtigten Herzog—⸗ lich sachsen⸗meinin gischer Staats⸗-Minister Gifecke und Fuͤrstlich . Staats⸗Minister von Beulwitz sind in Berlin ein— getroffen.
— Der General der Infanterie von Schachtmeyer à la suite der Armee und bchuß⸗ Uebernahme des Kommandos über die Königlich württembergischen Truppen (XIII. Armee— Corps) nach Württemberg kommandirt, hat sich gestern nach Straßburg i. E. zurückbegeben.
— Der General⸗Lieutenant von Schkopp, Gouverneur von Straßburg i. E., ist hier eingetroffen.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Stabsarzt Dr. Salzmann und Arzt Dr. Scharenberg in Pots⸗ dam, Br. Heller in Rausbach, Dr. Rink in Elberfeld, Pr.
Obermüller in Barmen, Dr. Freitag in Düsseldorf, Br. Storb in Rellinghausen, Dr. Huckelnbroich in Altenesfen.
Banern. München, 4. Februar. In dem Befinden des Herzogs Karl Thesdor in Bayern ist, wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, n. einige Besserung eingetreten, daß es demselben auf den Rath der Aerzte möglich sein dürfte, in kommender Woche sich nach Italien begeben zu können. — Auf der heutigen Tagesordnung der Abgeordneten⸗ kammer stand der Etat des Kultus⸗Ministeriums. In der Generaldebatte hielt der Abg. Sittig eine län— gere Rede . Gunsten der Simultanschulen. Der Abg. Rittler kritisirte die kirchliche Politik des Ministers von Lutz. Der Letztere folgte mit einer eingehenden Vertheidigungs⸗ rede unter größter Aufmerksamkeit der ganzen Kammer. Der Abg. Huhn sprach gegen die Ansichten Sittigs und für konfessionelle Schulen. — Die „Allg. Ztg.“ schreibt: Von den Mitgliedern der Abgeordneten ka mmer, welche auch Mitglieder des Reichstages sind, wird sich vorerst und bis das Budget vollständig erledigt ist, keines nach Berlin begeben. Bei den in unserer Kammer obwaltenden Parteiverhältnissen muß jedes Mitglied derselben auf seinem Posten sein, da ja nur zu oft eine oder zwei Stimmen den Ausschlag geben.“ — Bezüglich des Gesetzentwurfs, betr, einen Kredit für die außerordent⸗ lichen Bedürfnisse der Armee, — durch welchen 3 698 400 S6 bewilligt und hiervon 2309 228 M durch An⸗ lehen gedeckt werden follen — beantragte, wie schon telegraphisch kurz gemeldet wurde, der Referent, Abg. Walther, die Ableh⸗ nung; eventuell sollen unter Ablehnung aller anderen Postu— late nür bewilligt werden: für 15 606 Gewehre 356 040 M66, dann für einen Schießplatz für die Garnison München 8 4 000 M = 1 239 060 ½ und dieser Betrag durch weiteren Verkauf von , , und Verkauf des Militär⸗ Holzhofes ꝛc. hierselbst gedeckt werden. — Bei der Kammer ist ein Nachtrggspost ulat zum Budget (Position für Erweite⸗ rungs⸗ und Neubauten) eingegangen, und zwar u. A. behufs Neu⸗ baues eines Landgerichts und Gefängnißgebäudes zu Cham, sowie zur Herstellung eines neuen Justizgebäudes in ö. ö nch . n (an der Thief s fra wofür 1 027 000 S gefor⸗
werden.
Sachsen. Dresden, 5. Februar. Die Erste Kam⸗ mer hat in ihrer heutigen Sitzung das von der Zweiten Kam⸗ mer bewilligte, auf 3006 6 erhöhte Postulat für das Körner? mu s eum abgelehnt und das Postulat nur wie bisher gemein⸗ jäöhrig mit 960 , transitorisch bewilligt. — Die Zweite
amm er bewilligte die Position des außerordentlichen Budgets: für Bahnhofserweiterungen, sonstige Herstellungen und Vervollständigung der Ausrüstung' der alteren Linien der Staatstisen bahnen nach den im Laufe der Deputationsverhanblungen in einigen Punkten ab⸗ geminderten Postulaten der 3 Ein von der Deputation gestellter In e der Regierung es als dringend , n e. zu bezeichnen, daß von der Staats⸗ eisenbahn⸗Verwaltung, fo weit irgend thuntich, durch Errich⸗ 36 von Haltestellen für den Personenverkehr, sowie durch erstellung von Nebengeleisanlagen auf den sächsischen taatseisenbahnen für die Förderung und Hebung des hnenverkehrs mehr als zeither Sorge getragen werde, wurde von der Kammer ,,, nachdem der Staats⸗ Ninister Freiherr von Könneritz den in der Fassung des An⸗ trags liegenden Vorwurf, als ob die Regierung biegen in der geda ten Beziehung zu wenig gethan hätte, als unbegründet zurückgewiesen hatte. . Die „Dreshner Nachrichten“ schreiben: „Die Ver⸗ gung des Landtages ist nunmehr bestimmt auf den 6 Februar festgesetzt. Doch fallen, um den Landtags- Abge⸗ ordneten die gleichzeitig Mitglieder des Reichstages sind, . enheit zu bieten, der Eröffnung und Kon tituirung es Reichstages beizuwohnen, am 6. und 7. Februar hier die ꝛ Die Finanzdeputation ist mit der esung des Einkommensteuergesetzes zu Ende, fo
Landtags si
2 g sitzungen aus. daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Zweite Kammer noch vor ihrer Vertagung diesen Gesetzentwurf durchberathen .
Baden. Karlsruhe, 5. Februar. (W. T. B) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer erklärte der Staats⸗Minister Turban in Erwiderung auf eine Inter⸗ Pellation wegen des Staatseisenbahnvertrages' mit Bayern, daß Bayern Schwierigkeiten erhebe, Baben jedoch nur dann nachgeben werde, wenn es ein Aequivalent erreiche, sonst werde es auf dem Vertrage 32 — Drei klerikale Abgeordnete beantragten die Strei ung von 550,000 M Gotthardbahn⸗Subvention. Staats Minister Turban bekämpfte den Antrag und meinte, Baden sei sowohl durch badisches Interesse, wie durch das Interesse des Reiches zur Leistung des Beitrages verpflichtet; die Rekonstruktlon des Unternehmens werde gelingen. Der Antrag ward verworfen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 4. Februar. (Leipz. Ztg.) Nachrichten aus Triest melden, daß sich die Großherzogin vorgestern daselbst nach Konstantinopel ein⸗ ef öist. hat. — Der Landtag hielt heute seine erste öffent⸗ liche Sitzung und berieth über einen in Folge des kürzlich erfolgten Todes des Landtagssyndicus“ von mehre— ren Abgeordneten eingebrachten Antrag auf Aufhebung der den Syndicus betreffenden Bestimmungen der Ver—⸗ fassung und die künftige Besorgung der demselben ob⸗ liegenden Geschäfte durch aus der Mitte des Landtags zu wählende Schriftführer. Die Majorität des Landtags sprach sich für den Antrag aus, doch kann verfassungsmäßig wegen der dadurch bedingken Abänderung des Grundgefetzes' die be— finitive Abstimmung erst nach acht Tagen erfolgen. Die übri— gen Gegenstände der Tagesordnung, betreffend die Darlehns⸗ aufnahme der Sgalbahngeseltschaft und die Bethei⸗ ligung des Staatsfiskus an der für die Stadt Je na projek⸗ . . Wasserleitung, fanden die Genehmigung des
andtags.
Oesterreich Ungarn. Wien, 5. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordneten hauses sagte Durs Auersperg in seiner bereits signalisirten Erklärung, er halte es für eine Pflicht der Regierung, über die Vor— gänge, welche das soeben verlesene Handschreiben des Kaisers herbeigeführt hätten, Aufklärungen zu geben. Als die Regierung die Ueberzeugung gewonnen hatte, daß sie für die wesentlichen Punkte der Ausgleichsvorlagen auf die Zustimmung der Majoxität des Hauses nicht rechnen könne, habe sie es für ihre konstitutionelle Pflicht gehalten, den Stand der Dinge zur Kenntniß der Krone zu bringen und üm ihre Ent⸗ lassung zu bitten, welche gewährt worden sci. Der Kaiser habe darau geruht, sich mit hervorragenden Persönlichkeiten des Hauses in unmittelbaren Verkehr zu setzen und habe die Ueber— zeugung gewonnen, daß es unmöglich sei, ein neues Ministe⸗ rium zu bilden, welches eine Gewähr sur die unveränderte Durchführung des zwischen beiden Regierungen vereinbarten Ausgleichs zu bieten vermöchte. Da nun die Krone das größte Gewicht auf eine ungesäumte und möglichst schnelle Fortfüh⸗ rung und Beendigung der Verhandlungen Über die Ausgleichs⸗ vorlagen lege, so habe der Kaiser an den Patriotismus der Minister appellirend die Aufforderung an sie gerichtet, wiederum in das Amt zu treten, um nach Kräften zur Erreichung jenes Zieles beizutragen. Der Kaiser 66 sich hierbei der Erwar⸗ tung hingegeben, es werde schließlich gelingen, durch gegen⸗ seitige Billigkeit und versöhnliche Gesinnung zu einer den beiderseitigen Interessen und dem Wohle des Ganzen ent⸗ sprechenden Verständigung zu gelangen. Die Minister hätten sich verpflichtet gefühlt, Angesichts der Schwierigkeit der Ver— . und des Ernstes der Lage mit Hintenansetzung jeder ücksicht auf ihre, Person der Aufforderung des Kaisers Folge zu leisten und die Führung der Staatsgeschäfte wieder zu übernehmen. Im Vertrauen auf die patriotische Gesinnung des Hauses richteten sie daher an das Haus die Bitte, mit thunlichster Beschleunigung an die Fortsetzung der Verhand⸗ lungen über die Ausgleichsvorlagen zu gehen. — (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Nachmittag 2 Uhr in feierlicher Audienz den italienischen Botschafter, Grafen Robilant, welcher sein neues Beglaubigungsschreiben überreichte.
Schweiz. Bern, 4. Februar. (N. Zürch. Itg.) Die Nationalraths⸗Kommission beantragte einstimmig die Abweisung des Züricher Rekurses, betreffend die Aufhebung des Banknoten-Monopols, gestützt auf Art. 31 der Bundesverfassung, der hier so lange voll in Kraft bleibe, bis der Bund von dem ihm nach Art. 39 zustehenden Rechté Ge— brauch mache. — Zum Commandeur der 1. Division der Bundesarmee ist der Oberst Paul Ceresole aus Lau⸗ saune ernannt worden.
— 5. Februar. (Cöln. Ind Der Nationalrath hat den Kommissionsantrag auf „Ordnung der diplomatif chen Vertretung im Auslande auf dem Wege der Gesetzgebung“ mit großer Mehrheit verworfen.
Großbritannien und Irland. London, 6. Februar. (W. T. B). 3 General-Sekretär für Irland an Stelle von Sir Michael Hicks⸗-Beach ist der Unter⸗Staatssekretär der Kolonien, James Lowther, ernannt worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. W. T. B.) Auf den Stadthauptmann von St. Peters burg, General Trepoff, wurde heute Vormittag 11 Uhr ein Attentat verübt, indem eine Frau, welche mit anderen Bittstellern in der täglich stattfindenden Audienz empfangen worden war, auf den General bei Ueberreichung einer Bitt⸗ schrift zwei Revolverschüsse abfeuerte. Der Zustand des Gene— rals Trepoff ist ernst; die Kugel hat noch nicht herausgezogen werden können. Der Kaiser und der Reichskanzler erschienen im Laufe des Tages bei dem Stadthauptmann. In der Stadt herrscht lebhafte Erregung. Die Verbrecherin verweigert bis jeßt jede Anskunst. — Der französische Botschafter, General Leflö, ist an einer Lungenentzündung nicht un— bedenklich erkrankt.
G. de St. Pet.) Der Badaoulet von Kasch gar, Beg⸗ Kuli⸗Beg, welcher bekanntlich von den Chinesen besiegt warden ist, hat, der Turkestanischen Ztg.“ zufolge, indem er sich auf russisches Territorium flüchtete, an den General⸗ Gouverneur von Turkestan ein Schreiben gerichtet, in welchem er im Namen der alten Freundschaft zwischen Kaschgar und Turkestan und der hohen Protektion, welche der General⸗ Gouverneur stets seinem Vater Jakub⸗Beg gewährt abe,“ um Gastfreundschaft bittet. Der Einnahme von Ka chgar am
ebruar.
5. 47. Dezember ist, wie die genannte Zeitung vermuthet, auch bereits die von Khotan gefolgt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. Fe⸗ bruar. (H. C.) Das Befinden der Königin hat sich, zu⸗ folge Nachrichten aus Heidelberg, neuerdings wieder gebessert. Der General⸗Feldzeugmeister Frhr. Leijonhufvüd wird sich in beson derer Mission nach Rom begeben, um dem König Hum bert aus Anlaß der Thronbesteigung dessel ben die Glückwünsche des Königs Oscar zu überbringen. — Für die in diesem Sommer bevorstehende Eismeer? Expedition Nordenskjölds hat die Regierung eine Be⸗ willigung von 265 000 Kronen zur Ausrüstung des von Nerden⸗ stjöld dazu bestimmten Dampfschiffes gefordert. Ferner fordert die Regierung in dem Budget, welches dem schwedischen Reichstage vorgelegt worden ist, 500 000 Kronen als ersten Theil einer Bewilligung von 21 000 000 Kronen zum Bau eines neuen Kriegsschiffes, und zwar einer Dampf⸗ korvette.
Christiania, 1. Februar. eröffnet worden. Zum Präsidenten wurde Essendrop, zum Vize⸗Präsidenten J. Sverdrup, zu Sekretären Björnsgaard und Havig, sämmtlich fast einstinimig gewählt. Weitere Ver⸗ handlungen fanden heute nicht statt.
Amerika. Washing ton, 5. Februar. (W. T. B.) Von der Finanzkommission ist dem Se nate eine Bili vorgelegt worden, wodurch die Regierung zur Emittirung von 100 Millionen Coupon-Bonds ermächtigt wird, die mit 3,65 Prozent verzinslich und binnen 56 Jahren rück— z lbar sein sollen. Die Auszahlung von Kapital und Zinsen oll in Metall erfolgen, und die gedachten 100 Millionen Coupon⸗Bonds an die Stelle einer gleich großen Summe vier⸗ prozentiger Coupon⸗Bonds treten.
New⸗York, 2. Februar. (R. B.) Der zwischen den Vereinigten Staaten und den Samoa⸗Inseln geschlossene Vertrag macht die amerikanische Regierung zur Vermittlerin in allen Streitfragen, die zwischen Samoa und anderen Län⸗ dern entstehen. — Eine nach Gloucester (Massachusettsz aus Fortum⸗Bai auf Neufundland, zurückgekehrte Flottille von Jischet hooten berichtet, daß die zi chexei infolge der Feind⸗ seligkeit der Neufundländer Fischer, welche die Schleppnetze zer⸗ stört und die Kapitäne der amerikanischen Schiffe bedroht haben sollen, fast gänzlich erfolglos gewesen sei. Es sind Schritte gethan worden, um die Angelegenheit der Regierung der Ver⸗ einigten Staaten zu unterbreiten. — Ein fürchterlicher Sturm, begleitet von Schneegestöber, wüthete in der Nacht zum 1. Februar auf dem Lande wie an der Meeresküste und verursachte eine große Menge von Schiffsunfällen. Mehrere Wogen ergossen sich plötzlich über einen Theil der Conn y-⸗Insel unweit New-Nork, wo— durch eine Anzahl Gebäude zerstört wurde und acht Personen umkamen. Die hier eingegangenen neuesten Nachrichten über den ch if french des Dampfers „Metropolis“ melden, daß 1585 Personen gerettet wurden.
Das Storthing ist heute
Der russisch⸗türkische Krieg.
London, 5. Februar. (W. T. B.) Im Oberhause erklärte der Graf Derby heute auf eine Anfrage Lord Airlie's, die einzelnen Depeschen hinsichtlich der Frage wegen einer eventuellen Besetzung von Konstantinopel seien ihrem Inhalte nach nicht verschieden. Die That⸗ sache, daß die Mittheilung von der Geneigtheit Rußlands zu unterhandeln erst nach 6 Tagen an die Pforte gelangt sei, sei der nothwendigen Erwägung, sowie dem Umstande zuzuschreiben, daß das russische Weihnachtsfest dazwischen fiel. Als dann die Mittheilung eingetroffen sei, seien die russischen Befehls⸗ haber noch ohne Instruktionen gewesen. Er hahe ziemlich
roße Huversicht, daß England auf der Konferenz nicht isolirt ein werde. Graf Derby wies weiter die Idee zurück, daß die Erlangung sehr günstiger Bedingungen für die Türkei, schlimmere Bedingungen für deren ünterthanen involvire. Die Ermäßigung der Kriegsentschädigung oder die Milderung der Gebietsabtretung würde für die Unterthanen selbst vor⸗ theilhafter sein als für die Regierung. — Dem Lord Col⸗ chester erwiderte Graf Derby, er habe keine Nachricht von dem Votum der Kretenser Versammlung, betreffend den An⸗ schluß Kretas an Griechenland; er glaube übrigens auch nicht, daß ein derart ger Beschluß nnn, worden sei, es sei denn Seitens eines revolutionären Uusschusses. Auf der Insel herrsche allerdings eine bedeutende Aufregung, aber es seien noch keine Gewaltsamkeiten vorgekommen. Da das tür⸗ kische Reich von den Großmächten garantirt und der Besitz von Kreta geschützt sei, so wäre auch keine Uebertragung . auf Griechenland ohne Sanktion der Garantiemãchte möglich. — Im Unterhause sind zahlreiche Petitionen ge⸗ en die Kreditfsrderung der Regierung eingegangen. ihlwyn machte die Mittheilung, daß er am nächsten Bon⸗ . die Regierung darüber befragen werde, ob die rus⸗ sische Regierung eine Depesche über das jungste Einlaufen der englischen Flotte in die Dardanellen an die englische Regierung gerichtet habe. — Cartwright kündigte an, daß, er demnächst beantragen werde, eine Adresse an die Königin zu richten, in welcher die Regierung ersucht werden soll, die griechischen Bestrebungen auf der Kon⸗ ferenz zu befürworten. — Auf eine Anfrage Dilke's er⸗ klärte der Unter-Staatssekretär des Auswärtigen, Bourke, mit Rücksicht auf den Staatsdienst sei es nicht möglich, den jüngsten Depeschenwechsel zwischen Frankreich und England, Egypten betreffend, mitzutheilen. — Der Schatz⸗ kanzler Northeote erwiderte dem Deputirten Holt, die englische Regierung werde Alles aufbieten, sowohl den pro⸗ ,, als auch den anderen Einwohnernder Türkei volle 6 zu sichern. — Hierauf wurde die Debatte über den Antrag Forster zu der Kreditforderung fortgesetzt. Stanley glaubt ungeachtet der gegentheiligen Behauptung, daß das Vertrauen des Landes zu der Regierung noch täglich wachse. Wenn der Kredit im Jahre 1870 nöthig ewesen sei, so sei er es r um so mehr. Damals * die rmee reduzirt gewesen, jetzt seien Reserven vorhanden, deren Equipirung nothwendig sei. Stanley ö die Politik der Regierung habe der Mainote vollkommen entsprochen. Wenn der Krieg vermieden worden wäre, so . die von der Pforte gemachten Konzesstonen und Reformen viel⸗ leicht den Bedürfnissen Europas entsprochen, ohne daß dadurch die Türkei zu Grunde gerichtet und die Ke in anderer Mächte berührt worden wären. Er glaube sicher, daß der ge⸗ sunde Verstand des Landes der Kreditforderung der Regie⸗
rung zustimmen werde. Die 3 sympathisire nicht mit der türkischen Mißwirthschaft, sie könne aber nicht bei