1878 / 59 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Mar 1878 18:00:01 GMT) scan diff

zur —— eine genaue Kenntniß der Grundlagen der hall welche über das einem Menschen Mög⸗

liche hinausgehe. Der Redner bat schließlich, das Gesetz, wie es vorliege, unter 93 ung der Amendements 8 Abg. von Kleist Retzow bemerkte, gegen die Bilbung linisterien müsse auch er sich erklären, weil die⸗ * neben dem Bundesrath gar nicht bestehen könnten, ohne Bundesrath seine wesentlichsten Machtbefugnisse zu ent⸗ iehen. Solche Reichs⸗Ministerien würden aber auch durch ie Vorlage gar nicht geschaffen. Die Klagen über den über⸗ wiegenden Einfluß Preußens seien in keiner Weise gerecht⸗ fertigt; überdies möge man doch nicht vergessen, daß Preußen die größten Opfer für das Reich gebracht habe, daß es noch heute dasselbe trage und schütze, und daß das Reich ohne Preußen 94 nicht bestehen könne. Das erheblichste Bedenken, das er elbst gegen die Vorlage hege, beruhe in der Beschränkung, die man dem 8. 2 dadurch gegeben habe, daß eine Stell⸗ vertretung nicht für alle Amtszweige, sondern nur für die⸗ jenigen zugelassen werde, welche sich in der eigenen und un⸗ ĩ Gleichwohl werde dieser Mangel ihn nicht bestimmen, der wichtigen Vor⸗ lage seine Zustimmung zu versagen. Der Bedingung, die man von mancher Seite an die Annahme des Gesetzentwurfs daß man in Preußen dem Landtage das unbe⸗ Steuerbewilligungsrecht einräume, müsse er be⸗ würde dadurch den Schwer⸗ unkt von der Krone Preußens ganz und gar in das . verlegen. Er könne dies nicht für wünschenswerth

verschiedenen

3 von Klei von Reichs⸗

mittelbaren Verwaltung des Reiches befinden.

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immt entgegentreten. Man

halten. Gerade das sei das große Verdienst des

Energie festgehalten habe. Nur dadurch

und formell in die Hände der preußischen legt werde.

ierauf nahm der Reichskanzler Fürst von Bismarck

das Wort:

Ich habe zu meiner Genugthuung in dieser Diskussion nicht

den Beruf, in der Rede des Herrn Vorredners anzuknüpfen an die⸗ Haisen Theile derselben, deren Inhalt von Verhältnsssen spricht, die uns früher getrennt haben oder uns in Zukunft trennen könnten, sondern wenn ich auf dem Gebiet des Themas der Vorlage bleibe, kann ich mich auf das beschränken, was er im ersten Theil seiner Rede berührte, und von dem ich hoffe, daß es uns einigen wird und den Ausdruck unserer Einigkeit in Gestalt einer Annahme der ursprünglichen Vorlage zu Wege bringt. Ich habe ebenso gut wie der Herr Vorredner und wohl . von uns vielleicht manches in der Vorlage anders ge⸗ wünscht, aber es fragt sich, ob das Gewünschte und Erreichbare sich immer decken. Unsere besten Bestrebungen in Deutschland sind zum Theil daran gescheitert, daß das nicht der 6. war. Denken wir an Größeres, um in Erinnerung daran zu schließen auf das Kleine und Geringere, was ung vorliegt, und was die Gemüther in der Art, wie es der Fall ist, doch wohl nur beschäftigt nicht durch seinen wirklichen Praktischen Inhalt, sondern durch die Gedankenflüge, die sich daran knüpfen können, wenn dieser Inhalt sich verwirklicht.

Der Herr Vorredner hat einem Gedanken in einer schärferen Weise, als bisher geschehen ist, Ausdruck gegeben, in einer Weife, die mich nöthigt, doch meine modifizirte Stellung zu diesem Thema zum Ausdruck zu bringen, nämlich den Gedanken, daß die ganze Reichs verwaltung durch preußische Ministerien direkt schließlich zu führen sei, nicht blos thatsächlich, sondern daß diefer That— sache auch in der Form Ausdruck gegeben werden sollte. Es ist dies bis zu einem gewissen Grade der Fall gewesen in den ersten Jahren des Norddeutschen Bundes, wo wir Reichsbeamten und Reichsinstltutionen überhaupt noch nicht hatten. Ich betrachte es aber als einen wesentlichen Fortschritt, daß wir uns davon entfernt haben, daß wir eigene Reichsbeamten, eigene Reichsinstitutionen haben und als Aufgabe der Thätigkeit eines jedes maligen Reichskanzlers nur die, die Friktionen dieser neuen Reichtz⸗— institutionen mit den althergebrachten Institutionen der einzelnen Staaten zu vermeiden und zu vermitteln, soweit er kann. Da ist nun der schwarz⸗weiße Anstrich der Sache gerade nicht das rich. tigste Mittel, rein äußerlich, wir hängen aber sehr von Aeußerlich⸗ keiten ab. Um das vor Augen zu bringen, erlaube ich mir, an eine der großen historischen Thatsachen zu erinnern, die für die Herstel⸗ lung des Deutschen Reichs entscheidend und maßgebend waren, es war der Brief, den Se. Majestät der König von Bayern an Se, Majestät den jetzigen Deutschen Kaiser schrieb, als wir in Ver sailles waren. Ohne auf den Wortlaut einzugehen, war ein Haupt⸗ gedanke in diesem Brief: die bedeutsamen Rechte, die ich hierdurch einem anderen Fürsten in meinem Land Bayern einräume, kann ich

einem König von Preußen nicht einräumen, die kann ich nur einem Deutschen Kaiser geben. Es war damit der meines Erachtens richtige Standpunkt ausgedrückt und wenn ich mich richtig erinnere, in diesem Sinn motivirt: der Deutsche Kaiser ist mein Landsmann, der kann Rechte hier ausüben; der König von Preußen ist mein Nachbar. Diefes Gefühl, meine Herren, ist meines Erachtens ein hoch berechtigtes durch den ganzen Lauf, der deutschen Partikulargeschichte, und selbst von Seiten derer, die geneigt wären, diese Berechtigung in minderem Maß anzuerkennen wie ich, möchte ich wünschen, daß sie sich daran gewöhnen, damit zu rechnen, Ich bin nachgerade einer von den älteren und erfahreneren Geschäftsleuten geworden, und ich weiß, wie bedeutsam diese Elemente gerade auf die Gemeinsamkeit de deutschen Landes zurückwirken, Ich bin bei den Geschäften schon be⸗ theiligt gewesen, als das Dreikönigsbündniß scheiterte vor, ich glaube vor 27 oder 28 Jah ren, und zwar an den intimeren Verhandkungen zwischen den Höfen in dem Maß bet heiligt, daß ich mit ziemlicher Sicherheit behaupte, es scheiterte einfach an der Frage, follen die einzelnen Höfe eigene Gesandtschaften, eigenes Gesandtschaftg⸗ recht behalten oder nicht. In dieser Frage wurde der Abschluß gewiß 9 Monate wenn ich nicht irre, länger wie ein Jahr hin⸗ gehalten, über alles übrige war man hinreschend einig darüber verfloß das tempos ntile und es kamen rauhe Winterstürme, in denen diese 53 lin ge cha fl g, nicht mehr gedeihen konnten. Hatte nun dieses Recht eine wirkliche materielle edeutung? Ich war damals nach meinen Lebensjahren und meiner Stellung wöhl berechtigt, zu reden, wenn ich gefragt wurde, aber nicht zu reden, wenn ich nicht gefragt wurde, in letzterem Fall habe ich mich dahin geäußert: Haben die einzelnen Staaten den Einfluß auf deutsche Entschließungen, daß fremde Machthaber fich um ihren guten Willen bewerben, so giebt es kein Absperrungssystem, wesches die Verbindungen abschneiden könnte und sie können vom Gefandten bis zum Schreiber und Kammerdiener und anscheinend Kaufmann heruntergehen. Man kann da keinen hinreichend wasserdichten Ver⸗ schluß finden, der diplomatische Beziehungen absperren könnte. Bei denjenigen Stellungen, wo das nicht der Fall ist, wo das Ausland ich nicht bewirbt um die Stimmen oder nicht auf fie hört, bei den

eineren oder weniger mächtigen, da ist es ziemlich gleichgültig, ob sie Gesandte im Auslande unterhalten oder nicht; jedenfalls ist es erfreulich, wenn die Berechtigung dazu sie mehr als anderes verföhnt mit einer Lage, die ihnen sonst nicht erwünscht ist. So ist es auch mit der Formfrage, die ich neulich schon berührt habe: foll der Ver- treter eineg Bundesstaats genöthigt sein, sich hier, wenn er Verkehr

ürsten Bismarck, daß er in den Jahren 1862 66 den Kampf gegen den Mißbrauch des Parlamentarismus aufgenommen und mit

6 es möglich ge⸗ wesen, das Jahr 1866 und in weiterer Folge die Jahre 18750 und 71 mit ihren großen Erfolgen durchzuführen. Die Stel⸗ lung Preußens im Reiche lasse es ihm selbst am meisten wün⸗ schenswerth erscheinen, daß die Reichsverwaltun af ch g inister ge⸗

kehren? J noch peolitis

und regel⸗ abwesenden oder behinderten Reichs⸗ hat das den Grund,

Präsidenten er

Preußen ft in der Person

des v. Minister ohne der

t kleinen Gefühlseindrücke, von denen wir alle herunterkommen können, und ich glaube, die Herren im Reichstag, wenn sie in ihren eigenen Bufen greifen, auch nicht. Das Gefühl der Verletzung äußerer Würde kann in parlamentarischen Versammlungen, wie ich erfahren habe, mitunter sehr mächtig werden, ohne daß ein eigentlich prak⸗ tischer Grund vorhanden ist, dem Ausdruck des Gefühls Raum geben, obschon geschäftlich nichts dadurch geändert wird. Also gestatten Sie auch den Einzelregierungen, dieses Gef-hl ihrer staatlichen Würde äußerlich durch die Reichsfarben aufrecht zu erhalten, daß ihnen die preußischen Farben nicht in dem Sinne vor Augen gerückt werden, in welchem jener Brief Sr. Majestät des Königs von Bayern da— mals sehr richtig das Verhältniß des Königs von Preußen von dem Verhältniß des Deutschen Kaisers unterschied.

Ich bin nicht in der Lage, augenblicklich weiter eingehehende Aeßerungen über die Sache zu machen, ohne Gefahr, daß ich bei der sehr ausgiebigen Auslassung von der letzten Verhandlung in Wieder⸗ holungen verssele; ich bitte um die Erlaubniß, bei einzelnen Punkten, die mir auffallen, meine Meinung vielleicht zu sagen, aber im All⸗ gemeinen die Bitte an das Haus zu richten, solche Amendements, die nicht der Ausdruck einer ganz absoluten und unbesiegbaren prinzipiel⸗ len Ueberzeugung sind, die ja Niemand in sich zu ersticken vermag, fallen zu lassen und bei dieser Sache mehr wie bei einer andern das gute Sprichwort zu . das Beste ist des Guten Feind, selbst solche Amendementz, die blos, ich will darüber nicht streiten, eine vielleicht präßisere Fassung geben, gerade weil sie weiter nichts geben in einem Gehen, was sehr viel auf persönlicher Auslegung beruhen wird, und wo das Beste eigentlich, um dieses Gesetz fruchtbar zu machen, aus der freien Entschließung des Kaisers wird hinzugethan werden müssen, es nicht mit dem Ausdruck so genau zu nehmen, und nicht, wo nicht unüberwindliche Gewiffenshinderniffe vor— handen sind, die Vorlage nochmals an den Bundesrath zurückjzuweisen. Es ist nicht ohne schwere Mühe und Ärbest möglich gewesen, im Bundesrath daß Maß von Uebereinstimmung, dessen Ausdruck diese Vorlage ist, herzustellen, und die Schwierig⸗ keiten, die geschaffen werden durch die räumliche Trennung der Regierungen von einander, durch Mißverständnisse einzelner Worte, durch absichtlich von feindlichen Parteien hervorgekehrte Miß⸗ verständnisse durch unweise und oberflächliche Zeitungsartikel, die wirken bei den vielen Instruktionseinholungen in einer Weise auf die, Dinge ein, die sich ohne mündliche Besprechung der leitenden Minister . nicht erledigen und klären läßt. Letztere hat bei dieser Gelegenhelt stattgefunden, die e,. sind dazu hergekommen. Ich weiß nicht, ob das Maß von Mehrheit im Bundegrath, welches für einzelne solcher Bestimmungen, und gerade für die angefochtenen er⸗ forderlich ist, ob das sicher wieder zu erreichen ist, ob wir nicht lieber hier in dieser einfachen Sache, von der ich glaubte, sie würde ohne Diskussion angenommen werden, ob wir nicht hier darüber uns einigen sollten. olche Amendements, die nicht auf einem noth⸗ wendigen Ueberzeugunggaus druck beruhen, wie z. B. diejenigen der Centrumpartei oder diejenigen des Grundsatzes, daß kein Beamter gleichzeitig dem einzelnen Staate und dem Reiche dienen darf, solche Amendements sollten wir fallen lassen, weil ich nicht dafür einstehen kann, ob es möglich ist, bei einer neuen Berathung im Bundesrath zu verhindern, daß sich 14 Stimmen und mehr

mit dem Reich hat, in ein preußisches Minifterialhaus zu begeben und mit dem preußischen Minister als solchem zu ver

, , in , n ann ja kein Grun n, in der e so oder anders zu beschließe es ist blos für mich ein Motiv, nach dem ich meine Tin ir. muß, ob ich überhaupt für jetzt meine Theilnahme an den Dig— kussionen fortsetzen könnte oder nicht. sein, wenn diejenigen, die überhaupt etwas wollen, den einzelnen Wendungen, sehr scharf ins Gesicht sehen, maßen annehmen.

Nach dieser Rede des Reichskanzlers zog der Abg. Dr. Beseler seine Abänderungsanträge zurück.

Der Abg. Dr. Lasker bezeichnete das Gesetz als eine Voll- macht, durch welche die künftige Organisation des Reiches in die Hand des Kaisers und des Reichskanzlers gelegt werde. Die Tendenz des Bundesraths, gegen diese abfolute Vollmacht einige Schranken aufzurichten, sei zwar berechtigt, aber durch die Bestimmungen des 8. 2 nicht erreicht. Durch die weitere Schaffung selbständiger Reichsämter könne diese Schranke illusorisch gemacht werden. Er erkenne die mangelhafte Prä— zision der Vorlage als eines Organisationsgesetzes und erkenne ebensosehr an, daß einzelne Amendements, wie namentlich der Antrag Hänel, wesentliche Verbesserungen enthielten. Aber wenn er vor der Frage stehe, ob dies Ge— setz durch mögliche Verbesserungen gefährdet oder mit allen konstitutionellen Mängeln angenommen werden solle, so sei er nicht einen Augenblick im Zweifel. Es kehrten nicht oft im Leben der Nation Gelegenheiten wieder, bei denen ein so erheblicher Fortschritt gemacht werde gegen Verfassungsver⸗ engungen. Was die Frage der Verantwortlichkeit anbetreffe, so wäre ihm in der Rede des Reichskanzlers bei der ersten Lesung diejenige Stelle die befriedigendste ewesen, welche den 8. 3 interpretirte. Sie habe als . für den Reichs⸗ kanzler nur dasjenige gefordert, was jeder Zeit zur Herstellun einer vollen politischen Einheit nothwendig sei. i ln leide 8. 3 an dem Mangel, daß er in mäßig schroffen Form das ausdrücke, was auch ohne ihn selbstverständlich gewesen wäre. Von der verfassungs⸗ und staatsrechtlichen trenne er die politische Bedeutung der Sache. Der Gebrauch, der von diesem Gesetze gemacht werden solle, sei ein äußerst bescheidener. Es solle als selbständiges Amt zunächst geschaffen werden die Verwaltung für Elsaß⸗ Lothringen. Allein diese Vorlage sei noch kein Organisafionz— esetz, sondern eröffne erst die Wege zu einem solchen; man könne in ein Gesetz, welches in eminentem Sinne nur die Ab— änderung der Verfassung im Auge habe, nicht gleich einen Theil der Organisation aufnehmen. Das zweite selbständige Ministerium, das in Aussicht gestellt sei, Angelegenheiten. Eine Bedeutung für die Fortentwickelung der Organisation habe dieses Amt nicht, denn es werde immer von den Anweisungen und dem Geiste des Reichskanzlers ab⸗ hängig sein. Was dann drittens das Finanzamt anbetreffe, auf welches er und seine Partei einen so großen Werth legten, und welches der Bundesrath ausdrücklich zugestanden habe, so habe der Neichskanzler erklärt, daß diejenige Organisation, die er im Auge habe, ganz außerhalb des jetzigen Gesetzes stehe. Der Redner resumirte schließlich seine Stellung zu der Vorlage dahin: die Form sei ihm in einzelnen Punkten nicht zusagend, in der Gesammterwägung aber sage er, das Wohl, weiches sich in Zukunft aus diesem Gesetze entwickeln könne ö die Reichsverwaltung, überwiege dermaßen, daß er ohne Be⸗ denken das Gesetz annehme.

Hierauf Staats-Minister von Nostiz⸗Wallwitz das Wort:

Meine, Herren! Der Herr Vorredner hat für wünschenswerth er—

klärt, daß über die Intentionen des Gesetzes zwischen dem Bundes⸗

rathe und dem Reichstage vollständige Klarheit geschaffen werde. Ich

sehe diesen Wunsch als einen vollständig berechtigten an, und werde

mich bemühen, demselben zu entsprechen. Schließe ich mich zunächst

dem Eingang der Rede des Herrn Vorredners an, so hat derfelbe der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß das vorliegende Gefetz, selbst,

wenn seine Form, wie er meint, eine unvoll kommene , doch

pt ju Stande bringen die ihnen nicht gefallen, nicht so sondern die Vorlage angebrachter⸗

eine geeignete Grundlage abgeben werde, um dem Reich eine energische

und gute Regierung zu verbürgen. theile ich mit ihm, ich glaube aber, dener Ansicht. Ich glaube, er geht davon aus, daß das Reich, um zu einer solchen Regierung, wie sie ihm alt Ziel vorschwebt, zu gelangen, der Reichs⸗Ministerien bedarf. Diese Ansicht theile ich nicht, bin in dieser Beziehung vielmehr der Ueber— zeugung, welcher bei der ersten Lesung die Vertreter der bayerischen und württembergischen Regierung Ausdruck gegeben haben. Ebenso⸗⸗ wenig theile ich die Auslegung, welche der Herr Vorredner dem letz= ten Absatz des 8. 2 des Gesetzes gegeben hat. Ich glaube, daß das, was der Bundesrath hat sagen wollen, aus den Motiven mit genü= gender Gewißheit hervorgeht. Es heißt in denselben:

. Das Gesetz schließt jene Geschäftszweige, bei welchen es sich in der Hauptsache nicht um eine Verwaltung des Reicheß handelt, sondern der Schwerpunkt in dem Recht der Aufsicht und Gesetzgebung liegt, von der besonderen Stellvertretung aut und beschränkt sich darauf, eine solche Stellvertretung bezüglich der in der eigenen und unmittelbaren Verwaltung des Reiches befind⸗ lichen Amtszweige vorzusehen.

Ich meine, daß der Sinn und die Absicht diese Passus der Motive verkannt werden kann, und kann mich zu dem Ende auf eine Autorität aus der Mitte des Reichstages ᷣ. berufen. Hr. von Bennigsen hat bei der ersten Lesung gesagt:

Diese allgemeine Ueberzeugung wir sind dabei doch verschie—⸗

Aus den Motiven geht hervor, wie der Bundesrath nach diesen allgemeinen Gesichtspunkten die einzelnen Ressorts unterscheidet Man hat also die einzelnen Resso'ts in der Verwaltung darauf angesehen: hier ist eine Verwaltung, die überwiegend eigene Reicht verwaltung in sich schließt, vielleicht neben dieser auch noch eine gewisse Aufsichtsthätigkeit, und auf der anderen Seite ist eine Verwaltung, welche überwiegend Aufsichtsrechte wahrzunehmen hat, neben einer geringen oder gar keiner Verwaltungsthätigkeit des Reichs. Da— nach hat man unterschieden, und für diejenigen Reffortg mit üher⸗ wiegend eigener Verwaltung hat man die Stell vertretung zulassen wollen nach 5. 2, bei den anderen hat man sie ablehnen wollen. Das geht, aus den Motiven des Bundesrathsz im vorletzten Saß ganz deutlich hervor.

Ich glaube, ich kann mich darauf beschränken, hier zu konstatiren, daß die Absicht des Bundesraths dieselbe ist, welche Hr. von Bennigsen den Motiven untergelegt hat, und nicht diejenige, welche der geehrte Vorredner aus dem Wortlaut des Gesetzenkwurfs herausgelesen hat. Hätte der Bundesrath zu fürchten gehabt, daß seiner Vorlage eine solche Interpretation zu Theil werden solle, so will ich nicht da— für stehen, ob sich nicht schließlich trotz des Wunsches, das Gute zu erreichen, was der Gesetzentwurf erstrebt, doch diejenigen 14 Stimmen hätten zusammenfinden müssen, die verhindert hätten, den Gesetzent—= wurf einzubringen.

Mit den Bemerkungen, die Hr. von Kleist⸗Retzow zu dem Ge— setzentwurf , kann ich mich zum Theil sehr einverstanden erklären. Namentlich bin ich mit ihm der Ansicht, daß der Geseßz⸗ entwurf nicht blos bezweckt, dem Herrn Reichskanzler eine nach der Natur der Sache und nach den vorliegenden Umständen unbedingt nothwendige Erleichterung zu verschaffen, sondern auch in der That die Absicht hat, die Regierung des Reichs zweckmäßiger, ausgiebiger

sind nicht nöthig gegen die Beschlüsse des Reichstags finden, und dann haben wir von Neuem eine Arbeit, der ich wenigsten s in mein m

zu gestalten. Von dieser Absicht sind auch diejenigen Regie rungen geleitet worden, die sich gleichwohl haben sagen müssen,

t obne große Sorge entgegensehen kann. Das

Ich würde daher dankbar

einer über⸗

umfasse die äußeren

ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath,

om Standpunkt der einzelnen Staaten aus der Entwurf i. erheblicke Konzessionen ansinnt; wir haben uns aber bereit erklärt, diese Konzessionen zu machen im Interesse des großen Zwecks, ber von Hrn. von Kleist⸗Retzow mit großer Beredtsamkeit be—⸗ ĩ ist. ö ; ? nic e hat Hr. von Kleist⸗Retzow sich auch über die Beschränkung eäußert, die der Bundes rath in §. 2, in Bezug auf die besonderen Stell vertreter, zu stipuliren sich gedrungen gefühlt hat, er hat den Rittelstaaten namentlich und ihren Vertretern eine gewisse Aengst · sichkeit zum Vorwurf gemacht, ja, ich möchte aus seinen Worten heraus lesen, eine gewisse Kleinlichkeit der Auffassung. Ich glaube, daß dies doch ein unbegründeter Verwurf ist, und freue mich, daß der letzte Vorredner, Hr. Dr, Lasker, selbst die Absicht des Bundes⸗ raths als eine in den Verhältnissen begründete anerkannt hat. Wenn wir davon ausgegangen sind, daß die Aufsichtsbefugnisse des Reichs nicht wahrgenommen werden sollten von den Vorständen einzelner Reichsämter, so sind wir hierbei nicht nur bestimmt worden durch gewisse konventionelle Rücksichten, deren der err Reichskanzler in seiner letzten Aeußerung gedachte, ondern wir sind auch durch thatsächliche Gcünde geleitet worden, die neben jenen mehr formalen Rücksichten liegen, obschon ich meinerseits auch diese letzteren gar nicht zu unterschätzen gemeint bin. Wir wünschen, daß die Aufsichtsbefugnisse des Reichs nicht blos von dem mehr technischen Standpunkt eines Chefs eines einzelnen Ressorts gehandhabt werden, sondern von einem allgemeinen höheren politischen Standpunkt aus, der die Erhaltung gedeihlicher Verhältnisse unter den einzelnen Bundesstaaten sich zum Ziel setzt. *

Daneben sind wir allerdings zugleich von der Ansicht bestimmt worden, zu verhindern, daß die Aussichtsbefugnisse des Reichs nicht durch Ressort⸗Minister der Einzelstaaten ausgeübt werden sollen. Wenn Hr. von Kleist⸗Retzow in dieser Sachlage kein Bedenken findet, so bedauere ich, daß ich hierin ihm nicht folgen kann. Wenn man zu dem Minister des Einzelstaates nach Lage der Sache werden nur preußische Minister in Frage kommen können auch das größte Zutrauen hat, so bleibt er nichtsdestoweniger doch immerhin Mensch, und es ist für einen Menschen unmöglich, eine doppelte Aufgabe, die zum Theil durch ganz verschiedene Ziele bestimmt wird, in gleich gerechter, billiger und vorzüglicher Weise zu erfüllen.

Hr. von Kleist⸗Retzow hat das Reichs-Eisenbahn ⸗Amt genannt, und, wenn ich ihn recht verstanden habe, angedeutet, daß für die Zukunft sich kein anderer Ausweg denken läßt, als daß der preun⸗ sische Handels-Minister zugleich Vorstand des ReichsEisenbahn—⸗ Amts sei. Meine Herren, abgeschen davon, daß das Gesetz über die Einrichtung des Reichs-Eisenbahn ⸗Amts die ausdrückliche Bestimmung enthält, daß niemand Mitglied des Reichs⸗Eisenbahn⸗Amts, also auch nicht Vorstand desselben sein kann, welcher Mitglied einer anderen Eisenbahnverwaltung ist, auch abgesehen hiervon, würde es doch für den preußischen Handels⸗Minister ganz unmöglich sein, auf der einen Seite als Vorstand des Reichs -Eisenbahn-Amts jeder Eisenbahn— verwaltung gegenüber ausschließlich die Rücksichten der Gerechtigkeit und Billigkeit walten zu lassen und gleichwohl als preußischer Handels⸗Minister das Ziel zu verfolgen, die preußischen Staats⸗ eisenbahnen in möglichst nutzbringender Weise für Preußen zu ver— walten. Ich halte diese Verbindung für eine Unmöglichkeit, sie ent⸗ halt ein Verlangen, was man an keinen Menschen stellen kann.

Wenn der geehrte Vorredner hieraus hat folgern wollen, daß man dann auch die Vereinigung der Reichskanzlerschaft mit dem Präsidium des preußischen Ministerlums nicht zugeben könne, so glaube ich, wal tet in dieser Beziehung doch ein wesentlicher Unterschied ob. Der Herr Reichskanzler hat unzweifelhaft auch als Vorstand des preußischen Ministeriums Außerordentliches geleistet, aber das, was den Herrn Reichskanzler zu dem berühmten Manne gemacht hat, der er ist, das ist seine Eigenschaft als Kanzler des Deutschen Reichs und hierin liegt die Bürgschaft, daß er die allgemein deutschen Interessen jederzeit wahren wird. . .

Der Abg. Dr. Hänel motivirte seinen Antrag damit, daß es sich hier um dauernde Institutionen, um Stellvertretungs⸗ ämter handele, welche ihren budgetmäßigen Ausdruck finden müßten. Hierbei müsse das Haus sein Budgetrecht wahren und auch dem Bundesrath könne das als eine Schranke gegen die absolute Vollmacht des Reichskanzlers nur willkommen sein. Auch sei sein Amendement praktisch durchführbar. Der Abg. Reichensperger empfahl die Annahme des Antrags enten ein und beantragte, falls dieser Antrag abgelehnt werden sollte, besondere Abstimmung über die Worte „auf Antrag des Neichskanzlers“ in z. 1. Diese Worte verletzten das monarchische Prinzip; sie seien ein Eingriff in die Prä⸗ rogative der Krone und ohnehin überflüssig, da, wenn der Kaiser aus eigener Wahl Stellvertreter ernenne, der Reichs⸗ kanzler diese Ernennung ohnehin kontrasigniren müsse. Der Abg. Schneegans führte aus: was, er und seine Partei ver— lange und zu erstreben suche, sei die Verwaltung der Reichs⸗ lande im Lande selbst, die Regierung des Landes durch das Land. Er hegreife vollkömmen die Schwierigkeiten, welche entstehen müßten, wenn der Minister für Elsaß⸗ Lothringen fern vom Kaiser residire, aber er schätze die Schwierig⸗ keiten noch höher und unüberwindlicher, die aus der Ab⸗ wesenheit des Ministers von dem Lande resultiren würden, welches er verwalte. Er wisse nicht, in welcher Form die neue Einrichtung getroffen werden solle, in dessen, darauf komme es ja auch nicht an. Er wolle die Selbst verwaltung im Prinzipe; dieser Standpunkt habe im Hause allgemeine Sym⸗ pathien gefunden, wenn man ihm auch nicht verhehlt habe, daß sich die Frage bei diesem Anlasse nicht erledigen lassen würde, und daß man deshalb das Amendement nicht accep⸗ tiren könne. Werde daher dieser Antrag verworfen, so werde er annehmen, daß das Haus sich nicht gegen seinen Gedanken, sondern nur gegen seine formelle Zuständigkeit ausgesprochen habe, und nach wie vor sein Prinzip verfechten.

h Der Reichskanzler Fürst von Bismarck entgegnete ierauf:

Der Herr Vorredner hat vollkommen Recht, wenn er annimmt, daß die Sympathien nicht nur des Hauses, fondern auch der ver hündeten Regierungen dem von ihm befürworteten Bestreben der Elsaß⸗Lothringer zu einer selbständigen Regierung im eigenen Lande zu gelangen, zur Seite stehen, und wenn ich das hohe Haus bitte, das Amendement an dieser Stelle nicht anzunehmen und nicht den Versuch zu machen, diese heterogene Frage an dieser Stelle und bei dieser Gelegenheit zu erledigen, so geschieht es keineswegs aus Ab⸗ neigung gegen die Tendenz, die sich in diesem Amendement ausspricht, sondern nur aus dem Grunde, weil sich eine Frage von dieser Trag= weite so nebenher nicht erledigen läßt. Nach dem, was ich neulich über diese Sache gesagt habe, behalte ich das Streben im Auge, von dem Bande loszukommen, welches den Reichskanzler und das Mini— sterium für Elsaß⸗Lothringen in einer Person verschlingt. Dabei kommt das Land oder der Reichskanzler zu kurz, und der ganze Ausdruck des Regierungsgedankenß wird ein unrichtiger, in⸗ dem der faktische Schwerpunkt nicht da liegt, wo die Verantwortlich keit gesucht wird. Es wird ja dann also, wenn ich in diesem Bestreben fortfahre, auch die Frage zur Entscheidung kommen: nicht ob, son⸗ dern in welcher Weise die ministerielle Leistung für Clsas. Lothringen sich gestalten wird. Die Schwierigkeit ist die, daß Se. Majestät der Kaiser, der die landesherrlichen Rechte im Namen der verbündeten Regierungen in Elsaß⸗Lothringen ausübt, die Residenz nach dem re⸗ gierten Lande nicht dauernd hinzulegen vermag und doch das Bedürf⸗ niß hat, von seinem Minister für Elsaß -Lothringen oder seinen Mi— nistern, wenn man sich dergleichen mehr denkt, Vortrag zu erhalten.

Der Herr Vorredner irrt insofern thatsächlich, wenn er sagt, daß ein Ministerium für Elsaß⸗Lothringen gegenwärtig nicht vor⸗ handen wäre und daß es errichtet werden würde. Es ist vorhanden;

es fragt sich nur: kann man es nach Straßburg verlegen, oder ist es nothwendig an Berlin und an den Aufenthalt Sr. Majestät des Kaisers gebunden? Ich will dieser Frage durchaus nicht zum Nach⸗ theil der Bestrebungen des Herrn Vorredners präjudiziren. Es hat ja seine großen Schwierigkeiten im Verkehr, wenn der Landesherr von dem verantwortlichen Minister so ge⸗ trennt ist, daß die mündlichen Vorträge zu den Ausnahmen gehören, unmöglich ist es aber in keiner Weise. Wir haben in man⸗ ben deutschen Ländern noch heute und nach der alten Dienstpragmatik fast überall die Einrichtung gehabt, daß die Minister den Souverän von Angesicht zu Angesicht in der Regel nur am Hofe in repräsen⸗ tativer Gesellschaft, aber nicht in Geschäften sahen, sondern daß alle Geschäfte schriftlich abgemacht wurden. Nun läßt sich ja die Wahl der Person so denken, daß dieselbe sich eines gan; ausnahmsweisen Vertrauens bei dem Träger der landesherrlichen Rechte, Sr. Majestät dem Kaiser, erfreut, und die Korrespondenzen deshalb seltener, oder, wenn nicht seltener, doch aus—⸗ reichend sind, um den mündlichen Verkehr vollstãndin und wirksam zu ersetzen. Aber ich bitte nur zu glauben, daß alle die

läne, die mir von verschiedenen Seiten gebracht worden sind, Statt⸗ alterschaften zu etabliren, meines Erachtens die Sache nicht lösen, der Lösung nicht um ein Haar breit näher bringen als heute. Ob der Beamte, der dort lebt und dort die Geschäfte führt, den Titel Statthalter hat, ob er fürstlichen Standes ist oder ein gewöhnlicher Beamter, das kann in Bezug auf die geschäftliche Quali⸗ tät vielleicht einen Unterschied machen, in Bezug aber auf die sachlichen Schwierigkeiten, die zu überwinden sind, wird das durchaus keinen machen. Es bleibt immer die Frage zu lösen, so lange nicht ein eigentlicher Landesherr in Elsaß res bert was doch auch wiederum seine Schwierigkeiten der Lösung und Herstellung hat, die Schwierig⸗ keit, wie korrespondirt der nothwendig in Ben lin residirende Landes⸗ herr mit seinem dortigen Minister, oder wie stellt sich die Zufrieden beit oder die Verwaltung des Landes, wenn der Minister in Berlin wohnt? Wäre dort ein Statthalter im landläufigen Sinne des Worts, so würde Se. Majestät der Kaiser doch nicht auf jeden Einfluß auf die Regierung verzichten können; es würde doch irgend eine ministerielle Verantwortlichkeit hergestellt werden müssen, deren Sitz immer entweder in Straßburg oder in Berlin sein müßte. Die Abwägung der Schwierigkeiten und Unzuträglich⸗ keiten des einen oder anderen Systems ist für mich durchaus nicht entschieden. Wenn die geeignete Persönlichkeit sich findet, der Se. Majestät der Kaiser das Vertrauen schenkt, so würde ich nicht unbe⸗ dingt abrathen, eine Gesetzesvorlage einzubringen, welche es nicht nur möglich macht, den Kanzler davon zu dispensiren, sondern einen mei⸗ nethalben in Straßburg wohnenden Minister als obersten Beamten für Ellaß⸗Lothringen herstellt, dem außer Sr. Majestät dem Kaiser Niemand etwas zu sagen hat. Es würde also dann etwa eine Kabinetssekretär⸗Korrespondenz zwischen dem Landesherrn und dem Minister die Verbindung bilden, die von Berlin nach Straß⸗ burg reicht. Es ist das ja nicht unmöglich, wir haben ähnliche Ver⸗ hältnisse in Luxemburg in Bezug auf Holland, in Norwegen in Be— zug auf Schweden, in Ungarn in Bezug auf den Verband mit der österreichischen Monarchie, aber da doch überall unter solchen Um⸗ ständen, daß die eigentliche Schwerkraft der Regierung in den par— lamentarischen Körperschaften liegt, die diese Länder vertreten. Es sind im Grund nicht die Statthalter sondern in Luxemburg, in Norwegen und bis zur dualistischen Kompetenz in Ungarn, regiert dort die Landesvertretung. Nun, ich gebe ja die HSoff⸗ nung nicht auf, daß wir auch in Elsaß⸗Lothringen mit der Zeit eine Landesvertretung haben können, die dem Deutschen Reich vollständig die Bürgschaft giebt, das Vertrauen einflößt, daß sie im Stande ist, auch politisches Schwergewicht auf die Entschlie⸗ ßungen, die im Namen dieses Reichslandes getroffen werden, aus⸗ zuüben berechtigt zu sein. Wir haben dafür ja immer den Baro⸗ meter der Wahlen, die für den Reichstag stattfinden. Im Augenblick würde ich mich noch nicht entschließen können, dazu zu rathen, daß ein ähn⸗ liches Schwergewicht, wie es also in Luxemburg und Norwegen der Landes⸗ vertretung für die politischen Entschließungen des Souveräns beigelegt wird, in Elsaß Lothringen ausgeübt werde. Aber ich gebe, wie gesagt, die Hoffnung nicht auf, daß die dortige Bevölkerung sich von dem Druck der Vergangenheit, von dem Druck der Gegenwart, der auf ihr lastet, mehr und mehr emanzipiren wird, sich als mit freudigem Sinn dem Deutschen Reich zugehörig fühlen wird. Der Grund, warum ich überhaupt in dieser Frage, obschon ich vorhin schon von jedem Amen⸗ dement abgerathen habe, das Wort nahm, war, weil der Herr Vor⸗ redner den Appell an den Rezierungstisch richtete, sich daruber zu äußern, and weil ich für meine Person in der Lage bin, ihm eine mehr ermuthigende als ablehnende Antwort in der Sache zu gehen, wenn ich sie in der Form, wie sie vorliegt, hier auch zurück— weisen muß.

Die Diskussion wurde hierauf geschlossen. Die Anträge Frankenstein, Hänel und Schneegans wurden abgelehnt, des⸗ gleichen der Antrag Reichensperger auf Streichung der Worte „auf Antrag des Reichskanzlers“ in 8§. 1 der Vorlage in namentlicher Abstimmung mit 201 gegen 79 Stimmen abge⸗ lehnt, und die 88. 1 und 2 mit großer Majorität in der ur⸗ sprünglichen Fassung der Regierungsvorlage unverändert an⸗ genommen. Um 55 Uhr vertagte das Haus die Berathung.

In der heutigen (17) Sitzung des Reichs⸗ tages, welcher mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß an Vorlagen ein⸗ gegangen seien: die Entwürfe eines Gerichtskostengesetzes, einer Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher und einer Gebühren⸗ ordnung für Zeugen und Sachverständige. Sodann setzte das Haus die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betr. die

tellvertretung des Reichskanzlers fort.

Zur Debatte wurden zunächst gestellt der Antrag des Abg. von Bühler (Oehringen), welcher lautet:

„»Der Reichstag wolle beschließen: Nach §. 2 folgenden Paragraphen einzuschalten: 5. 3. Kein Reichsbegmter und kein Stellvertreter eines solchen ist befugt, neben dem Reichsamt gleich⸗ zeitig ein Staatsamt in einem Bundesstaate zu bekleiden, sofern , , Reichsamt selbft als ein Nebenamt zu be⸗ trachten ist

und der §. 3 des Antrages von Franckenstein⸗Windthorst, welcher lautet:

§. 3. „Der Stellvertreter des Reichskanzlers darf kein Staats⸗ amt in einem der Bundesstaaten bekleiden. Die Beauftragung desselben mit der Führung einer Stimme im Bundesrath ist da⸗ mit jedoch nicht ausgeschlossen.“

Der Abg. von Bühler motivirte seinen Antrag durch den Hinweis, daß die Interessen des Reiches nicht durchweg mit den Interessen jedes Einzelstaates parallel gingen, und daß es der Natur der Sache und allgemein anerkannten Rechts—⸗ grundsätzen widerstreite, daß ein Bevollmächtigter Inter⸗ essen, die unter Umständen untereinander kollidiren, gleichzeitig vertrete. Nehme man den Antrag nicht an, so

werde der Einfluß Preußens bald zu mächtig werden. Der

Abg. v. Schmid (Württemberg) erklärte, daß der Vorredner nicht nur nicht im Namen der deutschen Reichspartei ge⸗ sprochen habe, der sie Beide gemeinsam angehörten, son—⸗ dern daß die Fraktion den vom Antragsteller vertretenen Antrag sowohl bezüglich des Antrages selbst, wie seiner Motivirung entschieden perhorrescire. Der Vorredner möge doch nicht vergessen, daß ohne , es überhaupt gar kein Deutsches Reich gäbe. er Einfluß Preußens auf die Verwaltung der Reichsangelegenheiten sei mithin ein durchaus legitimer; das einzige, was man von Preußen fordern dürfe, sei die Anerkennung der Ebenbürtig⸗

keit der deutschen Bruderstämme im Süden, und daran habe es Preußen niemals fehlen lassen. Der Antrag habe eine Trag⸗ weite, die sich der Antragsteller augenscheinlich selbst nicht klar * macht habe. Wolle er etwa verlangen, daß der jetzige Reichskanzler sein Amt aufgeben solle, weil er preußischer Minister⸗Prãäsident sei? Die große Mehrheit seiner Landsleute werde darin einig sein, daß die Persönlichkeit des Reichskanzlers für das Reich unendlich viel wichtiger sei, als der Antragsteller und alle seine Anhänger. Beim Schlusse des Blattes hatte der Abg. Windt⸗ horst (Meppen) das Wort.

Wie lkereits bekannt, hat Se. Majestät der Kaiser auf den von der französischen Regierung zu erkennen gegebenen Wunsch genehmigt, daß die Abtheilung für Kunst auf der diesjährigen Pariser Weltausstellung durch Werke deutscher Künstler beschickt werde. Mit der ge⸗ sammten geschäftlichen Leitung dieser Betheiligung ist mit Allerhöchster Genehmigung vom Reichskanzler der Direktor der Königlichen Akademie der bildenden Künste von Werner betraut worden.

Der Kaiserliche General⸗Konsul in Odessa ist von dem Kaiserlich russischen Kriegsgouverneur in Nikolajew Behufs Warnung der Führer derjenigen deut schen Schiffe, deren Ein⸗ treffen in Nikolajew etwa erwartet wird, benachrichtigt worden, daß bis zur Beendigung des Eisganges und der Aufstellung der Brandwachtschiffe bei Otschakow alle Schiffe vor dem Einlaufen in die Rhede von Otschakow auf der west⸗ lichen Seite des Meridians des Ssuworowschen Leuchtthurms, wohin zu ihrer Weitergeleitung Dampfschiffe werden abgesandt werden, zu halten haben, und daß hei Nachtzeit allen Schiffen, sowohl das Einlaufen in die Rhede von Otschakow vom Meere aus, als auch das Auslaufen aus dieser Rhede nach dem Meere zu unbedingt untersagt ist.

Die in der heutigen Börsen⸗-Beilage abgedruckte tabellarische Uebersicht der Wochenausweise der deutschen Zettelbanken schließt mit folgenden Daten ab: Es betrug der gesammte Kassenbestand 876 678 000 S, d. i. der Vorwoche gegenüber mehr 14150 000 S6, während der Wechselbestand in Höhe von 564 932 000 M einen Rückgang um 15101 0090 S nachweist; die Lombardforderungen mit 78 552 0090 M lassen eine a . um 5 434 000 S erkennen, wie auch der Notenumlauf mit 892 8365 900 t eine solche von 12 950 000 M nachweist; die täglich fälligen Verbindlichkeiten haben sich der Vorwoche gegenüber um 7 585 000 ½ auf 214934 000 S½V vermindert, während die an eine Kündigungs⸗ frist gebundenen Verbindlichkeiten um 75 000 S auf 58 094 000 MS angewachsen sind.

Zur Theilnahme an den vom 11. bis 30. d. Mts. resp. vom 1. bis 29. April er. hierselbst stattfindenden militärärztlichen Qpergtions⸗ ꝛ2c. Kursen sind eine größere Anzahl von Ober⸗Stabsärzten sowie Assistenzärzten J. Klasse, und zwar aus dem Bereiche des Garde⸗-Corps, des J. bis inkl. XI., des XIV., XV. und XIII. (Königl. Württem⸗ bergischen) Armee⸗Corps, sowie der Marine hierher komman⸗ dirt worden.

(Epz.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 7. März. Ztg.) Unter den Vorlagen, welche dem gestern hier zusammen⸗ getretenen Spezial⸗Landtage gemacht worden sind, befinden sich ein Dekret des Herzoglichen Staats⸗-Ministeriums über die Erhebung einer Abgabe von den Feuerversicherungs⸗Anstalten, ferner ein solches über die Erhebung einer Kommunalabgabe von Bier und ein Dekret bezüglich des Ruhegehalts für die Volksschullehrer nebst den betreffenden Gesetzentwürfen.

Oesterreich⸗Angarn. Wien, 8. März. (W. T. B.) Erzherzog Franz Carl, Vater des Kaisers, geb. 7. De⸗ zember 1802, ist heute Mittag, gegen 1 Uhr, gestorben.

Großbritannien und Irland. London, 7. März. (E. C.). Der größere Theil der gestrigen Sitzung des Unterhguses wurde der Frage der zweiten Lesung der von dem Mayor O'Gorman eingebrachten Bill, betreffend die Munizipalfreiheit in Irland, gewidmet. Mr. Kavanagh, der (konserv.) Vertreter der irischen Grafschaft Carlow, er⸗ klärte sich gegen die zweite Lesung, da ein Ausschuß zur Untersuchung der Frage eingesetzt worden sei und die sofortige Ausführung des neuen Vorschlages die Hauptmacht in die Hände der unteren Klassen bringen werde. Aehnlich sprach sich ein anderer konservativer Irländer, Sir John Leslie aus. Mr. David Plunket, Vertreter der Dubliner Universität und General⸗ anwalt für Irland, gab zu, daß eine Veränderung wünschens⸗ werth sei, hielt aber eine Entscheidung über die noch nicht völlig untersuchte Frage für unzulässig. Der Regierungs⸗ vertreter, Mr. Lowther, äußerte sich dahin, der betref⸗ fende Ausschuß habe im Jahre 1876 zwanzig und im Jahre 1877 wieder zwanzig Sitzungen gehalten und werde voraus⸗ sichtlich bald Bericht erstatten können. Das Parlament merde seiner Gewohnheit nach diesen abzuwarten haben. Bei der Abstimmung wurde der OGormansche Antrag zwar abge⸗ lehnt, aber nur mit 165 Stimmen gegen 160, ein Er⸗ gebniß, welches seitens der Opposition mit lautem Beifall be⸗ grüßt wurde. Der Oberbefehlshaber des englischen Heeres, Herzog von Cambridge, fuhr gestern nach Wool wich, um die Rekruten (d. i. alle Soldaten von weniger als einem Jahre Dienstzeit) der reitenden, Feld⸗ und Festungs⸗Artillerie, sowie der Infanterie⸗Brigade⸗Depots und der Schützen- Brigade zu besichtigen. Das Aussehen der Leute war im Allgemeinen ein * efriedigendes. Später wurde noch das in Woolwich befindliche Remonte⸗Etablissement in Augenschein genommen, welches den besonderen Zweck hat, den Ersatz für die Artillerie und das Fuhrwesen zu liefern. Die Pferde werden an Ort und Stelle eingefahren und diese Gelegenheit zugleich dazu benutzt, um Mannschaften verschiedener Truppentheile, na⸗ mentlich auch der Infanterie, zum Fahren auszubilden.

8. März. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heute der Schatzkanzler Northeote dem Deputirten Coope, die Regierung werde das Budget in der ersten Woche des April vorlegen. Das Oberhaus nahm die Bill, betreffend die Gerichtskompetenz der britischen Krone über fremde Kauffahrteischiffe in britischen Territorien bis auf eine Entfernung von 3 Meilen, bei der Spezialdebatte unverändert an. Cairns erklärte, die Bill überschreite nicht die international festgestellte Grenze der Kom⸗ petenz.

Frankreich. Paris, 7. März. Wie das „Journal officiel“ meldet, sind durch zwei neue Dekrete vom 4 März

abermals 74 wegen Betheiligung am Kommune⸗Ausstande