Der Gesetzentwurf wurde einer Kommission von 14 Mit⸗ gliedern überwiesen.
Es folgte der Antrag des Abg. Dr. Zimmermann:
Den Reichskanzler zu ersuchen, dafür Sorge zu tragen, daß dem Reichgztage bald thunlichst eine Gesetzesvorlage gemacht werde, wo⸗ durch das Wechselstempelsteuer ⸗Gesetz vom 19. Juni 1869, besonders der 5. 2 desselben, mit der neueren Gesetzgebung in Uebereinstimmung
gebracht wird. . . Der Antragsteller rekapitulirte die Geschichte des Antrages
der den Zweck . den Stempelsteuertarif, der noch nag dem alten Münzsystem berechnet sei, in Uebereinstimmung mit der Markrechnung zu bringen. Schon mehrere Male habe der Antrag dem Hause vorgelegen, ohne indessen ein anderes Resultat zu erzielen, als die Erklärung der Regierung, daß sie der Frage näher treten werde. Es handle sich allerdings nicht um eine bloße Umrechnung des Tarifs, die vielfach zu Bruchpfennigen führen würde, sondern man müsse gleichzeitig eine Abänderung der einzelnen Sätze vor⸗ nehmen, die an der Tendenz des Gesetzes, den Wechsel verkehr mit I pro Mille zu besteuern, möglichst festhalte und zugleich eine Abrundung nach Maßgabe des gegenwärtigen Rechnungs⸗ systems herbeiführe. Das Bedürfniß der Geschäftswelt nach endlicher Regelung der Angelegenheit sei ein dringendes; er empfehle deshalb die Annahme des Antrages.
Der Kommissar des Bundesraths, Geheimer Regierungs⸗ Rath Aschenborn, erklärte, daß die Regierung aus dem Votum des Hauses Veranlassung nehmen werde, die Aufgabe ihrer Lösung entgegenzuführen. Wenn dies bisher nicht geschehen sei, so habe dies seinen Grund darin, daß die Regierung die Regelung der Frage zwar für nothwendig, nicht aber fur so dringlich gehalten habe, daß man damit nicht warten könne, bis die in Aussicht genommene generelle Revision der ge⸗ sammten Ge,, , , . zur Ausführung komme.
Unterstützt sei die Regierung in dieser Ansicht worden durch den Umstand, daß Petitionen im Sinne des vorliegenden Antrages von keiner Seite eingereicht worden seien. Die Berichte der Handelskammern hätten allerdings die Frage mehrfach angeregt, aber nur im Zusammenhange mit der Forderung einer anderweitigen Abstufung der Intervalle des Tarifes. Diese letztere Frage bedürfe einer sorgfältigen Erwägung. .
Der Abg. Dr. Zimmermann erwiderte, daß er den Nachweis der Dringlichkeit seines Antrages für überflüssig gehalten habe, nachdem die Regierung selbst die Nothwendigkeit anerkannt habe. Für die Dringlichkeit des Antrages sprachen sich auch die Abgg. Dr. Reichensperger (Crefeldꝰ und Dr. Bamberger aus. Letzterer nahm noch wegen eines bei der Praxis der Reichsbank vorgekommenen Spezialfalles Veranlassung, die Regierung schon jetzt um eine mildere Handhabung der Straf— bestimmungen gegen die bona fide wider die komplizirten Wechselstempelvorschriften Fehlenden zu ersuchen. z
Der genannte Kommissar des Bundesraths konstatirte, daß er ausdrücklich die Bereitwilligkeit der Regierung aus⸗ gesprochen habe, die im Antrage bezeichnete Frage auch unabhängig von der allgemeinen Stempelsteuerfrage zu regeln, wenn das Votum des Hauses die Dringlichkeit anerkennen sollte. Den Mangel an Petitionen habe er nur des— halb hervorgehoben, weil von Mitgliedern dieses Hauses aus⸗ drücklich solche Petitionen provozirt worden seien; wenn das Publikum gleichwohl dieser Provokation nicht Folge gegeben habe, so sei er berechtigt gewesen, seinen Schluß daraus zu ziehen. Der von dem Vorredner angeführte Fall einer stren⸗ In Auslegung des Wechselstempelgesetzes sei nicht von einer
erwaltungsbehörde, sondern von einem kaufmännischen In— stitute ausgegangen. Die Regierung sei deshalb kaum in der Lage, in der vom Vorredner gewünschten Richtung etwas zu thun, da man es der Geschäftswelt durchaus nicht verdenken könne, wenn sie Angesichts der Gefahr, in Stempelstrafe zu verfallen, rigoros vorgehe.
Darauf wurde der Antrag des Abg. Dr. Zimmermann angenommen.
Einige seiner Beschlüsse, welche das Haus aus Anlaß von Wahlprüfungen gefaßt hat, erklärte es durch die start— gehabten Ermittelungen auf Antrag der Wahlprüfungs⸗Kom⸗ mission für erledigt.
Um 33 Uhr wurde die Sitzung geschlossen und die fol⸗ gende auf 15 Minuten später anberaumt.
Nach der Eröffnung derselben nahm das Haus ohne De— batte den Antrag des Abg. Dr. Franz an, den Reichs⸗ kanzler um die Sistirung der gegen den Abg. Stötzel schwebenden Strafverfahren während der Dauer der Session zu ersuchen.
Es folgte die erste Berathung der Entwürfe eines Ge⸗ richtskostengesetzes, einer Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher und für Zeugen und Sach— verständige.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staatssekretär Dr. 1 leitete dieselbe mit folgendem Vortrage ein:
as unterm 20. Januar v. J. ergangene Ausführunagsgesetz zur Fivilprozeßordnung bestimmt in seinem 5. 2, daß für den ganzen Umfang des Reiches eine Gebührenordnung erlassen werden solle, und das Einführungsgesetz zur Gerichtsverfassung macht diese davon abhängig, daß die Gebührenordnung gleichzeitig mit der Gerichts⸗ verfassung ins Leben trete.
Die heute nachträglich auf die Tagekordnung gesetzten Entwürfe haben die Aufgabe, jenen Vorbehalt der Prozeßgesetze einzulösen. Dazu würde es allerdings nur, wenn man den Vorbehalt blos wört⸗ lich hätte einlssen wollen, eines Gebührengesetzes im Givilprozeß bedurft haben, denn nur von dem ist die Einführung der Gerichts⸗ verfassung abhängig gemacht. Aber fo wie man sich an die Auf⸗ stellung dieses Gesetzentwurfs begab, erkannte man es als eine natür⸗ liche Konsequenz, auch das Gebührenwesen des Kriminglprozesses in den Bereich dieser Reform zu ziehen, desgleichen die Gebühren im Konkursverfahren nicht auszuschließen, weil das Konkursverfahren ohne das dazu gehörige Gebührengesetz ein unvollständiges geblieben wäre, überdies aber auch Ihre Kommissien, die das Konkursgesetz zu berathen hatte, ganz ausdrücklich sich dahin erklärt hat, daß unter allen Umständen die Gebührenordnung mit dem Inslebentreten der Konkursordnung selbst ins Leben gerufen werden müßte.
Mein Wunsch wäre allerdings nun noch einen Schritt weiter gegangen; ich hätte nämlich sehr gern auch die Gebührenordnung für die Rechtsanwälte gleichzeitig geregelt, um mit einem gesetzgeberischen Schlage, wenn ich mich so ausdrücken darf, das ganze gerichtliche Ge⸗ bührenwesen gesetzlich zu ordnen. Es mußte aber davon Abstand ge⸗ nommen werden, denn ich war davon überzeugt, daß, wenn irgend ein Gesetz nicht blos am grünen Tisch der Behörden gemacht werden dürfe, es dazu vielmehr der thätigen Mitwirkung aus den Kreisen der Betheiligten selbst bedürfe, es die Gebührenordnung für die Advokaten wäre. Diese Betheiligung aber herbeizu⸗ führen, intbesondere angesehene Advokaten zu fommiffarischen Berathungen einzuberufen, dazu reichte die Zeit, und ich will ganz offen gestehen, reichten auch die Kräfte nicht mehr aus, und es war somit die Gefahr, daß, wenn man doch versucht hätte, auch dieses Gesetz zu Stande zu bringen, vielleicht es umgekehrt gegangen und auch die übrigen Entwürfe unvollendet geblieben wären.
Somit liegen Ihnen jetzt nur diese 3 Gesetzentwürfe vor. Vor allen Dingen war aber noch dafür, daß die Gebührenordnung für die Advokaten a etzt wurde, der Umstand maßgebend, daß die Advo⸗ katenordnung selbst noch nicht fertig ist, und man diese doch als nothwendige Grundlage für die Gebührenordnung braucht. Es steht zu hoffen, daß es gelingen wird, in dieser Session die Advokaten ordnung fertig zu stellen, und dann soll sich unmittelbar die Fertig ⸗ stellung der — * — für die Advokaten daran anschließen.
Wende ich mich nach diesen Vorbemerkungen über die geschicht⸗ liche Entwicklung, in der diese Gesetzentwürfe entstanden sind, zu dem Inhalte derselben, so würde es wenig angebracht sein, wenn ich überhaupt, namentlich bei dieser vorgerückten Zeit, versuchen wollte, auch nur in der allergedrängtesten Kürze Ihnen den Inhalt der Entwürfe darzulegen. Auch will ich mich der captatio bene-= olentias enthalten, indem ich die Schwierigkeiten darlege, die gerade bei diesen 9 zu bewältigen waren. Es war vielleicht mehr noch die Oede des Stoffes, welche diese Aufgabe gesetzgeberisch geradezu zu einer peinvollen gemacht hat, und ich fürchte, meine e Sie werden etwas von dieser peinvollen Arbeit mit zu kosten ekommen
An die Stelle von 67 zur Zeit im Reiche geltenden Gebühren⸗ ordnungen soll eine einheitliche Gebührenordnung treten, und diese einheitliche Gebührenordnung soll aufgebaut werden auf Prozeß⸗ gesetzen, die wir zwar nun seit Jahr und Tag in den Gesetzblättern haben, die sich aber noch nicht in der praktischen Uebung gezeigt haben, und von denen darum Keiner, weder in diesem hohen Hause, noch irgend ein Anderer weiß, wie sie praktisch in der Rechtsübung spielen werden. Diese anomale Lage bei der Aufstellung des Gesetz⸗ entwurfes hat nun die natürliche Folge gehabt, daß man die Ge— bührensätze — und bei einer Gebührenordnung kommt es doch schließ- lich und bauptsächlich auf die Tarifsätze an, das liegt im Wesen einer Gebührenordnung, — daß man diese Gebührensätze im Ein⸗ zelnen lediglich auf Probabilitätsrechnungen hat aufbauen müssen, und 6 sorgfältig man auch bei diesen Probabilitätes rechnungen zu Werke gehen mochte, Niemand kann zur Zeit die Gewähr dafür übernehmen, ob man doch nicht vielfach fehlgegriffen hat.
Zu diesem, ich möchte sagen, unbefangenen Bekenntniß bestimmt mich namentlich auch noch die Erinnerung an einen gesetzgeberischen Vorgang, den wir vor einigen 20 Jahren in Preußen durchgemacht haben. Dort wollte man die Gebührenordnung, welche auf Einzeln⸗ sätzen beruhte, in Pauschsätze umwandeln, und legte den Kammern einen dahin formulirten Gesetzentwurf vor. Aus Gründen, die nicht mit diesem Gesetze zusammenhängen, war es überhaupt nicht möglich, den Gesetzentwurf durchzuberathen, und nun benutzte die preußische Regie⸗ rung den ihr gewordenen Ausstand, wie unerwünscht er auch war, dazu, um bei einer Reihe von Gerichten Berechnungen darüber anstellen zu lassen, wie sich die alten Sätze zu den neuen Pauschsätzen ins Verhältniß stellen würden, um zu erproben, ob ihre Voraussetzung, das neue Gesetz würde ganz dieselben Gebühren wie das alte bringen, sich auch bewahrheiten möchte. Es wurden nun zahlenmäßige Auf⸗ stellungen bei einer Reihe von Gerichten gemacht, indem man eine Anzahl von Prozessen nach den alten und den neu beabsichtigten be⸗ rechnete; und was ergab sich? Die ganze Voraussetzung war eine falsche gewesen; das neue Gesetz würde mit seinen Gebühren viel weniger eingetragen haben, ja, es würde einen Ausfall bis zu 18/0 der Einnahmen zur Folge gehabt haben. Wenn nun das in einem Stagte möglich war, wo man nur eine Gebührenordnung zu ändern hatte, und wo man diese Gebührenordnung änderte an der Hand eines Gesetzes, das seit lange in Uebung gewesen war, wenn man da dennoch eine solche Fehlrechnung anstellen konnte, wieviel mehr muß es jetzt schon als möglich an— erkannt werden, daß wir in diesem Gesetzentwurf vielfach in den Tarifsätzen werden fehlgegriffen haben.
Der ,,, . das auch selber an, indem er in einem seiner Schlußparagraphen ausdrücklich vorbehält, es solle dieses Gesetz nach etwa 5 Jahren revidirt werden und bei dieser Revision sollten, je nach den Erfahrungen, die sich gezeigt haben, die Gebühren herab— gemindert oder erhöht werden können. Wird mir nun der Einwand gemacht, daß danach das Gesetz selbst sich als ein bloßes Provisorium einführe gewissermaßen als ein gesetzgeberisches Experiment ankündige, und will man dies dem Gesetzentwurf zum Vorwurf machen, so bin ich nicht in der Lage, diesen Verwurf ablehnen zu können. Aber ich weiß auch nicht, wie man anders bei diesem Gesetze als experimentirend verfahren soll, zu einer Zeit, wo wir die Prozeß⸗ gesetze heute noch nicht aus praktischer Erfahrung kennen. Einen leitenden Gedanken mußte freilich dieser Umstand bei den verbündeten Regierungen hervorrufen, nämlich den: vor Allem darauf zu sehen, daß die einzelnen Gebührensätze nicht so niedrig gegriffen wurden, daß daraus die Gefahr eines großen Ausfalles in den Finanzerträgen entstände, und diese Rücksicht hat zur Folge gehabt, daß allerdings wohl die Gebühren hie und da hoch gegriffen sein mögen, obgleich, wie ich hinzufügen darf, solche Personen, welche den 66 genau und besser kennen wie ich, behaupten, trotz dieser hohen Ge⸗ bührensätze würde sich wahrscheinlich dennoch in einzelnen Staaten, namentlich in Preußen und Bayern, ein Ausfall an Gebühren ergeben, namentlich weil das bei den neuen Gesetzen eingeführte Mahnrerfahren, wenn es sich bewährt und darum häufig gebraucht werden sollte, einen großen Ausfall an Gebühren herbeiführen dürfte. Das gilt allerdings nicht von allen Staaten, ja ich muß erklären, daß einzelnen Staaten eine große Erschwerung durch diese Gebührenordnung auferlegt wird, namentlich denjenigen Staaten, die sich zur Zeit einer sehr billigen Handhabung der Justiz zu erfreuen haben, oder soll ich sagen, eine solche besitzen; denn an sich ist es mir noch sehr zweifelhaft, ob eine billige Justiz ein wün— schenswerthes Gut ist, und ob sie nicht vielfach die Gefahr der Pro—⸗ zeßsucht in jenen Staaten nährt. Beispielsweise hat Württemberg eine ganz außerordentlich billigze Justiz, ja die Strafjustiz wird dort ganz umsonst gehandhabt, und es ist darum allerdings eine starke Anmuthung, die man an diesen Saat macht, daß er seinen jetzigen Gebührenzustand eintauschen soll gegen den, welchen wir ihm mit den neuen Gesetzen geben wollen. Aber, meine Herren, diese Eingriffe sind, nachdem man einmal in den beschlossenen Prozeß—⸗ gesetzen gesagt hat, die Gebührenordnung ist ein Theil der neuen Gerichtsrerfassung und ohne eine Gebührenordnung kommt keine Gerichts verfassung zu Stande; wie schwer der einzelne Staat sie auch tragen mag, nicht zu vermeiden.
Ueberdies wird ja, ergiebt es sich, daß Sätze in unserer Ge⸗ bührenordnung zu hoch gegriffen sind, es sehr leicht möglich werden, in einigen Jahren, nachdem die Erfahrungen uns zur Seite stehen, diese zu hoch gegriffenen Gebührensaͤtze zu erniedrigen; dazu wird auch in jedem Reichstage sehr gern die Hand geboten werden. Ganz außerordentlich schwer, ja unmöglich würde es aber sein, wenn wir zu niedrig gegriffen haben und die Bevölkerung in den einzelnen Ländern sich an diese niedrigen Sätze gewöhnt hat, dann zu einer Erhöhung zu schreiten. Darum bitte ich im Voraus, sich bei Be⸗ rathung der einzelnen Sätze ja nicht vor der Vergleichung in den« jenigen Ländern, welche jetzt diese niedrigen Gebühren haben, all zu sehr bestimmen zu lassen und die angenommenen höheren Sätze herabzusetzen. Denn darüber, meine Herren, waren bei allen verbün⸗ deten Regierungen die Finanzverwaltungen einig, daß sie keinen we⸗ sentlichen Ausfall an den Intraden, die aus der Rechtspflege kom⸗ men, ertragen könnten. Daß es trotz alledem schwierig sein wird, zu diesem Gesetze die Zustimmung zu bekommen, darüber bin ich nicht zweifelhaft: denn ich weiß, welche große Selbstverleugnung die verbündeten Regierungen haben aufwenden müssen, um bei Auf⸗ stellung dieses Entwurses denselben so weit zu bringen und zu reifen, daß er Ihnen heute hat vorgelegt werden können. Sie werden des⸗ ö. einer gewiß nicht geringeren Selbstverleugnung bei Ihren
erathungen bedarfen, und doch dürfen wir hoffen, daß es dem ge—⸗ genseitigen Entgegenkommen in dieser Selbstveranlagung gelingen wird, weil es eben gelingen muß, schließlich hier zu einem Ein⸗ vernehmen und einem gedeihlichen Ausgange zu kommen.
Der Abg. Dr. Bähr (Cassel) bemerkte, es sei ein empfind⸗ licher Mangel der Vorlagen, daß ihnen nicht ein Gesetzent—⸗
wurf über die Anwaltskosten beigefügt worden sei. Es käme darauf an zu wissen, wie hoch sich die Prozeßkosten im Ganzen beliefen. Bei der Berathung der Vorlagen sei es erforderlich, daß die Prinzipien, nach welchen die Anwaltsgebühren be⸗ handelt werden sollen, soweit als thunlich der Kommission mitgetheilt würden. Erst auf dieser Grundlage könne man beurtheilen, wie die Vorlagen auf das ganze Prozepßverfahren wirken würden.
Die drei Vorlagen wurden an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen. (Schluß 45 Uhr.)
— Das Herrenhaus nahm in seiner gestrigen (18.) Sitz ung, welcher mehrere Regierungskommissarien beiwohn⸗ ten, und welche von dem Präsidenten Herzog von Ratibor um 2 Uhr 20 Minuten eröffnet wurde, zunächst geschäftliche Mit⸗ theilungen entgegen. Fürst Hermann von Hatzfeld⸗Trachenberg war in das Haus neu eingetreten und wurde vom Präsidenten Namens des Hauses begrüßt. Seit der letzten Sitzung hat das Haus mehrere Verluste erlitten. Der Ober⸗Bürgermeister Geheime Regierungs⸗Rath Beyer (Potsdam), Ober⸗Bürgermeister Prüfer (Dortmund) und Major von Bredow Briesen sind ver⸗ storben. Das Haus erhob sich, das Andenken der Verstorbenen ehrend. — Zur Feier der Vermählung Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen Charlotte und nie bet hatte das Präsidium des Hauses an Se. Majestät den Kaiser und Se. Kaiserliche und Königlichen Hoheiten den Kronprinzen und Prinzen Friedrich Carl die Glückwünsche des Hauses schrift⸗ lich dargebracht. Se. Majestät der Kaiser und König hatten bei Gelegenheit eines Gala⸗Balles . genom⸗ men, dem Präsidium für dieses Glückwunschschreiben Dank zu sagen und den Präsidenten beauftragt, diesen Dank dem Hause mündlich zu übermitteln. Von Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen, wie auch von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl waren Dankschreiben eingegangen, welche durch Verlesung zur Kenntniß des Hauses gebracht wurden.
Demnächst trat das Haus in die einmalige Schluß⸗ berathung über den Bericht, betreffend die Verwaltun des Hinterlegungsfonds für das Jahr 1877. . Antrag des Referenten Herrn von Tettau wurde dieser Bericht für erledigt erklärt.
Hierauf erfolgte die einmalige Schlußberathung über den neunundzwanzigsten Bericht der Staatsschulden⸗Kom⸗ mission, betreffend die Verwaltung des Staats— schuldenwesens im Jahre 1876. Auf Antrag des Re⸗ ferenten, Grafen von der Schulenburg⸗Angern, beschloß das Haus ohne Debatte, die Berichterstattung der Staatsschulden⸗ Kommission über die Verwaltung des Staatsschuldenwesens im Jahre 1876 durch den Bericht vom 7. Januar 1878 auch seinerseits als erledigt zu erklären.
Nächster Gegenstand der Tagesordnung war der münd⸗ liche Bericht der Petitionskommission über Petitionen.
Herr von Schöning berichtete über die Petitionen des Landesdirektors der Provinz Preußen, resp. des Provinzial⸗ r nf, der Provinz Brandenburg und des Verwaltungs— Ausschusses des kommunalständischen Verbandes des Regie⸗ rungsbezirks Cassel, wegen Erwirkung eines Gesetzes zur Ausführung des §. 36 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874, betreffend die Reisekosten und Diäten für die Hivilmitglieder der Ober⸗Ersatzkommissionen. Der Referent stellte Namens der Kommission den Antrag, diese Petitionen der Königlichen Staatsregierung mit dem Ersuchen zu über⸗ weisen, die Tagegelder und Reisekosten der bürgerlichen Mit⸗ glieder der Qber⸗Ersatzkommissionen auf die Staatskasse zu Übernehmen. Der Regierungskommissar, Geheimer Regierungs—⸗ Rath Haase, erklärte sich gegen diesen Antrag, ebenso auch Herr Hasselbach, während die Herren Graf Arnim⸗Boitzenburg und von Knebel⸗Döberitz denselben befürworteten. Bei der Ab⸗ stimmung wurde der Kommissionsantrag mit großer Majo⸗ rität angenommen.
Graf Brühl berichtete Namens derselben Kommission über die Petition von Besitzern von Wiesen⸗ und Ackergrundstücken in der Dornburger Elbniederung, welche sich über die Ver⸗ kümmerung der Vorfluth beschweren, und beantragte, über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen. Ohne Debatte schloß sich das Haus diesem Antrage an.
Demnächst wurde eine Anzahl von Petitionen als zur Erörterung im Plenum nicht geeignet erachtet.
Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Wahl von zwei Mitgliedern für die Staatsschuldenkommission. Auf Antrag des Herrn Hasselbach wurden die bisherigen Mit⸗ glieder, die Herren Graf zur Lippe und Dr. Fleck, wieder⸗ gewählt. Dieselben erklärten sich zur Uebernahme dieses Amtes bereit. Um 31 Uhr wurde die Sitzung geschlossen.
— In der heutigen (19.) Sitzung des Herren⸗ hauses, welcher der Vize⸗Präsident des Königlichen Staats— Ministeriums, Finanz-⸗Minister Camphausen, der Justiz⸗-Minister Dr. Leonhardt und mehrere Regierungs⸗Kommissarien bei⸗ wohnten, und welche der Präsident Herzog von Ratibor um 113 Uhr eröffnete, ertheilte das Haus dem Präsidium zu⸗ nächst die Ermächtigung, Sr. Majestäät dem hꝛaise⸗ zu Allerhöchstdessen bevorstehendem Geburtsfeste die Glück⸗ wünsche des Hauses darzubringen. Von Seiten der König— lichen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität sind für die auf den 22. d. M. anberaumte Festfeier Einladungskarten ergangen. Dann trat das Haus in die Tagesordnung, .
Der erste Gegenstand derselben war der mündliche Bericht der Kommission für kommunale Angelegenheiten über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Kreisverfassung im Kreise Her⸗ zogthum Lauenburg. Der Referent der Kommission, Herr von Winterfeld, empfahl die unveränderte Annahme des Gesetzes nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses. Nachdem auch die Herren von Simpson⸗Georgenburg und von Thaden den . ger Kommission unterstützt hatten, beschloß das Haus
emgemäß.
Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der Be⸗ richt der Justiz⸗Kommission über den Entwurf eines Ausfüh⸗ rungsgesetzes zum deutschen Gerichtsverfassungs⸗ 9 etz. Zur Generaldiskussion nahm zunächst der Referent
raf zur Lippe das Wort, um die Beschlüsse der Kommission, welche einstimmig gefaßt worden sind und im einigen Para⸗ glahhen entgegen den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses die
e ,, re wieder hergestellt haben, zur Annahme zu empfehlen. .
Nachdem der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt der Kommission seinen Dank für den Eifer, mit dem sie das Gesetz durchberathen, ausgesprochen und die gefaßten Beschlüsse derselben dem Hause zur Annahme warm empfohlen hatte, wurde die Generaldis⸗ kussion geschlossen, und das Haus trat in die Spezialdis⸗ kussion ein.
Den §. 1 empfahl die Kommission unverändert in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung anzunehmen. Dr. Dernburg nahm hierbei Veranlassung, . die Vorschriften des Gesetzes vom 6. Mai 1869 über die Ausbildung der jungen Juristen und dessen Mängel, die er namentlich in den Bestim⸗ mungen finde, welche eine dreijährige Universitäts⸗ Studienzeit und vierjährige Thätigkeit als Referendar vor⸗ schreiben, hinzuweisen und sich für ein umgekehrtes Verhältniß auszusprechen. An der Diskussion betheiligten sich die Herren Dr. Beseler, welcher dem Dr. Dernburg beipflichtete, und von Winterfeld und von Wever, welche für die Bestimmungen der Vorlage eintraten. Auch der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt sprach sich wiederholt für Aufrechthaltung der Bestimmungen des Gesetzes vom 6. Mai 1869 aus. Das Haus genehmigte bei Schluß des Blattes den 5. 1 des Gesetzes nach dem un⸗ veränderten Beschluß des Abgeordnetenhauses.
— In der heutigen (65) Sitzung des Hauses er Abgeordneten, der als Regierungs⸗Kommissarien der Geh. Ober⸗Finanz⸗Rath Loewe und der Geh. Justiz-Rath Oehl⸗ schläger beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß das Prä—⸗ sidium Se. Majestät den Kaiser, sowie Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen und Se. Königliche Hoheit den Prinzen Friedrich Carl aus Anlaß der Ver⸗ mählungen der Prinzessinnen Charlotte und Elisabeth be⸗
lückwünscht hätten und daß diese Beglückwünschungen
a mn entgegen genommen worden seien. Weiter theilte der Präsident mit, daß der Gesetzentwurf, betreffend die Fertigstellung der Berliner Stadtersenbahn, ein⸗ gegangen sei.
Das Haus wandte sich zuerst der zweiten Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend den Forstdiebstahl zu. Zu §. 1, welcher lautet: .
„‚Forstdiebstahl im Sinne dieses Gesetzes ist der in einem Forst oder auf einem anderen hauptsächlich zur Holznutzung be⸗ stimmten Grundstücke verübte Diebstahl: 1) an Holz, welches noch nicht vom Stamme oder vom Boden getrennt ist; 2) an Holz, welches durch Zufall abgebrochen oder umgeworfen, und mit dessen Zurichtung noch nicht der Anfang gemacht worden ist; I) an Spänen, Abraum oder Borke, sofern dieselben noch nicht in einer umschlossenen Holzablage sich befinden, oder noch nicht geworben oder eingesammelt sind; 4) an anderen Wald— erzeugnissen, insbsondere Holzpflänzlingen, Gras, Kräutern, Beeren und Pilzen, Haide, Plaggen, Moos, Laub, Streuwerk, Nadel holz⸗ zapfen, Waldsämereien und Harz, sofern dieselben noch nicht ge⸗ worben oder eingesammelt sind.“
lagen folgende Anträge vor: von dem Abg. Freiherrn von Fürth:
„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
In §. 1 Nr. 4 Alineg 1 das Wort „Gras“ zu streichen, dagegen in Alinea 2 des 5. 1 Nr. 4 nach dem Worte „Pilzen“ einzuschalten die Worte: sowie das unbefugte Grasschneiden;“
von dem Abg. Rauthe:
»Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Den letzten Absatz des 5. 1 zu streichen und Nr. 4 dieses Paragraphen an Stelle des Kommissionsbeschlusses dahin zu fassen: „4 an anderen Walderzeugnissen, sofern dieselben noch nicht geworben oder einge⸗ sammelt sind“;“
von dem Abg. Reichensperger:
„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen dem 5. 1 am Schlusse beizufügen: in welchen jedoch eine höhere Strafe, als die im §. 2 dieses Gesetzes bestimmte, nicht angedroht werden darf;“
von dem Abg. Schröter (Barnim):
„»Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: J. den 5§. 1 folgendermaßen zu fassen: Forstdiebstahl im Sinne dieses Ge⸗ setzes ist der in einem Forst oder auf einem andern hauptsächlich zur Holznutzung bestimmten Grundstück verübte Diebstahl: I) an Holz, welches noch nicht vom Stamme oder vom Boden getrennt ist; 2) an Holz, welches durch Zufall abgebrochen, oder umaneworfen und mit dessen Zurichtung noch nicht der Anfang ge⸗ macht worden ist; 3) an Spaͤnen, Abraum oder Borke, sofern dle⸗ selben noch nicht in einer umschlossenen Holzablage sich b⸗ finden, oder noch nicht geworben oder eingesammelt sind; 4) an Holzpflänzlingen, Laub, Streuwerk, Nadel⸗ holjzapfen, Waldsämereien, Saft und Harz, sofern dieselben noch nicht geworben oder eingesammelt sind; 5) an anderen noch nicht geworbenen oder eingesammelten Walderzeugnissen, soweit dieselben, abgesehen von der auf die Werbung oder Einsammlung verwen⸗ deten Arbeit, einen allgemeinen Werth haben.“
In der Diskussion ergriffen die Abgg. Seydel, Beleites, Rauthe, Bähr (Cassel) Schröter (Barnim) und Löwenstein das Wort. Bis zum Schlusse des Blattes war die Debatte über §. 1 noch nicht beendet.
— Der soeben im Verlage von G. Reimer in Berlin er⸗ schienene Jahrgang 1880 des „Nautischen Jahrbuches“, welcher vom Reichskanzler⸗Amt unter Redaktion des Pro⸗ fessors Dr. Tietjen herausgegeben wordenist, bildet eine seinem we⸗ sentlichen Inhalte nach unveränderte Fortsetzung der früheren, auf Veranlassung des Königlich preußischen Ministeriums für . Gewerbe und öffentliche Arbeiten von dem ver—⸗
orbenen Professor Dr. C. Bremiker herausgegebenen Jahr⸗ gänge des Werkes.
Nur die den Ephemeriden folgende Tafel⸗Sammlung ist in 3 Punkten geändert und durch neue Zusätze vermehrt worden.
Die vorgenommenen Aenderungen betreffen:
1) Tafel VIII. Korrektion für Temperatur, welche sich jetzt auf die Thermometerskale nach Celsius .
Y) Tafel 18. Korrektion für Barometerstand, welche für die Eintheilung der Barometerskale in Millimeter berechnet worden ist.
3) Tafel XXIII. Länge und Breite verschiedener Stern⸗ warten, bei deren Zusammenstellung die in der Nähe der 6 gelegenen Warten besondere Berücksichtigung gefunden
aben.
Die neu hinzugekommenen Tafeln sind:
I) Tafel X. Verwandlung der Thermometer⸗ und Barometerskalen.
2) Tafel XXIV. Lage und Einrichtung der Zeitball⸗ ,. zu Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg, Kiel und eufahrwasser.
3) Tafel XXV. Mittlere Ortszeit des Hoch- und Niedrig⸗ wassers in Cuxhaven sür 1880.
4 Tafel XXVI. Unterschied zwischen den Ortszeiten des Hochwassers an verschiedenen Punkten der deutschen Nordsee⸗ küste und der Hochwasserzeit in Euxhaven, nebst Angabe ber mittleren Fluthhöhe.
5) Tafel XVIII. Unterschied zwischen den Ortszeiten des e, fen, an verschiedenen Punkten der niederländischen, 34 chen, französischen und britischen Küste und der Hoch wasserzeit an der London⸗Brücke.
Der Jahrgang 1881 des Werkes wird voraussichtlich noch im Laufe dieses Jahres erscheinen.
— Se,. Durchlaucht der Prinz Friedrich Wil— helm zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, General Lieutenant à la suite der Armee und General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, ist zu den Sitzungen des Herrenhauses hier eingetroffen.
Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte. Bürgermeister der 6 Hansestadt Bremen, Gil demeister ist hier einge⸗ roffen.
— Der General-Lieutenant Baron von der Goltz, Commandeur der 13. Division, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen von Münster hier angekommen.
— Briefsendungen ꝛ. für S. M. S. „Au gu st a“ sind bis auf Weiteres nach Hongkong zu dirigiren.
Bayern. München, 12. März. Für die Landkreise des Wahlbezirks Schweinfurt, deren Wahl von der Kammer kassirt wurde, sind die Urwahlen auf den 4 April l. J. aus⸗ geschrieben worden. — Der Minister von Pfeuffer kehrt n. von seinem 14tägigen Urlaube aus Süd⸗Tyrol hierher zurück.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 12. März. (pz. Ztg.) Der Landtag bewilligte heute der Großherzog⸗ lichen Staatsregierung die Mittel zur Unterstützung der durch die Typhusepidemie im Winter 1855/76 in weiteren Kreifen bekannt gewordenen Gemeinde Frankenheim auf der hohen Rhön bei der Anlegung eines Schutz waldes, mit welchem dieselbe den Ort und die nächstgelegenen Flurtheile zu um⸗ geben beabsichtigt, um ihre durch die allmähliche Entwaldung der dortigen Hochflächen herabgekommenen wirthschaftlichen Verhältnisse nachhaltig wieder aufzubessern. Ein anderer An— trag der Regierung, mit welchem dieselbe postulirt hatte, ihr die Summe von 1. Million Mark zur Verfügung zu stellen, um damit das Projekt einer schmalspurigen Sekundär bahn von Salzungen nach Vacha im Werrathal mit einer Abzweigung in das Fuldathal bis Kalten— nordheim zur Ausführung zu bringen und zu diesem Zweck mit der Fabrikfirma Krauß und Comp. in München wegen der General⸗Entreprise und Betriebsübernahme und mit den be— troffenen Gemeinden wegen der Uebernahme gewisser Ver— pflichtungen abschließen zu können, fand zwar im Allgemeinen ebenfalls keine ungünstige Aufnahme im Landtage; Letzterer mochte sich jedoch, der aussührlichsten Darlegungen und Empfeh— lungen von Seiten der Regierungs- Kommissare ungeachtet, nicht entschließen, dem Antrage sofort zu entsprechen, sondern beschloß nach längerer Debatte, dem Antrage seines Ausschusses gemäß, die Regierung zu ersuchen, ihm erst noch die Verträge mit dem Bau⸗ und Betriebsunternehmer und mit den be— theiligten Gemeinden in definitiver Fassung vorzulegen und eine nochmalige Prüfung des für die Schienenlegung in Aus— sicht genommenen Hartwigschen Systems, sowie eine Berech⸗ nung des Bauaufwands für Oberbau auf Schwellenunterlage zu veranlassen.
Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 13. März. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause erklärte in Beantwortung einer Interpellation wegen der Grenzsperre der Minister— Präsident Fürst Auersperg, es seien bereits durch den Minister der Auswärtigen Angelegenheiten bei der deutschen Regierung und dem schweizerischen Bundesrathe Schritte gethan, um eine Aufhebung der Grenzsperre zu erzielen und den freien Transport von Vieh zu ermöglichen. — Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die Generaldebatte über das Budget beendet und mit sehr großer Majorität be— schlossen, in die Spezialdebatte desselben einzugehen. Die ersten vier Kapitel des Budgets wurden genehmigt. Das Haus wählte schließlich einen Ausschuß von 18 Mitgliedern zur Berathung darüber, auf welche Weise Erspürungen im Staatshaushalte zu erzielen seien. — Die „Wiener Kbend⸗ po st“ veröffentlicht ein Handschreiben des Kaisers, d. d. 13. d, an den Fürsten Auersperg, in welchem der Kaiser der ihm gewordenen tröstenden Kundgebungen der innigsten Theilnahme und aufrichtigsten Betrübniß über das Hinscheiden seines Vaters mit besonderer Rührung ge— denkt und der gesammten Bevölkerung der Monarchie für die aufs Neue bewiesene Treue und Anhänglichkeit an das Kaiser⸗ haus seinen herzlichsten Dank ausspricht.
Schweiz. Bern, 12. März. (N. Zürch. i Der Bundesrath hat heute beschlossen, den eidgenössischen Räthen den Entwurf eines neuen Gesetzes, betreffend den Mi⸗ litärpflichtersatz, vorzulegen, und das Militärdeparte⸗ ment mit der Ausarbeitung desselben beauftragt.
Niederlande. Amsterdam, 19. März. (Leipz. Ztg.) Von dem Minister für Handel, Schiffahrt und Industrie ist an die Generalstaaten ein Gesetzentwurf, , . die „Anlegung und Verbesserung einiger asser⸗ strecken zur Förderung der . Schiff⸗ fahrt,“ gang. Nach diesem Entwurfe soll ein Kredit von 30 Millionen Gulden bewilligt werden, welche während sechs Jahren, und zwar in jedem Jahre 5 Millionen, auf Unter⸗ nehmungen zu diesem Zwecke verwendet werden sollen. Es wird beantragt, einen Kanal von Amsterdam durch das Geldersche Thal nach der Ober⸗Waal (zur Herstellung einer im Interesse des Handels von Amsterdam längst gewünschten, rasche⸗ ren Kommunikation nach Cöln hin) anzulegen, die Wasser⸗ straße von Meppel bis in die Zuidersee, die Wasserstraße zwischen Amsterdam und Rotterdam an Alphen vorüber zu ver⸗ bessern und gleiche nothwendige Unternehmungen in den Pro⸗ vinzen Drente, Overyssel, Groningen, Friedland 2c. auszu⸗ führen. In den Handelskreisen ist diese Vorlage mit der größten Befriedigung aufgenommen worden. Die Pläne für die Trockenlegung des südlichen Theiles der Zuidersee treten damit freilich in den Hintergrund. Wie aus dem Haag mitgetheilt wird, hat das Ministerium Kappeyne den von ihm bei seinem Amtsantritte zurückgezogenen bezüglichen Entwurf, welchen das Ministerium Heemskerk bei den General⸗ staaten eingereicht hatte, einstweilen bei Seite ge⸗ legt. — Die mit der neuesten niederländisch⸗ostindischen Post eingetroffen Bataviaschen Journale vom 1. Februar theilen mit, daß nach telegraphischen Meldungen des Gouverneurs aus Kotta Radja die feindlichen Atchinesen zwar nicht so unruhig mehr sind und keine größeren Angriffe mehr wagen, daß sie aber doch 3 hier und da auf die Beglei⸗ tungsmannschaften von Transporten zu schießen.
Großbritannien und Irland. London, 12. März. (E. C.) Am 1. künftigen Monats geht die Verwaltung
sämmtlicher Gefängnisse Schottlands, nach den Bestim⸗ mungen einer im vorigen Jahre erlassenen Parlamentsakte, aus den Händen der Lo 8 — in diejenigen der Regierung über, und von demselben Zeitpunkte ab werden die damit verbundenen Kosten, die bisher durch lokale Ab⸗ gaben gedeckt wurden, dem Schatzamte zur Last fallen. — Um die Anzahl verfügbarer Schiffe im Mittelmeere vergrößern, ist der Befehl nach Malta ergangen, dort heimkehrenden Kriegsfahrzeuge anzuhalten. Das erste, welches von dieser Maßregel betroffen wurde, war der „Flying Fish“ der sich auf der Fahrt von Ostindien nach Spithead befand, wo die Mannschaft ausgelöhnt werden sollte. — Zwischen der englischen Regierung und der Eastern Telegraph Com⸗ pan wurde ein Vertrag geschlossen, demzusoige letz⸗ tere sofort mit der Legung eines Telegraphenkabels zwischen Tenedos und Siros vorgehen wird. — Gladstone erhielt schon im Laufe des gestrigen Tages unter der Hand eine Anfrage aus Leeds, ob er diese Stadt im Parlamente vertreten wolle, falls er von den dortigen Liberalen einstimmig dazu eingeladen würde. Er antwortete darauf, daß er jedwede Entschließung bezüglich eines neuen Wahlbezirks noch einige Zeit hinauszuschieben gedenke. Wie verlautet, wird auch Manchester sich um seine Kandidatur bewerben. Wie „Daily News“ erfährt, wurde die Erklärung Gladstone's, daß er nicht wieder für Greenwich kandidiren wolle, dadurch her⸗ vorgerufen, daß der liberale Verein von Greenwich sich an⸗ schickte, zwei Kandidaten für die nächste Wahl aufzustellen, während Gladstone schon seit einiger Zeit vorhatte, die Ver⸗ tretung von Greenwich aufzugeben.
Frankreich. Paris, 12. März. (C. Ztg.) Der Be⸗ richt des Kriegs-Ministers, welcher dem Heeg r re. über die Einberufung eines Theiles der Territorial— Arm ee vorangeschickt ist, lautet: „Das Gesetz vom 24. Juli 1875, betreffend die Organisation der Armee, giebt dem Kriegs⸗ Minister (Artikel 39) das Recht, in den Schranken, welche ihre Einübung erheischt, die Leute zusammenzuberufen, aus denen die Territorial⸗Armee besteht; der Mangel an Hülfs⸗ quellen gestattete aber bis heute nicht, diesem Theile unserer militärischen Streitkräfte die normale Entwickelung zu gehen, welche er erhalten muß. Es erscheint möglich, 1. dafür zu sorgen. Die Verlängerung des gegenwärtigen Zu⸗ standes würde übrigens die Stärke unserer neuen Militär⸗ verfassung gefährden. Wir verlangen deshalb von Inn einen Kredit, welcher uns gestattet, dieses Jahr einen Bruch—⸗ theil der Territorialarmee einzuberufen und zu gleicher Zeit der 9 der einberufenen Offiziere Uniformen zu liefern. Die für nöthig erachtete Summe beträgt 5 457 000 Fr. Sie ist etwas höher, als die, welche wir in das Budget von 1879 ein⸗ schreiben werden, da eine erste Einberufung mehr Unkosten ver⸗ ursacht. Um jedoch die Ausgabe in der möglichst engen Grenze zu halten, haben wir die Absicht, die Einberufung zu drei verschiedenen Perioden vorzunehmen, so daß die Zahl der aus den Magazinen zu entnehmenden Kleidungsstücke relativ gering ist. Außerdem werden alle mit dem Wohlergehen der Leute verträglichen Ersparnisse gemacht werden. Endlich wird die Einberufung fast ausschließlich schon eingeübte Leute der beiden Altersklassen von 1866 und 1867 (im Ganzen ungefähr 131 000 Mann) betreffen. Wir haben die feste Ueberzeugung, daß die Schätzungen nicht überschritten werden.“ — Die zwei Bataillone, welche seit vierzehn Tagen Mon teegu⸗les-Mines besetzt hielten, haben Befehl erhalten, nach Dijon zurückzukehren, woraus man schließen darf, daß der letzte Widerstand der Strikenden gebrochen ist.
Türkei. Konstantin opel, 13. März. (W. T. B) Der Admiral Hobart Pascha, der heute Abend an Bord des „Izzedin“ abgeht, um an der Küste Griechenlands zu kreuzen, wird bis Gallipoli von zwei englischen Militär⸗Attachés be⸗ gleitet sein. — Der Herzog von Edinburgh wird heute das im Golfe von Ismid befindliche Geschwader verlassen und sich nach Malta begeben.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. März. (W. T. B) Der General Fürst Dondukoff⸗Korsakoff ist gestern von Odessa nach dem Hauptguartier abgereist. — Der Vertreter Rußlands beim Vatikan, Fürst Urussoff, geht demnächst nach Rom. — Am , hat die Eröffnung der Eisenbahnlinie Perm⸗Ekaterinoslaw stati⸗ ö zum ersten Male hat ein Eisenbahnzug den Ural passirt.
Dänemark. Kopenhagen, 11. März. (H. C.) Am Sonnabend hat die Meinungsverschiedenheit, deren Existenz in der Partei der vereinigten Linken seit dem 8. No⸗ vember v. J wiederholt zu Tage getreten ist, zur Auflö⸗ sung der Partei geführt, indem der Führer der Radikalen, Berg, mit 20 anderen Mitgliedern des Folkethings seinen Austritt aus der Partei angemeldet hat. Die moderaten Mit⸗ glieder der Linken des Folkethings zählen mindestens 40 Mit⸗ glieder, die Rechte und die Mittelpartei (Nationalliberalen) etwa 30, so daß also die Annahme des Budgets pro 1878/75 in der Fassung, wegen der die drei letztgenannten Fraktionen sich verständigt und die in ihren wesentlichsten Punkten bereits mitgetheilt worden, gesichert ist. Die dritte Lesung des Budgets nahm heute im Folkething ö Anfang. Die Verhandlungen, welche von dem Wortführer der Majorität des Budgetausschusses, Grafen Holstein⸗Ledreborg, eröffnet wurden, trugen bis zum Abgange der Post einen rein geschäft⸗ lichen Charakter. Von den Radikalen hatte sich noch keiner vernehmen lassen.
Afrika. Egypten. (W. T. B.) Einem von mehre⸗ ren Pariser Zeitungen veröffentlichten Telegramme aus Alexandrien zufolge sollen Goeschen und Joubert die Theilnahme an der von dem Khedive vorgeschlagenen Enquete über die Hülfsquellen Egyptens abgelehnt haben. Das Comité der englischen Gläubiger hatte die Erklärung abgegeben, es würde keine Ahänderung der Verpflichtungen des Khedive zulassen und im Falle, daß die gegenwärtigen Einnahmen nicht hinreichen sollten es als die Aufgabe der Enquete⸗Kom⸗ mission ansehen, die Zinsen der Schuld nicht zu reduziren. Dagegen würde es die Aufgabe der auer uffn sein, die Steuern umzu formen, um die unverkürzte Zahlung der 5 zu sichern, namentlich, indem sie eine gleiche Be teuerung für sämmtliche Ländergebiete Egyptens herstelle auch für die Ländereien des Khedilve, die den vierten Theil Egyptens ausmachten und von denen bisher keine Steuern erhoben worden wären. Der englische und der fran⸗ zösische Konsul in Egypten hätten in, Schritte . um den Khedive zur Erfüllung seiner finanziellen Verpflich= tungen anzuhalten.
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