— Der n, =, sowie der Ausschuß desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
— Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen ( 2.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten trat das Haus in die erste Berathung des Nachtragsetats, der die durch die Ressortveränderungen im Staats⸗Ministerium bedingten 1 zu regeln bestimmt ist.
Gegen die Vorlage trat zunächst der Abg. Dr. Miquel ein. Durch die Geschäftslage des Hauses sei es veranlaßt worden, daß selbst Freunde des materiellen Inhalts der Vor⸗ lage dem Gesetzentwurf nicht sehr sympathisch gegenüberstän⸗ den. Diese Verstimmung werde gleichwohl der vollkommenen objektiven Prüfung keinen Eintrag thun. Denjenigen Theil des Entwurfs, der die Ernennung eines Vize⸗Minister⸗Präsi⸗ denten fordere, erkenne er als dringlich an, und er werde dem⸗ elben zustimmen. Anders aber liege es mit den übrigen
orderungen. Schon formell halte er es für unzulässig, die
ildung eines besonderen Eisenbahn⸗Ministeriums einfach auf dem Wege des Etats herbeizuführen. Dem Handels⸗Minister sei in Eisenbahnsachen eine Menge von Befugnissen ein⸗ geräumt, die man einem Minister, der neben dem Eisenbahn⸗ 2 2 leichzeitig Sandel, Gewerbe und Verkehrswesen auf den Wasserstraßen in seinen Händen habe, schwerlich ein⸗ räumen würde. Die schwierigsteiz Kompetenzfragen würden deshalb gelöst werden müssen, ünd dazu bedürfe es einer eingehenden Vorbereitung, zu der in diesem Augenblick keine Zeit vorhanden sei. An sich stehe er dem Gedanken der Bildung eines eigenen Eisenbahn⸗Ministeriums durch⸗ aus nicht unsympathisch gegenüber, es frage sich aber, ob man denn nicht gut thue, das gesammte Bauwesen, insbesondere auch die Kanale, in der 6 eines einheitlichen Ministeriums zu vereinigen. Geschehe dies aber, so erscheine es zweifelhaft, ob man das Handels⸗-Ministerium überhaupt noch aufrecht er⸗ halten und nicht lieber Handel, Gewerbe und Industrie mit dem Ressort der Landwirthschaft vereinigen solle. Die Absicht, durch die Bildung eines besonderen Eisen bahn-Ministers dem Staat einen größeren Einfluß auf das gesammte Eisenbahn⸗ wesen zu gewinnen, billige er, aber auch diese Frage stehe in so engem Zusammenhang mit der Frage des Reichseisenbahn⸗ rojekts u. A., daß auch in dieser Rücksicht die sorgfältigste Prü⸗ . geboten erscheine. Was die Uebertragung der Domänen und
orsten an den landwirthschaftlichen Minister betreffe, so sei eine 1 große Partei im Hause und er selbst einer solchen Verbindung sehr geneigt, dennoch glaube er, bei der gegen⸗ wärtigen Sachlage auch diesem Schritt nicht zustimmen zu können. In einem Augenblick, wo kein Finanz⸗Minister vor⸗ handen sei, der sich über diese wichtige Frage seines Ressorts äußern könne, sei es unmöglich, eine Entfcheibung herbeizu⸗ führen. In der Sache werde nichts verloren, wenn man bis . nächsten Session mit diesem Schritt warte, und deshalb 6 er, auch in dieser Beziehung die Vorlage zur Zeit abzu⸗ ehnen.
. ergriff der Präsident des Staats-Ministeriums Fürst von Bismarck das Wort:
Der . Vorredner hat im Ganzen unsere Vorlage mit be—⸗ redteren Worten vertreten, als ich es im Stande sein würde, wenn ich vollständig gesund wäre, und nicht in der Lage, wegen Unwohl⸗ seins die Nachsicht des Hauses in Anspruch nehmen zu müssen Es hat mir einen eigenthümlichen Eindruck gemacht, in allen einzelnen Positionen mit der ihm eigenen klaren Beredsamkeit die Vorlage vertheidigen zu hören, und zu sehen, daß er doch zu dem Konklusum kam, er müsse gegen dieselbe stimmen mit Ausnahme eines von den drei rn en die sie in der Hauptsache betrifft. Das Hauptmotiv für ihn ist, daß die Vorlage intempestiv ist, nicht dringlich, nicht hinreichend vorbereitet sei. In letzterer Beziehung , ich aber sagen, gehen die Ansprüche, die er für die gründliche Vorbereitung stellt, so weit, daß ich glaube, daß, wenn wir sie alle erfüllen sollten, ehe wir solche Reform in der Ministerialverfassung einbringen, kaum die Jüngsten von uns sie erleben würden, — ich wenigstens habe keine Aussicht darauf. .
Was nun die Ungelegenheit der Zeit betrifft, so muß ich in der Beziehung auch mit Rücksicht auf eine Aeußerung, die der Hr. Abg. Richter in der . Sitzung gemacht hat, um der Regierung die Schuld für diese Angelegenheit zuzuschieben, doch historisch er⸗ wähnen, wie diese . in der wir uns gegenwärtig be⸗ finden, zu Stande gekommen ist. Als ich nach Berlin kam, war die Sachlage die, daß der Landtag feine Sitzungen vertagt hatte aus der im ganzen Reich in der Regel geübten Rücksicht, dem Reichstag das Feld frei zu lassen. Ich nahm an, und mit mir meine sämmtlichen Kollegen im preußischen Ministerium, daß diese Haltung des Land⸗ tags so lange dauern werde, bis das Hinderniß seiner . nämlich die . aufhörten. Ich war der Ansicht, daß der Landtag überhaupt nicht vor Schluß des Reichstags seine Thätigkeit wieder auf⸗ nehme. Ich habe auch seit ich hier bin nichts gehört und erlebt, was mich in dieser Ansicht hätte irre machen können. Ich habe also, bis ich die Tagesordnung des preußischen Landtags, die ich zuerst für eine des Reichstags hielt, bekam und darauf eine Tagesordnung, die ich, nachdem ich zuerst das Datum nicht gelesen hatte, für eine des Reichstags hielt, aus der ich aber später ersah, daß sie nicht den nächsten Wochentag aufstellte, sondern den sffolgenden ins Auge faßte — nun, meine Herren, nachdem der Landtag fortbestand und nicht geschlossen war, war er ja vollkommen in seinem Recht, wenn er, soweit es ihm opportun schien, zu Sitzungen zusammentrat; aber die . war von dieser seiner Absicht nicht unterrichtet. (Be⸗ wegung.
Ich war im Staats -⸗Ministerium nicht unterrichtet; ich habe meine Herren Kollegen danach gefragt, ob einer von ihnen amtlich unterrichtet gewesen war, und sie haben mir das verneint. Wird das bestritten, so erwarte ich, daß der Akt, — er muß ja festzustellen sein, — durch welchen die Regierung davon unterrichtet ist, vor Erlaß e fr Tagesordnungen, von denen ich spreche, vorgelegt wird. Für den
all kann es ja an meiner Nachlässigkeit liegen, daß ich ihn nicht gelesen habe; ich glaube aber nicht, daß er existirt. Ich bin, wie gesagt, in der Ueberzeugung gewesen, daß der Landtag seine Thätigkeit nach dem Sthluß des Reichstags erst wieder aufnehmen würde, daß wir also vollständig die . haben würden, bis dahin die Vorlagen, die wir noch zu machen hatten, vorzubereiten. Wenn jetzt nun, nach⸗ dem die Sitzungen des Landtags früher wieder aufgenommen sind, als ich erwartet hatte und nach dem, was mir bekannt war, erwarten konnte, die Vorlagen hergestellt merden sollten, da wir doch nicht unnöthig den Landtag gegen seinen Willen so lange hier zurückhalten wollten, so ist da diligentig prästirt, so weit wir konnten.
Man könnte sagen, wir hätten in der ersten Sitzung vor acht Tagen diese Vorlage einbringen können; da war aber die Vorlage . nicht fertig. In einem Ministerium, in dem der 6 des Innern fehlt, in dem der . in seiner Thätigkeit seit sast zwei Wochen, glaube ich, schon fehlt, arbeiten sich dle en en nicht so ch sie wollen entworfen sein, es hat eine erhebliche kal= kulgtorische Arbeit statifinden müßen, das Stagts⸗Ministerium muß darüber berathen, es muß die K Sr. Majestät zu den Vorlagen erbitten. Das alles sind Sachen, die wir nicht in 24 Stunden, nicht in drei Tagen herstellen können, auch bei dem größten Fleiß im Arbeiten, und wir haben sie nicht frü⸗ her liefern können. Hätte ich geglaubt, daß diese Vorlagen auf Schwierigkeiten stoßen würden, daß sie eine längere Arbeit erforderten, so wäre es ja indizirt . daß der Landtag jetzt ge⸗ schlossen und nach dem Schluß des Reichstags wieder einberufen
würde, um diese 2 enheit ju erledigen. Es kommt das ja ganz darauf an, wie viel Sitzungen wir gebrauchen. Können wir es er⸗ ledigen in einer oder zwei Sitzungen, so wird der Reichstag sich ja wohl so lange gedulden, obschon mir von den außerpreußischen Ab⸗ geordneten in meiner Eigenschaft als Reichskanzler wiederholt Vor⸗ würfe darüber gemacht werden, daß gerade der größte Staat in Deutschland und derjenige, bei dem die Berufung und Schließung des Landtags von dem Deutschen Kaiser in derselben Person abhängt, ein Beispiel gäbe, das, wenn andere es nachahmen, doch von uns ge⸗ tadelt zu werden pflegt. Wenn aber die Sache so viele Vorbereitun⸗ gen erfordert, wie der Hr. Abg. Miquel sagt, dann werden wir, so ungern wir daran gehen, einer neuen Sitzung des Landtags nach Schluß des Reichstags uns nicht entziehen können.
Eg ist dagegen eingewandt von dem Herrn Vorredner, daß diese Dinge nicht dringlich seien. In Bezug auf den einen Punkt, den er selbst bereit war zu bewilligen, -den stell vertretenden Minister ⸗Präsi⸗ denten, fällt diese Frage fort, wenn es eben bewilligt wird. Ich halte sonst auch diesen Punkt für dringlich, wenn das beschlossene Reichsstellvertretungsgesetz überhaupt zu einer Wahrheit werden soll, wenn die Reform im Finanzwesen durch näheres Aneinanderschließen der preußischen und der Reichsverwaltung verwirklicht werden soll, weil ich dann zweifle, daß bei diesem Umfang der finanzministeriellen Geschäfte auch selbst nach Abtrennung der Domänen und Forsten der Finanz Minister die nöthige Zeit und Arbeitskraft haben werde, um das Minister⸗Präsidium und neben demselben die gesammten Geschäfte des Reichskanzlers zu vertreten.
In le , mögen die Geschäfte des Finanz ⸗Ministeriums weniger umfänglich gewesen sein oder weniger Arbeit erfordert haben, denn die Zeit, die ich vor 1866 mit meinen finanzministeriellen Kollegen verlebt habe, hat mir nicht den Eindruck gemacht, als ob sie damals mit Arbeit überlastet gewesen wären. Die finanzministe⸗ rielle Maschine, wenn ich sie obne kränkende Nebenbedeutung so nennen darf, ist so vorzüglich organisirt, arbeitet bei der geschulten Durchbildung ihrer sämmtlichen Organe so sicher, daß ein Finanz⸗ Minister, der einen weiteren Ehrgeiz nicht hat, sich mit dem Unter- schreiben der Konzepte und Munda jahrelang über Waser halten kann, ohne daß ein Mangel an Thätigkeit, ja selbst ein Mangel an Beruf für das Amt, welches er übernommen hat, sehr auffällig in der Oeffentlichkeit bekannt wird. Aber jetzt, muß ich sagen, halte ich es kaum für möglich, daß der Finanz⸗Minister, der eigentlich der natürliche stellvertretende Vorsitzende in Preußen wegen der durch⸗ greifenden Beschaffenheit seines Ressorts, in Bezug auf die anderen wäre, die Präsidialgeschäfte nebenbei besorgt. Insofern halte ich auch die Bewilligung eines Stellvertreter, dringlich, wenn man nicht darauf rechnen kann, daß der zu Vertretende mit voller Sicherheit den ganzen Geschäftsumfang ohne Unterbrechung wird besorgen können. — Die Herren verzeihen, wenn ich sitzend weiterspreche.
Aber für besonders dringlich halte ich namentlich die Eisenbahn⸗ seite der Vorlage, die wir Ihnen machen, und in gewissem Maße auch gerade aus dem Grunde, weil jetzt der Posten des Finanz— Ministers unbesetzt ist. Auf die Frage der anderweiten Zulegung der Forsten komme ich zurück, ich will mich erst mit der Dringlich⸗ keit der Eisenbahnfrage beschäftigen.
Die Vorlage, die uns heute beschäftigt, ist von mir zuerst vor 15 oder 16 Jahren. im Jahre 1862 gemacht worden, und ich habe damals zuerst die Schwierigkeit kennen gelernt, die es hat, von einem Ministerium etwas abzutrennen; Zulegung der Geschäfte wollen sie alle, auch wenn sie überbürdet sind, — ich kann mir nicht anders denken, als aus einem gewissen natürlichen, berechtigten Ehrgeiz zu herrschen und den Raygn ihrer Herrschaft möglichst weit auszudehnen, — sie nehmen alle Ressorts, Keiner will was abgeben, und ich habe es er⸗ lebt, daß daraus sofort Kabinetsfragen von den Kollegen gemacht wurden, zu einer Zeit im Jahre 1862, wo es schwer war, überhaupt einen Minister zu finden, der die Verantwortlichkeit für unsere damalige Lage übernehmen wollte. Es wurde Line Kabinetsfrage daraus gemacht, ja, es wurde noch etwas An deres, es wurde an das Element der Gemüthlichkeit appel lirt, als wenn man in einer Corpsverbrüderung lebte, es wurde zur Ehrensache gemacht, wir wollen üns nicht trennen, , ein einig Ministerium von Brüdern blelben, und es wurde jede Befürwortung einer solchen Trennung wie Verrath an der Corpsfarbe angesehen, in der Hauptsache war es aber immer derjenige Kollege, also hier der Finanz⸗Minister, der etwas abgeben sollte, und wenn der selbst mit einem geringeren Geschäftsumfange zufrieden gewesen wäre, so waren es seine höheren Untergebenen, die es als EGhrensache betrachteten, diesen sich nicht verkürzen zu las— sen. Ich bin darauf in bewegten Zeiten den inneren An— gelegenheiten vielleicht mehr entfremdet, worden, aber ich bin vor 44-5 Jahren sofort wieder in den Zeiten der Ruhe auf diese Angelegenheit zurückgekommen, ich habe versucht, in irgend einer Ge— stalt den Mängeln, an denen, wie ich glaube, unser Eisenbahnwesen leidet, Abhülfe zu schaffen dadurch, daß das Eisenbahnwesen einer isolirten Verantwortlichkeit unterzogen wird, daß derjenige, der es thatsächlich verwaltet denn ein Handels⸗Minister kann unmöglich alle die heterogenen Fächer, die ihm heut untergeben sind, selbst im Detail so erlernt haben und so verstehen, daß er sie alle direkt ver⸗ walten könnte = — ich erstrebe also. daß derjenige, der sie verwaltet, Iich nicht gedeckt fühlen soll durch einen Anderen, der doch in der Regel über Details wird sagen müssen, ich werde von technischer Seite mir die Sache vortragen lassen, sondern daß er selbst vor Ihnen, vor seiner! Kollegen und vor dem König steht und persönlich mit Wort und. Schrift das verantworten muß, was in seiner Eisenbahnabtheilung geschieht. Das ist eine Noth⸗ wendigkeit, von der bin ich stets überzeugt gewesen, und die hat mich schließlich auf den Gedanken gebracht, die Reichs⸗-Eisen⸗ bahnvorlage, um sie kurz zu bezeichnen, zu machen. Ich habe diesen Weg gewählt einmal, weil ich fand, daß die Gerechtigkeit gegen das Reich es erforderte, eine stärkere Konzentration der Eisenbahnver⸗ waltung, Gesetzgebung, Leitung, wenn sie überhaupt erstrebt würde, zunächst dem Reiche anzubieten, und erst, wenn das Reich es ablehnt, sich damit zu befassen, daß ich dann erst den preußischen Staat als den größten berufen sehen würde, eine feste Führung in der natio— nalen Cisenbahnpolitik auf eigene Rechnung zu übernehmen bis zu dem Zeitpunkt, wo das Reich sich vielleicht bereit finden läßt, ohne die, wie ich glaube, , , , für . Rechte der einzelnen Regierungen auf den Reicheeisenbahngedanken einzugehen. Ich habe auch deshalb diesen Weg gewäölt, weil ich die Ueberzeu⸗ gung hatte, daß, wenn diese Aufgabe auf den nationalen Weg gebracht würde, daß sie dann mit weniger Bedenklichkeit und mit frischeren Kräften in Angriff genommen würde. Könnte ich Ihnen für die heutige Vorlage irgend einen nationalen Gesichtspunkt für die Sache geltend machen, so glaube ich, würde Ihre Zustimmung nicht so sehr von des Gedankens Blässe angekränkelt sein, der nationale Zug wurde ebolfen haben, die Sache zu tragen, und das hat sich damals be⸗ . wie Jemand sich trivial ausdrückte: das Reichspferd zieht tärker wie daz Staatspferd; es hat sich also dadurch bestätigt, daß der Gedanke, dessen Verwirklichung ich nach wie vor stets entgegen strebe, damals nach langen Kämpfen die Zustimmung aller Minister erhielt. Der , Finanz⸗Minister war nicht von Hause aus von der ,. überzeugt; nachdem wir im Prinzip die Justim⸗ . dazu erhielten, ist es uns gelungen, die Zustimmung beider
äuser des preußischen Landtags zu einer Aufgabe, ich kann wohl
. der 56 zu Gunsten des Reichs zu gewinnen. Es
schien also, daß die Sache außerordentlich günstig vor etwa 3 Jahren lag, aber ich bin schon damals vertröstet worden mit der Inangriff⸗ nahme, wenn sie im Sommer geschah: daß das Budget dringender zu, erledigen sei, — wenn sie im Herbst geschah; daß vor allen Dingen das Budget bis zum Januar fertig gestellt sein müsse, — wenn sie im Januar geschah: daß es jetzt fast zu spät sein würde, eine so bedeutende Vorlage zu bringen. So bin ich ver⸗ tröstet und in meinen Anstrengungen und Erwartungen dilatorisch be—= . worden in einer Weise, die für mich geradezu persönlich ränkend war. Ich hatte die . der Sache im Prinziy von meinen Kollegen, ich hatte die Bewilligung der Sache im Prinzip vom ganzen Landtage und, obschon Minister⸗Präsident, habe ich mich
ö ö
3
r 1 . 5 71 3 k 1 3*
absolut unfähig finden müssen, die Sache auch nur einen Schritt weiter zu bringen. Die Bewilligung half mir gar nichts, wenn im konkreten Falle der passive Widerstand — von welcher Seite, ist in dieser verwickelten Maschine kaum zu ermitteln — mit solchem Erfolg geleistet wird, daß ich nach 3 oder 3 Jahren kaum im Stande gewesen bin, auch nur die Frage, ob und in welcher Form wir das Reich fragen wollen und ung vom Reich den wahr- scheinlichen Korb in der Sache holen wollen, noch gar nicht zur Erörterung im Staats⸗Ministerium zu bringen gewesen ist. Ez ist dort noch nicht gelungen, auch nur annähernd ein Verständniß jwischen dem Handels ⸗Ministerium und zwischen dem Finanz ⸗Mini⸗ sterium über die Schätzung der Gegenstände, über die Summe, die man etwa vom Reich verlangen könnte, und über die Form, in der die, Sache zu behandeln wäre, innerhalb des preußischen Staats- Ministeriums zu Stande zu bringen. Ich kenne diese Summe noch nicht, auch nur annähernd nicht, und es ist mir in allen diesen letzten drei Jahren wieder so gegangen, daß ich auf den nächsten Herbst vertröstet bin. Auch der Hr. Abg. Dr. Miquel sprach vom naͤchsten Herbst, ich glaube, sogar vom Oktober. — Sind wir denn im Ok—⸗ sober schon hier versammelt? und wenn wir rersammelt sind, haben wir hier dann Zeit für andere Dinge als zunächst die Budget⸗ berathung, bis der Reichstag kommt, und um dem Reichstag Platz zu mgchen, daß auch er sein 24 berathen könnte?
Wenn ich nun vier, fünf Jahre auf diese Weise von einem Jahr aufs andere vertröstet worden bin, und wenn ich fühle, daß meine Kräfte abnehmen und ich nicht lange mehr für die Sache, die meiner Ueberzeugung nach dem Lande unentbehrlich ist, werde thätig sein können, können Sie mir nicht verdenken, wenn ich lediglich aus pa⸗ triotischem Gefühl für diese Sache eintrete, und ich kann für meine Person nicht die Verantwortlichkeit für irgend eine Konzession meiner⸗ seits übernehmen, die dahin ginge, noch mehr Zeit in dieser Sache zu verlieren.
Es sind in unseren Eisenbahnverhältnissen ja doch manche Zu— stände, die auf das wirthschaftliche Gebiet dermaßen zurückwirken, daß in der Zeit des wirthschaftlichen Nethstands doch der Frage näher getreten werden muß; kann es ohne Schaden nicht einen Monat, sondern neun bis zwölf Monate länger so bleiben, und ist es nicht unsere Pflicht, die Sache früher anzufassen? Ich will nur einise Beispiele anführen, wie augenblicklich die Eisenbahnpolitik auf andere, namentlich wirthschaftliche Verhältnisse zurückwirkt. Von Seiten der Königlichen Forstverwaltung sind mir Klagen zugegangen, die mit Zahlen belegt werten können, wie die Erträge der ö r sind und wie namentlich in der Provinz
chlesien von der österreichischen Grenze bei Ratibor, bis etwa zur Warthe herunter die Holzpreise gerade dort gefallen sind und das Holz unverkäuflich geworden ist, wo früher der beste Absatz war, nämlich dort, wo die großen Verkehrsadern der Eisen⸗ bahn und der Oder liegen. Es kommt dies davon, daß die König⸗ lichen Forsten dort der Konkurrenz des österreichischen Holzes aus Galizien u. a. unterliegen, welches von den Eisenbahnen, und zwar von den Eisenbahnen, die unter Königlicher Verwaltung stehen, zu einem Preise gefahren wird, daß es nach der Meinung der Forstver⸗ waltung zu dem Preise nicht auf dem kürzesten Chausseewege gefahren werden kann. Es geht daraus hervor, daß wir zu Gunsten der öster⸗ reichischen Staatswaldungen und Forstbesitzer zu der Zeit, wo der Raupenfraß und Käferfraß das Hol; wohlfeiler macht: daß wir da Ausfälle, ich will die Ziffer von? Millionen einmal nennen, in unseren Forsten erhalten, die nicht alle hierher treffen werden. Aber wie decken wir diese Ausfälle in unseren Staatsrevenüen? Doch dadurch, daß wir, da wir indirekte Hülfsmittel im Lande nicht haben, den direkten Steuern, sagen wir der Klassensteuer, der Einkommenst uer, das zu⸗ schlagen, was uns an Forstrevenüen ausfällt, hauptsächlich wegen der wohlfeileren Beförderung österreichischen Holzes. Bezahlen wir auf diese Weise nicht unsere Klassensteuer an den österreichischen Forst⸗ fiskus? Sind solche Zustände vernünftig, sind Zustände vernünftig, wo selbst, Eisenbahnen, die in einer Hand sich befinden, gegen einan⸗ der rivalisiren und sich die Frachtgüter möglichst . abjagen, wenn dazu kommt, daß die sterreichischen Frachten wohlfeiler sind, als es bei uns zulässig wäre, und wohlfeiler gemacht werden durch das System der sogenannten Refaktion, indem ein er—⸗ heblicher Theil der Fracht bonifizirt wird für gewisse Gegen⸗ stände, für deren wohlfeile oder Gratisbeförderung man gewonnen ist. Ein anderes Beispiel aus Forsten bietet in der Gegend von Eschwege die ungarische Lohe, die zu einem geringeren Preise als aus der 15 Meilen von, dort entlegenen Forst gefahren werden kann. Daß sind so unrichtige Verhältnisse, durch die die ganze natürliche wirthschastliche Gravitation und Stätigkeit unserer Zustände nach der Willkür einzelner ECisenbahnverwaltungeng verschoben wird in einer Weise, auf die kein Mensch sich einrichten kann, wo keine menschliche Möglichkeit richtiger Berechnung einer Produktion mehr möglich ist. Die Eisenbahnen sind bei der jetzigen Zerfahrenheit in der Lage, darch beliebig wohlfeile Transporte von Erz und Kohlen, durch Begünstigung der Expeditionsmodalitäten, das eine große industrielie Etablissement zu fördern auf Kosten eines anderen, das eine zu ruiniren, wenn sie sich ihm feindlich stellen wollen, das andere in Prosperität zu bringen nach ihrer Willkür. Das sind unnatärliche Zustände, worunter die stetige und regelmäßige wirth⸗ schaftliche Entwickelung leidet, da kann nur eine fach⸗ und sachkundige 53 helfen, die in unser Eisenbahnsystem eingreift. Nach fünf Jahren, während welchen es mir mit schlechtem Gewissen als Mi— nister nicht möglich gewesen ist, dem abzuhelfen, diesen Jahren noch ein sechstes hinzusetzen, dazu kann ich meine . freiwillig nicht geben. Ich will die Frage, ob wir ohne Mitwirkung des Land⸗ tages, also ohne einen größeren Geldverbrauch, als das Budget uns gewährt, in der Lage sind, durch Königliche Verordnung — ich meine nicht die Vorlage — aber die dringendste Abhülfe zu schaffen, ob wir nach der Auslegung, die der Art. 45 der Verfassung, daß dem König die Exekutivgewalt und die Ernennung der Minister zusteht, daß über⸗ haupt zu der Gültigkeit von Anordnungen dies Kontrasignatur eines Ministers erforderlich ist, aber nicht eines bestimmten — ich will alle diese juristijchen Fragen nicht untersuchen; denn Kompetenz fragen führen zu Streitigkeiten, und ich wünsche, meine Herren, diese Frage in Uebereinstimmung mit Ihnen zu erledigen und nicht ein Konfliktsobjekt darin zu schaffen, aber erledigen müssen wir sie, wenigstens ich muß sie erledigen, oder ich kann mit gutem Gewissen in meinem Posten nicht bleiben. Die Möglichkeit, sie zu erledigen, auch wenn Sie uns die Mittel zur Besoldung eines neuen Ministers verfagen, die Möglichkeit ist thatsächlich vorhanden, ohne Anlaß zu einer juristischen Meinungsverschiedenheit oder gar zu einem Kon⸗ flikte zu geben. Ich will das Mittel hier nicht besprechen und möchte nicht auf diesen Ausweg gedrängt werden, aber ich werde mich ihm nicht versagen können, wenn ich durch Landtagsbeschluß in die Lage verfetzt werde, auf anderem Wege die Sache nicht erledigen zu können.
(Hört! ö Heine Herren! Rufen Sie nicht: Hört! es ist das etwas für Sie ganz Unschädliches und Gerechtes, was ich vorhabe.
Der Herr Vorredner hat über die Zweckmäßigkeit im Ganzen kein abfaͤlliges Urtheil gefällt, aber doch einige xrationes dubitandi angeregt; er hat gemeint, daß, wenn, man die Berechti⸗ gung, die verschiedene Gesetzb dem Handelsminister beilegen, nun auf einen Gisenbahn-Minister übertragen wolle, 3 einmal dies gesetzlich unzulässig sei, indem in vielen Gesetzen der Handels⸗Minister als kompetent genannt sei. Ich weiß eigentlich nicht, ob wir gengu genommen einen „Handels ⸗ Min ster“ haben. Wir haben einen Minister für Handel, Gewerbe und Bauten; ich glaube, so lautet der Titel, ich weiß nicht, ob dieser Titel in den einzelen Gesetzen überall wiederholt ist, ich bin auf diese Bedenken nicht gekommen; indeß, wenn er Handels-Minister heißt, so ist diegß nur eine Frage des Namens; es kommt nur dazauf an, welchen von beiden wir Handels. Minister nennen. wollen und welchen Minister wir anders nennen; es ist auch nicht ausgeschlos⸗ sen, daß wir zwel Handels Minister haben, so gut wir lange Zeit zwei Justiz⸗Minister zu gleicher Zeit gehabt haben, und außerdem ist doch das, glaube ich, gerade ein etwas spezib er Grund, denn die ratio des Gefetzes geht doch nur dahin, daß derjenige gemeint ist,
der diese Befugniß in dem betreffenden Ministerium fand, und
wenn das Ministerium auch getheilt wird, so 8 ich, daß wir da nicht jedem einzelnen Geseß nachzuspüren haben und durch alle Stadien der e um zu ändern haben, sondern daß das selbst ˖ verständlich ist und daß selbst buchstäbliche Genauigkeit der preußi= schen Richter darin kein wesentliches Bedenken finden wied. Wenn nun die Interessen des Handels gerade dadurch geschädigt werden, oder nicht hinreichend geschützt sein sollen gegen Einwirkung eines Eifenbahn⸗Ministers, daß der Hauptmandatar für Handel und Gewerbe, der Handels⸗Minister, nicht zugleich der Ver- treter der Cisenbahnen ist, wie der Herr Abgeordnete Miquel an⸗ nahm, so kann ich das nicht zugeben, Sie müssen sich vielmehr ver⸗ 6. enwärtigen, daß der Handels-Minister dem abgezweigten Eisen⸗ ahn⸗Minister ganz selbstständig, abgelöst von den Eisenbahninteressen, als ausschließlicher Vertreter von Handel und Verkehr und nicht mehr als gleichzeitiger Vertreter der Eisenbahnen und den fis kalischen Cisenbahninteressen gegenüber stehen würde. Er wird also viel freier diejenigen Interessen von Handel und Gewerbe. die von seinen Eisenbahnkollegen, dem neu zu ernennenden Minister geschädigt werden können, zu leiten im Stande sein. Das Argument ist also nicht zutreffend. ‚
Der Herr Vorredner sagte ferner, wenn man einmal änderte, dann müßte man noch mehr ändern, ich will es kurz nennen: Bau⸗ Ministerium. Es geht uns gewöhnlich so, daß, wenn wir eine Ver= besserung, die sich machen läßt, einen Schritt, den wir übersehen können, machen wollen, daß, diejenigen, die ihn nicht machen wollen, sagen, wenn wir einmal daran rühren, daan muß gleich eine tiekeingreifende Reform gemacht werden, sonst . es ganz unterbleiben. Im Prinzip bin ich ganz mit ihm ein verstanden, und habe mich sehr gefreut bei jedem Wort, das er sprach über prinzipielles Einverständniß und kann nur nicht verstehen, wie er am Schluß abbrach und was ihn mit einmal veranlaßte, den Abweg der Opportunitätsfrage ein⸗ ge, und von dem aus das Gesetz zu verurtheilen. Ein Bau⸗
inister, ja, das ist ein Bestandtheil desjenigen Programms, welches ich ebenfalls seit 15 Jahren vergeblich vertreten habe, namentlich in der Zeit vor 1866, es hing zusammen mit dieser Theilung des Han— dels Umtes, und die Abtretung der Domänen und Forsten ist gerade so alt im Plane. Mein Verlangen war schon damals ein Hau— Minifterium für die sämmtlichen Bauten und ein Gewerbe ⸗Mini⸗ sterium für alle Gewerbe zu haben, ich erinnere mich des Arguments; das landwirthschaftliche Gewerbe ist auch ein Gewerbe, der Handel ist auch ein Gewerbe, alles gehört unter den Begriff des Gewerbes und sollte ministeriell in einer 861 sein, damit es sich nicht gegenseitig bekämpft und nicht der Zufälligkeit anheimgegeben werde, ob ein Ressort grade eine überlegene en licht hat und dadurch begünstigt wird und das andere nicht; alle diese Gedanken des Vor⸗ redners theile ich im Prinzip und in den Bestrebungen; aber lassen Sie uns doch erst einen Schritt vorwärts machen, den wir übersehen können, und verlangen Sie nicht, daß solche Organisationen bei den Schwierigkeiten, die man überhaupt hat, irgend einen Schritt vor⸗ wärts zu thun, wie die Minerva aus dem Kopfe des Finanz⸗Ministers springen soll, der noch nicht da ist. ;
Uns zuzumuthen, daß wir zuvor eine Menge anderer Gravamina auch bessern und eine Menge anderer nützlicher Sachen auch ein—⸗ führen, damit sollten Sie uns nicht abschrecken von dem Wege, den wir heute einzuschlagen wünschen. Der Hr. Abg. Miquel fragte in Bezug auf das Reichseisenbahnprojekt — ich glaube, ich habe die Feege schon beantwortet — wie ich mich früher dazu gestellt habe.
ie die Königliche Regierung sich aber in Zukunft dazu stellen wird, wird wesentlich davon abhängen, wie die Per- sonalverhältnisse im . Ministerium und im Finanz⸗ Ministerium sich gestalten, und wenn ich Kollegen gewinnen kann, die nicht gerade Kabinetsfragen daraus machen, sobald man ihnen solche Vorschläge macht, so werde ich suchen, der Sache näher zu treten und sie mit dem Reich wenigstens zu einem geschäft⸗ lichen Abschluß zu bringen, der uns freie Hand auf preußischem Gebiet läßt. Dazu müßte ich aber doch erst wissen, wie die Personenfrage sich stellt. Alle di'se Sachen sind ja in viel höherem Maße Personenfragen als sachliche Fragen, man kann dergleichen nicht mathematisch wie in den exakten Wissenschaften be⸗ handeln, nicht wie bei chemischen Mischungen, wo man so und fo viel Gewichtstheile zusammenwiegt, so gewissermaßen durch Gesetz ein Aggregat von ministeriellen Berechtigungen her⸗ stellen, das hilft alles nichts, wenn man nicht die Personen dazu hat. Wenn die eine fähig ist, die andere nicht, wenn die eine energisch ist und die andere das Gegentheil davon ist, so werden die Figuren, die man erhalten hat, so werden die Formeln, die man aufgestellt hat, verschoben. Also ich muß zuerst wissen, wer preußi⸗ scher Finanz⸗Minister wird und wie sich, je nachdem Sie diese Vor⸗ lage aufnehmen, die Frage des Handels⸗Ministeriums und des Eisen⸗ bahn⸗Ministeriums gestaltet. Daß wir einen Finanz⸗Minister nicht sofort fertig auf Lager haben oder bekommen können, das liegt in der Natur der Sache. Ich habe mich vor dem Kollegen, mit dem ich 9 Jahre lang in gut en und schlechten Zeiten, in Frieden und Unfrieden zusammen gearbeitet habe, nachdem wir ein gutes Stück re n , Arbeit hinter uns haben, schwer ge⸗ trennt, und habe nicht sofort bei den ersten Anzeichen des Unmuths die Hand dazu geboten, daß dieser Abschied beschleunigt würde, bis er mit einer Entschiedenheit, die die Hoffnung auf Umkehr aus⸗ l auf seiner Entlassung beharrte. So lange der Abschied nicht bewilligt war, war es nicht thunlich, Verhandlungen mit anderen
Personen anzuknüpfen. Diese Verhandlungen sind nicht so leicht.“
Es sind viele Leute geneigt, ein, weniger verantwortliches, ein weniger Kampf versprechendes Ministerium zu übernehmen, wenn es vakant wird; aber zu einem Finanz⸗Minister Angesichts der finanziellen Reformen, die bevorstehen, Angesichts der Stellung, die die Mehrheit des Reichstags dazu genommen hat, dazu gehört ein Mann von einigem Muth, der sich dazu entschließt. Es erfordert Verhandlungen; man hat sich mit jedem einzelnen stundenlang aus⸗ einander zu setzen, ob er mit diesen oder jenen Bedingungen einver⸗ standen ist, aber Verhandlungen müssen doch vorher stattfin den, aber nicht nachher, Außerdem steht die Ernennung des Finanz Ministers Sr. Masestät dem Könige zu. Ich muß, also Sicherheit haben, daß, wenn Se. Majestät fär ein so wichtiges und durch neue Attributionen noch wichtiger zu machendes Ministerium einen Mi⸗ nister ernennt, derselbe politisch dem Monarchen genehm sei; denn im Konflikt mit dem Monarchen die Sache betreiben, ist für einen Minister nicht thunlich, nach dem Wortlaut unserer preußischen Ver⸗ fassung ist das eine undurchführbare Aufgabe. Ich bitte, sich darüber nicht ö. täuschen, daß es nach unserer Verfassung der König ist, dem das Recht zusteht und der auch vollständig bereit und im Stande ist, dieses Recht auszuüben. .
Also, meine Herren, ich möchte Sie in erster Linie bitten, dem Weg, den der Herr Vorredner vorgeschlagen hat, nicht zu folgen, mich nicht auf den nächsten Herbst, fage Frühjahr 1879, also jetzt unge⸗ fähr übers Jahr mit diesen Reformen zu vertrösten. Wir wissen alle nicht, wer von uns dann noch lebt, und jetzt ist tempus utile, um zu handeln; benutzen Sie es! Die Frage, ob man einem neu eintretenden Finanz Minister diese Bedingung stellen könne, daß er nur unter der Bedingung eintritt, wie ich allerdings wünsche, erschwert auch die Schwierigkeit, die ich vorher andeutete, einen Finanz⸗Minister zu ge- winnen, vielleicht noch ganz erheblich, und bei mir ist es eine funf= zehnjährige Erfahrung, die mir empfohlen hat, den Moment zu be nutzen, wo kein Finanz ⸗Minister da ist, und wo man durch einen solchen nicht gehindert wird; ich möchte sagen, ich würde Sr. Majestät nicht eher eine Ernennungsordre für einen Finanz⸗Minister vorlegen, als bis diese Sache wenigstens mit dem Neuzuernennenden, vielleicht auch bis diese Sache überhaupt geregelt ist. Denn ich bin in dieser Beziehung — in Betreff des Schiebens auf die lange Bank und in Betreff des Zagens: „nur jetzt nicht! — ein gebranntes Kind, und ich bin nicht mehr in der Gesundheit, um auf Dinge, die mir so am Herzen liegen, wie diese, lange warten zu können, wenn ich Hand an sie noch legen will. Wenn die Herren nicht im Stande sind, uns diese Einrichtung zu bewilligen, ja, so muß ich mir die Entschließung dann vorbehalten, ob ich zu
einem Auskunftsmittel greife, was mich sicher und ohne Konflikt mit Ihnen zum Ziele führen würde, oder ob ich mich amtlich außer Ver⸗ autwerfung siellen will, oder ob Sie uns die Zeit bewilligen wollen die ich glaubte, daß wir sie hätten, nämlich in dem . und mit der Gründlichkeit, die vielleicht auch den Abg. Miquel befriedigt, die Gesetzes vorlage auszuarbeiten und sie Ihnen im Monat Mai an derselben Stelle wieder zu unterbreiten.
Der Abg. Dr. Virchow erkannte die Zweckmäßigkeit an, den angeregten Fragen näher zu treten, erklärte aber, daß er mit dem Abg. Miquel der gin scht sei, daß in diesem Augen⸗ blicke nicht der geeignete Moment dazu sei. Die materiellen Gründe, die sonst für die Dringlichkeit der Vorlage geltend gemacht würden, seien nicht durchschlagend. Die Differential⸗ larife, über welche man von vielen Seiten klage, werde auch ein Eisenbahn⸗Minister nicht beseitigen können, da diesel ben unentbehrllch seien. Zunächst möge man die Frage, ob Reichseisenbahnprojekt oder Eisenbahngesetz entscheiden, ehe man an die Bildung eines Eisenbahn⸗Ministeriums gehe. Die Fortschrittspartei werde deshalb nicht allein aus Gründen der Geschäftslage, sondern aus inneren Gründen gegen die Vorlage stimmen, würde jedoch bereit sein, nach Schluß des Reichstags, wenn man bestimmten neuen Mi—⸗ nistern gegenüberstehe, in eine weitere Erörterung einzutreten.
Hierauf entgegnete der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal:
Wenn ich schon an dieser Stelle das Wort ergreife — ich hatte mir vorgenommen, dies dann zu thun, wenn der mich näher berüh⸗ rende Theil der Vorlage speziell in die Diskussion gezogen wär. —, so halte ich mich dazu verpflichtet gegenüber den persönlichen An griffen, welche der Herr Vorredner gegen mich persönlich und zwei⸗ tens gegen meine Stellung als Minister, sowie gegen das gesammte Ministerium richtete.
Es hat dem Herrn Vorredner gefallen zu bemerken, daß die Erweiterung der ,,, Ressorts. welche Sie gegen⸗ wärtig beschäftigt, mir als Konsolation für das nicht erlangte Mi⸗ nisterium des Innern zugedacht sei. Nun, meine Herren, ich er⸗ widere hierauf, daß der Herr Minifter⸗Präsident unter Zustimmung Sr. Majestät des Kaisers mich damit beehrt hat, mich aufzufordern, das Ministerium des Innern zu übernehmen, und daß ich geglaubt habe, Se. Majestät bitten zu müssen, mich von der Annahme dieses ehrenvollen Auftrages zu entbinden, und zwar deshalb, weil meiner persönlichen Meinung und der Schätzung meiner Leistungsfähigkeit und meiner gesammten Individualität nach ich mich für mehr be— rufen hielt in demjenigen Wirtungskreis zu bleiben, den ich vor 35 Jahren übernommen habe, dem ich von ganzer Seele anhänge, und in welchem ich glaube, dem Vaterlande die besseren Dienste 6. zu können. So viel, was die Ingelegenheit des Trostes be—⸗
rifft.
Sodann hat der Herr Vorredner eine Reihe schwerer Angriffe
gegen das Ministerium gerichtet Er hat zunächst behauptet, das Ministerium, wie es jetzt beschaffen sei und wie es später sein würde — er hat das antizipirt — hätte einen gemeinsamen Gedanken gar nicht, träte vor das Haus nicht mit einem bestimmten Programm, politische Solidarität, politisches Bewußtsein, politische Zie e lägen fern, man könne solche Minister als politische Männer überhaupt nicht betrachten. Nun, meine Herren, was die Vergangenheit be— trifft, so bestreite ich, daß von diesen Behauptungen irgend etwas rihtig ist. Ich werde auf die einzelnen Punkte noch zurückkommen. Sowohl das Staats⸗Ministerium in seiner Gesammtheit, als ein⸗ zelne Mitglieder dieses Ministeriums haben nie und in keinem Falle, wo sie direkt oder indirekt genöthigt waren, über ihre politischen und wirthschaftlichen Ziele Auskunft zu geben, eine solche Auskunft ver⸗ weigert. Ich bestreite, daß eine derartige Anfrage unbeantwortet ge⸗ blieben wäre, ich bestreite, daß es an solchen politischen Gedanken und politischen Bewußtsein fehlte. Daß hier und da Schwankungen stattgefunden haben, namentlich was die Methode der Verwaltungs- reform, was deren Fortgang be rifft, so räume ich dies ein, nicht aber betrafen diese Schwankungen die letzten Ziele, nicht die Grund⸗ gedanken, sondern im Wesentlichen die der Ftappen und Modalitäten der Ausführung. Ich habe schon an einer früheren Stelle Gelegen—⸗ heit gehabt, mich darüber auszusprechen; an diesen Schwankungen, meine He ren, hat aber das hohe Haus — ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus — genau denselben Antheil wie das Staats-Mini⸗ steriem. Ganz mit demselben Recht könnte ich behaupten, daß in dem hohen Hause über diese Angelegenheit die Meinungen gewechselt haben, und daß man durch die Schwierigkeit der Angelegenheit selbst und durch die anderen mitwirkenden Umstände dazu gekommen sei, bald dem einen, bald dem anderen Wege nachzugehen. Es wurde ausgegangen von der Kreisordnung, in welcher nach sehr schweren Kämpfen, nach mühevollen Arbeiten der gemein—⸗ same Ausgangspunkt gewonnen war. Im Fortgange dieser Gesetz⸗ 5 aber kam es wegen der in der Sache liegenden Schwierig- eiten dazu, daß wir bald das eine zu ordnende Gebiet mehr, das an= dere mehr in den Vordergrund der reformatorischen Thätigkeit treten ließen. Das aber, meine Herren, sind keine Momente, daraus einen Vorwurf dem Hause oder der Majorität oder den Vertretern des Ministeriums zu machen, dahin zielend, daß es seine politischen Ge⸗ danken verlassen, oder daß es solche überhaupt nicht besessen habe; dafür findet sich hierin kein Beweis. Ich habe mir gestatten müssen, als stellvertretender Minister des Innern am Eingange dieser Session Über diese Frage mich eingehend zu äußern; ich habe mir erlaubt mit derienigen Sffenheit, deren ich mich immer befleißige, zuzugeben, daß ein unwandelbar fester Plan nicht eingehalten ist, wie ich es ge—⸗ wünscht hätte. Das aber sind Mängel der Methode, und sie sind entschulddar. Denn noch kein Staat ron der Beschaffenheit des preußischen hat eine Aufgabe gelöst, wie wir sie ung gestellt haben, in der Durchführung der Selbstverwaltung und das auch behaupte ich und finde darin eine Unterstützung in den Aeußerungen eines hervorragenden Mitgliedes dieses Hauses, welches in diesem Augenblick den Prä—⸗ sidentenstuhl einnimmt und anerkannte, daß die geses ger rich Aktion, die wir in dieser Beziehung unternommen haben, unvergleichlich it, nicht nur in den Zielen, 6 auch in den zu überwindenden Schwierigkeiten. Ich behaupte, es giebt keinen Staat, der Aehn⸗ liches durchzuführen bisher sich getraut hat. Wenn wir dabei auf Hindernisse gestoßen sind, wenn wir in einem Stadium die Städte⸗ ordnung angriffen und das andere Mal dazu kamen, ar dere Etappen dieses Werkes zunächst vorzuziehen, nun, meine Herren, so glaube ich, haben Sie nicht das Recht, daraus einen Vorwurf der Prinzipien⸗ losigkeit und des Fehlens politischer Gedanken zu machen. .
Der Herr Vorredner hat von unt, von dem Ministerium, mag es bestehen aus welchen Personen es wolle, verlangt, daß es sich über den weiteren . der Selbstverwaltung programmartig äußern solle. Meine Herren, ich zweifle nicht daran, daß Derjenige, der dazu be⸗ rufen sein wird, der Minister des Innern oder der Vize ⸗Präsident oder der Herr Minister⸗Präsident die Pflicht, sich hierüber zu äußern, anerkennen uͤnd dieser Pflicht genügen wird. Wag berechtigt den geehrten Herrn Vorredner, zu sagen: wir werden darüber auh im Herbst keine Ant- wort bekommen, wir werden im Herbst ein Ministerium haben, welches dieses Werk nicht fortsetzt. Wenn das der Fall, sein sollte, nun gut, meine Herren, dann machen Sie di sem Ministerium Opposition, dann behaupten Sie, daß frühere Gedanken verlassen sind, so lange dies aber thatsächlich nicht konstatirt ist, ö. lange 1 k e da sind, was berechtigt Sie zu einer solchen Be⸗
auptung
Der Herr Vorredner hat dann ferner gerade das Reichseisen⸗ bahn⸗Projekt als eine Materie bezeichnet, in der solche Schwankung stattgefunden habe. Nun, meine Herren, ich erinnere Sie daran, was damals hier im hohen Hause vorgetragen wurde von sämmt⸗ lichen ministeriellen Vertretern dieses Projektes, sowohl von meinem Kollegen Camphausen, als von dem Herrn Handels⸗Miaister und, soweit ich mich erinnere, auch von dem Herrn Minister-Präsidenten, daß man in erster Linie das Reichseisenbahn⸗ Projekt, die
Uebertragung auf das Reich ins Auge fasse, daß dies ein Versuch sei, um einer nationalen Pflicht, wie wir sie erkennen, zu ser len und daß erst dann andere Wege egangen werden müssen, wenn sich herausstellt, daß dieser Weg ver chlossn sei für die Ziele, die wir erreichen müssen und die auch heute der Herr Minister⸗Präsident vollkommen zutreffend und klar ohne Verschleicrung für Jeden, der es verstehen will, bezeichnet hat; sie richten sich vernehmlich dahin, daß nicht blos den fis kalischen, sondern den wirthschaftlichen Interessen die Eisenbahnen in ihrer für die Entwicklung der Wohlfahrt der Nation entscheidenden Bedeutung zu dienen haben, daß sie nicht als gewöhnliche mechanische Transport- anstalten, die 5 Personen von einem Ort zum andern zu fahren und 6 Lasten von einem Ort zum andern befördern, gelten können, son⸗ dern von dem Gesichtspunkte der gesammiwirthschaftlichen, der Kulturentwicklung der gesammten Nation, von den höchsten Gesichts⸗ punkten aus, behandelt werden müssen. .
Das ist derselbe Gesichtspunkt, den wir damals wie heute als leite nden bezeichnet haben, und in Harmonie mit diesem leitenden Gedanken wünschen wir, daß das Reich, weil sich im Reiche die Gesammtwirthschaft der Nation konzentrirt, als Träger des Hoheitsrechtes instituirt werden, und erst dann, wenn um solcher Hindernisse willen, welche der Einzelstaat nicht zu über⸗ winden vermag, sich das Reich dieser Aufgabe nicht unterzieht, erst dann glauben wir, daß Preußen als der größte Staat die Verpflich⸗ tung 6. wenigstens auf beschränktem Gebiete jene staatlichen Ge⸗ sichkspunkte zu verwirklichen. Genau dasselbe hat heute der Herr Minister⸗Präsident erklärt, und ich behaupte, es ist durchaus unrichtig zu sagen, in dieser Beziehung wären Schwankungen zu konstgtiren. Nun hat der Herr Vorredner sich bemüht, das aus anderen Aeuße= rungen des Herrn Minister-⸗Präsidenten zu deduziren. Soweit ich aber die Auseinandersetzung des Herrn Minister⸗Präsidenten verstanden habe, ging dieselbe dahin, daß der Herr Minister⸗Präsident sagte, er wäre heut noch nicht im Stande, aus gewissen Gründen — ich komme auf den Vorwurf der Anklage gegen die Minister zurück — zu übersehen, auf wie hoch sich die Schätzung der Preußischen Eisenbahnen belaufe, und wie dieses wichtige Glied der Beurtheilung der Ausführung des Reichs ⸗Eisenbahnprojektes in seinen Unterlagen aussehe. Ja, meine Herren, beweist denn das, daß dem Reichs⸗Eisenbahnprojekte gegenüber eine veränderte Beur⸗ theilung eingetreten sei? Der geehrte Herr Vorredner schloß letzte⸗ res ferner daraus, daß gesagt sei, es wäre ein Reichs⸗Eisenbahngesetz in der Vorbereitung. Sind denn das Epentualitäten, die sich aus⸗ schließen oder auch nur widersprechen? (Ruf: Ja! Verzeihen Sie, Sie sagen: ja! Gestatten Sie, daß ich das Gegentheil beweise. Könnte man nicht so prozediren, daß man sagt, wir wollen unter allen Umständen feststellen, welches die thatsächlichen Unterlagen für die Möglichkeit der Durchführung des Reichs⸗Eisenbahnprojekts sind, Ermitteluagen hierüber müssen angestellt und zum Abschlusse gebracht werden? Könnten nicht gleichzeitig Vorbereitungen auch für den eventuellen Weg erfolgen, so daß in dem entscheidenden Augenblicke, wo man vor den Entschluß gestellt ist, definitiv das Eine oder das Andere zu wählen mit der größten Gewissenhaftigkeit und der—⸗ jenigen Gründlichkeit, deren Mangel unter allen Umstän—⸗ den vermieden werden muß, zu übersehen im Stande ist, wie die eine, wie die andere Gestaltung beschaffen sei. Soll man sich nicht in die Lage versetzen, dem Landtage und eventuell dem Reichstage in dieser Beziehung eine vollkommen umfassende Dar⸗ legung zu machen? Ist, meine Herren, die gleichzeitige Vorbereitung zweier Eventualitäten eine Schwankung? Das heißt vielmehr auf gründliche und gewissenhafte Weise die Geschäfte betreiben, indem man die rorausfetztlichen Verhältnisse eines Entschlusses approfundirt.
Nu hat der Herr Vorredner gefragt, wie sieht es denn mit dem Reichseisenbahngesetz? Ich scheue mich nicht, Ihnen zu sagen, mein Herr Kollege hat davon früher schon Andeutungen gegeben, daß ein solches Eisenbahngesetz in der Ausarbeitung begriffen ist, weil wir uns auch darüber klar werden müssen, in welchen Modalitäten die Regelung der Beaufsichtigung möglich ist. Ich kann leider nicht nähere Mittheilungen darüber geben. Könnte ich es, so würde ich vielleicht zu beweisen im Stande sein, daß gerade die sehr bedeutsamen Fragen, deren Gewicht am aller⸗ wenigsten innerhalb des preußischen Staats⸗Ministeriums verkannt wird, wie man die Privateisenbahnen gegen willkürliche Anwendung des Aufsichtsrechts schützt, wie man in dieser Beziehung Garantieen bieten könnte, wie sie auf anderen Gebieten des öffentlichen Rechtes gefunden worden sind, in förderlichster Bearbeitung begriffen ist. Ich hoffe, es wird der Zeitpunkt nicht mehr allzufern sein, wo Sie sich überzeugen, daß diese Aufgabe nicht bei Seite geschoben, sondern voll⸗ kommen ihrem Werthe gemäß anerkannt ist, und daß diese Seite der Sache im Zusammenhange mit der Schöpfung des Eisenbahn— Ministeriums ihre Lösung finden werde.
Ferner hat der geehrte Herr Vorredner gesagt, unsere Stellung als Staats ⸗Minister würde dadurch herabgewürdigt, daß wir uns. gegenseitig hier anklagen und daß das, was innerhalb unserer internen Räume verhandelt werden müßte, vor dem Hause zur Aussprache gelangt. Ich kann mich in dieser Beziehung nur auf das einlassen, was n. vorgekommen ist. Da behaupte ich, daß der geehrte Herr Vorredner die Aeußerung des Herrn Minister⸗-Präsidenten durchaus falsch interpretirt hat. Der Herr Minister = Präsident ist davon ausgegangen, daß gewisse Uebelstände, welche er sich für verpflichtet hielt, zur Motivirung der heutigen Vorlage darzulegen, aus mangelhafter Organisation der Ministerien hervorgehen. Der Herr Minister⸗Präsident hat dargelegt, daß er die Organisation ändern wollte, weil die gegenwärtige Einrichtung, unangesehen der Pflichttreue und des Entgegenkommens der Personen, doch dazu führe, daß gewisse Dinge sich nicht erreichen lassen, welche im Interesse des Landes er⸗ reicht werden müssen. Das, meine Herren, sind die Anklagen gegen Dinge, aber nicht gegen Personen, und wer in Wahrheit sehr ernste Ziele zu vertreten hat, hat die Pflicht, gegenüber der Landesvertretung die letzten Gründe seiner Maßregeln nicht unausgesprochen zu lassen. und sich nicht blos auf der Oberfläche zu bewegen. Er muß sich nicht scheuen, sachliche Anklagen zu erheben. Mehr war hier nicht vorliegend, von persönlichen Anschuldigungen habe ich nichts gehört, und ich glaube im Sinne des Herrn Minister -⸗Präsidenten zu handeln, wenn ich diese Behauptung, als hätte er seine Kollegen angeklagt, indem er, was geschehen, vorbrachte, zurückweise. Es ist eine falsche und, wie ich glaube, ein wenig sophistische Ausle⸗ gung — ich hoffe bei dieser Bezeichnung nicht gegen die parlamentarischen Regeln zu verstoßen — wenn den Worten des Herrn Minister⸗Präsidenten diese Deutung gegeben ist,
Ich komme nun, meine Herren, auf den Vize⸗Präsidenten. Der geehrte Herr Vorredner hat zuerst den angeblichen Vize ⸗Präsidenten als eine solche Person bezeichnet, die ihm und seinen Freunden nicht erwünscht sei. Auf diese Seite der Sache kann ich selbstverstäudlich kaum eingehen, weil Zeitungsnachrichten in dieser Beziehung für mich nicht authentisch sind. Wir werden also abzuwarten haben, auf wen die Wahl Sr. Majestät sich richten wird. Sollte sie auf diejenige Person fallen, welche der Herr Vorredner im Sinne hat, dann nehme ich an, daß dieser Mann wissen wird, sein Programm und seine politischen Absichten hier vor Ihnen und vor dem geehrten Herrn Vorredner darzulegen und zu ,, und ich habe das Gefühl, daß dann bei dem geehrten Herrn Vorredner insofern eine Ent⸗ täuschung eintreten wird, als er wahrscheinlich findet, daß dieser Mann lange nicht so schlimm ist, als er ihn sich vorstellt.
Was aber die sachliche Seite der Einrichtungen betrifft, die Nothwendigkeit des Vorhandenseins eines solchen Vize-Praͤsidenten, meine k so bin ich ebenfalls entgegengesetzter Ansicht, wie der 6 orredner. Ich glaube, daß gewisse Abnormitäten in der
onstruktion des Ministeriums Abhülfe finden, wenn wir Jemanden haben, der mit voller ungetheilter Thätigkeit fich dem Geschäfte des n, widmet, sich zur Aufgabe stellt, diese gewisse Solidarität herzusfellen, welche, wenn sie auch vorhanden war, nicht immer so klar an den Tag getreten ist, wie ich es gewünscht hätte. Es fragt sich sehr, und es ist das ein Punkt, den man von verschiedenen politischen kund öffentlichen Seiten betrachten kann — ob nicht gerade diese Stellung ohne Spezial ⸗Portefeuille Vieles für sich hat, auch im