1878 / 144 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Jun 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Deutsch⸗Krone, 19. Juni. In Folge einer Aufforde⸗ rung des hiesigen Magistrats fand am , Sonntag, i en lag 1 Uhr, eine zahlreich besuchte Bürger⸗ verfammlung auf dem hiesigen Marktplätze statt. Der Bürgermeister Muller hielt Namens des Magistrats eine An⸗ in welcher er dem Abscheu über den zweiten Mord⸗ versuch gegen Se. Majestät den Kaiser und der unwan⸗ delbaren Liebe, Treue und Verehrung der Bürger von Deutsch⸗ Krone Ausdruck gab.

Sodann wurde die nachstehende Adresse verlesen: Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser! Allergnädigster Kaiser, König und Herr! .

Die erschütternde Kunde, daß wiederum die Hand eines Buben es gewagt, sich zu erheben gegen die geheiligte Person unseres all⸗ geliebten und allverehrten, unf guten und großen Kaisers und Königs hat ung mit tiefstem Entsetzen und Abscheu erfüllt. Die erschreckliche Thatsache, daß das theure Leben des liebengwerthesten Vaters seines Volkes gefährdet sei, hat uns in Verzweiflung und Trauer gestürzt. An dem Schmerzenslager Ew. Majestät weilten bang und kummervoll unsere Gedanken. .

Zu dem allmächtigen Gott erhoben sich unsetz bekũmmerten erzen und flehten baldige Genesung herab auf das ehrwürdige aupt des Hohen Greises, der die Liebe und Verehrung Seines

treuen Volkeg Sein eigen nennt in einem Grade, wie kein anderer Herrscher auf dem Erdenrunde. Daß diese Liebe und Verehrung ig dem deutschen Volke nicht erstorben sind, das wollen Ew. Majestãt wir versichern. Darthun wollen wir an unserem Theile, daz voch in unwandelbarer Treue das preußische, das deutsche Volk zu seinem väterlichen Kaiser und Herrn steht. Verhüten wollen wir helfen, daß Ew. Majestät landesväterliches Herz irre werde an Seinem durch die Schandthaten der jüngsten 5 so tief ge⸗ demütigten, so schwer getroffenen und doch selnen erhabenen Herrscher so innig liebenden Volke. Zu diesem Zwecke haben wir uns, allen Ständen, allen Konfessionen angehörig, heute einmüthig versammelt, heute, da in unsere Herzen die frohe Hoffnung eingezogen ist, daß der Gott, der den ruhmreichen Einiger des deutschen Vaterlandes stets so sichtbar beschirmte, Ihn uns auch jetzt erhalten werde.

Zu Ihm flehen wir inbrünstig und in tiefster Demuth, daß Er, der Allmächtige und Allgütige, erhalte, schütze und segne unseren ge⸗ liebten Landesvater.

In diesem herzinnigen Wun che verharren in tiefster Unter—

thänigkeit Die treugehorsamsten Bürger der Stadt Dt. Krone.

Die Adresse wurde unverändert angenommen und die Ver⸗ sammlung mit einem e auf den Kaiser und Absingung des Preußenliedes geschlossen. Die Adresse bedeckte sich mit J, von Unterschriften aus allen Ständen der

ürgerschaft.

Sachsen. Dresden, 20. Juni. (W. T. B.) Die . läumsfestlichkeiten haben mit dem gestrigen Hof ball ihren Abschluß gefunden. Während der fünf Festtage, wo die in den Straßen sich bewegende Menschenmenge oft hundert Tausend überstieg, ist kein Unfall und keine einzige Störung zu ver⸗ . gewesen. Die Polizeibehörde hatte jede das Publikum elästigende Maßregel vermieden. Ihre Majestäten der König und die Königin sind heute Mittag nach Pillnitz zurückgekehrt. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen ist in der Nacht nach Camenz, die Groß⸗ herzoglich sächsischen Herrschaften sind heute Nachmittag nach Weimar abgereist. Der Erzherzog Wilhelm hat sich bereits gestern nach Wien zurückbegeben. Das „Dresdner Journal“ veröffentlicht eine lange Reihe von Ordens—⸗ verleihungen und Auszeichnungen.

HSessen. Darmstadt, 21. Juni. (W. T. B. Die Zweite Kammer ist auf den 28. Juni einberufen worden.

Bremen, 19. Juni. Die Bürgerschaft berieth in ihrer heutigen Sitzung u. A. die Ober⸗Landesgerichts frage. Be⸗ kanntlich hat der Senat zu Ende des vorigen Jahres in einer ausführlich motivirten Mittheilung den Antrag gestellt, die Bür⸗ gerschaft möge zum Abschlusse eines Vertrages mit Hamburg und Lübeck wegen Errichtung eines Ober⸗Landesgerichts mit dem

Sitze in Hamburg ihre Zustimmung ertheilen. Von Seiten

der Mehrheit einer Deputation wurde dagegen beantragt, die Errichtung eines auf Bremen beschränkten Ober⸗Landesgerichts zu beschließen, während die Minorität dem Antrage des Senats beigetreten ist. Die juristische Kommission stellte folgende Amendements zu dem Senatsantrage: 1) die Bürgerschaft be⸗ hält sich eine Entscheidung der Frage vor, ob die bremischer⸗ seits anzustellenden Mitglieder des Ober⸗Landesgerichts allein durch den Senat zu wählen seien; 2) empfiehlt sie, in den mit Hamburg und Lübeck abzuschließenden Vertrag eine Be⸗ stimmung des Inhalts aufzunehmen, daß dem Ober⸗Landes⸗ gerichte die Jurisdiktion in Bezug auf Rechtsmittel in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit von jeder der drei Städte überwiesen werden kann; 3) giebt sie anheim, ob in dem

Vertrage einem der drei Senate allein oder abwechselnd je

einem derselben das Direktorium in der Landes⸗Justizverwal⸗ tung hinsichtlich des Ober⸗Landesgerichts zu übertragen sei. Nach längerer Debatte wurden diese Amendements angenom⸗ men. Darauf erfolgte die Annahme des Senatsantrags auf

Errichtung des Ober-Landesgerichts für alle drei

Städte mit dem Sitze in Hamburg in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 65 gegen 49 Stimmen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 19. Juni. Die Königin der Belgier ist heute früh hier eingetroffen und wurde auf dem Westbahnhofe von dem Kaiser empfangen. Nachmittags reiste die Königin nach Pest weiter.

Den bereits mit der Kaiserlichen Sanktion versehenen ,, chlüssen zufolge, beträgt das ganze gemeinsam zu bedeckende Erforderniß für das laufende Jahr 106 673 466 Fl. und nach Abzug der mit 9 000 900 Fl. ver⸗ anschlagten Neinerträgnisse des Zollgefälls 97 673 4586 Fl. Die auf die westliche Reichshälfte hiervon entfallende Quote nach dem Verhältnisse 68,6: 31‚4 beträgt 67 003 97 Fl. 68 Kr. Die Ausgleichskommission des Herrenhauses hat die bisher noch nicht durchberathenen Ausgleichsvorlagen, ins— besondere das ,,,. zum Ausgleich, durchweg im Sinne der Beschlüsse des Abgeordnetenhguses erledigt. Die nächste , des Herrenhauses ist bisher noch nicht anberaumt, dürste aber schon am nächsten Freitag oder Sonn⸗ abend stattfinden.

Der „Pol. Korr.“ wird aus Malta, 18. Juni, über die englische Flotte und die indischen Truppen auf Malt a geschrieben: ö .

„Die neueste Nachricht betrifft die Vereinigung einer englischen Escadre in Portland Obschon unter den Panzerschiffen, welche den Befehl erhalten haben, sich nächste Woche in Portland zu versam⸗ meln, neben dem ‚Thunderer“ kein zweites von gleich starker Kon⸗

struktion sich besindet, so bilden sie dennoch, zusammengenommen, eine zahlrei lotte, und es dürfte nicht obne Interesse 7 die erwähnten Schiffe näher zu bezeichnen. Diese Escadre be⸗ teht aus den sieben Enterschiffen: Warrior“, Hercules“, Hektor“, Valiant, Resistance', Lord Warden und Penelope“, dann aus sieben Thurmschiffen: Thunderer., Prince Albert., Cyelopg:, Sydra“, Hekate, Gorgone n, Glatton n; vervollständigt wird die Escadre durch die ‚Laodicea⸗, eine Korvette ohne Panzer, ferner die Korvetten Vesuvius“ und Lightning“, einige Torpedos, einige Aviso und einige Kanonenboote.

Sämmtliche Panzerschiffe zusammen genommen haben 121 Kanonen und 5349 Mann an Bord.

Der Dampfer Helikon“ ist am 9. d. M. von hier nach Marseille , um den Herzog von Cambridge an Bord zu nehmen, welch letzterer künftigen Sonnabend hier erwartet wird.

Es sind bereits alle 27 Schiffe mit den Truppen aus Indien hier angelangt. Der Typus der nun vollzählig anwesenden Indier ist bei allen Regimentern, mit Ausnahme der Gurkas, derselbe, Letztere sind dunkler gefärbt als die Indier, ihre Gesichtsfarbe ist beinahe ganz schwarz, während die der anderen nur rothbraun ist; die Gestalt der Gurkas ist klein, untersetzt, ihr Gesicht ist dick und ihre Züge ohne Ausdruck, ihre Augen ganz klein; wären es nicht Schwarze, so könnte man sie für Japanesen halten, denen sie ähnlich ehen. Ob zwar das Thermometer auf Malta bereits 20 Grad

ésaumur erreicht hat und Alle hier unter der Sonnengluth leiden, klagen die Indier beständig über Kälte, und des Abends sieht man in ihren Lagern bei jedem Zelte ein großes Feuer brennen, an welchem sie sich wärmen.

Die Indier erfreuen sich nach wie vor der größten Sympathien der Bevölkerung. Es giebt kein Haus, vor dem man des Abends nicht ein oder zwei Indier mit den Bewohnern zusammen sitzen und plaudern sieht. Besonders aber scheinen sie die Gunst der Kinder zu genießen; gar oft sitzen Indier auf der Straße, umgeben von fünf bis sechs kleinen Kindern, die sich mit großem Vergnügen um die Fremden schaaren, auch sieht man die Indier kleine Kinder auf den Armen herumtragen. Ueberhaupt zeichnen sie sich durch große Herzensgüte, Sanftmuth und Intelligenz aus. Am Sonntag bilden die Indier⸗Lager den Versammlungeplatz der ganzen vornehmen Welt von Malta; Alles strömt in Wagen nach den Zelten derselben, wo man sich beim Klange ihrer vorzüglichen Musikkapellen recht gut unterhält. Während ihrer Mahlzeit verabreichen sie mit großer Freigebigkeit den Anwesenden i . eine Art Mehlkuchen in Oel gebacken; sie essen ein Fleisch.

91 verlautet hier, daß binnen Kurzem 16000 Mann englischer Truphen ankemmen werden.

Bis jetzt sind im Ganzen 57 Cholerafälle unter den Tru ppen vorgekommen, und es scheint, daß die Gefahr abnimmt.“ Lemberg, 19. Juni. In der heutigen Berathung des israelitischen Gemeindetages, zu welchem fast sämmt— liche Kultusgemein den Galiziens Vertreter entsendet haben, wurden die Anträge, betreffend die ostgalizischen Normalschul⸗ fonds und die Ausarbeitung eines Musterstatuts, angenommen und eine ständige Kommission von 21 Mitgliedern zur Aus⸗ arbeitung desselben gewählt.

ß, 19. Juni. Nach dem „Naplo“ wird der Reichs⸗ tag am 30. Juni durch den Kaiser mittels Thronrede ge⸗ schlossen werden.

Schweiz. Bern, 19. Juni. (Bund.) In der heu⸗ tigen Sitzung des Nationalraths wurde mitgetheilt, daß der Bundesrath an die eidgenössischen Räthe ein Schreiben gerichtet hat, in welchem die Gotthardbahnvorlage auf Anfang nächster Woche in sichere Aussicht gestellt und der Wunsch ausgesprochen wird, es möchte die gegenwärtige Session der Bundesversammlung am 22. Juni . und am 15. Juli er a, , n werden. enn die Gotthardbahnfrage Koch in diesem Jahre erledigt werden solle, so müsse sie mit Rücksicht auf die Fristen des Volksentscheides von den eidgeniössischen Räthen mit möglichster Beschleunigung behandelt werden. Auf den Antrag Kleins wurde die Gott— hardkommission eingeladen, noch am Schlusse der heutigen Sitzung über die Vertagungsfrage ihr Gutachten abzugeben.

(N. Zürch. Ztg. Der Nationalrath hat beschlossen, den Zolltarif zu beendigen und sodann die Session bis zum 29. Juli zu vertagen. Der Zolltarif ist bis zum Tabak vorgerückt. Der Ständerath ratifizirte heute mit 31 gegen 1 Stimme den Handelsvertrag mit Rumänien mit der Einladung an den Bundesrath, den Abschluß eines Niederlassungsvertrages auf Basis der vollständigen Gleich⸗ stellung aller Schweizerbürger fortwährend im Auge zu be⸗ halten. Der Ständerath bewilligte ferner 1 029 469 Fr. Nach⸗ tragskredite und beschloß, sich vom 22. Juni bis 29. Juli zu vertagen, nachdem er eine Kommission zur Berathung der Gotthardsubvention gewählt hatte.

Großbritannien und Irland. London, 19. Juni. (C. C.) Nach einer vom Auswärtigen Amt an den Lord⸗ mayor von London gerichteten Mittheilung ist die vom

Hofe der Aldermen gefaßte Resolution, worin ihr Be⸗

dauern über den zweiten Mordanfall auf den Kaiser Wilhelm ausgedrückt wird, dem hiesigen deutschen Bot⸗ schafter mit der Bitte um Weiterbeförderung überreicht worden. Gestern starb in Ramsgate Hr. H. W. F. Bölckow, Unterhausmitglied für Middlesboroug h. Gestern, als am 63. Jahrestage der Schlacht von Waterloo, be⸗ trug die Zahl der noch lebenden englischen Offiziere, welche daran Theil genommen haben, 43. Von ihnen be⸗ ziehen 25 vollen oder Halb⸗Sold, während ihrer 18 den Dienst gänzlich verlassen haben. Von ersteren haben 11 Generals⸗ rang, 2 sind Obersten, 2 Hauptleute, 5 Lieutenants, 2 Wund⸗ ärzte und einer Quartiermeister.

21. Juni. (W. T. B.) Die Regierung hat be⸗ schlossen, eine größere Anzahl von Truppen und Kriegs⸗ material nach dem Kap zu senden. Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Erzerum berichtet, die Ar mee Ismail Paschas werde reorganisirt und habe Verstärkungen erhalten. General Lazareff sei daselbst eingetroffen und habe Besitz

von der Citadelle ergriffen. Dublin, 20. Juni. (W. T. B.) Der Kardinal

Mac Cullen ist aus Rom hierher zurückgekehrt.

Frankreich. Paris, 19. Juni. (Fr. C.) Der Erz⸗ bischof von Paris, Kardinal Guibert, ist aus Rom zurückgekehrt. In Folge des in den Gruben des Allier⸗ Departements herrschenden Strikes sind in Commen⸗ try gestern Abend von Clermont-Ferrand zwei Bataillone des 139. Linien⸗Regiments mit dem Oberst eingetroffen. Wie man aus Bordeaux meldet, haben auch die Kalfater und Schiffszimmerleute der dortigen Werften ihre Arbeiten einge⸗ stellt; sie verlangen eine Erhöhung ihres Lohnes von 5 auf 6 Fr. pro Tag.

20. Juni. (W. T. B.). Die für heute anbe⸗ raumte Truppenrevue im Bois de Boulogne hat bei sehr an Witterung und unter . einer großen Zu⸗

auermenge stattgefunden. Die Zahl der Truppen betrug

gegen 35 000 Mann. Der Schah von Persien wohnte vo en ebe nem line e, chr, be! .

Italien. Rom, 20. Juni. (W. T. .) In der heu⸗ tigen Sitzung der Deputirtenkammer kündigten Caba— lotti und Genossen eine Interpellation bezüglich des jungst veröffentlichten englisch⸗russischen Memoran⸗

ums, sowie bezüglich der den italienischen Kongreßbevoll— mächtigten in Betreff der Interessen Griechenlands und der kleineren Staaten gegebenen Instruktionen an. Im Verlaufe der Sitzung wurde das Budget des Kriegs— Ministeriums genehmigt.

Griechenland. Athen, 18. Juni. (Pol. Korr.) Die Türken haben am 17. d. M. bei Heraklion einen Angriff auf die Christen unternommen, bei welchem erstere nach , . Kampfe zurückgeschlagen wurden. Die Christen lieben im Besitze der früher von den Türken innegehabten Positionen. Eine große Anzahl der Letzteren wurde getödtet.

Türkei. Pera, 12. Juni. In Folge der seit dem letzten Herbst hier sehr stark herrschenden, gegenwärtig zwar im Abnehmen, doch noch keineswegs im Erlöschen begriffenen Typhus⸗ und Blattern⸗Epidemie hatte auch eine An⸗ 36 mit derartigen Krankheiten behafteter Personen in un—

serem deut schen Hospit ale Aufnahme gefunden.

Um das Krankenhaus von solchen Kranken möglichst bald

zu säubern und für die Folge von denselben frei zu halten, entschloß man sich zum Bau einer Baracke für Letztere und entschied sich bei der Dringlichkeit der Maßregel dafür, eine solche auf einer Parzelle des Hospitalgrundstücks, welche bisher unbenutzt war, zu erbauen. Die nöthigen Baufondz wurden durch freiwilkige Beiträge in Deutschland ge— sammelt und der Bau im Laufe des Winters in Angriff ge⸗ nommen. Die Baracke ist nunmehr fertig gestellt, gestern erh eingeweiht und den Diakonissinnen unseres Kranken hauset übergeben worden. Nach dem Ausspruche hiesiger Spitalärzte ist diese Baracke, welche zunächst für 12 bis 16 Betten ein— gerichtet ist, von wesentlichstem Nutzen für die Salubrität des leider immer noch überfüllten Hospitals und die Einrichtung derselben praktischer und zweckentsprechender als diejenige anderer Baracken hier am Orte.

Die s. 3. von Ihrer Majestät der Königin von Sach— sen zur Pflege der Verwundeten hierher gesandten 12 Pflegeschwestern haben, nachdem sie fast ein Jahr lang mit großer Aufopferung und unter allgemeiner Aner— kennung sich der Krankenpflege gewidmet, ihre Mission been— digt und sind nach ihrer Heimath zurückberufen worden, wo— hin sie am 14. d. M. über Triest abreisen werden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Jumi. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ be spricht die Haltung, welche die türkischen Kongreßdele— girten den Meldungen auswärtiger Blätter zufolge anneh= men. Das Journal weist denselben gegenüber darauf hin, daß die Türkei sich den Entscheidungen des Kongresses zu fügen habe. Die Pforte suche das Einvernehmen der Mächte zu stören, indem sie alarmirende Nachrichten verbreiten lasee. Das Journal meint, daß die Mächte den Werth des Wider— standes der Türkei . ermessen wissen würden, und hofft, daß sie die Türkei in Respekt halten werden.

Amerika. Washington, 20. Juni. (W. T. B.) Der Kongreß hat das Gesetz, betreffend die an England zu er— folgende Zahlung der durch die Entscheidung des Schiede—

erichts in der kanadischen Fischerei⸗Angelegenheit festgesetzten Summe, definitiv genehmigt. Ferner wurde mit 144 gegen 61 Stimmen eine Resolution angenommen, in welcher ein Amendement zur Verfassung vorgeschlagen wird, dahin gehend, daß jede Zahlung in Folge von Rekla— mationen i n, Konföderirter wegen während det Bürgerkrieges erlittenen Schadens an Eigenthun für immer untersagt sein soll.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vem J. Juni bis inel. 15. Juni cr. zur Anmeldung gekommen: 209 Che— schließungen, 767 Lebendgeborene, 42 Todtgeborene und 746 Sterbefäll.

Von der „-Statistischen Skizze des Deutschen Reichs nebst Luxemburg“ von B. H. F. Brachelli, dem überan thätigen Vorstande des statistischen Departements im K. K. öster reichischen Handels Ministerium ist im Verlage der J. C. Hinrichk⸗ schen Buchhandlung jetzt die vierte, verbesserte Auflage erschienen. Die kleine Schrift, welche zugleich eine Ergänzung zu der siebenten Auflage von Stein und Wappäus' Handbuch der Geographie um 53 bildet, umfaßt auf dem verhältnißmäßig kleinen Raum. von wenigen Bogen ein sehr reiches statistisches Materigl, das au den zuverlãssigsten Quellen nach den neuesten Ergebnissen geschöpt, sich in gründlicher Weise über Flächeninhalt und Bevölkerung, Land und Forstwirthschaft, Bergbau, Hüttenwesen, Salinen, gewerblitze Industrie, Handel und Verkehr, Unterrichtswesen, Kirchenwesen, Reichsverfassung, Verfassung der einzelnen Bundesstaaten, Reicht und Staats -⸗Finanzen und über das Krieges wesen, also über alt Gebiete des Staats und Volkslebens erstreckt, und in seiner knappen gedrängten Form besonders zum Handgebrauch eignet.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Hr. Prediger Dr, J. Müllensie fen, der am Pfingsttas als dem von der obersten Kirchenbehörde angesetzten Buß und But tage, amtlich nicht zu wirken hatte, hat am nächsten Sonntage dr erschütternden Ereignisse der juͤngsten Vergangenheit seiner Gemeine im Lichte des göttlichen Wortez vorgeführt. Auf vielfach aukhe, sprochenem Wunsch wird derselbe diese Predigt durch den Dru weiteren Kreisen zugänglich machen. Dieselbe wird im Verlage roh Carl Habel hierselbst unter dem Titel: ‚Weißt du nicht, daß Götte Güte und Gottes Ernst dich zur Buße leitet? Predigt über Röm 11, 33— 36, in Bezug auf die schweren Ereignisse der jungsta Vergangenheit, am Sonntag Trinitatis, den 16. Juni, in de Marienkirche zu Berlin gehalten“ erscheinen. Der Preis win ca. 50 9 betragen. ;

Die Aufstellung eines den Anforderungen der Wissen t wie der Praxis entsprechenden Systems des Cbwilprozeßrechks erhil durch den umfangreichen und theilweise völlig neuen Stoff der deutsche Reichsjustizgesetze gegenwärtig eine erhöhte Bedeutung. In einmh vor Kurzem im Verlage von Wilhelm Köbner in Breslau erschien n Buche: „Sy stematik des deutschen Eivisprozeßrect auf Grundlage der deutschen Reichsjustizgesfetze ,

leich Grundriß zu Vorlesungen⸗., hat Dr. L. von Bat rofesior an der Universität Breslau, es sich Aufgabe gestellt, wie er in der Vorrede bemerkt, diese Stoff mit den Details in dasjenige System einzuordnen, wel ö der Verfasser bereirz der Skizze des Civilprozesses in v. Holtzendot Encyclopädie der Rechtswissenschaft (2. u. 3. Aufl) Band : Wesentiichen zum Grunde gelegt und in seinen Vorlesungen hemp bat.“ Die vorliegende gründliche Arbeit verdeutlicht in vielsat Beziehungen den Anschluß des neuen an das bisherige Recht und

1

bisherige Rechtswissenschaft

und erleichtert dadurch Ueber⸗ blick und Verständniß

des neuen Civilpro 6 und r um so mehr, als die Sätze des vilpro aus mehreren getrennten Gesetzen, dem Gerichtsverfassunge⸗ esetze und der Civilprozeßordnung (bezw. Konkursordnung), theilweise r aus den betreffenden , , zusammengesucht wer den müssen. Namentlich dürfte sich aber die Verwendung eines derartigen Systems des Civilprozesses als Grundlage oder Grundriß des akademischen Unterrichts empfehlen. Der Stoff der neuen Justiz- gesetze ist ein 3 bedeutender, daß ohne solches Hülfsmittel, welches während der Vorlesung mühelos dem Zuhörer eine ewisse Vertraut⸗ heit mit dem Texte der Gesetze vermittelt, der akademische Unter- richt Gefahr läuft, entweder zu sehr von dem positiven Stoffe ab⸗ zusehen oder aber die allgemeinen theoretischen Grundlagen und die geschichtliche Entwickelung zu vernachlässigen. London, 19. Juni. Lord Hardwicke ist für das fol⸗ ende Jahr zum Vorsitzenden der Britischen Archäo— ogischen Gesellschaft erwählt worden. Die Jahresversamm⸗ lung des Vereins ist auf den 19. August festgesetzt und wird in Wisbech stattfinden.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ueber den Obst⸗Ertrag im Großherzogthum Hessen im Jahre 1877 entnehmen mir dem diesjährigen Juni⸗Hefte der „Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Landesstatistik“ folgende Mittheilungen: Im Ganzen wurden im Großherzogthume i. J. 1377 an Obst geerntet: 472 184‚4 Ctr. im Werthe von 2226 516,06 M gegen 514 296,1 Ctr. und 2 660 568, 87 4 i. J. 1876, also weniger 42 111,7, Ctr. und 434 052,81 6 Der Er⸗ trag der einzelnen Obstarten stellte sich folgender Weise: Aepfel: 239 371,8 Ctr. im Werthe von 1052 007,22 6, gegen 420 915,1 Ctr. und 1 893 800,57 4 i. J. 1876 181 5433 Ctr. und 841 793,35 46). Birnen: 82 936 Ctr. im Werthe von 310 798,865 M gegen 32 330 Ctr. und 147 894,50 i. J. 1876 (4 50606 Ctr. und 162 904,35 SM). Zwetschen und Pflaumen: 9 498,8 Ctr. im Werthe von 339 746,55 gegen 12 208,5 Ctr. und 71 992, 70 4 i. J. 1876 (4 80 290,3 Ctr. und 267 753,85 S6). Aprikosen und Pfirsiche: 3308 Ctr. im Werthe von 14917, 20 416 gegen 3871 Etr. und 70 785 M i. J. 1876 (— 3540, Ctr. und 56 767,80 M6. Kirschen: 22 7164 Ctr. im Werthe von 136 668,60 M gegen 20 143 Ctr. und 157 773,68 41 i. J. 1876 (also 4 25744 Ctr., aber 21 105,08 4). Eßbare Kastanien: 33,5 Ctr. im Werthe von 275 ½ gegen 15,5 Ctr. und 169 S i. J. 1876 (4 186Ctr. und 106 S6. Nüsse (Wallnüsse): 32 607,8 Ctr. im Werthe von 347 997,19 6 gegen 18112 Ctr. und 210 752,32 4M i. J. 1876 (4 14495,8 Ctr. und 137 244,87 46). Tafeltrauben (zum Verkauf): 1689, z Ctr. im Werthe von 25 095,45 416 gegen 6701 Ctr. und 107 401,10 M i. J. 1876 (— 5011,7 Ctr. und 3 335 65 .

Gewerbe und Sandel.

Berlin, 21. Juni. Der Wollmarkt ist beendet. Nur w nige Posten liegen noch in den Zelten des Wollmarkts, und auch diese mit Ausnahme eines einzelnen Postens von 10 Sack sind verkauft und werden lnoch heute abgefahren werden. Die Gesammt⸗ summe der zu Markt gebrachten Wollen belief sich auf 26 875 Ctr., welche von rund 400 Verkäufern eingebracht waren. Ven diesen Verkäufern waren 140 Produzenten, die übrigen Händler. Etwa 1000 Etr. (meist pommersches Produkt) gehörten den hochfeinen Wollen an, die übrigen waren, meist Mittelwollen, und nur wenige von geringer Qualität. Der höchste Preis, welcher gezahlt wurde, betrug 204 S pro 50 kg, der geringste Preis für ge⸗ waschene Wollen 126 M Die Höhe der Preise fur die einzelnen Qualitäten haben wir bereits in den vorhergehenden Berichten an⸗ gegeben. Die Selbstzüchter hatten bereits am ersten Tage fast sämmt⸗ liche Wolle verkauft und zumeist an die Kensumenten (Fabrikanten und Spinner) selbst. Der Markt ist noch niemals so früh ge⸗ schlossen worden wie in diesem Jahre.

Aus dem Geschäftsbericht der Nationale“, Lebens versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit zu Ber⸗ lin, ergiebt sich, daß im Jahre 1377 3275 Anträge mit 3 72 550 4

einliefen, wovon 47 der Summe und 440/ der Anträge abgelehnt

wurden. Der Netto⸗Zugang bei der „Nationale“ betrug 665 Per⸗ sonen mit 665 125 . Die Unter-⸗Sterblichkeit betrug 5 Personen mit 17024 M Das Jahr 1877 schließt mit einem Gewinn ab von 197 428 S, welche auf das Organisations⸗Konto abgeschrieben wur⸗ den; auf diesem verbleiben noch 100 549 M, welche aus dem den ö vorgeschriebenen Garantiefonds entnommen wor⸗ en sind.

Die Thüringische Eisenbahn hat im Jahre 1877 aus dem Betriebe der Stammbahn einen Reingewinn von 3 617 900 M. erzielt, abzüglich der Beiträge zum Reserve⸗, Erneuerungsfonds ze. Hiervon sind als Dividende auf die Stammaktien Litt. A. vertheilt 780 o mit 3 327 165 M (637) 800 Mƽ Stammaktien Litt. A. sind noch nicht begeben). Auf die Stammaktien der Zweigbahnen wurden Di⸗ videnden in Höhe von 1374 728 66 gewährt. Der Reserve⸗ und Erneuerungsfonds beziffert sich auf 3 611 349 46 und der Pensions⸗ und Unterstützungsfonds auf 2 833 076 M An Baukosten sind in der Bilanz pro 1877 aufgeführt: für die Stammbahn von Halle bis Gerstungen nebst den Zweigbahnen Weißenfels⸗Gera, Corbetha-Leipzig, Leipzig⸗

eitz einschließlich der Betriebsmittel, sowie Betheiligaung am tammaktienkapital der Werrabahn 79 346 553 M, Aufwand für Neu⸗ und Erneuerungsbauten der genannten Bahnen, Baukosten der Zweigbahn von Dietendorf nach Arnstadt und für Verrechnung der Betriebsmittel 21 915 989 „, Gotha ⸗Leinefelder Bahn 16470 309 4, Gera ⸗Eichichter Bahn 17 981 942 M, Summa der Baukosten über⸗

haupt 135714 885 1½. Die Bilanz schließt auf beiden Seiten mit

166 878 050 M ab.

Der d,, ,,, der Nienburger Eisengießerei und Maschinenfabrik für 1877 weist einen Bruttogewinn von 56 263 4 und nach den vorgenommenen Abschreibungen in Höhe von 20 219 M6 (gegen 19 956 S, im Vorjahre) einen Reinertrag von 36 044 M auf. Der Reingewinn wird wie folgt vertheilt: Ueberwei⸗ sung an den Reservefond 4000 MS, Tantième an die Direktion 1800 4M, Tantièùme an den Verwaltungsrath 1800 46, Conto pro dubiosa 7500 M, 30½ Dividende à 600 000 M: 20 000 M, Ge⸗ winnvortrag auf neue Rechnung 944 (S0.

Nach dem Geschäftsberichte der Erzherzog Albrecht— bahn für 1877 haben sich die Betriebseinnahmen von 585 642 Fl. im Jahre 1876 auf 687 8065 Fl. erhöht, wogegen die Ausgaben 559 757 Fl. betrugen. Der Betriebsüberschuß beläuft sich demnach auf 128 049 Fl. gegen einen Betriebsausfall von 145 922 Fl., im Jahre 1874, von 3 549 Fl. im Jahre 1875 und einem Betriebs überschuß von 39 662 Fl. im ,, Die Differenzen mit der Banca di costruzione di Milano wurden dahin beglichen, daß sich die Albrechtsbahn zur Zahlung von 100 000 F. Silber am 1. Juli 1878 und weitern 90 006 Fl. in fünf mit 2. Januar 1879 beginnenden Semestralterminen verpflichtete. Es bet rugen die Einnahmen aus dem Transport 558 742 Fl., aus diversen Quellen 129 063 Fl, zu⸗ sammen 687 80905 Fl.; die Ausgaben für allgemeine Verwal tung 53 106 Fl., für Bahnaufsicht und Erhaltung 202 308 Fl., für Ver⸗ kehrs⸗ und kommerziellen Dienst 172 221 Fl., für Zugförderungsdienst 108 957 Fl., für besondere Ausgaben 24082 Fl., fan g in Hö59 756 Fl. Die Staatsgarantie mußte mit S837 250 Fl. in An⸗ spruch genommen werden. . .

Eine Versammlung von Vertrauensmännern der wirth⸗ schaftlichen Vereine Rheinland⸗Westfalens und des mittelrheinischen Fabrikantenvereins beschäftigte sich in e amer Berathung mit dem Ausschusse des Vereins zur

ahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen Inter⸗ elsen in Rheinland und Westfalen am 12. d. Mts. in Düsseldorf mit der 6 einer gemeinsamen Bekämpfung der Sojiagldemokratse Seitens der Industriellen und Gewerb⸗ treibenden. Es wurde einstimmig beschlossen, eine Versammlung aller Industriellen und Gewerbetreibenden Rheinlands und West⸗ . behufs Vereinbarung einer gemeinsamen Kundgebung gegen die ozialdemokratischen . auf Montag, den 24. Juni, Nach⸗

mittags 2 Uhr, nach der Tonhalle in Düsseldorf zu berufen. So⸗ dann wurden vier Resolutionen vereinbart, welche der Versammlung am 24. d. Mt. zur Annahme unterbreitet werden sollen.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Triest, 29. Juni. (BW. T. B.) Der Lloyd⸗Dampfer Aurora ist mit der ostindischen Ueberlandpost heute Nach⸗ mittag 4 Uhr aus Alexandrien hier eingetroffen.

Berlin, 21. Juni 1878.

Deutsche geologische Gesellschaft. Sitzung am 5. Juni 1878 Vorsitzender Hr. Websky. Hr. Lossen machte auf eine seit 1859 in der Literatur verbreitete und zuletzt von Hrn. Nehring wie⸗ derholte Angabe aufmerksam, wonach mit dem Schädelrest des Moschusochsen auch Le mmingreste im Diluvium des Kreuz— berges gefunden sein sollen, und erklärte dieselben als auf einem Mißverstãndniß beruhend, indem die von Quedlinburg beschriebenen Lemmingreste auf Berlin bezogen worden seien. Derselbe gab ferner Nachricht von der Auffindung der Ealudina diluviana Kunth im Geschiebelehm zu Möckern im Königreich Sachsen durch Hrn. A. Sauer, welcher diesen Geschiebelehm als dem Oberdiluvium an= gehörig erklärt, wodurch Palud. diluviana als Leitform für das Unterdiluvium im Sinne des Vortragenden in Frage gestellt würde. Die bisherige Erfahrung, wonach die genannte Schnedte nur aus Unterdilupium bekannt ist, lasse einstweilen den Lehm bei Möckern höchst wahrscheinlich als unteren Geschiebelehm ansehen, umsomehr, als die nähere Beschreibung des Vorkommens durch Sauer selbst mehrere gewichtige Gründe dafür beibringe. Hr. O. Speyer theilte ein interessantes Schichtenprofil über die Gliede⸗ rung des Diluviums mit, welches durch eine Thangrube unweit des Bahnhofes Ober-Röblingen am Ostabhange des sogenannten Butter berges aufgeschlossen ist. Ein vor etwa zwei Jahren an dieser Stelle mit Erfolg niedergestoßenes Bohrloch auf Braunkohle gab die nächste Veranlassung zur Anlage der genannten Thongrube, indem man für die spätere Gewinnung der Kohle das Deckgebirge abzutragen suchte. Durch eine in Betrieb stehende höher und durch eine tiefer liegende Ausschachtung wurde von oben nach unten folgendes Schichtenprofil entblößt: 5 m Löß von typischer Beschaffenheit, auf der Höhe bedeu⸗ tend an Mächtigkeit abnehmend, so daß der darüber liegende 0,7 m mächtige Geschiebelehm hie und da zu Tage triit. Unter dem Ge— schiebemergel folgt 8 m mächtig ein gelblich grauer, sandiger Thon mit eingelagerten großen und kleinen Nestern und Streifen von nordischem Kies und Sand, hierunter 3,9 m unterer Geschiebemergel von gelblich grauer Farbe, sehr fest und schließt kreideähnliche größere und kleinere Kalkmollen, sowie einzelne Quarzgeschiebe ein, dann folgt 20 m Bänderthon, ein durch abwechselnd dunkele und hellere Streifen charakterisirter Thon, welcher eine 0 m mächtige Schotterbildung aus einheimischen Gesteinen (Muschelkalk und bunter Sandstein) überlagert, und diese letztere das Hangende der Braunkohle bildet. In dem unteren Geschiebemergel war in⸗ soweit die Untersuchungen ergaben Palud. dil viana nicht vor- handen; die Bänderthone ganz analog denen, welche schon früher Hr. v. Fritsch bei Teutschenthal und der Vortragende bei Eisleben beob— achtet haben. Abweichend von anderen Braunkohlenablagerungen der dortigen Gegend ist indessen das direkte Auflagern des älteren Diluviums auf Kohle, indem in den meisten Fällen zwischen ihr und jenem die weißen Tertiarsande 2c. auftreten. Im Anschluß an diesen Vortrag wies Hr. Lossen darauf hin, wie die Ordnung des von Hrn. Speyer mitgetheilten Profils, wenn man sis mit der Diluvialgliede⸗ rung bei Möckern vergleiche, ausgehend von der Lage des Bänder thons, ebenfalls zu Gunsten der Annahme spreche: Der Geschiebe— lehm über diesem Thon zu Möckern sei Unterer⸗Geschiebe⸗ lehm. Hr. Lossen machte endlich darauf aufmerksam, daß der Name „Bänderthon. Mißverständniß im Auslande erregen könne, da der ältere schwedische Name, Hfarwig lera“ sprachlich ganz dasselbe bedeute, aber ein viel jüngeres Glied des Diluviums sei. Hr. Websky legte einen von Hrn. Zimmermann in Striegau in Schles. gefundenen Bergkrystall aus den dortigen Graniten vor, welcher sich durch die singuläre Flächenausbildung an der einen von dem Ditriosder s 4 (a, ale: a: e) stark abgestumpften Ecke auszeich⸗ net; es stößt nämlich an diese in gleichfalls dominirender Aus⸗ dehnung t J (ala: as: a/s; C /).), und, mit dieser eine horizontale Kante bildend, eine matte, sich bis zur Spitze ausdehnende Fläche, für die man das Symbol 4 (asz as: a/ũ: s.) in erster Stel⸗ lung deduciren kann, welches von Descloizeaux einer Fläche Ba in zweiter Stellung an einem Krystall aus Brasilien und einem an⸗ deren aus dem Dauphins gegeben wurde. Es ist besonders merk würdig, daß eine große Anzahl mit demselben vorgekommener Krystalle von gleicher Farbe und sonst gleichem Habitus nicht die ge⸗ ringste Spur dieser Flächen erkennen läßt.

Weltausstellung in Paris 18758. III.

Eingangs des letzten Briefes wurde die Ansicht ausgesprochen, daß die internationalen Weltausstellungen in so übermäßig kurzen Intervallen an Werth verlieren. Diese Ansicht scheinen auch die meisten großen Kulturstaaten zu theilen, denn England, welches in handelspolitischer Beziehung den ersten Rang einnimmt und sich vor allen anderen Ländern am ehesten berufen fühlen könnte, den Schau— platz für diese Ausstellungen zu bieten, hat das in den Jahren 1851

und 1862 so glänzend durchgeführte Projekt noch nicht wieder er⸗

neuert. DOesterreich⸗ Ungarn hat seine Erfahrungen im Jahr 1875 gemacht, um nicht von Neuem den Staatssäckel mit einem Defizit von mindestens 14 Millionen zu belasten, und Deutschland, dessen Löge im Centrum Europas vielleicht sehr geeignet wäre, aus seinem Stillschweigen in dieser Hinsicht hervorzutreten, erfaßt die Situation jedenfalls am xrichtigsten: mit alleiniger Ausnahme der noch im kleineren Maßstabe auftretenden Ausstellung zu München 1854 hat sich für Deutschland noch keine Nothwendigkeit ergeben, das opferschwere und durch die Erfolge sich nur höchst mäßig belohnende Schauspiel einer internationalen Weltausstellung in Scene zu setzen. Weisen doch die letzten 27 Jahre nicht weniger als 8 große Welt— ausstellungen ungerechnet mehrere kleinere, über welche die Sta—⸗ tistik leichter hinfort sehen konnte auf. Der ersten in London 1851, zu welcher Frankreich 1349 den Impuls gegeben hatte, 3 1854 München, 1855 Paris, 1862 London, 1867 Paris, 1853 Wien, 1876 Philadelphia und 1878 Paris, so daß im Durch- chnitt nur ein Zeitraum von etwas über 3 Jahren zwischen zwei ich folgenden Weltausstellungen lag.

Daß sich das allgemelne Interesse in Folge dessen mehr und mehr abstumpfen mußte, ist klar, und heute hat man das Faktum zu konstatiren, daß verhältnißmäßig die großen Kulturländer gegen die, eine untergeordnet re Stellung einnehmen den, überseeischen, erft halbeivilisirten Staaten weniger Theil⸗ nahme zeigen. So hatte schon in Wien und 3 die 3 Theilnahme besonders des Orients und Ostasiens auf das Gesammtbild der Ausstellung durch rege Betheiligung einen wesent⸗ lichen Einfluß geübt, und diesmal sind und Japan noch Indien und einige von untergeordneter Bedeutung, welche dem Ganzen etwas zum internationalen Eindruck verhelfen. Persien, Egypten und das osmanische Reich haben Angesichts der drückenden politischen Situation entweder gar nicht oder doch nur mit sehr geringen Kräf⸗ ten beigesteuert. Indien speziell wird durch die kostbaren und theil⸗ weise höchst kunstvollen Geschenke seiner Fürsten an den Prinzen von Wales sehr achtbar repräsentirt, und in den prächtigen, europäische Kunstfertigkeit beschämenden Leistungen des e . und japani⸗ . Je , ist der Schwerpunkt der Ausstellungen des Orients zu finden.

Nach jenem Zeitabschnitt am Anfange des 15. Jahrhunderts, wo die unnachahmbare Kunst der Porzellanfabrikation in China so

es außer China kleinere Staaten

Zeitungs ⸗Verzeichnisses veröffentlicht.

viel Aufsehen in Deutschland, England, den Niederlanden und Frank reich machte und so viele Köpfe anstrengte, um das Geheimniß in ergründen, trat eine Pause, ein Rücschritt in der industriellen Ent⸗ wickelung Chinas ein, und erst am Ende des 17. und am 2 des 18 Jahrhundert Een, es diesem Lande wieder, einen wesentlichen Einfluß auf den Kunstgeschmack Europas zu üben. Jetzt, in der zweiten 6 des 19. Jahrhunderts, scheint das andere ostasiatische Kaierreich

apan, an die Stelle Chinas getreten zu sein un seine Einwirkungen auf den Geschmack im Kunstgewerbe merklich zu machen. Es drängt 8 dem gewissenhaften Beschauer (besonders in der französischen

usstellung) diese Thatsache so mächtig auf, daß man in fast allen Branchen des Kunstgewerbeg eine Entlehnung, ja sezar reine Nach- ahmung japanischer Modelle vor sich zu * glaubt. Bei den Werken der ein fachsten modernen zu ti fell sowohl, wie bei den kostbarsten Meisterwerken der ersten Möbelateliers und den Pracht stücken der Porzellanmanufaktur von Sevres kann man sich diesem Sindrucke nicht entziehen, denn sicher findet man beim Besuche der japanischen Abtheilung das unverhüllte und ungeschminkte Modell zu den vorher bewunderten Gegenständen. Es ist diese Thatsache in jedem Fall wichtig genug, um konstatirt zu werden, zumal schon vielfach in Fachkreisen die Ansicht ausgesprochen wird, daß sich hierin anscheinend eine neue Epoche, eine ganz ausgesprochene Richtung auf dem Gebiete unserer Kunstgewerbe ankündigt.

Als einzige Ausnahme in dieser 3 wäre vielleicht Eng⸗ land zu nennen, welches sich diesem bejw. dem französischen Einfluß größtentheils entzieht. Hier sieht man ein unabhängiges, charakte- ristisches Streben, welches die Moderichtungen anderer Länder nicht auf sich einwirken läßt. Selbst der in aller Welt hochgepriesene und als Maßstab hingestellte französische Geschmack scheint hier ganz un⸗ wirksam zu sein. Was England leistet, ist original, im ersten Augen⸗ blick überraschend, aber wohlgefällig, praktisch und solide. Tritt auch der Grundzug und der Gesammteindruck der englischen Richtung noch nicht so klar und wirkungsvoll hervor, so schlummert doch ein gesunder, guter Kern in dieser Entwickelung des nationalen Kunst⸗ geschmacks in England, so daß es fraglich ist, ob die heute noch vor= . en,, Frankreichs in kurzer Zeit noch zu konstatiren

ein wird.

Aehnlich wie in England, geht auch in Deutschland eine Um- wandlung in dieser Hinsicht vor sich; es ist jedenfalls auch hier das Bestreben bemerklich, sich allmählich von der Beeinflussung und Bevormundung des r en Geschmacks zu emanzipiren, und wenn es den bezüglichen Litenden Kreisen Deutschlands gelingt, diesen Bestrebungen eine bestimmte einheitliche Richtung zu geben, welcher die Kunstindustriellen des Nordens wie des Südens, des Ostens und des Westens gewissenhaft folgen und es dadurch er⸗ möglichen, ein ausgesprochenes deutsch'nationales Kunstgewerbe zu schaffen, dann dürfte sich durch die gewissenhafte Arbeit und die Intelligenz in der Heimath potenzirt, bei einer Ausstellung, welche vielleicht in 14 Jahrzehnten in Deutschland stattfände, die Wagschale des Vergleiches auf die Seite dieses Landes senken.

In Desterreich⸗ Ungarn hat sich dieses Streben nach Unabhängig-⸗ keit und Selbständigkeit im Kunstgeschmack schon früher bemerkbar gemacht als in Deutschland, und wurde dies von der Jury der Welt⸗ , Wien schon betont. Besonders in der- Möbeltischlerei und der Galanteriearbeit trat das überraschend hervor, doch bietet die Abtheilung des österreichischen Staates auf dem Champ de Mars zu wenig Gelegenheit, um einen bedeutenden Fortschritt auf dieser Bahn erkennen zu lassen. Es muß daher den Fach⸗ leuten und Preisrichtern, welchen selbst der geringfügigste Gegenstand Anlaß zu genauer Prüfung geben wird, überlassen bleiben zu beurtheilen.

Belgiens Leistungen im Kunstgewerbe stehen fast ausschließlich unter französischem Einflusse. In keiner anderen Abtheilung tritt dies so evident hervor, und ergiebt sich daraus wohl ein günstigeg e, D. für das Ganze, eine nationale Richtung aber läßt sich nicht erkennen.

Aehnlich ist es mit der Schweiz der Fall, nur ist hier auch auf diesem Gebiete der charakteristische Zug des Festhaltens am Alten, Hergebrachten erkenntlich, und findet man daher bei den Arbeiten der Schweiz, speziell der nördlichen Kantone, meistens nur eine Vervollkommnung und Ausarbeitung älterer Modelle und Prinzipien. Einen entschiedenen Rüdschritt hat aber Genf gemacht. Die haupt- sächlichsten Handels⸗ und Industriezweige, wie die Uhrmacherei, die Bijouterie⸗ und Galanteriewaarenbranche haben nicht mehr diejenige Bedeutung, welche ihnen früher von der Welt zuerkannt wurden. Eng⸗ land, Frankreich und Nordamerika haben Genf darin überflügelt.

Rußland bietet zwar ein ansehnliches, in gewissen Beziehungen sogar sehr beachtenswerthes Bild, doch treten seine Leistungen zu vereinzelt auf, so daß man nur Gelegenheit findet, einzelne Ge⸗ genstände, nicht aber ganze Branchen des Kunstgewerbes zu beurthei⸗ len. Bei dem vielen Guten, welches dieses Land vorführt, zeigt sich deutlich deutscher Einfluß, deutsche Arbeit und deutscher Geschmack. Sind doch selbst die Namen der Aussteller der meisten besseren Sachen, Deutsche, so daß auch hier der Beweis geliefert wird, daß 1 Industrie auch im Auslande ihre würdigen Repräsen⸗

anten hat.

Lebhaftes Lob muß Italien gezollt werden, welches speziell auf dem Gebiete des Kunstgewerbes sich rühmlich hervorthut. Sind es auch großentheils alte Bekannte aus Philadelphia und Wien, denen man in den ausgestellten Gegenständen begegnet, so läßt sich doch nicht streiten, daß dieselben in ihrer Umgebung als ganz ori= ginell. und in ihrer Art vortreffliche Repräsentanten der nationalen Industrie erscheinen. Unvergleichlich schön und eigenartig sind und bleiben hier die kostbaren Filigran⸗, Brokat und Schmuckarbeiten.

In tadelloser Vollkommenheit Präͤfentiren sich die Gebilde der unt

föpferei, der Gips⸗ und Marmorwaaren, ja selbst die gemusterten Seiden⸗ Sammet und Kattunwaaren stellen sich mit den französi⸗ schen und englischen in eine Reihe. Italiens Abtheilung ist klein, nicht sehr ansehnlich, bietet aber den reichsten Stoff zur Belehrung und zum Studium.

Aehnliches läßt sich von den skandinavischen Staaten sagen, denen trotz der geringen nationalen Hülfsquellen und ihrer schwachen Beziehungen zum Welthandel doch ein lebhaftes Streben und ein entsprechender Fortschritt im Kunstgewerbe nicht abzusprechen ist.

Spanien und die kleineren Länder mit Ausnahme der Nieder- lande nehmen eine zweite Stellung ein und verschwinden mehr oder weniger unter dem Glanze, den Frankreich unzweifelhaft auf diesem Gebiete ausstrahlt. . :

Ein großer Vortheil ist übrigens trotz der vielfachen Mangel- haftigkeiten und der Unübersichtlichkeit der diessährigen Ausstellung hervorzuheben, daß es nämlich dem Beschaguer ermöglicht ist, beim Durchschreiten einer Traverse des Industriepalastes in einer be- stimmten Richtung die nämlichen Erzeugnisse aller Länder prüfen und vergleichen zu können.

Die ,,,, von Haasen stein Cx Vogler

hat soeben die 17. Au ihres Insertions⸗Tarifs und Dieses Verzeichniß ist aus umfangreichem Material mit großem Fleiße und entsprechender Sachkenntniß redigirt worden. Durch Aufnahme von Neuerscheinungen, sorgfältige Berücksichtigung inzwischen vorgekommener Aenderungen und Verbesserungen empfiehlt sich die vorliegende Auflage dieses Katalogs in gleicher Weise wie die früheren Ausgaben desselben.

lage

Auch das National-⸗Theater wird während des Sommers geschlossen und erst am 1. September wieder eröffnet werden. Die morgige vorletze 9 3 König Lear', worin Hr. Kahle die Titelrolle, Hr. Krause den Narren und Hr. Hofmann den ar spielt, ist zum Benefiz für das artistische Personal bestimmt. Sonntag findet die letzte und zugleich Abschiedsvorstellung der Ham burger Gäͤste statt. . z

Im O stend Theater wird am Sonnabend eine Novität: Ehre den Frauen“ von Heinrich Giers zur Aufführung kommen. Im Garten findet ein Extra⸗Konzert statt.

imm erer /