1878 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Oct 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Landw. des Landw. Regts. Nr. 106, Richt Naumann, * * * i Et z n mn e

Aichtamtliches. Deut sches Reich.

Preußen. Berlin,. 8. Olteber. Se Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm 66 Vormittag ben Vortrag des General⸗Majors von Albedyll entgegen.

In der 1 (8) Sitz ung des Reichstages, welcher der 1 er Fürst von Bismarck, der Staats⸗ Minister Graf zu Stolberg⸗Wernigerode, der Staats⸗Minister Hofmann, und mehrere andere Bevoll machtigle zum Bundesrath und Kommissarien beiwohnten, wurde der Präsident und die beiden Vize⸗Präsidenten auf den Vorschlag des Abg. von Bonin, dem die Abgg. von Helldorff und Windthorst, wenn auch mit 3 zustimmten, durch Akklamation für die Dauer der Session wiedergewählt. Der Präsident von Forckenbeck nahm die Wahl in seinem und seiner Kollegen Namen dankend an.

Hierauf trat das Haus in die zweite Berathung des Gesetzentwurfs Egenñ die gemeingefährlichen Be⸗ strebungen der Sozialdemokratie.

er, stand zur Diskussion 5. 1; derselbe lautet nach der Regierungsvorlage:

Vereine, welche sozialbemokratischen, sozialistischen oder kom⸗ munistischen, auf Untergrabung der bestehenden Staatg⸗ oder Ge⸗ sellschaftgordnung gerichteten Be trebungen dienen, sind zu verbieten.

Den Vereinen stehen gleich Verbindungen jeder Art, insbeson⸗ dere gengssenschaftliche Fassen .

Die Fassung der Kommission ist folgende:

„Vereine, welche durch sozialdemoktratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staatẽ⸗ oder Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten.

Dasselbe gilt von Vereinen, in welchen sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische auf den Umsturz der bestehenden Staats⸗ oder Gesellschaftsordnung gerichtete Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zu Tage treten.“

f Hierzu beantragten 1) die Abgg. von Schmid und Ge⸗ nossen:

„In Alinea 2 zu streichen die Worte: in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise. .

Eventualiter: für den Fall der Aufrechterhaltung dieser Worte aber nach dem Worte „‚Frleden“ ein uschalten: „insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen.“

2) Die Abgg. Ackermann und Genossen:

»Im Absatz 2 einzuschalten hinter den Worten öffentlichen Frieden! die Worte: „insbesondere die Eintracht der Bevölke⸗ rur gsklassen.

Der Abg. Frhr. zu Franckenstein verlas im Namen seiner Partei eine Erklärung, daß auch sie die sozialdemokratische Agitation vexurtheile, daß sie aber diese Vorlage für die Frei⸗ heit Aller gefährlich halte und deshalb gegen dieselbe stimmen, eventuell dieselbe nur an einem Punkte zu amendiren versuchen werde. Der Abg. Frhr. von Marschall befürwortete den Antrag des Abg. Ackermann. Demselben sei vor der fen n en f me der Vorzug zu geben, weil eine einzelne kan en , che Versammlung, wenn auch noch so taatsgefährlich, nicht genüge, um die Kriterien der Kommissionsfassung klar zu zeigen und die Macht des Gesetzes gegen sich herbeizurufen. Der Redner . sodann aus, daß es für eine verständige Regierung fast unmöglich sein werde, mit diesem Gesetze wirk⸗ liche ,. Bestrebungen zu unterdrücken und dasselbe als Parteigesetz gegen andere Parteien als gegen die Sozialdemokratie Der Abg. Sonnemann konstatirt; zunächst, daß das vorliegende Gesetz ein reines Polizeigesetz sei, da mit den darin gegebenen Definitionen juristisch nichts anzufangen sei. Es hebe unbegründeter Weise die Xn gr des vor vier 5 beschlossenen Preßgesetzes auf. Man übertreibe viel- ach den Mißbrauch, der Seitens der Sozialdemokraten mit der Preßfreiheit gemacht worden sei, wenigstens seien andere Parteien und namentlich die konservative in den 5 Fehler verfallen. Das Gleiche gelte von dem freien Vereins- und Versammlungsrecht. Die Regierung habe auch ohne dieses Gesetz genügende Waffen gegen etwaige Aus—= schreitungen. Andere Länder hätten auch nicht gleich nach bürgerlichen Unruhen zu Ausnahmegesetzen gegriffen. Alle fremden Nationen hätten 1 in , großen Jour⸗ nalen gegen diese Vorlage ausgesprochen. Die politische Klug— heit sollte die Konservativen, die Konsequenz die National⸗ liberalen zu Gegnern dieses Gesetzes machen.

Hierauf ergriff der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort. Derselbe konstatirte zunächst, daß der vom Vorredner erwähnte, im hiesigen „Tageblatt“ veröffentlichte Auszug aus den Nobilingschen Protokollen, ohne jede regierungsseitige Mitwirkung oder Konnivenz erfolgt sei. Das Journal des Vorredners coincidire merkwürdiger Weise immer mit den Aeußerungen der französischen offiziösen Presse, und sein Blatt bringe oft Tage vorher Mittheilungen, welche später durch diplomatische Berichte si als . der französischen Re 6 erwiesen. Die Rede des Abg.

anzuwenden.

Sonnemann scheine ihm daher ein beachtenswerthes Symptom von den Ansichten der französischen Regierung über die inneren Zustände Deutschlands. Ein sranzösischer Revanche⸗ politiker hätte die ehen gehörte Rede auch halten können. Es sei unrichtig, daß das Ausland und namentlich Frank⸗ reich sich in Bezug auf die sozialdemokratische Bewegung nicht vom Boden des gemeinen Rechts entfernt hab rankreich habe sich durch rücksichtslose Füsilladen der ommunards von dieser Plage ziemlich befreit. Der Reichs⸗ kanzler ging sodann in seiner beim Schlusse des Blattes noch e, ,, Rede zu einer Beleuchtung des §. 1 der Vor⸗ lage über.

Seit einigen Tagen schweben im General⸗Postamt n r mit den aus Brüssel in Berlin eingetroffenen Herren zarnier, Abtheilungsvorstand im Königlich Belgischen Handels⸗ Ministerium, und Direktor Sauvignier Verhandlungen wegen Durchführung der zum 1. November für den 6 erkehr zwischen Deutschland, Oesterreich⸗ ngarn und Belgien in Aussicht genommenen n. . (einheitliche ermäßigte Portotaxe und vereinfachte ormen).

Nach dem Strafgesetzbuch, welches bis zu. Emanation des fgesetzbuches in Kraft besta hat, hatte die Verurtheilung zu einer Zuchthaus⸗ strafe den dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge, und dieser Verlust zog auch die Unfähigkeit, als Zeuge oder rer dn, eidlich ver⸗ nommen werden zu konnen, 2 . Diese Bestimmung ist, nach einem mit der bisherigen Rechtsprechung übereinstimmen⸗ den Erkenntniß des Ober⸗Tribunals, vom 19. Septem⸗ ber 1878, 2 das Inkrafttreten des Reichs⸗Straf 63 buchs, nach welchem die . zur n e g. nicht ohne Weiteres den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge hat, nicht aufgehoben, jedoch 4. den Allerhöchsten Gnadenerlaß vom 28. Februar 1872 dahin beschränkt worden, daß die noch unter der Herrschaft des preußischen Strafgesetz⸗ buches '. Zuchthausstrafe verurtheilten Verbrecher nur 10 ahre lang, nach Verbüßung der Zuchthausstrafe, die Un⸗ ähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger vernommen zu werden, behalten sollen.

Der Königliche ,, Graf zu Limburg⸗Stirum ist mit Ablauf seines Urlaubs nach Weimar zurückgekehrt und hat die Leitung der Geschäfte wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich 32 Staats⸗Minister Dr. von Beulwitz ist hier ein⸗ getroffen.

Zum 26 jährigen Jubiläum Sr, Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen als Inhaber des Kaiserlich Königlich österreichischen Infanterie⸗-Regiments Nr. 20 sind folgende Offiziere von diesem Regiment als Deputation hier eingetroffen: der Oberst Mathes, Comman⸗ deur des Regiments, der Major von Smalawski, ber Haupt⸗ mann Jawonski und der Ober⸗Lieutenant Groß.

Der General der Kavallerie Baron von Rheinbaben, General⸗Inspecteur des Militärerziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesens, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der Kaiserlich österreichische Militärbevollmächtigte, Oberst⸗Lieutenant Prinz zu Liechtenstein ist hier wieder eingetroffen.

Als Aerzte Loebker in Greifswald, Aßmann in Wohlau, Dr. Leppmann in Leubus und Dr. in Cöln.

Bayern. München, 9. Oktober. (W. T. B.) Der Erzbäischof von Bamberg, welcher gestern noch von dem Kultus⸗Minister von Lutz empfangen wurde, hat heute früh um 91 Uhr in Begleitung mehrerer Kleriker die Reise nach Rom angetreten.

Kaiserslautern, 8. Oktober. (W. T. B.) Bei der im hiesigen Wahlkreise stattgehabten Nachwahl zur Zweiten Kammer ist Freiherr von Stauffenberg mit 155 von 168 Stimmen zum Abgeordneten gewählt worden.

aben sich niedergelassen die Herren Dr. Dr. Kornblum und Stabsarzt . olter

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 8. Oktober. (W. T. B.) n der Angelegenheit der bfterreichischen Kabinetskrisis ist der räsident des Abgeordnetenhauses, Nechbauer, heute vom aiser empfangen worden. Herbst ist gleichfalls zum Kaiser berufen worden. Wie verlautet, sollen auch v. Schmer⸗ ng; Eichhoff, Wolfrum und Graf Taaffe zum Kaiser berufen werden. General⸗Major Zach meldet aus Zavalje an das Ge⸗ neralkommando in Agram, daß General Major Reinländer am s. d. M. den ganzen Tag hindurch auf den südöstlich von Peci gelegenen Höhen ein glückliches Gefecht gegen starke Abtheilungen der Insurgenten bestanden hat. Leider sind unsere Verluste bedeutend, *. betragen zwischen 170 und 180 Mann, darunter 9 todte oder verwundete Offiziere. Das Gefecht wurde auch am 7. d. M. wieder aufgenommen, Details darüber fehlen noch. . . T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Bukarest von heute: In der geheimen Sitzung der Depu⸗ tirten kammer ist eine Motion beschlossen worden, in welcher dem Schmerze über die Rumänien auferlegten Opfer Ausdruck gegeben und erklärt wird, daß das Land sich dem Kollektivwillen der Mächte unterwerfe. Die Regierung wird einen Gesetzentwurf vorlegen, betreffend die Besitzergreifung der Dobrudscha, sowie über den Zeitpunkt, bis zu welchem die Entscheidungen des Kongresses mit der rumänischen Verfassung in Einklang zu bringen sind. Aus Konstantinopel von eute: Der russische Botschafter, Fürst Lobanoff, erklaͤrte dem roßvezier, daß die Russen Adrianopel erst räumen würden, wenn sämmtliche Bestimmungen des Berliner Ver⸗ trages, hauptsächlich aber diejenigen, betreffend die Territorial⸗ abtretungen an Serbien und Montenegro, erfüllt worden 6 In Folge der energischen Haltung des englischen Bot⸗ chafters Layard in der asigtischen Reformfrage wurde ein prinzipielles Einvernehmen über einzelne Punkte erzielt.

Schweiz. Bern, 6. Oktober. (N. Zürch. Ztg.) Bis 5 Abend hatten nur 5664 gültige Unterschriften die An⸗ ordnung einer Volksabstimmung über das neue Militär⸗ pflichtersatz gesetz verlangt.

7. Oftober. Die Genfer Verfassung ist mit 8756 gegen 2591 Stimmen verworfen worden.

Großbritannien und Irland. London, 7. Oktober.

E. C.), Am Sonnabend starben hier zwei hervorragende ersönlichkeiten, der Präsident der Kunstakademie Sir Francis Grant und Lord Chelmsford, früherer Lordkanzler. Der erstere wurde im Jahre 1851 zum Mitgliede der Akademie und 1865 zum Präsidenten derselben, als Nachfolger des Sir Chgrles Eastlake, erwählt. Bei dieser Gelegenheit empfing er nach altem Brauch die Ritterwürde. Lord Chelmsford Frederie Thesiger) war im Juli 1794 auf der Insel t. Vincent geboren und wurde im Jahre 1845 zum Attorney General ernannt, trat aber mit Sir Robert Peel schon im , e. Jahre zurück. Im Jahre 1862, während der ersten mtsperiode des verstorbenen Lord Derby, war Thesiger

wiederum Attorney delta, wurde im Jahre 1858 Lord⸗

kanzler und empfing die Peerswürde mit dem Titel Lord Chelmsford, kam 1866 mit den Konservativen wiederum ins Amt und trat im Jahre 1868 zurück. Sein Nachfolger im Amte war der jetzige Lordkanzler Cairns.

Die neuesten Mittheilungen aus Indien finden sich in einem der „Times“ aus Darjeeling unter dem

tillerie und Batterien von 4Pfündern, aus Pischawer na Jamrood unt Führer und ein Regiment aus an werden sich denselben dort anschließen. Man glaubt, daß diese Streitmacht unter dem Befehle des General Roberts das Fort Alimusjid angreifen werde. Ein Gerücht geht, daß ein 3 der Soldaten des Emirs, 4 Regimenter stark mit sechs Geschützen, bis an die Mündung des Khyberpasses vorgerückt sei. Ein Bazargerücht meldet, der Einir häufe Truppen an und habe nicht die Absicht, sich zu unter⸗ werfen. Die benachbarten Stämme sind völlig ruhig. Weiter

ßt es in dem „Times“ ⸗Telegramm, der Vormarsch auf

abul sei fürs erste aufgegeben. Oberst Villiers, des Vize= königs militärischer Sekretär, begleitet die nach Jamrood un— ternommene Expedition. Es wird aus Lahore gemeldet, nach Meinung Einheimischer von Einfluß würde der Einzug englischer Truppen in Afghanistan sofort die Absetzung oder gar die Ermordung des sehr unpopulären Emirs nach sich ziehen. Die Regierung so nn wir weiter halte sehr geheim mit Angabe des Bestim⸗ mungsortes, scheine aber den Plan zu haben, durch starke Demonstrationen an der Grenze den Emir zu einer bedin— ungslosen Unterwerfung zu bringen. Man erwarte, daß die fghanen selbst einen großen Druck auf Schir Ali ausüben werden. Erwähnt mag hier noch werden, daß am 21. in voller Versammlung Seindiah mit dem Orden des indischen * . ward und sich gnädig und versöhnend ge— zeigt hat.

9. Oktober. (W. T. B.) Der „Standard“ meldet aus Allahabad von gestern: In Folge des Erscheinens und der drohenden Haltung einer starken afghanischen Truppenabtheilung in der Nähe von Jam rud ist die Besatzung um 7 Regimenter Infanterie und 3 Batterien ver⸗ stärkt worden. Der Kommandant, General 6 traf Vor⸗ bereitungen, den unteren Theil des Passes zu forciren und Alimusjid anzugreifen, als er den Befehl erhielt, weitere Verstärkungen abzuwarten, damit man sich auch nicht dem ge— ringsten Echec aussetze.

Frankreich. Paris, 9. Oktober. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht ein Dekret des Prä—⸗ identen der Republik, wodurch die Munizipalräthe zur Vor⸗ 4 der Wahl der Delegirten zur Senatoren wahl auf den 27. d. M. einberufen werden, und worin der 5. Ja⸗ nuar k. J. als Termin für die Se natorenwahlen (Er⸗— neuerung eines Drittels des Senats) festgesetzt wird.

Amerika. New⸗York, 5. Oktober. (Reuters Bureau.) Die Cheyenne-⸗Indianer überschritten die Union Pacific Eisenbahn unweit Ogallala, hart verfolgt von den Bundes— truppen. Die „Fleckschwanz“ und „Rothe Wolke“ ⸗Sioux⸗ Indianer haben ihre Reservationen in Dakota verlassen und bewegen sich nach dem Westen zu, wahrscheinlich . dem Zweck sich den flüchtigen ,, ,. anzuschließen. Nach Berichten aus St, Paul, innesota, ist das militärische Hauptquartier daselbst zug ch gen worden.

New⸗Orleans, 6. Oktober. Gestern starben hierorts 52 Personen am gel ben Fieber und 45 in Memphis. In Vicks burg hat das Fieber beinahe aufgehört, aber auf dem Lande nimmt es in alarmirender Weise zu. Dem Berichte des Generalarztes zufolge belief sich die Zahl der Todesfälle y, . der am Freitag beendeten Woche auf 360 in New⸗ Orleans, 239 in Nemp is, 70 in Vicksburg, 20 in Browns⸗ ville, 18 in Morgan City, 18 in Chattanooga und 57 in an— deren Städten. Die Regierung hat 40 000 Rationen für die nothleidende Bevölkerung von New⸗Orleans verabfolgt.

Asien. Darjeeling, 6. Oktober. (Times.) Der Tod des Königs von Birma wird . amtlich ver⸗ kündigt. Prinz Thee Bau wurde, in friedlicher Weise zu seinem Nachfolger ausgerufen. Wie berichtet, herrscht zu Mandalay völlige Ruhe.

Statistische Nachrichten.

Der betr. Unfallversicherungs verein, welcher in dem in Nr. 227 d. Bl. abgedruckten Auszuge aus dem Jahresbericht des Fabriken⸗Inspektors für den Reg. Bezirk Frankfurt 4. O. erwähnt ist, befindet fich, wie uns mitgetheilt wird, nicht in

ürstenwalde, sondern in Finsterwalde. Die Zahlen über die orster Tuch in du strie * in derselben Notiz irrthümlich auf 300 000 Stück 600 900 statt 600900 Ctr. Tuch angegeben.

Schiff sunfälle. Den Statistiken des, Bureau Veritas“ zufolge gingen im August 101 Segelschiffe total zu Grunde, darun⸗ ter 33 englische, 15 französische, 19 amerikanische, 8 deutsche, 7 der Republik Nicaragua, 4 der Republik Guatemala, 4 norwegische, 3 chilenische, 3 niederländische, 3 italienische, 2 griechische, und je 1 dänisches, spanisches, portugiesis hes, russisches, schwedisches, sowie 4 deren Nationalität unbekannt ist. Unter obiger Anzahl befindet sich ein Fahrzeug, das als vermißt gemeldet worden. An Dampfern gingen 6 verloren, und zwar 3 englische, 1 helgischer, 1 französischer und 1 italienischer.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Leipzig, 5. Oktober. Gestern Mittag verschied der seit längerer Zeit hier lebende Schriftsteller Wilhelm Schröder, der Verfasser von „Haas und Swinegel“, im Alter ron 70 Jahren. Der Verstorbene machte seinen Namen durch verschiedene plattdeutsche Schriften, sowie durch das Schauspiel „Studenten und Lützower“ wohlbekannt.

Straßburg, 5. Oktober. (Straßb. Ztg Auf dem Bau⸗ terrain des neuen . werden fortwährend Stein⸗ särge bloßgelegt. ieser Tage wurde ein aus gebrannten Steinen gemauerter Sarg, ebenso ein weibliches Skelet, ohne Spuren eine Sarge bei demselben zu entdecken, aufgefunden. Die Stätte, auf welcher die genannten Funde gemacht wurden, wird von Alterthums⸗ freunden zahlreich besucht, und es haben die daselbst beschäftigten Erdarbeiter Ordre, bei ihrer Thätigkeit möglichst vorsichtig zu sein, damit allenfallsige weitere Fundstätten nicht unnöthig beschädigt, vielmehr möglichst geschont werden.

Gewerbe und Sandel.

Nach der Bilanz der Harpener Bergbau-Aktien⸗ Gesellschaft zu Dortmund für das letzte Geschäftsjahr wurde ein Bruttogewinn erzielt von 751 89 6 Das Gewinn und Verlust⸗ Conto war zu belasten mit 223 804 Sν, so daß ein Gewinn verbleibt von 528 093 M Hiervon sollen auf Beschluß des Aufsichtgraths zu Abschreibungen 298 438.½ verwandt werden und würde über den Rest von 229 654 4M die Generalversammlung zu beschließen haben. Der Verwal⸗ tungsrath schlägt folgende Vertheilung vor; Uebertrag guf den Reserve⸗ fonds 10 /o mit 22 g65 M, Tantiemen 19 009 16, 23 o Dividende (1656 pro Aktie) mit 187 500 ςο und Restvortrag mit 189.30 66 Die Bilanz per 30. Juni 1878 balanzirt in Aktiva und Passiva mit 160 377 125,91 S5 Das Kassakonto beträgt 10 908,89 66, das Wechselkonto 102 821,ů77 M und das Debite renkonto 668 536, 59 , das Kreditorenkonto 61 92011 6, und das Aktien kapitalkonto 7 500 000 M, Die Gesammtförderung betrug inkl. Bestand ult. Juni 1877 (36 185 Scheffehh 9 301 405 Scheffel. Ber Selbstverbrauch stellte

d. M. ö Telegramme. Danach sind von jedem Besatzungs⸗Regiment 200 Mann, verstärkt durch reitende Ar⸗

sich auf 529 339 Scheffel, der Bestand ult. Juni 1878 auf 8236

es gelangten zum Versand 6453 200 Scheffel in gen à 100

1 549 040 Ctr. erforderten. .

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Verkehrs⸗Anstalten.

Southampton, 8. Oktober. Das Post- Dampfschiff Main“, Kapitän J. Barre, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 28. September von NewYork abgegangen war, ist heute 11 Uhr Morgens wohlbehalten hier angekommen und hat, nach Landung der für Southampton bestimmten Passagiere, Post und Ladung, 1 Uhr Nachmittags die Reise nach Bremen fortgesetzi. Der Main“ überbringt 113 Passagiere und volle Ladung.

Rew-Jork, 8. Oktober. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Frisfia“ ist heute Mittag hier eingetroffen.

Berlin, 9. Oktober 1878.

Der Magistrat hat der Stadtverordneten Versammlung einen Bericht des Direktors der städtischen Wasserwerke Gill vom 23. Sep⸗ tember d. J. übersandt, sowie Abschrift eines Gutachtens des Chemi⸗ kers Dr. Bischoff vom 25. September d. J, mit 55 auf die un · zulängliche Beschaffenheit des in jüngster Zeit durch die städtis chen Wasfserwerke aus den Tegeler Anlagen in den südwestlichen Theil der Stadt gelieferten Wasserß. Es heißt in der Vorlage: „Das aus den Tiefbrunnen entnommene Wasser ist trübe und setzt nach kurzer Zeit einen röthlich gefärbten, von den in dem Wasser befindlichen Pflanzenformationen herrührenden Bodensatz ab. Diesem Uebelstande kann nach der Ansicht des Kuratoriums der Wasserwerke, der wir bei⸗ treten, nur durch die Erbauung von Filterbassins in Tegel und sorg⸗ same Filtration des Wassers der Brunnen event. des Sees dauernd abgeholfen werden. Da der Bau dieser Anlagen mindestens die Paufaifon jweier Jahre in Anspruch nehmen wird, der Prozent⸗ satz, um welchen die Wasserkonsumenten zugenommen haben, aber schon gegenwärtig ein höherer ist, als der Prozentsatz, um welchen die r r h ickat der alten Wasserwerke durch die Er⸗ weiterungsbauten vermehrt worden ist, so bedarf die Verwaltung der Wasserwerke, felbst wenn der Verbrauch der Abnehmer sich vermin⸗ dern sollte, jedenfalls im Jahre 1880 der vollen Leistungskraft der Tegeler Anlagen, um den Wasserbedarf der Stadt zu decken, und würde, falls die Vorbereitungen zum Bau der Filter nicht sogleich 2 werden, entweder die Lieferung zu beschränken, oder aber das

egeler Wasser in seiner jetzigen Beschaffenheit fortzuliefern ge⸗ zwungen fein.“ Der Magistrat erfucht die Stadtoerordnetenversammlung daher beschließen zu wollen, daß die Herstellung künstlicher Filter, welche im Stande sind, rund 45 000 cbm Wasser in 24 Stunden zu filtriren, sowie der Bau einer mechanischen Sandwäsche erfolge, deren Herstellungskosten auf überschläglich 1 100 009 g anzunehmen sind, daß ferner schon jetzt der rr n der dazu erforderlichen Materialien bewirkt werde und daß die Kosten aus dem Rest der noch nicht ver⸗ ausgabten, von den Kommunalbehörden zu Erweiterungs bauten der städtischen Wasserwerke bewilligten Geldsumme von 14 602 249,64 8 Die definitive Bewilligung der Gelder bleibt bis nach

orlage der speziellen Pläne und Kostenanschläge vorbehalten.

(Akademische Kunstausstellung 1878. . Bevor wir das Genre weiter verfolgen, haben wir von einem Nachkömmling zu berichten, der in die Relhe der Historienbilder gehört. Der bekannte Genremaler Franz Defregger hat nachträglich ein 2 Gemãlde eingesandt, dessen Inhalt der Abschied Andreas hf ers von seinen Getlreuen im Geflngniß am Morgen vor der Hinrichtung bildet. Der Vorgang ist ungemein schlichk dargstelt und gerade deshvlb

von ergreifender Wirkung. Den Mittelpunkt der ten Haupt⸗ Earp nimmt (in r der heldenhafte Sandwirth ein, dessen opf und Züge vielleicht nicht dem * eines Jeden entsprechen mögen, die aber dafür gewiß ben, portrãtgetreu zu sein. Auf seinem Gesichte prägs sich jene kühne Catschlossenheit aus, die er bis zum Tode bewahrt hat und die noch beute im Liede gefeiert wird, nur ganz leise ist ihr ein 57 der Rührung beigemischt über die i, . Verehrung und Anhänglichkeit seiner Kampfes genossen, jener weltergebräunten Bergsöhne, die unter Thränen sich an ihn drängen, um seine Hand zu käßsen und ihm ein letztes Lebewohl zu sagen. Der Kontrast zu den draußen an der Festungsmauer stramm aufge⸗ 6 Soldaten, die seiner harren und ihrem Kapitän, dem die bschiedsszene bereits zu lange zu währen scheint, ist vortrefflich 6 auch die nebelhafte, graue Morgendämmerung, die sich über hnen breitet, ist geschickt fär die frübe Stimmung des Ganzen verwerthet. Wenn die Mache etwas Zaghaftes an sich bat und die Figuren nicht so plastisch inodellirt sind, wie dies die Münchener Schule ließt, so soll man wohl bedenken, daß sich der geschätzte Künstler bisher, dem von ihm mit Vorliebe kultivirten Genre entsprechend, nur in kleinen Maßen bewegt hat, während er hier mit lebens⸗ großen Figuren vor uns tritt. Jedenfalls hat die Ausstellung an diesem Bilde einen ausgejeichneten Zuwachs und eine neue An⸗ ziehungskraft erhalten. ö.

Wenn wir uns nunmehr wieder dem Genre zuwenden so hier gleich die beiden prächtigen Studienköpfe desselben Malers Er- wähnung finden, welche wegen ihrer genreartigen Auffassung hier sehr wohl hergehören: es sind die Köpfe eines alten Tirolers und einer jungen Tirolerin, die, was lebenswarme Incarnation und individuelle Charakterisirung betrifft, sich den besten Porträtleistungen ebenbürtig an die Seite stellen. ; .

Ein anderer bayerischer Genremaler, Alois Gabl in München, hat äußerlich viel von der Manier Defreggers, besitzt aber, was den Inhalt seiner Bilder betrifft, auch selbst genug frische Erfindung und Driginalität; das beweisen sein ‚Temperaments⸗Mandl“ und die Erste Nähmaschine. J KJ .

Genrehaft gehalten, aber durch die Ereignisse in die. Sphäre ge⸗ schichtlicher Bedeutung erhoben worden, ist das kleine Bild von dem . Professor C. J. Arnoldt, darstellend Se. Majestät den

aiser auf der Spazierfahrt Unter den Linden, von dem Publikum ehrfurchtsvoll begrüßt. 21 durch seinen Gegenstand als durch sonstige Vorzüge zieht Jacob Leistens (Düsseldorf) Wochenbesuch bei der Gutgherrfchaft? die Augen auf sich, besonders weil einzelne Figuren, wie namentlich die des biede⸗ ren alten Försters, geschickt aus dem Leben gegriffen sind. Des Düsseldorfers C Bokelmann. ‚Wanderlager“ wirkt frappant lebenswahr, wie ,, in Farben, indessen dürfte die große Gruppe, deren Mittelpunkt das kleine Mädchen bildet, Man⸗ chem räthselhaft bleiben. Uebrigens zeugt das Bild von eminenter Beherrschung alles Technischen. In ähnlicher Weise ganz der all= täglichsten Wirklichkeit entnommen sind die Berliner 5 von Julius Jakob, jedoch weiß dieser durch Stimmung ihnen we— nigstens etwas von ihrer Platiheit zu nehmen. Seine „Strand- promenade in Misdroy ' ist nicht ohne Humor und zeugt von feiner Beobachtung der Natur sowohl wie der eleganten Gesellschaft. Im gleichen Fahrwasser aufmerksamer Beobachtung der großstädtischen Bevölkerung bewegt sich G. te * (Düsseldorf) mit seinem farben⸗ bunten Bilde: Porhalle elnes Museums... Von ernsterem Studium des Volkslehens zeugt das auch malerisch sehr tüchtige, figuren ˖ reiche Bild von Wilh. Zimmer in Weimar: „Schutzengelfest auf der Milzenburg in der Rhön“. Auch die Wallfahrer an der Mosel! bon Ferdinand Brütt in Dässeldorf sind dieser Kategorie des kultur- und Fiitenfschildernden Genres beizuzählen. Land und Leute des Schwarzwalds giebt wenn man von der etwas ver⸗ alteten n n, Malerei absieht Keiner so vortrefflich wieder. wie Prof, Hermann RKretzschmer („Sonntag: Morgen im Schwarzwalde '), der Spreewald aber hat seinen be⸗ redtesten Schilderer in Adolf Burger durch den Tod verloren („ Miffionsfest im Spreewalde“ und „Toilette vor der Kirche).

serher gehört auch das in seinem Gesammtton wie in dem land⸗ chaftlichen Hintergrunde ungemein treffend charakterisirte ‚polnische

uhrwerk“ von dem bereits erwähnten genialen Joseph Brandt.

ans Dahl (Düsseldorf) führt uns in gleicher Weise das Genre mit der Landschaft verbindend, nach Norwegen, während Heinrich Lang in München Land und Leute in Ungarn und der Türkei instruktiv und Überzeugend in Farben wiederzugeben weiß. Professor Rud. Jordan (Düsseldorf) begegnen wir diesmal in Rom, wo er uns die „Schlangenkneipe“ mit ihrem bunten Völkchen von Gästen führt, zu denen Künstler und ihre Modelle ein Hauptkontingent gestellt zu haben scheinen, in humorvoller Weise schildert.

Die wohlbekannten und beliebten Genremaler Professoren Becker und Ämberg sind ebenfalls mit trefflichen Werken vertreten, indessen vermögen diese ihrem Ruhme kein neues Blatt hinzuzufügen. Auf dem von ihnen gepflegten Gebiete hat sich Joseph Scheurenberg in Düsseldorf mit vielem Glück versucht: sein Besuch bei der Freundin. ist ebenso herzig empfunden als wegen der anmuthigen Mädchen köpfe viel bewundert. Rein von malerlschem Standpunkte aus will, das Bild von Prof. Max Michgel, „In der Küche“ genannt, gewürdigt sein. Der bekannte Kolorist schwelgt hier förmlich in jenen Farben⸗ scalen vom hellsten Grün bis zum dunkelsten Blau, welchen er stets eine befondere Vorliebe geschenkt hat, und denen zu Gunsten alle erdenk⸗ lichen Kohlsorten vor dem anmuthigen blondhagrigen Mädchen aus=

eßreitet liegen. Leugnen läßt sich freilich nicht, daß die durch ein fühlige . erzielte Farbensymphonie eine hoch- distingirte und reizvolle ist, aber man wird dabei den Gedanken nicht los, daß die ganze Genre⸗Komposition nur künstlich für diesen Effekt gewählt und arrangirt ist. ; .

Während die an Courbetschen Cynismus anklingende Wahl des Gegenstandes und Art in der Behandlung der „Enttäuschung“ von Professor Struys noch durch eine gewisse Besonnenheit und anerken⸗ nenswerthe technische Tüchtigkeit gemildert wird, können die unerfreu⸗ lichen Erzeugnisse von Liebermann und. Goldmann unseren Hyper- naturalisten als heilsam warnende Beispiele dienen.

Friedrich Kraus von feiner Beobachtung und volksthümlichem Humor zeugendes Bildchen: „Der Kaffee des Leiermanns“ leitet uns zu dem Miniaturgenre über, in welchem wie immer Julius Chren⸗ traut excellirt. Besonders niedlich ist die kleine Tafel, be⸗ titelt „Zurück; ein Hellebardier mit martialischem Barte, aber doch jovia lem Gesichtsausdruck, der, gespreißt auf der Freitreppe eines ö unberufenen Eindringlingen als Barrisre seine Waffe entgegenhält.

Archäologisch⸗anthropologisches Genre wäre wohl die geeignetste Bezeichnung für die Gattung, welche der Düsseldorfer g. Gehrts vertritt. Er zeigt uns mit phantasievoller Vertiefung in den Geist der vaterländischen Vorzeit einen germanischen . mit Gefolgschaft auf wild dahersprengenden Rossen ein Hünengra begrüßend und hat diese Scene unleugbar überzeugend und lebens- fähig zu gestalten vermocht. Der Aufwand an Alterthumsstudium, wodurch dies möglich wurde, verdient ebenso viele Anerkennung, wie die kuͤhne Zeichnung der Pferde und der landschaftliche Hintergrund.

Genre und Landschaft in poetisch stimmungsvoller Weise ver⸗ einigt sehen wir auf einem Bilde des üncheners Alfred Seifert: „Vor dem Thore“. Nach dem Kostüm der sich ergehenden oder auf dem Rafen gelagerten Gruppen, der mittelalterlichen Archi⸗ tektur und anderen Einzelheiten zu ö scheint dem Maler da⸗ bei der Spaziergang auß dem „Faust“ vorgeschwebt zu haben. Der heimathlich anmuthende landschaftliche Theil verdient besonderes Lob. Ein noch tieferes Sichversenken in die romantische deutsche r,, . kennzeichnet das Gemälde von Otto Brausewetter: Wieder in der Hei⸗ math.“ Eine mit Thürmen und Zinnen gekrönte mittelalterliche Stadt, zu der der Maler zahlreiche, fleißig gesammelte Einzelmotive zusammen⸗ etragen hat, liegt, durch einen Fluß von dem diesseitigen Ufer ge 6 vor dem Beschauer. Am Ufer sitzen Soldaten und Bürgerg⸗ leute, die des Fährmanns harren, in ihrer Mitte aber, wie ihre

Blicke, so das Hauptinteresse auf sich ziehend, steht im härenen Ge⸗

wande ein Pilger, eine Art Tannhäuser, wie es scheint, der in stolzer, aber durch die Last einer , unvergebenen Schuld dar 6 Haltung, schmerzbewegt den ihn erkennenden Blicken auswelcht.

Magdeburg. 8. Oktober. Die erste Hauptversammlung der Evangelischen Vereine der ö5östlichen Provinzen ward

früh 10 Uhr in der deutsch⸗reformirten Kirche mit dem e des Liedes; Her und Herz vereint zusammen! und einem bet des Konsistorial⸗Ratbs Schott, das sich an die Bibelstelle 1. Cor. 3, 9 ff. anschloß, in Gegenwart von mehr als 200 Theilnehmern und einer . Zuhörerschaft von Herren und Damen aus Magdeburg eröffnet. .

Die Versammlung bestätigte darauf die Vorschläge der Vor- versammlung wegen der Wahl des Präsidiums. Geheimrath Schrader übernahm daher den Vorsitz und richtete an die Versammlung eine kurze Ansprache, in der er den Standpunkt der Persammlung, d. h. 4 d=, . charakterisirte und das Arbeitsfeld der Vereine be⸗ zeichnete.

Die Tagesordnung brachte die Erörterung des Themas: Die soziale Frage im Lichte des evangelischen Christenthums‘. Prof. Beyschlag erörterte die e. vom theologischen Standpunkt, der Korreferent, Prof. Dr. Frhr. v. d. Goltz ⸗Königsberg sodann vem national-ökonomischen Standpunkt. Beide Redner hatten ihre An⸗ sichten in Thesen formulirt, welche nach längerer Diskussion von der Versammlung einstimmig angenommen wurden.

Die gestrige Novität des Residenz⸗Theaters, eine e,. Bearbeitung der „lionnez pauvres von Emil Augier, unter dem Titel Die arme Löwin“ durfte ihres Erfolges um so gewisser sein, als das vielberufene Stück des berühmten Dramatikers nicht nur seit 9 Jahren schon der Literatur und der Bühne angehört, son⸗ dern bereits bei seiner ersten Aufführung ebenso große Sensa⸗ tion, als der französischen Censur Schwierigkeiten . 6 Es gehört zu jenen Dramen, die in raffinirter Weise die moralist- rende Tendenz wie einen Mantel umhängen, während durch das dünne Gewehe überall die sittlichen Blößen hindurchschimmern und den beabsichtigten prickelnden Reiz auf das Publikum nicht ver⸗ fehlen. Der jüngere Dumas hat dieses Genre aufs Erfolg- reichste weiterkultivirt. Sehr phrasenhaft heißt es in dem Augierschen Stücke, zur Eutschuldigung: man dürfe die Wunden nicht verbergen, bis der Brand hinzutrete, sondern müsse sie offenlegen und ausbrennen. Dann sollte aber der Dramatiker auch wirklich Arzt sein und das glühende Eisen gebrauchen, nicht aber, wie es hier geschieht, die Wunde mit einigen Thränentropfen auswaschen.

Die Aufführung kommt hier eigentlich insofern etwas post festum, als die femme entretenus ebenfalls das Hauptmotiv für den vielbewunderten Preisroman von Alfonse Daudet: „Erommont jun. et Risler sen.“ abgiebt, den wir an derselben Stelle vor einigen Monaten in dramatischer Bearbeitung gesehen haben. Das Publikum drückte denn auch verschiedentlich seine Ueberraschung über diesen und andere ähnliche Anklänge aus. Wem die Priorität gebührt, kann jedoch keineswegs zweifelhaft sein.

Gegeben wurde das Stück so vorzüglich, wie wir es vgn dem Per- sonal dieser keinen Musterbühne gewöhnt sind. Vor Allem verdient Fr. Claar-⸗Delia hohe Anerkennung für ihre Darstellung der Thereje, die sie mit so innigen, herzlichen Tönen auszustatten wußte, daß sie sich die aufrichtigste Theilnahme des Publikums gewann. Frl Ca⸗ stelli als Seraphine verstand nicht nur durch ihre natürlichen äußeren Mittel und eine Reihe prächtigster Kostüme zu glänzen, sondern die Rolle auch mit jener Coquetterie und Leichtlebigkeit auszustatten, welche dazu gehören, um den bethörenden Einfluß auf ihren schwachen Gemahl sowohl, wie den ehrvergessenen Gatten Therese's, Leon, glaubhaft zu machen. Mit diefer sehr undankbaren Rolle fand sich Hr. Haack, wie immer, auf das Cleganteste ab. So trefflich Hr. Patonay als Pommeau war, so vermochte er doch die Erinnerung an den Risler Sonnenthals nicht zu verwischen. Daß Hr, Keppler den Bordognon mit allem ihm zu Gebote stehenden liebenswürdigen Humor aus- stattete, ist bei diesem ausgezeichneten Künstler selbstverständlich.

Die Bearbeitung ist nicht frei von schwer verständlichen sprach= lichen Gewaltsamkeiten und Schwülstigkeiten einer⸗ und geistreich seinsollenden Calembours andererseits.

Der Physiker Hr. A. Böttcher hat auch in diesem Jahre, und zwar seit Sonnkag, seine beliebten Soir sen für instruttive Unter haltung, kestelen aus populären Vorträgen in Verbin⸗ dung mit vortrefflich ausgeführten Bildwerken, an der gewohnten Stätte, im Sa al⸗Theater des Königlichen Schauspiel⸗ hauses, eröffnet. Im gegenwärtigen Cyklus führt Hr. Böttcher in der ersten Abtheilung die romantische Schweiz in ihren malerischen Glanzpunkten vor. Als Ausgangspunkt dieser Wanderung erscheint vor dem Auge des Beschauers zunächst der Rheinfall bei Schaffhausen in voller Naturwahrheit. Weitere Bilder veranschaulichen die grotesken Schluchten der Tamina und der via mala. Dann folgt die Berninakette mit ihren Gletschern und deren impo⸗ fanter Eiskrystallisation, vornehmlich dem gewaltigen Morteratsch⸗ gletscher. Der große St. Bernhard mit dem darüber führenden Paß und seinem weitberühmten Hospij, im Winter⸗Schneesturm und in elegischer Sommernacht, das Chamounythal, der Riese der Alpen⸗ berge, der über 14 000 Fuß hohe Montblanc, vom Col de Balme aus im malerischen Alpenglühen gesehen, sein Gipfel und seine Er⸗ steigung mit ihren Gefahren sind der interessante Gegenstand weiterer Tableaux. Einen überraschenden Anblick gewährt ferner der

roßartige Gletscher des mer de glace vom Montanvert gesehen, y. das Giganten ⸗Felsthor der Trientgrotte (gerg de Lrfent) und der pont de Niège. Eine romantische Waldschlucht schließt die Reihe der Bilder von diesem Theile der Alpen ab. Alsdann werden wir zu den schönsten . der Berner Alpenwelt geführt, in welcher uns zunächst die berühmtesten Kaskaden und Katarakte des Aarthals, vor allen der Oltschibachfall bei Mondbeleuchtung entgegentritt. Es folgen die herrlichsten Bergseen jener Gegenden, so der Bachalpser im Alpenglühen. Ihnen schließen sich die Thäler und Gebirgspano-= ramen der Grindelalp in wechselvollen Scenen an, an welche sich dann das Panorama von der Wengern⸗Scheideck mit seinen vielgestaltigen Naturerscheinungen, Lawinenstürzen und Gebirgsunwettern anreihen. Den Beschluß dieser langen Reihe machen die wohl zelungenen Dar- ,, von Oeschinensee, Blümlisalp, dem Thunersee mit berhofen im Winter, Luzern mit dem Pilatus im farben⸗ rächtigen Alpenglühen, der ö Katarakt des Handeck⸗ 1. im Mondlichte, schließlich rimselpaß und Hospiz und auterbrunnen mit dem Staubbachfall. In der zweiten Abtheilung des gegenwärtigen Cyklus machen, wir an der Hand des rn Böttcher eine sehr belehrende astronomische Exeursion nach dem onde, auf welcher wir mit der Ratur dieses Satelliten der Erde nach den neuesten Ergebnissen der astronomischen Forschung bekannt ge⸗ macht werden. In klarer Weise wird dem Beschauer die Bewegung und die Gravitationswirkung des Mondes verbildlicht, sowie seine 5 bildung mit ihrer wildzerklüfteten Landschaftsscenerie, ihren Wall. ebenen, Ringgebirgen und langgeftreckten Felsketten in großer Plastik ur Anschauung gebracht. Wir sehen den Mend in 2 rern, und stärkster Vergrößerung, weiter eine Anzahl der grö Ringgebirge wie Tycho de Brahe, Copernikus, Archimedes, 6 us, Autolicus; die großen Wallebenen, sowie die Felskette der Mond= Apenninen mit ihren Rillen und Graten. Eine Reihe von Landschafts-⸗ Tableaux, glänzende Himmelserscheinungen, vom Monde aus gesehen. ein JZodiakallicht, die Erde mit rothglühender Atmosphäre und eine farbige Beleuchtung des Mondes schließen diese Abtheilung. Die dritte . soirse fantastiquer benannte Abtheilung bietet eine Samm- lung vorzüglich ausgeführter Landschafts⸗ und Architekturbilder mit magischen Lichteffekten und plastischen Skulpturen, während den Schluß der ganzen Vorstellung sogengnnte „Phantasmagorien“ bilden, bestehend aus humoristischen Bildern und musvischen Ornamenten von großer Farbenpracht, welche vornehmlich der

Kinderwelt eine wahre ugenweide sind.