1878 / 239 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Oct 1878 18:00:01 GMT) scan diff

an die Familienverhältnisse, an den Besitz, an die Vererbung dessen, waz sie erwerben nicht allzu schwer, einen Menschen von geringem Bildungs⸗ ad dahin zu führen, daß er Hi lw mit Faust spricht: „Fluch 5 der Hoff nung, Fluch dem Glauben und Fluch vor Allem der eduld!‘ Ein so geistig verarmter und nackt ausgezogener Mensch, was bleibt denn dem übrig, als eine wilde Jagd nach sinnlichen Genüssen, die allein ihn noch mit diesem Leben versöhnen können.

Wenn ich ju dem Unglauben gekommen wäre, der diesen Leuten beigebracht ist, ja, meine Herren, ich lebe in einer reichen Thätig⸗ keit, in einer wohlhabenden Situation, aber das alles könnte mich doch nicht zu dem Wunsche veranlassen, einen Tag länger zu leben, wenn ich das, was der Dichter nennt, ‚„an Gott und bessere Zukunft

lauben“, nicht hätte. Rauben Sie das dem Armen, dem Sie gar eine Entschädigung gewähren können, so bereiten Sie ihn eben zu dem Lebensüberdruß vor, der sich in Thaten äußert, wie die, die wir erlebt haben. . ; ; ö

Wenn wir fragen, wie ist es eigentlich gekommen, daß diese negativen Tendenzen, daß dieses Evangelium der Negation bei uns gerade in Deutschland einen solchen Anklang gefunden hat, so müssen wir der Zeit, in welcher das geschah, etwas näher ins Auge sehen. Wir sind erst seit 1867 mit den Führern der Sozialdemokratie amt-⸗ lich bekannt geworden durch die Gegenwart der Herren Bebel, Lieb⸗ knecht, Fritzsche, Schweitzer, Mende, sie wechselten, es waren zwei und man könnte, wenn ich nun ich will mich auf der Dichtung nicht weiter verlieren aber diese zwei, die landeten wie die Weißen in Amerika, und ich will keine Indianerklage darüber anstellen, denn wir beherrschen noch die rothe Rasse Damals traten sie doch noch mit einer gewissen Schüchternheit auf, wenn sie auch Sorge trugen, zu bekennen, daß sie nicht etwa die zahmen Leute wie Lassalle und dergleichen seien, sondern sie wären die eigent⸗ lichen Sozialdemokraten, ich habe das in den Reden auch in desen Tagen nachgelesen, aber der eigentliche Aufschwung zu dem Streben, das sie jetzt beseelt, sich der Staatsgewalt zu bemächtigen und sie im Sinne ihrer Interessen und Ansichten auszubeuten in Zukunft, trat doch erst nach 1870 auf. Was hat nun 13870 für einen Unterschied in der Sache gemacht? Bis zu 1870, wo auch die Leiter der inter⸗ nationalen Liga wohnen mochten, in London, Genf, war doch Frank⸗ reich das eigentliche Versuchsfeld; das eigentliche Operationsfeld war Frankreich, und nur in Frankreich hatten sie eine Armee bereit, welche die Schlacht der Kommune schlagen konnte und sich auch wirklich der Hauptstadt auf eine Zeitlang bemächtigte. Haben, sie nun damals, wo sie im 5 der Gewalt waren, irgend ein positives Programm aufgestellt, wie sie diese Gewalt für den Vortheil der nothleidenden Klassen nutzbar machen könn⸗ ten? Mir ist keines bekannt, was irgendwie praktisch ins Leben ge⸗ treten wäre es mögen in den Zeitungen utopische Phrasen ge⸗ standen haben, aber der Versuch der damaligen Machthaber in Paris, der doch nahe gelegen hätte, wenn sie etwas könnten und wüßten, damals wo sie die Gewalt hatten, nun mit einem Beispiele zu zeigen, was sie eigentlich wollten, wurde nicht gemacht. Er unterblieb, sie haben nichts wie gemordet, gebrannt, mißhandelt, nationale Denk⸗ mäler zerstört, und auch, wenn sie ganz Paris in einen Aschenhaufen verwandelt hätten, so würden sie Angesichts dessen immer noch nicht gewußt haben, was sie wollten: wir 1 unzufrieden, es muß anders werden, aber wie? das wissen wir nicht. Dabei wären sie geblieben. Nun, nachdem sie von der französischen Regierung niedergeworfen waren, bei der Energie, mit der die französische Regierung gegen sie einschritt, und die der Herr Vorredner zu rühmen vergaß oder vielleicht hat sie nicht seine Anerkennung, dann wäre es mir lieb, wenn er offen und tadelnd dafür ausspräche bei der Energie sahen die Leiter wohl ein, daß dieses Ver⸗ suchsfeld verlassen werden mußte, daß da ein zorniger und entschlossener, harter Wächter darüber stand, daß sie es räumen mußten. Sie sahen sich um in Europa, wo sie nun den Hebel anlegen könnten, wo sie ihre Zelte, die sie in Frankreich ab⸗ brachen, aufschlagen könnten; daß ihnen da Deutschland in erster Linie einfiel, dorthin die Agitation zu verlegen, das wundert mich gar⸗ nicht. Ein Land mit so milden Gesetzen, mit so gutmüthigen Rich⸗ tern (Lachen und lebhafter Widerspruch) meine Herren, sind un—⸗ sere Richter nicht gutmüthig? sind sie etwa bös? (Widerspruch. Hei⸗ terkeit) mit so gutmüthigen Richtern, ein Land mit hervorragen⸗ der i e. an der Kritik, namentlich wenn sie die Regierung betrkfft, ein Land, in dem der Angriff auf einen Minister, das Tadeln eines Ministers noch heut für eine That gilt, als ob wir noch anno 30 lebten, ein Land, wo die Anerkennung für irgend etwas, was die Regierung thut, gleich in den Verdacht des Servilimus bringt, ein Land, in dem die Operationsbasen des Sozialismus, die großen Städte, durch die fortschrittliche Bearbeitung sehr sorgfältig vorbereitet waren, wo die Diskreditirung der Behörden und der Institutionen durch die fortschrittliche Agitation bereits einen sehr hohen Grad erreicht hatte, das hatte sein Anziehendes. Der . ist, um landwirth⸗ schaftlich zu sprechen, eine sehr gute Vorfrucht für den Sozialismus als Bodenbereiter, er gedeiht danach vorzüglich. Daß beide sich äußerlich, wenigstens in Reden, in Thaten haben wir es noch nicht erlebt, bekämpfen, nun das mag auch von der Eigenart der Frucht⸗ arten gelten, die doch gern und gedeihlich aufeinander folgen. That sache ist aber, sie fanden die Achtung vor den Institutionen zerstört, die Neigung, sie in Bild und Wort mit Hohn zu überhäufen, die Freude an diesem Hohn bei jedem Philister, der nachher sroh ist, wenn er aus den Folgen dieses Hohns gerettet wird, fanden sie ganz außerordentlich entwickelt, kurz und gut, sie erkannten hier das Land, von dem sie sagten: lasset uns Hütten bauen.

Der Deutsche hat an und für sich eine starke Neigung zur Un⸗ zufriedenheit. Ich weiß nicht, wer von uns einen zufriedenen Lands— mann kennt. Ich kenne sehr viele Franzosen, die vollständig mit ihrem Geschick, mit ihren Erlebnissen zufrieden sind. Wenn ste ein Handwerk ergreifen, so stellen sie sich die Aufgabe, durch dasselbe, wenn es möglich ist, vielleicht bis zum 56. Jahre eine 3 Vermö⸗ gen quote zu erreichen; hahen sie die, so ist ihr ganzer Ehrgeiz, sich als Rentier bis zu ihrem Lebensende zurückzuziehen. Vergleichen Sie damit den Deutschen; dessen Ehrgeiz ist von Hause aur nicht auf eine nach dem 50. Jahre zu genießende mäßige Rente gerichtet, sein Ehrgeiz ist schran ken los. Der Bäcker der sich etablirt, will nicht etwa der wohl habendste Bäcker in seinem Ort werden, nein, er will Haus besitzer, Rentier, er will nach seinem größeren Berliner Ideal schließ⸗ lich Banquier, Millionär werden. Sein Ehrgeiz hat keine Grenze, Es ist das eine Eigenschaft, die ihre sehr guten Seiten hat, es ist die deutsche Strebsamkeit, sie steckt sich ihr Ziel niemals zu kurz, aber sie hat auch für die Zufriedenheit im Staat ihr sehr Bedenk⸗ liches, namentlich unter den unteren Beamtenklassen. Wo ist der Beamte, der in der Erziehung seiner Kinder nicht eine Stufe höher hinaufsteigen will, als die, die er selbst gehabt hat? Und die Folgen dieser Unzufriedenheit sind, daß ein großer Theil unserer Subaltern⸗ beamten von der sozialistischen Krankheit angesteckt ist.

Nun, wie bestätigte sich die deutsche Erwartung der Sozialisten? Die internationale Agitation , in das gelobte Land über, in welchem sie sich jetzt befindet. ir hatten e,, vorher und nachher nach vielen Richtungen hin ganz neue Einrichtungen; wir hatten das ie fre tegeseh kombinirt mit dem Unterstützungs⸗ wohnsitz, die Abschaffung der Paßpflichtigkeit, Einrichtungen, die plötzlich eine große Menge von Arbeitern den kleinen Städten und dem platten Lande entzogen und in den größeren Städten eine fluk⸗ tuirende Bevölkerung erzeugten, deren Erwerbsfähigkeit sehr abhängig war von den schwankenden Verkehrs. und. Industrieverhaltnissen in den großen Städten, die ab und zu reichlich Arbeit hatten, bis zu 10 Thalern, get man, sei ein Steinträger bezahlt ,. plötzlich wieder ein Ruͤckschlag und keiner hatte Neigung, in seine ländlichen Verhältnisse zurückzukehren. Ich bin in der Lage gewesen, daß Jemand, für den ich den Unterstützungswohnsitz zu leisten hatte und welcher mir krank, entnervt, arm, abgerissen wiederkam, belastet mit Rechnungen der Charité und der Berliner Krankenpflege, nachdem er bei mir auf meine nicht bloß . sondern gern geleisteten Kosten hergestellt war, wieder nach Berlin zurückkehrte. Ich fragte ihn, ob er nicht genug hätte an dem einen Mal, und bei der Ermittelung

für ihre Kinder, ihnen alles das nehmen, so ist

der Motive, die ibn anzogen es war ein ehrlicher Mann, was

kam heraus? Ja, wenn er auf dem Lande einen Biergarten er nannte es anders Musik hätte, wo er des Abends hingehen könnte, so wolle er das Theater schon entbehren, und man kriegte auf dem Lande nicht eine anständig gekleidete Person zu sehen. Kurz und gut, die Vergnügungen der großen Stadt haben sehr viel Anziehendeg. Die Leichtig des Verkehrs auf den Bahnen, die ern leit. alles dies zieht die in den größeren Städten durch ergnügungen i e,, . an sie, und dies hat der Agitation großen Vorschub geleistet. Noch viel stärker wurde dies, wie wir das neue e schufen, wobei ich von Hause aus be⸗ vorworte, um jeder Verdächtigung der Reaktion zu entgehen, daß ich nicht die Absicht habe, dieses anzufechten, ich will nur die Diagnose der Krankheit geben. Das neue Preßgesetz schaffte plötzlich vor allen Dingen die Kaution ab, es schaffte den Stempel ab. Bis dahin war ein gewisses Kapital und mit dem Kapital vielleicht ein gewisses Maß von Bildung vorhanden und erforderlich, um eine Zeitung ins Leben zu rufen; heutzutage kann man mit 100 —- 150 M dem Unternehmen näher treten, und nach Bildung ist ja gar kein Bedürfniß, man braucht blos abzuschreiben, was einem glich t wird, und das bekommt man von der Agitation geliefert, was gedruckt werden soll, und solche Blätter, die einmal in der Woche erscheinen, und die der Betheiligte, der sie empfängt, der Arbeiter auf dem Lande oder in der kleinen Stadt, um so länger liest und um so mehr zirkuliren läßt und sich um so deutlicher einprägt, was darin steht der Mann liest kein zweites Blatt, ich weiß nicht, wie die wohlfeilsten Abonnements sind, sie werden 20 Silbergroschen nicht übersteigen ich weiß nur, daß die Gefälligkeit der Kaiserlichen Post sie zu einem Porto von 4 Silbergroschen das ganze Jahr lang viel Hundert Meilen weit durch das ganze Land fährt, so weit sie gehen wollen die Facilität des Verkehrs, dieser Appell an den gemeinen Mann und seine gefährlichsten Instinkte, waren früher nicht so leicht, die ist durch unser Preßgesetz außerordentlich ge⸗ stiegen; sie ift gleichzeitig gestiegen durch die außerordentliche Milde unseres Strafgesetzes, und wenn wir sie bis zu so schweren Verbrechen sich aufschwingen gesehen haben, wie geschehen, so trägt dazu auch nicht unwesentlich bei, daß der Glaube an die Vollstreckung einer er⸗ kannten Todesstrafe geschwunden ist. Wird der Mörder nicht hin⸗ gerichtet, was steht ihm dann bevor? Gefängniß. Die Hoffnung bleibt ihm, daß ein gelungener Putsch seiner politischen Freunde ihn freimachen kann und ihn aus einem Sträfling zu einem Helden der Partei stempelt; es schwebt ihm auch die dunkle Hoffnung auf eine Amnestie vor, daß man beim Regierung wechsel oder sonst eine Anzahl Menschen, über deren n err , machung man sonst froh ist, wieder auf die Gesellschaft loslassen werde. Das ist meines Erachtens eines der mächtigsten Motive, welches auf die Verwegenheit des Verbrechers einen ganz wesentlichen Einfluß hat, und ich bin Sr. Majestät und Sr. Kaiserlichen Hoheit außerordentlich dankbar, daß wir an Hödel endlich mal ein Beispiel . haben, daß die Obrigkeit das Schwert noch zu handhaben versteht. Wenn auf diese Art und Weise es nun eigentlich nicht so sehr

zu verwundern ist, daß die Gefahr angeschwollen ist, wenn wir sehen,

daß der ungeheure Schwindel in den Geschäften in den ersten Jahren nach dem Kriege von einem vollständigen Verfall der Ge⸗ schäfte gefolgt ist, und viele Leute, die eine Zeit lang einen großen Verdienst gefunden hatten, denselben nicht mehr haben, so kann es eigentlich nicht verwundern, daß die Sache unter so exzeptionellen Verhältnissen, unter so neuen Verhältnissen, wie unsere ganze deutsche Gesetzgebung, wo so manches durch die Plötz⸗ lichkeit unserer Verschmelzüng in Verstimmung geblieben ist und wo alle mit der Regierung unzufriedenen Elemente sich in einem großen Körper vereinigen, den ich den negativen nennen will, der für jede legislative Operation der Regierung unzugänglich ist, da kann man sich eigentlich nicht wundern, daß die 8h? zu der Höhe an— geschwollen ist, die vorliegt, und daß wir hier in Berlin zwischen 609 900 und 100 000 wohlorganisirte, in Vereinen gegliederte Männer haben, die sich offen zum Kampse gegen die bestehende Ordnung und zu dem Progamm, wie wir es kennen, be⸗ kennen. Daß unter diesen Umständen die Gewerbsthätigkeit, der Kredit, der 9 wung der Industrie in Berlin leiden muß, ist ganz natürlich, denn für den, der hier ein Kapital anlegen soll, oder der einem Anderen ein Kapital leihen soll, in der beunruhigten Phantasie eines auf Verlust vorbereiteten Eigen⸗ thümers hat doch diese Masse, diese Organisation von 60009 bis 100 000 Menschen den Charakter einer feindlichen Armee, die in unserer Mitte lebt und die nur noch nicht den Moment gefunden hat, wo sie über den Eigenthümer, den leichtfertigen Kapitalisten, der hier etwas anlegen will, Gericht halten kann, um ihm das wohl⸗ erworbene Eigenthum zu entziehen oder zu beschränken oder ihm die Verfügung darüber überhaupt zu nehmen. Also die Frage der Ver⸗ besserung unseres Verkehrswesens, oder die Verbesserung der Lage der Arbeiter will ich lieber sagen und die Frage der Sozialisten, das sind zwei Bestrebungen, die sich ,,, ausschließen; so lange die sozialistischen Bestrebungen diese bedrohliche Höhe haben wie jetzt, wird aus Furcht vor der weiteren Entwickelung das Vertrauen und der Glaube im Innern nicht wiederkehren und deshalb wird die Ar⸗ beitslosigkeit auch so lange, wie die Sozialdemokratie uns bedroht, mit geringen Ausnahmen anhalten. Die Arbeiter selbst hätten es in der Gewalt, wenn sie sich von den Agitatoren lossagen, das Vertrauen früher wiederkehren zu lassen als es bei der Haltung, die sie jetzt eingenommen haben, möglich ist. Die Furcht, die ich nicht theile, daß im Kern des Volkes die Ideen aus Schillers Räubern schon vollständig von den Arbeitern aufgenommen seien, drückt auf das öffentliche Vertrauen. Um dasselbe zu heben, . ich, daß es nothwendig ist für den Staat, die Macht der

itatoren zu brechen. Es ist ja heutzutage die Stellung eines sozia— listischen Agitators ein ausgebildeter Gewerbtzweig wie jeder andere; man wird Agitator, Volksredner, wie man früber Schmied oder k wurde, man ergreift dieses Gewerbe und steht sich da⸗ ei unter Umständen sehr viel besser, als wenn man bei dem ursprünglichen geblieben wäre, hat ein ö und freies, viel⸗ leicht auch angesehenes Leben in gewissen Kreisen. Aber das hindert nicht, daß wir gegen die Herren, die diese Gewerbthäthigkeit ergriffen haben, uns im Stande der Nothwehr befinden, und je zeitiger wir diese Nothwehr eintreten lassen, mit desto weniger Schaden für die Freiheit der Uebrigen und für die Sicherheit und den inneren Frieden werden wir, glaube ich, damit zu Ende kommen.

Diese Gefahren sind mir nicht neu. Meine Stellung und meine Erlebnisse bringen mich dazu, gefährliche Blätter mit mehr Aufmerk⸗ samkeit zu lesen, als es von Seiten der meisten hier Anwesenden der

all sein mag, und wer die sozialistische Presse in den letzten Jahren ier verfolgt hat, der mußte ja doch die Gewaltthat, den Mord, den önigsmord, die Abschaffung des Königthums zwischen den Zeilen durchblicken sehen in so mancher Nummer, und so entgeistet in der Beurtheilung solcher Sachen, wie unser Strafrichter das zum Theil auffaßt, so buchstäblich ist der Leser dieser Sehn nicht, der hat ein feineres Verständniß wie der Strafrichter für diese Nuancen, der 2 . die Presse sagen will, wenn auch der Strafrichter das nicht zugiebt.

Mich hat die Lektüre aber doch noch nicht gerade auf die Wendung der Sache vorbereitet, die eine tief betrübende und für unser natio⸗ nales Gefühl demüthigende ist. Ich konnte nicht glauben, daß ein Monarch, der mehr wie irgend ein lebender, und ich möchte wohl een, auch ein der Vergangenheit angehöriger gethan hat mit Ein- . Lebens, seiner Krone, seiner monarchischen Existenz, um die Wünsche und Be =, seiner Nation zu verwirklichen, der dies mit einem gewaltigen Erfolge und dabei doch ohne jede Ueber, hebung gethan hat, der dabei ein milder, volksfreundlicher Regent

eblieben ist, eine populäre Figur, wenn der von hinten mit Hasen⸗ chrot zu er, n . wird, ja, meine Herren, da reicht jedes andere Verbrechen ja gar nicht an dieses heran, da ist man wirklich auf jedes andere auch gefaßt. Dieser Blitz bei Nacht =— doch wie bekannt, es ere ja am Tage hat weithin die Situation beleuchtet und hat auch in den Wählerkreisen

der 3 Monaichie hinein ee, glaube ich, ich halte für

rich 16 was ein Artikel der tionglzeifung‘ vor kurzem sagte, daß die Wähler aller Abgeordneten, also auch des Zentrums und der Fortschr rtei, mit alleiniger Ausnahme der Sozialdemokraten, von ihren . erwartet haben, daß sie der Regierung gegen Beseitigung dieser Gefahr beistehen würden. habe ja darüber mit den Herren nicht zu rechten, wie sie sich mit ihren Wählern auseinandersetzen; wenn alle Parteien das Versprechen gegeben haben, so kann ich einigen wenigstens die Quittung, daß sie es erfüllt, nicht ausstellen. Ich bin vielleicht auch nicht zu dieser Ausstellung be⸗ rufen, nur ich erkläre, meine Ueberzeugung aft. was sie ihren Wählern versprochen haben, haben sie durch ihre bisherige Stellung zu dem Gesetz nicht erfüllt. Ich nehme davon in der Fortschrifts⸗ partei den 3. Abg. Haͤnel aus, der seinerseits zum ersten Mal den Bann der n n, den Bann der Nega⸗ tion, den ein anderer Abgeordneter des preußischen Landtags auf diese Partei geworfen hat, in einer erfreulichen Weise durchbrochen hat mit einem positiven Antrage, meines Erinnerns der erste Antrag

von dieser Bedeutung, der je aus dem Schooße der Fortschritts partei gekommen ist. Aber ich frage Sie alle, die Zeitungen lesen, hat er den Anschluß seiner sonstigen politischen Freunde dabei gefunden? Ich bin dem Hrn. Abg. Hänel schuldig, ihn nicht in die Behauptung einzuschließen, daß die Fortschrittspartei an und für sich nur eine Partei der Negation sei, die, so lange sie existirt, noch kei nen positiven Vorschlag zur Verwirklichung ihrer Theorien gemacht hat und die dadurch auch eine a f Verwandtschaft mit der sozia⸗ listischen Partei hat, daß sie bekämpft, was besteht, ohne 21 sie sagt, was sie an die Stelle setzen will, aber ich nehme den Hrn. Abg

Hanel, wie gesagt, aus.

Nun, wenn wir den Erwartungen der Wähler näher treten, so befindet die Regierung und diejenigen, die mit ihr gehen wollen, sich in einer 5 schwierigen parlamentarischen Lage. Das parlamentarische System fungirt leicht und elegant; wenn nur zwei Parteien bestehen, wie es in England nur Whigs und Torys gab, so wäre nicht zweifelhaft, wie die Sache sich zu gestalten hätte. Eine hatte stets eine Mehrheit. Es trat in England eine Zeit ein, wo, man kann wohl sagen, fünf Fraktionen bestanden, die freilich zu dem k gegen einander, den der Deutsche aus der Assoziation zu einem

orps, auf der Universität oder in den Fraktionen im Reichstage hat, zu dem gegenseitigen Haß sich nicht aufgeschwungen haben, und die doch immer in erster Linie die Landesinteressen und erst in zweiter Linie das, was den rivalisirenden Fraktionen Unannehmlichkeiten be⸗ reitet, in Anschlag brachten; es gab aber damals doch keine anderen Ministerien in England wie Koalitioneministerien, die Engländer haben eingesehen, daß darunter das konstitut onelle Prinzip leidet, und ihr gesunder Sinn hat sie wieder dahin gebracht, daß sie nur zwei Parteien von irgend einer Bedeutung haben, ich glaube, die anderen, die ich englische Nihilisten nennen möchte, brauche ich nicht mitzuzählen, aber sie haben zwei große Parteien, von denen jede an sich unter Umständen die Ma— jöorität im Parlament hat. Wenn es bei uns eine solche Fraktion gäbe, so wäre es für den Minister, der regiert, ein Vergnügen, sich dieser Fraktion anzuschließen, ihr, wenn nicht äußerlich so Doch innerlich anzugehören und mit ihr gemeinschaftlich zu arbeiten. Von diesem Ideal sind wir aber weit entfernt, wir haben jetzt etwa acht Fraktionen, von denen ich kaum zwischen zweien eine so sympathische Vermittlung kenne, daß an eine Verschmelzung zu denken wäre; der Deutsche hält sich streng an den Corpsgeist und hält sich geson⸗ dert. Wir haben uns zwar der geschlossenen Firma von Fortschritt, Centrum, Polen, Welfen in allen Situationen der letzten Jahre gegenüber befunden, aber wenn die nun wirklich einmal die Majorität hätten und sollten eine Regierung bilden, würde die Fortschrittspartei mit dem Centrum doch nicht zusammengehen können, die Polen vielleicht mit den Welfen? Centrum und Welfen vertragen sich wunderbar, Centrum und Sozig⸗ . haben vielfach mit Eifer übereingestimmt, es ist das aber nicht blos beim Centrum der Fall gewesen, auch andere Abgeordnete haben von den Sozialisten Stimmen geworben und erhalten; auch das Centrum hat in allen Fällen mit Ausnahme von einem, immer für den Kandidaten gestimmt, von dem zu vermuthen war, daß er der Regierung der feindlichere sein werde. Wenn ich sage, mit Aus⸗ nahme von einem, so ist das der Abgeordnete für Mühlhausen, für den die Wähler des Centrums gestimmt haben, aber doch erst dann, nachdem man ganz sicher war, . er auch ohne sie gewählt werden würde. Auch andere Kandidaten haben aber, wenn si einige Tau⸗ send Sozialisten in den Wahlbezirken vorfanden, die Sympathien derselben sorgfältig geschoönt und vielleicht Versprechungen ge⸗ eben, daß sie nicht so scharf gegen sie vorgehen würden.

ber item wir befinden uns in der traurigen Lage auf Seiten der Regierung, daß wir bei Verständigung mit dem Reichstag uns drei Siebentel des Gebiets absolut ver⸗ schlossen finden. Es ist das wie beim Manöver das Terrain, was nicht betreten werden darf. Wir haben von der Fortschrittspartei, vom Centrum, wir haben von den eirca 160 Abgeordneten, die sich mit diesen beiden halten, unter keinen Umständen und für keine Vorlage, die wir zu machen im Stande sind, eine Unterstützung zu erwarten, auch für die gegenwärtige nicht, darüber sind wir voll⸗ ständig klar. Unsere Operationsbasis beschränkt sich auf die vier Siebentel des Reichstags, welche durch die drei Fraktionen der Nationalliberalen und der beiden Konservativen gebildet werden. In jedem anderen Lande würde die Thatfache, daß drei Siebentel der Landes vertretung überhaupt die Existenzbasis, auf der sich die Regierung ohne Zerfall des Ganzen bewegen kann, negiren, würde mit Worten gewiß nicht, meine Herren, aber mit der That, ich rechne immer mit der That den strengsten Zusammen⸗ schluß der übrigen, die überhaupt die bestehenden af ien halten und vertreten wollen, zur Folge haben. Bei uns in Deutschland ist aber der Corpsgeist in der Politik derselbe, der ja auch veranlaßt, daß zwei Regimenter in einer Garnison, die aus denselben Orten rekrutirt werden, gar nicht ohne Stichelreden ausrücken können, ohne im Manöver auf einander einzuhauen, blos weil sie verschiedene Farben, verschiedene Namen tragen, schwarzes oder weißes Lederzeug, wer von Ihnen Soldat gewesen ist, wird das erfahren haben feindet sich an und will dem Anderen nichts gönnen. Meine Herren, dieser Geist ist es, den wir leider alle von der Universität einiger⸗ maßen mitbringen. Aber diese Erinnerungen von dort dürfen sich doch nicht auf das politische Leben übertragen, und ich kann nur die Bitte an diese drei Fraktionen richten, daß die Herren nicht der Re⸗ gierung, sondern dem Lande und ihren Landsleuten den Dienst er⸗ weisen, sich unter einander zu , . und daß alle Diejenigen, die überhaupt die stagtliche Entwickelung des Reichs auf der jetzigen Basis wollen, sich näher an einander anschließen und sich nur über sachlich ganz unabweisliche Differenzen, aber niemals über die Frage einer Priorität, einer Rivalität trennen.

Meine Herren! Ich kann diesen Gegenstand nicht verlassen, ohne dagegen zu remonstriren, daß mir bei Gelegenheit der Auflösung eine Tendenzpolitik Schuld gegeben worden ist, als wenn ich irgend welche Reaktion oder Systemumwandlung erstrebt hätte. Ich habe bei der Auflösung nichts erstrebt, als daß die Abgeordneten sich mit ihren Wählern über die Situation besprechen möchten, und habe ich die 8 gehabt, daß Sie wie Antaeus hieß er ja wohl, durch

erührung der heimatlichen Erde gestärkt wiederkommen möchten. 3 es nicht Alle gethan haben, thut mir leid, aber Tendenz- Politik ist mir fremd, die habe ich allenfalls getrieben, ehe ich in den Staatsdienst trat, wo ich auch ein zorniges , war, aber für einen preußischen, einen deutschen Minister ist das ganz unmöglich. Ich habe bestimmte, n. praktische ; denen ich strebe, zu denen mir mitunter die Linke, mitunter die Rechte geholfen hat nach meinem Wunsch beide gemeinschaftlich helfen k Aber wer diese Ziele mit mir erstrebt, ob man sie so⸗ ort erreicht, oder nach ef ir hien, gemeinschaftlicher Arbeit ihnen näher kommt und . schließlich erreicht, darauf kommt es so sehr nicht an ich gehe mit dem, der mit den Staats und mit den Landetinteressen nach meiner lieberzeugung geht; die Fraktion, der er angehört, ist mir vollständig gleichgültig. Ich habe ja angenehm e

ihrerseits

iele, nach

. . . gerichtet sein; langen ein

Fkönnch, denn ich bin fest entschlossen, über die loyale

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e, das Sie uns geben sollen. Mein Bestreben wird

deshalb aber muß ich von Ihnen ver⸗ Gesetz, in dem wir uns mit der Erreichung des Zweckes ehrlich und ohne gewaltthätige ,. bewe gen oführung des Gefetzes zu wachen. Haben Sie nicht das Vertrauen zu uns und spejiell zu mir, der ich im Reich die Hauptverantwortlichkeit trage, daß dieses Gesetz seinen Intentionen gemäß ausgeführt wird, haben Sie die Befürchtung, daß wir es nicht brauchen werden, um unein⸗ gestandene Zwecke damit zu erreichen, kurz und gut, fürchten Sie sich mehr vor mir und vor der Anwendung des Gesetzes, mehr vor den ver⸗ einigten Regierungen als vor den Sozialdemokraten, ja dann, meine erren, weiß ich, was ich zu thun habe, dann muß ich Personen U latz machen, zu denen Sie mehr Vertrauen haben oder die andere Mittel zur Bekämpfung der Gefahr anwenden wollen, als ich nach meinem politischn Urtheile anzuwenden bereit bin. . . Ich habe über 5. J gesprochen, indem ich sage, daß ich Vereine, die positive Zwecke verfolgen, die eingestanden sind, deren Ziel mög⸗ sich ist, nicht bekämpfe. Wenn wir nicht Brücken hätten bauen wollen, von denen wir hofften, daß sie auch von den Herren, die einen Mißbrauch von Seiten der Regierung fürchten, betreten werden würden, fo würde nach meiner Ansicht der 5. J sehr viel einfacher gefaßt werden können; er würde nach meiner Ansicht lediglich zu sauten gehabt haben: Vereine, in welchen sozialdemokratische Ten⸗ denzen zu Tage treten, werden verboten. In der jetzigen Fassung, die ich nicht kern , denn sie ist die Fassung des Bundesrgthes, und wenn ich auch nicht dabei gewesen bin, so füge ich mich ihr doch, da ist dem hinzugefügt das Kriterium von Untergrabung oder Umsturz. Das klingt ja fast so, als ob andere nichtsozialdemo— kratische Vereine, . diesen Umsturz betreiben, dadurch ein Pri⸗ vilegium bekommen sollten, es klingt außerdem so, als wenn diefeg ganze Gesetz, so nothwendig und geboten, wie, wir es halten, doch der richtigen Grundlage entbehrt; denn wenn ich an die Thaifache glaube, daß die Bestrebungen, welche sozialdemokratische heißen, an und für sich schon als Umsturz und Untergrabung anzu— fehen seien, so hätten wir kein Recht zu diesem Gesetze in . Ausschließlichkeit, in dieser Art von bill ok attainder gegen eine be- stimmte Richtung; aber von dieser Einfachheit der Fassung hat viel- leicht die Befürchtung abgehalten, daß man nicht klar feststellen könne, wer Sozialdemokrat ist und wer nicht. Welche Tendenzen sind fozialdemokratisch? Das ist eine Aengstlichkeit, die dem Richter⸗ stande angehört. Jeder Laie ist nicht n, ,, welche Abgeord⸗ neten sozialdemokratisch sind, welche Zeitung sozialdemgkratis ist, wer sozialdemokratisch gewählt hat, welcher Verein sozialdemokratisch ist, wie kommt es. daß jetzt, da man dem Gesetz näher tritt, das Einfachste, der allen Leuten sonst verständliche Ausdruck jetzt zweifel. haft wird, daß blau nicht mehr blau, roth nicht mehr roth ist? Kein Mensch ist darüber im Zweifel, was und wer sozial— demokratisch ist. . ᷣᷣ Meine Herren! Ich bemerke indeß nur beiläufig, vielleicht um eine Anknüpfung für die Zukunft zu haben; wenn Sie uns dieses Gesetz nicht in dem Maße geben, wie wir es brauchen, so giebt es ja darüber verschiedene Abstufungen. Die eine ist die, daß wir es cum beneficio inventarii annehmen, aber gleich dabei erklären, zur Erreichung des Zwecks, den wir erstreben, genügt es nicht, und wir werden in der Lage sein, bei dem nächsten Zuͤsammentritt schon Nach⸗ tragsvorlag n zu machen. Aber wir wollen, ich wenigstens bin jetzt von der Vollkommenheit auch der Regierungsvorlage, von der That— sache, daß sie erschöpfend sei, nicht in dem Maße überzeugt, daß ich mir schon ganz sicher bin, daß dieses umfänglich gezimmerte Schiff in dem ganz neuen Fahrwasser gleich richtig fahren wird. Ich glaube, die Erfahrung wird uns erst belehren, welche Maschinentheile uns versagen, und wir werden vielleicht genöthigt sein, Ihnen wiederum mit einer Verlage näher zu kreten zur Aufbesserung dessen, was Sie uns heute bewilligen, ich glaube, selbst dann, wenn Sie uns die ganze Regierungs vorlage bewilligt hätten, aber ganz sicher, wenn Sie davon um ein erhebliches abweichen. Es giebt gewisse Sätze in diesem Gesetz, die namentlich Bezug haben auf eine Einschränkung der Freiheiten in der Frei⸗ zügigkeit und in der Presse, die ich vorher als die Hauptmotoren der plötzlichen und fruchtbaren Entwickelung andeutete, gewisse Bedin⸗ gungen der Einschränkungen dieser schädlichen Einwirkung, ohne die ich das Gesetz für die Regierung überhaupt für unbrauchbar halten würde. Ich beschränke diesen Anspruch auf das Mäßigste und Untentbehrlichste. Mein Bestreben geht über dieses Gesetz und diese Vorlage hinaus, dahin, wo möglich aus den drei Fraktionen, die überhaupt an den staatlichen Zwecken der Regierung in befreundeter Weise mitarbeiten und aus der Regierung zu⸗ ammen eine feste, sich gegenseitig in allen Theilen vertrauende halanx zu bilden, die im Stande ist, allen Stürmen, denen unser Reich ausgesetzt ist, wirksamen Widerstand entgegen zu setzen.

Der Abg. Dr. Hänel erklärte hierauf, er müsse den von dem Reichskanzler gegen die Fortschrittspartei erhobenen Vor— wurf, dieselbe begünstige durch ihre Sher nh, der Staats⸗ autorität die Ausbreitung der Sozialdemokratie, zurückweisen. Der Reichskanzler habe mit Unrecht die Forischrittspartei eine Partei der reinen Negation genannt. Bei der Berathung der Strafgesetznovelle habe sie eine ganze Reihe von Verbesse⸗ rungen angestrebt und er, Redner, habe in der Kommission positive Vorschläge gemacht. Das sei auch nicht ein persönliches Durchbrechen der Parteinegation seinerseits gewesen, sondern sein Antrag sei eingebracht unter gusdrücklicher Beistimmung seiner Fraktion, als der positive Ausdruck ihrer Erörterungen über dieses Gesetz. Für seine Partei seien noch heute die Grunde gegen das Gesetz maß⸗ gebend, die er in der ersten . angeführt habe. Die Natur der Sache und die Geschäftstage des Hauses verbiete eine . des Antrages im . Auch den Kommis⸗ sionsbe chlüssen gegenüber nehme die Fortschrittspartei aus den in erster Lesung ausgeführten Motwen eine ablehnende eln, ein. Auf dem Boden des gemeinen Rechts sei sie bereit, Abhülfe gegen Ausschreitungen zu schaffen.

Der Abg. von Schmid (Württemberg) bemerkte, er müsse dem Vorredner gegenüber konstatiren, daß sein Antrag von seiner gesammten in. außer dem Hause und der Gelen n, ten fortschrittlichen Presse verurtheilt worden sei. Er müsse hervorheben, daß in weiten Kreifen des Volkes die sozial⸗ demokratische . richtig gewürdigt werde und daß man der Regierung Mittel zur Abwehr derfelben geben wolle. Dazu

9. es aber keinen anderen Weg, als den von der Regierung etzt betretenen, für welchen sie die Verantwortung über⸗ nommen habe. Das heutige Gesammtauftreten des Abg. Sonnemann stehe wohl einzig da in der e . des Reichẽ⸗ tages, 51 heutige Rede richte sich durch sich selbst. Er (Redner) müsse dagegen Verwahrung einlegen, daß der Abg. Sonnemann das Auftreten einzelner Abgeordneter in der Kommission ohne Unterschied der Partet kritisire. Auch habe er den konservativen Parteien über ihre Haltung den Text gelesen. Dieselben lehnten das ab. Nicht Uebermuth über den durch die Wahlen erlangten Machtzuwachs ließen die konservativen Parteien für dieses Gesetz stimmen, sondern die Grundsätze, welche stets auf dieser Seite des Hauses befolgt worden seien. Der Abg. Sonnemann habe sonst das de Reich als freiheitsgefährlich bekämpft, heute erkenne er in dem deutschen Preßgesetz ein hohes Gut der Freiheit. In dieser großen Krise, in der sich Staat, Familie und Eigen⸗ thum befänden, müsse man offen Farbe bekennen, und da müsse er sagen, daß die konservativen Parteien im Prinzip ganz auf dem Standpunkte der Regierungsvorlage ständen und daß sie fest auf die Loyalität der Regierung bei Ausführung des Gesetzes vertrauten. Die staatserhaltenden Elemente müßten sich aber auch in diesem Hause eng zusammenschließen, und er habe bei der nationalliberalen Partei das ernste Streben erkannt, auf dem Boden der Vorlage das Richtige zu schaffen. Im 5. J entspreche die Regierungsvorlage besser dem Zweck, die sozialistische Agitation zu hemmen, aber er er⸗ kenne an, daß dieser Zweck ö. mit einer geringen Aenderung der Kommissionsbeschlüsse erreicht werden konne, und als erste praktische Folge des soeben von berufener Stelle erfolgten Appells an die Einigkeit der staatsCerhaltenden Parteien ziehe er den unter seinem Namen gestellten Antrag zurück und bitte den Antrag Ackermann anzunehmen. .

Der Abg. Brüel ist der Meinung, daß die Erklärung, welche der Abg. Frhr. von Franckenstein verlesen, vollständig auch der Ansicht der Wähler entspreche. Wenn der Herr Reichskanzler die Vorlage als Vertrauenssache darstelle, so erkläre er unum⸗ wunden, daß er persönlich ein solches Vertrauen nicht habe. Aber es käme auch hier nicht sowohl auf das Vertrauen, als darauf an, daß in dem Gesetz selbst solche Schranken gezogen würden, daß seine illoyale Ausführung unmöglich werde. Neue Momente habe der Reichskanzler nicht vorgebracht; wie Ausnahmegesetze motivirt würden, daran sei man schon aus dem preußischen Abgeordnetenhause gewöhnt. Der Redner schil⸗ dert den Klassenhaß, den die Vorlage hervorbringen müsse; den vorhandenen Mißständen könne hinlänglich mit Repressivmaß— regeln begegnet werden. Die Vorschlaͤge in dieser Beziehung müßten allerdings von der Regierung ausgehen. (Die weiteren langen Ausführungen des Redners blieben bei der Unruhe im Hause im Zusammenhange auf, der Tribüne vollständig unverständlichh. Der Vize⸗Präsident . herr von Stauffenberg (der inzwischen das Pröä⸗ sidium übernommen) verliest darauf nach dem stenographi— schen Berichte aus der Rede des Abg. Brüel eine Stelle, worin derselbe die derzeitige Herrschaft über Hannover mit der Napoleonischen Fremdherrschaft gleichstellt und fügt an daß er diese Worte, wenn er sie gehört hätte, sofort

ür unparlamentarisch erklärt haben würde.

Der Reichskanzler Fürst von Bismarck ergriff hierauf noch einmal das Wort; .

Ich habe nur zu bemerken, daß daraus, daß ich auf Aeuße⸗ rungen des Herrn Vorredners meinerseits nichts erwidere, nicht etwa geschlossen werden kann, daß ich nichts zu erwidern hätte, sondern ich muß konstatiren, daß ich von der ganzen Rede des Herrn Vor⸗ redners bei seinem leisen Organ bis hierher nicht eine Silbe ver⸗ standen habe. !

Es folgte eine Reihe persönlicher Bemerkungen:

Der Abg. Dr. Lasker bemerkte, der Abg. Sonnemann habe Worte mitgetheilt, welche er (Abg. Lasker) zur Be⸗ gründung seiner Stellung in der Kommission gesprochen haben solle. Er habe sich für eine Unterdrückung der sozial⸗ demokratischen Ausschreitungen auf dem Boden des gemeinen Rechts prinzipiell ausgesprochen, aber hinzugefügt, da die Re⸗ gie un nur ein Spezialgesetz wolle nd deshalb sogar den

eichstag aufgelöst habe, so sehe er für den Antrag Hänel

keinen , wolle für denselben also auch gar nicht erst

stimmen, sondern in Rücksicht auf die politische Gesammtlage in die Prüfung der Regierungsvorlage eintreten. Das sei etwas ganz anderes, wie der Abg. Sonnemann unter Ver—⸗ dächtigung seiner Notive ihm imputirt habe.

Hierauf entgegnete der Abg. Sonnemann, er habe als Worte des Abg. Lasker, „Trübung der öffentlichen Verhält—= nisse“ angeführt. Das ö. auch in anderen von ihm nicht beeinflußten Berichten gestanden. Daß er die Aeußerung in seinem Sinne interpretirt habe, tangire deren objektive Wahr⸗ hat nicht. Der Abg. von Schmid habe, sich auf eine Be⸗

auptung des Reichskanzlers hin, zu seinem Ankläger auf—

geworfen. Der Reichskanzler habe die Verdächtigung aus— gesprochen, daß er (Abg. Sonnemann) oder die von ihm her⸗ ausgegebene Frankfurter Zeitung! in Verbindung mit der französischen ge ierung stehe. So lange der Reichskanzler dies nicht durch Thatsachen beweise, 3 er diese Behauptung als unrichtig bezeichnen. Daß die „Frankfurter Zeitung“ gute Informationen habe, dürfe man ihr doch nicht Vorwurf machen. In keiner Weise habe sie Sympathien mit der Waris Kommune geäußert.

Hierauf erklärte der Reichskanzler: H

Ber Herr Vorredner hat sich über Vorwürfe ,,. die ich ihm gar nicht gemacht habe. Wir haben gewisse deutsche Sprüch— wörter, wenn sich einer getroffen fühlt, die ich hier nicht gerade wiederholen will, aber er sagte, er hätte mir keine Vorwürfe machen wollen. Ich habe ihm jedenfalls die Vorwürfe, die er jetzt accentuirt hat, nicht gemacht. (Oh! oh! links) Meine Herren, warten Sie doch ab, bis ich die Sache entwickle; ich berufe mich auf die steno⸗ graphischen Berichte für das, was ich sagen werde.

Einmal habe ich ihm durchaus keine Sympathien für die Kom—⸗ mune vorgeworfen, sondern ich habe eine gewisse Anerkennung dafür ausgesprochen, daß er für die der Kommune gegenüberstehende fran⸗ zösische Regierung vollkommen freiwillige, von jedem Interesse unabhangige, lediglich auf Wohlwollen beruhende d=, habe; die Kommune war der Gegner der französischen Regierung. Ich wi mich auf die Einzelheiten nicht einlassen, nur gegen das, was der Herr Vorredner noch anführte, nochmals wiederholen, daß ich gesagt habe, ich habe in meinem Leben französische Agenten in Deutschland ge— kannt, die unter dem Vorwand, einer opposttionellen Partei anzu⸗= gehören, im Dienst der französischen Regierung standen, und das war vor 1870, vielleicht mag es auch deren noch heut geben, das habe ich aber nicht behauptet, ich habe ausdrücklich gesagt, ich habe sie im Kriege von 1870 als solche erkannt, die als Katone der Republik ir en und mir 1870 als Kaiserliche Agenten offenbar geworden 3 Darauf habe ich gesagt: auf den Herrn Vorredner kann das A, ich habe

zum aber

t da er Abgeordneter ist, gar keine Anwendung finden; nicht gesagt, ich würde ihm den Vorwu

nicht Abgeordneter wäre, Jondern mein war gang anders; wenn der Herr Vorredner . m derselben Rat fer befinden sollte, so ist die Frankfurter Wahler⸗ schaft ja viel zu klug, um das nicht auf den ersten Blick zu erken- nen, und dann hätte sie ihn nicht gewählt. So war 3. Argu ment gemeint. Also ich hatte den Vorredner vollständig er kulpirt. Wenn dann der Herr Vorredner mit dem qui s'erenso s'aceuse die Sache wieder aufgenommen hat, so bedauere ich das, aber ich berufe mich auf den stenographischen Bericht, ich habe ausdrücklich gesagt: bei den Abgeordneten ist das nicht möglich, weil ich den Wähler, und namentlich den Frankfurter daz sind ja ganz feine, gescheute Leute für viel zu klug halte, um eine fran⸗ jösischen Agenten zu wählen, also ist es nicht möglich, daß der Herr Abgeordnete in diese Kategorie fällt. Ich meine also, vollständiger kann man den Verdacht nicht abwehren, als hätte ich mit den Leufen, die ich vor 1870 kennen gelernt habe, und dem Herrn Redner irgend welche Analogie machen wollen. Ich habe nur angeführt, daß das Journal des Herrn Redners ganz ausgezeichnet unterrichtet ist, es hat manchmal früher als ich durch diplomatische Berichte, die Intentionen der französischen Regierung erkannt, das ist eine Geschicklichkeit des Zeitungs redacteurs, die sehr beneidenswerth ist, und die ich jedem An⸗ deren, der mir in anderen Sachen sympathischer ist, auch wünschem möchte; aber den Vorwurf, gegen den der Herr Vorredner sich ent- schuldigt und behauptet, er widerstreite das, den habe ich ihm nicht gemacht. (Ruf: Zur Sache) Meine Herren, die Sie mich zur Sache“ rufen, dazu haben Sie in keiner Weife das Recht, ich nehme hier das Wort kraft der Erlaubniß des Präsidenten und des ver fassungsmäßigen Rechts. Ich bitte den Herrn, der mir zur Sache“ zugerufen hat, sich zu nennen, damit er seine Gründe anführt. Ich bitte den Herrn Präsidenten, mich zu schützen, ich bin nicht von der Sache abgewichen, wie der Herr Vorredner.

Damit war die Diskussion wieder eröffnet; ein Ver⸗ taJungsantrag wurde abgelehnt.

Zur Sache erhielt der Abg. Sonnemann das Wort und führte aus, daß die „Frankfurter Zeitung“ und ihre Mitarbeiter oder er selbst nie in Verbindung mit einer frem⸗ den Regierung gestanden hätten.

Ein Vertagungsantrag wurde hierauf angenommen, und nach kurzen persönlichen Bemerkungen der Abgg. von Kar⸗ dorff und von Schmid gegen den Abg. Sonnemann die Sitzung um 41/ Uhr geschlossen.

J der heutigen (9.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats⸗Minister Hofmann, der Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, setzte das Haus die zweite Berathung des Gesetzentwurfs gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie mit der Diskussion des 5. 1 fort. Zu⸗ nächst erhielt der Abg. Hasselmann das Wort. Derselbe sa t als die Wirkung der jetzigen Vorlage voraus, daß die bis jetzt friedliche Agitation in einen blutigen Kampf ausarten werde. Die Sozialdemokratie scheue den ihr aufgezwungenen Kampf nicht, sie werde denselben siegreich bestehen. Es sei der 8. 1 durchaus unnöthig, da der Umsturz der Grundlagen des heutigen Staates schon durch den , des Strafgesetzbuches getroffen werde. Fürst Bismarck selbst stehe auf dem Boden eines allerdings goͤuvernementalen So⸗ zialismus, indem er sich für ö bei Produktiv⸗ assoziationen erklärt habe. Freilich habe der Reichskanzler die letzten Ziele Lassalle's nicht begriffen, wenn er behaupte, derselbe sei ein Monarchist gewesen. Der edner entwickelte sodann in längerer Ausführung die angeblich friedlichen Ziele der Internationale, welche in wohlthuendem Gegensatze stehe zu der Politik, die Furst Bismarck befolge. Der Sozialismus wolle in Wahrheit Familie und Eigenthum schützen, die von der heutigen Gesellschaftsordnung angetastet seien. Der Redner suchte sodann theoretisch und historisch das sozialistische Programm zu entwickeln und hatte beim Schlusse des Blattes noch das Wort.

Aus Kopenhagen sind hierselbst die Herren Ober⸗ Postmeister Petersen und Ministerial⸗Rath Nörggard ein⸗ getroffen, behufs Besprechungen mit dem General⸗Postmeister in Betreff der Herstellung einer beschleunigten Post⸗ dampfschiffsroute zwischen Deutschland und Däne mark bezw. Schweden auf dem Wege über Rostock.

Die Fortführung der Staatseisenbahnbauten, 3 welche durch besondere Gesetze Kredite bewilligt worden ind, hat in dem dritten Quartal des laufenden Jahres, wie 1 mitgetheilt wird, die Summe von 40 500 906 SZ er⸗ ordert.

Mittelst Allerhöchster Kabinets⸗DOrdre vom 17. d. M. ist bestimmt worden, daß zum 1. April künftigen Jahres die 1. Compagnie Ostpreußischen Fuß⸗Artillerie⸗Regi⸗ ments Nr. 1 von Pillau nach Danzig und eine andere, dem⸗ nächst von Zeit zu Zeit abzulösende Compagnie des 1. Ba— taillons desselben Regiments von Danzig nach Memel bis auf Weiteres zu verlegen ist.

Durch die Bestimmung im 5. 101 des preußischen All= gemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865: „Die Kuxe haben die Eigenschaft der beweglichen Sachen“ ist, wie das Reich s⸗Sberhandels gericht, J. Senat, in einem Erkennt⸗ niß vom 21. Juni 1878 ausführt, das legislative Bemühen für „Mobilisirung der Kuxe“ zum Abschluß gebracht. „Die Kuxe sind nach diesem Gesetze nicht gleich den Kuxen des alten Rechts Antheile an dem immobilen Bergwerk, sondern ideelle Antheile an dem gesammten Gewerkschaftsvermögen oder den Aktien i , , nm, und diese Mo⸗ bilisirung ist wesentlich auch deshalb durchgesetzt, um im Inter⸗ esse des Bergbaues die Kuxe wiederum den Aktien ähnlich für den merkantilen Umsatz zu befähigen“.

Der General Lieutenant Graf von Bran denburg Il. General⸗ Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und. Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division, hat sich mit Urlaub nach Schlesien begeben.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

wenn er

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Cassel, Donnerstag, 10. Oktober. Der General⸗Feld⸗ marschall Graf von Moltke hat gestern zum ersten Male das Zimnier verlassen und einen Spaziergang irn Garten gemacht.

Madrid, Daanerstag, 19. Oktober. In der Nahe von Tetuan ist ein Beamter des spanischen Konsulats, der von den europäischer Konsulaten zum internationalen Delegirten für die Errichtung eines Lazareths Hestellt worden war, von Marokkanern ermordet worden, Die spanische Regierung hat von der marokkanischen Genugzhunng verlangt.