— Das Staats-⸗Ministerium trat heute, Mittags 1 Uhr, zu einer Sitzung zusammen.
— Die in mehrere ein en aufgenommene . lung, nach welcher der Kaiserliche Extrazug am 5. d. Mts. zwischen den Stationen Dransfeld und Göttingen nicht ganz außer Gefahr gewesen sein soll, entbehrt jeder Begründung. Der Extrazug 56 Majestäten hat zwischen den bezeichneten Stationen an keiner Stelle die für Schnellzüge dort nor⸗ male Geschwindigkeit überschritten und ist vor dem Einlaufen in den Bahnhof Göttingen langsamer befördert, als alle Schnellzüge dort gefahren werden.
— Im weiteren Verlaufe der (18.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten am Sonnabend wurde die weite Berathung des Etats des Ministeriums des . , . Abg. Freiherr von r , . hielt die Beschwerden der Linken über die Artikel der „Provinzial⸗ Korrespondenz“ für unbegründet. Als zur Zeit, wo die kon⸗ servative Partei in Mißkredit gewesen sei, die „Provinzial⸗ k viele Artikel gegen diese Partei gebracht habe, hätten die Liberalen Nichts dagegen einzuwenden gehabt. Aus den von ihm verlesenen Stellen kö Kreisblãtter hrte Redner den Nachweis, daß dieselben sich gegen die Kon⸗ ervativen ausgesprochen hätten. Er beschwere sich darüber . nicht, aber mit Recht verlangten die Konservativen gleiches icht und gleiche Luft. Offizielle Kandidaten verwerfe auch die konservative Partei auf das Bestimmteste. Die Regierung möge nur ganz unzweideutig aussprechen, was sie wolle; dann würden . die ihr genehmen Wahlen von selbst machen.
Der Abg. Freiherr von Schorlemer⸗Alst hielt sich den Aeuße⸗ , . der Vorredner gegenüber für verpflichtet, zwei Uebel⸗ stände zur Sprache zu bringen, unter denen die westlichen Provinzen schwer zu leiden hätten. Zunächst sei die übergroße Belastung der Gemeinden durch die Art der Anstellung resp. Entlassung der Kommunalbeamten, zweitens die Ueberlastung dieser Beamten mit staatlichen Arbeiten zu moniren. Man oktroyire den Gemeinden Vorstände, die sie nicht wollten und die nicht sowohl das Interesse ihrer Gemeinden verträten, als den Blick nur nach oben richteten, wo ihre Autorität zu finden sei und wo sie sich angenehm machen müßten. Der Minister möge doch Sorge tragen, daß den westlichen Provinzen dieses bureaukratische
genommen werde. Redner bedauerte, daß die Arbeits⸗ aft der Kołmmunalbeamten zu zwei Dritteln durch Staats⸗ arbeiten in Anspruch genommen würde, z. B. Militärange⸗ legenheiten, Standesamtssachen, Polizeiwesen, Statistik, — vom Kulturkampfe ganz zu schweigen. Wo bleibe da Zeit übrig, auch etwas für die Kommune selbst zu thun. Für die Staatsarbeit müsse der Staat den Kommunalbeamten eine Remuneration zukommen lassen. Bei diesen Ausgaben, die die Kommunen für den Staat machen müßten, sei es nicht zu verwun⸗ dern, wenn in den westlichen Gegenden die Kommunalzuschläge zu den Staatssteuern eine exorbitante Höhe erreicht hätten. Der Minister des Innern Graf zu Eulenburg erwiderte, es verstehe sich von selbst, daß er den hier vorgetragenen Dingen Aufmerksamkeit zuwende und erforderlichen Falles Ab⸗ hülfe schaffen werde. Auf die große Zahl von Einzelheiten sich einzulassen, sei ganz unmöglich. Daraus, daß er (der Minister), wo ihm die Sache kekannt sei, oder allgemeine k berührt würden, sich über deren Nützlichkeit und Nothwendigkeit ausspräche, könne eine Zuneigung zu einer bestimmten Partei nicht gefolgert werden. Das wä⸗ ren Sachen, welche alle arteien berührten und bei denen es sich um das Interesse des Landes handele. Speziell auf die Ausführungen des letzten Redners eingehend, habe er zu bemerken, daß die Anklagen über die größere Ueberlastung mit Staatsgeschäften, welche den Amtmännern in den westlichen Provinzen oblägen, unbegründet seien, und daß die Verhäͤltnisse in dieser Beziehung doch kaum anders lägen, als im Osten, wo die Gemeindevorstände eben so verpflichtet seien, wie dort die Bürgermeister und Amt⸗ männer, als Organe der Staatsgewalt zu fungiren und in ihrer Instanz die Geschäfte der Staatsgewalt zu besorgen. Es sei nicht zu leugnen, daß in der weiteren Entwickelung, die das Staatswesen seit einer Reihe von Jahren genommen habe, die Anforderungen auf diesem Gebiete ganz außer⸗ ordentlich gewachsen seien. So lange aber keine anderen Organe an Stelle jener eingesetzt wären, so müsse sich die Staatsregierung derjenigen, welche gesetzlich dazu verpflichtet seien, dazu bedienen. Auf die Auswahl dieser Beamten werde thatsächlich die größte Sorgfalt verwendet; daß nicht überall das Richtige getroffen werde, bedürfe keiner beson— deren r,, Sierauf erklärte der Abg. Lr. Freiherr von der Goltz, indem er sich gegen den Abg. Schulz (Booßen) wendete, daß ein großer Theil der von demselben vorgebrachten Beschwerden, wie dieser selbst eingestanden, bereits Seitens der Zentral⸗ instanz Remedur erfahren habe. Ein anderer . sei auf die Bestimmungen des Gesetzes selbst zurückzuführen. Daß der Abg. Richter die Landxäthe zum Angriffsobjekte gemacht . man doch wohl nur so auffassen, daß dessen artei den Glauben nicht wolle aufkommen lassen, daß ihre Niederlage in der geänderten Volksstimmung ihren Grund n. und daß die liberale Partei besorge, daß ihre Nieder— age bei den nächsten Landtagswahlen eine noch größere wer— den möchte. Von den Landräthen hoffe Redner, daß sie nach wie vor der rocher de bronze der Monarchie bleiben würden, als welcher sie sich bisher in allen Wechseln bewiesen hätten.
Der Abg. Frentzel glaubt nicht, daß die Kreisblätter, aus denen der Abg. von Hammerstein zitirt habe, von Land⸗ räthen redigirt seien. Redner greift sodann unter Mitthei⸗ lung von Einzelfällen die Verwaltung des bisherigen Land⸗ i in Insterburg an und beklagt sich über die Wahlbeein⸗ flussungen, welche im Regierungsbezirke Gumbinnen statt⸗ gefunden hätten.
Der Abg. Jungck bestreitet die Richtigkeit der von dem Abg. Richter (Hagen) monirten hohen Liguidationen, welche n ! z Selbstverwaltung des Kreises Niederbarnim aufge—⸗
ellt seien.
Abg. Dr. Miquel stellte dem Centrum anheim, wenn es Gesetzes verletzungen nachweisen könnte, bestimmte Anträge zu stellen. Mit allgemeinen Klagen sei nichts gethan, weil man die Sache nicht übersehen könne und nicht im Besitze des Aktenmaterials sei. Aus seiner Heimath Osnabrück wisse er, daß die Kirchengesetze strikte und energisch, aber auch human ausgeführt würden, so daß dort unnütze Erbitterung vermie⸗ den werde. In dem benachbarten Westfalen würden die Ge⸗ setze aber weit schroffer ausgeführt.
Hierauf erwiderte der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, was diesen letzten Punkt angehe, so gäbe er doch
zu bedenken, daß bei der Ausführung der Kirchengesetze die Stellung sehr stark in Betracht komme, welche die Bevölke⸗ rung ihnen gegenüber einnähme.
Der Abg. Plath bedauert, daß durch den Abg. von Meyer ganz unmotivirte Angriffe gegen die Kreisrichter gefallen seien; dieselben thäten nichts weiter, als daß sie ihr gesetzlich garan⸗ tirtes Staatsbürgerrecht, zu wählen und sich wählen zu lassen, wahrnähmen, und würden auf diesem loyalen Wege auch ferner verharren.
Abg. Nichter (Ha ai erklärte, daß er neulich in einer Privatgesellschaft die Aeußerung gehört habe, es sei doch merk⸗ würdig, daß die Krankheiten unter dem Vieh, seit der Dr. a, Tn. Minister sei, gar nicht aufhörten, bald Reblaus,
ald Koloradokäfer, bald Rinderpest vorherrschend sei; das sei doch zur Zeit des Ministers von Selchow besser gewesen. Es sei dies dieselbe Art zu urtheilen, die den Liberalen die Schuld an den Mißständen gebe, die die Kriege hinterlassen hätten und die wir ohne die neueren Gesetze noch viel schlim⸗ mer empfinden würden. Er bitte nicht zu vergessen, daß be⸗ sonders die Aufhebung der Wuchergesetze von allen konser⸗ vativen Parteien votirt sei. Daß der Abg. von Meyer die Landräthe vertheidige, wundere ihn nicht: Clericus clericum non decimat. Aber das müsse er doch betonen, daß er dem nicht beistimmen könne, die Landräthe als den rocher de bronze des , hinzustellen. In Bezug auf die Liqui⸗ dation im Kreise Niederbarnim bemerkt Redner, daß er seine Angaben bona fide gemacht habe, auf Grund der Mittheilun⸗ gen eines Reichstagsabgeordneten.
Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte, dadurch, daß ein⸗ zelne Personen die Bestimmungen des Gesetzes mißbräuchlich anwendeten, werde Nichts für den Werth der gesammten Gesetz⸗ gebung bewiesen. Die Landräthe hätten sich auch Verdienste um die Verwaltungsreorganisation erworben, wenn sie mit derselben auch nicht einverstanden gewesen seien. Die Aeußerungen des Abg. Miquel habe er mit Befriedigung vernommen und er wünsche, daß auch der Minister dieser Ansicht wäre. Das günstige Zeugniß für die Bevölkerung von Osnabrück und Hildesheim im Gegensatz zu der westfälischen könne Redner nicht acceptiren, der Unterschied der Verhältnisse rühre her von der verschiedenen Behandlung der Dinge durch die höheren Verwaltungsbeamten.
Abg. Dr. Miquel hielt seine vorher gemachten Aeußerun⸗ gen aufrecht, bat indessen nochmals den Minister, Alles zu thun, um den konfessionellen Frieden der Bevölkerung so wenig als möglich zu stören.
Hierauf erwiderte der Minister des Innern Graf zu Eulen⸗ burg, er sei mit den letzten Aeußerungen ganz einverstanden, 6 aber auch den Grundsatz aufrecht ö daß er die Beamten, auch die Kommunalbeamten, fragen müsse, ob sie die Gesetze ausführen wollten. Er 16. sodann nicht behauptet, daß die Bevölkerung der Provinz Hannover — um im Sinne des Abg. Windthorst zu sprechen — den Maigesetzen gegenüber konniventer gewesen sei als die westfälische. Er ö. aber gegenüber der Verurtheilung der dortigen Behörden sich verpflichtet gefühlt, darauf hinzu⸗ weisen, daß im Kampfe gegen die Maigesetze ein sehr ver⸗ schiedenes Verfahren beobachtet werden könne, und die Be⸗ völkerung Westfalens habe den Behörden entschieden einen
schrofferen Widerstan d entgegengestellt.
Hierauf wurd nah einer Reihe persönlicher Bemerkun⸗ gen Kap. 95 genehmigt.
Zum Kap. 96 (Polizeiverwaltung von Berlin) beantragte der Abg. Dr. Virchow, dasselbe an die Budgetkommission zu verweisen. Im gleichen Sinne sprach sich auch der Abg. Windt⸗ horst (Meppen) aus, während der Abg. Rickert den Antrag bekämpfte. Nach längerer Debatte, an der noch die Abgg. Dr. Zimmermann und von Benda theilnahmen, beschloß das Haus, dem Antrage des Abg. Dr. Virchow keine Folge zu geben und sich bis Abends 71 Uhr zu vertagen.
— Die vorgestrige Abendsitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und mehrere Regierungskommissarien bei⸗ wohnten, wurde vom Präsidenten um 736 Uhr eröffnet; das Haus setzte die zweite Berathung des Etats des Ministeriums des Innern fort. Zu Kap. 95 wiederholte Abg. Dr. Zimmer⸗ mann den vorher bereits abgelehnten Antrag, den vorliegenden Titel einer besonderen Kommission eventuell der Budgetkom⸗ mission zu überweisen. Der Redner begründete . Antrag durch den Hinweis auf die Nothwendigkeit einer Reform des Polizeipräsidiums an Haupt und Gliedern. Die gegen⸗ wärtige Organisation stamme aus dem Jahre 1822, einer Zeit, wo Berlin 200 000 Einwohner zählte. Es liege auf der Hand, daß die Stadt aus den Formen . Organisatlon herausgewachsen sei. Redner gab zu erwägen, ob man den beabsichtigten Zweck der Vermehrung des Personals für den Sicherheitsdienst nicht besser erreiche, wenn man die Sicherheitspolizei von einer Anzahl von Geschäften entlaste, die der eigentlichen Aufgabe der⸗ selben ganz fern lägen. Redner schilderte hierauf die verschie⸗ denen Unzuträglichkeiten in der Berliner Polizeiverwaltung, z. B. die Vereinigung von Orts⸗ und Landespolizei in einer Behörde, die Vereinigung großer Massen von Schutzleuten in den Revierwachen, die dadurch den Bezirkswachen entzogen würden, die Leistung des Polizeidienstes auf den Eisenbahn⸗ höfen durch die Stadt und der große Kostenaufwand, den die d,, Uniformirung verursache, endlich die unpraktische
rganisation der Baupolizei und des e , . Zur erfolgreichen Lösung ihrer Aufgabe müsse die Polizei mit der Bürgerschaft einheitlich zusammenwirken. Was sie allein thue, stehe alles auf schwankendem Boden.
Der Abg. von Wedell⸗Malchow hielt die von dem Vorredner entwickelten Gründe für die Ueberweisung an eine Kommission für durchaus nicht zutreffend. Hier han⸗ dele es sich nicht um einen Antrag der Reorganisation des
olizeiprasidiums, sondern einfach um Bewilligung oder
ichtbewilligung größerer Mittel zur Verstärkung der Sicher⸗ heit in der Hauptstadt, und einer solchen Frage gegenüber werde mit Ausnahme der Fortschrittspartei entf keine Partei sich negativ verhalten, wenn man erwäge, daß die höchsten . ja das Leben theurer Personen auf dem Spiele stehe. Nachdem der Reichstag das Sozialistengesetz angenommen habe, würde es dem Abgeordnetenhause schlecht k die Mittel zu dessen Durchführung zu verweigern. Er bäte also, die Forderung der Regierung ohne weitere De⸗ batte sans phrase zu bewilligen.
Hierauf erwiderte der Regierungskommissar, Geheim̃e Regierungs⸗Rath von Kehler, die Bezirkswachen, welche nicht die Revierverwaltungsbeamten, sondern nur bie sog. Sektionz⸗ Schutzmänner beschäftigten, hätten sich als praktisch bewährt, um
in Fällen der Noth eine größere Anzahl Mannschaften zu 2 ohne daß diese dadurch behindert würden, sich mit en speziellen Verhältnissen ihres Bezirkes bekannt zu machen. — Die Stadt trüge zu den Kosten der Ortspolizei nach dem diesjährigen Etat 982177 M bei; diese Summe würde, wenn die jetzt geforderte Erhöhung des Personals bewilligt würde, sich nur auf 1209 698 S½9 erhöhen.
Der Abg. Dr. Virchow protestirte dagegen, daß die Fortschritts⸗ partei aus bloßer Opposition geneigt wäre, an sich nothwendige Ausgaben der Regierung zu verweigern. Auch würde mie— mand hoffentlich ihm und seinen Freunden unterschieben wol⸗ len, daß ihnen die Sicherheit des Maisers oder anderer höchster Personen weniger am Herzen liege, als 36 einer anderen Partei. Es handele sich um die materielle Prüfung der Zweck- mäßigkeit der geforderten Ausgaben, und wenn der Abgeord⸗ nete von Wedell eine Bewilligung sans phrase verlange, so höre überhaupt die ganze Budgetberathung auf. Die Regierung behaupte, daß die gegenwärtig vorhandenen Sicherheitsbeamten nicht ausreichten. Es frage sich aber, ob dem vorhandenen Mangel nicht dadurch abgeholfen werden könnte, daß einzelne Zweige von der Polizei⸗ verwaltung abgetrennt und der Kommune übertragen würden. Ein anderes Mittel, dem vorhandenen Mangel abzuhelfen, sei die Beseitigung der Einrichtung, zu bloßen Schreiber⸗ diensten Schutzleute zu verwenden und diese dadurch dem eigentlichen Exekutivdienst zu entziehen. Es geschähe dies nur deshalb, weil der Staat einen nicht uniformirten Schreiber allein bezahlen müsse, während die sächlichen Ausgaben für den Schutzmann die Stadt zu tragen habe. Ein großer Mangel der Polizei sei ferner, daß die Schutzmannschaft nach den verschiedenen Abtheilungen des Polizeipräsidiums einge— theilt sei und sich streng innerhalb dieses Rahmens bewege, so daß z. B. ein Schutznann, der das Fuhrwesen zu über— wachen habe, sich um gar nichts anderes sich kümmere, möge um ihn vorgehen, was da wolle; recht bedenklich erscheine es, daß man den Schwerpunkt der Exekutivpolizei in die Bezirkswachen zu legen bemüht sei, durch welche die wichtigen Geschäfte der Revierpolizei mehr als zweckmäßig sei, aufgesogen würden. Das Bedürfniß einer Verstärkung der höheren und Sicherheitspolizei erkenne er an und beantrage demgemäß, 1) die Mehrfocderung für die höhere zur Disposition des Polizeipräsidenten stehende Polizei, sowie 2) für die Sicherheitspolizei im vollen Umfange, dagegen 3) die Mehrforderung für den Bureaudienst, für die Verstärkung des Bezirks-Wachdienstes und des Revierpolizei⸗Wachdienstes nur zur Hälfte zu bewilligen. Außerdem empfehle er 4) die Annahme einer Resolution, welche den Minister auffordere, dem Hause im nächsten Jahre den Plan einer Reorganisation des Polizeipräsidiums vorzulegen.
Der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, erwartete die unbeanstandete Bewilligung der in Rede stehenden Mehr— forderung, da dieselbe durch eine eingehende Denkschrift moti⸗ virt sei. Er behalte sich vor, auf Einzelbeschwerden der Vor— redner zurückzukommen. Das hier in Betracht kommende Be— dürfniß stehe nicht im Zusammenhang mit der Organisation des Polizeiprasidiums, deren Anomalie nur in der gleich⸗ zeitigen Funktion dieser y als Orts⸗ und Landes⸗ polizeibehörde liege. Die Bezirkswachen absorbirten durch— aus nicht die Geschäfte der Reviere, für welche letz⸗ tere ebenfalls eine Vermehrung der Mannschaften jetzt be⸗ antragt werde. Die Schutzmänner würden nicht zum Theil ausschließlich zum Schreiberdienste verwendet, sondern sie ver⸗ richteten gleichzeitig den Straßendienst. Durch Civilschreiber würden nur geringe pekuniäre Ersparnisse gemacht werden, dagegen ginge die nöthige straffe Disciplin verloren. Die 12 Be⸗ zirkswachen seien nothwendig, weil sie nach lokalen Anforde⸗ rungen etablirt seien, das geforderte Personal sei durchaus für den Posten⸗ und Patrouillendienst nöthig. Das Bedürf— niß nach Vermehrung der Polizei sei schon seit Jahren dringend, und jetzt hätten die traurigen Ereignisse des vorigen Sommers die Befriedigung desselben zu einer un⸗ abweislichen Nothwendigkeit gemacht. Die jetzige Vorlage sei detaillirt erwogen worden. Im Jahre 1851 habe in Berlin die Polizeimannschaft 1200 Personen bei 400 000 Einwohnern betragen. Bei der jetzigen Einwohnerzahl von einer Million müßten verhältnißmäßig mehr Polizisten bewilligt werden, als hier gefordert würden. Alle europäischen Großstädte wie Wien, London und Paris, hätten bedeutend mehr Polizei⸗ J wie Berlin. Er bitte um Bewilligung der Po⸗ ition.
Unter Ablehnung aller Anträge wurde das Kapitel be— willigt, jedoch die Resolution Virchow mit 119 gegen 112 Stimmen angenommen. .
Die Berathung wandte sich dann dem Kapitel 97 (Polizei⸗ verwaltung in den Provinzen) zu. Bei Titel 1 (Königsberg i. Pr) bedauerte der Abg. Röckerath, daß man die Diskussion über die Vermehrung der Polizei in Berlin so schnell geschlossen, und nicht gestattet habe, die Vermehrung der Ausgaben, die man fast überall für diesen Zweck in Anspruch nähme, einer gründ⸗ lichen allgemeinen Erörterung zu unterwerfen. Die Folge davon sei, daß sich die Debatte nun an die Etats der Polizei— verwaltung anderer Städte anknüpfe und dadurch zerfplittere. Immerhin möge der Staat ein gewisses Interesse an den Hane mel nhnigen der größeren Städte haben; jeden— falls sei es unbillig, daß diejenigen Gemein wesen, welche mit erheblichen Opfern für ihre Polizei selbst Sorge tragen, gleig tig noch für die so erheblich wachsenden 5. der Königlichen Polizeiverwaltungen beizusteuern ge— zwungen seien. Daß die Polizei ihrer 3. gegenwärtig in sehr mangelhafter Weise gerecht werde, sei anzuerkennen; es gälte dies namentlich von ihrer Thätigkeit zur Unter= drückung obscöner Abbildungen, aber hieraus folge noch nicht die Nothwendigkeit einer Vermehrung des Poltzeipersonalt Die Thatsache, daß überall da, wo die Kirche zurückgedrängt werde, der Ruf nach einer Vermehrung der Polizei sich hör=
bar mache, liefere den Beweis, daß die Abhülfe des i.
wärtigen Mißstandes auf einem anderen Gebiete zu fuchen sei. Er werde deshalb gegen den geforderten Mehrbetraß stimmen. Hierauf wurde 66 Position bewilligt, und ver⸗ tagte sich das Haus um 101 Uhr auf Dienstag 11 Uhr.
— Nach einem Telegramm aus Olympia ist dort am 13. d. M. ein kolossaler weiblicher Kopf, archaischer Arbeit, ö an der Nordostecke des Peribolus gefunden worden.
gestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Jachveisin über im Monat Oktober d. J. beförderte Züge und deren Verspätungen wurden auf 57 größten Eissh⸗ bahnen Deutschlands (exkl. Bayerns), mit einer
— Nach der vom . au⸗
mtlänge von 26 636,12 km, an fahrplanmäßigen Zügen i en. 12134 Courier⸗ und Scheis ß 78 084 Personen⸗ lige, 40 075 gemischte und 70 548 Güterzüge; an außer⸗ , lanmäßigen Zügen; 1486 Courier⸗, Personen⸗ und ge⸗ unischte, und 33 503 Güter-. Materialien⸗ und Arbeitszüge. Im Ganzen wurden 536 922 690 Achskilometer bewegt, von denen 180 976 969 Achskilometer auf die fahrplanimmäßigen Jüge mit Personenbeförderung entfallen. s verspäteten pon den 130 293 fahrplanmäßigen Courier⸗, Personen⸗ und gemischten Zügen im Ganzen 1242 oder 9,96 pCt., (gegen 1, 16 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 1zzz pt, im Vormongth. Von diesen Verspätungen wurden doch 96 durch das Abwarten verspäteter . Üüge hervor⸗ gerufen, so daß aus im eigenen Betriebe der betreffenden Bah⸗ nen liegenden Ursachen 645 Verspätungen oder 0, 5 pCt. (gegen 60 pCt. im Vormonat) der beförderten Züge entstanden. In demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf 57 Bahnen durch im eigenen Betriebe liegende Ursachen 791 gi leich 0, 61 pCt., sonach (O, I1 pCt. mehr. n Folge er Verspätungen wurden 170 Anschlüsse versäumt (gegen 160 in demselben Monat des Vorjahres und 204 im Vormonat).
— In den deutschen Münzstätten sind bis kum 7. Dezember 1878 geprägt worden, an Goldmünzen: 2301 170 M6. Kronen, hiervon auf Privatrechnung 2301 170 S6. Vorher waren geprägt: 1243 512 220 M Doppel kronen, 393 763 520 AM Kronen, 27 969 ga5 M Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung geprägt 345 634 430 0; bleiben 1 243 421 080 SY Doppelkronen, 395 995 200 Sa Kro⸗ nen, 27 969 845 S6 Halbe Kronen, Summa 1 667 386 125 40
— Bis Ende November 1878 sind für Rechnung des Reichs Silbermünzen im Werthe von 1043 150 037, 38 (832 619 766,42 M in Thaler⸗ und 210 530 270,96 MS an⸗ derer Währung) und Kupfermünzen im Werthe von 3512 278,65 MSL, zusammen 1046 662 316,03 ½ο zur Ein⸗ ziehung gelangt.
— Von der durch den Erlaß vom 23. Juni 1874 den Regierungen ertheilten Ermächtigung zur Bewilligung der nach 8.2 des Gesetzes vom 5. Juni 1874 zulässigen Befreiung solcher Gewerbetreibender der Steuerklasse B., welche nur den niedrigsten Steuersatz dieser Klasse aufzubringen ver⸗ mögen von der Gewerbesteuer, ist, nach einem Cirkularerlaß des Finanz⸗Ministers vom 2. d. M., in den verschiedenen Be⸗ zirken ein ungleichmäßiger, der Absicht des Gesetzes nicht überall entsprechender Gebrauch gemacht worden. Der Finanz⸗-Minister hat sich dadurch veranlaßt gesehen, die in dem gedachten Erlasse vom 23. Juni 1874 und in der ergänzenden Cirkular-Ver⸗ fügung vom 14. August desselben Jahres enthaltenen Bestim⸗ mungen über diesen Gegenstand . zu modifiziren, daß bei der Entscheidung über die Bewilligung der Steuer⸗ freiheit auf Grund des vorbezeichneten Gesetzes von den ragen:
dꝛeß das betreffende Geschäft als ein nützliches Gewerbe anzusehen, und ob der betreffende Gewerbetreibende nicht in der Lage sei, sich in einer vortheilhafteren Weise zu be⸗ schäftigen,
fortan abzusehen sei. Die Entschließung ist vielmehr lediglich
davon abhängig zu machen, daß
J. der betreffende Gewerbebetrieb unzweifelhaft nach den für die Steuervertheilung in der Klasse B. maßgebenden Grundsätzen nur zur Veranlagung mit dem geringsten Steuersatze geeignet ist, und daß zugleich .
II. besondere Umstände nachgewiesen werden, wegen deren die Entrichtung selbst des geringsten Steuersatzes als eine drückende Last für den betreffenden Gewerbetreibenden er⸗ achtet werden muß.
Die Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Gewerbetreibenden (große Dürftigkeit, Krankheit, Gebrechlich⸗ keit, Alter u. s. w.) ist hierbei, wenn über den Punkt zu J. kein Zweifel obwaltet, durchaus gerechtfertigt.
Unter Festhaltung dieser Voraussetzungen sind die Re⸗ gierungen zur selbständigen Bewilligung der Steuerbefreiung mit der Beschränkung ermächtigt worden, daß es der Einholung der vorgängigen Genehmigung des Ministers bedarf, wenn der Gesammtbetrag der Befreiungen für jedes Veranlagungs⸗ jahr in den einzelnen Rollenbezirken der ersten Abtheilung 5 Proz., der zweiten Abtheilung 4 Proz., der dritten und vierten Abthei⸗ lung 3 Proz. des Sollbetrages an Gewerbesteuer der Klasse B. über⸗
steigen sollte. .
Behufs Berechnung des Sollbetrages ist der Mittel⸗ satz mit der bei le teh ng der Gewerbesteuerrolle vor⸗ handenen Zahl der Steuerpflichtigen der Klasse B. des Rollen⸗ bezirks ein schließlich derjenigen Gewerbetreibenden, welchen die Befreiung bewilligt werden soll, zu multipliziren, wobei jedoch die auf Grund des §. 15 Absatz 2 des Gesetzes vom 19. Juli 1861 mit dem Mittelsatz der Klasse B. zu besteuernden Kleinhändler mit geistigen Getränken außer Betracht bleiben. .
Die bisherige Beschränkung der Anzahl der freizustellenden Gewerbetreibenden auf ein Drittheil der zum niedrigsten Steuersatze herangezogenen und der steuerbefreiten Personen findet keine Anwendung mehr.
Sollte sich der vorstehend normirte Prozentsatz des Steuersolls ausnahmsweise unzulänglich erweisen, so ist die für nothwendig erachtete Erhöhung desselben unter eingehen⸗ der Motivirung des Bedürfnesses zu beantragen. .
Endlich sind die Regierungen ermächtigt worden, die Bewilli⸗ ung der Steuerfreiheit innerhalb der oben bestimmten Beschrän⸗ ung hinsichtlich des Gesammtbetrages nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen auch solchen Personen, welche das Gewerbe erst be⸗ . (Zzugängern), zu Theil werden zu lassen, und zwar ei . Zutreffen der erforderlichen Voraussetzun⸗ , sowohl vom Beginn des Gewerbes an, als auch nach er⸗ olgter Veranlagung.
— Der General Lieutenant von Rauch , Commandeur der 9. Division, hat sich nach Glogau zurückbegeben.
— S. M. Kanonenboot „Cyclop“, 4 Geschütze, Kom⸗ mandant Kapt. Lt. von Schuckniann L, hat am 20. Oftober er, Nagasaki verlassen und ist am 23. dess. Mts. in Shanghai eingetroffen.
Bayern. München, 13. Dezember. (Allg. Ztg.) Der Aus schuß der Abgeordnetenkammer hat in seiner heutigen Sitzung auch die zweite Lesung des Entwurfs eines Ausführungsgefetzes zum Reichs-Gerichtsver⸗ fassungsgefetz beendigt, und es erlitten die Beschlüsse der ersten Lesung nur einzelne Modifikationen. Der Ausschuß hat nun die ihm vorgelegten vier Gesetzentwürfe seinerseits erledigt und kann erst wieder eine Sitzung abhalten, wenn
ihm die Beschlüsse des Ausschusses der Reichsrathskammer über die Ausfü rungsgesetze zur Neichs-Civil- und Straf⸗ prozeßordnung und zum Reichs⸗-Gerichtsverfassungsgesetze zuge⸗ gangen sein werden.
Gessen. Darmstadt, 14. Dezember. (W. T. 85 In Folge des Ablebens der Frau Großherzogin Alice ist ein ,, . Hoftrauer (bis zum 7. März) angeordnet worden.
Mecklenburg. Malchin, 14. Dezember. (W. T. B.) Die Stände sind auf den Vorschlag der Regierungen einge⸗ gangen und werden Deputirte wählen, um die Berathungen . Modifikation der Landesverfassung vorzu⸗
ereiten.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 13. Dezember. (KLeipz. Ztg. Auf Befehl Sr. Hoheit des Herzogs hat das Herzogliche Ministerium, Abtheilung für Kultus, angeordnet, daß am nächsten Sonntag in allen Kirchen des Landes ein besonderes Dankgebet für die glückliche völlige Wie der⸗ genesung Sr. Majestät des Deutschen Kaisers ab⸗ gehalten wird.
Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. Dezember. (G. T. B.) Der Kaiser hat den F3M. Baron Philippovie einge⸗ laden, nach Pest zu kommen und in der Ofener Burg Ab⸗ steigequartier zu nehmen. Baron Philippovie trifft, wie bereits gemeldet, heute Abend in Pest ein.
Pest, 14. Dezember. (W. T. B) In der heutigen Sitzung der ungarischen Delegation unterzog Graf Apponyi die auswärtige Politik der Regierung einer eingehenden Kritik und trat für das Minoritätsvotum ein. Nachdem sodann noch Miron Fiath Ladislaus Szoegyenyi für den Bericht des Ausschusses gesprochen hatte, richtete sich Graf Andrassy in einer längeren Rede gegen die Einwendungen der Redner der Opposition und widerlegte deren Ausführungen. Die Einverleibung von Serbien und Montenegro wäre die schiefste und unglücklichste Politik gewesen, die man hätte befolgen können. Serbien sei wohl auch ein slavischer Staat, aber zugleich ein unabhängiger, mit einer Verfassung und eigener nationaler Entwickelung. Das serbische Volk hätte es nie verziehen, wenn Oesterreich ihm seine Unabhängigkeit genommen hätte. Ein Gleiches gelte von Montenegro. Statt des Dankes würde Oesterreich ewige Feindschaft eines unge⸗ theilten Elementes gewonnen haben. Graf Andrassy wider⸗ legte sodann die Behauptung des Grafen Apponyi, daß Rußland heute ungehindert durch Rumänien aus⸗ und ein⸗ gehen könne, wie durch sein eigenes Gebiet. Der Minister betonte hierbei, der Berliner Kongreß habe ein unabhängiges Rumänien geschaffen, welches die Scheidewand zwischen der Türkei und Rußland bildet. Durch die von der Regie⸗ rung befolgte Politik sei der Entschluß Rumäniens, seine Rechte zu vertheidigen, ein viel größerer geworden, als er früher gewesen. Schließlich widerlegte Graf Andrassy die Besorgnisse, daß die Okkupation den Dualismus erschüttern würde; weder die geographische noch die ethnographische Lage der okkupirten Länder sei von solcher Art, daß sie die Mon⸗ archie erschüttern oder den Schwerpunkt derselben anders wohin verlegen würden. Die Rede wurde von anhaltendem lebhaften Beifall begleitet. Schließlich wurde bei der Ab⸗ stimmung über den der Regierung zu gewährenden außer⸗ ordentlichen Heereskredit pro 1879 der Antrag Hegedue's, unter Vorbehalt einer nachträglichen Verrechung 20 Millionen zu bewilligen, mit großer Majorität angenommen.
— 15. Dezember. (W. T. B.) Die Delegation des Reichsrathes trat den meisten differirenden Beschlüssen der ungarischen Delegation bei, beharrte jedoch bezüglich der Be⸗ rittenmachung der Hauptleute, der ersten in Höhe von 300 000 Fl. für die Erbauung eines neuen Citadellschiffes zu zahlenden Rate und bezüglich zweier unwesentlicher Posten auf den bereits gefaßten ablehnenden Beschlüssen.
Cörwshritannien und Irland. London, 16. Dezember. (W. T. B.). Der Tod Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Hessen hat im ganzen Reiche die tiefste Betrübniß und die herzlichste Theil⸗ nahme für die Königliche Familie hervorgerufen. Alle Londoner Blätter sind mit Trauerrand erschienen und widmen der Verstorbe ien die wärmsten Nachrufe. Die Königin ist tief niedergebeugt, die Gesundheit Ihrer Majestät hat indeß nicht gelitten. Die Uebersiedelung des Hofs nach Osborne ist aufgeschoben worden.
Den „Daily News“ wird aus Peshawur, von gestern, gemeldet, dem Vernehmen nach habe General Browne, ohne auf Widerstand zu stoßen, den Vormarsch nach Jellala⸗ bad begonnen. Von der Bevölkerung Jellalabads werde die Besetzung der Stadt herbeigewünscht.
— Nach einer Meldung aus Capetowne hat der Gouverneur dem Könige der Zulus, Cetewayo, ein Ultimatum übersandt.
Bristol, 14. Dezember. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl eines Mitgliedes zum Unterhguse wurde Fry (liberal) mit 9342 Stimmen gegen Ivor Guest (konservativ) gewählt, der 7795 Stimmen erhielt.
ahore, 15. Dezember. (W. T. B.) General Roberts.
hat die Rekognoszirung des Shutergardan am 9. d. M. beendet; die Truppen leiden von der starken Kälte. Der Vormarsch ist soweit als nöthig beendet. Der Weg bis zur Spitze des Khotuls war eher als man erwartet hatte. General Roberts ist am 10. d. M. nach Alikhel zurückge⸗ kehrt, ohne einen Schuß abgefeuert zu haben. — Die Stämme der Jagis und Ghilzais haben sich als freundlich gesinnt gezeigt. — Die Stellung bei Peiwar ist in Vertheidigungs⸗ zustand gesetzt worden. — Oberst Browne meldet, daß bei Dakka alles ruhig ist. — General Biddulf hat den Kojeck-Paß besetzt. Es befindet sich nun kein Paß mehr in feindlichen Händen. h
Frankreich. Ver sailles, 14. Dezember. (W. T. B.)
Bei der , des Budgets für das Ministerium der Auswärtigen Ange ö in der heutigen Senats⸗ sitzung richtete der Vicomte de Goöntaut⸗Biron eine ,,, über die Ausführung des Berliner ertrages an die Regierung. Der Interpellant versicherte, keine Kritik ausüben zu wollen, er wünsche vielmehr nur, über die Zukunft vergewissert zu werden. Der Minister des Auswärtigen, Waddington, erklärte in Beant wortung der Interpellation, daß die Instruktionen, welche die Bevollmächtigten Frankreichs fur den Berliner Kongreß gehabt,
dahin gegangen wären, die ern,, . Frankreichs zu verthei⸗ digen, den europäischen Frieden aufrecht zu erhalten, die Neu⸗ tralität Frankreichs in keiner Weise zu kompromittiren und jede Verpflichtung für die Zukunft zu vermeiden. Die Be⸗ vollmächtigten hätten sich ihrer Aufgabe in loyaler Weise ent⸗ ledigt. Er (der Minister) sei der Meinung, daß der Friede von der Ausführung des Vertrages abhängig sei. Er könne konstatiren, daß zahlreiche Bestimmungen des Vertrages schon ausgeführt seien. Frankreich habe die Interessen Griechen⸗ lands vertreten, weil eine solche Haltung seiner traditionellen Politik entsprache. Die Verhandlungen in der griechischen Angelegenheit seien noch in der Schwebe. Frankreich sei bei derselben der Mitwirkung der anderen Mächte versichert wor⸗ den. Es werde sich diese Mitwirkung als eine europäische, auf die Initiative Frankreichs hin unternommene Aktion dar⸗ stellen. Europa setze Vertrauen in die französische Regierung. Frankreich habe keine Verpflichtung übernommen, werde auch keine eingehen und werde frei bleiben, wie es frei den Kongreß verlassen habe.
Auf eine Interpellation Larcy's erklärte der Mi⸗ nister des Innern, daß er das Vorgehen des Maires von Marseille billige, welcher Prozessionen verboten hatte, die man zu politischen Manifestationen ausbeuten wollte. Er werde dafür Sorge tragen, daß das Gesetz von Allen ge⸗ achtet werde.
Italien. Ueber den Verlauf der Kabinetskrisis liegen folgende Meldungen des „W. T. B.“ vor:
Rom, 14. Dezember, Abends. Cairoli zeigte heute der Deputirtenkammer an, daß der König die Demission des Kabinets angenommen habe, und daß das Kabinet die Geschäfte bis zur Bildung des neuen Ministeriums fortführen werde. Die Kammer vertagte sich hierauf. — Der n mit mehreren ö politischen Persönlichkeiten Be⸗ sprechungen über die noch immer schwierige parlamen⸗ tarische Lage gehabt. — Gestern Abend fand eine Versamm⸗ lung der Führer der Rechten statt, um sich über die ferner von ihnen zu beobachtende Haltung in Einvernehmen zu setzen. Cairoli wohnte einer Versammlung der Führer der Linken bei, um zu prüfen, ob eine Vereinbarung mög⸗ lich sei. Die Idee, ein neues Kabinet aus Elementen aller Fraktionen zu bilden, stößt auf Schwierigkeiten.
— Weitere Meldung. Cairoli hat auf die Bildung eines neuen Kabinets verzichtet, da Anzeichen einer neuen Koalition der Fraktionen der Kammer gegen ihn zu Tage ge⸗ treten sind. Cairoli bezeichnete dem Könige den Präsidenten der Deputirtenkammer, Farini, als die geeignetste Persönlich⸗ keit zur Bildung des neuen Kabinets; Farini hat dieselbe jedoch abgelehnt. Der König konferirte fodann mit den Führern der verschiedenen Fraktionen der Kammer und beauftragte in Folge dieser Konferenzen Depretis mit der Kabinetsbildung. Letzterer hatte eine Unterredung mit verschiedenen politischen Persõönlichkeiten.
— 15. Dezember. (W. T. B.) Depretis übernahm nach einer Desprechung mit mehreren Staatsmännern die
Mjr gn zn B31 It 2. Bien Visstön, ein Radi ned zu düden.
Türkei. Konstantinopel, 15. Dezember. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Phil ippopel vom 14. d. Mts. ist der Finanzdirektor von Ostrumelien, auf seiner Reise Behufs Inspizirung der Kassen in Jenizagra von der bulgarischen Bevölkerung gewaltsam zur Einstellung seiner Funktionen und zur Rückreise gezwungen worden.
Afrika. Egypten. Alexandrien, 14. Dezember. (W. T. B.) Das Amtsblatt veröffentlicht einen Erlaß des Finanz⸗ Ministers Wilson, durch welchen die Abschaffung der eng⸗ lischen und französischen Generalcontroleure vor⸗
eschlagen wird, vorausgesetzt, daß die Staatsschuldenkasse sich
9 einverstanden erklärt. Das italienische Mitglied der Staatsschuldenkasse, Raravelli, ist zum Ober⸗Berichterstatter ernannt worden; Blum wurde zum Unter⸗Staatssekretär im Finanz⸗Ministerium und Fitzgerald zum Generalcontroleur der Jechnůngen ernannt.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗-Bureau.
Pest, Montag, 16. Dezember. Im Abgeordnetenhause wurde die Vorlage über die Verlängerung des Wehrgesetzes mit bedeutender Majorität angenommen; dagegen stimmte nur die äußerste Linke.
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlicher Gesund⸗ heitsamts sind in der 49. Jahreswoche von je 1900 Be⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 24,8, in Breslau 25,9, in Königsberg 25,6, in Coͤln 20,6, in Frankfurt a. M. 18,7, in Hannover 16,4, in Cassel 27,2, in Magdeburg 22, in Stettin 22,2, in Altona 274, in Straß⸗ burg 265,?“, in München 30,2, in Nürnberg 33,1, in Augsburg 37,9, in Dresden 23,5, in Leipzig 19,6, in Stuttgart 21,9, in , , 163, in Karlsruhe 13, in Hamburg 21, in Wien 283, in Buda pest 31,09, in Prag 30,9, in Triest 33,0, in Basel 20,9, in Brüssel 18,0, in Paris 235,6, in Amsterdam 244, in Kopenhagen 17,0, in Stockholm 2137, in Christiania 15,6, in St. Petersburg 35,8, in Warschau 26,9, in Odessa 28,7“, in Bukarest 39,„, in Rom 20 2, in Turin 31,4, in Athen — in Lissabon 30.6, in London 29,4, in Glasgow 25,6, in Liverpool 33,4, in Dublin 376, in Edinburgh 22,2, in Alexandria ere 38,09. Ferner aus früheren Wochen: n New⸗ ö — in Philadelphia 169, in Boston —, in Chicago — in
an Franzisko 15,z̃, in Caleutta 41,„, in Bombay 31,6, in Madras 44,2.
Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsstationen südliche und südwestliche, in Bremen südöstliche, in München nordöstliche Luftströmungen, die im Laufe der Woche über Ost ziemlich ö in nördliche Windrichtungen übergin en. In der zweiten Hälfte der Woche machten sich an ein⸗ zelnen Stationen südliche, in München und Cöln westliche Wind- richtungen geltend, doch gingen sie zum größten Theil in Nordwest und am Schluß der Woche allgemein in westliche und füdwestliche um, Die Temperatur der Luft überstieg das Monatsmittel. Nieder⸗ schläge, jum Theil in Schneesorm, rn häufig statt. Der Luft⸗ druck stieg im Anfange der Woche, fiel aber dann und behielt bis zum Schlusse der Woche sinkende Tendenz.
Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten größeren Städte haben sich mit Ausnahme der 2 en, in der Wer s. fir ie estaltet und weisen kleinere Verhältnißzahlen auf. Die allgemeine
terblichkeits verhältnißzahl für die deutschen Städte sank von 26,0 der Vorwoche auf 242 (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr be⸗
rechnet). In vn meisten Städten zeigt sich der Antheil des Säng⸗