1879 / 12 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Jan 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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daß darin gegen andere Konfessionen systematisch Haß und Verachtung verbreitet würde; übrigens sei das Lehrbuch schon unter einem früheren Ministerium zugelassen, da es in den letzten Jahren der Centralinstanz nicht vorgelegen habe.

Der Abg. Dr. Bender nahm aus einem Spezialfalle Veranlassung, dem Minister den Wunsch auszusprechen, daß er die Lehrer an den höheren Lehranstalten wegen ihrer Be⸗ theiligung an der fortschrittlichen Wahlagitation vor politi⸗ scher Verfolgung schützen möge. Die allerdings im Hause noch nicht vertrekene neue liberal⸗konservative Partei, die sich selbst die allerbedenklichsten Wahlbeeinflussungen erlaubt habe, sei gegen die genannten Lehrer beim Schulkollegium mit De⸗ nunziationen vorgegangen und habe dann auch die Rüge durchgesetzt. Wenn es in Preußen auch keine parlamentarische Regierung gäbe, so müsse um so mehr darauf gehalten wer⸗ den, daß wenigstens die Wahlfreiheit im vollsten Maße geachtet werde, namentlich dürfe die amtliche Autorität nicht gemißbraucht werden.

Hierauf erwiderte der Kultus⸗-Minister Dr. Falk, daß er hier gleich die Gelegenheit wahrnehmen wolle (im Anschluß an die Aeußerung des Abg. Richter (Hagen) bei Berathung des Ministeriums des Innern) auf die sogenannten Wahlbeein⸗ flussungen seines Ressorts einzugehen, obwohl das Haus mit diesen Wahlbeeinflussungen schon so häufig befaßt worden sei. Er seinerseits habe weder jetzt, noch früher, sei es generell, sei es speziell, einen Wahlerlaß ergehen lassen. Beschwerden seien auch bei ihm gar nicht eingegangen. Der von dem Vor⸗ redner angeführte Fall sei ihm nicht bekannt geworden, werde aber untersucht werden, wie er denn auch über die vier Fälle, welche aus den Zeitungen zu seiner Kenntniß gelangt seien, Bericht eingefordert habe. In dreien dieser Fälle sei Remedur eingetreten; im vierten Falle (Regierungs⸗-Schulrath Wend⸗ landt in Gumbinnen) könne er das Verhalten dieses Beamten nur billigen. Dieser habe in einer vertraulichen Ansprache ob vertraulich oder öffentlich sei gleich; was er gesagt habe, hätte er auch öffentlich sagen können am Schluß der Kon⸗ ferenz ausgeführt, wie das Anwachsen der Sozialdemokratie und die Attentate das Verwerflichste seien, dem gegenüber alle staats- und gesellschaftserhaltenden Elemente zusammenstehen müßten. Auch die Lehrer müßten von ihrem Wahlrecht Ge—⸗ brauch machen. Von Konservativen sei gar nicht die Rede gewesen. Eine dahin gehende Berichtigung sei gegenüber der betreffenden Korrespondenz der „Königsberger Hartungschen Zeitung“ in einem Gumbinner Blatt ohne Zuthun des Schul⸗ raths erschienen.

Der Abg. Schmidt (Stettin) bemerkte, er sei durch die Entgegnung, welche die Rede des Abg. Gerber vom Regie⸗ rungskische gefunden habe, nicht völlig befriedigt. Namentlich die Zögerung in der endlichen Vorlegung des Unterrichts— gesetzes sei zu bedauern; wenn das ganze Unterrichtsgesetz, na⸗ mentlich in seinen finanziellen Theilen nicht vorgelegt werden könnte, so möge der Minister doch das Dring⸗ lichste vorab erledigen und in erster Reihe im Wege der Verordnung das Lehrplanwesen reformiren. Auch die Frage der Berechtigung der Realschul-Abiturienten er⸗ heische dringend eine Regelung, die man nicht bis zu dem vielleicht noch entfernten 6. des ganzen Untexxrichtsgesetzes aufschieben möge. Namentlich in Bezug auf die Berechtigung der Realschul-⸗Abiturienten zum medizinischen Studium sei das bisherige Schwanken nicht länger erträglich; man müsse bald erfahren, woran man sei.

Der Abg. Dr. Lucius erklärte, die Zulassung der Realschul⸗ Abiturienten zum Studium der Medizin sei nach seiner Ansicht unzweifelhaft gerechtfertigt. Im Uebrigen komme er auf die Klagen wegen Ueberbürdung der Schüler, welche im vorigen Jahre im Hause laut geworden wären, zurück. Denselben sei nur zum geringen Theil abgeholfen. Redner bezeich—⸗ nete die Richtung, in welcher dieser Ueberbürdung

ründlich und praktisch abgeholfen werden könnte (Beginn des ranzösischen Unterrichts statt in Quinta, erst in Tertia; Be⸗ seitigung der schrift ichen Arbeiten im Griechischen beim Abi⸗ turientenexamen; Vexringerung der Zahl der lateinischen Auf⸗ sätze; gleichmäßige Ferienordnung). Er könne ferner nicht umhin, auf die in bestimmter Progression nach dem Verhältniß zur Höhe der Klassen wachsende Kurzsichtigkeit zu verweisen. Professor Dr. Hermann Cohn in Breslau habe bei einer im dortigen Gymnasium an 1195 Gymnasiasten vorgenommenen Untersuchung in Sexta 12, in Quinta 18, in Quarta A, in Tertia 31, in Sekunda 40, in Prima 56 Tight Kurzsichtige gefunden; bei 1141 Realschülern steige die Zahl von 9 Prozent in Sexta, auf 44 Prozent in Prima. Diesen Zahlen liege doch ein gewisser Werth bei, und gäben dieselben zu denken.

Der Regierungskommissarius Geheime Regierungs-⸗Rath Dr. Bonitz konstatirte, daß das statistische Material über die einge⸗ tretenen Augenleiden in höheren Lehranstalten dem vom Vor⸗ redner genannten Dr. Cohn zur weiteren Bearbeitung zuge⸗ stellt sei. Diese Frage, sowie die Frage wegen Ueberbürdung der Schüler unterliege der aufmerksamsten Beobachtung Sei⸗ tens der Regierung.

Der Abg. Kantak rügte verschiedene angebliche Mißstände am Gymnasium in der Stadt Posen und wandte sich dann gegen die neuliche Behauptung des Abg. Gerber, daß die pol⸗ nische nch keine Literatur a. Redner beklagte sich weiter über Zurücksetzungen polnischer Lehrer an den höheren Lehranstatten der Provinz Posen, sowie über angebliche Be⸗

einflussungen, Verfolgungen und Versetzungen polnischer Lehrer Seitens vorgesetzter Behörden. Dem Abg. Dr. Bender, der darauf hingewiesen habe, daß die Fortschrittspartei stets mit der Partei „Falk gas sei, bemerkte Redner, daß Seitens der Fortschrittspartei das schwerlich geschehen sein würde, wenn noch ein Waldeck oder Hoverbeck in derselben säße.

Der , , Geheime Regierungs⸗Rath Stauder rechtfertigte das Verfahren der Regierung, er bestreite entschieden, daß polnische Lehrer oder Ge r g fend. von der Jie ierung gemaßregelt worden seien.

Der Abg. Richter (Hagen) erklärte dem Abg. Kantak

egenüber, daß der Abg. Bender nicht gesagt habe, daß die ortschrittspartei immer mit dem Minister galt gegangen sei oder gehen werde, Sie hahe nur die Maßregeln des Ministers unterstützt, soweit sie dieselben eben nach ihren Grundsätzen abe billigen können. Daß die Lehrer sich nicht bei dem inister über ihre Regierungs- Schulräthe beschwerten, sei wohl durch ihre Abhän a erklärlich. Allerdings sei mit Dank anzuerkennen, . er Minister sich das Material über

die ihm bekannt gewordenen Wahlbeeinflussungen verschafft habe. Was aber die Rede des Schulraths .

doch zu bedenken, daß die er⸗ 2 nte Aufforderung dieses Herrn, die Sozialdemokratie zu

betreffe 6 sei pfen, keinen Grund habe, da es dort gar keine

Wahlaufruf unterzeichnet, der die Wahl des Ober⸗-Staats⸗ anwalts Saro empfohlen 83 Redner brachte ferner einige Spezialien von anderen hlvorgängen in Ostpreußen zur Sprache; durch solche Wahlbeeinflussungen würden die Grundlagen des Staates aufs Aeußerste erschüttert. Redner verlange dabei vom Minister die bestimmte Beant⸗ wortung der Frage, ob die Erfüllung des Diensteides etwas mit der politischen Gesinnung des Beamten zu thun habe, und ob aus dem Diensteid und aus dem , , für Lehrer die Enthaltung der Unterzeichnung liberaler Wahlauf⸗ rufe oder der Theilnahme an Wahlagitationen gefolgert wer⸗ den könne? Der Diensteid verpflichte nach seiner Ansicht die 2 zur Treue gegen den Kaiser, vereidige sie aber nicht auf die wechselnden Minister oder die wechselnden An⸗ sichten derselben. Was würde aus dem Ansehen des Lehrer⸗ und Beamtenstandes, wenn wechselnde Minister für wechselnde Ansichten politische Parteidienste von den Beamten beanspruchten, und Beamte entgegengesetzter Ansicht mit dem Disziplinargesetz an der Hand verhindert würden, von ihren politischen Rechten Gebrauch zu machen? Habe nicht der Minister Falk mit der Fortschrittspartei das Interesse, über die augenblicklichen politischen Fragen hinweg die Grund⸗ lagen des öffentlichen Gemeinwesens gegen solche Unterwüh⸗ lungen zu schützen?

ierauf erwiderte der Kultus⸗Minister Dr. Falk, wenn er diese Frage nicht beanworte, würden möglicherweise unrich⸗ tige ke, r, . hieraus gezogen werden. Eigentlich hätte sich der Vorredner die Frage aber selbst beantworten können, dieselbe wäre doch dahin gegangen, ob der Diensteid des Beamten, resp. Lehrers die Bedeutung habe, daß er auf den jedesmaligen Minister schwöre und verspreche, auch in politicis das zu thun, was dieser Minister für recht halte. Daß darauf nur mit „Nein“ zu antworten, verstehe sich doch von selbst. Gerade in seinem Ressort erfahre er die Berechtigung dieses „Nein“ sehr oft, da vielfach Persönlichkeiten, die demselben naheständen, ihre Stimme in einem anderen Sinne abgäben, als er per⸗ sönlich wünsche. Im Uebrigen könne es Fälle geben, wo es Pflicht des Beamten sein müsse, sich einer gewissen Wahl⸗ bewegung zu enthalten. Das könne aber nicht im Allgemeinen, sondern nur in conereto entschieden werden.

Der Abg. Dr. Perger brachte eine Reihe von Beschwerden zur Sprache, die sich bei den westfälischen Gymnasien heraus⸗ gehe hätten. Insbesondere gebe der überraschend ungünstige

usfall der dortigen Abiturientenprüfungen viel zu denken.

Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs⸗Rath Stauder wies an der Hand statistischer Angaben nach, daß der Rückgang im Ausfalle der Abiturientenprüfungen in Westfalen in den letzten Jahren nicht mehr konstatirt sei; dort seien sogar in den letzten Jahren so günstige Resultate erzielt worden, daß Westfalen unter den preußischen Provinzen die drittbeste Stelle einnähme, Noch bessere Resultate würden sich erzielen lassen, wenn nicht das Unwesen der Verbindungen die Zeit der Primaner so häufig den ernsten Arbeiten entzöge. Die Verbindungen nenne er als früherer praktischer Schul⸗ mann dreist eine Pest des Schulwesens.

Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte, er habe dieser Rede mit großer Befriedigung zugehört, da sie den guten Willen der Regierung bekunde. Aber es sei doch bedenklich, aus dem n n n, der Examina allein einen Rückschluß zu machen nach jeder Richtung hin auf die geistige Reife der zur Universität übergehenden Abiturienten. Und da fürchte er einen Rückgang wahrnehmen zu müssen, da mehr und mehr das . von Schule und Haus schwinde. Auch auf den Gymnasien fehle es an der rechten Zucht, welcher Mangel die jungen Leute zur Blasirtheit treibe und ihnen jede Schranke des Willens wegräume. Es sei auch eine paͤdagogisch verfehlte Methode, ingen, die etwas lernen sollten, als Herren zu behandeln.

on einem Gymnasium sei dem Redner erzählt, daß dort, wenn der Unterricht früh zwei Stunden gedauert habe, die jungen Herren zum Frühschoppen gingen. Die Ghymnasial⸗ . sollten nie vergessen, daß sie keine Universitäts-Pro⸗ fessoren seien. Auf dem Gymnasium werde auch der Reli— gionsunterricht zu wenig gepflegt, und daran seien auch die Verfügungen der Unterrichtsverwaltung Schuld.

Der Regierungs⸗Kommissar bat um Angabe des Ortes, an dem sich der Fall mit dem Frühschoppen zugetragen habe. Was die angebliche Vernachlässigung der Religion angehe, so sei da⸗ gegen zu protestiren, daß die Schuld dem Minister zugeschoben würde. Seit 1856 seien der Lehrplan und die Stundenzahl für den Religionsunterricht dieselben geblieben, nur bezüglich der Theil⸗ nahme an religiösen Uebungen sei der Zustand wieder her— gestellt, wie er bis 18652 überall bestanden habe. Daß ferner den Schülern die Theilnahme an Kongregationen verboten sei, werde Niemanden under n der wisse, daß bis 1852, dem Jahre der Wiedereinführung des Jesuitenordens in Preußen, Kongregationen der Art gar nicht existirten.

Der Abg. Kantak hob hervor, daß das Marien⸗ gymnasium in Posen thatsaäͤchlich zurückgegangen sei, seitdem die polnischen Lehrer vorwiegend durch deutsche erfetzt worden seien und seitdem man angefangen habe, konfessionelose Vor— träge über Selbsterkenntniß und dergl. an Stelle des katho⸗ lischen Religionsunterrichts treten . lassen. Dem Regierungs⸗ kommjssarius, der um genaue Mittheilung dieses Falles bat, antwortete Abg. Kantak, daß er den Direktor der Realschule in Posen, Dr. Geist, meine.

Der Abg. Dr. Langerhans erklärte des Abg. Windthorst abfällige Meinung über die jetzige Gymnasialjugend nicht theilen zu können. Es sei eine ganz alte Erfahrung, daß wenn man älter werde, die Anschauungen auf diesem Gebiete strenger und strenger würden, im Uebrigen werde jetzt die Disziplin auf den höheren Anstalten viel schaͤrfer gehandhabt, als vor ein bis zwei Dezennien.

Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte, die Lehrer fühl⸗ ten sich heutzutage mehr als Um sversitãts prosesso ren, denn als Erzieher der Jugend und trügen dadurch . zur Lockerung der Disziplin bei. Gerade der Lehrerstand fei außerdem der bewährteste Träger des Kulturkampfs; deshalb hielten die Lehrer Religion und Religionsübungen in der Schule überhaupt für unndthig. In Bonn sei der unerhörte Fall vorgekommen, daß man einen Gymnasiasten zum Karzer verurtheilt habe, weil er mit der Frohnleichnamsprozession gegangen.

Der Kultus⸗Minister Hr. Tann erklärte, das Examen in der Religion werde in keiner Weise leichter genommen als früher. Es sei eine eigene Taktik des Abg. n, n. immer Vorwürfe zu machen, ohne sie zu belegen. In West⸗ elnen Anstalten die Einrichtung einer en Religionsprüfung, welche er frotz ausge⸗

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Soʒialbemokraten gebe. Uebrigens habe derselbe Herr den

sprochenen Wunsches der Aufhebung streng aufrecht erhalte. . Geschichte von dem Bonner Karzer sei duraus falsch dar⸗

gestellt, es sei wegen Ausübung des Gottesdienstes niemals ein Schüler bestraft worden.

Der Abg. Dr. Eberty bemerkte, nicht die religiösen Ge⸗ bräuche allein machten die Erziehung aus; die Eltern und Lehrer sollten in der Nachahmung des Stifters der christlichen Religion mit gutem Beispiele vorangehen.

w 2 Frhr. von Heereman erklärte, daß in früherer eit die Zöglinge der höheren Lehranstalten in Westfalen täg⸗ ich zur Messe geführt worden seien, jetzt geschehe dies nur

wöchentlich zweimal, in ähnlicher Weise seien die anderen re⸗ ligiösen Verrichtungen beschränkt, und damit das wichtigste er⸗ ziehliche Moment geschädigt worden.

Der Regierungskommissar, vertheidigte die kirchlichen Zu⸗

stände an den höheren Anstalten in Rheinland und Westfalen; sie seien noch ebenso, wie sie vor dem Jahre 1841 unter größter Billigung der kirchlichen Oberen bestanden hätten, mit denen sich deshalb Abg. Windthorst (Meppen) auseinandersetzen möge.

Der Abg. Br. von Sybel erklärte, bis in die Regierungszeit Friedrich Wilhelms IV. hätte es gar keine katholischen 9 m⸗ nasien gegeben, erst unter dem Ministerium Raumer sei mehre⸗ ren Anstalten dieses epitheton ornans im Etat beigelegt. Was die religiöse Erziehung betreffe, so müsse er fragen, wozu sei denn der ganze kirchliche Apparat da, wenn auch die Gymnasial⸗ lehrer noch geistliche Funktionen ausüben sollten? Der streng orthodoxe Altlutheraner Vilmar, der eine Vereinigung aller Konfessionen gehofft hätte, und zwar unter Verbindung des strengen Buchstabenglaubens des Lutherthums mit der straffen Kirchenzucht des Calvinismus und der allmächtigen Hierarchie der katholischen Kirche, hätte einen solchen fia ngabestgh der Kirche Seitens der Schüler verworfen, weil daraus Wider⸗ wille gegen Lirchenthum und Heuchelei entstehe. Was das studentische Treiben der Gymnasiasten betreffe, so könne er konstatiren, als Akademiker und Historiker, daß das studentische Treiben der Gegenwart viel civilisirter geworden sei als das aus dem frommen Mittelalter ,, wilde und rüde Treiben in früherer Zeit.

Hieran knüpfte sich eine Polemik der Centrumsmitglieder Franz und Bachem gegen den Abg. Dr. von Sybel als Histo⸗ riker und Kenner rheinischer Verhältnisse; der erstere rechnete das behauptete Nichtvorhandensein stiftungsmäßig katholischer Gymnasien in die lange Reihe der Sybeliana, die keiner Wider⸗ legung bedürften.

Der Abg. Windthorst (Bielefeld) erinnerte den Abg. Frhr. von Heereman, der wie er, das Gymnasium in Münster besucht habe, an den Unfug, der bei den religiösen Uebungen getrieben worden sei. Das Centrum verlange eine religiöse Erziehung, ohne welche der Unterricht nur Abrichtung sei, in demselben Athem fordere es aber eine zwangsweise Anhaltung zur Messe, Beichte und Kommunion. Das Ministerium werde wohl Material genug haben, um seinen Entschluß, Protestanten an diese Anstalt zu berufen, zu rechtfertigen.

Nach einer. Reihe von persönlichen Bemerkungen wurde 5 U genehmigt, worauf sich das Haus um 417 Uhr ver⸗ agte.

In der heutigen (29. Sitzung des enn der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenheiten r. Falk und mehrere Regierungskommissarien bei⸗ wohnten, theilte der Präsident mit, daß die Kommission zur Vor⸗ berathung des Entwurfs einer Schiedsmannsordnung gewählt sei und sich wie folgt konstituirt habe: Abgg. Witte (Vorsitzender), Dr. Eberty (Stell vertreter), Baurschmidt, Schlieper (Schriftführer). Weiter theilte der Präsident mit, daß von dem Abg. Frhrn. von Heereman ein Antrag, betreffend den dem Bundesrathe vorgelegten Gesetzentwurf über die Disziplinargewalt des Reichstages gegen seine Mitglieder, eingebracht sei.

Darauf trat das an die zweite Berathung des Etats ein. Die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben der Staatsarchive (Neubau eines Archivgebäudes in Idstein) wurden auf den Antrag des Referenten der Budgetkommission, Abg. von Benda, und des Abg. Dr. ö. bewilligt. Hierauf setzte das Haus die gestern abgebrochene Diskussion über die Gymnasien und Realschulen fort. Die Abgg. Dr. Petri, Frhr. von Minnigerode und Dr. von Jaidzemwski brachten verschiedene Wünsche in Betreff des Baues der Gymnasien zu Wiesbaden, Elbing und Konitz vor, welche von dem Re⸗ gierungskommissar, Ministerial⸗Direktor Greiff dahin beant⸗ wortet wurden, daß die bezüglichen Projekte noch einer Superrevision unterlägen. Der Abg. Frhr. von Hammer⸗ stein brachte den Fall des Oberlehrers Dr. Müller am Realgymnasium zu TLippstadt zur Sprache, welcher seinen Schülern Darwinsche Theorien aus Carus Sterne vorgetragen hätte. Der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Stauder erklärte, daß der 2c. Müller deshalb vom Minister eine Rüge erhalten ö. Der Abg. Dr. Miquel sprach den Wunsch aus, daß für die Beurtheilung des den städti⸗ schen Schulen zu gewährenden Staatszuschusses nicht wie bisher, ein hren, Durchschni t, sondern ein jährige Etats . sein möchten, weil es leicht vorkommen könnte, daß die bei einem dreijährigen Durchschnitt sich ergebenden scheinbaren Ueberschüsse zu einer unberechtigten Belastung der Kommunen führen. Gleichzeitig drückte der Redner die Hoffnung aus, daß die Regierung aus der Bewilligung von Staatszuschüssen zu Kommunalschulen nicht das Recht für sich herleite, in alle einzelnen Details der Schul verhältnisse hineinzureden und dadurch die Freudigkeit der städtischen Verwaltung zu beeinträchtigen. Der Regierungs⸗ kommissar Ministerial⸗Direktor Greiff erkannte die vom Vor⸗ redner bezüglich des dreijährigen Etats gerügten Uebelstände an und versprach, daß die Regierung eine Aenderung in dem angedeuteten Sinne vornehmen werde.

Auf die Beschwerden des Abg. Dauzenberg, daß die Staatsregierung den katholischen höheren Mädchenschulen nicht in gleichem Maße Zuschüsse zuwende, wie den evangelischen, erwiderte der Regierungskommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Dr. Schneider, daß diese Beschwerden nicht begründet seien, wie er durch das Verzeichniß der ing subventio⸗ nirten katholischen Privat-⸗Mädchenschulen beweisen könne, weil es der Regierung ernst mit dem Vorsatze sei, aus den ihr u Gebote stehenden Fonds Ersatz für die durch Auflösung der

rdensniederlassungen aufgehobenen Mädchenschulen zu schaffen. Der Abg. Schläger erkannte dieses Bestreben der Regierung an, wünschte aber detaillirtere Nachweisungen über die Ver⸗ wendung der Fonds des Tit. 9 Kapitel 124 dem Hause vor⸗ gelegt zu sehen. Er bat ferner, an den Mädchenschulen mehr die Anstellung von Lehrerinnen als von Lehrern zu berücksichtigen. Der genannte Regierungskommissar erwiberte darauf, daß 1439 evangelische, 2884 katholische und 19 jüdische Lehrerinnen angestellt seien, und auf eine Spezial beschwerde des Abg. Theissing, daß in Neisse für die And n er von

Blatt: Umfassende polizeiliche Recherchen über den Ver

Drdensschwestern geleiteten höheren Mädchenschule dadurch ge⸗ nügender Ersatz geschaffen sei, daß man dem Leiter der dor— tigen bewährten evangelischen höheren Privat⸗Mädchen⸗ schule du eine Staatssubvention die Mittel geboten 66 einen ordentlichen wissenschaftlichen und einen Re⸗ igionslehrer katholischer Konfession anzustellen, ferner, daß die Bestätigung einer vorgeschlagenen katholischen Dame als Leiterin einer gFrivn ef nur deshalb vom Ministerium nicht erfolgt sei, weil sie die erforder⸗ liche gesetzliche Qualifikation nicht besessen habe. Der Abg. Windthorst (Meppen) beschwerte sich darüber, daß durch die kulturkämpferische Richtung der in⸗ struirenden Lokalbehörden für die religiöse Erziehung der katholischen Jugend nicht genügend gesorgt werde. Bei Kap. 125 (Elementarschulwesen) wurden zunächst die Anträge der Abgg. Richter (Hagen) und Dr. Röckerath, die gesetzliche Regelung der Lehrergehälter und Pensionen betreffend, auf Vorschlag des Präsidenten an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern verwiesen. (Schluß des Blattes.)

Der französische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Graf Saint Vallier, hat sich Behufs Theilnahme an den Sitzungen des französischen Senats nach Paris be⸗ geben. Waͤhrend seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der französischen Botschaft durch deren ersten Sekretär Grafen de Mouy, als interimistischen Geschäftsträger, geleitet.

Der bisher beim Kollegium der Königlichen General⸗ Kommission zu Cassel beschäftigte Regierungs-⸗Assessor Coester ist zum Spezial⸗Kommissarius bestellt und ihm die Weiterführung der Spezial⸗Kommission III. daselbst übertragen. Der Gerxichts-Assessor Müller, früher zu Zeitz, und der Ge⸗ richts⸗Assessor Waldhecker, bisher zu Recklinghausen, sind in die landwirthschaftliche Verwaltung übernommen und werden behufs Ausbildung zu Spezial⸗Kommissarien beim Kollegium der genannten Behörde beschäftigt. Der Gerichts-⸗AUssessor Müller ist zum Regierungs-Assessor ernannt worden.)

Als Aerzte haben sichJ niedergelassen die Herren Dr. Altmann, Müller, Br. Vormeng, Salomon, Dr. Schlüter und Dr. Zacharias in Berlin, Dr. Koehler in Bartin, Haertelt in Waldau und Dr. Halle in Wunstorf.

S. M. S. „Ariadne“, 8 Geschütze, Kommandant Korv⸗Kapt. von Werner, ist, einem von Hongkong eingegan⸗ genen Telegramm zufolge, am 20. Dezember 1878 von der Insel New⸗Ireland nach Apia (Samoa⸗Inseln) in See ge⸗ angen.

. S. M. S. „Luise“, 8 Geschütze, Kommandant Korv. Kapt. Schering, ist am 28. Dezember 1878 von Malta in See gegangen, ankerte am 3. Januar er. im Hafen von Port Said und beabsichtigte am 5. d. Mts. die Reise nach Suez fortzusetzen.

Bayern. München, 13. Januar. Der heute der Abgeordnetenkammer vorgelegte Gesetzent wurf, be⸗ treffend die Verstärkung des Verlagskapitals der Königlichen Centralstaatskasse, enthält, wie die „Allg. Ztg.“ mit⸗ theilt, folgende Bestimmungen:

1. Zur Verstärkung des Verlagskapitals der Königlichen Centralstaatskasse um den Betrag von 28 09000 0900 M wird der Königliche Staats⸗Minister der Finanzen ermächtigt, nach Bedarf ein auf die Staatsfonds zu versicherndes Anlehen in diesem Betrag aufzunehmen, und das Anlehenskapital um den Betrag der Anlehens⸗ Ausbringungskosten und der während des Laufes der XIV. Finanz- periode erwachsenden Zinsen zu erhöhen.

2. An Stelle des Anlehens können bis zu dem Maximal⸗ betrag von 10000 00 S6 Schatzanweisungen, längstens auf sechs Monate lautend, ausgegeben werden. Die Ausgabe kann wiederholt jedoch nur zur Deckung in Verkehr gesetzter Schatzanweisungen stattfinden. Die zur Verzinsung und Einlösung der Schatzanwei⸗ fungen erforderlichen Beträge müssen der Königlichen Staate schulden ilgungs⸗Hauptkasse aus den bereitesten Staatseinkünften zur Verfallzeit zur Verfügung gestellt werden. .

§. 3. Die Bestimmungen über die Tilgung dieses Anlehens bleiben den jeweiligen Finanzgesetzen vorbehalten,

Die nächste Sitzung wird am Freitag stattfinden; in der⸗ selben sollen die Anträge über die Wuchergesetze zur Be⸗ rathung kommen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. Januar. Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel: Gestern hat eine längere Konferenz zur Finalisirung des russisch⸗türkischen Friedensvertrages stattgefunden. Die Unterzeichnung des Vertrages wird für Ende dieser Woche erwartet. Der armenische Patriarch hat seine Entlassung genommen. Aus Bukarest meldet ö. ei des zu den Grenzregulirungsarbeiten zwischen Rumänien, Bulgarien und Serbien entsendeten italienischen Kommissars, Oberst Gola, haben ergeben, daß derselbe wahrscheinlich in der Donau ertrunken ist.

15. Januar. (W. T. B.) Eine Deputation des Vereins 3 kaufmännische Interessen brachte bei dem Handels-Minister Chlumecky Klagen über die Nach— theile vor, die die österreichische Industrie durch den franzö⸗ sischen tarif general erleide. Der Handels⸗-Minister er⸗ widerte darauf, er habe das größte Gewicht auf den Vertrags⸗ abschluß mit Deut chland und Italien gelegt und hoffe auf die baldige Schaffung eines Provisoriums mit Frankreich auf Grund der Rechte der meistbegünstigten Nation.

Niederlande. Luxemburg, 14. Januar. (W. T. B.) , Ständeversammlung ist auf morgen einberufen worden.

Se. Majestät der König hat angeordnet, daß bei der . Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich dieselben Trauerfeierlichkeiten wie bei der Beerdigung der verstorbenen ersten Gemahlin desselben stattfinden sollen.

Großbritannien und Irland. Kalkutta, 14. Januar. in,, Meldung. Die Turis⸗Stäm me haben sich bereit erklärt, den . ein Unterstützungs⸗ corps von 2000 bis 3000 Mann zu senden.

Frankreich. Paris, 14 Januar. (W. T. B.) Die amtliche Verkündigung einer Amnestie . etwa 20609 an dem Kummuneaufstande betheiligte und verurtheilte Per⸗ sonen wird in nächster Zeit erwartet. .

15. Januar. Das „Journal officiel“ veröffentlicht die Ernennung des Senators Challemel⸗Lacour zum fran⸗ zösischen Botschafter in Bern. .

ersgilles, 14. Januar. Der Senat und die De⸗ putirtenkammer haben ihre Sitzungen heute wieder auf⸗

genommen.

Im Senate eröffnete Gaulthier de Rumilly als Alterspräsident die 6 mit einer Ansprache, in welcher er darauf hinwies, daß die Abstimmung vom 5. d. M. die republikanischen Institutionen aufs Neue bestätigt habe. Die Wahl des Bureagus wurde auf, morgen festgesetzt. Während der Sitzung erschien der Minister⸗Präsident Dufaure und wurde mit sympathischen Kundgebungen Seitens der neu gewählten Senatoren empfangen. In einer heute statt⸗ gehabten Versammlung der Mitglieder der Linken des Senats wurde beschlossen, Mar tel als Kandidaten für die Präsidentenwahl an Stelle des Herzogs von Audiffret⸗ Pasquier aufzustellen.

In der Deputirtenkammer wurde Jules Greévy mit 290 von 299 . Stimmen wieder zum Präsi⸗ denten gewählt. ie Rechte enthielt sich der Abstimmung. Zu 3 identen wurden Bethmont, Brisson, Jules Ferry (Linke) und Graf Durfort de Civrac (Rechte) gewählt.

In parlamentarischen Kreisen wird versichert, die Rechte habe beschlossen, sich in allen wichtigen Fragen, wie u. A. in der Amnestiefrage, der Abstimmuüng zu enthalten, und diese Fragen die republikanischen Mitglieder unter sich zur Entscheidung bringen zu lassen. Die Rechte werde ferner eine Erklärung abgeben, in welcher sie ausführen werde, daß in Folge ihrer parlamentarischen Machtlosigkeit (impuissance) ihr diese abwartende Haltung als die geeignetste erscheine.

Spanien. Madrid, 13. Januar. (Ag. Hav.) Der König von Portugal hat an den König . eine Einladung zu einer Entrevue in Elvas und zu einem Besuch in Lissabon gerichtet. Die „Correspondencia“ tritt der Annahme, als ob dieses Zusammentreffen eine große politische Bedeutung hätte, entgegen. Die Eröffnung der Eisen⸗ bahn nach Ciudad⸗Real ist, in Folge von Ueberschwem— mungsschäden, auf einige Tage verschoben worden.

Italien. Rom, 14. Januar. (W. T. B.) In der heu⸗ tigen Sitzung der Deputirtenkammer wurden zunächst mehrere Regierungsvorlagen, darunter der neue Handelsvertrag mit Oesterreich, eingebracht und sodann mit der Berathung des Budgets für das Ministerium der öffentlichen Arbeiten begonnen.

Türkei. Konstantinopel, 14. Januar. (W. T. B.) Nach den Berichten von Wallace und Walpole, welche der englische Botschafter Layard nach dem Rhodopegebirge entsendet hatte, um sich durch den Augenschein von der Lage der Bevölkerung zu überzeugen, ist die Noth außerordentlich groß und beträgt die Zahlder Hülfsbedürftigen an 40 000. Die Kom⸗ mission für die türkische Finanzreform hat mehrere Subcomitès für das Budget gebildet. Die Ernennung des dritten türkischen Kommissars für die Grenzregulirung mit Griechen— land ist noch immer nicht erfolgt. Der nordamerika⸗ nische Gesandte hat einen längeren Urlaub angetreten. Der Pforte ist auf das an die englische Regierung gerichtete Verlangen um Garantirung einer neuen tärkischen An⸗ leihe eine Antwort Lord Salisbury's bis jetzt nicht zuge⸗ e en, dem Vernehmen nach würde eine solche erst nach dem

iederzusammentritt des Parlamentes zu erwarten sein. Bei dem russischen Botschafter, Fürst Lobanoff, hat eine größere Festlichkeit stattgefunden, welcher die Mitglieder des diplomatischen Corps, die türkischen Minister und eine große Anzahl anderer Eingeladenen beiwohnten.

Süd⸗ Amerika. Peru. Ueber die Ermordung des Senats⸗Präsidenten, früheren Präsidenten der Republik, Herrn Pardo, gehen uns nachträglich folgende Einzelheiten zu:

Lima, den 28. November.

Herr Pardo begab sich in das Senatsgebäude, und kurz nachdem er der ins Wie tretenden Wache abgewinkt hatte, fiel aus derselben ein Schuß, dessen Kugel von rückwärts die Schulter Herrn Pardo's durchbohrte und durch die Brust in die gegenüberliegende Wand einschlug. Herr Pardo hielt sich einige Minuten aufrecht und konnte, unterstützt von einem Herrn, welcher ihm zur Seite ging und welcher von derselben Kugel an der 6 leicht gestreift wurde, noch einige Schritte vorwärts gehen, woselbst er zu⸗ sammensank und nach einer Stunde seinen Geist aufgab, nachdem er noch seinem Mörder verziehen und die letzten Sakramente empfangen hatte. Die Kugel hatte den obern Lungenflügel durchbohrt und einige Rippen gebrochen.

Unmittelbar nach dem Schusse versuchte der Sergeant der Wache, Namens Montoya, welcher den mörderischen Schuß abgefeuert hatte, die entstandene Verwirrung benutzend, auf die Straße zu entkommen; es gelang ihm, allein aus der be⸗ nachbarten Wache der Gensd'armen eilte sofort ein Sergeant Valledos dem Verbrecher nach, welcher von dem herzugeeilten Deputirten Melgar vergeblich festgehalten worden war und von diesem ebenfalls verfolgt wurde. Gleichzeitig, d. h. unmittelbaꝛ nach dem Schusse auf den Herrn Pardo hörte man auf der Plaza Bolivar, an welcher auf der rechten Seite das Senatorengebäude und gerade gegenüber der Sitzungssaal der Deputirten ge⸗ legen ist, noch zwei Schüsse, welche der Sergeant Garay der eee der Deputirtenkammer abgefeuert hatte. Dem Ent⸗ laufen dieses Sergeanten von seinem Posten setzte der Wacht⸗ kommandant, ein schneidiger ffizier, energischen Halt ent— gegen, welcher auch dadurch und mit Hülfe einer der vorbei⸗ marschirenden Compagnie Gensd'armen verhinderte, daß die Mannschaft der Wache dem Sergeanten folgte.

Die Nebenumstände, wie z. B., daß der Wachkommandant der Senatswache, Kapitän Ülloa, unmittelbar nach dem Schusse die Thur nach der Straße zuschließen wollte, daß die ganze Wachmannschaft sofort sich von ihrem Posten entfernte und keine Hand anlegte zur Ergreifung des Mörders, daß die Waffe des Sergeanten Montoya nicht seine eigene orbonnanz⸗ mäßige Waffe, sondern ein Gewehr System Comblay war, daß der Sergeant, anstatt auf dem rechten, auf dem linken Flügel der aufgezogenen Wache stand, das Abfeuern der bei⸗ den Schüsse von der Wache der Deputirtenkammer, ließen so⸗ ort auf ein Komplot schließen, welches dann auch später be⸗ ätigt wurde. . .

Der Präsident der Republik begab sich sofort nach Erhalt der Nachricht von dem Vorgefallenen nach dem Thatorte, dem Senatsgebäude; er fand Herrn Pardo noch unter den Lebenden; umringt von seinen Freunden und seiner herbeigeeilten Familie; es soll eine sehr tragische Scene gewesen sein. Das erste, was der Präsident that, war die Ablösung der Wachen des Senats und der Deputirtenkammer anzuordnen, welche an diesem Tage das Bataillon Pichincha Nr. 1, das Lieblings⸗

Erzeugnisse

schrift: Anfragen, b sonderg wenn dieselben von allgemeinem Interesse sind. Eine größere Anzahl von Zeitungen haben sich sehr günstig über die reiche Ausstattung, interessante und vielseitige Lektüre, vortrefflichen Illustrationen ꝛc, welche diese Stenographen-⸗-Zeitung bietet, ausge⸗

Recht seinen Namen Nr. 1 trage, gegeben hatte, und die gesammte Wachmannschaft in Arrest abführen ließ. Dann beförderte er den Sergeanten Valledos, welcher den Mörder Montoya festgehalten hatte, auf der Stelle zum Offizier. Die Untersuchung über diesen Mord hat große Dimen⸗ sionen angenommen; täglich werden zahlreiche Arretirungen vorgenommen und Freilassungen angeordnet. Die Untersuchung wird streng geheim gehalten: was bis jetzt darüber in eingeweihten Kreisen verlautet, ist Folgendes: Der Sergeant Montoya ist gedun⸗ gen worden, Herrn Pardo zu erschießen; die Wachmannschaft der Senatswache, sowie diejenige der Deputirtenkammer war im Komplott; der Sergeant der letzteren hatte den Auftrag, durch den abgefeuerten Schuß das Signal zum Aufstande zu geben, in welchem der Präsident der Deputirten kammer, Herr Carrillo (ehemals Finanz⸗Minister des Herrn Pardo, Herr Riva Agiiero und noch andere ermordet werden sollten, während dem Sergeanten Garay (an der Deputirtenwache) die Auf⸗ gabe zufiel, den Mörder Pardo's wie zufällig im stattfindenden Tumulte zu tödten, um jeden Anhalt zur Entdeckung des Urhebers verschwinden zu machen; 4 Mann in Civilkleidung waren am Hauptausgange des Regierungspalastes situirt, um den nach ihrer Berechnung sofort nach dem Thatort sich be⸗ ebenden Präsidenten der Republik nach ihrer Aussage ge— angen zu nehmen, welchem Schicksale Herr Prado nur da⸗ durch entging, daß zufällig weder sein Wagen noch Reitpferd fertig war und derselbe vorzog, anstatt hierauf zu warten, sich zu Fuß nach dem Senatsgebäude zu begeben, und auf einem Nebenausgang den Regierungspalast verließ.

Zu welchem Zwecke indeß eine solche Verschwörung ins Werk gesetzt wurde, muß die Untersuchung klar stellen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Wien, Mittwoch, 15. Januar, Mittags. Abgeordneten⸗ haus. Der Handelsvertrag mit Italien wurde behufs dring⸗ licher Berathung dem Budgetausschusse überwiesen. Der Präͤ⸗ sident theilte sodann mit, daß zahlreiche Telegramme und Zuschriften eingegangen seien, welche sich gegen die jüngsten Aeußerungen Schoenerers aussprechen. Die Abgeordneten Neuwirth und Ruß richteten eine Interpellation an die Regierung, betreffend den Zollkrieg mit Frankreich. Hierauf wurde die Berathung des Berliner Vertrages be⸗ gonnen. Gegen denselben haben sich 28 Redner, für denselben 12 gemeldet.

Washington, Dienstag, 14. Januar, Abends. Die Finanzkommission der Repräsentantenkammer hat sich mit dem Berichte zu Gunsten des Gesetzentwurfes, nach welchem die Greenbacks als Zahlungsmittel für die Eingangszölle gelten sollen, einverstanden erklärt. Die Legislatur von Newada hat Jones (Republikaner) zum Senator gewählt.

Landtags ⸗Angelegenheiten.

Frankfurt g. M., 15. Januar. (W. T. B.) Bei der heute hier stattgehabten Ersatzwahl zum Abgeordneten hause wurde nach offizieller Ermittelung der Fabrikant Dr. Eugen Lueius (national liberal) mit 207 von 257 abgegebenen Stimmen gewählt.

Statistische Nachrichten.

Nr. 1 des „Handelsarchivs“ enthält gelegentlich einer statistischen Darstellung der Handelsbewegung in Norwegen während der Jahre 1876—1877 Mittheilungen über den deutschen Schiffahrtsverkehr in den norwegischen Landungsplätzen während derselben Periode. Es ergiebt sich aus diesen Angaben, daß die Zahl der in allen norwegischen Häfen beladen oder in Ballast angekommenen deutschen Schiffe im Jahre 1876 zusammen 1004 mit 94 230 t (durchschnittlich pro Schiff 3,8 t) betrug, wäh⸗ rend in derselben Zeit nur 987 deutsche Schiffe mit 91 606 t (durchschnitlich pro. Schiff 928 t) Dieselben norwegischen Häfen verließen. Das Jahr 1877 stellt sich laut Konsularbericht mit Bezug auf die Schiffahrt ungünstiger, denn, nach den bei den Konsularbehörden eingelaufenen Anmeldungen trafen bis zum Jahres schluß nur 77 deutsche Schiffe mit zusammen 97 675 t in den nor— wegischen Häfen ein. Den regsten Verkehr mit deutschen Schiffen hatte Frederiksstad aufzuweisen, da in diesem Hafen allein 148 Schiffe mit zusammen 12859 t zu Anker gingen, den gꝛringsten Verkehr da⸗ gegen Tönsberg mit nur einem Schiff von 45 t. Dazwischen liegen der Reihe nach Christiania mit 127, Bergen mit 102, Frederiks⸗ hald mit 90, Laurvig mit 71, Drammen und Holmestrand mit 68, Christiansand nebst Farsund, Flekkefjord,. Mandal mit 52, Moß mit 52, Sannesund (Sarpeborg) mit 48, Arendal und Oesterrisßer mit 34, Kragers mit 30, Brevig mit 29, Porsgrund mit 23, Tromssé mit 22, Hammerfest mit 29. Vadss mit 11, Stavanger mit 10, Drontheim mit 7, Bodé mit 7, Vards mit 7, Grimstad mit 5, Christiansund mit 4, Lillesand mit 4, Aalesund mit 3, Namsos mit 2, Tönsberg mit 1 Schiffen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die deutsche Sozialdemokratie“. Ihre Geschichte und ihre Lehre. Eine historisch⸗kritische Darstellung von Franz Mehring. Dritte durchgesehene und vermehrte Auflage. Preis 45 S6 Bremen. CG. Schünema nns Verlag. In diesem mit Sach⸗ kenntniß und Fleiß geschriebenen Buche giebt der Verfasser in fesselndem Styl zunächst eine exakte Geschichte der deutschen Sozial demokratie vom ersten Auftreten Lassalle's bis zur Gegenwart und sodann in einem zweiten Theil eine scharfe Kritik des sozialistischen Systems, speziell von Marx und Lassalle. Die Schrift gehört zu dem Besten und Wirksamsten, was bisher über die Sozialdemokratie Deutschlands geschrieben wurde. Zwei starke Auflagen waren innerhalb eines Jahres im Buchhandel vergriffen. In der vorliegenden dritten Auflage wird die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie bis auf das gegen die staats⸗ und gesellschaftsfeindlichen Bestrebungen dieser Partei gerichtete Ausnahmegesetz fortgeführt. 9

Im Verlage von Eduard Baldamus in Leipzig erscheint seit dem 1. Juli v. J. eine: Illustrirte Zeitung für Gabels⸗ bergersche Stenographen“, welche von Emil Trachbrodt re⸗ digirt wird. Die Zeitung, von der monatlich ein Heft von 12 Quart-⸗ seiten herausgegeben wird, bringt außer guten Originalerzählungen, Novellen, Gedichten, wissenschaftlichen und belehrenden Aufsätzen aller Art, einer „Galerie berühmter Stenographen“, Reisekizzen ꝛc., unter der Rubrik „Mittheilungen aus dem Gebiete der Stenographie“

die wichtigsten Angelegenheiten und Fragen in Betreff aller steno= graphischen Systeme zur Sprache, unterzieht alle neueren literarischen

auf stenographischem Gebiete unter der Rubrik Literatur einer Besprechung und beantwortet ferner unter der Ueber Redaktions Briefkastenꝰ alle an die Redaktion gerichteten

bataillon des Expräsidenten Pardo, und von welchem er seiner

Zeit im Feldzuge gegen Pierola 1874 sagte, daß es mit

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sprochen. n n empfiehlt sich das Blatt weiteren Kreisen durch den billigen A

onnementspreis von halbjährlich 3

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