1879 / 27 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Jan 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

*

Preußen. Berlin, 31. Januar. Se. Majestét der Kaiser und König empfingen heute früh um 9 Uhr den 1 von Madai und nahmen um 11 Uhr in

egenwart des Gouverneurs und des Kommandanten mili⸗ tärische Meldungen entgegen. .

Eegen 1 Uhr hatten der Major a. D. Graf M. Lynar und Graf F. Harrach behufs Rückgabe der Orden ihrer ver⸗ storbenen Väter Audienz. ;

Nachmittags hielt der Minister des Königlichen Hauses, Frhr. von Schleinitz, Vortrag.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag die persönliche Meldung des Lieutenants der Reserve vom Bayerischen 1. Ulanen⸗ Regiment, Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen, Freiherrn von Guttenberg, entgegen, empfing demnächst den Baurath Orth, sowie gegen 1 Uhr den kommandirenden General des XIV. Armee⸗-Corps, General der Infanterie von Werder, und begab Sich Abends gegen 71 Uhr zur Cour in das Schloß.

Gestern Abend fand bei Ihren Kaiserlichen und Königlichen Majestäten in den Paradekammern, in der Bildergallerie und im Weißen Saale des Königlichen Schlosses hierselbst Cour und nach derselben Konzert statt.

Laut der zu diesem Feste ergangenen Hofansage war die Versammlung für das Corps diplomatique im Rittersaale, für die Ihren Kaiserlichen und Königlichen Majestäten vorzu—⸗ stellenden inländischen Damen und Herren, einschließlich der im Laufe des verflossenen Jahres zu einer höheren Raths— klasse beförderten Räthe erster und zweiter Klasse, in der Brandenburgischen Kammer, für sämmtliche anderen Damen in der Rothen (Drap d'or-) Kammer, für die Fürsten und für die Excellenzen⸗Herren, sowie für die Bevollmächtigten zum Bundesrathe in dem Königszimmer, für die Mitglieder beider Häuser des Landtages in der zweiten Vorlammer, für die General-⸗Majors, insofern dieselben nicht mit dem Offizier⸗ Corps erschienen waren, für die Räthe erster Klasse und für die Kammerherren in der ersten Vor⸗ kammer, für die Räthe zweiter Klasse, für die in ritterschaftlicher Uniform erschienenen Personen und für die Geistlichkeit in dem Braunschweigischen Saale, für die Offi— zier-Corps in der Bildergallerie und in den angrenzenden Gemächern.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit der Kronprinz und Ihre König— lichen Hoheiten die Prinzen und die Prinzessinnen des König—⸗ lichen Hauses hatten Sich in der Rothen Sammet-Kammer versammelt, während die Obersten Hof-, die Ober⸗Hof⸗ und die Hofchargen, die General-Adjutanten, die Generale A la suite und die Flügel⸗Adjutanten und alle anderen Personen des Gefolges Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Sr. Kaiser— lichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und der Prinz—⸗ lichen Herrschaften in die Alte Kapelle eingetreten waren.

Um 7!“ Uhr, nachdem der Ober⸗Ceremonienmeister, Wirk⸗ liche Geheime Rath Graf Stillfried den Allerhöchsten Herr— schaften die entsprechende Meldung gemacht hatte, begann die Cour. Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten ge— ruhten Allerhöchstsich unter Vortritt der Obersten Hof⸗, der Ober⸗Hof⸗ und der Hofchargen und gefolgt von dem Minister des Königlichen Hauses, den General-Adjutanten, den Generalen à la suite und den Flügel⸗Adjutanten, der Ober⸗-Hofmeisterin, den Palast⸗ und den Hosdamen, sowie dem Ober⸗-Hofmeister nach dem Rittersaal zu erheben und dort die Cour des diplo— matischen Corps, an dessen Spitze der großbritannische Bot— schafter, der russische Botschafter, der österreichisch-ungarische Botschafter und der türkische Botschafter sich befanden, ent— gegenzunehmen.

Nach Been igung der Cour des diplomatischen Corps be— gaben die Allerhöchsten Herrschaften Sich aus dem Rittersaale, und zwar durch die der Fensterseite zunächst gelegene Thür, nach der Brandenburgischen Kammer, woselbst die Vorstellung der hier versammelten neu eingeführten inländischen Damen und Herren, sowie der im Laufe des verflossenen Jahres zu einer höheren Rathsklasse beförderten Räthe erster und zweiter Klasse an Ihre Majestäten erfolgte.

Die Damen wurden Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin durch die Ober⸗Hofmeisterin Gräfin von Perponcher und Sr. Majestät dem Kaiser und König durch die Palast— dame Gräfin von Hacke präsentirt. Die inländischen Herren wurden Ihren Kasserlichen und Königlichen Majestäten durch den Oberst-Kämmerer Grafen von Rexern, die zu einer höheren Rangklasse beförderten Räthe, und zwar sowohl der Reichs— behörden, als auch der preußischen Behörden, durch den Ver⸗ treter des Reichskanzlers, Vize-Präsidenten des Staats⸗ Ministeriums Grafen zu Stolberg-Wernigerode vorgestellt. Die Allerhöchsten Herrschaften kehrten hierauf durch die der Hofseite des Königlichen Schlosses zunächst gelegene Thür nach dem Rittersaale, aus welchem inzwischen das diplomatische Corps nach dem Weißen Saale geleitet worden war, zurück, um die nunmehr folgende Defilircour abzuhalten. Ihre Kaiser⸗ lichen und Königlichen Majestäten nahmen unter dem Throne Platz; rechts vom Throne stellten Sich Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen, links Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, sowie Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen. Die Damen des Gefolges Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin und Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen ordneten sich hinter ihren Höchsten Herrschaften; der Minister des Königlichen Hauses, die General-Adjutanten, die Generale à la suite und die Flügel-Adjutanten, sowie die Gefolge Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzen traten auf die Fenster— seite des Rittersaales. Die Hofchargen stellten sich dem Throne gegenüber in einer Reihe auf, in deren Mitte ein entsprechen⸗ der Raum zum Durchgange für die Defilirenden frei gelassen war. Die Pagen bildeten vor der Thür, durch welche Ihre Majestäten in den Rittersaal wieder eingetreten waren, ein Spalier, welches sich in einer Bogenlinie bis zu dem soeben erwähnten freien Raume erstreckte und den Weg bezeichnete, welchen die Defilirenden zu nehmen hatten. Die Damen gingen einzeln, die Herren paarweise. Man bewegte sich durch das Spalier der Pagen bis vor den Thron und machte dort zwei Verbeugungen, von denen die erste an Se. Majestät den Kaiser und König, die zweite an Ihre Majestät die Kaiserin und Königin gerichtet war, und

entfernte sich, an dem Throne von links nach rechts vorüber— schreitend, durch die der Fensterseite zunächst gelegene Thür nach der Schwarzen Adler⸗Kammer und von dort weiter bis zum Weißen Saale. Es defilirten zunächst sämmtliche Damen, und zwar vorab die verheiratheten, und nach den Damen sämmtliche Herren.

Nach Beendigung der Defilir⸗Cour geruhten Ihre Kaiser⸗ lichen und Königlichen Majestäten mit Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen und Ihren König— lichen Hoheiten den Prinzen und den Prinzessinnen des Königlichen Hauses in die Rothe Sammet⸗Kammer einzutreten, um daselbst den Thee einzunehmen. Von der Rothen Sammet-Kammer begaben Sich Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten mit den Höchsten Herrschaften in die Alte Kapelle und in die Bildergallerie zu Cour des inzwischen zahlreich erschienenen Offiziercorps.

Demnächst geruhten die Allerhöchsten und die Höchsten Herrschaften Sich nach dem Weißen Saale zu begeben. Da⸗ selbst begann, nachdem Allerhöchst⸗ und Höchstdieselben den Haut-pas bestiegen hatten, bals nach 9 Uhr das Konzert. Die Ordnung, in welcher die Allerhöchsten und die Höchsten Herr— schaften daselbst Platz nahmen, war folgende:

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten; rechts von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht von Preußen, Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl von Preußen, Ihre Durchlaucht die Prinzessin Marie von SachsenMeiningen, Se. Königliche Hoheit der Prinz Alexander von Preußen; links von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Se. Kaiserliche und König— liche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königliche Hoheit die Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin, Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg; in zweiter und dritter Reihe saßen die anderen anwesenden Höchsten Herrschaften, die Ober-Hofmeisterin Gräfin von Per⸗ poncher und die Damen des Hofes, der Oberst⸗Kämmerer Graf von Redern, die General⸗-Feldmarschälle, der Minister des Kö⸗ niglichen Hauses, die Obersten Hof- und die Ober⸗-Hofchargen, die General⸗Adjutanten u. s. w.

Den Allerhöchsten Herrschaften gegenüber waren auf be— sonders vorgerückten Stühlen die Botschafter von Großbritannien, von Rußland, der Türkei und von Oesterreich⸗Ungarn plaeirt.

Nachdem die Versammlung die Plätze eingenommen, be— gann das vom Ober-⸗Kapellmeister Taubert geleitete Hof⸗— konzert. In demselben wurden folgende Piecen vorgetragen:

1) Ouverture zu „Ruy⸗Blas“ von Mendelssohn. 2) a. Duett (Frl. Brandt, Frl. Lehmann), b. Inflammatus (Fr. Mallinger, der Chor) aus „Stabat mater“ von Rossini. 3) Terzett aus „Fidelio“ von Beethoven (Fr. v. Voggenhuber, Frl. Lehmann, Hr. Fricke). 4) Arioso und Quintett aus den „Meistersingern“ von Wagner (Hr. Niemann Fr. Mallinger, Frl. Brandt, die Hrrn. Betz und Bollé). 5) Entre-Akt aus „Struensee“ von Meyerbeer. 6) Duett aus „Hamlet“ von Thomas (Frl. Tagliana, Hr. Betz). 7) Duett aus „Belisar“ von Donizetti (die Hrrn. Niemann und Betz). 8) Finale aus „Aida“ von

Verdi (Fr. Mallinger, Frl. Brandt, die Hrrn. Niemann, Betz, Fricke, Krolop, der Chor.

In der Pause zwischen dem ersten und zweiten Theile des Konzerts gerügten Ihre . und Königlichen Ma⸗

jestäten Sich zu erheben und vi reiche Ansprache zu beglücken. Das Fest endete programmmäßig gegen 10½ Uhr.

e der Anwesenden durch huld—⸗

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Justizwesen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.

In der heutigen (41) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Kriegs⸗Minister von Kameke, der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegen⸗ heiten Dr. Friedenthal, der Handels-Minister Maybach und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß zur Verstärkung der Budget— kommission, behufs Vorberathung des Nachtragsetats der Justizverwaltung pro 1879,80, gewählt seien: die Abgg. Dr. Miquel, Dr. Lasker, Loewenstein, von Colmar— Meyenburg, Thilo, Dr. Lieber und Klotz (Berlin). Von dem Verzeichniß der Petitionen, welche von den betreffenden Kom— missionen zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet er— achtet sind, wurden mehrere in die betreffenden Kommissionen zur Berichterstattung zurückverwiesen.

Darauf setzte das Haus die zweite Berathung des Etats fort. Der Etat des Kriegs⸗Ministeriums wurde ohne Debatte genehmigt. Bei dem Etat der landwirthschaftlichen Verwaltung regte der Abg. Jungk die Frage über die Zweck⸗ mäßigkeit der Schutzpockenimpfung der Schafe an, worauf der Staats-Minister Dr. Friedenthal erklärte, daß er hier die zur Kompetenz des Reiches gehörige Seuchen⸗ gesetzgebung nicht erörtern könne, daß aber die an— geregte Frage der Begutachtung sachverständiger Auto⸗ ritäten unterliege. Der Abg. Lauenstein bemerkte, er vermisse jeden Grund für das erheblich höhere Maximalgehalt der Lehrer an der Thierarzneischule in Berlin im Vergleich mit denselben Beamten in Hannover. Der Regierungskommissar wies darauf hin, daß eine solche erhebliche Differenz im Durchschnittsgehalt nicht vorhanden sei. Der Abg. Dr. Dammann lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die mangelhafte Dotirung der Thierarzneischule in Berlin mit zweckentsprechenden Lehr— mitteln und Fonds für wissenschaftliche Untersuchungen. Der Redner empfahl sodann im Gegensatz zu dem Abg. Jungk das Verbot der Schutzimpfung der Schafe, worin ihm der Abg. von Meyer (Arnswalde) entgegentrat. Der Abg. Frhr. von Minnigerode sprach bei der Position, betreffend die Vorbereitung der Weichsel⸗Nogat⸗-Regulirung, den Wunsch aus, daß das kostspieligere, aber auch radikalere Projekt den Vorzug erhalte, da es von allen inter⸗ essirten und sachverständigen Kreisen für das allein zweck⸗ entsprechende gehalten werde. Bei —=der Position „Zur Gründung eines Kreditinstituts für den Grundbesitz in der Provinz Posen“ bat der Abg. Hundt von Hafften die Regierung, bei diesem Institut in Betreff der Taxen, der Beleihungsgrenze und der Kreditgewährung keine engherzige, sondern eine den Bedürfnissen der Landwirthschaft Rech⸗ nung tragende Praxis einzuführen. Die Positionen dieses Etats wurden bewilligt.

Bei dem Etat der Berg⸗, Hütten- und Salinenverwaltung motivirte der Referent der Budgetkommission Abg. Dr. Ham⸗ macher folgende Anträge:

Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen:

a. die Einstellung des Betriebes bei den mit fortdauerden Zu⸗

schüssen arbeitenden kleineren Berg⸗, Hütten⸗ und Salzwerken Des

Staates in Erwägung zu ziehen,

b. gleichzeitig mit dem Etat dem Landtage das rechnungs⸗ mäßige Resultat des Betriebes der einzelnen Berg⸗, Hütten und Salzwerke des Staates mitzutheilen,

2e. den Erläuterungen des nächsten Etats die Gesammtsumme

beizufügen, welche für jedes einzelne im Betriebe befindliche Berg

Hütten und Sal werk des Staates seit dem Jahre 1868 an An⸗

la e⸗ und Baukosten aufgewendet ist.“

Der Regierungskommissar sagte die Erfüllung derselben zu. Zu Kap. 19 und 20 der dauernden Ausgaben lag fol⸗ gender Antrag der Budgetkommission vor:

„Die Königliche Staatsregierung für den Fall der Beibehal⸗ tung des Ober-Bergamts und der Bergakademie zu Clausthal um die Mittheilung einer Denkschrist über die Gründe für diese Bei⸗ behaltung zu ersuchen.“

Der Abg. Otto (Zellerfeld) beantragte:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Unter Anerkennung der berechtigten Existenz des Königlichen Ober⸗ Bergamts zu Clausthal und der Königlichen Bergakademie da⸗ selbst dem Antrage der Budgetkommission zu Kap. 19 und 20 der dauernden Ausgaben des Etats der Berg⸗, Hütten- und Salinen verwaltung pro 1879,80 Nr. 63 der Drucksachen die Zu⸗ stimmung zu versagen“.

Der Referent Abg. Dr. Hammacher betonte, daß die Kom⸗ mission keineswegs einen den beregten Institutionen gegne⸗ rischen Standpunkt einnehme, sondern sie wünsche nur eine Klarstellung der Verhältnisse mit ihrem Antrage. Der Staats⸗Minister Maybach erklärte, daß, falls sich die Regierung im nächsten Jahre für die Beibehaltung des Ober⸗Bergamts und der Bergakademie in Clausthal ent— scheiden sollte, sie die gewünschte Denkschrift vorlegen werde, aber nach einer vorläufigen Information müsse er unter Vorbehalt der definitiven Entscheidung zur Beruhigung der interessirten Kreise erklären, daß ihm bisher kein Grund zur Aufhebung, wohl aber viele für die Bei⸗ behaltung beider Institute bekannt geworden seien. Letztere Gründe führten die Abgg. Otto (Zellerfeld) und Dr. Miquel näher aus, namentlich hob ersterer hervor, daß die Akademie in Clausthal den nicht zu unterschätzenden Vorzug habe, daß sie mit dem theoretischen zugleich den praktischen Montanunterricht verbinden könne, während letzterer hauptsächlich betonte, daß die Bergakademie in Clausthal keine Staatszuschüsse er— fordere, sondern aus Provinzialfonds unterhalten werde, eine Behauptung, welche der Reg ierungskommissar bestätigte. Nach⸗ dem der Abg. Kieschke für die Kommissionsbeschlüsse einge⸗ treten war, ergriff beim Schlusse des Blatts der Abg. Hr. Achenbach das Wort.

Der General der Infanterie von Werder, komman— dirender General des XIV. Armee⸗-Corps, welcher auf der Durchreise nach Karlsruhe hier eingetroffen war, ist wieder abgereist.

Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin, Major la suite des Garde-Kürassier⸗Regiments, ist zum Oberst-Lieutenant be— fordert worden.

S. M. gedeckte Korvette Prinz Adalbert“, 12 Ge⸗ schütze, Kommandant Kapt. z. See MacLean, hat am 30. De⸗ zember 1878 die Rhede von Montevideo auf der Reise nach Valparaiso verlassen.

Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 30. Januar. (W. T. B.) Die Regierung wird Behufs Studiums der in Rußland ausgebrochenen Epidemie den Sanitätsreferenten in Lemberg, Dr. Bieziadecki und den Primärarzt des hiesigen Rudolfs— spitals, Dr. Kiemann, nach Rußland entsenden. Heute hat im Ministerium des Innern eine Besprechung mit den Delegirten der rumänischen Regierung stattgefunden. Die Delegirten erklärten die Bereitwilligkeit der rumänischen Regierung, die bei den Kommissionsverhandlungen empfohlenen Maßregeln durchzuführen. Der österreichisch ungarische Botschafter in St Petersburg telegraphirt unterm 27. d. von daselbst: Die letzten offiziellen Nachrichten aus Astrachan vom 25. d. kon⸗ statiren nur einige wenige Erkrankungsfälle. Das Gerücht von dem Ausbruche der Krankheit in einem Hause in St. Petersburg und in Moskau ist vollkommen erfunden.

Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel von gestern: Wie es heißt, wird nur die Anzeige Montenegros von der erfolgten Besetzung Podgoritzas erwartet, um zur Unterzeichnung des mit Rußland zu schreiten. Die Pforte hat die unverzügliche Zurückziehung der türkischen Besatzung aus Miridita und aus dem Lande der katholischen Albanesen anbefohlen. Zum zweiten türkischen Kommissar für die Verhandlungen mit Griechenland ist Constant Pascha ernannt worden, Moukthar Pascha hat ausgedehnte Vollmachten zur Verhandlung der schwierigsten Punkte mit Griechenland erhalten.

Pest, 30. Januar. (W. T. B.) Nach den von dem Finanzausschusse des Unterhauses gefaßten Beschlüssen st das Defizit des Staatshaushalts mit 24 520 274 Fl. präliminirt. Den neuen Anleihegesetzentwurf hat der Finanzausschuß mit folgenden Modifikationen als Basis für die Spezialdebatte acceptirt: Die Maximalsumme der Anleihe wird mit 100 statt mit 96 Millionen fixirt, die provisorischen Kreditoperationen dürfen ein Drittel der ganzen Anleihe nicht übersteigen, der Finanz⸗Minister habe im Falle der Emission der Domanialanleihe die Modalitäten derselben vorzulegen.

Großbritannien und Irland. London, 31. Januar. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Standard“ aus Khost, vom 30. d. M., hat General Roberts in Folge der drohenden Haltung der Mongols das Fort von Khost aufgegeben, nachdem er die dort befindlichen Vorräthe ver⸗ brannt hatte.

Frankreich. Paris, 30. Januar. Der Marschall Mac Mahon hat seine Demission gegeben und der darauf zusammengetretene Kongreß Jules Grévy zum Duüruüi f Ji Cn gern elde, 9 reh * 6 2 7 Yun Präsidenten der Republik erwählt.

. den Verlauf der Krisis meldet „W. T. B.“ Fol⸗ gendes:

Paris, 30. Januar, Abends. Der Maxschall Mac Mahon hat an die Präsidenten der beiden Kammern fol⸗ gendes Schreiben gerichtet:

„Bei Beginn der Session legte Ihnen das Ministerium ein Programm vor, von welchem, da es der öffentlichen Mei⸗ nung vollständig Satisfaktion gab, das Ministerium annahm, daß es werde votirt werden können, ohne Gefahr für die

Sicherheit und die gute Verwaltung des Landes. Indem ich von jeder persönlichen Ansicht absah, hatte ich meine Zu⸗ stimmung zu diesem Programm ausgesprochen, denn ich opferte kein einziges der Prinzipien, denen getreu zu bleiben, mein Gewissen mir vorschrieb. Heute schlägt mir das Ministerium, indem es glaubt, der Meinung der Majorität der beiden Kammern entsprechen zu müssen, in Betreff der großen Militär-Kommandos generelle Maßregeln vor, die ich als den Interessen der Armee und folgeweise denen des Landes zuwiderlaufend erachte. Ich kann dieselben nicht unterschreiben. Jedes andere Ministerium, das ich aus der Majorität der Kammer nähme, würde mir die nämlichen Bedingungen auflegen. Ich glaube demnach die Dauer des Mandats abkürzen zu müssen, welches die National⸗ versammlung mir anvertraut hat und gebe meine Demission von dem Posten eines Präsidenten der Republik. Indem ich meine Gewalten niederlege, habe ich den Trost, mich daran zu erinnern, daß ich während der 53 Jahre, die ich dem Dienste meines Landes als Soldat oder Bürger geweiht habe, nie— mals von anderen Gefühlen als von denen der Ehre, der Pflicht und der absoluten Ergebenheit gegen das Vaterland geleitet worden bin. Ich ersuche Sie, meinen Entschluß den Kammern mitzutheilen.“ .

Das Schreiben des Marschalls erfährt allgemeine Billi⸗ gung. Die Minister erklären einstimmig, daß der Marschall in dem heutigen Ministerrathe eine ruhige, würdige und durchaus korrekte Haltung beobachtet habe. Insbesondere habe derselbe geäußert, daß er wünsche, sich in das Privatleben zurückzu— ziehen, und daß er unter keinen Umständen zugeben werde, daß man seinen Namen zu irgendwelchen Demonstrationen verwende. Zugleich habe derselbe die heißesten Wünsche für das Wohl des Landes ausgedrückt. ; .

Versailles, 30. Januar, Nachmittags 4 Uhr 25 Mi—⸗ nuten. In einer Versammlung der Buregux der Linken brachte Gambetta die Kandidatur Grevy's für die Präsidentschaft in Vorschlag. Dieselbe wurde einstimmig an— genommen. ;

Paris, 30. Januar, Abends. Der Marschall Mac Mahon xichtete einen Brief an Grévy und sprach dem⸗ selben darin den Wunsch aus, ihn persönlich beglückwünschen zu dürfen, sobald er zum Präsidenten gewählt sei. Gräpy antwortete, daß er die ihm durch das Schreiben des Marschalls erwiesene Courtoisie hoch zu schätzen wisse, daß er aber Gewicht darauf lege, zuerst dem Marschall seinen Besuch zu machen.

Der französische Botschafter in London, Marquis d'Harcourt, hat ein Demissionsgesuch eingeschickt.

Versailkes, 30. Januar, Abends. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte der Präsident Grévy den Brief des Marschalls Mac Mahon, be— treffend seine Demission, zur Verlesung. Die Kammer nahm die Nachricht stillschweigend entgegen. Grévy theilte darauf mit, daß der Kongreß bereits um 4 Uhr zusammen⸗ treten werde.

An der Sitzung des Longresses, zu welchem der Senat und die Deputirtenkammer behufs der Wahl eines neuen Präsidenten der Republik zusammen— getreten waren, nahmen 713 stimmberechtigte Mitglieder Theil. Die Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen betrug 670, die absolute Majorität demnach 336 Stimmen. Von den abgegebenen Stimmen fielen 563 auf Jules Gréyvy, 99 auf General Chanzy; 43 Stimmzettel waren unbeschrieben oder ungültig. Jules Grévy wurde alsbald unter stürmischem Beifall und unter Hochs auf die Republik zum Präsidenten der Republik für die nächsten 7 Jahre proklamirt. Du fau re wurde gleichfalls mit Beifallsrufen begrüßt, als er sich behufs der Abstimmung auf die Tribüne begab. .

Nach der Wahl Grevy's hielten der Senat und die Kammer kurze Sitzungen ab, in denen sie von der Wahl Greévy's zum Präsidenten Akt nahmen. Die Kammer beschloß, morgen die Neuwahl ihres Präsidenten vorzunehmen.

Paris, 30. Januar, Nachts. Nach der Sitzung des Kongresses begaben sich die Minister zu Greévy, um dem— selben ihre Glückwünsche darzubringen, und gaben sodann demselben gemeinsam ihre Demissi on. Grevy sprach darauf den Wunsch aus, daß die gegenwärtigen Minister die Leitung der Regierungsgeschäfte fortsetzen oder wenigstens provisorisch ihre Funktionen behalten möchten. Die Minister werden morgen unter dem Vorsitze Dufaure's zu einer Sitzung zu⸗ sammentreten, um über die Lage, welche für sie durch die letzten Ereignisse geschaffen worden ist, zu berathen. Der Marschall Mac Mahon begab sich am Abend zu Grevy, um ihn zu beglückwünschen. Der Marschall äußerte dabei die Absicht, sich morgen nach Grasse zu begeben, wo er einige Zeit weilen werde.

31. Januar, Morgens. Alle Morgenblätter heben einstimmig die Korrektheit und Würde hervor, die der Mar⸗ schall Mac Mahon während des gestrigen Tages bewiesen habe. Das „Journal des Debats“ äußert: die Republik sei aus einer schweren Krisis in eine konsolidirte Lage hinüber— gelangt. Die „République frangaise“ erklärt: zur Charakteri⸗ sirung der vollzogenen Thatsache gebe es nur das eine Wort, daß man sich seit gestern wirklich in einer Republik befinde. Das „XIX. Siécle“ betrachtet die Ernennung Gambetta's zum Präsidenten der Deputirtenkammer als gewiß.

Italien. Rom, 30. Januar. (W. T. B.) Der pro⸗ visorische Handelsvertrag Italiens mit der Schweiz ist vom Senate wie von der Deputirten kammer ge—⸗ nehmigt worden. In der . der Deputirten⸗ kammer machte der Minister⸗Präsident Depretis bei der Berathung des Budgets des Ministeriums des Auswärtigen Mittheilungen über die gegen die Verschleppung der Pest getroffenen Maßregeln. Der Deputirte Petruccelli be⸗ gründete darauf seine Interpellation über die Bezie— hungen Italiens zu den auswärtigen Mächten, namentlich zu Rußland, Deutschland, Oesterreich und Frank— reich. Morgen soll die Berathung fortgesetzt werden.

Der Minister⸗Präsident Depretis und Baron Hay⸗ merle haben heute die Ratifikationsurkunden des neuen Handelsvertrages zwischen Italien und Oesterreich ausgetauscht. Die mit der Prüfung des mit Frankreich abzuschließenden Handelsvertrages betraute parlamentarische Kommission hat sich zustimmend ausgesprochen. Das Gerücht von angeblichen Meinungsverschiedenheiten im Kabinet wird von dem „Popolo Romano“ für vollkom⸗ men unbegründet erklärt, mit dem Hinzufügen, daß alle Nachrichten über bevorstehende Veränderungen im Kabinet durchaus unrichtig seien.

Griechenland. Athen, 39. Januar. (W. T. B.) Die türkischen Behörden haben den griechischen Kom⸗

misssären für die Grenzregulirung die Einfahrt in den

Golf von Ambrakia, von wo aus sich dieselben nach Preveza begeben wollten, untersagt, unter dem Vorwande, daß kein griechisches Kriegsschiff in diesen Golf gelassen würde. Die Kommissäre hatten indessen, um Schwierigkeiten zu vermeiden, das Kriegsschiff, auf welchem sie gekommen waren, bereits bei Leukadia verlassen, sich an Bord einer Königlichen Nacht begeben und auf dieser die Fahrt fortgesetzt. Es steht sogar fest, daß die griechische Regierung von der Pforte die Versicherung erhalten hatte, daß Befehl ertheilt sei, diesem Schiffe freie Einfahrt in den Golf von Arta zu gestatten. Die Kommissäre begaben sich in Folge der Weigerung der türkischen Behörden mittelst einer Dampf⸗ bark nach Preveza, das an Stelle von Anino schließlich von Moukhtar Pascha für den Zusammentritt der Kommission ge⸗ wählt worden war. In Preveza theilte Moukhtar Pascha den Kommissären mit, daß ihr Fahrzeug in den Golf einlaufen könne. Die Kommissäre sandten in Folge dessen die Bark nach Leukadia zurück, um ihrem Fahrzeug Mittheilung hier⸗ von zu machen. Als jedoch die Bark zurückkehren wollte, wurde von dem Fort aus, welches den Golf verschließt, auf dieselbe geschossen und sie gezwungen, sich zu entfernen. Als die Kommissäre noch in Leukadia waren, schlug ihnen Moukhtar Pascha vor, ein türkisches Fahrzeug für die Ueberfahrt zu ö nahm diesen Vorschlag an, aber das Fahrzeug am nicht.

Türkei. Konstantinopel, 30. Januar. (W. T. B.) . Pascha ist zum Großmeister der Artillerie ernannt worden.

Serbien. Belgrad, 30. Januar. (W. T. B.) Hier eingegangene Nachrichten bestätigen, daß der vermißte italie— nische Oberst Gola bei einem Besuche der Schlachtfelder in der Umgegend von Plewna gegen den 10. Dezember v. J. durch einen Pistolenschuß getödtet und sodann beraubt worden ist.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. Januar. (W. T. B.) Die auswärts verbreitete Nachricht von einer Erkrankung des Reichskanzlers Fürsten Gortschakoff ent— behrt, nach von authentischer Seite ertheilter Auskunft, jedweder Begründung. Der Reichskanzler hat seit seiner Rückkehr aus dem Auslande sich unausgesetzt der besten Gesundheit erfreut, und sein Befinden ist auch bis zur Stunde ein ganz vorzügliches.

Amerika. Washington, 28. Januar. (per Kabel.) Das Senats-Comité unter dem Vorsitz Mr. Conklings, hat die Seitens des Präsidenten Hayes bewirkten Ernennungen von Beamten des New-Horker Zollamtes verworfen. Mr. Léon Chatteau, der französische Delegirte, hatte mit dem Präsidenten Hayes eine Unterredung bezüglich des projektirten französisch⸗-amerikanischen Handelsvertrages. Das Repräsentantenhaus hat den Gesetzentwurf ange— nommen, welcher die Beschränkung der Einwanderung von Chinesen in die Vereinigten Staaten bezweckt. Die Meldung, daß der Indianer⸗Häuptling Sitting Bull amerikanisches Gebiet betreten habe, wird bestätigt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Paris, Freitag, 31. Januar, Nachmittags. Neueren Dispositionen zufolge wird sich der Marschall Mac Mahon zunächst noch nicht nach Grasse begeben, sondern noch einige Tage hier verweilen, um die Details der Uebernahme der Exekutivgewalt durch den Präsidenten Grévy zu erleichtern. Vorläufig hat der Marschall in seinem Hotel in der Rue Bellechasse Wohnung genommen; künftig wird derselbe hauptsächlich auf seinem Schlosse im Loiret Aufenthalt nehmen. . Grévy wird demnächst nach dem Elysée über— iedeln.

Kopenhagen, Freitag, 31. Januar, Nachmittags. Das neu gewählte Folkething ist heute zur ersten Sitzung zusam— mengetreten und hat den früheren Präsidenten Krabbe wieder zum Präsidenten gewählt.

Nr. 2 des „Armee ⸗Verordnungs⸗Blatt“, heraus⸗ gegeben vom Kriegs⸗Ministerium, hat folgenden Inhalt: Abände— rungen zur Schieß⸗Instruktion für die Infanterie vom 15. No— vember 1877. Karabiner⸗Schieß⸗Instruktion für die Kavallerie, abgeändert für den Train. Rations⸗Vergütigungssatz für nicht vorhandene Pferd“. Theilnahme von Stabsoffizleren des Garde Corps am diet jährigen Aushebungsgeschäft. Garnison-Baudistrikte im Bereich des Garde⸗ bezw. III. Armee⸗Corps. Liquidirung der Löhnungs⸗ 2c. Gebührnisse für die der Oberfeuerwerker⸗Schule attachirten Offizierburschen. Ausgabe von Nachträgen zu den Be⸗ kleidungs⸗Reglements 2c. Bezug der Vorschrift für die Instand⸗ haltung der Waffen bei den Truppen. Erläuterung zu §. 24, 3 des Geld⸗Verpflegungs⸗Reglements für das preußische Heer im Frieden vom 24. Mai 1877. Zahlung der Ehrenzulage für das Eiserne Kreuz von 1870/71. Nichtgewährung von Umzugskosten an die zu Unterrichtsanstalten kommandirten Offiziere bei Reisen während der Ferien. Ausgabe des neuen Servi Tarifs für das Selbstmiether⸗ beziehungsweise Natur quartier ꝛc. Vertheilung des Abdruckes der Abänderungen, bezw. Ergänzungen der deutschen Wehrordnung und der Heerordnung aus dem Jahre 1878. Auf⸗ bewahrung der Sparkassendokumente der Unteroffiziere. Bekannt⸗ machung eines Verzeichnisses derjenigen höberen Lehranstalten, welche zur Ausstellung gültiger Zeugnisse über die wissenschaftliche Befähi⸗ gung für den einjährig freiwilligen Militärdienst berechtigt sind.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Auf der Tagesordnung für die 7. Plenarsitzung des Herren⸗ hauses, Donnerstag, den 6. Februar 1879, Nachmittags 1 Uhr, stehen: I) Einmalige Schlußberathung über die von der Königlichen Staatsregierung vorgelegte Uebersicht über die Verwaltung der fiska⸗ lischen Bergwerke, Hütten und Salinen während des Etatéjahres 1877178; Berichterstatter Dr. Baumstark. 2) Bericht der Kom⸗ mission für Justiz⸗Angelegenheiten über den Gesetzentwurf, betreffend die Rechtsverbältnisse der Studirenden und die Disziplin auf den Landesuniversitäten, der Akademie zu Münster und dem Lyzeum Hosianum in Braunsberg; Berichterstatter Dr. Beseler.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 19. Januar bis inel. 25. Januar er. zur Anmeldung gekommen: 165 Eheschließungen, 955 Lebendgeborene, 38 Todtgeborene und 543 Sterbefälle. .

Der in d Bl. besprochene Anfsatz über die Gewerbe⸗ thätigkeit des Königreichs Sachsen nach Raugstufen, von Arthur von Studnitz (im 24. Jahrgang 1378, Hef! J. und II. der Zeitschrift des Königlich sächsischen statistischen Bureaus, auch

als Separatabdruck erschienen) enthält auch eingehende statistische Erhebungen über das Gesellen⸗ und Lehrlinggswesen im Königreich Sachsen nach der Aufnahme vom 1. Dezember 1875.

Bei dem Großbetriebe kamen auf 260 215 Erwerbthätige 237 096 Gehülfen und Lehrlinge (91, 11 0), ia allen Gruppen mehr als 80, SS osg, nur in einer, den Handels gewerben, nur 61.22 der betreffenden An⸗ zahl der Erwerbthätigen. Auf jene 260 215 Erwerbthätige beim Großbetriebe fielen 13 654 oder nur 4,86 ½ Lehrlinge, relativ die meisten in den künstlerischen Betrieben (i05 23, 97 υ 5, den poly⸗ graphischen Gewerben (1264 18,95 69 und bei der Metall ver⸗ arbeitung (1454 14,19 0½', absolut die meisten bei den Bau⸗ gewerben (1788 8,85 o/o) und dem Maschinenbau (1476 7, 69 09).

Im Kleinbetriebe kamen auf 369 445 Erwerbthaͤtige 107 787 oder 29, 17 */ Gehülfen, verhältnißmäßig die meisten auf den Bergbau und das Hüttenwesen (70, 460. der betreffenden Erwerbthätigen) und die In- dustrie der Steine und Erden (60, 87 ½ ), absolut die größte Anzahl auf die Textilindustrie 36 400 (29,48). Die Zahl der Lehrlinge bei dem Kleinbetriebe betrug 31 769 oder 8, 60 υο der Erwerbthätigen, davon relativ die meisten bei der Metallverarbeitung (23,46 5j0) und den polygraphischen Gewerben (23 960), absolut die höchste Zahl bei den Industrien der Bekleidung und Reinigung (5888 9, 340 0) und der Textilindustrie (9648 4,570 ).

Von den Gehülfen und Lehrlingen bei dem Großbetriebe waren 173 360 männliche, so daß auf 100 Erwerbthätige 66,68 der letzteren kamen, und 63 735 weibliche (24,49 der Erwerbsthätigen). Die höchste Zahl weiblicher Gehülfen und Lehrlinge findet sich in der Textilindustrie (38 806 48,37 *½), der Industrie der Bekleidung und Reinigung (4827 46,05 ). der Beherbergung und Erquickung (1218 4053 o), der Industrie der Nahrungs⸗ und Genuß⸗ mittel (6527 33,94 „o) und der Papier⸗ und Lederindustrie (4360 32359 019. Die männlichen Lehrlinge (11 964) bilden 4, 0 0 der Erwerbthätigen, die weiblichen (690) 0,27 0.

Im Kleinbetriebe sind 80 227 männliche Gehülfen (21,72 der Erwerbthätigen) beschäftigt und 27 560 weiblich: (7,46 0,0). Die ab⸗ solut meisten weiblichen Gehülfen hat die Textilindustrie mit 14 467, die jedoch nur 11,R71 / der Erwerbthätigen bilden. Relativ mehr sind bei der Industrie der Beherbergung und Erquickung (3418 22,77 0½)) und bei der Kunst⸗ und Handel sgärtnerei (392 14,47 ) beschäftigt. Der Kleinbetrieb zählt 29 732 männliche Lehrlinge (8.05 ½ο der Er⸗ werbthätigen), relativ die meisten bei der Metallverarbeitung (4368 2344 υο ) und in den polrgraphischen Gewerben (295 Al,s8 -), absolut die größte Anzahl in den Gewerben der Bekleidung und Reinigung (4950 7,87 ,) und der Textil⸗ industrie (48 0 3,89 ½ 5. Weibliche Lehrlinge im Kleinbetriebe waren nur 2023 (O,55 o) vorhanden, davon die meisten bei der Industrie der Bekleidung und Reinigung (928 1,47 ½) und der Textilindustrie (833 6,63 9).

Im Groß und Kleinbetriebe zusammen stellt sich die Zahl der Lehrlinge auf 44 414 7, 05 der 629 666 Erwerbsthätigen, davon absolut die meisten in der Textilindustrie (6783 3,33 G) und dem Gewerbe der Bekleidung und Reinigung (6607 8, 98 ); hieran schließt sich die Metallverarbeitung mit 5826 Lehrlingen, dem nahezu höchsten Prozentsatz (20, 17 0e).

Gehulfen und Lehrlinge unter 12 Jahre sind am meisten in der Textilindustrie (571 G71 ½υ der Erwerbthätigen) beschäftiat; ebenso Gehülfen und Lehrlinge in dem Alter von 12 bis 14 Jahren (5747 7,16 0s0o) und im Alter von 14 bis 16 Jahren (7319 9, 12 oo); auch nimmt rücksichtlich der über 16jährigen Gehülfen und Lehrlinge die Textilindustrie mit 61 173 (76,26 5so) die erste Stelle ein.

Von den 8402 Großbetrieben waren 6342 (75,48 ½) Be⸗ triebe einzelner Personen, 2006 (23, 88 ½ ) wirthschaftlicher Gesell— schaften und Genossenschaften, 26 (90,31 o) kommunale Korporationen und 28 (0,83 ½ ) des Staats.

Von den Großbetrieben beschäftigten 6 bis 10 Personen 3214 (38,253 0ͤ), 11 50 Personen 4212 (50, 131 ,)), 51-200 Personen 806 (9,593 69) 2601 1000 Personen 163 (1,9240 o ), über 1000 Personen 7 (G 083 e). Die letzteren Betriebe kommen nur in 3 Industriegruppen vor: Bergbau⸗ und Hüttenwesen, Maschinenbau und Texlilindustrie, und zwar fallen auf das Berg⸗ und Hüttenjach allein 5 dieser Betriebe. Ein anderes derartiges Etablissement, die Reparaturwerkstätte der Staatseisenbahn in Chemnitz, hat hierbei nicht berücksichtigt werden können, weil die Eisenbahnen nicht mit in die Gewerbestatistik hineingezogen worden sind.

Im Ganzen werden in den Groß und Kleinbetrieben zusammen durchschnittlich 2,4 Erwerbthätige beschäftigt, in den Kleinbetrieben l,5l, in den Großbetrieben 30,97, im Bergbaugroßbetriebe allein 125,25. Die geringste Zahl Erwerbthätiger, welche auf eine Indu⸗ striegrupve im Großbetriebe (Kunst⸗ und Handelsgärtnerei) fallen, sind 16,55, die höchste Zahl im Kleinbetriebe (Bergbau) 3,76. Die mei⸗ sten Erwerbthätigen beschäftigen die sächsische Maschinenfaorik in Chemnitz (2430), die Gewerkschaft Himmelfahrt-Fundgrube bei Frei⸗ berg (1922) und die Baumwollenwaarenfabrik von C. G. Hoffmann in Neugersdorf (1157); demnächst die Steingutfabrik von Villeroy u. Boch in Dresden (7127).

Im Durchschnitt kamen von 15 Bewohnern des Königreichs einer der Textilindustrie, von 39 Bewohnern einer der Industrie der Bekleidung und Reinigung, von 59 Bewohnern einer auf das Han— delsgewerbe, von 57 Bewohnern einer auf die Industrie der Rah—⸗ rungs- und Genußmittel u. s. w., aber erst von 936 Bewohnern einer auf die Indu rie der Heiz⸗ und Leuchtstoffe, von 1845 Be⸗ wohnern einer auf künstlerische Betriebe für gewerbliche Zwecke und erst von 19 831 Bewohnern einer auf die Fischerei, wobei der der Fischerei ungünstige Termin der Erhebang II. Dezember] in Betracht kommt. Einen Rückschluß darauf, in welchem Vethältnisse die Noth⸗ wendigkeit der einzelnen Industriegruppen für die Bedürfnisse der Bevölkerung steht, darf man aber nicht machen, denn mehrere der in Rede stehenden Industriegruppen arbeiten in gan; hervor—⸗ ragendem Grade für den Exzport. Namentlich die Textilindustrie, die Industrie der Holz und Schnitzstoffe, das Berg⸗ und Hütten⸗ wesen, die Maschinenindustrie, die Industrie der Steine und Erden, das polygraphische Gewerbe und die chemische Industrie. Die Textil⸗ industrie würde gewiß nicht die größte Summe von Erwerbsthäligen in Anspruch nehmen, wenn ihre Fabrikate nicht in so außerordentlich großen Quantitäten ausgeführt würden. Daß die Industrie der Be⸗ kleidung und Reinigung der Textilindustrie gleich folgt, ist dagegen vorzugsweise auf die eigenen Bedürfnisse der Bevöl⸗ kerung zurückzuführen, deren Betleidung und Wäsche aller⸗ dings außerordentlich viele Hände bransprucht. Die Nahrungs⸗ und Genußmittelindustrie würde, obwohl gleichfalls ihr Export in man⸗ chen Zweigen (Cigarren, Cigaretten, Chokolade z] nicht unbedeutend ist, eine annahernd ebenso große Zahl von Personen als die In⸗ dustrie der Bekleidung und Reinigung beschäftigen wenn nicht der Import von Produkten der Nahrungsmittelindustrie recht bedeutend wäre. Würden dieser Gruppe gar die Erwerbsthätigen der Land- wirthschaft, welche von der Gewerbestatistik nicht erfaßt wurde, zu⸗ gerechnet worden sein, so würde die Zabl der von dieser Gruppe Be schäftigten die Zahl der Erwerbsthätigen jeder anderen Gruppe weit hinter sich lassen. .

Auf 107 Bewohner Sachsens kamen 22,8 Erwerbthätige, und zwar 7,4 allein der Textilgruppe.

Die Abhandlung schließt mit einer interessanten Tabelle, welche den fortgeschrittenen Standpunkt der Arbeitstheiung in Sachfen detaillirt nachweist.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung de? deut schen Landwirthschaftsraths wurde nach eingehender Debatte bei der Abstimmung zunä l st der Antrag Frentzel mit allen gegen 3 Stimmen. der Antrag Stengel mit 37 gegen 19 Stimmen, der Antrag Pogge mit 34 gegen 2 Stimmen abgelehnt, der Kommissionsantrag da— gegen mit großer Majorität angenommen. Außerdem beschloß die Versammlung auf Antrag des Hrn. Pogge (Roggow): „Der deutsche

Landwirthschastsrath beauftragt den Vorstand: sofort nach Bekannt-