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Abgeordnetenhauses insoweit Rechnung zu tragen, daß sie empfahl, dem Gesetz als 5§. 6 folgende Bestimmung ein⸗ zufügen: .§. 6. Die den Stiftern zustebenden Rechte bei Besetzung
von Lehrerstellen gehen auf den Staat über.“
Der Referent, Herr von Dechend, nannte diesen Paragraphen ine Brücke, dem Abgeordnetenhause gebaut, um das Zustande⸗ kommen dieses Gesetzes zu ermöglichen. — Zu diesem Para⸗ graphen lag der obenerwähnte, in der Generaldiskussion schon gestellte und debattirte Antrag des Grafen Rittberg vor Graf Jättberg und Herr Dr. Beseler vertheidigten diesen Antrag, auch der Regierungskommissar Ministerial⸗ Direktor Lu⸗ canus erkärte sich eventuell für die Annahme dessel⸗ ben, während Graf Jieten Schwerin, Graf Krassow und Herr von Knebel⸗Döberitz für Streichung beider Anträge sprachen und Graf zur Lippe mit dem Referenten den Kom— missionsantrag vertheidigten. — Bei der Abstimmung wurde zunächst der Antrag des Grafen Rittberg mit geringer Ma— jorität abgelehnt, dann der Antrag der Kommission mit großer Majoritat verworfen und somit der ganze §. 6 gestrichen.
Die übrigen Paragraphen des Gesetzes, sowie Titel und Ueberschrift desselben wurden dann ohne Debatte nach der ursprünglichen Fassung der Regierungsvorlage genehmigt.
Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der münd— liche Bericht der Agrar⸗Kommission über die Peti⸗ tionen der Forstgenossenschaften zu Hemeringen, Marien— hagen, Lübbrechtsen, Levedagsen und Wollensen mit dem An⸗ trage, den von den Forstaussichtsbehörden eingeführten Modus, die Holzerträge aus den Privatforsten den Interessenten in aufgeklaftertem Zustande zu überweisen, abzustellen und den bisherigen Modus der Anweisung auf dem Stamme wieder einzuführen. Der Berichterstatter Graf von Zieten⸗Schwerin beantragte Namens der Kommission, die Petitionen der König⸗ lichen Staatsregierung zur Erwägung resp. Berücksichtigung zu überweisen, inwieweit diese Berücksichtigung der Petenten ohne Schädigung des Forstinteresses möglich ist. —das Haus trat diesem Antrage ohne jede weitere Debatte bei, nachdem sich auch der Regierungskonimissar Geheime Ober⸗-Regierungs— Rath Rothe für denselben erklärt hatte.
Es folgte als dritter Gegenstand der Tagesordnung der münd⸗ liche Bericht der Justizkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Uebergangsbestimmungen zur deutschen Civilprozeßordnung und deutschen Strafprozeß⸗ ordnung. Auf Antrag des Berichterstatters Herrn Adams wurde diesem Gesetzentwurf in der vom Hause der Abgeordneten
ngenommenen Fassung unverändert und ohne Debatte die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt.
Vierter Gegenfland der Tagesordnung war der mündliche Bericht der Justizkommission über Petitionen. Auf Antrag der Referenten Herren Wever und Adams wurden die Petitionen der Kirchspielschreiber im Lande Hadeln, mit dem Antrage, dahin zu wirken, daß ihnen für das Aufhören ihrer Dien steinnahmen als Aktuare bei den Kirchspielgerichten in der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine pensionsmäßige Ent⸗ schädigung aus der Staatskasse gezahlt werde und der Rechtzanwalte in Wiesbaden mit dem Antrage, die Aufnahme einer Bestimmung in die neuen Prozeßgesetze, wonach die am 1. Oktober er. anhängigen Prozesse von der zu dieser Zeit darin bestellten Anwälten in sammtlichen Instanzen fortge⸗ führt werden, zu bewirken, ohne Debatte durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. 361
Letzter Gegenstand der Tagesordnung war der mündliche Bericht derselben Kommission über den Gesetzentwurf, be— treffend die Zwangsvollstreckung gegen Benefizial⸗ erben und das Aufgebot der Nachlaßgläubiger im Geltungs bereiche des Allgemeinen Landrechts. Der Berichterstatter Dr. Engel hart be⸗ antragke, dem Gesetzentwurfe in der vom Hause der Abgeord⸗ neten beschlossenen Fassung unverändert die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen und das Haus genehmigte auch diesen Antrag ohne Diskussion, worauf der Präsident die Sitzung um 37 Uhr schloß.
In der heutigen ( 1.) Sitzung des Herrenhauses, welche der Präsident Herzog von Ratibor um 11/9 Uhr er— öffnete, und welcher der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Br. Friedenthal, der Handels⸗Minister May⸗ bach, sowie mehrere Regierungskommissare beiwohnten, trat das Haus sofort in die Berathung des mündlichen Berichts der Kommission für Staatshaushalts⸗ und Finanz⸗Angelegen⸗ heiten über den Entwurf einer Hinterlegungsordnung. Der Referent, Herr Hasselbach, beantragte, die Vorlage in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung un⸗ verändert anzunehmen. Bei der Generaldebatte nahm Nie— mand das Wort. Die Spezialdebatte wurde titelweise ge⸗ führt. Titel 1, allgemeine Bestimmungen, wurde ohne De⸗ batte angenommen, ebenso Titel 2, Hinterlegung von Geld, nach einer kurzen erläuternden Bemerkung des Grafen Rittberg. Bei Titel 3, Hinterlegung von Werthpapieren und Kostbarkeiten, ergriff Herr von Dechend das Wort, um darauf hinzuweisen, daß Seitens der Reichsbank derartige Hinterlegungsgeschäfte schon seit langer Zei vorgenommen würden, und daß die Summe der bei der Bank hinterlegten Werthobjekte bereits auf 800 Millionen ange⸗ wachsen sei. Es sei vielleicht angezeigt gewesen, auch die Reichsbank als Hinterlegungsstelle amtlich zu bezeichnen, in⸗ dessen sei die Sache bereits soweit gediehen, daß jetzt eine Aenderung unmöglich sei. Er wolle dies hier nur a . — Der Regierungskommissar, Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Hertz, bedauerte, daß diese Frage erst jetzt angeregt werde. Es könne ja aber vielleicht durch spätere Unterhandlungen mit der Bank ein Abkommen getroffen werden. (Schluß des Blattes.)
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen (48.) Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die Berathung des Etats der Eisenbahn verwaltung fort. Der Abg. Richter (Hagen) begründete seinen Antrag,
die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dem Landtage
in einer besonderen Denkschrift eingehend und ziffermäßig im Ein⸗ zelnen darzulegen, welche Gründe die Beschrãnkung von Differential- tarifen seit dem März 1878 namentlich in Bezug auf Holz, Mehl, Weintrauben und Hammel veranlaßt haben und welche Wirkungen sich aus diesen Maßnahmen sür die betreffenden Konsumenten⸗ und T u en tenkteife,/ fowie fr Eisenbahnen und Schiffahrt ergeben aben, damit, daß die Gründe nicht ganz stichhaltig seien, welche von der Regierung nach dieser Richtung hin geltend gemacht seien. Das Publikum würde es nicht verstehen, wenn die im Vordergrund des öffentlichen Interesses stehende, im März v. J. von dem Minister⸗ Präsidenten angeregte Frage der Differentialzölle im Hause
und bestimmte Tranaportsätze könne die Frage der Differential⸗ zölle zur Erörterung kommen. Es komme ja darauf an, ob bei solcher Verschiedenheit wirklich eine Identität der wirth⸗ schaftlichen Bedeutung und der Transportverhältnisse vor⸗ handen sei. Dadurch, daß zwei Linien sich 100 Meilen weit erstreckten, seien sie volkswirthschaftlich für die Transporte durchaus nicht von gleicher Bedeutung. Eine Tarifermäßigung
fluß sein, auf den einer anderen Linie wirkungslos bleiben.
mit der Bedeutung einer Theilstrecke.
auf eine einzelne Route, bestimmte Transportverhältnisse
könne auf den Transport der einen Linie vom größten Ein⸗
Ebensowenig sei die ganze Strecke wirthschaftlich identisch Eine Tarifermãßi⸗ gung auf einer Gesammtstrecke könne große Transpertmengen nach sich ziehen, während sie für eine Theilstrecke be⸗ deutungslos bleiben könne. Nun habe der Minister⸗Präsident selbst in jener Sitzung die Lage der Differentialzölle in dieser ganz praktischen Art in Bezug auf zwei besondere Verhält⸗ nisse, in Bezug auf die Holztarife und die Lohe zur Sprache gebracht. Ebenso wichtig sei die Frage der Mehltarife. Hier handele es sich nicht um Import- sondern um Durch— fuhrtarife, und diese Frage liege auf einem ganz anderen Gebiet, als die der gewöhnlichen Differentialtarife. Er wünsche, daß der Eisenbahn⸗Minister Auskunft darüber gebe, ob sich in Bezug auf die Holztarife das Alles als begründet er⸗ wiesen habe, was der Minister⸗Präsident hier im März ge—⸗ sagt habe; auf welchen Voraussetzungen die Aenderungen der Mehl⸗ und Holztarife beruhten, und welche Erfahrungen der Minister inzwischen damit gemacht habe? Der Regierungskommissar Geh. Regierungs⸗Rath Fleck wies auf den Bundesrathsbeschluß hin, der solche Tarife ausschlie Ze, durch welche ausländische Produkte begünstigt würden. Ledig⸗ lich diesem Votum gemäß habe die preußische Regierung bei Neu⸗Tarifirungen gehandelt. Bei den Holztarifen sei außer⸗ dem noch eine Rucksichtnahme auf die externen Konkurrenz- tarife geboten gewesen, welche theilweise einen niedrigeren Satz pro Tonnenkilometer aufwiesen. Die generelle Ermäßigung der Holztarife sei auf der Basis von 3 3 durchgeführt. Auch aus der Rücksichinahme auf internationale Holztarife, welche vielfach durch Konkurrenz beeinflußt seien und vielfach uf einem niedrigeren Satze beruhten, fei die generelle Revision der Holztarife geboten und durch Reskript vom April 1878 angeordnet, daß auf der für den internen Verkehr gewonnenen Grundlage die internationalen Holztarife generell zu reformiren seien. In der Presse habe sich über diesen Punkt ein großer Staub er— hoben, und man habe sich vielfach in Widersprüchen bewegt, weil wohl die Lage der Dinge nicht so genau bekannt gewesen sei. Was die Mehltarife anlange, so sei im November 1877 der Antrag gestellt, dieselben nach den nördlichen Hafenstädten zu ermäßigen, um dem Exporte, der sich damals allerdings in größerem Maße über Triest bewegte, wirksam entgegenzutreten. Da schon das Bekanntwerden dieser Nachricht in den Kreisen deutfcher Interessenten lebhaften Widerspruch erregt habe, so sei den Staatsbahnen die Genehmigung versagt worden. Dieser Tarif sei nur auf den Privatbahnrouten in Geltung gewesen und Ende 1878 auf das Votum des landwirthschaftlichen Ministers, daß eine sehr wesentliche Benachtheiligung der In⸗ teressen der deutschen Müllerei und Landwirthschaft von diesem Tarif zu erwarten sei, außer Kraft getreten. . Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, er hätte mehr ziffern⸗ mäßige und thatsächliche Angaben erwartet und hielt durch diefe Auskunft seinen Antrag nicht für erledigt. Unter An⸗ führung umfassenden statistischen Materials suchte er die Erfolg— losigkeit der Maßregel nach der einen und die Nachtheile der⸗ selben nach der andern Seite hin nachzuweisen. Was die Mehldurchfuhr beträfe, so würde von Seiten der Eisenbahnen behauptet, daß die erhöhten Transporttarife ihnen einen Trans⸗ portverlust bis zu 1 Million Mark gebracht hätten. Dürfe man im angeblichen Interesse der Müllerei die deutschen Bahnen, welche doch auch zur deutschen Industrie gehörten, derart beeinträchtigen? Wichtiger noch sei die Holztaxiffrage. Er habe die Reglerung gefragt, ob sich die Ausführungen des Reichskanzlers vom 28. März v. J. über die Schaädi— gung der deutschen Forstproduktion durch Differentialtarife sich als begründet erwiesen hätten oder nicht? Auf diese Frage habe der Jiegierungskommissar nicht geantwortet. Inzwischen sei noch weiter klargestellt worden, daß damals für Brennhoiz und Schwellenholz auf der Oberschlesischen Bahn keinerlei Differentialtarife bestanden hätten; an den Bau⸗ und Nutz hol; würden 33 Millionen Centner zu Wasser, auf Strömen und zur See eingeführt, und abgesehen von Bayern nur 6 Millionen Centner auf der Eisenbahn. Auch von der letzteren Einfuhr kämen nur für 2), Millionen Centner Diffe⸗ rentialtarife in Frage. Differentialtarife hätten nur für Ber⸗ lin, die Seehäfen und den Westen von Deutschland bestanden. Diese Differentialtarife seien eingeführt wor⸗ den nicht in der Konkurrenz; mit inländischem Holz, sondern in der Konkurrenz mit ausländischem dahin auf dem See⸗ und Wasserwege eingeführtem Holz. Es sei richtig, daß die Holzpreise sehr heruntergegangen seien, aber das liege daran, daß die Gründerzeit sie zu einer unna⸗ türlichen Höhe emporgetrieben habe; wenn sie jetzt herunter⸗ gegangen seien, so sei das natürliche Reaktion, aber nicht eine Folge der Tarifveränderungen. Uebrigens hätten fur Brennhölzer nie Differentialtarife existirt. Außerdem komme für Nutz- und Brennholz der Schienenweg kaum in Betracht gegenüber den enormen Quantitäten, die zu Wasser herbei⸗ geschafft würden. Es sei dringend nöthig, über alle einschlä—⸗ gigen Fragen eine volle Klarheit zu gewinnen, dann werde sich auch herausstellen, daß über diesen Gegenstand die An⸗ sichten gar nicht so weit auseinandergingen, wie man es heute darzustellen pflege, um die Tariffrage zu einer hochpolitischen aufzubauschen. Der Handels⸗Minister Maybach erwiderte, er sei sehr überrascht, in dritter Berathung einen solchen detaillirten Vor⸗ trag über einen generellen Gegenstand zu hören, dessen Wichtigkeit er nicht bestreite. Das Haus werde nicht er— warten, daß er auf alle diese Einzelheiten und Zahlenangaben eingehe. Er wolle daher nur der Annahme entgegentreten, als ob er durch sein Stillschweigen seine Zustimmung aus⸗ drücken wollte ö = 2 ö Der Abg. Hintze hatte in zweiter Lesung verschiedene An⸗ träge in Aussicht gestellt, welche den Handels⸗Minister zu ein⸗ greifenden Veränderungen im Tarifwesen veranlassen sollten. Derselbe erklärte, heute bei der drängenden Geschäftslage des Hauses davon abstehen zu wollen, obgleich er die Einrichtung einer Centralstelle für die Ausgabe sämmtlicher Eisenbahn⸗ Gütertarife des Deutschen Reiches, der deutsch⸗ausländischen Verbände, möglichst auch der ausländischen Parallelbahnen, in
Transithandel, nicht wie jetzt, durch die Tarifpolitik gefährdet, sondern durch eine zweckmäßige, den Transportkosten, den aus⸗ wärtigen Konkurrenzwegen, den Bedürfnissen der inländischen Landwirthschaft ꝛc., der Industrie und des Handels Rechnung tragende Tarifkonstruktion gehoben würde. Im Interesse des Handels und der Industrie, welchen die Konkurrenz mit dem Auslande immer schwieriger werde, hoffe er auf möglichste Berücksichtigung seiner Wünsche.
Der Abg. von Rauchhaupt wies darauf hin, daß diese Debatte unmöglich zu einer Entschließung führen könne; sie beweise vielmehr, daß Alles unrichtig sei, was der Abg. Richter neulich gegen ein Tarifgesetz gesagt habe. Nur dann könne das Haus sich schlüssig machen, wenn es die ganze Tariffrage im Zusammenhange er lege behandle. Die gegenwärtigen Zustande seien in der That unerträglich, einer gesetzlichen Regelung des Tarifwesens, hier oder im Reichstage, sollte sich im Interesse des Landes keine Partei widersetzen!
Der Abg. Moßner bat den Handels⸗-Minister, den Peti⸗ tionen aus Schlesien, betreffend den Differentialzoll für Spi⸗ ritus, nach Möglichkeit Rechnung zu tragen.
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, daß der Minister durch seine Ausführungen Überrascht sei, befremde ihn um so mehr, als dessen Vertreter ihm bereits geantwortet habe. Der Reichskanzler habe am 28. März v. J. in dieser Materie sachliche Ausführungen gemacht, die sich nachher nach seiner Ansicht als unrichtig herausgestellt hätten. Er stelle dagegen nur den formalen Antrag, das Material für alle Parteien zu beschaffen. Der Minister Maybach habe neulich seine Fragen als Reichs⸗ sache abgewiesen, heute schweige derselbe, weil Redner in dritter Lesung frage. Und doch habe die Regierung selbst durch die frühe Einberufung des Reichstages und Verzögerung ihrer Vorlagen in diesem Hause die Schuld an dieser Geschäftslage, zufolge deren am Sonnabend in der zweiten Lesung geschwiegen werden mußte. Wenn der Abg. von Rauchhaupt sich mit der Angelegenheit näher beschäftigt hätte, so würde er es nicht für möglich halten, daß der Staat unter dem Drucke der Privatbahnen leide. Durch die Uebereinkünfte bezüglich der Tarife hätten wir die größten Fortschritte im Eisenbahnwesen gemacht. Durch ein Tarifgesetz könne man den Transport nicht dauernd reguliren, denn dieser hänge von den wechselnden Konjunkturen ab. Alle Parteien seien darin einig, daß, soweit allgemeine Normen über das Tarifwesen aufzustellen wären, dies am besten von Reichswegen geschehe. Nur die agitatorische Art sei zu tadeln, in welcher der Gedanke an ein Reichseisenbahn⸗ gesetz dazu benutzt würde, falsche Hoffnungen zu erwecken. Der Abg. Windthorst (Meppen) beantragte darauf, den Antrag Richter (Hagen) wegen seiner großen Wichtigkeit und Tragweite der Budgeikommission zur Berathung zu über⸗ weisen.
Der Abg. Dr. Lasker bat, den Antrag Richter, welcher ja nur formaler Natur sei, anzunehmen.
Nach einigen persönlichen Bemerkungen der Abgg. Dr. Lasker, Hintze, von Rauchhaupt, Richter (Hagen), wurde der Antrag Windthorst abgelehnt und der Antrag Richter an—⸗ genommen.
Ehe in der Berathung des Etats der Eisenbahnverwal⸗ tung fortgefahren wurde, wurde auf Wunsch des Ministers des Innern, um demselben zu ermöglichen, später der Sitzung des Herrenhauses beiwohnen zu können, zunächst der Etat des Ministeriums des Innern zur Debatte gestellt.
Der Abg. Dr. Zimmermann kam auf seine in der zwei⸗ ten Lesung geführte Beschwerde über die Reorganisation der Berliner Polizei zurück. Er betonte nochmals die Nothwen⸗ digkeit einer Reform derselben nach den von ihm früher ent⸗ wickelten Gesichtspunkten, die eine Vermehrung der Exekutio⸗ beamten vollständig ausschlössen. Er sprach den Wunsch aus, daß der Nachtwachtdienst anderweitig geregelt werde; nur da— durch könne den Uebelständen Abhülfe geschaffen werden. Redner besprach ferner die eigenthümliche Natur der Straßen⸗ polizeiverwaltung Berlins, die zu zahlreichen Konflikten n gn der Polizei und der städtischen Behörde geführt
abe.
. Der Abg. Freiherr Zedlitz und Neukirch bemerkte, um zu charakterisiren, wie unzuverläffig die Quellen und thatsächlichen Angaben des Abg. Richter seien, müsse er auf die von dem⸗ selben bei der zweiten Lesung gegen den Landrath v. Scharn⸗ weber erhobenen Vorwürfe zurückkommen. Daß die von dem Abg. Richter zur Sprache gebrachten hohen Liquidations⸗ saͤtze schon damals aufgehoben waren, müsse dem Gewährs⸗ mann des Abg. Richter, Dr. Mendel, bekannt gewesen sein. Abg. Richter habe ferner gerügt, daß dem Amtsausschuß in Pankow auf eine Beschwerde vom Dezember 1876 Ende 1877 noch keine Antwort zugegangen sei. Dieser Bescheid sei aber schon im August 1877 zu Protokoll eröffnet worden.
Auf diese Bemerkung entstand eine Diskussion, in welcher die Abgg. Richter und Frhr. von Zedlitz-⸗Neukirch die betreffenden Stellen aus den stenographischen Berichten zitirten, der Abg. Virchow aber ausführte, daß die hohen Taxen, auf welche der Abg. Richter hingewiesen, Jahre lang bestanden hätten, und nur, was derselbe nicht gewußt habe, in den letzten Monaten aufgehoben seien. Schließlich bemerkte der Abg. Richter, er könne konstatiren, daß von Allem, was er in der zweiten Lesung geger die Landräthe vorgebracht, nur diese beiden Punkte in dritter Lesung angegriffen seien; daß er bereits in der zweiten Lesung be⸗ dauert habe, von der Aufhebung der Taxen nichts gewußt zu haben, so daß der Vorwurf nur den Dr. Mendel treffen könne, der es unterlassen habe, ihn zu unterrichten; daß er endlich nicht über Verzögerung des Bescheides, sondern blos über die Unmöglichkeit, eine Abschrift desselben zu erhalten, ge⸗ klagt habe.
Der Abg. Freiherr von Minnigerode erinnerte daran, daß das Haus sich in der dritten Lesung befinde, und daß diese Angelegenheit doch nicht von solcher Wichtigkeit sei, um sie jetzt noch zur Erörterung zu bringen. Nach einigen persön— lichen obigen Streitfall behandelnden Bemerkungen der Abgg. Richter (Hagen) und Freiherr von Zedlitz und Neukirch wurde der Etat des Ministeriums des Innern bewilligt.
Das Haus setzte hierauf die Berathung des Eisenbahnetats fort. Abg. Richter (Hagen nahm mit Rücksicht auf die Ge⸗ schäftalage des Hauses von einer Berathung eines von ihm
bstand.
Der Abg. Virchow beantragte, die Forderung von 2000 000 S für den Centralbahnhof in Frankfurt a. M., die in zweiter Lesung bewilligt seien, abzulehnen. Es lägen ein⸗ mal die nöthigen Pläne noch nicht vor, außerdem sei die Aus⸗ gabe für den ganzen Bau so hoch, 28 H00 6090 , daß die e⸗ willigung derselben gründlich erwogen werden müsse.
inbesprochen bliebe. Allerdings seien allgemeine Diskussionen dafür oder dagegen praktisch ganz unfruchtbar, nur in Bezug
Berlin für dringend erforderlich halte. Er wünsche, daß der
einzigen Vortheil stelle die Regierung nur in Aussicht, daß aud
estellten Antrages über die literarische Thätigkeit der Beamten
dem Verkauf von entbehrlich werdenden Grundstücken ein Er⸗
lös von etwas mehr als 17 000 000 4 erzielt werde; dabei
müsse man aber noch bedenken, daß diese Verkäufe nicht auf einmal, sondern erst nach und nach stattfänden, sodaß man von dem Erlös noch Zinsbeträge in Abzug bringen müßte.
Redner bat die Staatsregierung besonders, nicht etwa gegen
Baden und Hessen als Inhaber der Polizeigewalt mit Zwang
vorzugehen und die betheiligten Regierungen gegen ihren Willen
zu den Kosten dieses Baues heranzuziehen. fe Der Regierungskommissar, Geheime Regierunga⸗Rath
Ileck bemerkte, daß die Zustände auf dem Bahnhofe der
Main⸗Neckarbahn derartige seien, daß der Staat, wenn es
sich um Privatbahnen handle, schon als Inhaber der Polizei⸗
gewalt hätte einschreiten müssen. Die steigenden Verkehrs—⸗ verhãltnisse machten das Bedürfniß nach Aenderung immer dringender. Wie unzureichend die Einrichtungen seien, be⸗ wiesen die zahlreichen Unglücksfälle, Entgleisungen und Zu— sammenstöße auf dem Bahnhofe, wobei außer zahlreichen Ver⸗ letzungen auch sechs Todesfälle von Beamten vorgekommen seien. Der Abg. Dr. Hammacher schloß sich den Ausführungen des Regierungskommissars an. Die Mehrheit der Budget⸗ kommission habe sich im Hinblick auf die geradezu gefahr— drohende Situatiun der Frankfurter Bahnhofsverhältnisse für den Umbau entschieden, und bitte er deshalb, den Beschluß der zweiten Lesung anzunehmen. ;
Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte, sich den Vor⸗ schlägen der beiden letzten Redner nicht anschließen zu können. Er könne die Position nicht bewilligen, weil damit implicite die große Anlage, welche mindestens 28 Millionen koste, be— willigt wäre. Eine solche Summe könne er nicht in einem Augenblicke bewilligen, wo die äußerste Sparsamkeit geboten erscheine. Auch könne er dem Vorschlage nicht zustimmen, so— lange das Verhältniß mit Baden und Hessen nicht geregelt sei. Aber man wolle auf diese beiden Staaten einen Druck aus— üben. Die Zustãnde in Frankfurt seien keineswegs derartig, daß Abhilfe unbedingt erforderlich ist. ⸗ ‚
Der Abg. Dr. Lasker, als Vertreter der Stadt Frankfurt
a. / M., hielt im Gegentheil diese Uebelstände für so erheblich,
daß Abhülfe geschaffen werden müsse. Die Unglücksfälle
seien häufig; man könne doch blos nicht deshalb für Ab⸗ lehnung der Position stimmen, weil zufällig noch kein Ab— geordneter dort. einen Unfall gehabt habe. Zum Schutze des reisenden Publikums, also im öffentlichen Interesse, müsse für eine Aenderung der kestehenden Verhaäͤltnisse eingetreten werden.
Der Abg. Dr. Virchow erörterte die Hoheitsrechte der einzel⸗
nen dabei in Betracht kommenden Staaten. Hessen habe noch vor Kurzem erklärt, es könne das Aussichts recht Preußens nicht anerkennen; ähnlich habe sich Baden schon früher aus— gesprochen. Es sei daher eine Regelung der Angelegenheit mit diesen Staaten erforderlich. So dringlich sei diefelbe nicht, daß sie sofort zum Abschluß gebracht werden müsse. Die Un⸗ glücksfälle seien keineswegs auf die Bahnhofsanlage zurückzu⸗ führen; die Verwaltung treffe die Schuld dafür, weil sie nicht die Bahnhöfe genügend überwachen lasse, er müsse daher sei⸗ nen Antrag aufrecht erhalten. —
Der Handels⸗Minister Maybach erwiderte, das Staats⸗ Hoheitsrecht Preußens zur Anlage dieses Bahnhofs sei nicht anzuzweifeln, übrigens hoffe die Regierung, daß es ihr gelingen werde, sich in freundlicher Weise mit Hessen und Baden zu verständigen. Hierin liege also kein Grund zur Ablehnung. Dazu komme, daß das Bedürfniß von allen Seiten überein— stimmend als sehr dringend hingestellt würde. Die Zustände gien unerträgliche auf dem Frankfurter Bahnhof, mit dem Bau des Central⸗Bahnhofs müsse sofort begonnen werden. Die Regierung würde es nicht verantworten können, noch ein Jahr mit dem Beginn zu warten, und bitte er das Haus drin— gend, den Antrag des Abg. Virchow abzulehnen und den Beschluß der zweiten Lesung aufrecht zu erhalten. sich Hierauf blieb das Haus bei den Beschlüssen zweiter Lesung
en.
Bei dem Etat der allgemeinen Finanzverwal— tung fragte Abg. Hr. Virchow, in welchem Stadium sich die Angelegenheit der Abfindung der hessischen Agnaten befinde.
Der Finanz⸗-Minister Hobrecht erwiderte, daß zwei Pro⸗ zesse noch schwebten, welche in erster Instanz verschieden aus— gegangen seien. Näheres über die materiellen Verhaltnisse
der Frage anzugeben, sei er nicht in der Lage. .
Beim Etat des Ministeriums der öffentlichen Ar— beiten erklärte auf eine Anfrage des Abg. Berger der
Handels-Minister Maybach, daß er dafür sein werde, die Frage wegen einer Bahnverbindung der Stadt Lübeck so zu fördern, daß sie möglichst bald im Sinne der Petenten von der Tagesordnung des Hauses verschwinde.
Beim Etat der Justizverwaltung kam Abg. von Ludwig unter wachsender Unruhe des Hauses nochmals auf die Verleihung eines Ordens an den Staatsanwalt Feige zurück, und erklärte sich durch die Entgegnungen des Justiz⸗ Ministers nicht für befriedigt. Der Redner wurde wiederholt durch den Präfidenten unterbrochen, und zur Sache gerufen. Schließlich sah sich der Präsident veranlaßt, unter Berufung auf die Geschäftsordnung das Haus zu befragen, ob es den Redner noch länger anhören wolle. Nachdem diese Frage von dem Hause verneint war, verließ der Abg. von Ludwig die Tribüne.
Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Dr. Horwitz, Zim—⸗ mermann, Kob und des Negierungskommissars Ministerial⸗ Direktors Rindfleisch wurde der Justiz-Etat bewilligt, desgleichen ohne Debatte die Etats des Kriegs- und des landwirhschaftlichen Ministerium s. Der Etat der Gestütsverwaltung wurde genehmigt, nachdem der Abg. Hundt von Hafften getadelt hatte, daß das Gestütswesen in erster Reihe dem Militärwesen zu Gute komme in der Weise, daß erst das, was die Armee nicht wolle, dem Lande und der Industrie zu Gute käme, während doch 985 Prozent aller
Pferde nicht vom Militär, sondern von der Industrie und der Landwirthschaft verbraucht würden.
Vom Regierungskommissar wurde entgegnet, daß die Ge⸗ stütsverwaltung auch den Bedürfnissen der Landwirthschaft stets die sorgfältigste Beachtung geschenkt habe; auch der Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten Hr. Frieden⸗ thal vertrat die bisher von der Verwaltung befolgte Praxis, worauf sich das Haus um 4 Uhr vertagte. ö
— In, der gestrigen Abendsitzung, welcher der Staats⸗Minister Dr. Falk und mehrere J. beiwohnten und die vom Vize⸗Präsidenten Klotz um 77, Uhr eröffnet wurde, ging das Haus der Abgeordneten zur Berathung des Kultus⸗Etats über. Der Abg. Frei⸗
KLultus⸗Ministers an, in welchen derselbe erklärt habe, daß in Bezug auf die kirchtichen Genossenschaften die Maigesetze milde ausgeführt würden. Redner könne die milde Ausführung nicht anerkennen; man predige den Kampf gegen Rom und bedränge die Kirche aufs Aeußerste. Ebenso wie der Minister durch die Ernennung der Herren Kögel und Baur umgekehrt sei, ebenso könne er auch bei den Maigesetzen umkehren. Redner schilderte das Verfahren des Ministers den Grauen Schwestern gegen⸗ über. In den Jahren 1871 — 3 seien noch 123 Schwestern neu eingetreten, in den letzten Jahren bis 1879 nur 38. Während dieser Krankenpflegeverein im letzten Kriege zur Krankenpflege im Ganzen 330 Schwestern habe beordern 6 würde derselbe jetzt kaum 30 stellen können. utterhause in Neisse befänden sich in den letzten Jahren mehrere Schwestern außerhalb, die nach ihrer Rück— kehr behindert seien, in das Mutterhaus einzuziehen, sie sollten dem Armenverbande überwiesen werden. Das Centrum verlange für sich nichts weiter, als die Freiheit der Kirche und des Wirkens ihrer Organe, die verfassungsmäßig garantirt seien und die bisher so segensreich gewirkt hätten. Abg. Virchow sage zwar, die Freiheit der Kirche stehe in seinem Katechismus nicht, aber gerade die Partei des Abg. Virchow habe mehr als jede andere die Aufrechterhaltung der Verfassung als Palla⸗ dium der Freiheit auf ihrem Schild gehoben. Redner berührte die Verhandlungen mit Rom und wiederholte eine frühere Versicherung, daß seine Partei sich von Herzen freuen würde, wenn es gelänge, über die Köpfe des Centrums hin⸗ weg mit Rom einen Frieden zu Stande zu bringen. Den Triumph gönne er der Majorität des Hauses sehr gern. Er befürchte nur, daß es eine Pyrrhussieg ein werde, denn die einzige unabhängige Partei im Hause sei nur noch die Cen⸗ trumspartei, Redner wandte sich sodann zu der großen Rede des Kultus⸗Ministers vom 15. Januar und widersprach nament⸗ lich der Auffassung, daß die Schule gegenwärtig besser gewor— den. Die alten Lehrer seien ungleich besser gewesen, wie die jungen; dagegen seien die Ausgaben für die Schulen in steti⸗ gem Wachsen, die Jugend sei verwildert und Attentäter hätten wir auch schon. Ohne religiöse Freiheit gebe es keine bürger⸗ liche Freiheit und die Aera des Kulturkampfes sei eine recht betrübende und unselige. Das jetzige System müsse auf—⸗ hören. Nachdem Redner dann eine Verfügung der Re— gierung in Oppeln, welche über die vielfachen Vergehungen der Lehrer, ihr Anstoß erregendes Privatleben, ihr Verkehrer in den Wirthshäusern u. s. w. tadelnd hindeute, zur Sprache gebracht hatte, griff er das System der Simultanschulen an und wies auf die Menge ungetaufter Kinder hin, für welche der Minister „heidnische“ Schulen werde errichten müssen. Er wisse übrigens nicht, daß man Hödel an die Rockschöße des Ministers gehängt habe. Der Minister habe ihn an die Röckschöße des Herrn von Raumer und an seine Regulative gehängt. Redner schiebt alle Verwirrung und alles Elend, welches jetzt herrsche, auf den Kulturkampf; der Kulturkampf müsse beendigt werden. Hierauf ergriff der Kultus-Minister Dr. Falk das Wort: Meine Herren! Sie werden es begreiflich finden, wenn ich alle die persönlicken Angriffe, die der Herr Abgeordnete eben vortrug, bei Seite lasse; Sie werden es um so erklärlicher finden, als ich, wenn noch viel derbere Angriffe aus demselben Munde gegen mich kamen, auch dazn geschwiegen habe. .Es ist in Wahrheit nur ein einziger Punkt, in Bezug auf den ich Veranlaffung habe, mich etwas eingehender auszulassen, das ist die Verfügung der Regierung zu Oppeln, von welcher ich weiß, daß sie auf allen Seiten des Hauses, natürlich nach verschiedenen Rich—⸗ tungen hin lebhaftes Interesse erregt. Ebe ich aber auf diesen Punkt übergzhe, gestatten Sie mir noch, ein paar einzelne Punkte richtig zu stellen. Nicht gegen mich, aber gegen den Abg. Serffardt war ein Angriff gerichtet, indem der Herr Abgeordnete einen, wie er sich ausdrückte, unwidersxrochenen Vorfall in Crefeld mittbeilte. Nun, meine Herren, ich habe die betreffende Zeitungsnummer gestern Abend bekommen; ob da Zeit war zum Widerspruch, das lafse ich dahingestelt; in dem Artikel habe ich ge— lesen, daß jenes Verlangen gestellt worden ist angeb⸗ lich in, der Handarbeit stunde, und der Korrespondent war viel rorsichtiger, wie der Abg. von Schorlemer⸗-A1Alst, er stellt das Alles in den Konjunktiv und sagte: so sind wir inzwischen be—⸗ richtet. Gestern stand es so gedruckt, nun sehen Sie, wie in 24 Stunden eine zweifelhafte Nachricht in eine positive Nachricht ver⸗ wandelt wird, Sie haben die Worte des Herrn Abgeordneten gehört. Dir Herr Abgeordnete hatte mir dann vorgeworfen, ich hätte die Zeit, die ich an dieser schweren Stelle stehe, selbst bezeichnet mit der Aera Falk.“ Ja, meine Herren, erinnern Sie sich doch, wie jenes Wort gesprochen wurde, anknüpfend an die Worte des Hrn. Abg. Perger, die ich Ihnen wörtlich vorgelesen babe, habe ich ironisch gesagt: so steht es mit der famosen Aera Falk.“ Meine Herren! Das ist ein Typus in Bezug auf die Behand— lung meiner Worte, die ich ver 3 oder 4 Wochen in diesem hohen Hanse gesprochen habe, nämlich ein Zeichen dafür, daß diese Worte in wirklich heilloser Weise verdreht, verkehrt worden sind. . Nun, meine Herren, wir baben ja ein Beispiel dafür, nicht in den eigenen Worten des Hrn. ron Schorlemer, sondern in den Worten einer sehr bekannten Zeitung. Das ist das, was ich von jenen unseeligen Menschen gesagt habe. Nun, meine Herren, wenn sich Jemand in die Lage versetzt, daß einem Minister solch ein Vorwurf gemacht wird, und er fragt sich, was sagst du zu diesem Vorwurf, so muß Jeder, der nur eine Spur der feinen Empfindung übrig hat, sagen, das ist der schmerzlichste, der kränkendste Vorwurf, der gemacht werden kann, und ich sage Ihnen, meine Herren, wenn ich an jenen Vorwurf zurückdenke, bäumt sich mein Herz in mir auf, und ich kemme immer dazu, mit aller Energie den Vorwurf zurück⸗ zuweisen. Es ist auch angedeutet, er sei nicht gemacht. Ei nun, Hr. Abg von Schorlemer, nehmen Sie doch einmal jenen Artikel der Germania“, der in die Form einer Adresse an die Höͤchste Stelle gekleidet war, in die Hand und lesen Sie ihn durch, und ich denke, Sie werden mit mir und der gesammten Presse von damals der Meinung sein, nicht zwischen den Zeilen, sondern in den Zeilen stand jener Vorwurf, und wenn ein großes Blatt so vorangeht, die kleinen Blätter übersetzen das sofort in das Prakische und sprechen den Vor⸗ wurf in der rundesten und unbedingtesten Weise aus. Dann beißt es wieder, ich hätte den mir an den Rockschooß gehängten Menschen anderen Menschen an den Rockschooß gehängt. (Sehr wahr! im Centrum.) Nein, meine Herren, das ist nicht wahr, es ist hineingetragen in meine Worte. Ich habe die Verpflichtung in mir gefunden, das zurückzu⸗ weisen mit voller Klarheit, ja, meine Herren, auch mit voller Schärfe, weil ich wollte, daß die Zurückweisung eine definitive sei, darum babe ich kein Mittel der Charakterisirung der Verhältnisse unterlassen. Wollen Sie aus meinen Worten Eines allenfalls folgern, nämlich das, daß es überhaupt eine nicht zu rechtfertigende ja eine ungerechte und unzulässige Beschuldigung sei, die That eines folchen Einzelnen in Verbindung zu bringen mit den Grundsätzen irgend welcher Unter ⸗ richts verwaltung, dann lasse ich mir das gefallen. Wenn Sie aber weiter gehen und behaupten, ich hätte gesagt, weil jener Mensch unter einem anderen Regiment erwachsen, sei jenes Regiment dafür verantwortlich, — so ist das in meine Worte hineingetragen, — und das nenne ich eben eine Verkehrung meiner Worte. Ich komme auf den Vorwurf in Bezug auf Oppeln. Der Hr. Abg. von Schorlemer hat einen Punkt besonders betont, das ist der
herr von Schorlemer⸗Alst knüpfte an die großen Reden des
meine neulichen Worte treffen in Bezug auf diejenigen Lehrer, von denen ich damals speziell gesprochen habe, nämlich in Bejug auf die⸗ jenigen Lehrer, welche, aus dem Seminar 1875 augscheidend, 1873 das Examen gemacht haben, für Oppeln gerade so zu, wie für alle anderen.
Was nun diese Verfügung vom 18. Dezember v. J. betrifft, welche die Regierung ju 6er. erlassen bat, so scheint es mir, als hätte der Herr Abgeordnete und diejenigen Herren, die ihm Beifall zugerufen haben, die Meinung gehegt, einen Angriff gegen mich unter= nommen zu haben, der gar nicht abgeschlagen werden könnte, weil er mich in Widerspruch setzte oder weil mich die Thatsachen in Wider— — seßten mit Demjenigen, was ich damals, allerdings auch mit 3 Ihnen vorgetragen babe. Der Herr Abgeordnete und die kiner Meinung wären, die irren. Vielleicht wird ihm die Möglich= keit des Irrthums schon klar, wenn ich ibm rersichere: an dem Tage als ich zu Ihnen über diese Frage fprach, kannte ich diese Verfügung der Regierung zu Opreln. Ja noch mehr, meine Herren, ich babe der Regie⸗ rung zu Oppeln vor jenem Tage gesagt, es sei ganz jweifellos, daß diefe Verfügung in die Oeffentlichkeit kemmen würde, worauf ich wenig. stens von dem Präsidenten dieser Regierung gebs 5 de Gedanke, diese Verfügung könne in die DOeffen fern gelegen hat, und daß l höchst Unerwünschtes, wenn das eintreten Nun, mein meine Prophezeiung an die Regi zu deln ist einge ist Wahrheit geworden; es ist in ges Prophezeie: gewesen. Meine Herren! Wir haben in diesem boten Sa oörtert, was es mit dem Amtsgehemni kesem Gebiete lich, für eine Bewandtniß bat. Meine Herren! Ich denke,
g ich nicht undankb diese Angelegenheit hier zur Sxrache geb * . st und wirksamer erscheint, ic spreche, als wenn ich in Ze offizielle Widerlegungen eintreter ü vielleicht auf den Gedanken kommen, daß seine Folgerungen nich ricktig gewesen sind. .
Gestatten Sie mir, meine Herren, einen ganz den Bezirk, um den es sich handelt, den Rezierungs
. h . S nee, 61 ĩ . gewöhnlich Oberschlesien genannt z . Weine Herren, seit lange, ja, ich möchte sagen, seit immer, i dieses Oberschlesien für die Unterverwaltung ein Gegenstand größten Schwierigkeiten und damit ein Gegenstand der
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gewesen — und, meine Herren, das ist erklärlich. ö 12 2 fr n 79 = 8 ; inige Momente anführen, sie ertlären neben Anderem: Bil dunasstand des weitgrößten Theils der 21 3
Denken Sie daran, wie es in diesem größten ie nichtdeutsche Sprache schwer ist, sich zu fördern si nken Sie an die großartigen Schwanku l er isus werden durch das Anwachsen der Indu einer Stelle plötzlich zusammenwirft Tausende noch eine viel zu kleine Ziffer — Zehntausende, we nicht fest sind, leichtgesinnter Arbeiter, eine Bert die von solchen Einflüssen berührt wird. eine Bevölkerung, bis dahin in weit größtem Maße die Lehrer hervorgegangen sind un in der die Lehrer zum weit größten Theil leben! Denken Sie weiter wren. e dan Land begren t ist von iwei fremden Staaten. — k LEbr 'erklärlich, wenn über den Zustand des Vol sschulwesens in Oberschlesien seit lange Klagen erhoben sind. Meine Herren, eine geraume Zeit zum mindesten, ehe ich das Amt eines Kultu—⸗Ministers übernahm, sind in diefen Räumen die Klagen über das Schulwesen in Oberschlesien laut geworden und ich glaube, es ist mancher auf dieser Seite (rechts) der diese Klagen laut erhoben hat. ö . Nun, meine Herren, bitte ich dech eingedenk zu sein Hinweises, den ich mir neulich erlaubte auf diejenigen Urs denen mitbedingt ist diese traurige Erfahrung in Bezug auf wicklung und die Haltung des Lehrerftandes.“ Von allen der menten, die ich damals andeutete, wird kaum eines sei Oberschlesien nicht zuträfe, und die schwerwiegendsten werder von denen wir sagen müssen, daß sie in Oberschlesien ganz zutreffen. Meine Herren, kann es da nicht sein, daß die der Volkeschulverwaltung in Oberschlesien sich und andauernden Nachtheil unterscheiden von den Zustäsden in den beiden Nachbarbezirken Breslau und Liegnitz, ja, sich uz terscheiden alt ron allen Sckulbezirken der ganzen preußischen Monarchie? Ich denke, gar zu überraschend ist es nicht, wenn ein solches Verhältniß hervortritt. „Ich kann allen Schulbehörden das Zeugniß geben, daß sie der— artige schwerwiegende Verhältnisse stets im Auge behalten und nach allen Kräften das ihrige dazu getban haben, um zu bessern. Meine Herren, das gilt von dem Ober ˖⸗Präsidenten von Oberschlesien. Es ift unter ihnen, soweit ich sie kenne, nicht einer gewesen, der diese Verhältnisse nicht mit Ernst ins Auge gefaßt hat, und jetzigen Ober Präsidenten gilt das nach einer Reihe die mir geworden sind, ganz besonders. Die Kreis, S die seit wenigen Jahren in Oberschlesien, alle wirken, Spitze
1 . N yr n Beweisen, =
zu bin der
Strebens nach
reilich, wenn
; ; bg gewesen irt als ein Mittel der Angriffe gegen mich, der letzte Panfkt ist, so meine ich wenigstens, der aus mir wohlgesinnteren Kreisen heraus das Befremden begründet hat, mit welchem diese Verfügung erfüllt. Was mich betrifft, so wollen Sie mir gestatten, nur ein paar Fragen aufzuwerfen, die ich selbst nicht unterdrücken konnte. Die Fragen: war wohl eine solche Motivirung nothwendig, um den Satz, mit dem sie schließt, nämlich daß die Kreisschulinspektoren in für- zester Frist über alle Ver gehmungen der Lehrer im Protokoll auf— nehmen sollen ꝛc. — das ist ja das Wesentliche — zu begründen, namentlich, wenn man auf den verschiedenen Lehrerkonferenzen dieser Bezirke Aehnliches durch den Mund der Komminarien der Regieruug bereits hatte, nicht einmal, sondern wiederholt, aussprechen lassen. Berichte über diese Konferenzen sind reichlich ias Land gebracht, die schlesische Volkszeitung beispielsweise ist ein in dieser Beziehung auß ordentlich gewissenbaftes Blatt, das registrirt Alles, und aus ihr hab ich denn auch meine Kenntnisse in dieser Beziehung gewonnen. Ich habe mich dann gefragt; war diese Verfügung geschickt, ist das ein Stil, in dem man von Staatsbehörden spricht, und ist es nicht eigentlich der Stil eines Blattes, welches den Kultus ⸗Minister: Falk anzu⸗ greifen zu seiner Regel gemacht hat? Ich habe mir weiter noch die viel schwerer wiegende Frage vorgelegt, ist diese Verfügung, diese Begründung objektiv gefaßt und darum gerecht, ist sie nicht vielmehr in Wendungen gefaßt und in Häufungen von Einzelheiten, daß man nicht denken muß, es ist allerdings eine große Zabl von Herren dort fehlsam gewesen, aber eben doch nur verhältnißmäßig ein kleinerer Theil, jondern daß man eigentlich den Eindruck hat, daß der ganze oberschlesische Schullehrerstand nichts taugt. Hat man nicht den Eindruck, daß, wenn ein solches Wort hinausgeworfen wird, ein Mißtrauen aller Eltern gegen die Lehrer hervorgerufen werden muß, und ist das wohl verdient? Meine Herren! Diese Fragen habe ich mir vorlegen müssen, und andere auch. Nun ich meine, sie zu be⸗ antworten, ist hier nicht der Ort, das ist an einer anderen Stelle recht und an dieser anderen Stelle ist es nöthig, sie zu erwägen. Ich kann mich diesen Bemerkungen mit dieser indirekten Kritik — so will ich mich ausdrücken — begnügen, weil ich in der Sache
Punkt in Bezug auf die Wiederholungsprüfung. Meine Herren,
außerordentlich mit der Regierung einverstanden bin, und weil