Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 14. Februar. Die Rede, welche der Handels⸗Minister Maybach in der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten bei der Berathung des Generalberichts der Budgetkommission gehalten, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Herren! Gestatten Sie mir, daß ich dem etw fübhrlicheren Vortrage über die Eisenbahnfrage, wie sie genannt wird, einige Bemerkungen vorausschicke.
Der Herr Referent der Budgetkommission bat sein Befremden darüber ausgesprochen, daß in der Kemmission bei der Berathung des Gegenstandes die Regierung blos durch Kommissarien und nicht dur wil
er Tragweite angegangen werden würde; ich habe auch nicht int, daß mit Bezug auf den Passus in der Thronrede, in wel⸗
a gesagt worden, daß — treu dem System, welches die Regierung bis dahin befolgt, — eine Eisenbahnvorlage an das Haus in Aus— sicht genemmen sei — vorausgesetzt, daß es möglich sein werde, sie rechtzeitig festzustellen daß, an diesen Passus anknüpfend, jetzt schon in eine Erörterung der P. inzipienfrage eingetreten werden würde. Ich war der Ansicht, daß, wie in andern Dingen praktischer es sich auch in dieser Frage empfehlen würde, an der Hand
gen Prinzipien fragen zu erörtern. Weshalb jene jetzigen Session nicht an das Haus gelangt, daruͤber r, im weiteren Verlaufe mich auszusprechen.
In der That, — wie die Sache jetzt liegt — ist die Erörterung nur von akademischem Werthe. Gewiß können verschiedene Ansichten, — und sie sind ja auch hier laut geworden — über die Art, wie wir unser Eisenbahnwesen zu entwickeln haben, Platz greifen. Es ist nicht gut möglich, in akademischer Erörterung sich über Dinge, welche so eminent praktischer Natur sind, zu verständigen. Dagegen wird es viel leichter sein, an der Hand der einzelnen Vorlagen selbst diese Verständigung, die wir lebhaft wünschen, mit Ihnen herbei⸗ zufübren.
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Ich möchte dann noch einen zweiten Punkt zur Richtigst-llung Abg. Richter (Hagen) bat gestern mit Bezug auf die
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rerstreuen. Das ist aber eben die Folge der unseligen senbahn⸗Jndustrie, die uns die Jahre nach Abschluß des ichen Keieges gebracht haben. kemme zur Sache selbst und muß da bevorworten, daß ich mir gewisse Schranken auferlegen muß in den Mitth ilungen, welche ich hier zu machen habe. Ich lege mir Schranken auf, einmal gegen⸗ über versänlichen Angriffen, welche mir ja in einem seltenen Teichen Maße zu Theil geworden sind. Ich denke, daß diese Angriffe an mich nicht beranreichen, und lehne es ein für alle Male ab, auf lche Angriffe irgend etwas zu erwidern. Ich will nicht das bekannte Bild gebrauchen, welches hier im hohen Hause gebraucht worden ist, von dem Reiter, der durch ein schmutziges Dorf reitet, ich halte, meine Herten, an dem Grundsatze fest: thue recht und scheue Niemand, i daß der Mann, welcher für den König und das Vater⸗ lacht geht, auch den Pulverdampf nicht scheuen darf, übelriechend ist. Ich weiß auch nicht, meine Herren, zeutige Berathung sehr geeignet ist, die Verhand⸗ i i
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tig wir mit einzelnen Sesellschaften pflegen, sehr ch hätte mir eigentlich wohl die Frage vor⸗
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legen können und müssen, und habe sie mir auch vorgelegt, — ob es nicht dem Staatzinteresse förderlicher sei, mit der Erklärung heute zu schließen; Meine Herren, ich bitte abzuwarten, bis wir mit prak—⸗ tischen Vorlagen an Sie herantreten, in akademische Erörterungen darf ich mich beute nicht einlassen. Indessen auch ich fühle das Be⸗ dürfniß, mich doch etwas weiter ausiusprechen.
Eine weitere Reserve muß ich mir auferlegen mit Rücksicht darauf, daß, wie Sie sich denken können, für einen Beamten, der ein Vierteljabrbundert im Eisenbabndienst thätig gewesen ist, in den verschiedensten Provinzen des Staatz und in den verschiedensten Stellungen, der also mit den Verhältnissen des Eisenbabnwesens, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt baben, ziemlich gut bekannt sein muß, die Versuchung sehr nabe liegt, auch auf verschiedene Nebenpunkte, die ich nicht näher berübren will, einzugehen, um das zanze Gebiet sachlich zu erörtern. Allein wollte ich dieser Ver⸗ suchung folgen, so würden Sie mich mit Recht einer geringen Rücksichtnahme auf die Geschäftslage des Hauses zeihen, und ich glaube. es würde in der Sache auch nichts nützen.
So weit es nothwendig sein wird, über einzelne Punkte noch speziellere Auskunft zu geben, werden meine Herren Mit⸗ arbeiter dazu bereit sein. Ich schicke weiter voraus, daß der Paffus in der Thronrede, welcher ausspricht, daß unter Um⸗ ständen eine Eisenbahnvorlage zu gewärtigen sei — ich bitte, diesen Paffut vorlesen zu dürfen, um Ihnen denselben in die Erinnerung zu bringen:
Im Interesse der Landeswohlfabrt erweist sich eine kräftigere Zusammenfassung und Ordnung des Gisenbahnwesens, sowie die Ergänzung des vaterländischen Eisenbahnnetzes ia verschiedenen Theilen des Staates als unerläßlich. Sofern, wie gebofft wird, die behufs demrächstiger Ueberführung wichtiger Aktien Eisenbahn⸗ Unternehmungen in die Hände des Staats und für den Bau einiger besonders dringlicher Eisenbahnlinien eingeleiteten Vor⸗ arbeiten bei Zeiten zum Abschluß gelangen, wird Ihnen eine des⸗ fallsige Vorlage zugehen.
— daß dieser Passus den Standpunkt der Königlichen Staatzregie⸗ rung bezeichnet, welche an dem festhält, was sie im Jahre 1876 gelegentlich der Vorlage wegen Uebertragung des Eigenthumzrechtt des preußischen Staats an das Reich ausgesprochen hat, nämlich daß sie, sofern das Reich auf die preußische Anerbietung nicht eingehen möchte, es für nothwendig halte, im eigenen Lande mit denjenigen Maßregeln vorzugehen, welche das eigene Interesse gebietet. Ich darf als bekannt voraußsetzen und, bei wem noch ein Zweifel darüber obwaltet, der wird es ja durch die Presse genügend erfahren haben, daß der Gedanke, Reichseisenbahnen ins Leben zu führen in dem Umfange, wie sie das Gesetz rom 6. Jani 1876 ins Auge gefaßt hat, bei unseren verbündeten Regierungen nicht den Anklang gefunden hat, auf den man glaubte rechnen zu dürfen. Es liegt, meine Herren, ich glaube es auzsprechen ju dürfen, es liegt keinerlei Anlaß vor, nach irgend einer Seite eine Pression ju üben. Wir wollen ja alle Rücksicht nehmen auf die verbündeten Regierungen; indessen es wird uns nicht zu verdenken sein, daß wir uns in unserem Hause selbst vorläufig so einrichten, wie es unserem Interesse entspricht. Die Staatsregierung hat mit jenem Satz aussprechen wollen, und sie wiederholt es durch meinen Mund, und zwar, wie ich sagen kann, in einem Beschluß, den das Staasministerium gefaßt hat, daß sie die Durchführung des Staats⸗ cistababn⸗Systems sich zur Aufgabe stellen will in demjenigen Um⸗ fange, welcher in jener Vorlage von 1876 bezeichnet worden ist, d. h. in Bezug auf die Hauptlinien des Eisenbabnnetzes.
Meine Herren, wie stehen denn die Dinge heute? Ich stimme dem, waz der Herr Abg. Nasse gesagt hat, „wir haben in Bezug auf diese Frage nicht mehr freie Hand“, vollkommen bei. Wir befinden uns in der That in dem Staatseisenbahn⸗System, in dem Sinne, den ich vorhin bezeichnet habe; allerdings gebe ich zu, nicht in einem vollkommenen Staatseisenbahnsystem, sondern in einem, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, verkrüppelten, und jwar nicht zum Nutzen weder der Staatsbahnen noch der Privatbahnen. Sie haben seiner Zeit die Zustimmung gegeben zur Ausführung der großen Linie von Berlin nach Wetzlar. Die Linie Berlin⸗Wetzlar, und es ist auch damals, wenn ich nicht irre, in der Verhandlung ausdrücklich hervorgehoben worden, bedeutete nach meiner Auffassung in der That den Uebergang zum Stagtzeisenbabnsystem. Sie hatten ein Netz im Osten, Sie hatten ein Netz im Westen, welches durch die Staats⸗ bahnen der einverleibten Länder verstärkt worden war. Es fehlte aber die richtige Verbindung; eine solche sollte hergestellt werden, und diese Verbindung war die Linie Berlin⸗Wetzlar. Sie ist damals bejeichnet worden als das Rückgrat des Systems, welches noch der Ausführung bedürfe. Es ist das richtig, es ist aber blos der Rück— grat, es fehlen noch die Rippen, vielleicht auch etwas Fleisch. Die Vorlagen, welche jetzt an das hohe Haus bisher gelangk sind, ich er⸗ wähne die Vorlage der Homburger Eisenbahn, stehen mit dem großen Gedanken, der damals ausgesprochen ist, in keinem Zusammenhang; sollte diese Vorlage hier zur näheren Erörterung kommen, so wird es leicht sein, Ihnen das auszuführen. Ich glaube auch, wenn ich nicht irre, aus der Budgetkommission vernommen zu haben, daß man der Vorlage selbst eine eisenbahnpolitische Bedeutung nicht beimesse, sondern daß sie, und das ist sie auch, nur cine Vorlage ist, welche aus technischen, rechtlichen und finanziellen Gründen sich empfiehlt. Darüber, ob sie nach rechtlichen Gesichts punkten empfehlenswerth, ob sie finanziell zu billigen, ob sie technisch nothwendig, darüber können die Ansichten ja auteinandergehen, und ich hoffe, daß wir über diesen Punkt bei der näheren Berathung uns noch mit Ihnen werden aut einandersetzen können.
Auch eine andere Bahn, von welcher Ihnen mitgetheilt sein wird in den Zeitungen, und ich kann das bestätigen, daß ihre Er⸗ werbung für den preußischen Staat in Aussicht genommen ist, ich meine den hessischen Theil der Main⸗Weser⸗Bahn, welche sich in preußischer Staatsverwaltung befindet auf Grund des nach dem Frieden abgeschlossenen Vertrages, hat keine eisenbahnpolitische Be—⸗ deutung. Wir sind mit der Großberzoglich hessischen Regierung wegen des Erwerbz dieser Bahn in Verhandlungen getreten schon 1867, diese baben damals keinen Erfolg gehabt; wir haben uns im Laufe der Zeit immer mehr überzeugt, es für beide Theile wünschenswerth sei, im Interesse und auch im Interesse der
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und gemacht, daß es sein würde, nachdem wir Hannover und Kurbessen erworben hetten, elnzutreten in die Erörterung, wie nun eine wichtige Eisenbahnverbindung mit diesen neuen Landestheilen und zwar für Staatsrechnung herzustellen sein möchte. Ich würde da⸗ mals — und ich habe das auch, ich kann es aktenmäßig nachweisen — mich dafür ausgesprochen haben, daß man die Linie von Berlin nach Lehrte schon damals für Staatzrechnung unternommen hätte. Es war das aus wirtschaftlichen wie auch aus politischen Gründen eine, meiner Ansicht nach, sehr naheliegende Maßregel. Die Verbindung des östlichen und des westlichen Netzes empfiehlt sich — ich darf aus dem Grunde, den ich vorhin angeführt habe, nicht zu ausführlich
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sein — aus technischen, wirthschaftlicher und finanziellen Gründen. Die technischen liegen für jeden, der Eisenbahnverständiger ist, außer. ordentlich nahe. Ich kann geradezu sagen, daß, wären die öftlichen und die westlichen Staatgeisenbahnnetze in der Hand einer Privat. eisenbahngesellschaft, ich es ihr durchaus nicht verdenken würde, wenn sie mit allen Mitteln dahin strebte, diese zwischenliegenden Glieder, welche die Entwickelung und die Fruchtbarkeit ihrer Hauptlinien hindern, in ibre Hand zu bringen. Es wird mir das, wie gesagt, jeder Gisenbabnverstäundige bestätigen.
Wirthschaftlich halte ich den Erwerb solcher Bahnen für er⸗ wünscht, weil Lurch Verminderung in den Betriebskosten, Verein- fachung der Organisation, durch bessere Ausnutzung des vorhandenen Materials sich Vortheile erreichen lassen, welche den Finanzen so gut wie dem Verkehr zu Gute kommen.
Wenn Sie mich nun fragen, ja, wie denkt ihr denn mit dem Erwerb solcher Bahnen vorzugehen? Auch hier kann ich wiederum nicht zu viel sagen, aber der Gedanke ist der — ob wir ihn verwirk⸗ lichen werden, weiß ich ja nicht, weil uns bindende Beschlüsse der betreffenden Faktoren noch nicht vorliegen — der Gedanke ist der, daß wir dem schwankenden Kredit solcher Gesellschaften den guten Kredit des Staats zu einem billigen Preise suhstituiren in Form einer Rente. Diese Rente würde nach der Auffassung der Regierung und nach den angestellten Erörterungen nicht allein kein Nachtheil sein für die Staatskasse, — und insofern kann ich also Diejenigen beschwichtigen, welche aus folcher Erwerbung eine Verminderung der gegenwärtigen Rentabilität der Staatsbahnen befürchten, — sondern sie würde bei vollster Rücksicht.⸗ nahme auf die Verhältnisse der Aktionäre im Stande sein, dem Staat einen Vortheil zuzuführen, indem, wie gesagt, wirthschaftliche Ersparnisse ermöglicht werden, die nicht gering anzuschlagen sind, dadurch, daß wir J. B. Doppelbauten, die wir jetzt, wenn das bis⸗ berige System bestehen bleibt, in mehr oder minder großem Umfange auf Kosten des Staats und auch der Gesellschaften würden vorneh— men müssen, ersparen können.
Wenn Sie sich die Eisenbahnkarte ansehen, die ich die Ehre ge⸗ habt habe, dem hoben Hause zu überreichen, so werden Sie bei oberflächlicher Prüfung sich sagen müssen: die Entwickelung unseres preußischen Eisenbahnwesens bei Ausbau des Gesammtnetzes hat nicht denjenigen Fortgang genommen, den man im Interesse des Landes eigentlich hätte wünschen müssen — ich meine nicht in Bezug auf die Zahl und die Ausdehnung der Linien, sondern in Bezug auf eine Menge von Linien, die man besser unterlassen hätte, in Bezug auf eine Menge von Bauten, von Anschlußbahnhöfen u. s. w., die man auch besser hätte unterlassen können. Es ist das, meine Herren, ein Grund, weshalb viele unserer Privatgesellschaften augenblicklich unter dem Druck der Zeit doppelt scufjen und wir haben alle Ur— sache, alles zu vermeiden, was dazu beiträgt, dieses System dez Doppelbaues und Doppelbetriebes — ich will sagen des Fahrens mit zwei Pferden, wo man mit einem auskommen kann — zu pflegen, denn darauf beruht vorzugsweise die Leistungefähigkeit, auch im Tarif⸗ wefen der Eisenbahnen.
Sie werden weiter fragen: wie kann man sich eine Organisation denken eines so großen Eisenbahnnetzes? Es ist, ich weiß nicht auf wessen Veranlassung, in der Presse mir einmal in den Mund gelegt worden: ich hätte mich dahin ausgesprochen, daß ein Netz von über 29 Meilen — ich will dieses Längenmaß einmal gebrauchen — nicht füglich von einer Direktion, von einer Provinzialstelle ver— waltet werden können. Ich nehme Veranlassung, diese Worte, welche in der That von einer Unkenntniß der Verhältnisse zeugen würden, hiermit ausdrücklich zu dementiren. Ich habe bei Gelegen⸗ heit der Berathung des Etats Ihnen bereits mitzu— theilen die Ehre gehabt, daß wir darüber nachsinnen, wie wir die Organisation der Staatsbahnen, nicht im Sinne der Centialisatson, wenigstens nicht über das Maß binaus, was für gewisse Gegenstände centralisirt werden muß, sondern im Sinne der Decentralisation zu bewirken gedenken. Wir wänschen Behörden zu haben, welche mit den nöthigen Kompetenzen ausgestattet, ein ange⸗ messeneg Verkehrsgebiet in einfacher, beweglicher Weise erwecken, — und das nicht allein, sie sollen in Bejug auf die Maßregeln, die sie im wirthschaftlichen Interesse ergreifen, Fühlung behalten mit den Bedürfnissen des Lebens, sie sollen nicht vom grünen Tisch aus re⸗ gieren, sie sollen mit denjenigen Vertretern des Verkehrs, welche bei ker Entwickelung des Eisenbahnwesens ein lebhaftes Interesse haben, in fruchtbringender Verbindung bleiben. Sie werden ver⸗ nommen haben, daß es die Absicht der Regierung ist, einen. Eisenbahnrath einzusetzen. Er ist gestern ein Wirthschastsrath von Interessenten genannt worden. Ja, meine Herren, Interessenten beim Eisenbahnwesen sind wir Alle, entweder als Produzenten oder alt Konsumenten; einen Wirthschaftsrath zu konstituiren, in dem kein Interessent sitzt, ist nach Lage der Dinge nicht möglich; es wird nur darauf ankommen, die Mischung so zu gestatten, die Auswahl auf Männer zu lenken, von denen wir an⸗ nebmen können, daß sie mit möglichster Objektivitat das Interesse des Verkehrs und das Wohl des Staats ins Auge fassen.
Ich will binzufügen, daß es auch nicht die Meinung ist, diesen Eisenbahnrath, welcher ja in bestimmten Fällen gehört werden soll, wirken zu lassen ohne Theilnahme der Übrigen sonst betheiligten Ressortministerien. Ich habe an den Herrn Finanz⸗Minister, an den Herrn landwirthschaftlichen Minister und an den Herrn Kriegt⸗ Minister das Ersuchen gerichtet — und es ist dem ent— sprochen worden, — auch Vertreter ihres Ressorts den Ver— handlungen zujuordnen, damit nicht einseitige Beschlüsse gefaßt, einseitige Gutachten vorgelegt werden. Ich denke mir, meine Herren, daß dieser Wirthschaftsrath — Sie werden vielleicht gelesen haben, daß ein solcher kurzlich auch im Königreich Württemberg ins Leben getreten ist — sehr entwickelungs fähig sein wird. Wir haben jetzt schon eine Tarifkommission für das Deutsche Reich. Man kann sogar so weit gehen — ich will das nicht positiv behaupten, aber man kann den Gedanken verfolgen, und ich hoffe, er wird sich ent⸗ wickeln lassen, — daß im Laufe der Zeit dieser Wirthschaftsrath eine gesetzliche Basis erhält sowohl in Bezug auf seine Zusam⸗ mensetzung, wie in Bezug auf seine Wirksamkeit. — Wir haben in anderen Ländern — es ist von konstitutionellen Garantien gesprochen — eine Einrichtung gehabt, ich will Hannover geradezu nennen, weil es schon einmal früher hier angeführt worden ist, wo Kommissarien der Landesvertretung immer Einblick in den Lauf der Verwaltung erhielten und bei gewissen Tarifmaßregeln um ihre Zustimmung ge⸗ fragt wurden. Sollten wir inzwischen nicht im Reiche so weit kommen — ich komme darauf gleich —, dann läßt sich ja denken, daß junächft unter Zutritt auch von Mitgliedern dieses hoben Hauses, wie des anderen Hauses, dieser Wirthschaftsrath sich zusammensetzt, um — was für den Minister doch außer— ordentlich angenehm sein muß — ihm die Verantwortung zu erleichtern, ihm Gutachten zu geben, ihm die Gewißheit zu ge⸗ währen, daß er nicht einseitig vom grünen Tische aus urtheilt. Wenn Jemand dag Bedürfniß fühlt, sich in dieser Beziehung auf einen sachverständigen objektiven Beirath zurückziehen zu können, nicht um mir die Verantwortlichkeit abnehmen zu lassen, sondern um vor mir selbst die Ueberzengung zu haben, daß ich das Richtige getroffen habe, — so bin ich es.
Ihre Kommission, meine Herren, schlägt Ihnen nunmehr vor, Sie sollen in den verschle benen Resolutionen die Regierung auffor⸗ dern, abzusehen unter den gegenwärtigen finanziellen and wirthschaft⸗ lichen Verhältnissen vom Erwerb von Vollbahnen, h solle Unter⸗ suchungen anstellen über die zwedmmäßige Art der Ausführung der Sekundärbahnen, und auch in wie weit die Staatskasse sich dabei betheiligen kann.
Ja, meine Herren, ich muß gestehen, daß dieser Antrag für den Handelt ⸗Minister in gewisser Beziehung etwas Anmuthendes hat; er verheißt ihm eine gewisse Ruhe in den nächsten Jahren, und bei der Ueberlastung der jetzigen Zeit könnte ich mir ja schon diese Ruhe gefallen lassen. Allein, meine Herren, Ruhe auf diesem Gebiet ist Rückschritt; ich kann deshalb auf eine solche Ruhe nicht eingehen.
Ich habe eben berührt — ich will das noch einschalten — wie sich etwa in Zukunft beim Reich die Sache gestalten durfte;
In der Kommission ist von mir bereits erklärt, und das in dem bohen Hause wiederholt, daß von der preußischen Regierung die Initiative ergriffen sei für die Ausarbeitung eines Gesetzes über das Gisenbahnwesen im Reich, über einen Reichseisenbahn⸗Rath, einen konsultativen Körper, der nach bestimmten Vorschriften des Gesetzes gehört werden muß, — und endlich über einen Gerichtzhof, welcher entscheiden soll über gewisse Differenzen zwischen Privat⸗ und Staats. bahnen und mit der Aufsichts behörde. Ich darf Ihnen heute die Mittheilung machen, und glaube damit nichts Verbotenes zu thun, daß die Sache nicht mehr im Schreibtisch sich befindet, sondern daß dieser Vorschlag nunmehr mit dem Antrage Preußens an den Bun⸗ desrath gelangen wird, eine Kommission einzusetzen, welche sich der Berathung dieses wichtigen Gegenstandes widmet, eine Kommission, welche sich zusammensetzt aus den hauptbetheiligten Staaten, — welche das Recht hat, Sachverständige zu hören, Gutachten einzu⸗ ziehen, und welcher die Entwürfe. die hier in Preußen ausgearbeitet wurden, als Material und Anhalt überwiesen werden sollen.
Ich darf annehmen, daß dieser Vorlage die Zustimmung der verbündeten Regierungen nicht fehlen wird, und darf dann auch an— nehmen, daß aus diefen Berathungen ein bestimmtes Resultat zu Tage treten wird, hoffen wir, daß dieses Resultat ein gutes sei. Jedenfalls aber glaube ich das annehmen zu dürfen, daß der Weg, den wir für das Staatsbahnwesen in Preußen beschreiten, wesentlich förderlich sein wird für die Ordnung des Eisenbahnwesens im Reiche, und das erkenne ich als eine meiner Hauptaufgaben, dahin zu wirken, daß das Reich in alle seine verfassungs mäßigen Rechte eingesetzt wird; auch erkläre ich wiederholt, daß die preußische Regierung nicht daran denkt, sich mit ihrem Staatseisenbahnkompler, wie groß er auch sein möge, der vollen Einwirkung des Reichs zu entziehen.
Ich würde dann zugleich das Glück haben, der Aufsicht über die Privatbahnen entledigt zu werden. Es ist wiederholt in diesem hohen Hause ausgesprochen, und irre ich nicht, so ist es auch gestern bereits zum Ausdruck gekommen, daß es für den Eisenbahn⸗Minifter, wie er genannt worden, eine außerordentlich schwierige Aufgabe ist, nach keiner Seite anzustoßen. Es ist das eben eine ö des gegen⸗ wärtigen Systems. Es tritt mir Seitens der Privatbahnen Miß— trauen entgegen, wo ich es nicht erwartet habe, wo ich bestrebt bin, ihnen klar zu machen, daß ich mich vollkommen als Minister nicht blos für die Staatsbahnen, sondern auch für die Privatbahnen fühle, daß ich glaube darauf halten zu müssen, daß, so lange Privat⸗ bahnen existiren, ihnen ihre Rechte auch nicht verkümmert werden. Ich habe den Beweis geliefert und könnte den Beweis auch heute führen, daß ich eine widernatürliche Konkurrenz der Staatsbahnen gegen die Privatbahnen nicht will. Allerdings gehe ich nicht so weit, auch dazu meine Zustimmung zu geben, daß im Interesse des Ver⸗ kehrs, sondern im Interesse der Finanzen der Privatbahnen, Ablen— kungen des Verkehrs von der ngtürlichen Route, der Staatsbahn⸗ route, auf Privatbahnrouten zugelassen werden, denn das würde in der That eine Staatsunterstützung sein für die Privatbahnen, welche ich nicht würde billigen können, und, wie ich denke, auch die Mehr— heit des bohen Hauses nicht.
Die Vorbereitungen, welche von uns getroffen waren, um mit einer ausführlicheren Vorlage an das hohe Haus zu treten, sind bis⸗ her zu meinem Bedauern noch nicht so weit gefördert, daß es mög⸗ lich sein würde, namentlich bei dem vorgerückten Stande der Session, in dieser Session noch vor Sie gebracht zu werden. Ich kann auch nur wiederholen, daß es mißlich ist, jetzt schon über den Ausgang der schwebenden Verhandlungen sich zu äußern. Die Ansichten, über das, was vortheilhaft und was nicht vortheilhaft ist, gehen ja auseinander.
An diese Vorlage würde sich allerdings geknüpft haben eine
Vorlage über die Ausführung und Subventionirung verschiedener Sekundärbahnlinien, welche wir als den Ausbau des jetzigen Eisen⸗ bahnnetzes zur Wohlfahrt des Landes für erforderlich erachten; wir hegen die Hoffnung, aus den Mitteln, welche uns noch zu Gebote stehen, aus Ersparnissen und ebenso aus den Mitteln, welche uns durch den Erwerb von Privatbahnen und durch den Umstand, daß der Staat gerade durch solche Erwerbungen besondere Mittel zur Verfügung erhalten könnte, das Sekundärbahnwesen in Preußen er—⸗ heblich ju fördern, sei ez, indem man Linien, für die andere Unter⸗ nehmer mit Räcksicht auf die geringe Leistungsfähigkeit der betreffen⸗ den Landestheile sich nicht finden, für Staatsrechnung unter Beihülfe der Interessenten baut, sei es, indem man eine Subvention an Privatunternehmer gewährt, die den Interessenten es möglich macht, die betreffenden Sekundärbahnlinien zur Ausführung zu bringen.
In Bezug auf die Entwickelung unseres Vollbahnwesens sind wir vielleicht am Ende, die Spekulation ist erschöpft, aber wir sind nicht am Ende, wir stehen vielmehr erst am Anfange mit der Aus⸗ a derjenigen Linien, welche ich als 6 der Vollbahn⸗ linien betrachte. Die aus allen Theilen des Landes nicht blos an mich, sondern schon an meinen Vorgänger in großer Menge gelangten Anträge beweisen mir, wie sehr das Land das Bedürfniß hat, solÜcher Verkehrswege theilbaftig zu werden. Wir haben uns bemüht — das ist ja auch in der Kommission zur Sprache gekommen — mit den Ressorts des Reichs — mit der Post⸗ und Telegraphenverwal tung und mit der Militärverwaltung — uns zu verständigen über diejenigen Erleichterungen welche wir zur Förderung des Sekundärbahnweseng glauben in Anspruch nehmen zu müssen. Diese Verständigung ist gelungen; wir haben eine feste Basig für die Zukunft gewonnen, und ich hoffe, daß, wenn auch nicht sofort, aber doch im Laufe der Zeit, vermöge einer gewissen Aehnlichkeit der Fälle die nöthige Unterlage gewonnen wird, um nach festen gesetzlich zu erkennenden Prinzipien dem Sekundärbahnwesen uns gegenüberstellen zu können. .
Wenn die Regierung ausspricht, daß sie in dem vorhin angedeu⸗ teten Sinne sich dem Staatteisenbahnsystem zuwendet, so befindet sie sich, wie ich glaube, im Einklang mit den besten Traditionen der preu⸗ ßischen Verwaltung, mit dem ganzen bisherigen Gange der Gesetzgebung, mit der Entwickelung des Cisenbahnweseng und auch mit der Haltung dieses hohen Hauses selbst. Gestatten Sie mir, meine Herren, zu diesem Zwecke einen kurzen Rückblick auf den Verlauf der Entwicke⸗ lung unseres Cisenbahnweseng, namentlich auch in Bezug auf die Gesetzgebung. Das Gesetz vom Jahre 1838, welches ja aus staats—⸗ rechtlichen Gründen, die Ihnen bekannt sein werden, den Ausbau von Staatsbahnen noch nicht ins Auge fassen konnte, hat nur den Bau und den Betrieb der Privateisenbahnen ins Auge fassen können. Allein, obgleich anser Vorbild England — es hat ja bei . Manches autz England übernommen werden müssen, weil wir no nicht Erfahrungen genug hatten — den Gedanken, daß die Bahnen in bestimmter Zeit an den Staat üherzuführen seien, nicht kannte, hat man es doch damals in dem Fesetz von 1838 ausdrücklich aus. gesprochen, daß der Erwerb der Bahnen für den Staat eigentlich das Richtige sein würde. Zu dem Zwecke hat man nicht blos dem Staate das Ankaufsrecht der Eisenbahnen unter gewissen Bedingungen vor⸗ behalten, sondern man hat auch die Amortisation der Eisenbahn⸗ aktien, und zwar unter Benutzung einer von ihnen selbst aufzubringen⸗ den Abgabe vorgeschrieben, und man hat weiter gesagt, daß nach vollendeter Amortifation der Cisenbahnaktien den Eisenbahnunternehmungen,die man als öffentliche Straßen auch schon damals ansab, eine 6. Ein⸗ richtung gegeben werden solle, daß lediglich die Betriebskosten gedeckt würden. Man hat damals auch wohl an das gedacht, was in anderen Ländern des Kontinents eingeführt, daß namlich die Kon⸗
zession nur auf Zeit, auf 80, 90 Jahre verliehen wurde mit der Be⸗
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sollten. Es ist auch uns in früheren Jahren wiederholt als eine ernfte Eventualität bejeichnet worden, daß nach beftimmtem Zeit⸗ ablauf unsere Nachbarstaaten ihre Cisenbahnen frei und unbelastet überkommen würden, so daß sie in der Lage sein würden, Trangport⸗ einrichtungen zu treffen, ganz den Landeßinteressen angepaßt, ohne dafür irgendwie erbeblich größere Entschädigungen, als der Trangportbetrieb ih erfordert, fordern zu, müssen. Schon damals — mein hoch verdienter Amtsvorgänger Hr. von der Heydt hat wiederholt darauf hingewiesen — wurde anerkannt, daß man . die Situation vergegenwärtigen möge, wie es in ,. autssehen werde, wenn alle Staaten um uns herum unentgeltlich
erworbene Staatsbahnen haben würden, während wir in Preußen 1 Attienunternehmungen, die auf Dividenden sehen müßten, esãßen.
Es ist dann im Jahre 1847, wie Ihnen bekannt, zuerst dem vereinigten Landtage eine Vorlage über den Bau der Ostbabn gemacht worden, zu welcher Privatunternehmer sich nicht fanden, weil man damals glaubte, die Bahn würde nicht einmal die Betriebs⸗ kosten aufbringen. Im Jahre 1348 wurde von der Staatsregierung — es ist das auch schon mal früher in diesem hohen Hause erwähnt worden — unter bereits vollzogener Berichterstattung Seitens des damaligen wahrlich vorsichtigen Finanz -⸗ Ministers Hansemann ein Antrag an die Allerhöchste Stelle vorbereitet worden auf Ermächtigung zum Ankauf der Privatbahnen. Es bat später der damalige Handels⸗Minister Milde persönlich mir eine Denkschrift übergeben, welche zur Motivirung dieses Ankauf diente. Ich glaube nicht, daß Sie ihn in Verdacht haben werden, daß er sich zu etwas bekannt haben würde, was seiner Auffassung, seiner Ueberzeugung nicht entsprach. Aber in dieser Denkschrift — es würde zu weit führen, Ihnen den betreffenden Paffus vorzulesen — ist mit be⸗ stimmten und dürren Worten ausgeführt, wie gerade für Preußen es unbedingtes Erforderniß sei, die damalige Konjunktur zu benutzen, um den Staat in den Besitz der großen Verkehrsstraßen zu setzen, von welchen der Verkahr nun einmal abhängig ist.
Im Jahre 1853 wurde dann der Gedanke, der in dem Gesetz von 1838 näher ausgeführt war, betreffs der Amortisirung der Eisenbahnaktien, durch das Gesetz vom Mai ins Leben geführt. Die Amortisation der Eisenbahnaktien schritt in stetiger Weise fort zu dem Zwecke, die Privatbahnen nach und nach in das Eigenthum des Staats zu bringen. Leider, kann ich nur sagen, ist im Jahre 1859 unter dem Druck einer kriegerischen Gventualität dieser Weg ver— lassen worden, um die Mittel zu gewinnen für die Verzinsung einer Militäranleihe. Wäre das nicht gescheben und darin stimme ich dem Abg. Lasker, der auch wiederholt dieser Ueberzeugung Ausdruck gegeben hat, vollkommen bei — so würden wir schon sehr viel weiter gekommen sein. — Ich erwähnte bereits, daß im Jahre 1867 ver— säumt worden — ich mache daraus am allerwenigsten meinem da⸗ maligen Herrn Amtsvorgänger einen Vorwurf, aber thatsächlich ist es ganz richtig — es ist versäumt worden, die Umstände, welche eine glückliche Konstellation der Verbältnisse uns bot, zu benutzen, um das Staatseisenbahnnetz duich eine angemessene Verbindung zwischen Westen und Osten auszufüllen. — Meine Herren! Auf die Periode von 1867 — 1872 und 1873 folgte bekanntlich eine Zeit, die ich gern, zum Theil wenigstens, aus der Geschichte unseres Eisenbahnwesens ausgemerzt sehen möchte. Sie hat ihren Abschluß gefunden in dem Berichte der Untersuchungskommission, welcher ja hervorragende Mitglieder dieses hohen Hauses angehörten, die einen tiefen Einblick gewonnen hat darin, wie es bei der Gründung mancher Prirateisenbahnen zuge— gangen ist, und welche der Kommission in ihrem Berichte folgende Worte in den Mund gelegt bat:
Zum Gegenstand einer wenn auch nur allgemeinen Diskussion ist die Vorfrage gemacht: ob der Eisenbahnbau lediglich dem Staate vorzubehalten und die Privatunternehmung prinzipiell aus— zuschließen sei.
Die Kommission ist nicht zweifelhaft gewesen, diese Frage in Uebereinstimmung mit dem Gutachten aller Sachverständigen dahin zu beantworten, daß der ausschließliche Staatseisenbabnbau für die Gegenwart unausführbar erscheint. Die Kom⸗ mission bat sich jedoch andererseits der Ueberzeugung nicht verschließen können, daß bei der Ausdehnung und Ausbildung des Eisenbahnwesens, wie sie in neuerer Zeit schon eingetreten ist und sich von der Zukunft immer mehr erwarten läßt, volkswirthschaftliche Rücksichten und Gründe auf die Vereini⸗
ung aller Eisenbabnen in den Händen des Staates als letztes
iel hinführen. Die Eisenbahnen jind öffentliche Transpert— anstalten und stehen ihrem Wesen und Zwecke nach den Landstraßen gleich. Nur zwingende finanzlelle Grunde sind es gewesen, welche diesen Standpunkt verrückt und den Bau wie die Erhaltung der Eisenbahnen aus der Hand dez Staates genommen und der Spe— kulation und der Industrie übergeben haben. Eo erfolgreich dies auch in mannigfacher Beziehung für den Eisenbahnbau gewirkt hat, so dürfte es sich doch als eine volkswirthschaftliche Anfordernng an die Zukunft bezeichnen lassen, daß sie das dem Wesen und Zwecke der Eisenbahn allein entsprechende Verhältniß verwirklicht, das Verhältniß nämlich, nach welchem ehenso, wie dies bereits bei den Chausseen der Fall ist, nicht mehr die Frage Zinsgewinn bringender Rentabilität, sondern unabhängig davon das Bedürfniß des öffentlichen Verkehrs entscheidend in den Vordergrund tritt, und nur insoweit, als nach Genügung und ohne Gefährdung desselben die Spekulation zugelassen werden kann, dieselbe ihren Antheil an dem Unter⸗ nehmen behält und überkömmt, wie dies bezüglich des Transport- und Befrachtungsweseng nicht bedenklich sein, vielmehr prinziell nothwendig werden dürfte.
Die Kommission erachtet es daher für wünschenswerth daß die Staatsregierung fortgesetzt die Möglichkeit der Erreichung jenes Zieles im Auge behält, und von vornherein Bestimmungen trifft, welche dieselben vorbereiten und erleichtern.
Meine Herren! Ich babe es mir nicht versagen können, bei der Wichtigkeit dieses Ausspruchs Ihnen denselben verbo tenus mit— zutheilen. Nun, meine Herren, sind Bedenken verschiedener Art aus—⸗ gesprochen worden, wenn auch nicht vielleicht gerade gegen das Prinzip, so doch gegen die Opportunität. Man sagt, sind denn die jetzigen Zeiten geeignet für solche großen Unternehmungen? ist nicht die wirthschaftliche, die finanzielle Lage des Landes so, daß wir ab— stehen müssen von allen weiteren Engagements? Meine Herren, die Staatsregierung ist nicht dieser Meinung, wirthschaftlich nicht, weil, wenn wir etwas nothwendig haben, wir gerade bedürfen einer Verbesserung unseres Eisenbahntransport⸗ weseng, im Interesse unserer Industrie, unserer Produktion, um konkurrenzfähig zu sein, — wir bedürfen billiger und gut eingerichteter Transportwege, und da gerade kann die Erweiterung des Staats⸗ eisenbahnsystems ganz außerordentlich nützliche Dienste leisten. Die Zusammenfassung desselben, die Möglichkeit, Einrichtungen zu treffen auf großen Strecken, ein großer Nutzen, wird es uns in den Stand setzen, für die Zukunft, — ich will aber nicht zu viel Erwartungen erwecken, denn ein Eisenbahnparadies können wir auch dann nicht schaffen — Einrichtungen zu treffen, welche dem Verkehr durch bil⸗ lige und gut eingerichtete Transportwege eine recht nöthige Erleich⸗ terung verschafft. Sie sagen nun aber, ja die bisherigen Finanzresultate der Staatsbahnen sind doch zu betrübend, sie sind belastend für den Staat, sie enthalten eine Belastung der Steuerzahler. Ihre Kom⸗ mission hat Ihnen ausgerechnet, daß die Staatsbahnen in der vollen Ausdehnung sich sogar nur mit 3, 8'so verzinsen werden. Diese Berech⸗ nung kann ich doch nicht anerkennen. Wie ist dieselbe gewonnen? Sie haben aber das buchmäßige fip l zu Grunde gelegt, nicht das zinspflichtige, Sie werden ja selbst sehen, daß das Kapital, welches Sie zu Grunde legen, die , zinspflichtige Staatg⸗ schuld weit übersteigt. Ich habe — aus früheren Jahren habe ich das Material so Überbekommen — auch anderweitige Berech⸗ nungen anstellen lassen, diese . mit anderen Resultaten. Es stellt sich danach heraus, z. B. nach einer Berechnung, daß der ge⸗ sammte Ueberschuß der Sfaatseisenbahnen vom Jahre 1832 bis in— klusive 1857778, nach Abzug der Verzinsung der darauf verwendeten Anleihen und der Tilgung, für welche 103 Millionen Mark — ich will nur runde Summen nennen — in Anspruch genommen sind und nach Abzug endlich einer Summe, welche zu Meliorationen der Staatsbahnen verwendet ist und welche sich auf rund 90 Millionen Mark beläuft, noch ein Ueberschuß verblieben ist, der an die Staats⸗ kasse hat abgeführt werden können, von über 140 Millionen Mark. Sie werden mir zugeben, daß, so betrachtet, das Resultat doch kein so übles ist. Ich will eine andere Berechnung vorlegen, welche diejenigen Summen enthält, die seit 1871 bis 1877/78 für das Eisenbahn⸗ wesen im Ganzen zur Verwendung gekommen sind, ich meine, für die Staatsbahnen an Zinsen und Amortisation und für die ge— sammte Subventionicung der Privatbahnen, nicht minder endlich für Garantien von Privatbahnen, welchen gegenüberstehen die Ueberschüsse
der Staatsbahnen und die Ueberschüsse aus den vom Staate garan—⸗ tirten Privatbahnen. Dann stellt sich die Rechnung so, daß noch immerhin ein Ueberschuß des Gisenbahnweseng 2 der der Staatskasse zur Erleichterung der Steuerzahler baar zugeflossen ist, von 235 Mill. Mark. Ich glaube bebaupten zu können, meine Herren, daß nach dieser Rechnung eine Belastung der St-uerzahler nicht stattfindet und auch nicht stattgefunden hat. Es ist ja vielleicht zu beklagen, daß die Ueberschüsse nicht noch größer gewesen sind, wir würden ja in diesem Falle unser Defizit vielleicht gan! haben verschwinden sehen können, allein unter den gegenwärtigen Verhält⸗ nissen ist doch selbst nach dem vorliegenden Etat das Ver— hältniß immer noch kein ungünstiges zu nennen, weil die von uns aufgestellte Rechnung noch immerhin einen Ueberschußs, wenn ich nicht irre, von etwa 4,3 90 in Auesicht stellt Eine Hauptursache, daß die Berechnung von derjenigen abweicht, welche in der Budgetkommission aufgestellt worden ist, dürfte darin liegen, daß die Amortisation, also die Entlastung des Staates von Schulden, die er für das Eisenbabnwesen gemacht hat, und die, wie vorhin ge—⸗ sagt, sich auf 192 Millionen beläuft, nicht in Betracht gem ngen ist, daß ferner die Melioration außer Ansatz gelassen ist, daß endlich auch weiter nicht das außer Acht geblieben ist, was amortisirt worden ist aus der Kriegskontelbution, welche uns die Tapferkeit unserer Armee eingebracht hat; daß ferner ein Posten gar nicht ange⸗ führt ist, um den hier zu erwähnen, der eigentlich nicht für die Eisenbahnen bestimmt war, sondern anderen Zwecken gedient hat, eine Summe von 12 Millionen, welche für die Regulirung der Weichsel und Nogat ausgegeben worden lsst. Wenn Sie für die Gesammtsumme, welche auf diese Weise abzusetzen ist, — auch die Kriegskontribution, — praeter propter 4 04 Zinsen berechnen — es ist mir nicht bekannt, daß unsere tapferen Soldaten eine Anleihe zu diesem Zwecke haben machen müssen — dann wird das allerdings kein günstiges Resultat geben können. Aber war denn die Anlage der Kriegskontribution in Staatseisenbabnen etwa eine schlechte! Wenn wir aus der Kriegskontribution Linien hergestellt baben und noch herstellen, welche das Land melioriren, welche die Steuerkraft heben, welche die Vertheidigungsfähigkeit des Landes bessern, haben wir dann die Kriegtkontribution etwa schlecht ange⸗ wendet? Ich glaube, meine Herren, wir hätten kaum einen besseren Zweck finden können.
Es ist dann auch noch in Betracht zu ziehen und ich bitte das nicht als geringfügig anzuschlagen, daß wir gegen 1879 eine Vermeh— rung unseres Staatseisenbahnnetzes im Betrieb von beinahe 200 Meilen bekommen haben, von 200 Meilen, von denen nur der kleinste Theil — ich bemerke das ausdrücklich, es ist bei der Vorlegung der bezüglichen Gesetzvorlagen das auch betont worden — nur der kleinste Theil in naͤchster Zeit eine Rente in Aussicht stellt. Wir haben über ehmen müssen die pommersche Centralbahn, um nicht Trümmer und Ruinen entstehen zu lassen, der Staat bat nothgedrungen auch die Nordbahn ankaufen müssen. Wir haben Bahnen in Ostpreußen gebaut: Tilsit⸗ Memel, Thorn⸗Insterburg, Insterburg⸗Prostken, Las kowitz⸗Jablonowo, alles Bahnen, welche wir nach der Spezialnachweisung, die die Budgetkommission unter Bestätigung des Hauses verlangt hat — sich berausstellen wird, nicht entfernt ihre Zinsen aufbringen werden. Aber, meine Herren, die Regierung bereut das trotz alledem nicht, und ich hoffe auch nicht, das Haus, denn das ist ja gerade der Ruhm der Staatsbahnen, daß sie im Stande sind, die schlechten Linien mit den guten zu übertragen. Es wird die Regierung auch diese Erfahrung nicht abhalten, auch in Zukunft den Provinzen, welche nothleidend sind — und ich rechne dazu ganz besonders die östlichen Provinzen — auf ähnliche Weise zu Hülfe zu kommen und mit entsprechenden Vorlagen an das Haus zu treten.
Dann, meine Herren, frage ich weiter: Haben wir Staatsbahnen überhaupt gebaut, in Angriff genommen, um damit ein Geschäft, eine Spekulation zu machen? Mit nichten. Ihr Zweck ist, das Land zu melioriren und die Steuerkraft zu heben; und wenn Sie auf der einen Seite einmal rechnen, was Sie an Grund⸗ und Gebäude⸗, Einkommen und Gewerbestener mehr bekommen dadurch, daß wir Staatsbahnen hergestellt haben, dann, glaube ich, wird sich leicht das kompensiren mit dem, was Sie auf der andern Seite als an⸗ geblichen Zuschuß der Steuerzahler herausrechnen. Fragen Sie denn, meine Herren, bei den Häfen, Strömen, Chausseen, bei der Post nach einer Rentabilität ihrer Anlagen? Ja, meine Herren, wenn Sie das thun wollen, dann sind wir längst, wenigstens theoretisch, bankerott. — Lassen Sie mich noch einige Worte über ein System sprechen, welches so viel in den Vordergrund gestellt ist und unter allen als Panacee gepriesen worden ist, . das Eisenbahnwesen, das sogenannte gemischte System. Ich will mich darüber nicht weit ver⸗ breiten. Ich kann nicht leugnen, daß ich immer das Gefühl gehabt habe, daß, wenn man das gemischte System an⸗ pries, man eigentlich das Privateisenbahnsystem meinte. Es ist ja in der That ganz unvermeidlich, daß, wenn man sich denkt, es solle — das war ja der Gedanke — neben einer Staats⸗ eisenbahn eine Privateisenbahn oder umgekehrt, neben einer Privat⸗ eisenbahn eine Staatseisenbahn den Betrieb führen, daß dann die Mittel vergeudet werden. Wir werden durch die ungluͤckselige Zer— splitterung des deutschen Eisenbahnnetzes in zahllose Unternehmungen gezogen, in eine so große Menge selbständiger Wirthschaftskörper, die ihre Direktionen, Privat- und Königliche Direktionen, die ersteren mit sehr ausgebildeten und weit ausgedehnten Befugnissen an der Spitze haben, zu einer großen Vergeudung des Kapitals geführt. Ich erwähnte vorhin schon, daß durch die Zersplitterung die Kosten der Anschlußbahnhöfe, die Kosten des gesammten Betriebsapparates weit über das Bedürfniß gesteigert worden sind Nehmen Sie noch dazu den ganzen Luxus, den ein vollständig eingerichteter Hofstaat einer Privatdirektion erfordert, ein Luxus, welcher, wenn ich Ihnen Zahlen vorführen wollte — ich werde das aber nicht thun, aber vielleicht im Laufe der Debatte darauf zurück⸗ kommen, — Sie in Erstaunen setzen würde, daß dieser Luxus unseren Transportinteressenten und dem Verkehr die Mittel entzieht für billige und gute Transporteinrichtungen; nehmen Sie dann hinzu, daß der Staat in die üble Lage kommt, wie auch gestern schon erwähnt wurde, bei einem solchen Konkurrenzsystem entweder die Privatbahnen zu drücken, und darüber entsteht großer Lärm, oder aber seine Pflicht, den Betrieb der Staatsbahnen auf so billige Weise zu führen, als es ihnen möglich, um dem Verkehr entgegen zukommen, zu verletzen; das Verhältniß für einen Minister, der beide Seiten zu überwachen hat, ist ein überaus schwieriger, und ich kann gestehen, daß, seitdem ich dieses Amt verwalte, ich die Ueber⸗ zeugung habe gewinnen müssen, daß dieser Zustand auf die Dauer absolut unhaltbar sein wird.
Wenn man nun dazu kommt, wie das auch jetzt geschieht — ich erwähnte es auch schon vorhin bei der sogenannten Instradirung, zu verlangen, daß der Staatsbahnverkehr abgeben soll, damit die Privat⸗ bahn aufrecht bleiben, daß der Staat die Leistungen, welche er wirklich gut und billig ausführen kann, nicht ausführen soll, damit der privatbahn nicht der Verkehr entzogen und die Hoffnung ihrer Aktionäre auf Dividenden beeinträchtigt werde, in welche Lage ö. Sie da einen Minister, der darüber entscheiden soll, was beiden Seiten gerecht und billig ist. Mit Recht ift gesagt — das gemischte System ist kein Syslen — ein beredtes Mitglied dieses Hauses hat im vorigen Jahre dies ausgeführt, es ist nur ein Umschwung der Systeme; es kann ein Staatteisenbahnsystem und ein Privateisenbahnsystem be⸗ stehen, nicht aber können beide nebeneinander den felben Interessen dienen, dieselben Linien beherrschen; das ist auf die Dauer nach meiner Auffassung unmöglich. Wie gestaltet sich denn nun auch gegenwärtig unser Tarifsystem? Wir haben ja eine Vereinfachung und eine Vertinbarung unserer Tarife in Folge der Beschlüsse der früheren Jahre herbeigeführt. Sehen Sie, sehr weit ist das⸗ sselbe aber noch nicht gediehen, einfach in Folge der Noth⸗ wendigkeit, den individuellen Interessen der einzelnen Unter nehmungen Rechnung zu tragen, und diese individuellen Interessen der Unternehmungen, so lange sie als solche bestehen, haben Anspruch auf Berücksichtigung. Wir würden ja, wenn wir in Zukunft ein
auggebildeteres w besitzen, in der Lage sein, zu bestimmen, — und das ist ein Gedanke, der nicht heute erst von mir