2. Kl. vom Gren. Negt. Nr. 8, beide mit dem 31. Januar cr. von
dem Kemmdo. zur Dienstleist. bei der Kaiserlichen Marine entbunden.
Gestorben: 6. Januar. Dr. Abrendts, Ober⸗Stabsarzt J. Kl. und Regts. Arzt des Drag. Regts. Nr. 6. — 30. Januar. Dr. Keßler, Stabt⸗ und Bats. Arzt vom Pion. Bat. Nr. 6.
XIII. (Röniglich Württembergisches) Armee⸗Corps.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 3. Februar. Haux, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 120, unter Beförderung zum Hauptm. und Comp. Chef, in das Inf. Regt. Nr. 124 versetzt. Ritter, Sec. Lt. im Inf. Reat. Nr. 120, zum Pr. Lt. befördert, unter Vorbehalt der Patentirung. Baron v. Simolin⸗Bathbory, Sec. Lt. im Ulan. 2 Nr. 20, vom 15. Februar d. J. ab à la saite des Regts. estellt. h Im Beurlaubtenstande. 3. Februar. Mecken, Sec. Lt. der Res. des Gren. Regts. Nr. 123, Griesinger, Sec. Lt. von der Landw. Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 126, zu Pr. Lts. befördert.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 2 Fe⸗ bruar. Burgund, Sec. Lt. im Gren. Regt. Nr. 123, behufs Uebertritts in Königl. preuß. Dienste, der Abschied bewilligt.
Im Sanitäts⸗Corps. 3. Februar. Dr. Brand, Assist. Arzt 2. Kl. im Pion. Bat. Nr. 13, ausgeschieden und zu den Aerzten der Res. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 124 übergetreten.
Aichtamtsiches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 19. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Civil⸗ Kabinets durch den Wirklichen Geheimen Rath von Wilmowski entgegen und empfingen den Reichskanzler Fürsten von Bis— marck zum Vortrage.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag die personlichen Mel⸗ dungen des Kommandanten von Magdeburg, General⸗Majors von Massow, sowie mehrerer anderer Offiziere entgegen.
— Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen trat heute zu einer Sitzung zusammen.
— Das Staats-Ministerium hielt gestern eine Sitzung.
— Nachdem der Handelsvertrag zwischen Frankreich und Oesterreich⸗ Ungarn vom 11. Dezember 1866 mit Ende vorigen Jahres abgelaufen ist, sind die daselbst stipulirten ermäßigten Zollsätze auch für Deutschland und die übrigen meistbegünstigten Staaten außer Wirksamkeit getreten.
An Stelle derselben werden für die Einfuhr nach Frankreich jetzt die Zollsätze des französischen General⸗ tarifs bezw. diejenigen Bestimmungen zur Anwendung ge— bracht, welche in den von Frankreich mit Großbritannien, Belgien und der Schweiz geschlossenen, mit dem Ende dieses Jahres ablaufenden Handelsverträgen vereinbart sind.
Die französische Regierung hat jedoch vor Kurzem der Deputirtenkammer den Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, wo— nach diejenigen in dem Handelsvertrag mit Oesterreich⸗Ungarn vom 11. Dezember 1866 stipulirten Zollermäßigungen und Zoll⸗ befreiungen, welche in den übrigen zur Zeit noch in Kraft stehenden Konventionaltarifen nicht enthalten sind, zu Gunsten aller Vertragsstaaten im Wege der autonomen Gesetzgebung wieder hergestellt werden sollen. Außerdem soll die Differenz zwischen den vor und nach dem 31. Dezember v. J. erhobenen Zollsätzen zurückerstattet werden, sofern der Nachweis erbracht wird, daß die betreffenden Waaren entweder bereits vor dem 31. Dezember v. J. abgesandt oder bestellt waren.
— Nach amtlichen Nachrichten sind die Gerüchte über das Auftreten der Pest in Smolensk und Ukrupino unbe⸗ gründet.
— Die nach den Pestgebieten entsandten deutschen und österreichisch⸗ ungarischen Aerzte beabsichtigten gestern Abend Moskau zu verlassen, um nach Zarizyn weiter zu reisen.
— Eine Verordnung der Lokalregierung in Malta vom 12. d. Mts. bestimmt für Provenienzen aus der Türkei, Montenegro und Tripolis eine 2 tägige Quarantäne, welche von der erfolgten Desinfektion des Schiffes ab zu be⸗ rechnen ist.
Provenienzen aus Griechenland, Egypten und Tunis sollen bis auf weitere Bestimmung in Quarantäne verbleiben.
Kriegsschiffe, welche von einem der genannten Länder kommen, sollen einer neuntägigen Quarantäne, von der er— folgten Desinfektion des Schiffes ab gerechnet, unterliegen.
Schiffe, welche den Suezkanal durchfahren haben, ohne mit den Häfen zu kommuniziren, werden zur freien Praktik zugelassen.
— Am 16. Februar hat das Hochwasser an zwei Stellen den Weichsel⸗Damm bei Gora Kalwarya, unge⸗ fähr 40 Werst oberhalb Warschau, durchbrochen. 26 Dörfer stehen unter Wasser. Der Gouverneur, Beamte und Aerzte haben sich an Ort und Stelle begeben, um für die Unter⸗ bringung der Ueberschwemmten Sorge zu tragen.
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen (4) Sitzung des Reichstages wurde, nachdem der erste Wahlgang ohne Re— sultat verlaufen war, zur engeren Wahl des zweiten Vize⸗ Präsidenten geschritten. Im zweiten Wahlgange wurden 218 Stimmzettel abgegeben; davon waren 29 Stimmen unbeschrieben, Lungültig, so daß die absolute Majorität 95 betrug; es erhielten Stimmen: Fürst zu Hohenlohe⸗Langenburg 106, Dr. Lucius (Er⸗ furt 79, Frhr. zu Franckenstein 1 Stimme; Fürst zu Hohenlohe⸗ Langenburg war somit zum 2. Vize⸗Präsidenten gewählt. Da derselbe nicht im Hause anwesend war, so machte ihm der Prä⸗ sident sofort telegraphische Mittheilung von der auf ihn ge⸗ fallenen Wahl, und erbat seine Erklärung über die Annahme.
Hierauf wurden auf Vorschlag des Abg. Frhrn. zu Franckenstein durch Akklamation zu Schriftführern wieder⸗ gewählt: die Abgg. Graf Kleist⸗Schmenzin, Frhr. von Minni⸗ gerode, Thilo, Dr. Blum, Eysoldt, Dr. Weigel, Bernards und Frhr. von Soden. Zu Quästoren ernannte der Präsident von Forckenbeck die Abgg. von Forcade de Biaix und von Putt⸗ kamer (Fraustadt). Sobald die Antwort des Fürsten Hohen⸗ lohe eingegangen ist, wird Sr. Majestät dem Kaiser die durch die Geschäftsordnung vorgeschriebene Mittheilung von der erfolgten Konstituirung des Reichstags gemacht werden.
Seit dem Schluß der letzten Session verstarben folgende Mitglieder des Reichstages: Der Alters⸗Präsident Abg. von Bonin, die Abgg. Bürgers, von Jagow und von Baeren⸗ sprung, der letztere am 16. d. M. Das Haus ehrte das An⸗ denken der Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen.
nn 9 sehr große Anzahl von Urlaubsgesuchen wurde be⸗ willigt.
Bevor das Haus zum zweiten Gegenstand der Tages⸗ ordnung überging, zur Hrn des Schreibens des Stell⸗ vertreters des Reichskanzlers, betreffend die Einholung der Genehmigung des Reichstages zur strafrechtlichen Verfolgung und zur e. des Reichstags⸗Abgeordneten Fritzsche wegen Zuwiderhandelns gegen 5§. 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen 8 der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878, machte der Präsident die Mittheilung, daß ein ähnliches Schreiben des Stellvertreters des Reichs⸗ kanzlers, Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode, beim Bureau eingegangen sei, welches in Folge einer staatsanwaltlichen Requisition vom 15. d. M. die Ermächtigung zur strafrecht⸗ lichen Verfolgung und Verhaftung des Reichstagsabgeordneten Hasselmann wegen Zuwiderhandelns gegen §. 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokra⸗ tie vom 21. Oktober 1878 verlangt. Nachdem der Präsident dies Schreiben verlesen hatte, beschloß das Haus, mit Rück⸗— sicht auf die vorgerückte Zeit — es war 31,“ Uhr geworden — und darauf, daß die Drucklegung dieses zweiten Schreibens noch nicht möglich war, die beiden Schreiben in der nächsten Sitzung gemeinsam zu diskutiren, und trat in die erste Be⸗ rathung des Entwurfs einer Gebührenordnung für
Rechtsanwälte ein.
Der Staatssekretär im Reichsjustiz⸗Amt Dr. Fried⸗ berg bemerkte, der Gesetzentwurf schließe sich in seinen Grundlagen der vom Hause im vorigen Jahre fest⸗ gestellten Rechtsanwaltsordnung, in seinen Prinzipien und in den Einzelheiten dem im Vorjahre vom Hause angenomme⸗ nen Gesetzentwurfe über die Gerichtskosten an. Die Schwierig⸗ keiten, die sich dem vorliegenden Entwurf entgegenstellten, seien viel geringer, weil der größte Theil derselben schon in dem Gerichtskostengesetz überwunden sei. Das Haus werde jedoch bei seinen Berathungen die Frage, wie die Thätigkeit der Rechtsanwälte in den Gebühren genügend belohnt werde, noch immer schwierig genug finden. Es sei dabei einer⸗ seits die Gefahr zu vermeiden, die Gebühren zu hoch zu greifen und damit den Prozeß so zu vertheuern, daß er möglicherweise den Gerichtseingesessenen eine allzugroße Last würde; andererseits dürften sie nicht zu niedrig gehalten werden, um nicht die wirthschaftliche Lage der Rechtsanwälte und damit die Rechtspflege selbst zu gefährden. Das Ver⸗ dienst, diese beiden — vermieden zu haben, sei das der Männer aus dem Advokatenstande, die aus allen Theilen Deutschlands zu dieser gesetzgebenden Vorarbeit berufen gewesen seien. Er müsse das um so dankbarer erwähnen, als sie überall die pekuniären Interessen gegenüber der Forderung einer guten Rechtspflege hätten zurücktreten lassen. Man habe nun selbst aus den Kreisen der Advokaten vielfach die Klage erhoben, die Gebühren seien zu gering bemessen und die wirthschaftliche Lage der Anwälte werde durch diese Ge⸗ bührenordnung gefährdet werden. Es habe auch nicht an Rathschlägen zur Abhülfe gefehlt; so sollten z. B. die Ge⸗ bäahren der Gerichte auf die Hälfte herabgesetzt und die andere Hälfte den Advokatengebühren zugelegt werden; das Mittel sei allerdings einfach, er fürchte aber, in seiner Einfachheit zu drastisch. Man habe auch das Grundprinzip des Gesetzent— wurfes, neben der Mößnchkeit freier Vereinbarung feste Pauschgebühren einzuführen, angefochten und behauptet, man hätte die einfache Selbsttaxirung einführen müssen, als den⸗ jenigen Standpunkt, welcher der Würde der Advokatur entsprechend sein würde. Die verbündeten Regierungen seien auf diefen Vorschlag hauptsächlich in der Er⸗ wägung nicht eingegangen, daß damit doch ein sehr scharfer Bruch mit der ganzen Vergangenheit auf diesem Gebiete und dem Gange der Entwickelung der Sache in Deutschland geschehen würde und man habe geglaubt, die große Schwierig⸗ keit, welche die Vervollständigung unseres Rechtslebens in diesem Jahre noch überwinden müsse, nicht noch durch diese Neuerungen erhöhen zu sollen. Er schließe seine einleitenden Bemerkungen in der Annahme, daß das Haus dieses Gesetz ebenso wie seiner Zeit das Gerichtskostengesetz in eine Kom⸗ mission zur Vorberathung verweisen würde. Es sei damals gelungen, diesen schwierigen Gesetzentwurf aus jener Kom⸗ mission in einer Form hervorgehen zu lassen, daß er hier die Annahme en bloc gefunden habe und er hoffe, daß es ebenso mit dem hier vorliegenden Entwurf geschehen werde.
Der Abg. Dr. Wolffson betonte die Nothwendigkeit, den berechtigten Interessen des Rechtsanwaltstandes gebührend Rech⸗ nung zu tragen, und beantragte die Ueberweisung an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Das Haus verhandle jetzt eine Materie, deren einheitliche Regelung zu den bedenklichsten Konsequenzen unserer neuen Justizverfassung gehöre. Bedenk⸗ lich nenne er diese Konsequenz nicht deshalb, weil er daran irgend einen Zweifel habe, daß die Frage einheitlich geregelt werden müsse. Die Höhe der Kosten sei ein so wesentliches Moment, daß alle , . der Gesetzgebung geradezu nur auf dem Papier stehen würde, wollte man in dieser Beziehung die gegenwärtigen Verschiedenheiten in Deutschland beibehalten. Die neue Civilprozeßordnung fordere von dem Anwalt eine weit eingehendere Bearbeitung und einen weit größeren Zeit⸗ aufwand für die einzelnen Fälle. Daher sei der Anwalt nicht mehr in der Lage, so viele Prozesse als früher anzunehmen. Diese größere Gründlichkeit der Bearbeitung werde hoffentlich dem Interesse der . sehr zu Gute kommen und der Rechtsprechung überhaupt sehr förderlich sein, indeß sei es doch auch nöthig, daß dem Advokaten das höhere Maß von Kraft, der größere Zeitaufwand, die bedeutenden Anstrengungen bezahlt würden, daß er dafür entschädigt würde, daß er weniger Prozesse an⸗ zunehmen vermöge, als vor Einführung der neuen Prozeßordnung. Man habe sich bei der Grundlage der Gebührenordnung für das sogenannte Pauschsystem entschieden, welches die Ge⸗ bühren nach der Höhe des Gegenstandes festsetze. Nach diesem System lasse sich eine einheitliche Ordnung der Gebührentaxe zur Hei für Deutschland allein einrichten. Wolle man die einzelne Arbeit nach ihrem Werthe schätzen, so dürfte sich ein einheitlicher Maßstab für ganz Deutschland schwer finden las⸗ sen; das Pauschsystem enthalte eine Besteuerung der Prozeß⸗ führenden je nach der Höhe des Interesses, welches sie an dem Prozeß hätten; denn nicht das Maß der Arbeit werde bezahlt, sondern der Durchschnitt; der Eine bezahle zu viel, der Andere zu wenig. Ein solches System müsse nicht weiter ausgedehnt werden, wo nicht die Nothwendigkeit zwinge. Eine solche Nothwendigkeit sei vorhanden, weil entschieden werden müsse, was die unterliegende Partei der siegenden an Kosten zu zahlen habe: da müsse eine feste Taxe maßgebend sein. Anders liege aber die Sache, wenn es sich um das Ver⸗ hältniß des Anwalts zu seiner eigenen Partei handle; es sei kein Grund, der freien Vereinbarung zwischen Partei und An⸗
walt irgend welche Schranken zu ziehen, wie es in dieser Vor⸗ lage geschehen sei. Redner beantragte die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern.
Der Abg. Thilo hielt die Anzahl von 14 Mitgliedern für diese Kommission für genügend. Man habe mit der Kom⸗ mission von 21 Mitgliedern bei dem Gerichtskostengesetz die Erfahrung gemacht, daß diese Zahl k groß sei; außerdem seien ja auch die verschiedenen jetzt geltenden Gesetze nicht so sehr in Betracht zu ziehen, wie bei dem Gerichtskostengesetz; denn für die Rechtsanwaltsgebühren habe man in dem Ge⸗ richtskostengesetz einen Anhalt. Besonders solle die Kommission darauf sehen, daß durch übermäßig hohe Gebühren für Rechts⸗ anwälte nicht die ganze Rechtspflege vertheuert werde.
Der Abg. Dr. Bähr (Cassel) und Abg. Witte befürworteten eine Kommission von 21 Mitgliedern, wofür sich schließlich auch das Haus entschied, worauf sich dasselbe um 4 Uhr vertagte.
— In der heutigen (5.) Sitzung des Reichstages, der die Staats⸗Minister Dr. Leonhardt und Hofmann und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath beiwohnten, wurde zunächst dem Hause von dem Präsidenten von Forcken⸗ beck das Resultat der Konstituirung der Abtheilungen angezeigt und die Mittheilung gemacht, daß der Fürst zu Hohenlohe⸗ Langenburg die auf ihn gefallene Wahl zum zweiten Vize⸗Präsidenten des Reichstags aus Gesundheits⸗ rücksichten dankend abgelehnt habe. Wann die Neuwahl vor⸗ genommen werden soll, darüber werde das Haus sich später schlüssig machen. Aber schon jetzt vor erfolgter Neuwahl und vor der perfekt gewordenen Konstituirung des Reichstags halte er (der Präsident) nach der bisherigen Praxis den Eintritt in die Geschäfte für durchaus zulässig. Hiergegen wurde von keiner Seite Einspruch erhoben.
Der erste Gegenstand der Tagesordnung waren die von dem Stellvertreter des Reichskanzlers Grafen zu Stolberg an den Reichstag gelangten Vorlagen, betreffend die Beschluß⸗ fassung über die nachgesuchte Genehmigung zur strafrechtlichen Verfolgung und zur Verhaftung der Reichstagsabgeordneten Fritzsche und Hasselmann. Zu derselben lag folgender von Mitgliedern der nationalliberalen, der Fortschrittspartei und des Centrums unterstützte Antrag des Abg. Rickert vor:
„Der Reichstag wolle beschließen:
1) die beantragte Genehmigung zur strafrechtlichen Verfol⸗ gung und zur Verhaftung der Reichstagsabgeordneten Fritzsche und Hasselmann zu versagen; Y gleichzeitig zu erklären: daß der Reichs⸗ tag mit dem §. 28 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 nicht den Sinn verbunden hat, daß ein Mitglied des Reichstages durch eine polizeiliche Ausweisung in seiner verfassungsmäßigen Obliegenheit, an den Verhandlungen des Reichstages Theil zu nehmen, verhin⸗ dert werden dürfe.“
Der erste Nedner für diesen Antrag war der Abg. Dr. Lasker, der es für nothwendig hielt, dem voraussichtlich fast einstimmig zu fassenden Beschluß sub 1. die Resolution sub 2. beizufügen. (Schluß des Blattes.)
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Herrenhauses erklärte in der Diskussion über eine von dem Grafen vom Hagen und Genossen an das Haus gerichtete Petition, betreffend Beaufsichtigung des Unterrichts—⸗ und Erziehungswesen s, Herr von Kleist⸗Retzow, er begrüße dankbar die Gelegenheit, in dieser wichtigen Sache, die trotz verschiedener Versuche noch nicht einen Schritt vorwärts ge⸗ bracht sei, Zeugniß abzulegen. Der Redner verwies zunächst auf die Gefahren, die dem Volke durch die Lehren der Sozial⸗ demokratie erwüchsen. Die Großthaten unseres Volkes in den Jahren 1864, 66, 70 und 71 seien die Resultate der Entwickelung unserer Bollsschule in früheren Jahren. Die Resultate der gegenwärtigen Schuleinrichtung werde man allerdings erst nach einem Menschenalter würdigen können. Die Schule gehöre vor allen Dingen der Familie und dadurch der Kirche und dem Staate. Es sei ein alter Satz, daß die Kirche die Schule leiten solle; „leiten“ heiße führen. Es werde unserer Jugend auf dem Lande entsetzlich schwer, das Erforderliche in der Religion und in den Realien zu lernen. Wolle man nun, wie dies neuerdings geschehen, die Realien bei dem Unterricht bevorzugen, so 23 das auf Kosten der Religion geschehen. Daß dies in der That der Fall sei, seh! man aus der geringen Vorbildung, mit welcher die Kinder zum Konfirmandenunterricht kämen. Und wie in der Schule, so gehe es mit der Vor⸗ bildung der Lehrer. Auf den Seminarien werde sogar jetzt Französisch gelehrt, während die Religionsstunden beschränkt würden. Die Gehälter der Lehrer seien in der letzteren Zeit wiederholt aufgebessert worden, ohne die Befriedigung und Anerkennung der Lehrer zu finden. Jeder Mensch, auch wenn er kein Augendiener sei, sehe stets auf den höher Stehenden, dies zeige sich auch bei den Lehrern. Wäre der Vorgesetzte ein Prediger, so würde der Lehrer sich mehr der Re⸗ ligion zuwenden, während er sich weltlichen Dingen uneige, sobald sein Vorgesetzter eine weltliche 3 a/ Der Redner verwies auf die kürzlichen Auslassungen des Kultus⸗Ministers im Abgeordnetenhause über die paritäti⸗ schen Schulen. Unter diesen Ausführungen, wie auch unter den Erlassen des Ministers finde sich ein kleiner Passus, der ganz unbemerkt verschwinde; derselbe besage: „wo an einem Orte mehrere einklassige Schulen 3 ist deren Vereinigung zu einer mehrklassigen Schule anzustreben“. Dies sei das Mittel und die Anweisung zur Förderung und Ein⸗ führung der paritätischen Schulen, welche zu bekämpfen sei vom Stande des Christenthums, denn in einem christlichen Staate müsse in der Schule das Christenthum der Standpunkt sein, auf welchen sie gestellt werde. Man benutze die Staats⸗ unterstützungen, um die Gemeinden zu den paritätischen Schulen zu drängen. Wohin solche Bestrebungen führten, das beweise Holland, dessen Bevölkerung in Bezug auf Schul⸗ bildung immer mehr zurückgehe. In den Gemeinden erhebe sich jetzt gegen solche Dinge Widerspruch. Aus der Rheinprovinz sei er aufgefordert worden, in den östlichen Provinzen energisch gegen die Bestrebungen, der paritätischen Schule Ausbreitung zu gewähren, aufzu⸗ treten. Er bitte deshalb den Minister, noch einmal die in der Petition vorgebrachten Beschwerden in Erwägung zu nehmen. Wenn Se. Majestät der Kaiser selbst — wie dies neuerdings wiederholt geschehen — an das Land die Mahnung richte, wieder für Förderung der Religiosität Sorge zu tragen, so müsse die Staatsregierung umsomehr dafür Sorge tragen, daß auch diese Mahnung vorbereiteten Boden finde.
Hierauf ergriff der Minister für die geistlichen 2c. Angelegenheiten Br. Falk das Wort: In Bezug auf die Beibehaltung des Religionsunterrichts in der Volksschule stimme er mit dem Vorredner vollkommen überein und habe dies schon in seiner jüngsten Rede im
Abgeordnetenhause ausgesprochen. Auch in der Beziehung stimme er mit dem Vorredner überein, daß die Aufbesserung der Lehrergehälter nicht diejenige Befriedigung her⸗ vorgerusen habe, welche sie verdiene. Die Stimmen der Dankbarkeit, welche an ihn gelangt, seien nicht sehr übermäßig gewesen, und die gekommen, hätten aus solchen Kreisen hergerührt, welche früher unter der Last der . gelitten hätten. Daß in den Seminarien Französisch gelehrt werde, sei ja richtig, aber nicht in der Auf⸗ fassung des Herrn von Kleist. Es sei den Seminarien ge—⸗ stattet, in einer fremden Sprache Unterricht zu ertheilen, französisch, englisch oder lateinisch. Dieser Unterricht sei aber nur ein fakultativer, und die Theilnahme an demselben sei nur denjenigen Seminaristen gestattet, welche in den anderen Dis⸗ ziplinen die volle Zufriedenheit erworben hätten. Mit dieser Ein⸗ richtung habe die Unterrichtsverwaltung nur einem dringenden Bedürfniß entsprochen; denn es gebe eine Menge Fälle, in denen auf dem Lande lebende Eltern dringend wünschen, daß ihre Kinder in einer dieser Sprachen, wenn auch nur in den Anfangsgründen, Unterricht erhielten. Die Parallele, welche Herr von Kleist zwischen Preußen und Holland gezogen, sei eine ungerechte; denn was in Preußen zulässig, sei himmel⸗ weit unterschieden von dem, was in Holland zulässig. Dort habe man die Religion gänzlich aus der Schule hinausgewiesen. In der Rede des Herrn von Kleist sei ganz anderes Material vorhanden, als in der Petition. In der ganzen Provinz Sachsen, aus der die Petition herrühre, sei nicht eine einzige pari⸗ tätische Schule. Auch in der Provinz Pommern bestehe nur eine solche mit zwei Lehrern im Regierungsbezirk Cöglin. Petitionen aber, die sich darüber beklagen, und aus einem Landestheile kommen, wo so wenige Berechtigung dafür be⸗ stehe, würden bei Niemand, auch nicht bei der Staatsregierung einen Eindruck hervorrufen. In Preußen beständen nach einer kürzlich erfolgten Zählung 33 285 Volksschulen, von denen 32 843 streng konfessionell und 442 paritätisch seien. Von den gesammten Lehrern unterrichteten 3,6 Prozent an paritätischen und 964 Prozent an konfessionellen Schulen. Von den jetzt vorhandenen 442 paritäti⸗ schen Schulen seien schon 60 vorhanden gewesen, als er das Amt des Ministers übernommen. In Bezug auf den Punkt 2 der Petition stehe die Staatsregierung auf dem Standpunkt des Hauses, dem Standpunkte des Gesetzes und bitte er, die Anträge von Kleist und Graf von der Schulen⸗ burg abzulehnen. Es könne nur zu Unzuträglichkeiten führen, wenn die Schulaufsicht übertragen werden sollte an solche Geistliche, welche in Opposition zur Staatsregierung ständen oder in anderer Weise den Staatsgesetzen nicht entsprächen. Uebrigens bestehe in der Provinz Sachsen nur ein Fall (im Kreise Worbis), daß katholische und evangelische Schulen unter einem Schulinspektor ständen. I
Graf von Krassow erklärte sich hierauf in längerer Ausfüh⸗ rung für den Antrag von gKleist, worauf Herr von Rath den Antrag stellte, über beide Punkte der Petition zur Tagesord⸗ nung überzugehen. Nachdem der Letztere diesen Antrag kurz befürwortet, wurde die Diskussion geschlossen. Herr von Kleist⸗ Retzow zog seinen Antrag zu Gunsten des Antrages des Grafen von der Schulenburg zurück, der dahin ging: „zu er⸗ klären, daß die Schulaufsicht über die Volksschule nur den Geistlichen genommen werden dürfe, die sich zu der⸗ selben ungeeignet oder in der Ausübung derselben untreu erwiesen haben.“ Der Antrag von Rath wurde in namentlicher Abstimmung mit 48 gegen 42 Stimmen ab⸗ gelehnt, der Antrag der Kommission zu Nr. 1 wurde ange⸗ nommen, der zu Nr. 2 abgelehnt. Ebenso wurde auch der Antrag des Grafen von der Schulenburg mit 48 gegen 41 Stimmen abgelehnt. . .
Es folgte der mündliche Bericht der Eisenbahnkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Deckung der erforder⸗ lichen Mehrkosten für den Bau der Bahnen von der Reichsgrenze bei Sierk über Trier und Coblenz nach Sberlahnstein und von Fodelheim resp. Ottbergen nach Northeim. Der Referent Herr Dietze beantragte, dem Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause zuzustimmen, und das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte bei.
Der vierte Gegenstand der Tagesordnung war der münd⸗ liche Bericht derselben Kommission über den Gesetzentwurf be⸗ treffend die Erweiterung der durch das Gesetz vom 20. April 1869 für das Anlagekapital einer Eisen⸗ bahn von Finnentrop über Olpe, nach Rothe Mühle im Biggethale übernommene Zinsgarantie. Der Referent, Herr von Voß, beantragte, dem Gesetzentwurf in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Faffung zuzu⸗ stimmen. Hierzu beantragte Herr von Behr⸗Schmoldow in
§. 3 des Gesetzes am Schluß folgenden Zusatz zu machen:
„Zunächst und vor Allem leistet bei Zinzausfaͤllen die Eigen thümerin der Bahn, die Bergisch⸗Märkische Eisenbahn, einen Zu⸗ n 66 Foöso des im 5. 2 dieses Gesetzes festgestellten Bau⸗ apitals.“ ;
Herr von Behr brachte bei der Diskussion zu seinem An⸗ trage so viel neues Material vor das Haus — indem er nun— mehr den Antrag stellte, das ganze Gesetz zu verwerfen —, daß das Plenum in Folge dessen sich veranlaßt sah, die Be⸗ rathung und Beschlußfassung über den Gegenstand auszusetzen, und um 41, Uhr die Diskussion zu vertagen.
— In der heutigen (16) Sitzung des Herren⸗ hauses, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums Graf zu Stolberg, und die Staats⸗Minister Dr. Falk, Dr. Friedenthal, Hobrecht und Maybach sowie mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, und welche der Präsident, Herzog von Ratibor, um 1169 Uhr eröffnete, trat das Haus sofort in die Tagesordnung ein. Erster Gegenstand derselben war der Bericht der Budgetkommission über den Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1879/80, sowie über die Gesetzentwürfe, betreffend die Fest⸗ 1 des Staatshaushalts-Etats für das Jahr 1879180, und betreffend die Ergänzung der Einnahmen in dem Staatshaushalts⸗Etat für das iht vom 1. April 1879/80. Der Berichterstatter Graf von Zieten⸗Schwerin beantragte Namens der Kommission, die Vorlagen in der vom Abgeord⸗ netenhause beschlossenen Fassung zu genehmigen. In der Kommission sei die Frage au . ob nicht die Verwer⸗ fung der Vorlagen zu empfehlen, da das Abgeordneten⸗ a in Widerspruch mit der Regierung, einseitig die Ge⸗
älter einzelner Beamten erhöht habe, wie z. B. einzelne Richter⸗ gehälter, während andererseits die Gehälter anderer Beamten, wie z. B. der Staatsanwälte, vermindert worden seien. Die Kommission habe jedoch geglaubt, im Interesse des Zustande⸗ kommens des Etats von einem derartigen Beschlusse Abstand zu nehmen, und empfehle die unveränderte Annahme.
n der Generaldiskussion nahm zunächst Herr von Tettau das Wort. Auch er habe ursprünglich Bedenken getragen, unter den obwaltenden Umständen und mit Rücksicht auf die vom Abgeordnetenhause in seinen Resolutionen ausgesprochenen
orderungen den Etat zu genehmigen, sei jedoch mit Rück⸗ icht auf die Beschlüsse des anderen Hauses selbst und mit Rücksicht auf den Standpunkt, welchen die Negierung ein⸗ nehme, von dieser Absicht zurückgekommen und em⸗ pfehle die Annahme der Kommissionsvorschläge. Der Finanz⸗Minister Hobrecht gab dem Hause eine Darlegung über die finanzielle Lage des Staates, welche im Großen und Ganzen mit den Darlegungen, welche der Minister dem Abgeordnetenhause gegeben, Üübereinstimmte.
Hieran knüpfte der Minister eine Mittheilung über die Re⸗—
sultate der Staatseinnahmen während der ersten zehn Monate des Jahres 1878, aus denen hervorgehe, daß die Einnahmen zwar in einzelnen Verwaltungsressorts gestiegen, im Großen und Ganzen aber hinter der Vorausberechnung zurückgeblieben seien. Der Minister sprach jedoch die Hoffnung aus, daß mit Hülfe von in Aussicht genommenen Reformen die alte Finanzlage des Staats und der Ruhm der altpreußischen Finanzverwaltung baldigst werden wieder herge⸗ stellt werden. In Betreff der Ermäßigung der Steuern verwies der Minister auf die im Abgeordnetenhause gegebene Erklä⸗ rung und hob hervor, daß die Rechte, welche der Staatsregie⸗ rung verfassungsmäßig gewährt seien, auch unberührt aufrecht erhalten werden müßten. Erst die sich wirklich ergeben⸗ den Ueberschüsse könnten zur Ermäßigung der Steuern ver— wendet werden. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (56) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für die land— wirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, genehmigte das Haus in dritter Lesung die Gesetzentwürfe, betr. die Kompetenzkonflikte zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden und betr. die gerichtlichen Verfolgungen wegen Amtshandlungen nach den Beschlüssen zweiter Lesung, und trat den Beschlüssen des Herren— hauses in Bezug auf die Gesetzentwürfe, betr. die Abänderung von Bestimmungen der Disziplinargesetze und betr. die Er⸗ richtung von Landeskultur⸗Rentenbanken bei. Auch der Gesetz⸗ entwurf, betr. die Bildung von Wassergenossenschaften wurde den Beschlüssen des Herrenhauses gemäß angenommen, nachdem von Seiten des Abg. Dirichlet mehrfach der Versuch gemacht war, die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses wieder her— zustellen.
Es folgte die erste und zweite 4 des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Rechtsverhältnifse der Stu— direnden und die Disziplin auf den Landesuniversitäten, der Akademie zu Münster und dem Lyzeum Hosianum in Braunsberg. Gegen den Absatz 2 des §. 2, daß sich die aka— demische Disziplin auch auf Vereine und Versammlungen von Studirenden erstrecken solle, erhob sich von Seiten der Abgg. Dr. Langerhans, Zelle und Dr. Lasker Wider⸗ spruch, während die Abgg. Dr. Mommsen, Dr. Gneist, Dr. von Sybel und der Regierungskommissar, Geheime Regierungs⸗ Rath Dr. Göppert, denselben als nothwendig vertheidigten. Das Haus lehnte jedoch den Absatz 2 ab. Der §. 6 wurde, obwohl sich viele Stimmen gegen seinen zweiten Absatz aus⸗ sprachen, dennoch mit demselben angenommen und erhielt fol⸗ genden Zusatz:
„Der Ausschluß vom Universitätsstudium kann nur auf Grund einer rechtskrästigen Verurtheilung wegen einer strafbaren Hand⸗ lung ausgesprochen werden, wenn dieselbe aus einer ehrlosen Ge⸗ sinnung entsprungen ist.“
Außerdem wurde der Absatz 1 des §. 15 auf den Antrag des Abg. Dr. Köhler (Göttingen) gestrichen. Im Uebrigen wurde das Gesetz nach den Beschlüssen des Herrenhauses an⸗— genommen. (Schluß 1 Uhr.)
— Die Vorschrift der Verfügung des Finanz⸗Ministers vom 26. Juli 1840, wonach die Steuervergütung für den zur BHleiweiß⸗ und Bleizucker-Fabrikation ver⸗ wendeten Branntwein nur in dem Maße zu gewähren ist, als die Branntweinverwendung für Bleizuckerfabriken 30 Quart Branntwein zu 50 Proz. Tralles für jeden Centner Bleizucker und für Bleiweißfabriken 5 resp. 4 Quart Brannt⸗ wein zu 50 Proz. Tralles für jeden Center Bleiweiß nicht übersteigt, ist nach einem Cirkular-Erlaß des Finanz-Ministers vom 23. v. M. durch den Bundesrathsbeschluß vom 20. De⸗ zember 1875 für aufgehoben zu erachten, und hat die Fest⸗ setzung der jährlichen Maximalmenge von Branntwein, für welche ein Erlaß beziehungsweise eine Vergütung der Steuer gewährt werden kann, auf Grund der Vorschriften des mittelst Erlasses vom 18. Juni 1870 mitgetheilten Regulativs betr. die Vergütung, beziehungsweise den Erlaß der Steuer für Branntwein, welcher zur Gewinnung von Alkaloiden ver—⸗ wendet wird, zu erfolgen.
— Der bisherige Spezial⸗Kommissarius, Regierungs⸗ Assessor Thiele ist als i rb n, in das Kollegium der Königlichen General-Kommission zu Münster einberufen und in dasselbe eingeführt worden.
Anhalt. Dessau, 17. Februar. Heute ist der Land⸗ tag eröffnet worden. In der von dem Staats-Minister von Krosigk verlesenen Eröffnungsrede heißt es:
Die mit dem 1. Oktober d. J. in das Leben tretende neue Organisation unserer Justiz⸗Einrichtungen, welche den Landtag in seiner vorigen Diät nur in Bezug auf den Sitz und die Sprengel⸗Eintheilung der neuen Gerichtsbehörden beschaftigt bat, macht die Vorlage einer ganzen Reihe von Gesetzentwürfen erforder⸗ lich, welche theils unmittelbar die Ausführung der Reichs, Justizgesetze bezwecken, theils im Anschluß an die hiernach eintretende Neuregelung unseres Rechtszustands für eine ersprießliche Weiteren twickelung des⸗ selben nothwendig erschienen sind. Die hauptsächlichsten von diesen Gesetzentwürfen, welche zum größten Theil durch eine Kommission ron Fachmännern ausgearbeitet sind, werden Ihnen schon jetzt, die übrigen im Laufe der Diät vorgelegt werden. — .
Die überaus reichlichen Erträge des Salzwerks Leopolds hall während der abgelaufenen Etatsperiode haben die Rechnung der letztern mit 1 683 090 6 Ueber schuß abschließen lassen, von welchem zunächst 500 000 Restkaufgelder für die Schlösser in Cöthen und Bernburg gedeckt und 675 060 M in dem Etat 1878/79 vor⸗ geschrieben worden sind. Für den Etat 1879/80 verbleiben sonach 508 000 S½ς, welche zur kräftigen Förderung der noch dringend wünschenswerthen Schul und Stromkorrektions bauten ohne Erhöhung der Ergänzungssteuer hinreichend gewesen sein würden, wenn nicht die Erträge des Saljwerks Leopoldshall unerwartet zurückgegangen wären.
Es sind Vechandlungen mit den übrigen Besitzern der bethei⸗ ligten Salzwerke eingeleitet, welche zu der Hoffnung berechtigen, daß bereis für das Ctatsjahr 1880‚'31᷑ das Salzwerk Leopolds hall wiederum reichlichere Ueberschüsse gewähren und demnach der Betrag von 6 Steuereinheiten zur Balancirung der Etats pro 1880/81 und folgende Jahre genügen wird. .
Eine auf das Etatsjahr 1879,80 beschränkte Steuererhöhung erschien bei der ungünstigen Lage des Handels und des Gewerbes nicht wünschenswerth; ebensowenig konnte die Regierung eine dem Bedürfniß widerstreitende Einschränkung der oben gedachten Bauten für gerechtfertigt erachten.
Ez ist daher in Aussicht genommen, die Hälfte des Kaufpreises
für die Schlösser in Cöthen und Bernburg mit 250 000 A definitiv auf die Staatsschulden⸗Verwaltungskasse zu übernebmen, durch welche Maßregel eine Balanzirung des Etats ohne Steuererhöhung erreicht wird.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 18. Februar. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause machte der Minister⸗Präsident von Stremayr Mittheilung von der Ernennung des neuen Kabinets und gab darauf folgende Erklärung ab: In Folge des wiederholten Ansuchens des bisherigen Kabinets um Ent— lassung seien seit einem Jahre mehrfache Versuche zur Neu⸗ bildung eines Kabinets gemacht worden. Wenn dieselben er⸗ folglos geblieben, liege der Grund daran, daß zu den großen Schwierigkeiten der allgemeinen politischen Lage jetzt noch der Umstand getreten sei, daß die gesetzliche Funktionsdauer des Hauses noch in diesem Jahre zu Ende gehe und daß daher jede Regierung ihr neues Programm erst vor einem neu gewählten und bis dahin noch gar nicht gekannten Abgeordnetenhause zu vertreten haben würde. Diese Verhältnisse bestimmten auch die Stellung der gegenwärtigen Regierung, sie habe weder ein zukünftiges Programm, noch eine neue politische Aktion zu verkünden, sondern zunächst dafür zu sorgen, daß in den parla— mentarischen Geschäften keine Unterbrechung eintrete, daß der Uebergang der verfassungsmäßigen Funktionen auf das neue Abgeordnetenhaus sich ohne Störung vollziehe und daß die Verwaltung in gewissenhafter Objektivität mit fester Hand geführt werde. Einer Darlegung der maßgebenden Prin— zipien bei Erfüllung dieser Aufgaben bedürfe es nicht, da die bisherigen Mitglieder des Kabinets in einer sieben⸗ jährigen Vergangenheit Gelegenheit gehabt hätten, diese Prin⸗ zipien zu bethätigen und sich durch eine bewährte Kraft ver— stärkt hätten. „Indem ich den letzteren Umstand“, fuhr der Minister⸗Präsident fort, „mit Befriedigung erwähne, wird es das Haus begreiflich finden, wenn es mich zugleich drängt, in diesem Momente auch der beiden aus unserem Kreise geschie⸗ denen Männer in dankbarer Gesinnung zu gedenken. Bezüg⸗ lich der Geschäfte, welche zunächst der Erledigung durch dieses Haus bedürfen, hebe ich, abgesehen von legislatorischen Ar⸗ beiten, die durch die dringenden Bedürfnisse des Augenblicks bedingt sind, vor Allem das Budget und die damit zu⸗ sammenhängenden Vorlagen hervor. Für die unser staat⸗ liches Leben so tief berührenden Beziehungen zum Orient ist eine durch den Berliner Vertrag bestimmte, fest begrenzte Grundlage geschaffen. Auf dieser fußend, erkennt es die Re⸗ gierung als ihre Pflicht, bei der dem gemeinsamen Ministerium zustehenden Durchführung der auf dem Berliner Kongresse übernommenen Aufgaben für die äußerste Sparsamkeit in jeder Richtung einzustehen, jede Gefahr einer staatsrechtlichen Verwickelung fern zu halten und, soweit es mit der Ehre und der Sicherheit der Monarchie vereinbar ist, neue Opfer zu verhüten. Bei der parlamentarischen Abwicke⸗ lung der noch von diesem Hause zu erledigenden Gegenstände rechnen wir auf Ihre loyale Unterstützung im Interesse des Staates und der gesammten Bevölkerung, welche mit Recht verlangt, daß das große Prinzip der verfassungsmaßigen Be⸗ handlung der öffentlichen Angelegenheiten auch aus schweren Kämpfen ungeschädigt hervorgehe. Wir appelliren an Ihre staatsmännische Einsicht und an Ihre Vaterlandsliebe, welche in und außer diesem Hause alle Volksstämme und alle Par⸗ teien im Reiche zu gemeinsamer ersprießlicher Thätigkeit auf⸗ ruft.“ — Hierauf begann das Haus mit der Erledigung seiner Tagesordnung.
— Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel: Der Sultan hat das anläßlich der Regelung der Grenzfragen von dem Fürsten von Montenegro an ihn gerichtete Glückwunschtelegramm in höflicher und freundschaftlicher Weise beantwortet. — Rustem Pascha wird sich demnächst nach Philippopel begeben, um sich der internationalen Kommission vorzustellen. — Zwischen der Pforte und Samos droht ein Konflikt auszubrechen; die konstitutionelle Vertretung hat die Absetzung des Fürsten Photiades Bey beschlossen und die Pforte ersucht, einen neuen Fürsten zu ernennen. Die Pforte scheint indessen nicht geneigt, den Beschluß der Nationalver⸗ sammlung von Samos anzuerkennen.
— 19. Februar. Die Abreise der Kaiserin nach Irland ist auf heute Abend 9 Uhr festgesetzt. — Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht den provisorischen Handelsvertrag mit Frankreich. — Die Abreise des Professors Sueß nach Teplitz zur Untersuchung des Thermenunglücks, erfolgte auf speziellen Wunsch des Kaisers.
Pest, 18. Februar. (W. T. B.) Im Abgeordneten⸗ hau se erklärte der Minister⸗Präsident Tisza, daß er, nach⸗ dem beide Häuser des österreichischen Reichsrathes über den Berliner Vertrag verhandelt hätten, nunmehr ebenfalls bei der ersten sich darbietenden Gelegenheit die Aufmerksamkeit des Hauses auf diesen Gegenstand lenken werde.
Niederlande. Haag, 18. Februar. (W. T. B.) Der bisherige Legations⸗Rath bei der niederländischen Gesandtschaft in Paris, Witewaall van Stoetwegen, ist zum Minister-Residenten in Japan ernannt worden.
Großbritannien und Irland. London, 17. Februar. (6. C.) Die Vorbereitungen für die Absendung der Hülfs⸗ truppen nach dem Kap wurden auch gestern (Sonntag) nicht unterbrochen. Der erste Transport, das 91. Regiment (Hochländer), in Stärke von 40 Offizieren und 906 Mann, geht am Mittwoch, den 19. 8. M., von Southampton ab.
— 18. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte auf eine Anfrage Lord Ripons der Staatssekretär für Indien, Cranbrook: er habe noch keine Mittheilung darüber erhalten, daß General Roberts die Annexion des Khurumthales proklamirt habe. Es sei in dieser Angelegenheit auf telegraphischem Wege bei der Re⸗ gierung von Indien angefragt worden, doch sei bisher noch keine Antwort eingegangen. .
— 19. Februar. (W. T. B.) Der Deputirte Dil e hat eine Resolution angemeldet, in welcher das Unter⸗ haus zwar seine Geneigtheit ausspricht, die Regierung zu unterstützen, um die von den englischen Truppen in Süd⸗ afrika erlittene Scharte wieder auszuwetzen, gleichzeitig jedoch
die Gründe für unzulänglich erklärt werden, die zu der In⸗ vasion des Zululandes geführt hätten.