1879 / 51 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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riff obligatorisch sei allerdings schwankend, aber der Antrag Stumm lasse über den gewollten Zwang nicht im Unklaren. Redner wies nach, daß die Behandlung dieser Frage Seitens des Reichstages nicht blos einen volkswirthschaftlichen Charakter getragen habe, sondern vielfach mit politischen Gesichtspunkten vermischt gewesen sei. Es sei undenkbar, daß die Einrich⸗ tungen eines Jahrhundert alten Betriebes, wie es der Berg⸗ bau sei, sich so leicht auf Handwerke übertragen ließe, welche durchaus den Stempel der neuen Zeit an der Stirn trügen. Bei den heutigen Konjunkturen aller Geschäfts⸗ branchen, wo der Arbeiter fortwährend gezwungen sei, die Art der Arbeit und den Ort zu wechseln, könne man es doch nicht verantworten, denselben zu zwingen, fort und fort Geld abzutragen, um ein Kapital zu schaffen, von dem er erst nach sehr langer Zeit einen Nutzen haben könnte. Nun komme der Vorschlag der Staatsgarantie; aber diese Garantie sei eine zweischneidige Wasfe, und nur mit äußerster Vorsicht dürfe man an sie anknüpfen. Er (Redner) zweifle keinen Moment an der bona fides des Abg. Stumm und er sei überzeugt, daß derselbe mit seinem Vorschlage in redlichster Weise die Absicht verbinde, dem Arbei er zu nützen, daß er die Schatten, die sich doch unleugbar um das Gemüth der Arbeiter gelagert hätten seit Erlaß des Sozialistengesetzes, verscheuchen wolle; aber das werde ihm damit in keiner Weise ge⸗ lingen. Er (Redner) wisse ganz genau, daß die Arbeiter diesen Antrag nur mit größtem Mißtrauen ansähen, ja daß sie glaubten, man wolle ihnen durch Einführung obli⸗ gatorischer Kassen, wie sie sich ausdrückten, eine neue Kette anlegen. Die Gewerkvereine hätten gezeigt, wie der Vor— redner behauptet habe, daß fakultative Einrichtungen dem Arbeiter für die Zeit der Armuth, Noth und Krankheit nicht zu helfen vermöchten. Aber die Gewerkvereine hätten Vor— zügliches gewirkt und außerordentlich genützt, sie wären aber noch weit besser gediehen, wenn man sie nicht gerade von der konservativen Seite in jeder Weise verfolgt, und sie, die schärfssten Gegner der Sozialdemokratie, fortwährend als Pioniere derselben hingestellt hätte. Ja, die Freiheit allein lasse solche Institute, die dem Lande zum Segen gereichen sollten, gedeihen, jeder Zwang schlage zum Schaden aus. Sein Antrag schaffe und fördere diese unentbehrliche Freiheit, Redner bitte darum das Haus, ihn anzunehmen.

Der Abg. Reichensperger (Olpe) bemerkte, durch die Ein⸗ richtung von Unterstützungskassen werde die moralische wie praktische Tüchtigkeit des Arbeiterstandes ohne Zweifel erhöht; die Konkurrenzfähigkeit der Industrie gehoben. Wenn aber eine Gemeinde gezwungen sei, die alten und arbeitsunfähig gewordenen Arbeiter zu versorgen, Krankenhäuser zu bauen und die obligatorische Armenpflege zu übernehmen, so müsse sie auch das Recht haben, die Einführung zwangsweiser Unter— stützungskassen zu verlangen. Zwar sei ja auch auf diesem Gebiete die Selbsthülfe das Wünschenswertheste; aber eine lediglich fakultative Einrichtung würde gar keine Wirkung haben. Das Haus habe die moralische Verpflichtung für die Interessen des Arbeiterstandes nach der äußeren Unterdrückung der sozialdemokratischen und kommunistischen Propaganda mit positiven Leistungen einzutreten. Der Antrag Stumm biete dazu eine geeignete Handhabe.

Der Abg. Dr. Rickert gab zunächst eine Uebersicht über die parlamentarische Geschichte der auf die Altersversorgung der Arbeiter bezüglichen Bestrebungen, die namentlich in der Spezialkommission von 1877 eine sorgfältige Berathung er⸗ hätten. Auf Grund der Haltung, die er in

ahren h Kommission eingenommen habe, und in Konsequenz derselben entscheide er sich für den Antrag Günther im Ge⸗ gensatze zum Antrage Stumm. Die Ausführbarkeit des letz⸗

teren Antrages bezweifele er auf das Entschiedenste, da für die zur nächsten Session geforderte Vorlage bis dahin nicht das genügende statistische Material beschafft werden könne. Obligatorische Kassen einzuführen, sei kein Grund vorhanden. Er sei ein Freund des Militär- und des Schulzwanges, weil Beide dem öffentlichen Wohle und dem Interesse des Staates entsprächen, aber bezüglich der rang raffen habe Abg. Stumm einen derartigen Beweis nicht beizubringen vermocht. Die Ausfüh⸗ rungen des Abg. Stumm litten an einer gewissen Halbheit; entweder müsse man die Zwangskassen gar nicht im Prinzip gelten lassen oder aber sie nicht auf die Fabrikarbeiter allein beschränken; das sei eine Ungerechtigkeit und führe zu einer Doppelbesteuerung der letzteren, die so gezwungen würden, einerseits zur Zwangsunterstützungskasse und andererseits gleichzeitig zur Ortsarmenkasse beizutragen. Den Zwangskassen, respektive dem Kassenzwange trete auch der Umstand entgegen, daß die Arbeitnehmer nicht durchweg im Stande sein würden, die Kassenbeiträge zu leisten und den Arbeitgebern dürfe man deren Zahlung doch auch nicht ohne Weiteres heute zumuthen, wo die Industrie so schwer leide. Napoleon III. sei auf sozialem Gebiete ein Mann von kühner Initiative gewesen, aber sein noch 1869 oder 70 entworfener Plan, Kassen, wie sie der Antrag Stumm wolle, zu gründen, sei gescheitert an dem Widerstand der Thatsachen. Geduld, langsame Arbeit würden dem Volke mehr nützen, als ein ewaltsamer Eingriff in das Arbeiterwesen, der nie gute Früchte tragen könne.

Hierauf erwiderte der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats⸗Minister Hofmann, 1876 seien die verbündeten Re⸗ . ersucht worden, genaue Mittheilungen an die

eichsregierung gelangen zu lassen, wie viele Alters, Inva⸗ liden⸗ 2c. Kassen in ihren Gebieten seien, und die Statuten einzusen den. Dieses Material sei der Regierung nun bis in die letzte Zeit geliefert worden, und dieselbe sei gern bereit, dieses Material der etwa vom Hause einzusetzenden Kommission uzustellen. Vorläufig könne er dem Hause mittheilen, daß Ver en g sse beständen: 5144 mit 1 606 000 Mitgliedern und 24 560 000 6 Vermögen; Invaliden⸗ und Altersversorgungs⸗ kassen 166 mit 39 107 Mitgliedern und etwas über 3 Mill. Mark, Wittwenkassen 183 mit 25 580 Mitgliedern und 8 S48 000 (, endlich gemischte Unterstützungskassen 1035 mit 171 965 Mit⸗ gliedern und 17 687 0900 S Vermögen. Daraus gehe hervor, daß das Kassenwesen schon einen bedeutenden Umfang erreicht habe. Nun ließen sich drei Wege zur weiteren Ausdehnung dieser segensreichen Institute denken, einmal obligatorische Einrichtung, wie sie der Antrag Stumm verlange, sodann ein ewisser bedingter Zwang mit Aufstellung von gewissen

ormen und dann völlige fakultative Einrichtung. Er glaube, daß man sich noch nicht für ein bestimmtes System aussprechen könne, der Vorschlag kommissarischer Berathung werde wohl den Beifall des Hauses finden, und könne dasselbe der Ueberzeugung sein, daß Seitens der Reichsregierung der

bestehe schon seit Jahrhunderten, die älteste Kasse sei vom Jahre 1300. Dem modernen Gewerbebetriebe sei das Knapp⸗ schaftswesen aber erst durch das Gesetz von 1854, welches seinem Inhalte nach in das neue preußische Berggesetz über⸗ gegangen sei, angepaßt. Hiernach seien die * für den Krankheits⸗, Invaliditäts- und Todesfall eingeführt, während nach dem sächsichen Berggesetz die Fürsorge für den Fall der Invalidität dem freien Ermessen der Arbeiter anheimgestellt bleibe. Die Frage, ob eine Ausdehnung dieser Einrichtung von der Montanindustrie auf die anderen Gewerbebetriebe dringend geboten sei, müsse er unter den gegenwärtigen Verhältnissen entschieden bejahend beantworten. Man unter⸗ stütze damit eine der humanitären Bestrebungen, welche am besten geeignet seien, die Irrlehren der sozialdemokratischen Agitation von den Arbeitern fern zu halten. Der Staat habe die Verpflichtung, die berechtigten Forderungen der Ar⸗ beiter zu befriedigen und ihnen Wohlwollen in der Gesetz— gebung dadurch zu zeigen, daß Institute geschaffen würden, welche ihnen ermöglichten, einer sorgenfreien Zukunft entgegen⸗ zusehen. Die Regelung des Pensionswesens solle sich nun auf alle Arbeiter ohne Ausnahme beziehen. Wenn dieses auch als letztes Ziel anerkannt werden müsse, so frage sich doch, welche Klassen von Arbeitern hier zunächst ins Auge ge⸗ faßt werden sollten. Dies könnten nur die Fabrikarbeiter sein. Für die landwirthschaftlichen Arbeiter sei die Angelegen⸗ heit nicht so dringend, und es seien auch in verschiedenen Ge— genden Deutschlands, namentlich von Großgrundbesitzern, Ein⸗ richtungen getroffen, welche den ländlichen Arbeitern, auch wenn sie kaum mehr arbeitsfähig seien, ihre Existenz sicherten. Auch für das kleine Gewerbe sei das Bedürfniß nicht so dringend. Was die Kassen selbst betreff, so müßten sie obli— gatorisch sein, da die große Masse der Arbeiter nicht Energie und Enthaltsamkeit genug besitze, um freiwillig für eine Eventualität im Voraus zu sorgen, die sie meistens noch in sehr weiter Ferne glaubten. Gerade wenn hier ein Zwang ausgeübt werde, so leiste man den Arbeitern einen sehr großen Dienst. Die Gewerkvereine hätten auf diesem Gebiete sehr wenig geschaffen und die dort gewonnenen Resultate sprächen am allerwenigsten zu Gunsten der freien Kassen. Im Jahre 1874 hatten diese Vereine 20000 Mitglieder ge— habt, davon zahlten 10 000 zur Invalidenkasse. Nach den Mit⸗ theilungen des Abg. Stumm steuerten jetzt nur 3000 Mit— glieder zu dieser Kasse. Dieser Rückgang müsse zum Theil auch dem Umstande zugeschrieben werden, daß die betreffenden Kassen oft nicht für sicher gehalten würden, und sie seien es thatsächlich häufig nicht, da ihre Sicherheit davon abhänge, daß alljährlich eine gewisse Zahl von Mitgliedern beitrete; wenn hier ein Zwang nicht stattfinde, so könne ihre Existenz sehr leicht gefährdet werden. Zudem würden in diese Kassen die von Hause aus kranken Arbeiter gar nicht aufgenommen; von Kassen, welche nach dem Antrage Stumm errichtet würden, dürften diese Personen nicht ausgeschlossen werden. Man müsse diese Angelegenheit so behandeln, daß die Arbeiter sich davon überzeugten, daß das Haus ein Herz für ihre Leiden habe und die Verpflichtung anerkenne, in jetziger Zeit etwas für sie zu thun, um ihr Alter sicher zu stellen.

Der Abg. Dr. Bamberger betonte, die heutige Verhand— lung werde vielleicht den Eindruck machen, daß wohl hier und da einzelne Kleinigkeiten an der Organisation der Knappschafts— kassen bemängelt werden könnten, daß aber im Ganzen an den— selben nichts auszusetzen sei. Eine solche Auffassung würde aber unrichtig sein, denn die Knappschaftskassen seien denselben Män⸗ geln unterworfen, wie alle Unterstützungskassen, wie es sich namentlich in England zur Evidenz herausgestellt habe. In Sachsen und am Rhein sei der Glaube an deren Fortexistenz auf ihrer heutigen Basis stellenweise stark erschüttert. Es sei also und das wolle er dem Abg. Stumm bemerken doch wohl nicht rathsam, unter solchen Verhältnissen die ganzen ge— werblichen Kassen auf das Knappschaftssystem zu begründen.

Der Abg. Dr. Hammacher nahm dem Vorredner gegen über das Organisationsprinzip der Knappschaftskassen energisch in Schutz. Schon seit 25 Jahren habe allerdings jeder Sta⸗ tistiker ihr Prinzip als ungesund bezeichnet, ihren Untergang prophezeit, nichtsdestoweniger aber hätten sich die Knapp— schaftskassen bis heute als ganz lebensfähig erwiesen. Redner verwies zur Begründung dieses allgemeinen Satzes mit zahl— reichen statistischen Angaben auf das Beispiel der Essener ö hin, die zu den bedeutendsten der Monarchie gehöre.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen.

In seinem Schlußwort führte der Antragsteller, der Abg.

Stumm, aus, daß die Diskussion eine ziemliche Zahl von Mißverständnissen aufzuweisen gehabt habe. Nicht er sei mit seinem Antrage inkonsequent, sondern diejenigen, die diese Anschuldigung erhöben. Das Gesetz von 1876 habe ja ausdrücklich eine neue Art von Zwangskassen eingerichtet, nämlich die obligatorischen Krankenkassen. Die Staatsgarantie sei nicht von ihm als Korrelat dieser Kassen hingestellt worden, wie der Abg. Günther behauptet habe. Der Hinweis auf die englischen Kasseneinrichtungen entbehre ebenfalls der Stich— haltigkeit, denn es handele sich hier ja zunächst nur um Ar— beiterinvaliden⸗Pensionskassen. Der Abg. Rickert habe behauptet, er habe durch unrichtige statistische Zahlen seinen Antrag selbst todigemacht; diese Angabe sei durch den Präsidenten des Reichskanzler⸗Amts genügend widerlegt worden, ebenso habe der Angriff auf die Knappschaftskassen schon vom Abg. Dr. Hammacher Abwehr erfahren; er mache sich n ü in der Kommission nachzuweisen, daß jede einzelne dieser Kassen eine steigende Prosperität aufzuweisen habe. Dem Arbeiterstande müsse gerade jetzt, da die Zeiten so schlechte seien, 69 werden; wären die Zeiten besser, so würde gerade daraus ein Argument für eine Vertagung der Sache hergeleitet werden. Mit den gegenwärtigen Zoll- und Steuer— fragen stehe der vorliegende Antrag in keinem Zusammen— hang. Den Abg. Bamberger habe er, wie er glaube, bereits widerlegt. Er hebe nur noch hervor, daß ihm kein Knapp⸗ schaftsverein bekannt sei, der so hittere Erfahrungen gemacht habe, wie viele auf das Genossenschaftsprinzip gegründete Vereine. Nach einigen persönlichen Bemerkungen der Abgg. Günther, Rickert und Stumm verwies das Haus beide Anträge an eine aus 21 Mitgliedern bestehende Kommission und vertagte sich um 5 Uhr.

In der heutigen (12.) Sitzung des Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler⸗Amts Staats-Minister Hofmann und mehrere Bevollmächtigte zum Bundes—⸗ rath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der

Frage die eingehendste Theilnahme entgegengebracht werde. Der Abg. Ackermann führte aus, das Knappschaftswesen

Präsident mit, daß die Kommission zur Vorberathung des

gewählt sei und sich wie folgt konstituirt habe: Abgg. Dr. Harnier (Vors.), Fürst zu Hohenlohe⸗Langenburg (Stellv.), Staudy und Pr. Iruning (Schriftf.). Bei der dritten Be⸗ rathung des Weltpostvertrages und der Ueberein kommen, betreffend den Austausch von Briefen mit Werthangabe und von Postanweisungen, erklärte auf eine Anfrage des Abg. Berger der Kommissar des Bundesraths, Geh. Ober⸗-Post⸗ Rath Günther, daß nach den Verträgen der Ab⸗ sender von Werthbriefen nicht verpflichtet sei, den vollen Werth der Briefe zu deklariren. Er sei aber nicht berechtigt, in Betreff der Vorlegung der Protokolle über die internationalen Verhandlungen, betr. diese Vorlagen eine bestimmte Zusage zu machen. Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Majunke erwiderte derselbe Kommissar, daß unter Geschäftspapieren verstanden würden alle Schriftstücke und Urkunden, welche nicht die Eigenschaft einer eigentlichen persönlichen Korrespondenz haben. Die Vorlagen wurden unverändert genehmigt.

Es folgte sodann die erste Berathung der Gesetzentwürfe betreffend die Feststellung des Reichs haushalts-Etats für das Etatsjahr 1879/80, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen der Post und Telegraphen, der Marine, des Reichsheeres und zur Durchführung der Münzreform und betreffend die Erwer⸗—⸗ bung und bauliche Instandsetzung eines Grundstückes für das Gesundheitsamt. Der Präsident des Reichskanzler-Amts leitete die Berathung mit einer Uebersicht über die letztverflossenen Etatsperioden ein. Das Defizit pro 1877/78 habe nicht, wie man hätte annehmen müssen, 20, sondern nur II Millionen Mark betragen, und sich so—gar in Folge verschiedener eingezogener Resteinnahmen in einen Ueberschuß von 1 050 000 S6 verwandelt. Das jetzt laufende Etatsjahr zeige beim Reichskanzler⸗Amt in Folge der Maßregeln gegen die Rinderpest, der Ausdehnung des Patentamtes und der verschiedenen Enquetekommissionen eine Mehrausgabe von 1242 000 S6; beim Reichstag wegen der außerordentlichen Session von 237 000 ½ͤ und beim Auswärtigen Amt von 200 000 S6 Demgegenüber ständen mehrere Min— derausgaben, wobei hauptsächlich die Militärverwaltung mit 4 Millionen Mark partizipire. Minbereinnahmen hätten namentlich die Zölle und Verbrauchssteuern im Betrage von 15 278 000 M ergeben, denen Ueberschüsse bei der Post von 1209 000 6 6 und bei den Eisenbahnen von 500 000 ( entgegenzustellen seien. Der vorliegende Etat weiche nicht erheblich von dem laufenden ab, und die geringen Ab⸗ weichungen seien ausführlich motivirt. Der Minister sprach die Hoffnung aus, daß es diesmal, gelingen werde, auf Grund der Vorschläge der Heidelberger Finanz- Minister⸗Konferenz eine Einigung über die Reform der Finanzverhältnisse des Reichs mit dem Reichs— tage zu erzielen. Die Abgg. Rickert und Dr. Nieper be⸗— antragten, die Ueberweisung verschiedener Etatskapitel und der beiden anderen mit zur Diskussion stehenden Vor— lagen an die Budgetkommission. Der Abg. von Benda er— klärte, daß die Mehrheit seiner Partei der Meinung sei, daß die finanzielle Selbständigkeit des Reichs auf dem Wege der indirekten Steuern erzielt werden müsse und daß die Frage ver konsti⸗ tutionellen Garantien ihrer Lösung sehr nahe gebracht sei. Trotzdem würden die künftigen Vorlagen sachli auch mit Rücksicht auf die Gesammtlage des Reiches zu prüfen sein. Sehr förderlich werde es in dieser Beziehung sein, wenn man die finanzielle Frage von der wirthschaftlichen trennen werde. Die Budgetkommission müsse sehr sorgfältig die sächlichen Ausgaben, namentlich die Bauten in Bezug auf überflüssigen Luxus prüfen. Der Abg. Frhr. von Minnigerode bezweifelte, daß es in Hinblick auf die im Etat aus— geworfenen Summen möglich sein werde, die sächlichen Ausgaben für die Militärverwaltung noch erheblich mehr herabzumindern, vielmehr werde man bei dem Mangel an entsprechenden Einnahmen hauptsächlich darauf Bedacht nehmen müssen, an die außerordentlichen Ausgaben scharfe Kritik an⸗ zulegen. Mit der vorgeschlagenen geschäftlichen Behandlung des Etats erkläre er sich einverstanden. Beim Schlusse des . . der Direktor im Reichskanzler⸗Amt Dr. Michaelis das Wort.

Der Kaiserliche General⸗Konsul Dr. Blau in Odessa ist daselbst am 26. d. M. gestorben. Derselbe ist 1852 in den konsularischen Dienst eingetreten, wurde 18568 zum Kon—⸗ sul in Trapezunt ernannt, fungirte sodann in derselben Eigen⸗ schaft in Ragusa und in Serajewo, bis er 1872 auf den zu—⸗ letzt inne gehabten wichtigen Posten berufen wurde. In allen diesen Stellungen hat der Verstorbene mit seltener Tüchtig— keit und Umsicht seine dienstlichen Obliegenheiten wahr— genommen und sich allgemeine Anerkennung zu erwerben ge— wußt. Der Verlust des bewährten und kenntnißreichen Beamten wird allseitig empfunden werden.

Die soeben erschienene, vom Reichskanzler⸗Amt heraus— gegebene „Amtliche Liste der Schiffe der deutschen Kriegs- und Handels-Marine mit ihren Unter⸗ scheidungs⸗-Signalen für 1879“ (Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer, 1879, Preis kart. 1 6) bildet den Anhang zum internationalen Signalbuche, welches unter dem Titel „Signalbuch für die Kauffahrteischiffe aller Nationen“ im Juni 18/0 vom Reichskanzler-⸗Amte herausgegeben ist.

Das Signalbuch gewährt den Schiffen die Möglichkeit, durch Signale sich zu erkennen zu geben und sonstige Mit⸗ theilungen unter einander, sowie mit Signalstationen, auch dann auszutauschen, wenn die signalistrenden Theile ver⸗ schiedener Sprachen sich bedienen.

Zu diefem Zwecke enthält das Signalbuch eine große Anzahl sowohl vollständiger Sätze, als auch zur Verbindung mit ein⸗ ander geeigneter Satztheile, einzelner Wörter, Namen, Silben, Buchstaben und Zahlen, welche durch Gruppen von je 2, 3 oder der 18 Signaͤlstaben B, 6, H, F, G, H, J, K, L, M, N, F, (Q, R, 8, L, Vund W bezeichnet sind. Solcher Gruppen, deren jede anders geordnete oder andere Buchstaben enthält, als alle übrigen, giebt es 306 von je 2 Signalbuchstaben (B0, BD, BF, BG u. s. w. bis WV), 4896 von je 3 Signalbuchstaben (B6b, Boh, Bod, Boll ü. s. w. bis WVI) und 73 4460 von je 4 Signalbuchstaben (60D, BobG, BobH, Bobl u. s. w. bis WV).

Alle 306 Gruppen von 2 Signalbuchstaben, alle 4896 Gruppen von 3 Signalbuchstaben und von den Gruppen von 4 Signalbuchstaben die ersten 189690 (B90Db bis GPM) dienen zur Bezeichnung der in das Signalbuch aufgenomme⸗ nen Sätze, Satztheile, Wörter u. s. w.

Von den uͤbrigen Gruppen von 4 Signalbuchstaben sind die 1440 Gruppen von G0B0 bis GWF zur Bezeichnung

Gesetzentwurfs, betreffend die Verfälschung von Nahrungsmitteln,

der Schiffe der Kriegs-Marinen und die letzten 53 040 Grup⸗

pen von ABG bis WVIs zur Bezeichnung der Schiffe der Handels⸗Marinen in der Art bestimmt, daß jedem Kriegs⸗ und beziehungsweise Kauffartheischiffe eins dieser 1440 4 53 040 -) 54 480 Signale als Unterscheidungs signal zuzutheilen ist.

Jedem Staate stehen alle Unterscheidungssignale behufs Vertheilung auf die Schiffe seiner Flagge zur freien Verfü⸗ gung. Schiffe von verschiedenen Flaggen führen daher viel⸗ fach dasselbe Unterscheidungssignal, Schiffe unter derselben Flagge niemals. . 8

Die Vertheilung der Unterscheidungssignale auf die ein⸗ elnen Schiffe wird durch die zuständigen Behörden der ver⸗ an denen Staaten bewirkt. Jedem deutschen Kauffahrtei⸗ schiffe wird gleich bei der Eintragung in das Schiffsregister ein solches Unterscheidungssignal zugetheilt und in seinem Schiffscertifikate vermerkt. So lange das Schiff unter deut⸗ scher Flagge fährt, behält es dieses Unterscheidungssignal auch beim Wechsel seines Heimathshafens oder seiner Register⸗ behörde unverändert bei.

Die nach der spystematischen Reihefolge der Unter⸗ scheidungssignale geordnete Liste ergiebt nun, welche Unter⸗ scheidungssignale den einzelnen Schiffen der deutschen Kriegs⸗ und Handelsmarine beigelegt worden sind. ,

Für die Schiffe anderer Staaten, welche das Signal⸗ uc ebenfalls angenommen haben, sind ähnliche Listen vor⸗

anden.

Die Art und Weise, wie die Unterscheidungssignale zu signalisiren sind, ergiebt sich aus dem in dem Signalbuche ent⸗ haltenen Abschnitte über „Einrichtung und Gebrauch des Signalbuches.“ Will ein Schiff sich einem andern Schiffe, einer Signalstation u s. w. zu erkennen geben, so muß es außer seinem Unterscheidungssignale stets auch seine National⸗ flagge zeigen, da, wie oben erwähnt, Schiffe verschiedener Flaggen vielfach dasselbe Unterscheidungssignal führen.

Ein Schiff, welches das Unterscheidungssignal eines andern Schiffes wahrnimmt, kann sodann dessen Namen, Heimathshafen, Ladungfähigkeit und Dampfkraft aus der be⸗ treffenden Liste sofort ersehen. Besitzt es die Liste nicht, so wird es sich behufs späterer Feststellung oder Weitermeldung 3j Nationalität und das Unterscheidungssignal zu merken

aben.

Alljährlich erscheinen neue Ausgaben der Schiffsliste und im Laufe jedes Jahres drei bis vier Nachträge zu derselben.

Der Minister des Innern hat sich in einem Erlaß vom 10. Januar d. J. ben Ausführungen des Ober-Tribunals in dem Erkenntnisse vom 24. Mai v. J., wonach der 8. 71 des Ge⸗ setzes über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 1847, insoweit derselbe zur Annahme ausländischer Juden als Gewerksgehülfen, Gesellen oder Lehrlinge eine besondere Ge— nehmigung erfordert, in Folge des §. 41 der Reichs⸗Gewerbe⸗ ordnung vom 21. Juni 1869 für aufgehoben zu erachten ist, angeschlossen. Demgemäß sei an dem Erfordernisse einer be— sonderen Genehmigung zur Annahme ausländischer Juden für die oben bezeichneten Berufsarten im diesseitigen Staatsgebiete fernerhin nicht mehr festzuhalten.

Dagegen müsse es bezüglich der Annahme ausländischer Juden als Rabbiner und Synagogenbeamte, oder als Dienst⸗ boten bei der Vorschrift des 8. 71 des Gesetzes vom 23. Juli 1847 bis auf Weiteres bewenden.

Bayern. Münch en, 26. Februar. (Allg. Ztg.) In der heuti⸗ en Ahendsitzung der Kammer der Abgeordneten wurde die Spezialdebatte über die Postulate für Bauten und Ein⸗ richtungen der Justizverwaltung fortgesetzt. Die Re⸗ gierung verlangte, da in der Vormittagssitzung die geforderten 78 909 M für ein neues Bezirksgerichtsgebäude in Augsburg abgelehnt worden, nunmehr für den Bau eines Gerichts gebäudes in Friedberg einen Betrag von 110090 M6, welcher nach einiger Debatte von der Kammer genehmigt, wurde. GEbenso wurden die weiteren 16 Postulate sehr rasch bewilligt. Zu den Einrichtungskosten für Landgerichte, die auf 84 000 veranschlagt sind, beantragte Crämer, nur 560 000 S6 zu be⸗ willigen, weil nach dem von ihm gestellten Antrage nicht 28, sondern nur 20 Landgerichte errichtet werden sollen. Ueber diesen, sowie über die weiteren auf eine andere Organisation der Landgerichte abzielenden Anträge wurde die Debatte heute nicht beendet; dieselbe soll morgen fortgesetzt werden.

27. Februar. (W. T. B.) Der Landtag hat nach einer zweitägigen Debatte die Pofition von 84 060 9 für die Landgerichte nach dem Antrage des Ausschusses an⸗ genommen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 27. Februar. (W. T. B.) In den Delegationen sind Vorlagen der Regierung ein⸗ gebracht worden, betreffend die Ertheilung der Indemnität für die im Jahre 1878 verausgabten 4170 Millionen Fl. und die Ermächtigung zur weiteren Verausgabung von 5 Millionen Fl. fur die Reparirung der Elementarschäden in dem Okkupationsgebiete, ferner betreffend das Ersorderniß für die Okkupation pro 1879 mit 356 10 Millionen Fl. auf wel⸗ chen Betrag die Delegation bereits 20 Millionen Fl. bewilligt hat, endlich betreffend die Bewilligung von 96 560 Fl. für außerordentliche diplomatische Auslagen pro 1879.

Schweiz. Bern, 26. Februar. (N. Zürch, Ztg.) Die Bundesversammlung beginnt am 17. März die zweite Abtheilung ihrer Wintersession. Unter den Vorlagen befinden sich folgende: Wahl eines Mitgliedes des Bundes⸗ raths (an Stelle des verstorbenen Bundesraths Scherer); Revision des Art. 65 der Bundesverfassung (Todes⸗ strafe betreffend), anhängig beim Ständerathe; Ratifikation des neuen internationalen Münzvertrages vom ö. NRiovemher 1878, sowie der Uebereinkunft, betreffend Zurückziehung der italienischen Silberscheidemünzen (die Deklaration, betreffend Sistirung der Ausprägung silberner Fünffrankenstücke für 1879, ist schon in der Dezembersitzung ratifizirt worden); Botschaft vom 29. No⸗ vember 18978 und Entwürfe, betreffend Umprägung der schweize⸗ rischen Nickelmünzen (20, 10 und 5. Centimesstücke), beim Nationalrathe anhängig; und Botschaft, betreffend nachträg⸗ hh Genehmigung einer temporären Handelsübereinkunft mit Italien.

Großbritannien und Irland. London, 2I. Fe⸗ bruar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unter⸗ hauses antwortete der Unter-Staatgsekretär Bourke auf eine Anfrage ODonnels: Der Regierung sei der bulgarische Verfaffungsentwurf noch nicht zuge⸗ gangen, und habe er von den Bestimmungen desselben keine

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amtliche Kenntniß. Was indeß die rer,, anbe⸗ lange, so stelle Artikel 5 des Berliner Vertrages die Religions⸗ freiheit und die Freiheit der Religionsübung für alle Ein⸗ wohner Bulgariens als Basis auf. Der Staatssefretär des Krieges, Stanley, erklärte auf eine Anfrage Whitwells, daß die Zahl der nach dem Kap bereits eingeschifften oder noch einzuschiffenden Truppen S000 bis 90006 Mann mit 1800 Pferden, 18 Geschützen und 276 Wagen betrage. Im weiteren Verlaufe der Sitzung brachte der Schatzkanzler Northeote die Vorlage, betreffend die Bewilligung eines Extrakredits von 1500 000 Pfd. Sterl. zur Bestreitung der Kosten des Krieges gegen die Zulus, ein. Der Be⸗ trag soll bis zum 31. März durch die Ausgabe von Schatz⸗ bonds beschafft werden. Der Schatzkanzler sprach zugleich die Hoffnung aus, daß das Budget Anfang April würde vorgelegt werden können; dasselbe würde voraussichtlich ein Defizit von 3 Millionen aufweisen, von denen 2 Millionen indessen bereits durch die früher bewilligten Kredite gedeckt seien. Nach längerer Debatte wurde der von Northeote beantragte Kredit von 1 500 000 Pfd. Sterl. ohne besondere Abstimmung ge⸗ nehmigt. Der Staatssekretär des Krieges, Stanley, bean⸗ tragte, die erste Lesung der Bill über die Armeedisziplin auf die Tagesordnung zu setzen. Der Antrag wurde ebenfalls ohne Abstimmung votirt. Dilke bestritt die Richtigkeit der von dem „Standard“ gebrachten Meldung, daß er beabsichtige, seine am 19. d. Mis. eingebrachte Resolution zuruͤck⸗ zuziehen. .

Der Etat für die Flotte ist für das Finanzjahr 1879/80 auf 10586 893 Pfd. Sterl. oder 1 543 007 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre veranschlagt. Die: Stärke der Mannschaft wird auf 59 118 Mann angegeben, gegen 60 000 Mann im Vorjahre.

Ueber das unglückliche Gefecht bei Isandula ist jetzt den „Daily News“ aus Pietermaritzburg, vom 3. Februar, folgender ausführlicher Bericht zugegangen:

Am Tage vor dem Treffen sandte Oberst Glyn, als Führer von Colonne 3, imolge eines direkten Befehls Lord Chelms— fords die Vorhut unter Major Dartnell zum Rekognosziren aus. Diese Vorhut meldete, daß sie mit den Zulus engagirt sei. Lord Chelmsford felbst und Oberst Glyn rückten hierauf mit dem Haupt⸗— corps aus, indem sie eine Nachhut unter Oberst⸗Lieutenant Pulleine mit 6 Compagnien des 24. Regiments und Oberst-Lieutenant Durn— ford mit einem Eingebornenregiment und etwa 100 Mann Kolonial⸗ reiterei zurückließ. Außerdem war eine geringe Zahl Artillerie mit 2 Geschützen unter Kapitän Russell im Lager. Am 22. hatte diese Nachhut ihren gewöhnlichen Morgenmarsch beendet und ausgespannt, als Zulu⸗ schützenketten auf den umliegenden Hügeln sichtbar wurden. Diese Schützen rückten auf das Lager vor und unterhielten ein unschädliches Feuer. Das Lager war in einer zerklüfteten Gegend in einem Thale aufgeschlagen. Sberst Pulleine sandte den Zulus gleichfalls Schützen entgegen. Es scheint aber, daß die Zahl der Zulus unterschãtzt ward. Da sich bald beträchtlichere Zuluhaufen zeigten, wurden die Schützen zurückgezogen und das Lager hastig in. Vertheidigungs⸗ zustand gefetzt. Die Zulu⸗Armee rückte hierauf rasch in regelrechten Bataillons von 8 Gliedern heran, ein heftiges stetiges Feuer unter⸗ haltend, bis sie auf Assagai⸗Wurfweite herangekommen waren. Sie hörten dann auf zu schicßen und schleuderten ihre Assagais. Die Eng⸗ länder unterhielten ein stetiges wirksames Feuer und große Massen der Feinde stürzten, aber ohne daß dadurch ihrem Vorrücken Einhalt gethan worden wäre. Die Plätze der Gefallenen wurden beständig durch andere Krieger ausgefüllt. Unterdeß ward im Rücken eine doppelte Flankenbewegang ausgesührt, durch welche die Flügel des Zuluheereß das Lager umgingen. Der Nachtheil, daß die Wagen nicht in der Form holländischer ‚Laager“ zusammengefahren waren, machte sich jeßt geltend und führte die Katastrophe herbei. Die Eng⸗ länder hatten ihre Patronen verschossen und waren außer Stande, sie zu ersetzen, da pie Zulus Besitz von den Munitionswagen erlangt hatten. Die Affaire verwandelte sich nun geradezu in einer Metzelei. Die britischen Offiziere und Leute wurden gespeert wie sie standen und machten keinen Bajonnet⸗ ausfall. Die Zulus kamen mit dem gangen Gewichte ihrer Bataillone heran und erdrückten buchstäblich den kleinen Haufen, der sich nur mit dem Bajonnet vertheidigen konnte und bald nicht einmal Raum dazu hatte. Die Zulus nahmen die Leichname ihrer Kameraden auf und schleuderten sse auf die Bajonnetspitzen der Soldaten, indem sie so einfach alle Vertheidigung unmöglich machten. Das Zerstörungs— werk war vollständig. Innerhalb zweier Stunden, s itdem die Zulu⸗ schützen sichtbar wurden, war nicht ein lebender Weißer mehr im Lager. Alles Geraͤth, Munition, Geschütze fiel dem Feinde in. die Hände. Glücklicher Weise wurden die Geschütze durch Kapitän Smith vernagelt. Soviel ersichtlich, wurde die Munition und die Mehrzahl der Wagen fortgeführt, der Rest zerstört.

YJoung, ein Offizier von Lonsdal-'s Eingeborenen · Regiment, der in dem Scharmützel mit Sirayo's Leuten einige Tage vorher ver— wundet worden, war zufällig im Lager anwesend. Da er kampf⸗ unfähig war und nicht zu einer der kämpfenden Truppenabtheil ungen gehörte, feuerte er mit einer Büchse von einem Wagen aus, bis er seine Munition erschöpft hatte. Außer Stande, sich neuen Schieß⸗ vorrath zu verschaffen, fonst ohne Waffen, und da er einsah, daß es nutzlos für ihn sei, ferner zu bleiben, unternahm er einen verzwei⸗ felken Ritt durch eine schwache Stelle des feindlichen Ringes und brachte sich außer Gefahr. Zurückblickend sah er, wie die britischen Truppen bis auf den letzten Mann kämpfend fielen. Nichts anderes war hörbar, als das dämonische Geheul der Zulus, als die fürchter⸗ liche Arbeit mit den kurzen Stoßassagais gethan ward. -

In Natal herrscht die Ansicht, daß die Zulu⸗Armee sich auf dem Wege befunden habe, einen Einfall in Natal zu machen, und zufällig auf die Nachhut der 3. Colonne stieß. Unseren Truppen wurde gestattet, den Fluß an versch iedenen Stellen zu überschreiten. Oberst Glyns Hauptcorps ward durch einen Scheinangriff von sei⸗ nem Train abgezogen, dann stürzte sich das Hauptheer der Feinde, vermuthlich unter Sirayo, dem Lieblings indung Cetewayo's, auf die Lagerhut. Joung und Andere sprechen in den höchsten Ausdrücken von der Tapferkeit der Vertheidigung. Unsere eingeborenen Hülft⸗ truppen fochten gut, und wenn das Lager auf holländische Weise im Viereck gebildet worden näre, so würden unsere Leute mit der Re⸗ servemunition dem Feinde anders haben begegnen können. Young sah keinerlei ,,, . hofft, daß die umlaufenden Schauer⸗

eschichten unbegründet sind. J

; J Zahl . Truppen im Lager wird auf 600 Mann geschätzt, und es iss ein Wunder, daß diese den anstürmenden Feinden so lange Stand halten konnten. Die Linie der Zulus, welche den Hügel herabkamen, war nahezu 3 englische Meilen lang und muß aus über 15 000 Mann bestanden haben, während ein Haufen von über 5000 Mann auf dem Hügel als Reserve verblieb und keinen Theil am Gefechte nahm, sondern nur die Beute und zugleich ihre eigenen Todten abführte. Die Todten der Engländer waren ihrer Kleider entledigt; manche hatten 60 = 0 leere Patronenhülsen neben sich liegen, ein Zeichen, daß sie ihre Pflicht gethan.

Frankreich. Versailles, 27. Februar. . Der Finanz⸗Minister Say hat in der Budgetkommission eine Erklärung abgegeben, welche im Wesentlichen dahin ging, eine Konvertirung der fünfprozentigen Rente sei im Lande unpopulär und auch nach Außen hin sehr schwer durch⸗ zuführen. Man muüuͤsse die Eventualität ins Auge fassen, daß die Inhaber von fünfprozentigen Rententiteln sich weigerten, die alten Stücke gegen neue umzutauschen. Dann bleibe nichts übrig, als behufs der Einlöͤsung das

Gold der Bank zu erschöpfen, dadurch würde man aber ge⸗ nöthigt sein, den Zwangscours wieder einzuführen. Der Minister wies ferner auf die Gefahr hin, daß das französische Kapital sich den ausländischen Anleihen zuwende. Nachdem der Minister die Sitzung verlassen hatte, faßte die Kommission nach vorausgegangener Debatte mit 18 gegen 7 Stimmen den Beschluß, von der Erklärung des Ministers Akt zu nehmen. Die Kommissionsmitglieder Germain und Rouvier wünschten, daß der Minister nochmals gehört werde, Floquet und Berlet wiesen auf die Gefahr eines solchen Vorgehens hin, das zu einer politischen und finanziellen Krisis führen önne. Dem Beschluß der Kommission wird in parlamenta⸗ rischen Kreisen die Bedeutung beigelegt, daß dadurch der Re⸗ gierung ausschließlich die Initiative und die Verantwortung für die Konvertirung überlassen werde, sobald für die letztere ein geeigneter Moment eintrete.

Die Deputirtenkammer begann heute die Berathung des vom Senate genehmigten Gesetzes über den Gene⸗ ralstab. Der Kriegs-Minister stellte den Antrag, die Berathung auf die Dauer eines Monats zu vertagen, weil er noch ein neues Reglement über den Dienst im Grneral⸗ stabe ausarbeiten wolle. Die Kammer erklärte sich mit dem Vertagungsantrage einverstanben. .

Im Senate wurde der Bericht Riviére's über die Amnestievorlage vorgelegt und die Berathung der letz⸗ teren auf morgen festgesetzt. Der Bericht spricht sich für die Annahme der Vorlage in der Fassung der Deputirten⸗ kammer aus.

Spanien. Madrid, 25. Februar. (Ag. Hav.) Der Dampfer „Espan6a“ mit dem General Martinez Campos an Bord ist heute Morgen um 8 Uhr in Cadix eingetroffen. Der Gouverneur von Cuba war bei seiner Landung Gegen⸗ stand lebhafter Ovationen.

In den großen Städten und den Häfen Spaniens wer⸗ den Versammlungen von Kaufleuten und Indu— striellen vorbereitet, um von der Regierung einen offisiellen Schutz gegen ausländische Konkurrenz zu fordern.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 27. Februar. (W. T. B.) Der jüngste Sohn des Großfürsten Konstantin Nicolajewitsch, Groößfürst Wjatscheslaw Konstantino⸗ witsch, ist heute gestorben.

28. Februar. Das „Journal de St. Péters⸗ bourg“ veröffentlicht den Bericht des Medizinalraths über den hiesigen angeblichen Pestfall. In demselben wird hervorgehoben, daß nach der eingehendsten Untersuchung als unzweifelhaft könstatirt worden ist, daß die bei dem Kranken beobachteten Beulen syphilitische Geschwüre, ohne irgend ein Symptom der Pest, sind. Die in das Observationslokal über⸗ geführten 48 Personen, welche mit Prokoffjeff in einem Hause zusammen gewohnt hatten, werden sofort entlassen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Freitag, 28. Fe ruar, Vormittags. Der Finanz-Minister Greigh ist von seinem temporären Un⸗ wohlsein wieder genesen und führt die Geschäfte wieder. Anläßlich des Ablebens des Großfürsten Wjatscheslaw Kon⸗ , ,, ist eine dreimonatliche Hostrauer angeordnet worden.

Nr. 5 des „Armee ⸗Verordnungs⸗Blatts“, heraus⸗ gegeben vom Kriegs⸗Ministerium, hat folgenden Inhalt; Anlegung der Trauer für den General-Feldmarschalöl Grafen von Roon.

Nr. 2 des, Ministerial⸗-Blatts für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Cirkular, die Behandlung von Immediateingaben und Beschwerdeschriften betreffend, welche ver⸗ letzende Aeußerungen enthalten, vom 13. Dezember 1878. Bescheid, die Unzulässigkeit der Cheschließung im Wege der Stell vertretung betreffend, vom 9. Dezember 1878. Erlaß, die Beibringung der zu einer Eheschließung erforderlichen Atteste in deutscher Sprache be treffend, vom 31. Dezember 1878. Cirkular, die Beschaffenheit des zu den Standesregistern zu verwendenden Papiers hetreffend, vom J. Januar 1579. Erlaß, die Bestimmung des Zeitpunkts einer beendigten Inftanz mit dem Erlasse des Erkenntnisses derselben betreffend, vom 2. Dezember 1878. Cirkular, die Verrechnung des Erlöses aus dem Verkaufe von Zoll- und Steuergebäuden und Grundstücken betreffend, vom 2. Member 183 Cirkular, die Beschäftigung von jungen Aerzten in größeren Krankenhäusern betreffend, vom II. Januar 1819. Cirkular, Anzeigen von Fleckentyphuserkrankungen betreffend, vom 19. Dezember 1878. Cirkular, die wissenschastliche Beschäftigung derjenigen jungen Leute, welche als Apotheker angenommen werden wollen, betreffend, vom 30. November 1578. Girkular, die Ab= änderung der Prüfungsordnung für Apothekergehülfen betreffend, vom 19. Dezember 1578. Cirkular, die Revision der Maß⸗ und Gewichtsgegenstände in Apotheken betreffend, vom 31. Dezember 1875. Tirkular, Formulare für die Nachwei⸗ sung des Geschäftsbetriebes der Sparkassen betreffend, vom 23. April 1878. Allerhöchste Odre vom 25. Oktober 1878 und Cir⸗ kular, die in Wegfall gekommene Bedingung der Allerhöchsten Ge—⸗ nehmigung zum Bau von Chausseen betreffend, vom 2. November 1878. Tirkular, die Untersuchung darüber, ob die Ausführung einer Dampfkesselanlage auf militärfiskalischen Grundstücken den Bedingungen der Genehmigung entspricht, durch die Garnison⸗ baubeamten betreffend, vom 5. November 1878. Cirkular, die Beachtung des Abstandes der Feuerzüge um oder durch einen Dampf⸗ kessel, von dem niedrigsten Wasserspiegel des Kessels, betreffend, vom 25. Januar 1879. Erkenntniß des Königlichen Ober ⸗Verwaltungs⸗ Gerichts vom 17. Oktober 1878, Feststellung des Ertragswerths der Dienstländereien einer Schulstelle betreffend, vom 12. Oltober 1878. Erlaß, die Tagegelder⸗, Reise⸗ und Umzugs kostensätze für Oberförster betreffend, vom 3. Januar 1879. Bestimmungen für die Auf⸗ nahme von Knaben in das Königlich preußäsche Kadetten. Corps, vom 18. Oktober 1876. Verfügung, die Ausübung des Fischfangs von Berechtigten für den eigenen Bedarf betreffend, vom 18. De⸗ zember 1378.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind ö. . lu gen Standesämtern in der Woche vom 16. Februar bis incl. 22. 1 er. zur Anmeldung gekommen; 140 Gheschließungen, 868 Lebes'dgebotene, 39 Todtgeborene und 470 Sterbefälle.

ö . Reichstage find vor Kurzem die amtlichen Zu⸗ am menstellungen uber den Ausfall der Ut ten, im Sommer 1878 vollzogenen Wahlen vorgelegt worden. Die „Stat. Corr.“

theilt hieraus Folgendes mit: ö