1879 / 66 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 18 Mar 1879 18:00:01 GMT) scan diff

mungsstation durch Sanitätskommissionen untersucht werden sollen, und daß diese Untersuchung bei Fischsendungen, da diese zur Zeit des Thauwetters unterwegs verdorben sein können, selbst dann einzutreten habe, wenn die Sendungen bereits in Zarizyn einer Untersuchung unterzogen worden sind.

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung betraf die Quarantänemaßregeln bezüglich der Arbeiter, welche aus dem Sanitätscordon in der Provinz Astrachan entlassen zu werden wünschten, um in dem Fischereigewerbe beschäftigt zu werden. Da es sich hierbei um eine Zahl von nahezu 160000 Arbeitern handelte und eine gleichzeitige Quarantäne derselben, wenn auch unter Vertheilung an den beiden, dafür zur Ver⸗ fügung gestandenen Punkten, schwer ausführbar, auch mit Gefahren in sanitätlicher Beziehung verbunden gewesen wäre, so gelangte die Kommission zu dem bereits anderweit bekannt gewordenen Beschlusse, eine größere Anzahl von temporären Quarantänestationen längs des Sanitätscordons an beiden Ufern der Wolga errichten zu lassen, übrigens aber um thun⸗ lichst viele Personen an Ort und Stelle zurückzubehalten, in den Dörfern innerhalb des Cordons bekannt machen zu lassen, daß die demnächst beginnenden Assainirungsarbeiten eine große Zahl von Arbeitskräften erfordern würden.

Den dritten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Prüfung der Reglements, betreffend die Organisation der Sanitätskommissionen auf den Eisenbahnstationen.

Nach einem Telegramm des Grafen Melikoff, vom 13. d. M., beabsichtigte die Abschätzungskommission, nachdem das letzte der infizirt gewesenen Häuser des Dorfes Prischib am 11. d. M. niedergebrannt worden, sich Tags darauf nach dem Dorfe Nikolkskoj zu begeben.“

é Die Rede, welche in der gestrigen (2J.) Sitzung des Reichstages der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staats⸗ Minister Graf zu Eulenburg bei Gelegenheit der Be⸗ rathung der Anordnungen, welche von der Königlich preu⸗ ßischen Staatsregierung mit Genehmigung des Bundesraths gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie getroffen worden sind, gehalten hat, ist in der Ersten Beilage abgedruckt.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (21.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Etats pro 1879/80, speziell die Einnahme der Zölle und Verbrauchs⸗ steuern fort. Der Abg. Stumm vertheidigte die Eisen⸗ enquete⸗Kommission gegen die besonders vom Abg. Richter (Hagen) vorgebrachten Angriffe; er müsse den aufgestellten Be⸗ hauptungen widersprechen, sonst heiße es nachher, die Dinge seien bei jeder Gelegenheit ohne Widerspruch gesagt worden, also seien sie wahr. Die „Freihandelskorrespondenz“ habe ge⸗ meint, er (Redner) habe gegen die Angriffe sachlich nichts vor—⸗ ebracht; dagegen sei doch bekannt, daß er auf Mahnung des e d ite damals seine Rede abzubrechen gezwungen sei. Der Abg. Sonnemann habe auf die Verschiedenartigkeit der Enqueten in Frankreich und England aufmerksam gemacht; in England verläsen die Sachverständigen ihr Material, ohne daß eine mündliche Diskussion möglich sei; und in Frankreich seien die Enqueten zum Theil ebenfalls nicht öffentlich gewesen. Man habe hier das Richtige der englischen und französischen Enqueten zu verbinden gesucht; die Oeffent⸗ lichkeit sei dadurch gewahrt, daß Stenographen zugezogen und die Protokolle gedruckt seien, so daß sie dem Reichstage even⸗ tuell mitgetheilt werden könnten. Außerdem habe eine münd⸗ liche Vernehmung stattgefunden, so daß im Kreuzverhör die einzelnen Fragen genügend klar gestellt werden konnten. Uebrigens seien die Exemplare der Protokolle nicht so geheim gehalten worden; jedes Kommissionsmitglied und jeder Sach⸗ verständige habe ein vollständiges Exemplar derselben erhal⸗ ten; und wenn einer der Herren auch nur den leisesten Wunsch ausgesprochen hätte, so wäre er bereit, ihm die Pro⸗ tokolle zu geben; (Abg. Richter-Hagen: Er melde sich dazu!) nur müsse er dann so lange warten, bis sie ihm von Hause geschickt seien. Eine zeugeneidliche Vernehmung, wie dies in England üblich sei, habe allerdings nicht statt⸗ gefunden, dazu hätte ein Gesetz gehört, welches der Kommission ein Recht dazu einräumte; und bei der Tabakenquete habe sich der Abg. Richter selbst gegen die zeugeneidliche Verneh⸗ mung ausgesprochen. Uebrigens sei die Vereidigung gar nicht nothwendig, denn die Aussagen der Sachverständigen z. B. über ihre Verkaufspreise könnten leicht kontrolirt werden nach ihren Preiskouranten ꝛc. Man habe dann von der einseitigen Auswahl der Sachverständigen gesprochen; man scheine dabei von einer ganz falschen Ansicht darüber auszugehen, wozu denn die Kommission berufen wäre; sie sollte keineswegs eine Zollvorlage ausarbeiten, sondern nur Material schaffen über die Lage der Eisenindustrie. Hätte die Sache so gelegen, daß vorgeschlagen wer⸗ den sollte, ob und ein wie hoher Zoll erhoben werden solle, dann hätte man nicht die Interessenten vernehmen dürfen, sondern auch Leute, die kein Interesse daran hätten, also auch vielleicht den Abg. Richter (Hagen), der dabei nicht interessirt sei, derselbe spreche ja nur bei Sachen, bei denen er kein Interesse habe; da derselbe aber über Alles spräche, so habe er also an allen Dingen kein persönliches Interesse. Es sei ja sehr peinlich, wenn man in Dingen, die ein persönliches Interesse repräsentirten, sprechen solle; es sei ja ein erheblicher Grund dafür, daß so wenig Interessevertretung in Deutschland zu finden sei, darin zu suchen, daß die meisten Leute sich schämten, da in öffentlichen Angelegenheiten aufzutreten, wo dieselben mit ihrem Privatinteresse zusammen⸗ fielen. Von den 46 Sachverständigen, die vernommen seien, seien 16 aus Rheinland und Westfalen, 6 aus Schlesien, 4 aus Elsaß⸗Lothringen, 5 aus Mittel⸗ 5 aus Süd⸗ und 10 aus Norddeutschland gewesen. Die Landestheile, welche kein Eisen produzirken, seien also erheblicher betheiligt, als die eigentlichen Eisenindustriebezirke. Die Kleineisenindustrie solle nicht genügend berücksichtigt sein; sie habe indeß keine so große Bedeutung, daß sie durch zwei Sachverständige nicht ge⸗ nügend vertreten sein sollte. Der eine derselben solle nun der einzige 6 im Kreise Hagen gewesen sein. Nun die Wähler des Abg. Richter seien keineswegs alle mit seinem wirthschaftlichen Programme einverstanden, derselbe möge sich nur beim Centrum danach erkundigen. Aus der Land⸗ wirthschaft habe man zwei hervorragende Vertreter der⸗ selben vernommen aus Norddeutschland, einen aus Mitteldeutschland und einen aus Süddeutschland. sei in der Person des Abg. Frhr. von Frankenstein ausge⸗ wählt gewesen, habe jedoch abgelehn; man habe sich darauf an Hrn. Ramm in Stuttgart, Mitglied der württembergischen

Kammer gewandt; sofort sei die öffentliche Meinung bereit, denselben zu verdächtigen, er solle ein Beamter des Hrn. von Varnbüler sein. Eisenhändler seien vernommen aus Stettin,

Der letztere

dem aus Stettin werfe man aber vor, er sei ein Agent der Laurahütte; derselbe bezöge von dort sein Eisen, wie mancher Andere; Hr. Scheele sei keineswegs als Schutzzöllner bekannt gewesen; der damalige Generalsekretär der Kaufmannschaft in Stettin, jetzige Redacteur der Freihandelskorrespondenz“, Hr. Brömel, habe sich selbst an Hrn. Scheele um Auskunft über die Lage des Eisenhandels gewandt. Damals sei man von der Objektivität des Hrn. Scheele überzeugt ge⸗ wesen, jetzt nicht mehr. Ob das eine erlaubte oder glückliche Kampfesweise sei, lasse er dahingestellt. Die Industriellen sollten sich nun haben einpauken lassen; wenn jemand 60 bis 89 Fragen beantworten solle, so müsse er sich informiren und da sei doch der Centralverein das richtige Organ. Das aber, worauf es ankomme, die eigenen Kosten und Verkaufspreise der Industriellen, hätten dieselben ganz unbeeinflußt angegeben. Das stärkste an Ver⸗ unglimpfung sei in einem Artikel der „Neuen Freien Presse“ in Wien geleistet worden, Alles, was da geschrieben, sei erfunden. Er könne Niemand für den Inhalt verantwortlich machen, wohl aber für den Ton und die Sprache, die sich allmählich in den Preßorganen eingebürgert habe und an denen auch der Abg. Richter mit Schuld sei, wenn er von „Zollbettlern“ spreche, von Millionären, die um 25 3 Zoll bettelten. Auch der Abg. Sonnemann dürfte verantwortlich zu machen sein, denn der erwähnte Artikel sei auch in die „Frankfurter Zeitung“ über⸗ gegangen. Man sollte es doch unterlassen, durch persönliche Gehässigkeiten die parlamentarische Atmosphäre in einer Weise zu erhitzen, die des Reichstags in der That nicht würdig sei. Der Abg. Dr. Bamberger erklärte, es sei nicht zu ver⸗ stehen, wie man sich schon jetzt darüber erhitzen könne, ob die Arbeiten der Eisenenquete von Werth seien oder nicht. Die Protokolle der Sitzungen lägen ja noch gar nicht vor. Diese Kommission sei in einer Weise zusammengesetzt, die man an⸗ greifen müsse. Die bona fides der Herren, welche für die Eisenzölle agitirten, habe er nicht bezweifelt, indeß könnten dieselben auch bong fide für ihr Interesse eintreten; nur sei es wunderbar, daß man ihn und seine Partei, die doch gar kein persönliches oder Spezialinteresse vertrete, in so unquali— fizirbarer Weise verdächtige. Er (Redner) opfere seine ganze Zeit und , dem öffentlichen Leben, und trete nur für seine Ueberzeugung ein, trotzdem habe man ihm bei der Berathung des Bank⸗ und Münzgesetzes persönliche Motive untergeschoben. Was nun die Eisenenquetekommission anlange, so sei der Abg. Stumm bemüht, deren Vorsitzenden, den Geh. Rath Dr. Serlo, zu vertheidigen, und habe ge⸗ meint, derselbe müsse doch eine best mmte Meinung haben, ebenso wie die Vorsitzenden der parlamentarischen Kommis⸗ sionen. Aber die letzteren hätten sich möglichst aller selbständi⸗ gen Aeußerungen in den Kommissionsverhandlungen zu ent⸗ halten, Aufgabe Hrn. Serlos sei es aber gewesen, besonders eingreifend in der Diskussion zu wirken. Da er mit einer ausgesprochenen festen Ueberzeugung für die Zölle in die Kom— mission eingetreten sei, habe derselbe nicht mehr über den Parteien stehen und kein unparteiischer Richter mehr sein können. Damit sei der Kommission der Makel der Parteilichkeit aufgedrückt und die Wahl des Präsidenten müsse als die unglücklichste bezeichnet werden. Nun sage Abg. Stumm, ja die Komnssiön sei auch mit Freihändlern besetzt gewesen und habe den Abg. Meyer und den Geh. Rath Huber als solche genannt. Aber dabei sei nur die Form gewahrt, der Inhalt völlig verletzt. Wie könne man sich denn die beiden Herren Meyer und Stumm als gleiche Gegner denken? Der Abg. Meyer sei ein alter Herr, ein Niedersachse, gemüthlich und etwas phlegmatisch, Abg. Stumm sei dagegen der gewandteste, feurigste Redner, der Schrecken aller Stenographen. Auch er (Redner) bewundere die ungeheure Kraft und Gewandtheit, mit welcher Abg. Stumm die Kommission vertrete. Derselbe habe indeß ganz Recht, denn er sei eigentlich die Seele der Kommission, er sei die Kommission selbst. Redner tadelte es heftig, daß bisher nichts geschehen sei, um die Protokolle den Reichstagsmitgliedern zugängig zu machen, zumal es wahrscheinlich sei, daß sich aus den Proto⸗ kollen viele Argumente gegen die Eisenzölle ergeben würden. Im Uebrigen seien fast nur Sachverständige zur Kommission zugezogen worden, welche ausgesprochene Schutzzöllner seien, besonders auch aus den Industriebezirken Remscheid, Lüden⸗ scheid und Solingen. Was die Angriffe der freihändlerischen Presse gegen die Eisenenquete anbetreffe, so seien dieselben, be⸗ sonders die der freihändlerischen Korrespondenz, vollkommen gerechtfertigt. Die Wiener „Neue Freie Presse“ wolle er nicht vertreten, aber soviel er wisse, habe es sich in derselben nur um eine humoristische Parodie gehandelt. Der Abg. Stumm möchte gern sich und die Eisenenquetekommission als glänzend gerecht⸗ fertigt hinstellen. Das könnte demselben zwar nie gelingen, indeß sei sie trotz aller Vorwürfe noch lange nicht so werthlos als die Tarifkommission. Ohne Verständniß der einzelnen Zweige sei einfach immer gesagt: jede Industrie, die leide, müsse durch einen Schutzzoll gerettet werden, da möge die In⸗ dustrie, da mösen die Sachverständigen, da möge die Wissen⸗ schaft sagen, was sie wolle. So sei es ja immer gewesen, wo keine medizinische Wissenschaft helfen könnte, da fänden sich immer Naturärzte, so werde jetzt Abg. von Kardorff sämmt⸗ liche Industrien heben und jeden Nothstand durch die Zölle beseitigen. Man berufe sich auf Frankreich; dieses Land habe einen unglücklichen Krieg viel leichter verwunden, als Deutschland einen glücklichen. Es sei eben ein so sehr wohlhaben⸗ des Land, daß es auch ein Experiment mit dem Schutzzoll aus⸗ halten könne. Deutschland könne das nicht aushalten, und ern, müßte man alle derartigen Versuche als unheilvoll be⸗ ämpfen.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) erklärte sich nicht für autorisirt, das Siegel zu brechen, das bisher die Stellung des Centrums zu den bezüglichen Fragen bedeckt habe. Die einzige Belehrung, die er aus den Debatten bisher genommen habe, sei die, daß es mit Zahlen allein nicht gethan sei. Da⸗ mit werde nichts gewonnen. Redner habe nur darum das Wort genommen, um dem Abg. Richter (Hagen) bezüglich seiner Aeußerungen vom Sonnabend über Mahl⸗ und Schlachtsteuer einiges zu entgegnen. Es sei arge Uebertreibung, wenn man immer sage, die genannten Steuern vertheuerten das Fleisch und das Brot des armen Mannes. Er könne das um so weniger gelten lassen, als er einer Kirche angehöre, welche es in hervorragender Weise sich zur Aufgabe mache, sich der Armen und Bedrängten anzunehmen, wenn auch anders als es die Generalpächter der liberalen Staatsomnipotenz zu thun pflegten, die die Hülfsbeiträge durch den Exekutor beitreiben ließen. Die Mahl- und Schlachtsteuer habe die Wagren so wenig vertheuert, wie in England umgekehrt die Aufhebung des Theezolls den Thee billiger gemacht habe. Er könne sich

Berlin, Hamburg, Frankfurt a. M., Mainz und Dortmund;

also den Richterschen Ausführungen nicht anschließen.

Der Abg. Rickert bemerkte, dem Vorredner gegenüber, daß jede Religionsgenossenschaft, nicht allein die katholische, die Unterstützung der Armen als Prinzip angenommen habe; alle Religionsgenossenschaften sorgten für den armen Mann gleichmäßig, und keine dürfe die Priorität für sich in An⸗ spruch nehmen. Redner wies auf die genauen statistischen Erhebungen, die in Breslau angestellt seien, hin; dieselben hätten ergeben, daß die Fleischpreise nach Aufhebung der Schlachtstẽuer in genannter Stadt heruntergegangen seien. Der Abg. Stumm habe sich beschwert über den Ton, den die liberale Presse gegen diese Kommission angeschlagen habe. Dieser Ton sei aber noch gemäßigt, gegen die Sprache, welche ein schlesischer Grundbesitzer gegen den Freihandel führe, der die Macht an sich reißen, Tyrannei ausüben und das Mark und Blut des Volkes aussaugen solle. Was sage denn der Abg. Stumm dazu? Was den Ton angehe, so könnten beide Seiten von einander lernen, und es empfehle sich, von dem Tone abzusehen, der auch auf Kongressen landwirthschaft⸗ lichen Charakters sich bemerkbar gemacht habe. Er komme noch mit einigen Worten auf die Eisenenquetekommission. Welchen Eindruck müsse es im Lande machen, wenn der Vor⸗ sitzende der gommission erklärt habe, daß Eisenzölle in ma⸗ terieller Hinsicht nichts nützen würden, aber doch deren Einfüh⸗ rung befürwortet habe, um die Eisenindustriellen zu ermuthi⸗ gen. Und an der Entscheidung dieser Kommission hänge das Wohl Tausender! Solche Fragen erheischten doch eine andere Behandlung. Die deutsche Rhederei sei beispielsweise so umfassend, daß sie ungefähr 42 000 Mann Besatzung ernähre. Heute stehe die Sache der Rhederei so schlecht wie möglich; sie habe trotzdem nie vom Reichstage Schutz verlangt, aber das ver⸗ lange sie, daß ihr nicht ihre Lebensbedingungen angeblich zu Gunsten einer anderen Industrie weggenommen würden. Der Eingangszoll sei die Vernichtung der Rhederei; dennoch seien von der Rhederei keine Sachverständigen einberufen worden. Was die Eisenindustrie angehe, so hätten Schutz und Eisenzölle selbst in Amerika den Rückgang derselben nicht aufhalten können, und Amerika sei doch das Eldorado der Schutzzöllner. Wenn nun in ländlichen Kreisen heute vielfach die Miinung verbreitet sei, von Eisenzöllen sei eine Hebung der landwirthschaftlichen Kalamität zu erwarten, so sei das eine unerklärliche Umstimmung derselben Kreise, die noch vor wenigen Jahren für die Aufhebung der Eisenzölle einge⸗ treten seien. Heute wollten die Landwirthe unnatürlich eine Industrie begünstigen, die dann zum Dank der Landwirthschaft die Kornzölle geben wolle. Der Abg. von Kardorff wolle das Aequivalent für die durch Einführung von Getreide⸗ und anderen Zöllen im Preise steigenden Lebensbedürfnisse in der Erweiterung des Arbeitsmarktes finden, aber die Theorie solle erst erfunden werden, daß man eine Nation dadurch kauf⸗ kräftiger mache und den Arbeitsmarkt dadurch erweitere, daß man die Preise der Lebensmittel nicht nur, sondern aller Verbrauchsgegenstände durch Eingangszölle erhöhe. Er habe immer angenommen, es gehöre zu den Elementen jeder Volkswirthschaft auch der Listschen —, daß nichts ge⸗ fährlicher sei, als durch derrtiage Eingangszölle die Verbrauchsgegenstände zu vertheuern, und daß dies noth⸗ wendig die Kaufkraft schwächen müsse, umsomehr bei einem Lande, dessen Industrie zum größten Theil auf den Export angewiesen sei. Man klage immer über die Agitation der Freihändler, aber sie könne nicht mit dem ver⸗ glichen werden, was von der anderen Seite ins Werk gesetzt werde: Flugschriften von Schutzzöllnern finde man in jedem Krug, jedem Bauerngut, bei jedem Gutsbesitzer. Bei vielen Landwirthen mache sich jetzt schon ein Umschwung der Ge⸗ sinnung bemerkbar, und in Westpreußen gebe es eine er⸗ hebliche Zahl der hervorragendsten Lan wirthe, welche nach wie vor gegen den Schutzzoll auf Getreide und Eisen 2c. protestirten. Er hoffe, es werde zur Aufklärung hierüber kommen, wenn das Haus der Vorlage und Ziffern gegen Ziffern gegenüberstehe. Man verweise immer darauf, daß England, Frankreich und Oesterreich sämmtlich Getreidezölle hätten und Deutschland sich in einer völligen Ausnahmestellung befinde. Aber England habe keine Getreidezölle mehr. Oester⸗ reich habe sie am J. Januar d. J. abgeschafft. Helland gleich⸗ falls, in Frankreich betrage der Zoll nur 32 und in der Schweiz 12 3 pro Ctr. Deutschland würde also geradezu entgegen allen civilisirten Nationen handeln, wenn man diese Zölle einführte. Es werde immer gesagt, Frankreich sei das Ideal der Zollpolitik. Allerdings habe Frankreich eine Einnahme pro Kopf der Bevölkerung von 4388 S6, während man in Deutschland nur 2,83 S6 habe. Vor dem Kriege habe Frankreich erheblich niedrige Einnahmen an Zöllen ge— habt; als es nach dem Kriege gezwungen worden sei, die durch denselben erwachsenen kolossalen Lasten zu decken, habe man einzelne Zölle, nämlich die auf Kakao, Pfeffer, Petroleum erhöht und damit eine Steigerung von 121 auf 214 Millionen Francs herbeigeführt. Auf dem Gebiete der Finanzzölle sei seine Partei nicht so widerstrebend, sondern bereit, dem Reiche die nöthigen Einnahmen zu schaffen und die direkte Steuerlast nach Kräften zu vermindern. Es sei auch in keiner Weise erwiesen, daß Frankreich eine erheblich andere Zollpolitik be⸗ folge als Deutschland. Und wäre dies der Fall, sei denn im Augenblick die Industrie in Frankreich glücklicher daran als in Deutschland? Hätten nicht auch, in Lyon die Arbeiter vom Maire Brot oder Arbeit verlangt und habe nicht der Maire den Nothstand anerkannt? Und dabei sei Frankrekch viel reicher als Deutschland. Redner werde dem Hause später den Beweis führen, daß man mit der Vertheuerung der nothwendigsten Lebensmittel für das Volk durch Getreidezölle eine verderbliche Politik einschlage. Im Ernst könne der Abgeordnete von Kardorff doch wirklich nicht meinen, daß er erst pater peccavi sagen wolle, wenn er durch eine solche Zollpolitik die Küstenländer und die Land⸗ wirthschaft Deutschlands tödtlich getroffen habe. Auf r r lichen Gebiet müsse man zögernd, langsam, vorsichtig experimentirend vorgehen. Das Experimen⸗ tiren mit Zöllen sei außerordentlich gefährlich, so zum Beispiel würde der von der Zollkommission beschlossene Holzzoll den Ostseeprovinzen ihren ganzen Holzhandel rauhen. Die Ostseeprovinzen seien bisher immer die am schlechtesten berücksichtigten Landestheile gewesen, jetzt aber wolle man ihnen noch neue Lasten zumuthen. Man solle auch Vertreter der Ostprovinzen zu den Enqueten heranziehen, sie hätten ein Recht dazu. ö

Der Präsident des Reichskanzler-⸗Amts, Staats⸗Minister Hofmann erwiderte, er könne nicht in Erörterungen über Vorlagen eintreten, die noch nicht gemacht seien. Erst wenn diese vorlägen, könne er die erhobenen Vorwürfe widerlegen. Die Angriffe auf die Kommissionen hätten jetzt keinen prak⸗ tischen Werth, weil ihre Gutachten noch nicht Beschlüsse der

Gelegenheit zur Kritik der

auch für sie nicht fördernd gewirkt habe. Die Regierung

von Kardorff gegenüber konstatirt.

eien, in Schutz und erllärte in seinem und des Abg. Flügge's Namen, daß ihnen für ihre Aussagen von der Eisenenquete—⸗

trkändlich schließen könne. über, daß er gegen die Berufung des von Mainz vorgeschla⸗

ö genen Eisenverständigen gewirkt habe, weil derselbe sein Haupt— anngent in Eisen sei und deshalb gemäß seines Gutachtens wegen

uuetekommifslon durchaus frei in der Stellung der Fragen

Temperament gemacht. Er hätte dem Abg. Bamberger mehr

A4 Uhr auf Mittwoch 11 Uhr vertagte.

kist unterm 5. Februar 1879 behufs Ausführung der vom ( ein Allerhöchstes Privilegium zur Verausgabung von tionen des Kreises Neustadt O.⸗Schl. verliehen wor—⸗

. Ausbau der nachfolgend benannten Straßenstrecken erforder⸗ lichen Grundstücke das Enteignungsrecht, sowie

. erhebung

. Rosnochgu, 3) der Straße von Ober-Glogau bis Alt⸗-Zülz,

Straße vom Bahnhöfe in Ober⸗Glogau über Alt⸗Kuttendorf

S5) Pflasterung der Straße vom Schloßthore in Ober-Glogau bis an das Coseler Thor und von dort bis an den Bahnhof. EEbenso ist dem Kreise Pleß unterm 3. März 1878 das . Enteignungsrecht für die zum Bau der Chaussee von Pleß . nach der Landesgrenze bei Zawiszowice erforderlichen Grund— stücke und das Recht zur Chausseegelderhebung verliehen

. bach im Kreise Erkelenz das Recht verliehen worden, zum Zwecke der Anlegung eines Begräbnißplatzes einen Theil der . Hansenschen Parzelle im Wege der Enteignung zu erwerben.

für die Benutzung der Netzebrücke bei Trebitsch im Kreise

Elster bei

S. 360 Nr. 11 des Strafgesetzbuches ist, nach einem Erkennt—

Handlung, welche geeignet ist, ein öffentliches Aergerniß zu geben und die öffentliche Ordnung zu stören.

Regierung seien. Er bitte das Haus, abzuwarten, bis das zur Begründung der Regierungsvorlagen beigebrachte Material ethode der Kommissionen geben werde. Der Vorredner habe einen Appell an die Regierung gerichtet, auch, die Interessen der deutschen Küstenstriche und der deutschen Rhederei im Auge zu, behalten. Die Klagen über die Lage derselben seien gewiß begründet und bewiesen nur, daß diese bisherige Zoll⸗ und Handelspolitik

unterschãtze diese Interessen keineswegs und sei vollständig be— reit, auch die Mittel in Erwägung zu liehen, um diesen Theilen des deutschen Gewerbes zu Hülfe zu kommen. Der Reichs— kanzler besonders beschäftige sich mit dieser Frage eingehender, als der Vorredner vorauszusetzen scheine. Eine Enquete darüber wolle jetzt wohl auch der Vorredner nicht, sollte aber Werth darauf gelegt werden, so würde die Regierung dieser Frage bereitwillig näher treten. Wenn bestimmte Regierungs— vorlagen vorhanden seien, würde man auch auf diese Punkte näher eingehen können.

Die Diskussion wurde geschlossen. persönlicher Bemerkungen.

Der Abg. Richter (Hagen) konstatirte, daß der Abg. Stumm auf den materiellen Theil seiner neulichen Rede gar nichts erwidert habe, er habe nur gegen einen beiläufigen Satz derselben über die Zusammensetzung der Eisenenquete⸗ kommission polemisirt. Auch mache der Abg. Stumm ihn mit Unrecht für jede heftige Aeußerung in der freihändleri⸗ schen Presse verantwortlich, deren Ton doch nur durch die aggressive schutzzöllnerische Presse provozirt werde. Er habe nicht die Berechtigung und Sachverständigkeit von Interessenten bei der Geltendmachung ihrer Interessen bestritten, sondern nur seine Integrität den verhüllten Insinuationen des Abg.

Es folgte eine Reihe

ö Der Abg. von, Wedell⸗Malchow nahm die landwirthschaft⸗ lichen Sachverständigen, die in der Eisenenquete vernommen

kommission Material von der Freihandelskorrespondenz oder von der Freihandelspartei nicht gegeben worden sei, wie man aus einer Aeußerung des Abg. Stumm vielleicht mißver—

Der Abg. Stumm erklärte dem Abg. Bamberger gegen—

ebenso verdächtigt worden wäre, wie der Stettiner Sachver— ständige als Agent der Laurahütte. Der Abg. Meier (Bremen) führte aus, er sei in der En—⸗

zur Richtigstellung des Sachverhalts gewesen; der Vorsitzende sei gegen ihn unparteiisch gewesen. Ein drittes Exemplar der Protokolle habe er nur mit Mühe durch die Spezial⸗ erlaubniß des Reichskanzler⸗Amts⸗Präsidenten erlangen können. Der Abg. Bamberger habe als Grund, weshalb er (Redner) seine Ansicht in der Kommission nicht so eifrig vertreten habe, wie der Abg. Stumm die seinige, sein Alter angegeben. Sein Alter könne er nicht leugnen, er trage es aber noch ziemlich leicht. Was der Abg. Bamberger von seinem Phlegma gesagt habe, so wünschte er, daß das wahr wäre. Den meisten Kummer im Leben habe ihm aber sein etwas ungezügeltes

Menschenkenntniß zugetraut. Tit. 1 (Zölle) wurde bewilligt, worauf sich das Haus um

Der Kreisvertretung des Kreises Neustadt O.⸗Schl.

Kreise unternommenen (unten erwähnten) Straßenbauten

494 700 S6. mit 4 Proz. verzinslicher Kreisobliga⸗

den. An demselben Tage ist dem Kreise auch für die zum auf selbst das Recht der Chausseegeld— ertheilt worden: 1) Chaussirung der Wegestrecke vom Bahnhofe in Deutsch⸗Rasselwitz bis zur Landesgrenze bei Stubendorf, 2) der Straße von Ober⸗ Glogau bei dem Suchanschen Gasthause bis an das Dorf

den Straßen

4) der Straße von der Kirche in Deutsch⸗Rasselwitz bis an die Kreisgrenze auf dem Glgesener Ufer der Hotzenplotz, 5) der bis an den östlichen und

Ausgang von Friedersdorf

worden. Unterm 16. Oktober 1878 ist der Gemeinde Kleinglad⸗

Tarife sind genehmigt worden: unterm 27. Fanuar 1879

Friedeberg N. / M. und für die Fußgängerbrücke über die dem Bahnhofe zu Zeitz.

Zum Begriff des groben Unfugs im Sinne des

niß des Ober⸗-Tribun als, vom 6. Februar 1870, keineswegs erforderlich, daß durch den Unfug die öffentliche Ruhe und Ordnung bereits gestört worden ist. Es genügt vielmehr eine

5 Se. Durchlaucht Hein rich XxX. Prinz Reuß, Rittmeister, aggregirt dem 3. Badischen Dragoner Regiment Prinz Carl Nr. 22, ist mit Urlaub von Karlsruhe hier ein— getroffen.

. Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren r. nan in Rothenburg O. / L., Krause in Gö·rlitz, r. Neumann in Grünberg, Dr. Lüttich in Hannover.

Danzig, 18. März. Der Zweite Provinzial— Landtag der Provinz Westpreußen ist heute Mittags 12 Uhr von dem Kommiffarius, Regierungs⸗Vize⸗Präsi denten von Saltzwedell, eröffnet worden.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 13. März.

einführung der Dienstbücher Bedacht zu nehmen, da die Abschaffung derselben viele Unzuträglichkeiten zur Folge gehabt habe.

15. März. Se. Hoheit der Herzog wird morgen von hier aus eine Reise nach Italien antreten. —ʒer Speziallandtag für das Herzogthum Gotha ist heute durch den Minister von Seebach vertagt worden, nachdem er unter Anderem den Be⸗ schluß gefaßt hatte, den diesseitigen jährlichen Beitrag für die Universität Jena auf 9000 S6 in der Voraussetzung zu erhöhen, daß von Sachsen⸗Altenburg und Meiningen die in. Aussicht gestellten Mehrbeträge (6000, 9000 S) ebenfalls be—⸗ zahlt würden. Außerdem wurde an die Regierung das Er⸗ suchen gerichtet, den Entwurf eines neuen Gemeinde— gesetzes anstatt der dermaligen Vorlage eines Revisionsent⸗ wurfes der Versammlung später zu unterbreiten.

Anhalt. Dessau, 15. März. Der Anh. St.⸗Anz.“ meldet: Ihre Hoheiten der Herzog und die Frau Herzogin sind heute mit Gefolge nach Neu⸗Strelitz abgereist. Von dort aus beabsichtigen die Hohen Herrschaften Sich zum Geburts— tage Sr. Majestät des Kaisers nach Berlin zu begeben.

Bremen, 15. März. (Wes. Ztg.) Der Senat hat der Bürgerschaft den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes, zu— gehen lassen. Der erste Titel regelt die Zusammensetzung und die Befugnisse der Justizverwaltungskommission. Der zweite Titel handelt vom Richteramt, den Prüfungen und dem Vor— bereitungsdienste, der Wahl der Richter, den Amtsverhältnissen. Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gerichte selbst sind im folgenden Titel enthalten. Die Angelegenheiten des Richter— kollegiums, der Vormundschastsbehörden, der Staatsanwalt— schaft und der Gexichtsvollzieher sind in den nächsten vier Titeln behandelt, während vorübergehende Bestimmungen einem achten Titel vorbehalten sind. Das ganze Gesetz umfaßt 163 Paragraphen; dem Reichsgesetze, betreffend die Gerichts⸗ J entsprechend, soll es am 1. Oktober d. J. in Kraft reten.

In einer Mittheilung des Senats, das Budget für

1879ů betreffend, tritt der Senat unter Vorbehalt einiger Punkte den Beschlüssen der Bürgerschaft zu dem Budget bei. Was die Deckung des Defizits betrifft, so beantragt der Se— nat die Erhebung der Einkommensteuer zu dem Satze von 41 Prozent in zwei Raten von je 3 und 11½ Prozent. Zur Begründung dieser Ziffer bemerkt der Senat das Folgende: Nach dem von der Finanzdeputation vorgelegten Budget be⸗ trägt das Defizit 1581 662 6 Dasselbe erhöht sich durch die Beschlüsse der Bürgerschaft um 15 010 S6; dagegen sind von der Bürgerschaft gestrichen worden 422 050 66, so daß ein Defizit bleibt von 1174 622 S6 Hierbei ist angenom— men, daß die Einkommensteuer zu 3 Prozent 1 6650 000 (M ergeben werde. Im Jahre 1878 hat dieselbe aber zu demselben Satze nur rund 1446000 S ergeben, und es ist nicht zu hoffen, daß sie im laufenden Jahre ein höheres Ergebniß liefern werde. Der Unterschied zum Nachtheile der Staatskasse beträgt 210 000 S6, um wel— chen Betrag das Defizit höher anzuschlagen sein wird. Für Nachbewilligungen sind in den letzten drei Jahren durchschnitt⸗ lich rund 81 000 6 erforderlich gewesen, und auch im lau⸗ fenden Jahre wird auf einen ähnlichen Bedarf zu rechnen sein. Danach stellt sich das Defizit für das Jahr 1879 fol⸗ gendermaßen: Berechnetes Defizit 1174 622 ις, Minder—⸗ ertrag der eingestellten 3 Prozent Einkommensteuer 210 000 S, Nachbewilligungen 81 378 S, zusammen 1466 000 6. Von dem Reservefonds der Ueberschüsse sind 254 000 6 verfügbar, und es würden, wenn derselbe voll⸗ ständig im laufenden Haushalte des Jahres 1879 aufgezehrt werden sollte, noch zu decken sein 512 000 M, Daß es nicht zweckmäßig sein würde, den Reservefonds bis auf den letzten Rest für den Haushalt des einen Finanzjahres an⸗ zuweisen, liegt auf der Hand. Es würde damit nur auf das Jahr 1880 eine um so größere Steuerlast gewälzt werden. Ohne Zweifel liegt es im Interesse der Bevölkerung, diese Last, soweit thunlich, zu vertheilen und wenigstens einen gewissen Betrag des Reservefonds für das schon jetzt mit Sicherheit voraus⸗ zusehende Defizit des Jahres 1880 zurückzuhalten. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß nicht allein die Einkommensteuer, sondern auch andere Steuern im Jahre 1878 hinter den An⸗ schlägen zurückgeblieben sind, und daß auch im laufenden Jahre durchaus nicht mit Sicherheit auf den vollen Eingang der in das Budget eingestellten Steuerbeträge gerechnet werden kann. Bei Erhöhung der Einkommensteuer von 3 auf 4 pCt. würde auf eine Mehreinnahme von 720 000 S6 zu zählen sein, und mithin, da das Defizit bei vollständiger Aufzehrung des Reservefonds 512 000 υνVι beträgt, dieser letztere noch mit 208 000 S für das Jahr 1880 nutzbar gemacht werden oder im Falle der Noth als Ersatz für die Ausfälle bei den dies⸗ jührigen Steuereinnahmen dienen können. Es bedarf keiner ausdrücklichen Versicherung, daß der Senat nur widerstrebend eine so hohe Ziffer für die Einkommensteuer in Vorschlag bringt. Er glaubt aber, daß die Aufrechterhaltung der finan⸗ ziellen Ordnung unseres Gemeinwesens die Aufbringung der von ihm bezeichneten Summe durch Steuern gebieterisch er⸗ fordert, und zweifelt nicht, daß auch die Bürgerschaft von dieser Nothwendigkeit überzeugt sein wird.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 17. März. (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ meldet, die Kaiserin habe in Folge der Katastrophe in Szegedin die sofortige Rückkehr be⸗ schlossen, werde nach Vollendung der Reisevorbereitungen Irland verlassen und am 26. d. M. hier eintreffen.

Der „Polit. Korresp.“ wird aus Athen vom 16. d. gemeldet, die griechische Regierung habe . Kommissäre in Prevesa angewiesen, die neuen Instruktionen für die türkischen Kommissäre abzuwarten. Falls diese Instruktionen mit dem Berliner Vertrage nicht übereinstimmten, sollten die Kommissäre das Protokoll unterzeichnen und abreisen. Der Minister des Auswärtigen, Delyannis, habe sich bereits jetzt wegen Vermittelung an die Mächte gewendet, gleichzeitig die Weigerung der Türkei konstatirend.

15. März. (W. T. B.) Der hiesige serbische Minister⸗ resident Zukits ist gestorben.

Szegedin, 17. März. (W. T. B.) Der Kaiser ist heute Vormittag hier eingetroffen und von der hier zurück⸗ gebliebenen Bevölkerung begeistert empfangen worden. Der⸗ selbe begab sich sofort zu Schiff, um die Trümmer der Stadt zu besichtigen. Bis jetzt sind 23 000 Personen von hier weiter befördert worden. An Lebensmitteln herrscht kein

entgegnete der Kaiser: „Ein tiefer Schmerz im Herzen leitete Mich hierher; Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie es dieser unglücklichen Stadt ergangen ist, das Herz schmerzte Mich, als Ich dieses große Unglück sah. Ich hoffe, daß bessere Zeiten kommen werden, und daß die Stadt noch aufblühen wird. Man muß nicht allzutief bekümmert sein, Hülfe wird kommen. Der Kaiser sprach mit vor Rührung bebender Stimme und wandte sich ab, um seine Thränen zu verbergen. Der, Kaiser erkundigte sich sodann bei dem Bürgermeister, dem Regierungskommissar und anderen Personen nach den Details des Unglücks und fuhr auf einem Ponton durch die Stadt, überall begeistert empfangen. Mittags 12 Uhr trat der Kasser die Rückreise nach Wien an.

Schweiz. Bern, 14 März. (Bund.) In Ausführung des Artikels 5 des Bundesgesetzes vom 17. September 18756 über Jagd und Vogelschutz hat der Bundesrath heute fol⸗ gende Verordnung, betreffend die Einfuhr und den Verkauf von ausländischem Wildpret während der geschlossenen Jagdzeit erlassen:

1. Der amtliche Nachweis über den Ursprung von fremdem Wildpret muß auf Verlaagen durch Vorlage der Zollquittung er—⸗ hracht werden, welche während zehn Tagen nach dem Tage ihrer Ausstellung durch die eidgenössische Zollstätte Beweiskraft hat.

Das Verlangen kann gegenüber Jederma. n, der mit Wildpret Handel. treibt, gestellt werden.

„„Die Sendungen von Wild im Innern der Schweiz während der geschlossenen Jagdzeit müssen entweder von der Zollquittung oder von nem andern auf Grund der Zollquittung ausgestellten amtlichen Ausweis darüber, daß das Wild an dem und dem Tage vorschrifts—⸗ gemäß eingeführt wurde, begleitet werden. Arlt. 2. Das eidg. Handels- und Landwirthschaftsdepartement ist ermächtigt, wenn es von ihm nöthig erachtet wird, die beim Zoll⸗ amt vorzunehmende Plombirung alles Haarwildes gegen Entrichkung der reglementarischen Taxen vorzuschreiben.

Art. 3. Das eidg. Zolldepartement und die kantonalen Polizei- behörden werden mit den nöthigen Vorkehrungen für Vollziehung der gegenwärtigen Verordnung beauftragt.

Großbritannien und Irland. London, 15. März. (G. C) Im Unterhause wünschte Mr. Richards gestern zu wissen, ob die nach Birma geschickten Verstärkungen mit Wissen und Willen der hiesigen Regierung abgegangen seien. Der Schatzkanzler verlas ein Telegramm des Vize⸗ lönigs, welches besagt: die britische Regierung sei auf die dringende Empfehlung des Ober-Kommissars und den dring⸗ lichen Rath des britischen Residenten in Mandalay verstärkt worden. Es seien kriegerische Vorbereitungen im Gange ge⸗ wesen, und die Ausländer hätten sich unsicher gefühlt. Die Besatzung habe bis dahin auf Friedensfuß gestanden, und der Resident habe gefühlt, daß seine Stenung ge⸗ sichet werden müsse. Sir Stafford Northeote fügte hinzu, der Vizekönig habe dem Staa ssekretär sofortige Nachricht gegeben. Mr. Chamberlain und Mr. Sullivan fragten nach dem Stande des Zulukrieges. Sir Michael Hicks-Beach erklärte: er sehe kein Anzeichen von einem friedlichen Ausgleiche. Daß Natal nicht angegriffen worden, rühre theils von der denkwürdigen Vertheidigung von Rorkes Drift, theils von der trefflichen Stellung des Obersten Pearson und drittens von den kriegerischen Rüstungen der Militärbehörden Südafrikas her. Das Unglück von Isandula solle erst ausgeglichen werden. Mr. Jenkins fragte, ob die Regierung den Oberbefehl der südafrikanischen Truppen anderen Händen anvertrauen werde. Der Schatz⸗ kanzler Northeote erwiderte: „Nein, die Regierung hat nicht die Absicht.“ Mr. Jenkins, damit nicht zufrieden, begann darauf unter großer Unruhe des Hauses und vielfacher Unter— brechung Lord Chelmsford als einen Protégs darzustellen, der nur Unheil angerichtet habe. Schließlich beantragte er die Ver⸗ tagung des Hauses und Sir R. Peel unterstützte ihn dabei.

17. März. (W. T. B.) Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Friedrich Carl und Prinz Friedrich Leopold von Preußen haben heute über Vlissingen die Rückreise angetreten. 18. März. (W. T. B.) Lord Blackford hat für die Sitzung des Oberhauses am 25. d. M. die Einbrin⸗ gung eines Tadelsvotums, betreffend den Zulukrieg, ange— kündigt.

Frankreich. Paris, 15. März. (Fr. K.) Der Protest der Minister vom 16. Mai gegen die brandmarkende Re⸗ solution, mit welcher die Kammer über den Antrag auf Ministeranklage zur Tagesordnung übergegangen ist, lautet: „In Folge einer Untersuchung, die nicht weniger als 15 Monate gedauert hat, hat die Kommission der Deputirtenkammer bei dieser die Anklage der Minister vom 17. Mai und 23. November beantragt. Im Verlaufe dieser Untersuchung, in welcher sie nicht vorgefordert sind, haben achtzig Wahlannullirungen die Zusammensetzung der Kammer, welcher der Antrag vorgelegt wurde, verändert; eine theil— weise Erneuerung gestaltete die Majotrität des Senats um, dem nach der Verfassung das Recht zusteht, über die Anklage zu befinden. Trotzdem haben die an⸗ geschuldigten Minister in Stillschweigen die Erstattung des so lange verzögerten Berichts erwartet. Sie haben nichts ge— than, um die sie bedrohende Anklage abzuwenden. Sie waren bereit, ihren Anklägern vor die von der Konstitution errichtete Jurisdiktion zu folgen. Die Kammer hat also freiwillig, in voller Freiheit ihrer Entschließungen am 13. März erklärt und zwar mit einer Ma⸗ jorität von mehr als 150 Stimmen —, daß eine Anklage gegen sie nicht angestellt werden würde. Anscheinend erkannte sie dadurch mit der öffentlichen Meinung die Nichtigkeit der im Berichte der Kom⸗ mission niedergelegten Beschwerden an. Und gleichzeitig ist durch einen zweiten Beschluß, der aus einer Versammlung von mehr als 500 Mit gliedern nur 7 Stimmen auf sich vereinigte, eine Tagesordnung votirt, welche für alle Zeit dieselben Thaten als Verbrechen bezeich⸗ net, welche dieselbe Kammer in derselben Sitzung soeben aller Ver⸗ folgung ledig gesprochen hat. Außerdem hat die Kammer die Re⸗ gierung aufgefordert, diese Erklärung in allen Gemeinden durch Plakate bekannt zu machen, eine Maßregel, welche nur den Charakter einer Strafe haben kann, weil es dieselbe ist, die der Code in den schwersten Fällen für die Urtheile der Gerichte vorschreibt. Es ist also ein ausgesprochenes Verdikt, ohne vorhergehende Instruktion, ohne kontradiktorisches Verfahren, in Abwesenheit der Angeklagten, durch ein in kompetentes Tribunal: ein solcher Akt ist aller Autorität entkleidet. Die Deputirtenkammer hatte das Recht, die alten Minister anzuklagen, aber kein Verfassungsartikel bekleidet sie mit dem Rechte, gegen sie, selbst durch indirektes Votum, ein Urtheil, ein Verdikt zu fällen.

Diejenigen, die in ihrer Freiheit nicht angetastet werden dürfen, dürfen auch nicht in ihrer Ehre angegriffen werden. . dazu nicht die Macht. es überliefern wir diesem höchsten Tribunal die Tagesordnung selbst, sicher des Urtheils, das alle Freunde des Rechts und der Gerechtig⸗ keit fällen werden.“

Die Kammer Die Tagesordnung überliefert die Akten

alten Ministeriums dem Gewissen der Nation. Unsererseits

Unterzeichnet haben die Herzöge von Broglie und

Decazes, die Herren de Fourtou, E. Caillaux, Joseph Brunet,

Heiz tg.) Der hier tagende Speziallandtag hat an ie Staatsregierung das Ersuchen gerichtet, auf Wieder⸗

Mangel. Auf die Ansprache des hiesigen Bürgermeisters Palley

Paris, de Meaux. General Berthaut und Admiral Gicquel des Touches, haben

Die Minister für Krieg und Marine,