Der Königlichen Regierung ꝛc. überlasse ich, diese Be⸗ stimmung im dortigen Verwaltungsbezirke in geeigneter Weise zur öffentlichen Kenntniß zu bringen und dort eingehende Meldungen mit gutachtlicher Aeußerung rechtzeitig einzureichen.
Berlin, den 21. März 1879. ;
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten. Im Auftrage: Greiff. An sämmtliche Königliche Regierungen, die König⸗ lichen Konsistorien in der Provinz Hannover und den Königlichen Ober⸗Kirchenrath zu Nordhorn.
Abschrift erhält das Königliche Provinzial⸗Schulkollegium zur Nachricht und gleichmäßigen Beachtung.
Berlin, den 21. März 1879.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten. Im Auftrage: Greiff. An sämmtliche Königliche Provinzial⸗Schulkollegien.
Bekanntmachung auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.
Auf Grund des 5§. 12 des Reichsgesetzes gegen die ge⸗ meingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß ge⸗ bracht, daß die im Verlage der Volksbuchhandlung zu
ürich⸗Hottingen 1879 erschienene nicht periodische Druck— chrift: „Die Frau und der Sozialismus. Von August Bebel“ nach §. 11 des gedachten Gesetzes durch die unterzeichnete Landespolizeibehörde verboten ist.
Berlin, den 24. März 1879.
Königliches Polizei⸗Präsidium. von Madai.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 25. März. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute den Polizei⸗-Präsidenten von Madai, nahmen in Gegenwart des kommandirenden Ge— nerals des Garde⸗Corps, Prinzen August von Württemberg, Königliche Hoheit, des Gouverneurs und des Kommandanten von Berlin militärische Meldungen entgegen, hörten den Vor⸗ trag des Generals von Albedyll und gewährten dem Fürsten
zu Wied eine Audienz. Heute verabschieden Sich die Hohen Gäste bei den Kaiserlichen Majestäten. Im Königlichen Schlosse findet ein
Abschieds⸗Diner statt.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ertheilte gestern dem Erbmarschall Freiherrn von der Reck eine Audienz und empfing hierauf den Major a. D. von Tyszka.
Nachmittags besuchte Höchstderselbe die Ausstellung in der Kunst⸗Akademie, sowie die Gemälde⸗Ausstellung des Vereins der Berliner Künstler in der Kommandantenstraße.
Um 5 Uhr fand bei den Höchsten Herrschaften ein größeres Diner zu Ehren der hier weilenden Fürstlichen Gäste statt.
Abends um 7M Uhr begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz in die Oper und nahm später bei Ihrer Königlichen 8 der Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin den
ee ein.
In der gestrigen Generalversammlung des Vater— ländischen Frauen-Vereines, welcher Ihre Majestät die Kaiserin-Königin mit Ihren Königlichen Hoheiten den Großherzoginnen von Baden und Sachsen, der Prinzessin Albrecht und der Erbprinzessin von Hohenzollern beiwohnte, ge⸗ dachte der Minister Dr. Friedenthal der im Laufe des Jahres ,, . bewährten Mitglieder des Deutschen Frauen⸗
zerbandes, insbesondere der verewigten Großherzogin von . Der Geheime Legations-Rath z. D. Hepke gab eine
arlegung des Wachsthums und der finanziellen Lage des Vaterländischen Frauen⸗Vereines. Der Geheime Archiv⸗Rath Dr. Hassel berichtete über die Thätigkeit des Deutschen Frauen⸗ Verbandes und seine nationale Organisation.
Am Schlusse richtete Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin folgende Worte an die Versammlung:
Im Namen der hier anwesenden und der abwesenden deutschen Fürstinnen danke Ich dem Vaterländischen Frauenverein für seine Hingebung und Treue in ernster Zeit. Zugleich aber danke Ich dem Deutschen Frauenverbande, der berufen ist, unsere nationale Organi⸗ sation auf dem gesegneten Gebiete der Vereinsthätigkeit zu vertreten und für die Zukunft zu befestigen. Das walte Gott!
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.
— In der um A/ Uhr wieder eröffneten gestrigen (25.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Etats pro 1879/89 mit der Diskussion über das Ertraordi⸗ narium der Reichs⸗Post- und Telegraphenverwal⸗
tung fort. Der Namensaufruf ergab die Anwesenheit von 214 Mitgliedern; das Haus war demnach beschlußfähig. Bei der Abstimmung über Titel 3 wurde derselbe auf Antrag des Grafen Bethusy⸗Huc gegen den Vorschlag der Budgetkommission mit geringer Majorität angenommen. — Titel 4 —16 des Extraordinariums wurden darauf ohne Debatte genehmigt. Der Abg. Kopfer (Mannheim) beantragte, einen neuen Titel hinzuzufügen „zur Erbauung eines neuen Postgebäudes in Mannheim, als erste Rate 120 000 M6“ Er sei zwar sehr für das Sparsystem, indeß 29 er doch diese Bewilligung energisch befürworten, da die Verhältnisse in Mannheim derartige seien, daß eine Verzögerung dieses Baues das Gegentheil von Sparsamkeit sein würde. Der General⸗Postmeister Dr. Stephan stellte das Bedürf⸗ niß eines Neubaues bei dem sehr entwickelten e, ,. in Mannheim, welches die vierzehnte Stelle im Postverkehr ein⸗
im ganzen Deutschen Reiche 190. Von diesen Erwägungen aus könne er also, wenn er lediglich im Interesse der Postverwal⸗ tung als General⸗Postmeister spräche, nur den Antrag befür⸗ worten, als Vertreter der verbündeten Regierungen bekämpfe er ihn aber, denn es stehe mit Mannheim gerade so wie mit NVeu⸗Ruppin und Thorn. Hier wie dort hätten es finanzielle Bedenken der Postverwaltung unmöglich gemacht, schon in diesem Jahre Bauforderungen im Etat durchzusetzen. Die Postverwaltung werde indessen bei der Aufstellung des nächst⸗ jährigen Etats auf diese Baupläne auch für Mannheim zu⸗ rückkommen.
Mit Rücksicht auf diese Erklärung zog der Abg. Kopfer seinen Antrag zurück. Damit war der Etat der Post⸗ und Telegraphenverwaltung erledigt.
Es folgte der Bericht der Budgetkommission (Referent Abg. von Benda) über das Extraordinarium des Reichs⸗ kanzler⸗Amts. Bei Kap. 1 der einmaligen Ausgaben Tit. 4 (Beitrag zu dem Wiederherstellungsbau der Katha⸗ rinenkirche in Oppenheim am Rhein, zweite Rate 16500 69) wies der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) auf die vollendet künstlerische Ausführung der auf dem Tische des Hauses aus— elegten Zeichnungen von diesem Restaurationsbau hin und prach die Hoffnung aus, daß die private Opferwilligkeit für diesen Zweck nicht nachlassen möge. Tit. 1—5 wurden un— verändert bewilligt.
Tit. 6 (Erwerbung und bauliche Instandsetzung eines Grund⸗ stückes für das Kaiserliche Gesundheits-⸗Amt 312 0001) beantragte die Kommission zu streichen.
Der Präsident des Reichskanzler⸗Amtes, Staats-Minister Hofmann bat dringend, die geforderte Summe zu bewilligen. Die bisher benutzten Räume seien durchans unzureichend, die Bureaus in unqualifizirbar schlechten Räumen untergebracht. Das vorgeschlagene Grundstück liege im Centrum des, so zu sagen mesizinischen Viertels, in der Nähe der Charité, der Thierarzneischule, des physiologischen Instituts, der Anatomie ꝛc. Zudem sei es dringend erforderlich, daß der Präsident des Kaiserlichen Gesundheits⸗Amts in der Nähe des Bureaus wohne. Der Preis sei billig. Redner bat schließlich, die Position mindestens zu nochmaliger Berathung in die Budgetkommission zurück zu verweisen.
Der Abg. Dr. Hammacher glaubte, obgleich auch er in der Kommission mit der Majorität gestimmt habe, dennoch, nachdem er die jetzigen Räume des Gesundheits-Amts in Augenschein genommen, nicht für Ablehnung der geforderten Summe eintreten zu können. Jetzt sei zudem ein weit verstän⸗ digerer Bauplan vorgelegt, das dringende Bedürfniß einer Ver— k sei allseitig anerkannt. Redner beantragte demnach die Zurückverweisung dieses Titels in die Budgetkommission, um erst in dritter Berathung definitiven Beschluß zu fassen.
Der Präsident Hofmann bemerkte, nach früheren
Verhandlungen mit den preußischen Ministerien habe das landwirthschaftliche Ministerium dem Gesundheits⸗ Amt einen Theil des Laboratoriums der Thierarzneischule zur Benutzung gewährt und davon werde auch in Zukunft noch Gebrauch gemacht werden. Der Abg. Dr. Mendel erklärte, dem Antrage Hammacher nicht widersprechen, aber doch die Kommission bitten zu wollen, ihren Antrag auch aufrecht zu erhalten. Der vorge⸗ legte Plan fordere eine ganze Anzahl von Einrichtungen, die darauf ausgingen, dem Gesundheits⸗Amte die Aufgabe zu vindiziren, die Hygiene zur Wissenschaft auszubilden. Dies solle aber Sache der Universität bleiben. Wenn sich neben der Berliner medizinischen Fakultät gewissermaßen eine Neben⸗ fakultät bilden solle, so könnte das eine entschiedene Schädigung der Wissenschaft zur Folge haben.
Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) war der Ansicht, daß man für die Untersuchungen dem Gesundheit⸗Amt zwar dankbar sein könne, indessen müsse man in den Bewilli⸗ gungen Maß halten; er habe es vorher gesagt, daß, wenn man erst anfange zu bewilligen, die Forderungen immer mehr steigen würden. Redner trat schließlich dem Antrage des Abg. Dr. Hammacher bei.
Der Abg. Dr. Löwe (Bochum) stimmte zwar den Argu⸗ menten des Abg. Dr. Mendel nicht bei, trat aber eben— falls dem Antrag Hammacher bei, damit die Pläne in der Kommission nochmals untersucht werden könnten. Ein Labo— ratorium sei für das Gesundheits⸗Amt durchaus noth⸗ wendig, um über eine Reihe von Sachen die Kontrolle zu haben. Es handele sich also um die Existenz dieses Amts, dessen Errichtung von der praktischen Medizin und den Uni— versitäten gefordert worden sei.
. wurde Tit. 6 an die Budgetkommission zurück⸗ gewiesen.
Tit. 7 (Remunerationen, Jahrgelder und Fuhrkosten der Reichskommission zur Entscheidung der Beschwerden auf Grund des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 gegen die gemeingefähr⸗ lichen Bestrebungen der Sozialdemokratie 39 440 MS) sowie Tit. 8 (für die erste Ausrüstung der zur Abwehr der Rinder⸗ pest an der Grenze gegen Rußland und Oesterreich⸗Ungarn angestellten Gensd'armen und Oberwachtmeister 2c. 73 764 MS) wurden ohne Debatte bewilligt. ö.
Von dem Etat des Reichsschatz-Amts war die Posi⸗ tion „Rayon⸗-Entschädigungsrenten 739 600 “ an die Budget⸗ kommission zurückverwiesen worden. Nach deren Antrag sollten jetzt nur 500 000 M6 bewilligt werden.
Das Extraordinarium (für die Gotthardbahn, 7. Rate 1187747 66, Bau des Reichs⸗Justizamts 600 006 MS, Kolle— gienhaus in Straßburg 500 060 6 Entschädigung für den Ankauf von n, ,,, 16590 16 wurde ohne Diskus⸗ sion genehmigt. Ebenso die einmaligen Ausgaben des Reichs⸗ Eisenbahnamts (Tilgung der Hypothekenschuld auf dem Grund⸗ stück 186 000 M). ;
Es folgte der Etat der Reich s⸗Justizvemrwaltung und zwar Kap. 66a. Reichsgericht. Tit. 1. (Präsident 25 000 4) wurde ohne Debatte genehmigt. Titel 2 wirft für 7 Senats⸗Präsidenten à2 14000 S6 und 60 Räthe à 10 000 S½V 349 000 66 aus. Die Abgg. Frhr. Schenk von Stauffenberg, Windthorst, Stellter, Dr. Lasker 3 zu Franckenstein und Genossen beantragten, das Gehalt der Räthe auf 12 000 S zu erhöhen. ;
Tit. 3 (1 Ober⸗Reichsanwalt 15 009 ) hatte die Budget⸗ kommission auf 14 000 S6 heruntergesetzt, während sie die Position der 3 Reichsanwälte à 10 006 S½ unverändert ge⸗ lassen hatte. Die oben genannten Abgeordneten beantragten auch hier die Erhöhung auf 12 000 SV — Die Budgetkom⸗ mission hatte sich dem ihr bereits überwiesenen Antrag Stauffenberg nachträglich angeschlossen und empfahl die Be⸗ willigung der höheren Summen.
nehme nicht in Abrede; hier kaͤmen jährlich 37 Briefe auf den Kopf der Bevölkerung, in Leipzig 85, in Frankfurt a. M. 105,
Der Abg. Dr. Bähr 8 erklärte, die Zusammensetzung des Reichsgerichts aus den Angehörigen der verschiedenen
Staaten müßte der Natur der Sache nach im Verhältniß der Betheiligung der einzelnen Staaten erfolgen. Preußen stelle nun 36 Räthe, Bayern nur 4, weil es in den nicht zur Kom⸗ petenz des bisherigen Ober⸗Handelsgerichts gehörigen Sachen seinen eigenen höchsten Gerichtshof behalte. Sachsen, welches dadurch, daß es nur ein Ober Landesgericht einrichte, für die dem sächsischen Rechtsgebiet angehörigen Sachen ebenfalls ein höchstes Gericht habe, en aber zum Reichsgericht 4 Räthe, wäh⸗ rend es nach Verhältniß seiner Betheiligung nur 2 stellen dürfte, und Preußen zwei mehr stellen müßte. Wenn die sächsische Regierung, wie man höre, überhaupt keine Mit⸗ glieder vorschlagen könne, weil sie keine Juristen gefunden, die nach Leipzig gehen wollten, so müßte ihr sein Vorschlag gewiß annehmbar sein. Es seien ferner, weil das Reichs⸗ gericht zunächst mit den Sachen beschäftigt sein werde, welche nach den älteren Prozeßgesetzen vor den höchsten Gerichtshof gehörten und die wegen der früher bekanntlich niedriger be⸗ messenen Kompetenz weit zahlreicher wären, als nach dem neuen Gerichtsverfassungsgesetz zu seiner Kompetenz gehörigen, in diesem Etat unter Kap. 8 Tit. 5 zur Remunerakion von richterlichen und anderen Beamten 80 000 S aus— geworfen und 8 Räthe für diese Aushülfe in Aussicht ge—⸗ nommen. Diese Summe sei zu gering. Die Civilsachen, welche in den nächsten 11½ bis 2 Jahren — denn so lange dauere es, bis ein Prozeß durch alle Instanzen laufe — be⸗ arbeitet werden müßten, würden bisher von etwa 80 Räthen des Ober⸗Trihunals, des Reichs⸗Ober⸗Handelsgerichts und der andern höchsten Gerichtshöfe bearbeitet, und sollten nun von 40 fest angestellten und jenen 8 Räthen bearbeitet werden. Dabei hätten diese in allen Sachen sich über prinzipielle Fragen neu zu einigen, also weit mehr Arbeit. — Für die Mit⸗ glieder des Reichsgerichts seien in Leipzig 80 neue Wohnungen nöthig. Er habe sich selbst in Leipzig umgesehen und 144 angeblich zu diesem Zweck zur Verfügung stehende Wohnungen besichtigt und ein Verzeichniß darüber aufgestellt, so daß er über jede einzelne auf Verlangen Auskunft geben könne. Ein großer Theil sei gar nicht zu vermiethen, die meisten unbrauchbar, und zwar zum Theil. wegen Unreinlichkeit. Brauchbare Wohnungen zu einem Miethspreise zwischen 509 und 800 Thlrn. seien nur 15, und außerdem 8 bis zum Preise von 1000 Thlrn. Die Neichs⸗ gerichts⸗Räthe befänden sich also in einer wahren Wohnungs— noth. Wie dem abzuhelfen, stelle er der Regierung anheim.
Der Präsident des Reichsjustizamtes, Staatssekretär Dr. Friedberg erwiderte, trotz der Sorgfalt, mit der er den Aus⸗ führungen des Vorredners gefolgt sei, sei es ihm nicht gelun⸗ gen zu erkennen, in welcher Verbindung dieselben mit dem Etat stehen sollten. Der Vorredner habe erzählt, daß er sich in Leipzig 144 Wohnungen persönlich angesehen habe — eine an fich sehr schätzenswerthe Arbeit — und zu der Ueberzeugung ge— langt sei, daß dort ohne Frage bei der Uebersiedelung der Mitglieder des Reichsgerichts eine große Wohnungsnoth' ein⸗ treten werde, Er könne ihm versichern, daß nach den hier vor— liegenden Listen zum 1. April d. J. hundert und 46 40 Wohnungen in Leipzig vakant seien. Er habe sich wegen dieser Frage mit dem Magistrat der Stadt Leipzig in Verbindung gesetzt und halte es für seine Pflicht, hier auszusprechen, daß er überall das bereit⸗ willigste Entgegenkommen gefunden habe und daß von dieser Seite Alles geschehen sei, um die hierauf bezüglichen Besorg— nisse abzuschwächen. Der Rath habe eine besondere Kommission eingesetzt, um die Wohnungsfrage zu studiren und um einer möglichen Wohnungsnoth entgegen zu wirken. Was bezwecke der Vorredner mit seinen Ausführungen? Wolle der Vor⸗ redner den Antrag stellen, daß das Haus ein neues Gesetz mache, um das Reichsgericht nach einem anderen Orte als Leipzig zu verlegen? Der Vorredner werde doch das Gesetz, noch ehe es zur Ausführung gekommen sei, nicht schon in Frage stellen wollen! Er habe wegen der Wohnungsfrage einen besonderen Kommissar nach Leipzig gesandt, überdies den Ober Bürgermeister von Leipzig eingeladen, mit ihm über die Anlegenheit zu konferiren, und die Ueberzeugung gewon⸗ nen, daß sich bei gutem Willen und einiger Resignation für die Mitglieder des Reichsgerichts ein gutes Unterkommen fin⸗ den lassen werde. — Die weiter vom Vorredner angeregte Frage, wie die einzelnen Rathsstellen auf die verschiedenen deutschen Staaten vertheilt werden sollten, gehöre nicht vor das Forum des Reichstages, sondern sei Sache der verbün⸗ deten Regierungen, die nach dem Gesetz ihre Anträge der Ge⸗ nehmigung des Kaisers unterbreiten müßten. Auf die Frage, ob die für den Hülfssenat im Etat ausgeworfenen Summen ausreichen würden, könne er nur antworten, daß er das nicht wisse; sollten sie indessen überschritten werden müssen, so werde der Reichstag die Mehrforderung gewiß bewilligen. Das Ge⸗ rücht, daß die Königlich sächsische Regierung nicht in der Lage gewesen sei, Richter für das Reichsgericht vorzuschlagen, könne er aufs Formellste widerlegen.
Der Abg. Dr. Stephani nahm auf Grund ,, Orts⸗ kenntniß Veranlassung, der Schilderung des Abg. Bähr über die Leipziger Wohnungsverhältnisse zu widersprechen. Es sei freilich für Manchen schwer, Berlin mit Leipzig zu vertauschen, aber darum fühle auch die Stadt Leipzig um so dringender die Verpflichtung, die Herren vom Reichsgericht mit offenen Armen aufzunehmen und ihnen das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Der Unterschied zwischen Berliner und Leipziger Woh⸗ nungen sei der, daß in Berlin mehr Werth auf den Salon et werde, als auf die übrigen Wohnungsräume; das Leipziger Woh⸗ nungs⸗Comité habe auf Grund seiner sachlichen Prüfung die feste Ueberzeugung, daß die Beamten des Reichsgerichts nicht mit der Wohnungsnoth zu kämpfen haben würden. Ohne alle Schwierigkeiten werde ein solcher Uebergang nicht zu voll⸗ ziehen sein, aber allseitiger guter Wille werde darüber hin⸗ weghelfen. Leipzig seinerseits habe den guten Willen im vollen Umfange. Er sei zu jeder Gefälligkeit und Vermitte⸗
lung bereit,. . Der Abg. Dr. Beseler setzte bei der Stadt Leipzig keinen
bösen Willen voraus, trat aber im Wesentlichen den Aus⸗
führungen des Abg. Bähr bei, daß es thatsächlich in ö an Wohnungen fehlen werde. Wäre es möglich, so müßte man jetzt noch das Reichsgericht aus Leipzig verlegen.
Hierauf wurde die Diskussion über Titel 1 geschlossen und derselbe genehmigt. r
Vezüglich der Positionen zu Tit. 2 und 3 befürwortete Abg. Freiherr von Maltzahn⸗Gültz die nach dem Antrage des Freiherrn Schenk von Stauffenberg erhöhte Regierungs⸗ horberung als Referent der Budgetkommission.
Der . von Behr⸗Schmoldow erklärte sich mit der er⸗ höhten Gehalts i distrihutiva nicht entspreche und den analogen Gehaltsverhält⸗
nissen anderer höchsten Gerichtshöfe nicht angemessen sei. Ein
forderung nicht einverstanden, die der justitia
Gehalt, wie es die Kommission fordere, sei nicht nöthig, um die Unabhängigkeit der Reichsrichter zu wahren.
Der Präsident des Reichs⸗Justizamtes, Staats-Sekretär Dr. Friedberg bat das Haus, dem Antrage Stauffenberg bei⸗ zutreten. Das Reich müsse seine obersten Richter eben besser stellen, als es jeder Einzelstaat thun könne, und deshalb sei der Hinweis des Vorredners auf die niedrigeren Gehälter bei anderen Staaten unzutreffend.
S Der Abg. Dr. Lasker sprach sich ebenfalls für den Antrag Stauffenberg aus. Es sei freilich von der parlamentarischen Praxis abweichend, über die Forderungen der Regierung hin⸗ auszugehen, aber hier liege doch ein Ausnahmefall vor. Ge⸗ rade aus dem Munde des Abg. von Behr müsse ein Wider⸗ spruch doppelt auffallend sein, denn der Abg. von Behr habe selbst einmal einen ganz analogen, auf Erhöhung gehenden Antrag in Fischerei-Angelegenheiten eingebracht und durch— esetzt.
6. e Haus trat darauf dem von der Budgetkommission befürworteten Antrag des Abg. Frhrn. von Stauffenberg bei, worauf es sich um 51“ Uhr auf Mittwoch 10 Uhr vertagte. 2
— — Für die Zeit vom 1. April 1878 bis zum Schlusse des Monats Februar 1879 sind (verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) im Reiche an Einnahmen (einschließlich der kreditirten Beträge) aus Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchs⸗ steuern, sowie vom Spielkartenstempel zur An⸗ schreibung gelangt: Zölle 105 039 744 S (— 1275598 6, Rübenzuckersteuer 52 374151 S (— 489791 S), Salz⸗ steuer 33 160 839 SV (— 14066 6), Tabakssteuer 946777 M (— 112200 S), Branntweinsteuer 37 027 414 (MsSvs ( 1710825 S6), Uebergangsabgaben von Brannt⸗ wein 101 702 S — 1547 6), Brausteuer 15 291 698 6 (— 365 221 6), Uebergangsabgaben von Bier 857 993 M ( 11543 S), Summe 244 800 318 SJ (— 534 055 (t), Spielkartenstempel 554 862 6 (4 554 862 6). Die zur Reichskasse gelangte Ist-Einnahme abzüglich der Bonifikationen und Verwaltungskosten beträgt bis Ende des Monats Februar 1879: Zölle 92 062 310 MSR (4 187783 (60), Rübenzuckersteuer 40 494 192 M (— 3577 020 M6), Salzsteuer 31 852 162 S ( 2964658 M), Tabakssteuer 775 692 66 (= 95 489 M), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 33 105 185 SV (4 711 029 M), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 13701 522 S6 (— 302 152 6), Summe Al 991 063 S (— 2779 391 S6), Spielkartenste mpel 256 528 S ( 256 528 c.
— Uebergiebt der Acceptant eines Wechsels diesen, ohne die gesetzlich vorgeschriebene Stempelmarke zu kassiren, im Wechselverkehr dem Aussteller, so hat dieser, nach einem Er— kenntniß des Ober⸗-Tribunals vom 28. Februar 1879, in die zu kassirende Stempelmarke die Anfangsbuchstaben seines Namens einzuschreiben. Schreibt er dagegen die Anfangs⸗ buchstaben des Namens des Acceptanten in die Marke, so macht er sich der Stempelhinterziehung schuldig.
— Nach einem Erkenntniß des Gerichtshofes zur Ent⸗ scheidung der Kompetenz-Konflikte vom 11. Januar 1879 ist sorohl nach dem Gesetze vom 11. Mai 1842 als auch nach dem Gesetze vom 13. Februar 18654 die Frage, ob gegen einen Polizeibeamten mit Rücksicht auf eine von ihm getroffene — in den oberen Verwaltungsinstanzen approbirte — polizeiliche Verfügung ein gerichtlicher Entschädigungsanspruch statthaft ist, zu verneinen.
— Der Vorstand eines landwirthschaftlichen Vereins hatte die Vereinsmitglieder zu einer Versammlung behufs Erörterung landwirthschaftlicher Angelegenheiten ein⸗ geladen, ohne eine Anzeige darüber an die Polizeibehörde zu machen. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen den Veranstalter der Versammlung Anklage wegen Unterlassung der Anzeige an die Polizeibehörde, weil die Versammlung behufs Be⸗ rathung landwirthschaftlicher, also öffentlicher An—⸗ gelegenheiten einberufen worden und die Thatsache, ob in der Versammlung in Wirklichkeit öffentliche Angelegenheiten berathen worden sind oder nicht, für die Strafbarkeit der Ver⸗ anstaltung gleichgültig sei. Das Appellationsgericht trat dieser Ansicht nicht bei und sprach den Angeklagten frei. Auf die dagegen vom Ober-Staatsanwalt eingelegte Nichtigkeits⸗ beschwerde hob das Ober-Tribunal durch Erkenntniß vom 19. Februar 1879 das zweitinstanzliche Erkenntniß auf und verwies die Sache zur Entscheidung, insbesondere zur Feststellung, ob die Veranstalter der Versammlung bei der Einberufung bezweckt haben, öffentliche Ange— legenheiten zur Erörterung zu bringen, in die zweite Instanz zurück. „Die Frage, ob landwirthschaftliche Vereine als Vereine unter die Bestimmungen der Verordnung vom 11. März 1850 fallen oder nicht, ist allerdings für die Ent⸗ scheidung unerheblich, da es sich hier nicht um eine Anklage wegen verbotener Vereinsthätigkeit handelt, sondern um die unterlassene Anzeige einer Versammlung, und es für die An⸗ wendung der 5§§. 1, 12 4. a. O. nicht ins Gewicht fällt, ob die Einberufung der Versammlung von einem Verein aus— gegangen ist oder nicht. Gegenstand der Entscheidung bei der vorliegenden Anklage war die Frage, ob eine Versammlung stattgesunden habe, in welcher bffentliche Angelegenheiten er— örtert oder berathen werden sollten. Diese Frage ist in der Entscheidung des zweiten Richters gar nicht geprüft. Derselbe äußert sich nur uber die thatsächlichen Vorgänge in der Ver— sammlung und geht augenscheinlich davon aus, daß nur diese thatsächlichen Vorgänge entscheidend seien. Dabei ist aber übersehen, daß der 8. 1 a. a. O. die Zweckbestimmung der Ver⸗ sammlung, wie sie bei der Anberaumung derselben ,, , ist, nicht die wirkliche Erreichung dieses Zweckes im
uge hat.“ — Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzoglich
sachsen⸗meiningische Staats-Minister von Giseke ist hier ein⸗
getroffen.
— Der Chef der Kaiserlichen Admiralität, Staats⸗Minister von Stosch, hat sich Behufs Inspizirungen nach Kiel und Wilhelmshaven begeben.
Greifswald, 22. März. Die hiesige Universität beging heute in herkömmlicher Weise den Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers und Königs durch eine akademische
eier, der ein zahlreiches Publikum aus allen Ständen beiwohnte. Die Festrede hielt der Professor der Geschichte Dr, Ulmann über die Vorgänge, durch welche sich unter Heinrich IV. der Niedergang der deutschen Königsmacht vollzogen hat. Der Redner legte, nach einem kurzen Ueberblick uber die Periode der Unselbständigkeit, die Vorstellungen der Zeitgenossen über
Wesen und Eigenschaften des Königthums, sowie die sittlich— politischen Anschauungen über die Pflichten gegen dasselbe dar und verband damit eine Skizze der verfassungsgeschicht⸗ lichen Umgestaltung der Königlichen Macht in Deutschland. Daran knüpfte er die Darstellung des Kampfes zwischen Hein⸗ rich und den deutschen Großen mit besonderer Rücksicht auf die Ursachen, welche in Sachsen den Kampf zu einem Volks⸗ krieg machten. Dann suchte er zu verdeutlichen, in welcher Wechselbeziehung die deutschen Aufständischen und der Papst hinsichtlich der Herbeiführung einer Neuwahl an Stelle Hein⸗ richs gestanden hätten. Letztere — die Wahl Rudolfs — unter der bekannten Voraussetzung wurde als Wendepunkt auf— gefaßt. Schließlich stellte der Redner dem aufgerouaten Bilde die Segnungen der Erbmonarchie gegenüber, deren sich Deutschland und Preußen unter den Hohenzollern erfreue, und endete mit Segenswünschen für den Erlauchten Herrscher. Die Feier begann und endete mit Gesang.
Breslau, 22. März. (Schles. Ztg. Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs wurden heute Vormittag in den verschiedenen Kirchen und in den Synagogen Festgottesdienste abgehalten, zu denen die Gemeindegenossen in würdiger Bekundung ihrer patrio— tischen Gesinnung recht zahlreich erschienen waren. Für die Garnison fanden in der Kirche zu St. Barbara und in der Kreuzkirche Festgottesdienste statt. In den städtischen höheren Lehranstalten waren zu den aus Anlaß der Feier des Tages veranstalteten festlichen Akten auch Vertreter der städtischen Behörden erschienen. Wie in den höheren Lehranstalten, so wurde auch in vielen Privatinstituten und Elementarschulen der festlichen Bedeutung des heutigen Tages in ent— sprechender Weise gedacht. Von der Galerie des Rath⸗ hausthurmes ertönten in der Mittagsstunde patriotische Weisen. Nach 12 Uhr fand auf dem Palaisplatze eine große Parade der ganzen Garnison statt. Dieselbe kommandirte der General— Major Freiherr von Wechmar, Commandeur der 21. Infan— terie⸗Brigade. Rings um den Platz hatte sich eine nach Tau— senden zählende Menschenmenge geschaart. Bald nach 121 Uhr erschien der kommandirende General des VI. Armee-Corps, General der Kavallerie von Tümpling mit Suite auf dem Palaisplatz, trat vor die Front der Truppen und brachte das Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus. Gleich— zeitig mit dem Hoch löste eine aus 6 Geschützen bestehende Batterie den ersten der darauf folgenden 101 Kanonenschüsse. Nachdem der General vom rechten Flügel aus die Front der Truppen entlang geschritten war, nahm er vor der Rampe des Königlichen Palais den Parademarsch ab. Um 11½ Uhr war die Feierlichkeit beendigt.
Von der hiesigen Königlichen Universität wurde die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers, Vormittags II Uhr, in hergebrachter festlicher Weise im Beisein eines zahl— reichen und gewählten Auditoriums in der Aula Leopoldina begangen. Unter den Vertretern der Königlichen und städtischen Behörden befanden sich u. A. der Ober -Präsident von Putt— kamer, der Regierungs⸗-Präsident Juncker von Ober-Conraid, der Landeshauptmann von Uthmann und der Bürgermeister Dickhuth. Nachdem die Dozenten der Universität, welche im Festzuge und in Amtstracht die Aula betraten, ihre Plätze ein— genommen hatten, wurde die Feier durch die Aufführung der Ouverture zu „Titus“ von Mozart unter Direktion des Kö⸗ niglichen Mu sikdirektors Prof. Dr. Schäffer eröffnet, worauf der Professor der Eloquenz, Prof. Dr. Hertz, in einer treff— lichen Festrede unter Vorführung altklassischer Fürstenbilder über Herrscherberuf und Herrscherideal sprach.
Kiel, 24. März. (W. T. B.) Der Geburtstag Sx. Majestät des Kaisers ist überall in Schleswig-Holstein auf die feierlichste Weise begangen worden. — Der pro vin—⸗ zialständische Ausschuß hat anläßlich der bevorstehenden goldenen Hochzeit des Kaisers beschlossen, 6000 (s zur Unterstützung Erblindeter anzuweisen.
Göttingen, 23. März. Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs vereinigte fich gestern, wie alljährlich, die Professoren der Universität, das Offizier⸗Corps, die Beamten und Honoratioren der Bürger— schaft in den Festräumen des Literarischen Museums zu einem Mahle, bei welchem der Geheime Justiz⸗Rath Dr. Dove eine schwungvolle Festrede hielt und den Toast auf Se. Majestät ausbrachte.
Bayern. München, 23. März. Die Staats⸗Minister des Innern und der Finanzen haben zum Vollzuge des Ge— setzes vom 19. d. Mts,, die Besteuerung des Gewerbe⸗ betriebes im Umherziehen betreffend, sehr eingehende Vorschriften erlassen, welche im Gesetz⸗ und Verordnungsblatt Nr. 12 publizirt werden.
— 24. März. (W. T. B:). Das Kreiscomits des hiesigen landwirthschaftlichen Vereins hat der von dem unterfränkischen Kreiscomité an das Ministerium des Innern gerichteten Petition bezüglich des Zolltarifes zugestimmt. In der Petition heißt es: Die Regierung möge bei dem Bundesrathe dahin wirken, daß bei den bevorstehen⸗ den Aenderungen der Zolltarife die Interessen der Landwirth⸗ schaft durch Einführung mäßiger Eingangszölle auf sämmtliche landwirthschaftliche Produkte gleichmäßig mit den Interessen der Industrie ebenfalls gewahrt würden.
Augsburg, 23. März. (Allg. Ztg., Die von der libe— ralen Partei hier zur Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers veranstaltete gestrige Versamm⸗ lung vereinigte in festlich geschmücktem Raume reichlich 1000 Männer aller Stände. Der als Festredner berufene erste Bürgermeister Ludwig Fischer sprach wie folgt:
Kaum war der Jubelruf verhallt, womit wir vor zwölf Mo⸗ naten unseres Kaisers Eintritt in ein neues Lebensjahr froh begrüßt hatten, da kamen die schreckensvollen Tage, an welchen von Gott ver⸗ lassene Sendlinge des Auswurf der Nationen die meuchelmörderische
and erhoben gegen den ehrwürdigen Greiz, gegen den sieggekrönten
elden, gegen den allzeit gerechten Begründer und Schirmherrn des Reiches, gegen den Führer des deutschen Volkegß. Wer kann die e, ,, m, schildern, welche uns damals durchwogten, und welche uns beute bei der Erinnerung an jene Tage bewegen? Es mag ge⸗ nügen, wenn gesagt wird: daß wir den Angriff auf des Kaisers Majestät als einen Angriff auf die Sicherheit Aller erkannten, daß die gemeinsam bestandene Gefahr uns nur noch fester mit Kaiser und Reich verband, und daß wir nach dem Geschehenen die Pflicht fühlten, auch unseren König mit einem verdoppelten Schutzwall der Liebe und Treue zu umgeben. Dabei soll und wird es bleiben immerdar! Unter dem Eindrucke der Ereignisse des letzten Jahres feiern wir — mit vermehrtem Ernste zwar, aber nicht mit verminderter Freude — den heurigen r,. Aus vollen warmen Herzen bringen wir unserm Kaiser unsere Hul
digung dar, wünschen wir Ihm Glück und Segen. Feierlich wiederholen wir auch heute das Gelöbniß, daß wir
immer und gern beitragen werden zur Erhaltung der Macht des Reiches. Die Lage erfordert gebieterisch, daß Deutschland eine Re⸗ gierung habe, die stark ist nach innen und nach außen; diese Regie⸗ rung zu stützen und zu vertreten, erklären wir uns bereit. Durch die That wollen wir bekunden, daß in uns das Bewußtsein lebt, wie viel des Dankes wir dem Kaiser schulden.
Wir haben dem Kaiser zu danken dafür, daß er strenge Maß⸗ nahmen genehmigte gegen jene, die jeder staatlichen Ordnung abhold sind und Leben wie Elgenthum der Bürger bedrohen. Anspruch auf unseren Dank hat der Kaiser, weil er des Staates Gesetz als die allein zulässige Grundlage der auch von uns gewünschten Beilegung kirchenpolitischer Streitfragen festhält. (Allgemeine Zustimmung.) Zu danken haben wir dem Kaiser, weil er unsere Bitte um Schutz für die deutsche Arbeit erhört und Veranstaltungen getroffen hat, welche der deutschen Landwirthschaft, dem deutschen Gewerbe, der deutschen Industrie die ihnen gebührende, lange entbehrte Berücksichtigung ge⸗ währen sollen. Dankbar müssen wir dem Kaiser sein, weil er mit Wohl⸗ wollen die Rathschläge des großen Kanzlers entgegennimmt, der unseres wiedergebornen Deutschen Reiches gewissenhafter und sorg⸗ samer Taufpathe ist, und gleiche Dankesschuld haben wir unserem König abzutragen, weil er — einig mit seinem kaiserlichen Bundes⸗ genossen — die das wohlverstandene Volksinterese wahrenden Bestre⸗ bungen dieses Reichskanzlers gutheißt, dem auch wir mehr vertrauen als seinen Widersachern. (Lebhafter Beifall) Und so komme denn das, was die ganze Versammlung denkt und wünscht zum Ausdruck durch den einmuͤthigen Ruf: „Ihre Majestäten der Deutsche Kaiser, dessen Geburtefest wir heute feiern, und unser König Ludwig II. leben hoch! hoch! hoch!“ (Lang andauernder Zustimmunzsruf.)
Braunschweig. Braunschweig, 20. März. (Magd. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Landtages motivirte der Abg. Veltheim, unter Hinweis auf das Vorgehen anderer Länder, seinen Antrag auf Besteuerung der öffentlichen Tanzmusiken, welche sicher durch eine Belastung vermin⸗ dert werden würden. Der Antrag wurde der betreffenden Kommission zur Vorberathung überwiesen. Nach Beendigung der Etatsberathung nahm die Versammlung sodann noch im Ganzen die Gesetze, betreffend Uebergangsbestimmungen zur Civilprozeßordnung und den Gerichtshof zur Entscheidung von Kompetenzstreitigkeiten, an.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 22. März. Zu Ehren des Kaiserlichen Geburtstages, welcher gestern durch einen Zapfenstreich eingeleitet worden, war heute früh Reveille, später Gottesdienst und Kirchenparade. Das Gymna— sium und die Realschule hatten besondere Feierlichkeiten ver⸗ anstaltet. In den Räumen des Kasinos wird ein von Militär und Civil zahlreich besuchtes Mittagsmahl stattfinden.
Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Coburg, 23. März. (Leipz. Ztg.) Der gestrige Geburtstag Sr. Ma jestät des Kaisers wurde auch hier und zwar nicht allein in der Stadt gefeiert, sondern in jedem Orte des ganzen Landes waren Kundgebungen freudiger Theilnahme und patriotischer Gesinnung wahrzunehmen. Hier war am Vorabend großer Zapfenstreich. Gestern früh zog die Militärmusik, Reveille machend, durch die Stadt. Viele Häuser waren beflaggt. Später war Gottesdienst, worauf große Parade folgte. Mit— tags fanden in mehreren Lokalen Festessen statt, unter ande⸗ ren ein sehr solennes im Gesellschaftshause, bei welchem sich das Offiziercorps, die vielen hier lebenden pensionirten und mehrere zufällig anwesende fremde Offiziere, dann die höheren Hof⸗ und Staatsdiener, sowie die Vertreter und die Honora⸗ tioren der Stadt zahlreich betheiligten, und wobei der General von Plonsky den Toast auf das Wohl des hohen, allverehr⸗ ten Monarchen ausbrachte. Abends war an verschiedenen Orten Ball und das Militär hatte Freitanz. — Se. Hoheit der Herzog hat den Landrath Ewald in Gotha vom 1. Juli d. J. ab zum Chef des dann ins Leben tretenden Herzoglichen Hofamtes in Coburg mit dem Dienstprädikat „Präsident“ und den Kaufmann Gustav Padberg aus Leipzig vom 1. Juli d. J. ab zum „Schloßhauptmann und Chef der Her— zoglichen Schloßhauptmannschaft in Gotha“ ernannt.
Gotha, 20. März. (Magd. Ztg.) Das Staats—⸗ Ministerium macht bekannt, es sei auf Befehl Sr. Hoheit des Herzogs beschlossen worden, daß in der Landeskirche des Herzogthums Gotha die bisherige Verbindung der Feier eines Bußtages mit der des Charfreitages in Wegfall kommen solle, „damit dem hohen Festtage sein eigenes und volles Recht zu Theil werde.“ Nachdem der Sonderlandtag den Staatsvertrag mit Preußen, betreffend den Bau der Gebirgs⸗ bahn Erfurt⸗Plaue⸗Zella⸗-Suhl⸗Grimmenthal, ge— nehmigt, die Petition der Gemeinde Elgersburg um Unter⸗ stützung bei dem auf diese entfallenden Landerwerbsantheil der Strecke Arnstadt⸗Ilmenau aber abgelehnt hatte, wurde der Landtag vertagt. — Der Herzog ist am Montag über Paris nach Nizza abgereist.
Anhalt. Dessau, 23. März. (Magd. Ztg.) Der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers wurde vor— gestern Abend durch Zapfenstreich und Fackelbeleuchtung ein⸗ geleitet. Gestern Morgen war Garnisonsgottesdienst und nach demselben große Parade auf der Cavalierstraße, die in Ab⸗ wesenheit des Obersten von Dittfurt der Bezirks Commandeur, Oberst von Olczewski, abnahm. Mittags vereinigte ein solennes Festdiner die Spitzen der Behörden im „Hotel zum goldenen Hirsch“. In allen Vereinen fanden bereits am Vor⸗ abend festliche , statt, in denen in treuer An⸗ ann e n unseres Heldenkaisers gedacht wurde. Die Stadt atte festlich geflaggt.
Reuß ä. L. Greiz, 22. März. Zu Ehren des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers fand heute
am Fürstlichen Hofe eine größere Galatafel statt, wobei von Sr. Durchlaucht dem Fürsten in herzlichen Worten ein Toast auf den Kaiser ausgebracht wurde. Im Gymnasium wurde ein Festaktus abgehalten; in verschiedenen Lokalen der im Flaggenschmuck prangenden Stadt waren Festessen ver⸗ anstaltet.
Elsaß⸗Lothringen. Straßb urg, 22. März. (Straßb.
tg.) Das zur Vorfeier des Geburtstagsfestes Sr. tajestät des Kaisers gestern Abend auf dem Walle der Bastion XIV. nächst dem Judenthor abgebrannte Lustfeuerwerk verlief in glänzendster Weise. as Wetter hierzu war un⸗ . guͤnstig. Den Schluß des Schauspiels bildete das
bbrennen eines vielfarbigen Tableaus mit der Inschrift: „Gott beschirme den Kaiser“, in deren Mitte der Buchstabe W prangte. Die Kapelle des Pionier⸗-Bataillons spielte zu diesem überaus gut gelungenen Schlußeffekt die Nationalhymne. Dem Abbrennen des r e, wohnte eine ungemein große Volksmenge bei, welche die Feier als die großartigste aller bisher stattgehabten bezeichnete. Nach dem Schlusse des Feuerwerks begab sich die dichtgedrängte olksmenge
nach dem mittelst Fackeln und bengalischen Feuers be— leuchteten Broglieplatze, woselbst die zur 53 des