1879 / 77 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Mar 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung. Nachdem die Tilgungsfonds⸗Rechnungen der Staats⸗ schulden⸗Tilgungskasse und der betreffenden Provinzialkassen für das Jahr 1876 und das erste Vierteljahr 1877 von den beiden Häusern des Landtages dechargirt worden, sind von den nach diesen Rechnungen eingelösten Staatsschulden⸗Doku⸗ menten und Eisenbahnaktien und Obligationen die in der Bekanntmachung vom 1. September 1877 bei der Einlösung aus 1876 unter 1 bis 31 und bei der Einlösung aus dem Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1877 unter 1 bis 21 aufgeführten, in den Anlagen der eben bezeichneten Bekannt⸗ machung nach Littern, Nummern und Beträgen einzeln ver⸗ zeichneten derartigen Dokumente heute im Beisein von Kom⸗ missarien der Staatsschulden⸗Kommission und unserer Ver⸗

waltung durch Feuer vernichtet worden, nämlich:

A. aus dem Jahre 1876: 10

8239 Stück über 6009 900 21930 1657 800 1405500 391 800 15 600

842 10 91 500 1059309 15 609 104409 163 80) 229 290 351 900 36900 41775 251 100 192330 752 850

1) Staatsschuldscheine 4 2) Staats anleihe von 1848. 111 B 3 i855 . . ; ö d 6 ö. . 28 7) Staats ˖ Prämien ⸗Anleihe von

J 8) Staatsanleihe von 1855 A.. 151 9) ö 1856 1371 16 . . 7 115 5proz. Staatsanleihe von 1859 123) zweite Staatsanleihe von 1859 13) Staatsanleihe von 1862 .. 14 ; K 15 ; 1867 16, ; 1867

, n m, w m, w

17) 1867 18 . 19 ' 1563 20) Kurmärkische Schuldverschrei⸗ , 21) Neumärkische Schuldverschrei⸗ m 22) Schuldanerkenntnisse der Re⸗ gierung in Münster über pro⸗ vinzielle Schuldkapitalien . 23) Aktien und Obligationen der Niederschlesisch ⸗Maärkischen w 3 24) Aktien und Obligationen der Münster⸗ Hammer Eisenbahn . 25) Prioritäts⸗Obligationen der Taunus ⸗Eisenbaehnn . 26) Schleswigsche und Holsteinsche Obligationen J 27) Hannoversche Obli ationen 28) Kurhessische Obligationen. 29) Nassauische Obligationen. 30 Hessen⸗Homburgische Obliga⸗ tionen.

1

deo 4

321 090 684 840 709 294

JJ 15 600 05 31) Obligationen der Stadt Frank⸗ J i = 480 772 32 Summa A. 35 146 Stuck uber 18 885 775 74 B. aus dem Vierteljahre vom 1. Januar bis 31. März 1877:

Staatsschuldscheind ..... ber Staatsanleihe von 1848 ö , Staats ⸗Prämien⸗Anleihe von 1 5) Staatsanleihe von 1855 A. 6 . is56 7) 5 proz. Staatsanleihe von 1859 8) zweite Staatsanleihe von 1859 9) Staats anleihe von 1364. 165) h , 11 . , 12) . ö 13) Aktien und Obligationen der Nie erschlesisch⸗Märkischen . 14) Aktien und Obligationen der Münster⸗Hammer Eisenbahn . 15) Prioritäts⸗ Obligationen der Taunus⸗Eisenbahn . 16) Schleswigsche und Holsteinsche , 17) Hannoversche Obligationen 18) Kurhessische Obligationen. 19) Nassauische Obligationen .. 20) Hessen⸗Homburgische Obliga⸗ R m 21) Obligationen der Stadt Frank⸗ furt a. / Main .

,,,, 9 ,

).

. 144 . ö Summa B. 7575 Stuͤck über 3 018 S896 7 Hierzu: Summa A. 33 1466 18 980 775 14 überhaupt 40 721 Stück über 21 Jod 5f7 ps Dies wird nach der Bestimmung im §. 17 des Gesetzes vom 24 Februar 1850 (Ges. S. S. 57) zur öffentlichen Kenntniß gebracht mit dem Bemerken, daß die in der Be— kanntmachung vom 1. September 1877 bei der Einlösung aus 1876 unter 32 aufgeführten 5 Stück Schleswig⸗ Holsteinische Obligationen über 1980 S, welche auf Namen lauten, und deren Littern, Nummern und Beträge gleichfalls in den Anlagen der Bekanntmachung vom 1. Sep⸗ tember 1877 veröffentlicht sind, in Gemäßheit des §. 4 des Gesetzes vom 11. Februar 1869 (Ges. S. S. 355) einst⸗ weilen von der Vernichtung ausgeschlossen worden sind. Berlin, den 26. März 1879. Hauptverwaltung der Staatsschulden. Löwe. Hering. Rötger.

132 514 52

Bekanntmachung auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

In Gemäßheit des 5. 6 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial⸗ demokratie bringen wir hierdurch zur allgemeinen Kenntniß, daß die Nrn. 5, 6 und 8 der in der schweizerischen Vereins⸗ buchdruckerei in Hottingen⸗Zürich erscheinenden Zeitung „Der Patriot“, sowie die Nr. B der Zeitung „Der freie Schweizer“ auf Grund des §. 11 des erwähnten Gesetzes heute von uns verboten worden sind.

Darmstadt, den 28. März 1879. ö

Großherzoglich Hessisches Kreisamt Darmstadt.

Nichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 31. März. Beide Kaiserliche Majestäten empfingen gestern das Präsidium des Reichs⸗ tages, sowie das Staats⸗Ministerium und den Präsidenten des Ober⸗Kirchenraths, welche Allerhöchstdenselben die ehr⸗ furchtsvolle Theilnahme an dem Trauerfalle ausdrückten, der die Kaiserlichen Großeltern tief darniederbeugt.

Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute militärische Meldungen, sowie den Vortrag des Geheimen Civil⸗Kabinets entgegen.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin wohnte gestern mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden der Einsegnung in der Kaiserin⸗Augusta⸗Stiftung bei.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Ho— heiten die Kronprinzlichen Herrschaften wohnten gestern Vormittags um 10 Uhr dem Gottesdienst in der Kapelle des Kronprinzlichen Palais bei.

Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz empfing heute das Präsidium des Reichstages, welches die Theilnahme des Reichs⸗ tages an dem Hinscheiden Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Waldemar aussprach, und aus demselben Anlaß später das Staats⸗Ministerium.

Ihre Kaiserliche Haha die Kronprinzessin begab Sich zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen um 10 Uhr nach Potsdam und kehrte um 12 Uhr nach Berlin zurück. ĩ

Heute Abend um 10 Uhr werden Sich Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm und Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe zu einem mehrwöchentlichen Aufenthalt nach Wies— baden begeben. ;

Im Gefolge der Höchsten Herrschaften werden sich der Hof⸗ marschall Graf zu Eulenburg, die Palastdame Gräfin Brühl, der Kammerherr Graf von Seckendorff, der persönliche Adjutant Major von Panwitz, die Ober⸗Gouvernante Fräulein von Perpigna und der Erzieher Sr. Königlichen Hoheit des ver⸗ storbenen Prinzen Waldemar Dr. Delbrück, sowie der Leibarzt, General-Arzt Dr. Wegner, und der zur Dienstleistung bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm kommandirte Seconde-Lieutenant von Jacobi befinden.

Auf die Sr. Majestät dem Kaiser und König zum Allerhöchsten Geburtstage von dem hiesigen Magistrat überreichte Glückwunschadresse haben Se. Majestät Folgendes erwidert:

Verbindlich dankend für die Mir von dem Magistrat zum 22. März dargebrachten Glückwünsche, gebe Ich dem Magistcat gern zu erkennen, daß die in seiner Adresse sich aussprechende Theilnahme an den Betrachtungen, zu welchen Ich durch die Wiederkehr Meines Geburtstages naturgemäß angeregt werde, Meinem Herzen sehr wohlgethan hat. Sie bestärkt in Mir das angenehme Bewußtsein, daß ungeachtet des Personenwechsels, welcher sich von Zeit zu Zeit bei der oberen Leitung der Stadtverwaltung vollzieht, in dem Verhältniß zwischen Mlir IR dem. Magistrat die alte gute Stim⸗ mung aufrecht erhalten . Ich lege Werth darauf, daß dasselbe sich je länger desto fester gestaltet. Dies zu hoffen, finde Ich willkommenen Anlaß nicht allein in den Wünschen des Ma⸗ gistrats, daß die göttliche VoVssehung, Mein ferneres Wirken segnend, manche herbe Erfahrung Meines verflossenen Lebensjahres aus- gleichen möge, sondern auch in dem Vertrauen, das der Mazistrat in Meinen Willen setzt, der äußeren wie der inneren Sicherheit des Vaterlandes die wiedererlangte Kraft in vollem Maße zu widmen. Diesem Vertrauen wird entsprochen werden. Wenn Ich demnach die unausgesetzte Förderung der geistigen und materiellen Wohlfahrt in der gesammten Nation als das höchste Ziel Meines fürstlichen Stre⸗ bens hinstelle, so will Ich Mir doch immerhin vergönnen, nach wie vor der gedeihlichen Entwickelung Meiner Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin Mein besonderes Int-resse zuzuwenden.

Berlin, den 26. März 1879.

Wilhelm. An den Magistrat der Haupt und Residenzstadt Berlin.“

Der Bundesrath hielt am Sonnabend, den 29. März, eine Plenarsitzung, in welcher theils der Reichs— ö theils der Staats⸗Minister Hofmann den Vorfitz führten.

Es wurde berathen über den Antrag, betreffend die Rege— lung des Gütertarifwesens auf den deutschen Eisenbahnen. Die Beschlußfassung wurde noch ausgesetzt.

Vorlagen, betreffend die Uebersicht über den Stand der französischen Kriegskostenentschädigung, und betreffend die Ent— würfe von Gesetzen über J. die Erhöhung der Brausteuer und II. die Erhebung der Brausteuer wurden den bezüglichen Aus—⸗ schüssen überwiesen.

Zur Vorlage kam das Schreiben des Präsidenten des Reichstags über die Beschlüsse des Reichstags zu dem Entwurf eines Gesetzes wegen Feststellung des Reichshaushalts-Etats für 1879/89.

Der Gesetzentwurf nebst Etat wurde nach den Beschlüssen des Reichstags genehmigt. Das Gleiche fand statt bezüglich der e h urh wegen Abänderung der Gesetze über den Reichs⸗Invalidenfonds und wegen Aufnahme einer Anleihe.

Auf Bericht der Ausschüsse von Elsaß Lothringen und für Rechnungswesen wurde sodann der Gesetzentwurf wegen Fest— stellung des Landeshaushalts⸗Etats von Elsaß⸗Lothringen für 1879/89 mit den vom Landesausschuß für Elsaß⸗Lothringen beschlossenen Aenderungen genehmigt.

Endlich wurde eine den Zolltarif betreffende Eingabe zur Kenntniß der Versammlung gebracht.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für 6 und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen traten heute zu einer Sitzung zufammen.

Durch eine britische Verordnung vom 22. d. M. ist bestimmt worden, daß von diesem Tage ab zur Vermei⸗ dung einer Einschleppung der Pest alle Schiffe, Personen, Waaren und Güter jeder Art, welche sich auf aus (russischen) Ostseehäfen oder aus dem Schwarzen, Asowschen und Mar⸗ mora⸗Meere kommenden Schiffen befinden, oder einen Theil der genannten Meere bez. dortherige Provenienzen berührt haben, einer Quarantaine unterliegen sollen. Die Be⸗

stimmung über den Ort der Abhaltung, sowie über die Dauer der Quarantaine, deren Modalitäten sich im Uebrigen nach den früher erlassenen Vorschriften regeln, ist einer ferneren Verordnung vorbehalten worden.

Das neueste Telegramm des Grafen Melikoff ist aus Zarizyn vom 26. d. M. datirt und lautet wie folgt: Ich bin heute hierher zurückgekehrt. Neue Erkrankungsfaäͤlle sind nicht vorgelommen. Die Sachlage ist so günstig, daß ich meine täglichen Telegramme über die Epidemie für entbehrlich halte und dieselben von heute ab einzustellen beabsichtige, in⸗ sofern keinerlei Veränderung eintritt. Ich werde mich deshalb darauf beschränken, von Zeit zu Zeit über die zur Assainirung des Landes getroffenen Maßregeln zu berichten, welche unaus⸗ gesetzten Fortgang nehmen und schon zu wichtigen Resultaten geführt haben. Die von mir längs meines Reiseweges bis nach Zarizyn hin besuchten volkreichen Orte befinden sich Dank dem Eifer der Bewohner und der Leitung Seitens der Aerzte in einem völlig befriedigenden Gesundheitszustande.“ Die medizinische Zeitung in Warschau konstatirt, daß bei zwei in der dortigen Universitätsklinik befindlichen Kranken, von denen der eine an einer Lungenentzündung, der andere an Intestinaltyphus litt, in der vorigen Woche eine An⸗ schwellung der Leistendrüsen eingetreten ist, wobei letztere als—⸗ bald in Eiterung übergegangen sind. Jenes Blatt äußert sich mit Bezug hierauf dahin, man müsse nach allen ähnlichen Vorgängen, welche in St. Petersburg, Odessa, Zarizyn 2c. konstatirt worden sind, den Schluß ziehen, daß zur Zeit in Rußland eine Krankheitsform vorkommt, welche einen noch nicht endgültig bestimmten Infektionscharakter hat und bei mehreren gewöhnlichen Krankheiten zu Komplikationen führt. Das „Journal de St. Pétersbourg“ veröffentlicht die Protokolle vom 24. und 25. v. M. über die 7. und 8. Sitzung ) der dem Grafen Melikoff beigegebenen Sanitäts-Kom

mission.

Gegenstand der Berathung waren zunächst die hin— sichtlich der Fischereien zu treffenden Maßnahmen. In dieser Beziehung wurden namentlich folgende Beschlüsse ge⸗ faßt: 1) Spezial-Kommissionen sollen saͤmmtliche Fischereien untersuchen und alle verdorbenen Bestände an Fischen und Lake vernichten. 3 Die seit einem Jahre in Gebrauch be⸗ findliche Lake soll stets als verdorben gelten. 3) Das ge— salzene Fischfett soll erst nach häufiger Waschung zum Ver— kauf gebracht werden dürfen. 4) Alle Lake-Behälter sollen desinfizirt und event. vernichtet, resp. an einem gemein— samen Orte außerhalb des Dorfes (und zwar womöglich nörd⸗ lich von demselben, damit der Südwind die Ausdünstungen nicht dem Dorfe zuführt) untergebracht werden. 5) Die Fisch⸗ blasen sind, ehe dieselben weggeworfen werden, entzwei zu drücken, weil sich sonst in ihnen Ausdünstungen ansammeln. G6) Die verdorbenen Fische sind zu verbrennen. Auch die Fürsorge für die Einrichtung der Wohnungsräume und für die Lebensweise der Fischereiarbeiter war Gegenstand der Be— schlußnahme der Kommission. Dieselbe beschäftigte sich ferner mit einem Vorschlag des Ministeriums für Kommunikationen, betreffend die auf den Eisenbahnen zu nehmenden Vorsichtsmaß—⸗ regeln. Danach soll von Einrichtung einer Quarantäne aus verschiedenen Gründen abgesehen, dagegen von allen Reisenden, welche in Zarizyn sowie an gewissen näher bezeichneten, inner⸗ halb eines Bereiches von 88 Werst belegenen Stationen ein⸗ steigen, ein Certifikat darüber, daß sie von nicht infizirten Orten kommen, beigebracht werden.

Falls die Epidemie in den von der Eisenbahn berührten Ortschaften auftritt, sollen die Züge daselbst nicht anhalten, auch jedesmal einen besonderen Wagen zur Aufnahme von unterwegs krankwerdenden Reisenden erhalten.

Nach einer in diesen Tagen eingegangenen amtlichen Mittheilung veranstaltet der Verein zur Ermunterung des Gewerbsgeistes in Böhmen“ in der Zeit vom 16. bis spätestens 28. Mai d. J. auf der Schützeninsel zu Prag eine Ausstellung der Metallindustrie. Die Ausstellung wird folgende Abtheilungen umfassen: 1) Metalle aller Art und desgleichen Metallkompositionen. 2) Werkzeuge und Maschinen zur Metallbearbeitung, insoweit solche im Handwerk zu verwenden sind. 3) Metallwaaren. 4 Ma— schinen und Werkzeuge von Metall. 5) Kunsterzeugnisse von Metall. 6) Metallalterthümer. An der Beschickung der ersten beiden Abtheilungen können sich auch auslän- dische, insbesondere deutsche Aussteller betheiligen, ihre Bethei⸗ ligung in anderen Fächern zuzulassen, hat sich das Aus— stellungscomits für jeden einzelnen Fall vorbehalten. Der Anmeldungsschein ist von der Vereinskanzlei, Prag Galli⸗ kloster Nr. 5391. 2. Stock zu beziehen. Für den Ausstellungs— raum ist eine Gebühr zu entrichten. Auf Anmeldungen, welche erst nach dem 1. April eingehen, wird nur nach Maß⸗ gabe des noch verfügbaren Raumes Rücksicht genommen.

Nach amtlicher Mittheilung wird die diesjährige internationale Ausstellung in Sydney nicht am 1. August, sondern am 1. September eröffnet werden.

Im weiteren Verlaufe der , (29.) Sitzung ging der Reichstag zur ersten Berathung des Gesetzen wurfs, betreffend das Faustpfandrecht für Pfandbriefe und ähnliche Schuldverschreibungen über. Der grund— legende 58. 1 des Entwurfs lautet:

Korporationen, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und eingetragene Genossenschaften, welche statutenmäßig auf Grund hypothekarischer Beleihung von Grundeigenthum Schuldverschreibungen (Pfandbriefe) ausgeben, deren Gesammthöhe nach dem Nennwerthe den Gesammtbetrag der hypothekarischen Forderungen nicht übersteigen darf, können den Pfandbriesgläubigern an den hypothekarischen Forderungen (Hypolheken, Grundschulden, en,, Renten) ein Faustpfandrecht im Sinne des 5. 40 der

onkursordnung gewähren.“

Der Bundeskommissar Geheime Regierungs⸗-Rath Dr. Hagens charakterisirte den Regierungsentwurf als hervor⸗ gegangen aus einer am 21. Dezember 1876 vom Reichstage angenommenen Resolution:

»den Reichskanzler zu ersuchen: womöglich noch vor dem Inkraft⸗ treten der Konkurtrordnung die einheitliche Regelung des im 5. 17 des Einführunsgesetzes behandelten Gegenstandes im Wege der Reichsgesetzgebung herbeizuführen.

Die Vorlage entspreche diesem Verlangen des Reichstages, und solle noch im Laufe dieser Session durch eine weitere Vorlage über das Pfandrecht an Eisenbahnen ergänzt werden. Eine große Zahl von genossenschaftlichen Instituten und Aktienver⸗ einen führe bekanntlich dem Grund und Boden durch die Aus⸗ abe von Pfandbriefen reichliches Kapital zu und zugleich dem

apital eine Form der Anlage von ganz besonderer Sicherheit. Soweit durch die Zusicherung in dem Statut

) S. „Reicht ⸗Anzeiger vom 24. d. M.

und die Bezeichnung der Werthpapiere als Pfandbriefe der Glaube verbreitet sei, daß die in dem Besitz des Instituts befindlichen Hypotheken für die Pfandbriefe hafteten, elte es, diesen Glauben wahr zu machen oder doch gegen fel zu sichern. Insoweit aber auch eine solche juristische Vorstellung von einem Pfand⸗ oder Prioritätsrecht nicht be⸗ stehe, sei es doch ein vollberechtigtes Verlangen, daß die Mög⸗ lichkeit gewährt werde, die Hypotheken, deren Erwerb durch das Geld der Pfandbriefgläubiger geschehe und die wirth⸗ schaftliche Grundlage für die Ausgabe der Pfandbriefe ermög⸗ liche, für diese auch rechtlich haftbar zu machen. in könnten die bestehenden Institute in Bezug auf die thatsäch⸗ liche Sicherheit der von ihnen ausgegebenen Pfandbriefe ein großes Maß von Vertrauen beanspruchen, aber man werde auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß Institute zum Nach⸗ theil der Pfandbriefgläubiger über ihre Hypotheken verfügten und daß sie in Konkurs geriethen. i solche M ein, so würde die Enttäuschung der Pfandbriefgläubiger Di⸗ mensionen annehmen weit über den Kreis des betr. Instituts hinaus, es würde sich überhaupt das Kapital von dieser Art der Anlage zurückziehen. Insofern bestehe unverkennbar zwi⸗

schen allen Instituten, welche Pfandbriefe ausgeben, eine ge⸗

wisse Solidarität und es entstehe ein Interesse an dem Zu⸗ standekommen dieses Gesetzes auch für solche Institute, die für

sich allein des Gesetzes nicht bedürftig zu sein glaubten. Der Entwurf unternehme es also, die rechtliche Sicherung

der Pfandbriefgläubiger sowohl gegen nachtheilige Verfügungen

der Anstalt über die Hypothekenforderungen als gegen den

Entwurf suche daher auf Grund der Resolution des Hauses dasjenige Maß der Sicherstellung, welches in den Statuten den

Pfandbriefgläubigern zugesichert sei, diesen auch wirklich zu gewähren und zu wahren. Derselbe müsse sich aber allerdings sie unte ͤ fi urc e

nisse ein Krach unsolide Institute erfasse, dann würden die soliden ebenfalls von demselben Mißtrauen erfaßt. Vor allem

auf die rechtliche Sicherung der Pfandbriefgläubiger beschränken; aus dem wirthschaftlichen Gebiet nehme derselbe nur die

Grundlage für seine rechtliche Konstruktion. Für eine Regelung

der wirthschaftlichen Fragen würde ein Bedürfniß zur Zeit nicht anerkannt werden können, auch würden sich hier die Schwierigkeiten gegenwärtig kaum überwinden lassen. Im Allgemeinen möchte er davor warnen, daß der Werth dieses Gesetzes nicht überschätzt werden möge. Die reichsgesetzliche Regelung der Sache biete übrigens ganz erhebliche Schwierig— keiten. Solle der Entwurf die Aufgabe erfüllen, einheitliche Grundsätze für das ganze Reich aufzustellen, so sei es unum— gänglich nothwendig, hier und da in das Partikularrecht ein⸗ zugreifen. Er nehme an, daß die Vorlage in eine Kommission verwiesen werden würde, wo sich Gelegenheit genug bieten werde, die Grundsätze des Entwurfs im Einzelnen zu ver⸗ treten.

Der Abg. Fürst zu Hatzfeld⸗Trachenberg bemerkte, die Kreditverbände der Landschasten befriedigten das Kapitals— bedürfniß des Grundbesitzers nicht ausreichend. Sie be— schränkten sich auf ein gewisses räumliches Gebiet, und die Schwerfälligkeit ihrer Verwaltung hindere sie an vielen Ge⸗ schäften. Der Hypothekennoth abzuhelfen, seien seit 1862 etwa 30 größere Hypothekenbanken entstanden, welche über 1 Milliarde Mark Pfandbriefe ausgegeben hätten, deren In⸗ haber, der solideste Theil des Publikums, damit ein wirkliches Pfandrecht an dem Grund und Boden erworben zu haben glaubten. Dies sei nicht der Fall. Das ganze Pfandbrief⸗ Kreditwesen würde aber erschüftert werden, wenn durch den Konkurs auch nur eines Instituts das Vertrauen des ent— täuschten Publikums zu den Pfandbrief⸗Instituten überhaupt verschwände. Der Gesetzentwurf solle nun dem Glauben des Publikums eine reale Grundlage geben. Dies müßte durch ein Reichsg setz geschehen, weil viele Hypothekenbanken ihren Geschäftskreis weit über den Partikularstaat, in dem sie do⸗ mizilirten, ausgedehnt hätten. Der Gesetzentwurf wolle nun dem Pfandbriefinhaber unabhängig von dem Ausgang des Konkurses ein Objekt der Befriedigung gewähren. Dieses Recht des Pfandbriefinhabers zu wahren, sei Aufgabe des Pfandhalters. Ob dies, wie der Entwurf vorschreibe, ein Notar oder ein Regierungskommissar sei, sei gleich; nur müsse es ein mit den Geschäften vertrauter und das Vertrauen des Publikums genießender Mann sein. Er beantrage, den Gesetz— entwurf einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen.

Der Abg. von Alten⸗Linden (Göttingen) hielt es für be⸗ dauerlich, daß dies Gesetz kein zwingendes für die Aktiengesellschaften sei. Indeß, es handele sich um ein Kapital von 1463 Millionen, welches bei diesem Gesetze interessirt sei, und so glaube er, daß augenblicklich vielleicht nicht mehr zu erreichen wäre, als der Entwurf vorschlage. Darum sei es auch nicht angänglich, die Vorlage zu bekämpfen. Die Banken gingen gewöhnlich mit größter Vorsicht zu Werke, kaum die Hälfte der Be— leihungsanträge werde befriedigt, darum sei es vom kauf— männischen Standpunkte durchaus geboten, gesetzlich die Ge— währung einer größeren Sicherheit zu ermöglichen. Es sei nöthig, daß nicht mehr Pfandbriefe ausgegeben würden, als durch das Grundkapital sichergestellt seien, und diese Sicher— heit solle ebenfalls durch dieses Gesetz statuirt werden. Das Interesse der Aktionäre und der Pfandbrief ⸗Inhaber sei sehr oft ein entgegengesetztes. Eine Anzahl von Punkten werde am besten in der Kommission erörtert werden, und schließe er sich darum dem Antrage auf Ueberweisung an eine Kom—⸗ mission an.

Der Abg. Dr. Schulze⸗-Delitzsch erklärte, auch er trete dem Antrage auf eine Ueberweisung an eine Kommission bei. Er sei der Ansicht, daß der Grund, weshalb es oft so schwierig sei, Geld auf Hypotheken zu erlangen, weniger in der man— gelnden Sicherheit, als in der mangelnden Mobilisirung liege. Es werde nothwendig sein, wenn man Kapital gewinnen wolle, die Hypotheken und besonders die Pfandbriefe auf den Namen in lettres au porteur zu verwandeln. Die Vorlage enthalte jedenfalls schon eine Anzahl dankenswerther Fortschritte, welche er und seine Freunde schon lange gefordert hätten, ja, im Jahre 1866 im ersten a dr e eh Reichstage habe er be⸗ reits einen analogen Entwurf eingebracht, und er freue sich, daß seine damaligen Ansichten endlich auch von anderen Seiten als richtig anerkannt seien.

Der Abg. Dr. Harnier bemerkte, es wäre eine für die Kommission unlösbare Aufgabe, dieses wichtige von dem Vor⸗ redner angeregte Thema gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf zu erledigen. Der Gesetzentwurf sei in juristischer und technischer Beziehung eine sehr verdienstvolle Arbeit. Man müsse nur zwischen denjenigen Hypothekenbanken unterscheiden, welche sich nur mit der Beleihung von Grundstücken befaßten, und denen, welche daneben Bankgeschäfte in größerem Umfange betrieben. Während die Institute der ersteren Art an dem Gesetz kein Interesse hätten, da die Pfandbriefinhaber fast ihre alleinigen Gläubiger seien, sollte für die Institute der zweiten

setz obligatorisch sein. . . t t von Bankgeschäften bei Pfandbriefinstituten ganz zu verbieten Bei den schon bestehenden werde dies Die richtige Grenze zwischen der Ausmessung der zu erhebenden

Gewiß

Träten solche Mißstaͤnde

Kategorie die Bestellun n Far ndern n ; s wäre eigentlich nöthig, den Betrieb

oder zu beschränken.

nicht möglich sein, wohl aber bei den neu zu gründenden. Der Abg. Staudy 2 aus, seine Partei stimme diesem tur sei er zweifelhaft, ob es nicht

Gesetze vollkommen zu. i ' es besser gewesen wäre, ein allgemeines Gesetz über die Hypo⸗ thekenbanken vorzulegen. Die Landschaften, welche sich nur

von Faustpfändern nach diesem Ge⸗

mit dem Realkredit befaßten, und bei denen meist alle Kredit⸗ bedürftigen den Gläubigern solidarisch verhaftet seien, würden

sich durch Unterwerfung unter dieses Gesetz unnütze Kosten und Weiterungen machen. rechtliche, nicht wirthschaftliche Sicherheit

geschaffen; man

dürfe daher nicht glauben, daß nach dem Erlaß dieses Gesetzes die Schuldverschreibungen der Aktiengesellschaften denen der

eigentlichen Pfandbriefinstitute völlig gleichständen.

20900 schätzen.

Der Abg. Dr. Beseler fand in der Gesetzvorlage eine starke Beeinträchtigung der Rechte der Grundbesitzer und der nicht auf Pfandbriefen ihre Forderungen stützenden Gläubiger ge⸗

größerem Umfange betrieben, und bat deshalb zu erwägen,

sei, die sich nur mit dem Realkredit beschäftigten.

falls der Kommission

rade derjenigen Hypothekenbanken, welche Bankgeschäfte in l rieben, u d erwäl dann von 1000 zu 1000 markweise springe. ob das Gesetz nicht auf diejenigen Institute zu beschränken

Der Abg. Dr. Bamberger führte aus, in dem Entwurfe seien seine Anschauungen, wie er sie bei der letzten Verhand⸗ lung über diesen Gegenstand vorgetragen habe, bis auf einen Punkt, den er noch aufrecht erhalte, zum Ausdruck gekommen.

Gebühren und dem, was ohne große Last getragen werden könne, müsse nach seiner Ansicht da gefunden werden, wo zu befürchten stehe, daß der Aussteller eines Wechsels, um einer höheren Besteuerung zu entgehen, sich lieber die Mühe nehmen werde, eine Reihe von kleinen Wechseln auszustellen, als etwas mehr zu zahlen. Er glaube, der richtige Ausdruck, wo eine

nicht zu große Besteuerung des Gebührenzahlers einträte, sei Durch das Gesetz werde nur

der, wo man sich sage, man wolle lieber für das Tausend 50 3 zahlen, als sich die Mühe nehmen, mehrere Wechsel zu machen, um 30 oder 20 3 zu sparen, und nach seiner Erfahrung könne man diese Grenze ruhig in der Nähe von 9 Er empfehle deshalb die Annahme eines Ver⸗ besserungsantrages, den er zur zweiten Lesung einbringen werde, nämlich, zu dem Gesetz hinzuzufügen, daß zwischen 1006 und 2000 6 noch eine Grenze gemacht werde, indem für 1500 M der Satz von 75 3 eingefügt werde, und daß es

s Der Reichstag schlösse sich damit dem französischen Gesetz vom Jahre 1851

. an, welches überhaupt die erste Anregung zu einer solchen Der Abg. Dr. Lasker erklärte, die Vorlage biete jeden⸗

viel Material, und es sei an⸗

zuerkennen, daß das Prinzip des §. 1 vorzüglich im ganzen

Gesetz durchgearbeitet sei.

dürfniß zu Hülfe komme. Auch ihm wäre es lieber, wenn alle Institute gezwungen wären, sich unter dieses Gesetz zu stellen. Denn auch die soliden Institute würden nicht gefährdet, wenn sie unter das Gesetz fielen. Wenn durch unglückliche Verhält—

sei es aber dringend nothwendig, eine Trennung des sichern Immobiliarkredits von dem unsichern Mobiliarkredit vorzu— nehinen, und zwar entgegen den Bestimmungen des Gesetzes. Der Verkehr in der Landwirthschaft und an der Börse kenne ganz verschiedene Rücksichten, und der Landwirthschaft werde es besonders wohl thun, wenn diese beiden Prinzipien in der Beleihung streng geschieden würden. Er glaube, daß der Ruin des Grundbesitzers schon beginne, wenn ihm das Darlehn halb auf seine Person, halb auf das Grundstück gewährt werde. Auch seien die Bestimmungen des Entwurfs über Zwangsliquidation verschiedener Abänderungen bedürftig. Er bitte um Verweisung der Vorlage an eine Kommission. Er möchte nur noch die Mitglieder der zu bestellenden Kom— mission bitten, nicht zu streng die Frage zu erörtern, ob die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes mit den partikularrecht— lichen Landesbestimmungen zusammenpaßten. Es handele sich um ein Gesetz für ganz Deutschland. Im Allgemeinen würden in den Berathungen der Kommission die wirthschaftlichen Er—

wägungen vorherrschen, die juristischen Erörterungen seien ab, ; ordnung abzgesetzt.

durch die Vorarbeiten der Regierung sehr leicht gemacht.

Darauf ging der Entwurf widerspruchslos an eine be— sondere Kommission von 21 Mitgliedern. -

Ueber den am Freitag angenommenen (nur handschrift— lich vorhanden gewesenen) Antrag des Abg. Dr. Reichensperger 6 die Pläne für das neue Kollegienhaus der Uni⸗ versität Straßburg unter einstweiliger Sistirung des Fagaden⸗ baues nochmals an maßgebender Stelle einer Prüfung zu unterwerfen, wurde heute nochmals definitiv abgestimmt; das Resultat war die Ablehnung des Antrages mit 132 gegen 97 Stimmen.

Es folgte die erste und zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs wegen Abänderung des Gesetzes vom 15. Juni 1865, betreffend die Wechsestempelsteuer:

Der Tarif, wie er im Artikel 1 des Entwurfs vorgeschlagen wird, beruht gleich dem durch 5. 2 des Gesetzes vom 16. Juni 1869 festgestellten auf der Absicht, eine Stempelabgabe von P auf das Tausend der Wechselsumme zu erheben. Bezüglich der Ab— stufung unterscheidet er sich von dem letzteren dadurch, daß, wäh⸗ rend bisher die Steuer bis zu einer Wechselsumme von 300 nach Stufen von 150 SP, darüber hinaus nach Stufen von 300 M bertchnet wurde, fortan die Steuer innerhalb der ersten Tausend Mark in Stufen von 200 zu 200 S, bei höheren ö in Stufen von 1000 zu 1000 S erhoben wer⸗ en soll.

Der Abg. Boretius bemerkte, dieses Gesetz solle nur den Zweck haben, den Wechselstempel in das jetzige Münzsystem umzurechnen, eine materielle Aenderung des Systems solle ausgeschlossen sein. Es entsprächen diesem Grundgedanken die ersten fünf Stufen mit Intervallen von je 200 , denn die früheren von je 1060 Thalern würden nicht in das Dezimalsystem passen. Das frühere Prinzip werde aber materiell geändert mit den folgenden Höfen von je 1000 S6 mit 50 3 Zunahme, während auch früher die Progressionsstufen da noch 100 Thlr. à 10 Pf. betragen hätten. Es werde hierdurch eine höhere Besteuerung herbeigeführt. Die Handelskammer von Halle mit vielen anderen habe gegen diese Aenderung hauptsächlich deshalb protestirt, weil dadurch der Verkehr mit vielen kleinen Wechseln belästigt würde, denn statt des einen Wechsels von 1200 , der 1 M koste, werde Jeder zwei Wechsel, von 1000 6 à 50 und 200 6, à 10 8, also zusammen für 60 ausgehen, wodurch er 40 9 spare. Er (Redner) werde in der zweiten Lesung einen Antrag stellen, auch innerhalb des zweiten Tausend Mark noch Pro⸗ k à 200 SM mit Zunahme von je 10 3 bestehen u lassen.

; Der Abg. Dr. Zimmermann erklärte, diese Vorlage be⸗ friedige einen Wunsch der Handelswelt, aber die Abstufungen von je 1000 6 involvirten eine zu harte Belastung. Er werde deshalb in der zweiten Lesung, die er von der heutigen Tages⸗ ordnung abzusetzen bitte, den Antrag stellen, generell die Ab⸗ stufungen von je 200 6 zu normiren. Er wolle noch die Aufmerksamkeit des Hauses auf die vielfachen Vexationen lenken, welche die detaillirten Bestimmungen des Bundesraths über die Verwendung des Wechselstempels veranlaßten. Der—⸗ selbe solle z B. oben am Rande aufgeklebt .. Nun wisse in der Handelswelt Jeder, daß „oben“ die linke Schmalseite des Wechsels sei. Ein preußischer Staatsanwalt wollte aber darunter die obere Breitseite verstehen, und auf diese Ansicht hin sei ein Kaufmann in zwei Instanzen zur Zahlung des fünfzigfachen Betrages des Stempels verurtheilt worden. Das Ober⸗Tribunal habe allerdings das Erkenntniß vernichtet. Gegen solche Belästigungen müsse Abhülfe geschaffen werden.

Der Abg. Melbeck kündigte für die zweite Lesung einen von mehreren rheinischen Handelskammern befürworteten An⸗ trag an, wonach die Progressionsstufen generell 100 M 65 3 betragen sollten.

Er wünsche sehr, daß das Gesetz in

Zugriff anderer Gläubiger auf dieselben zu ermöglichen. Der dieser Session zu Stande käme, da es einem wirklichen Be—⸗

Stempelgesetzgebung gegeben habe. Da sich ubrigens der in⸗ ländische Verkehr bei kleineren Summen allmählich immer mehr vom Wechsel zurückziehen werde, so würde man kein allzugroßes Gewicht darauf zu legen haben, ob man das Halbe vom Tausend allzu streng einhalte. Redner wünschte schließ— lich eine bessere Farbe für die Wechselstempel. Die jetzige habe sich in der Praxis nicht bewährt, da sie sich zu wenig von der Farbe der Dinte unterscheide, und überreiche er den Ver— tretern der Regierung zur Erleichterung ihrer Arbeit einige Stempel aus dem Auslande und ein Exemplar des sehr empfehlenswerthen braunschweigischen Landesstempels, der als Wegweiser dienen könne, um Ünklarheit und Verkehrtheit zu vermeiden. (Redner übergad dem Bundeskommissar diese Stempelmarken.

Der Abg. Möring kündigte für die zweite Lesung einen Antrag an, wonach prinzipaliter die Progressionsstufe 100 „0 à 5 J, eventualiter 200 Y à 10 4 betragen solle.

Der Bundeskommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Aschen— born versprach, daß die Untersuchungen über die Farbe der Wechsel— stempelmarken in dem vom Abg. Bamberger angedeuteten Sinne angestellt werden sollten. Die Frage sei schwierig, die Farbe habe nicht nur die Anforderung zu erfüllen, daß der Kassations— vermerk sich deutlich davon abhebe, sondern auch, daß nicht durch chemische Reagentien der Kassationsvermerk beseitigt werden könne. Die früheren eingehenden Untersuchungen hätten deshalb nur eine kleine Auswahl geeigneter Farben ergeben. Zu den angekündigten Anträgen werde die Regierung in der zweiten Lesung Stellung nehmen.

Die Verweisung der Vorlage an eine Kommission wurde abgelehnt und die zweite Berathung von der heutigen Tages⸗

Es folgte der Bericht der Wahlprüfungskommission über die Wahl im S8. Königsberger Wahlkreise (Osterode⸗ Neidenburg). Die Kommission beantragte:

1) Die Wahl des Abg. Becker für gültig zu erklären; 2) den Reichskanzler zu ersuchen, über die in dem Protest behaupteten Thatsachen Erhebungen anstellen zu lassen, fowie eventuell eine Rüge des Kreis⸗Schulinspektors Czygan und Postmeisters Schwarz in Hohenstein, des Bürgermeisters Schawaller und des Gemeinde vorstehers Gabriel in Sanden zu veranlassen.

Der Abg. Richter⸗Hagen empfahl dagegen Beanstandung der Wahl, indem er eine Reihe neuer Thatsachen anführte, deren Feststellung nothwendig sei, ehe über die Gültigkeit der Wahl Beschluß gefaßt werden dürfe.

Der Abg. Dr. Hänel beantragte, den Wahlbericht mit dem Antrage Richter an die Wahlprüfungskommission zurückzu⸗ weisen zur erneuten Berichterstattung.

Der Abg. Thilo hielt den Antrag Richter geschäfts⸗ ordnungsmäßig für unzulässig, weil Wahlanfechtungen 2c. nur innerhalb zehn Tagen nach der Eröffnung des Reichstages oder hei Nachwahlen innerhalb zehn Tagen nach Feststellung des Wahlresultats zulässig seien.

Die Abgg. Dr. Hänel, Dr. Lasker und Windthorst wider⸗ sprachen dieser Auffassung. Jedenfalls sei es nothwendig, daß die Kommission über die Frage, inwiefern nach den zehn Tagen noch neue Wahlanfechtungen vorgebracht werden könnten, einen prinzipiellen Beschluß fasse; zu diesem Zwecke sei die Ueber⸗ weisung des Antrages an die Kommission empfehlenswerth. Das Haus beschloß demgemäß, worauf sich dasselbe um 4 Uhr vertagte.

In der heutigen (30.) Sitzung des Reichstages welcher der Präsibent des Reichskanzler Amts, Staats⸗Minister Hofmann, der Staatssekretär Dr. Friedberg und mehrere an— dere Bevollmächtigte zum Bundesrath, sowie Kommissarien desselben beiwohnten, machte der Präsident von Forcken⸗ beck dem Hause, dessen Mitglieder sich von ihren Sitzen erhoben hatten, folgende Mittheilung: In Folge des in der Sitzung vom 27. d. M. dem Präsidium er⸗ theilten Auftrages, Sr. Majestät dem Kaiser, Ihrer Majestät der Kaiserin, Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin die ehrfurchtsvoll innige Theilnahme des Reichstages bei dem so plötzlichen Tode des Prinzen Waldemar auszusprechen, habe das Prä⸗ sidium des Reichstages die betreffenden Audienzen nach⸗ gesucht. Se. Majestät der Kaiser haben darauf gestern Nachmittag um 3 Uhr das Präsidium des Reichstags in längerer Audienz huldreichst empfangen und das Präsidium ausdrücklich beauftragt, dem Reichstage Seinen tiefgefühlten Dank für die ausgesprochene Theilnahme zu übermitteln. Un⸗ mittelbar darauf geruhte Ihre Majestät die Kaiserin das Präsidium des Reichstages zu empfangen und den Ausdruck der Theilnahme entgegenzunehmen. Ihre Majestät die Kaiserin . das Praͤsidium ebenfalls, Ihren tiefgefühlten Dank dem Reichstage auszudrücken. Heute Morgen 111 Uhr empfing Se. Kaiserliche und., Königliche Hoheit der Kronprinz das Präsidium. Se. Kaiserliche Hoheit sprach in lebendigen war⸗ men Worten für die Ihm wohlthuende Kundgebung der Theil⸗ nahme Seinen besonderen Dank aus, und beauftragte das rã⸗ sidium noch insbesondere, dem Reichstage mitzutheilen, wie tief es Ihn gerührt habe, daß die erste Kundgebung der Theil⸗ nahme, die er überhaupt empfangen, die des Reichsta 8 in dem betreffenden telegraphischen Sitzungsbericht gewesen sei.

Weiter theilte der Präsident mit, daß ein Gesetzentwurf, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuld⸗ ners außerhalb des Konkursverfahrens, eingegangen sei.

Das Haus trat sodann in die erste Berathung des von