1879 / 149 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Jun 1879 18:00:01 GMT) scan diff

dem Entwurf eines Gesetzes über die Verfassung und die Ver⸗ waltung Elsaß Lothringens; d. zu dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichs⸗

haushalts⸗Etat für 187980.

Eine Vorlage, betreffend Abweichungen vom Normalprofil des lichten Raumes auf der Eisenbahnstrecke Zabern⸗-Avricourt, wurde den bezüglichen Ausschüssen überwiesen.

Hierauf wurde Beschluß gefaßt über den Antrag, be— treffend das Pensionsverhältniß mehrerer Beamten der Lan⸗ desverwaltung von , und über die Besetzung einer erledigten Rathsstelle beim Reichsgericht.

Ein Antrag vom Königreich Sachsen, Württemberg und Baden, betreffend die weitere Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über das Eisenbahn-Gutertarifwesen in dem bezüg— lichen Ausschuß, wurde angenommen.

Ausschußberichte wurden erstattet über: a. die Verzollung von Lacets und von unbedruckten Tuchen und Zeugwaaren; b. den Entwurf eines Gesetzes über die Statistik des auswär—⸗ tigen Waarenverkehrs; (. die Beschlüsse der Reichstagskom—⸗ mission zu den Gesetzentwürfen über den Wucher ö d. die Beschlüsse der Reichstagskommission zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit; 2. den Zwang zur Gestattung der Abimpfung, f. die Be— stimmungen Über die Gebührnisse der Militär⸗-Kommandos bei der Durchführung von Absperrungsmaßregeln gegen die Vinderpest; g. die Beförderung von Hefe, von Phosphor, von Schwefelnatrium und von Pasta auf den Eisenbahnen; h. den Erlaß von Bestimmungen über Verladung und Beförderung von lebenden Thieren auf Eisenbahnen; i. die Ab— änderung der Bestimmungen über den Ersatz für den Verlust von Thieren bei dem Transport auf Eisenbahnen; k. die Eisenbahn-Frachtbrief⸗ Formulare; J. eine Petition wegen Einführung frischen Fleisches statt des lebenden Viehs, als Ab— wehr gegen Einschleppung der Rinderpest; m. Maßregeln gegen die Rinderpest. Die Gegenstände zu a. bis m. wurden nach den Ausschußanträgen erledigt; n. den Entwurf eines Gesetzes für Elsaß Lothringen wegen Ausführung der Civilprozeß⸗, Konkurs— und Strasprozeßordnung. Der Gesetzentwurf wurde in der vom Landesagusschuß von Elsaß-Lothringen angenommenen Fassung genehmigt; o. den Abschluß eines Vertrages mit der Sch when wegen gegenseitiger Anerkennung der UÜrtheile in Ehestreitsachen. wurde genehmigt.

Zwei an den Bundesrath gerichtete Eingaben, nämlich: 2 die Eingabe eines Postdirektors, betreffend seine Pen⸗ sionirung, b. eine Eingabe des geschäftsführenden Ausschusses zur Errichtung eines Nationaldenkmals auf dem Nieder⸗ wald, betreffend die Aufbringung der Mittel zur Vollendung des Denkmals, . wurden den bezüglichen Ausschüssen überwiesen. Eine dem Bundesrath übersandte Druckschrift: „Elsaß— Lothringisches Baurecht“ wurde zur Bibliothek genommen.

Im meiteren Verlaufe der gestrigen (67.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Zölltarifs zunächst mit der Diskussion über Pos. 5 (Droguerie, Apotheker- und Farbewaarenz fort. Die Diskussion über Titel e, f. und g. wurde verbunden. Nachdem der Bundeskommissar Geheime Regierungs⸗Rath 6 die Zustimmung der verbündeten Regierungen zu den Ko: missions⸗ vorschlägen erklärt hatte, nahm das Haus Titel e. nach dem Kommissiongantrage an, und stimmte folgender Resolution zu:

»den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die einleitenden Schritte zum Verbote der Anfertigung von Streichhölzern aus weißem Phosphor anzuordnen und die gleichzeitige Einführung eines er⸗ . Zolles im Zusammenhange mit dem Verbote in Erwägung zu ziehen.“

Eine größere Zahl von Petitionen, die sich im Sinne der vorstehenden Resolution aussprachen, wurden auf den Antrag des Referenten der Petitionskommission, Abg. von der Osten, dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen.

Zu Pos. 5 f. beantragte Abg. Kopfer, den Zollsatz von Soda, kalzinirte, doppelkohlensaures Natron von 2,50 υν auf 3 M zu erhöhen.

Der Referent Abg. Dr. Hammacher empfahl die unver— änderte Annahme der Kommissionsvorschläge; der Zoll für kaustische Soda dürfte deshalb nicht zu erhöhen sein, weil diese Sorte Soda hauptsächlich als Kochstoff fur weitere Fa⸗ brikationen, namentlich für die Theerfarhenfabrikation diene. Außerdem sei nicht als sicher anzunehmen, daß bei einem höheren Zoll die Sodafabrikation im Stande wäre, den ganzen Bedarf an kaustischer Soda zu decken.

Der Abg. Kopfer empfahl die von ihm vorgeschlagene Erhöhung im Interesse der Sodafabrikation, die ohne ge⸗ nügenden Schutz nicht bestehen könne; wie schlecht die Lage der Soda⸗Industrie sei, gehe daraus hervor, daß mehrere Fabriken ganz eingegangen seien, mehrere ihre Arbeit be⸗ deutend eingeschränkt hätten. Was man den Sodafabrikanten sonst vorwerfe, daß sie mit ihren Maschinen c. nicht allen Fortschritten der Technik gefolgt seien, fo bestreite er dies ganz entschieden. Die Vertheuerung der Soda durch den Zoll sei nur eine minimale von i / / Prozent.

Der Abg. Dr Brüning entgegnete, daß die vom Abg. Kopfer vorgeschlagene Erhöhung eine Vertheuerung des Aetz⸗ natrons von 14 Proz. oder des Alizarins um Proz. des Werthes bedeute. Wenn aber auch die Vertheuerung nur Ie Proz. betragen solle, so müsse man doch bedenken, daß in den chemischen Fabriken der Materialverbrauch ein enormer sei. Wenn Alles durch Zölle vertheuert werde, so komme es auf die Summe aller Zölle, nicht auf einen einzelnen an. Wenn man einer Exportindustrie die Fabrikation vertheuere, so zwinge man sie, auf den internatio⸗ nalen Markt zu verzichten, und eine Schädigung der expor⸗ tirenden Industrien sei gleichbedeutend mit einer Schädigung der einheimischen Industrie. Die Sodaproduktion Deutsch⸗ lands habe ungefähr einen Werth von 10 000 000 s, der Werth der Theerfarbenproduktion betrage dagegen 40 bis 50 0090 000 dι, wovon 8 - 10 099 000 ' exportirt würden; der gesammte Export der deutschen chemischen Industrie be⸗ laufe sich vielleicht auf 100 000 0650 Sbsé' Wenn man die Ex⸗ portindustrien zum Ersatz für den Verlust des auswärtigen Marktes auf den gesicherten einheimischen Markt , . so sei das ein lech! Trost. ine auf dem Weltmarkte konkurrirende Industrie beherrsche selbstverständlich den innern Markt. Er bedauere das Aufgeben der alten Zollpolitik. Wenn man sage, man habe es mit dem Freihandel versucht und wolle es nun einmal mit dem Schutzzoll versuchen, so müsse er entgegnen: Wenn man im Freihandel etwas zu weit gegangen sei, f könne man leicht neue oder höhere Zölle ein⸗

Die Einleitung bezüglicher Verhandlungen

einmal verlorenen Absatzgebiete wieder erobern. Was die chemische Industrie angehe, so habe sie sich in Deutschland infolge der besseren e e. Bildung zu ihrer gegen⸗ wärtigen Höhe entwickelt. Ihre Erfindungen würden in an— deren Ländern bald nachgeahmt werden, und wenn man der deutschen Industrie die Fabrikation vertheuere, so werde ihr die Konkurrenz erschwert. Er wolle einen Antrag auf Ver⸗ minderung des Zolles nicht stellen, bitte aber auch, jede Er— höhung über die Tarifsätze hinaus abzulehnen. . Hierauf trat das Haus den Anträgen der Kommission zu Titel e, f. und g. unter Verwerfung des Antrages Kopfer bei. Die jetzt folgende Pos. 109: Glas und Glaswaaren wurde nach kurzer Debatte, an der sich die Abgg. von Knapp und von Bötticher und der Referent Dr. Hammacher betheiligten, in folgender von der Kommission beschlossenen Fassung an⸗ genommen: a. Grünes und anderes naturfarbiges, gemeines Hohlglas (Glasgeschirr) weder gepreßt, noch geschliffen, noch abgerieben, auch mit ordinärer Beflechtung von Weiden, Binsen, Stroh oder Rohr; Glasmasse; rohes optisches Glas (Flint⸗, Kronglas); rohe gerippte Gußplatten (Dachglas); Email. und Glasurmasse; Glasröhren und Glasstängelchen, ohne Unterschied der Farbe, wie fie zur Perlenbereitung und Kunstglasbläserei gebraucht werden 3 M. b. weißes Hohlglas, ungemustertes, ungeschliffenes, unabgeriebenes, ungepreßtes, oder nur mit abgeschliffenen oder ein⸗ geriebenen Stöpseln, Böden oder Rändern 8 S c. Fenster⸗ und Tafelglas in seiner natürlichen Farbe (grün, halb- und ganz weiß) ungeschliffen, ungemustert; wenn die einfache Höhe und die einfache Breite zusammen betragen: 1) bis 120 em 6 , 2) über 126 bis 200 em 8 , 3) über 260 em 10½.. d. I) Spiegelglas, rohes, un⸗ geschliffenes 19 M 2) Tafel⸗ (Fenster⸗ und Spiegelglas, geschliffenes, polirtes, gemustertes, mattes, auch farbiges; belegtes aller Art 20 S6. e) Behänge zu Kronleuchtern von Glas. Glas—⸗ knöpfe auch gefärbte, massives weißes Glas, nicht besonders benanntes, gepreßtes, geschliffenes, polirte , abgeriebenes, geschnittenes, ge⸗ ätztes, gemustertes Glas, insoweit es nicht unter d. oder f. fällt 21 66 Anmerkung zu e.: Glasplättchen, Glasperlen, Glasschmelz, Glastropfen, auch gefärbt 4 S, f. farbiges, mit Ausnahme des unter a., d. und e, hegriffenen, bemaltes oder vergoldetes (ver- silbertes) Glas; Glasflüsse (unechte rohe Steine) ohne Fassung; Glaswaaren und Emailwaaren in Verbindung mit anderen Mate' rialien, soweit sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen .. . 30 MM Anmerkung zu f. Milchglas und Alabasterglas, ungemustertes, ungeschliffenes, unabgeriebenes, unbemaltes, ungevreßtes oder nur mit abgeschliffenen oder eingeriebenen Stöpseln, Böden oder Rän⸗ dern 10 . . ; Es folgte Position 27: Papier und Pappwaaren dieselbe lautet nach dem Kommissionsbeschluß: a. ungebleichtes oder gebleichtes Halbzeug aus Lumpen frei; b. ungebleichter oder gebleichter Halbstoff zur Papierfabrikation aus Holz, Stroh, Esparto oder anderen Fasern; graues Lösch und gelbes, rauhes Strohpapier; Pappe, mit Ausnahme der Glanz und Teder⸗ pappe; Schieferpapier und Tafeln daraus, ohne Verbindung mit anderen Materialien; Schleif⸗ und Polirpapier; Fliegen und Gicht⸗ papier 1 S6; c. Packpapier, nicht unter b. oder d. begriffen, un—⸗ geglättet 3 66; d. Packpapier, geglättetes; Glanz und Lederpappe; Preßspäne 6 ũ; *. Druck-, Schreib⸗, Lösch! und Seidenpapier aller Art, auch lithographirtes, bedrucktes lintirtes, zu Rech— nungen, Etiketten, Frachtbriefen, Devisen u. s. w. vorgerichtetes Papier; Gold⸗ und Silberpapier; Papier mit Gold. oder Silber muster; durchschlagenes Papier; ingleichen Streifen von diefen Papiergattungen; Malerpgppe 10 4 f. 1) Formerarbeit aus Steinpappe, Asphalt oder ähnlichen Stoffen, auch in Verbin dung mit Hol oder Gisen, jedoch weder angestrichen noch lackirt 4 7) Waaren aus Papier, Pappe oder Pappmasse; Formerarbeit aus Steinpappe, Asphalt oder ähnlichen Stoffen, nicht unter 5 1 oder unter f. 3 begriffen 2 „S. 3) Wagren aus den vorgenannten Stoffen in Verbindung mit anderen Materialien, soweit sie da⸗ durch nicht unter Nr. 20 fallen; Papiertapeten 20 406 Der Abg., von Knapp beantragte, in Pos. 27. 4 M an— zusetzen, die Abgg, von Geß und Freiherr von Heereman beantragten einen Ausfuhrzoll für Lumpen (Hadern) und an⸗ dere Abfälle zur Papierfabrikation für 1060 kg 8 M, alte Taue, alte Stricke, alte Netze für 100 kg 2460 Der Ahg. von Geß motivirte diesen Antrag mit der Nothwendigkeit, der zurückgegangenen Papierfabrikation Deutschlan os, namentlich in den feineren Qualitäten, zu Hülfe zu kommen, indem man ihr nach Analogie der meisten euro— päischen Staaten den nöthigen Rohstoff erhalte, während der— selbe jetzt der ausländischen Fabrikation zuströme. Der Abg. Dr. Delbrück bekämpfte diesen Antrag, da der entstehende Vortheil nicht die dadurch verursachten Belästi— gungen des gesammten Ausfuhrverkehrs aufwiege; denn mit der Einrichtung irgend eines Ausfuhrzolls werde eine Kon— trole aller ausgehenden Eisenbahn⸗ und Seetransporte nöthig. Durch den Zoll würde der Transithandel in Lumpen und damit der freie Verkehr derselben im Inland Deutschland ent— zogen. Die Ausfuhr feiner Lumpen würde dadurch nicht ver—⸗ hindert, vielmehr die Qualität der ausgeführten Lumpen ver⸗ bessert werden. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Ober⸗Steuer⸗Rath von Moser sprach sich ebenfalls gegen den Antrag von Geß und Frhr. von Heeremann aus, welcher danach mit 116 gegen 114 Stimmen abgelehnt wurde. Nachdem Abg. von Knapp seinen Antrag, den Zoll für Packpapier wieder auf 4 „Me anzusetzen, vertreten hatte, sprach sich auch der Bevollmächtigte zum Bundesrath in zuslimmen— dem Sinne aus, und ebenso trat der Abg. von Bötticher für denselben ein. Das Haus entschied sich darauf fuͤr den An— trag. Der Rest von Pos. 27 wurde gleichfalls ange⸗ nommen. H Hierauf wurde die Diskussion über Pos. 3, 42 und 43 zugleich eröffnet. Dieselben lauten nach dem Antrage der Kommission: Pos. 3. Blei, auch mit Spießglanz, Zink oder Zinn legirt, und Waaren daraus: g. rohes Blei, Bruch— blei; Klei, Silber und Goldglätte frei; b. gewalztes Blei, Buch⸗ druckerschriften frei (Regierungövorlage 3 6); c. grobe Bleiwaaren, auch in Verbindung mit Holz, Gisen, Zink oder Zinn ohne Politur und Lack; Draht 6 c; d. seine Bleiwaaren, auch lackirte; ingleichen Bleiwaaren in Verbindung mit anderen Materialien, soweit sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen, 24 0 Pos. 42: Zink, auch mit Blei z oder Zinn legirt, und Waaren daraus: a. rohes Zink; Bruchzink frei; b. gewalztes Zink frei; c. grobe Zinkwaaren, auch in Verbindung mit Holz, Eisen, Blei oder Zinn ohne Politur und Lack; Draht 6 AMS; d. feine Zis kwagaren; auch lackirte; ingleichen Zinkwaaren in Ver—⸗ bindung mit anderen Materialien, foweit sie dadurch nicht unter Nr. W fallen, 24 z Pes. 43: Zinn, auch mit Blei, Spießglanz oder Zink legirt, und Waaren daraus: a. rohes Zinn, Bruch— zinn frei; b. gewalztes Zinn frei; (. grobe ,,. auch in Verbindung mit Holz, Elsen, Blei oder Zink ohne Politur und Lack; Draht 6 66; d. feine Zinnwaaren, auch lackirte, ingleichen Zinnwaaren in Verbindung mit anderen Materialien, soweit sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen, 24 M.

führen; gehe man aber im Schutzzoll zu weit und zwinge die

Exportindustrie altgewohnte Abfatzgebiete aufzugeben, so könne

man nicht zurück, denn man könne nicht nach Belieben die

die Regierungsvorlage wiederherzustellen, und auch zu Pos. 42 und Pos. 43 , Zinn und Zink, 3 „S Zoll nach der Regierungsvorlage zu bewilligen.

Der Abg. Graf von Frankenberg befürwortete als Referent

den Vorschlag der Kommission. In der Tarifkommisston fei man bei der Berathung dieser drei Positionen dahin gekom⸗ men, die Zölle bei ihnen ganz gleichartig zu gestalten; wenn man die einzelnen Positionen ansehe, werde man finden, daß die Unterabtheilungen ganz dieselben seien, und daß für fie auch dieselben Sätze festgehalten seien. Die Kommisfion habe Zollbefreiung ausgesprochen für gewalztes Blei und Buch⸗ druckerschriften, ebenso für gewalztes Zinn und Zink. Bei Blei und Zink sei das ausschlaggebende Mo⸗ tiv daß diese Metalle im Inlande überwiegend produzirt werden, daß die Einfuhr eine geringe sei und daß man, wenn man die roh vorgearbeiteten Metalle mit einem Zoll. belege, Retorsionen des Auslandes zu fürchten haben würde, das gelte namentlich für das österreichische Zink. Bei Zinn läge die Sache anders, dies werde im Inlande in äußerst geringer Menge produzirt, und es bedürfe al so die Industrie eines Eingangszolles nicht. Demnach sei beschlossen, auch hier den Zoll fallen zu lassen. Petitionen in Bezug auf Blei und Zinn lägen gar nicht vor; beim Zink hätten einzelne Inter⸗ essenten allerdings gebeten, den Eingangszoll nicht fallen zu lassen, andere hätten sich aber dagegen aufgelehnt; die Kom— mission habe sich in letzterem Sinne entschieden. Der Abg. Schröder (Lippstadt) führte zu Gunsten seines Antrages aus, daß in Polen Walzwerke hart an der deutschen Grenze lägen, die mit ihren Produkten den deutschen Markt überschwemmten und geradezu sich zu Schmarotzer⸗ insekten der deutschen Industrie entwickelt hätten. Wenn irgendwo, so bedürfe letztere hier des Schutzes, damit nicht nach der bekannten Kraft des Beharrungsvermögens der alte unleidliche Zustand in Permanenz erklärt werde.

Der Abg. Dr. Bamberger erklärte sich gegen den An— trag Schröder. Die Tarifkommission habe die Streichung der 3 76 zweimal genehmigt, weil ein Bedürfniß für diesen Zoll absolut nicht bestehe und weil die Interessenten für diefen Zoll gar keine Anstrengungen gemacht hätten. Für die Ar— tikel Blei und Zink sei Deutschland eine welkbeherrschende Produktionsmacht mit bedeutendem Export. Im Jahre 1864 habe Deutschland 1 184 000 Ctr., 1865 1 529 000 Ctr., 1876 1664 090 Ctr., 187? 1 899 900 Ctr. Zink produzirt. Von einem Rückgang sei also 6 nicht die Rede. Aehnlich ver⸗ halte es sich mit der Ausfuhr: 1866 seien 1000 Ctr. gewalztes Zink ein aber 114 000 Ctr. ausgeführt; die Ausfuhr sei 1874 auf 189 000 Ctr., 1877 auf 198 000 Ctr. gestiegen. Der Unterschied zwischen rohem und gewalztem Zink sei nicht

so bedeutend wie zwischen Rohstoff und Fabrikat; gewalztes Zink sei nur eine Präparirung des Rohstoffes, um demselben seine für den Verkehr praktischere Form zu geben. Die Interessenten fürchteten, daß die Einführung des Zolles ihnen im Auslande schaden könne; wenn man trotzdem sich für den Zoll entscheide, so liege das nur daran, daß jetzt eben der Vers gelte: „Wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen!“

Der Abg. Schröder ö entgegnete, die Verarbei⸗ tung des Zinks zu gewalztem Zinkblech sei keineswegs so ein— fach, wie der Abg. Bamberger annehme. Das Zink müsse zu diesem Zweck umgeschmolzen werden, es werde dann aber nicht in glühendem, sondern in warmem Zustande gewalzt, und gerade das Walzen des Zinks in möglichst kaltem Zustande sei die Stärke der deutschen Fabrikation; es sei hierzu eine 6fach größere Maschinenkraft erforderlich, als wenn das Zink in heißem Zustande gewalzt würde. Der von ihm befürwortete Zoll sei überdies ein völlig gerechtfertigter Retorsionszoll gegen Besterreich und Rußland.

Der Bundeskommissar, Geh. Regierungs-Rath Burchard gab anheim, dem Antrage Schröder zuzustimmen, mit der Be⸗ merkung, daß die verbündeten Regierungen allerdings davon Abstand genommen hätten, einen Zoll für das Rohmaterial vorzuschlagen, daß sie aber gegen einen Zoll für das Halb⸗ fabrikat, und das sei doch gewalztes Zinköͤlech, nichts einzu— wenden hätten.

Hierauf wurde Pos. 3a. genehmigt, zu 3b. der Antrag Schröder mit 130 gegen 93 Stimmen angenommen. Der Rest der Pos. 3, sowie die Pos. 42 und 43 wurden ohne Debatte nach dem Kommissionsvorschlage genehmigt, worauf sich das Haus um 4 / Uhr auf Montag 13 Uhr vertagte.

Heute Vormittag um 11 Uhr fand eine Sitzung des Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte statt.

Die verschiedenen Einnahmen im Reiche haben für das Etatsjahr 1878/79 (im Vergleich mit dem Etatsjahr 1877.78) betragen: Wechselstempelsteuer 6125 452 S (— 5648 633 S6), Post⸗ und Telegraphenverwaltung 126 233 156 0 ( 2613 554 6), Reichseisenbahn-⸗Verwaltung 36 504 612 S ( 1240 803 Sh.

Die Einnahmen der Post- und Telegraphen⸗, sowie der Reichseisenbahn-Verwaltung betrugen für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schlusse des Monats Mai 1879: Post- und Telegraphenverwaltung 20 706 177 M½ν (4 616776 ½ 6), Reichseisenbahn-Verwaltung 5 989 900 S (4 38 662 c).

In den deutschen Münzstätten sind bis zum 21. Juni 1879 geprägt worden, an Goldmünzen: 1266 884269 S, Doppelkronen, 405 307 370 S6 Kronen, 27 969 925 Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung 380 413 150 1¶½ ! Vorher waren geprägt: 1 265 832 560 66 Doppelkronen, 405 307 370 6 Kronen, 27 969 gaß MS Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung 379 361 450 * 60 Summa 1 699 865 995 M/

Die in der heutigen Börsen⸗Beilage abgedruckte tabelslarische Uebersicht der Wochen ausweise deutscher Zettelbanken vom 23. d. M. schließt mit fol⸗ , gt. summarischen Daten ab: Es betrug der gesammte Kassen⸗ estand 715 389 000 M oder 7 687 000 ½ mehr, der Wechsel⸗ bestand 573 650 000 M oder 7053 000 ½ mehr und die Lom—⸗ bardforderungen 75 289 090 ις oder 1 879 000 S mehr als in der Vorwoche; ebenso zeigte der Notenumlauf mit S67 226 009 S eine Zunahme von 21 599 000 MS, während die täglich fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von 226 176 000 υ eine Abnahme von 5 896 0900 M gegen die Vorwoche ergaben, und endlich betrugen die an eine Kün⸗ digungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten 41 951 000 S oder 1367 000 M weniger als in der Vorwoche.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich sächsische Geheime Finanz-⸗Rath Dr. Heerwart, ist von hier

Der Abg. Schröder⸗Lippstadt beantragte zu Pos. 3 ad b.

wieder abgereist.

E Der bisherige Spezialkommissarius in Fulda, Re— gierungs⸗Assessor Reicha u, ist in das Kollegium der General⸗ Kommission zu Münster berufen worden.

Baden. Karlsruhe, 27. Juni. Die „Karlsr. Ztg.“ meldet; Wie an andere deutsche Regierungen ist auch an die Vertreter der Großherzoglichen Regierung beim Bundesrath der Antrag der Zolltarif⸗Kommisston des Reichstags über— mittelt worden, der genannten Kommission eine Darstel lung der diesseitigen finanziellen Bedürfnisse zugehen zu lassen. Diesem Antrage haben die Großherzoglichen Bun⸗ desraths⸗ Bevollmächtigten durch eine Darlegung entsprochen, welche wir hier im Wortlaut folgen lassen:

»Das Gesetz vom 9. Februar 1878, die Feststellung des Staatshaushalt? für die Jahre 1878 und 1879 betreffend, be— ziffert die Summe der in dieser Periode für den Haus halts · Etat der allgemeinen Staatsverwaltung erforderlichen ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben auf 75 M8 034 S, die Summe der ordentlichen und außerordentlichen Einnahmen auf 68 762 491 c, und es ergiebt sich demnach für die erwähnte Periode eine Unzuläng⸗ lichkeit von 6 315 543 M, deren Deckung' theils durch die aus dem umlaufenden Betriebsfond zu entnehmenden Ueberschüsse früherer Jahre, theils durch einen außerordentlichen Zuschuß aus der Amor— tisationskasse, also durch Schuldenaufnahme, in Aussicht genommen ist. Der Voranschlag für die Budgetperiode 1880/81 ist noch nicht fertig gestellt. Indessen wird bei der Annahme, daß die wirthschaft= lichen Verhältnisse sich nicht noch ungünstiger gestalten, für die kom—= mende Periode die gleiche Unzulänglichkeit, wie solche für die laufende, d. h. für das Jahr iss ein Ausfall von rund 3200 000 66 zu erwarten sein. Zur Deckung dieses Ausfalles stehen aber Ueberschüse aus früheren Jahren nicht mehr zur Verfügung, und müßte daher solche entweder durch Schuldenaufnahme oder durch Erhöhung der Steuern bewirkt wer⸗ den. Für den von dem allgemeinen Staats haushalt ausgeschiedenen Haushalt der Eisenbahnverwaltung berechnet sich die Unzulänglichkeit gegenüber den Betriebsausgaben und dem Aufwand für Verwaltung, Passivzinsen und planmäßige Amortisation im Jahre 1878 auf 4 808 189 6 Für das Jahr 1880 wird nach einer vorläufigen Be- rechnung durch das Anwachsen obigen Aufwandes, namentlich auch in . des Hinzutretens der Verzinsung neuer Anlehen, bei sehr günstiger Veranschlagung der Einnahmen die Unzulänglichkeit sich auf den Betrag von 5 760 000 M6 erhöhen. Demnach berechnet sich die Unzulänglichkeit des gesammten Staatshaushalts für das Jahr 1880 auf 8 900 000 S*

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 26. Juni. Der Kron—⸗ prinz Erzherzog Ru dolph ist gestern Abends in bestem Wohlsein in Ischl eingetroffen, wo er, wie dem „Prag. Abendblatt“ von hier gemeldet wird, einige Tage zu verweilen gedenkt, um sich dann wieder nach Böhmen zu begeben.

N. Juni. Die „Polit. Corresp. meldet: Aus Kon⸗ stantinopel; Der Erwirkung des die Absetzung des Khedive betreffenden Irade des Sultans gingen sehr stür⸗ mische Scenen im Ministerrathe voran und der Sturz Khereddin Paschas wurde von vielen Seiten als unver— meidlich angesehen. Die mit dem Absetzungs-Irade gleich—⸗ zeitig dekretirte Aufhebung des Fermans von is', welcher dem Khedive gewisse Prärogative, namentlich in Finanz⸗ Angelegenheiten, einräumt, wird allgemein als ein aus der Initiative des Sultans hervorgegangener Schritt interpretirt, dessen Tendenz gegen die Politik Englands und Frankreichs gerichtet sei —us Belgrad; Der Minist errath beschloß, u Verhandlungen über eine Eisenbahnkonvention mit ,, 5 Delegirte nach Wien zu entsenden.

Schweiz. Bern, 27. Juni. (Bund.) Das neue Zollerhöhungsgesetz ist im „Bundesblatt?“ unter dem Datum des 25. Juni veröffentlicht worden. Die Frist zur Einreichung von Referendumsbegehren läuft daher mit dem 23. September ab. Das sofortige Inkrafttreten des erhöhten Tabakzolles trägt seine Früchte. Nach dem „Jura“ hatte das Zollbureau in Pruntrut am letzten Montag eine Ein— nahme von nahezu 50 000 Fr. Noch größer wird das Er—⸗ gebniß auf dem Zollbureau Basel gewesen sein.

Belgien. Brüssel, 27. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer legte der Finanz⸗Minister mehrere fingnzielle Gesetzentwürfe vor, welche die Einführung von Steuern auf den Tabaks— bau und die Erhöhung des Tabaks-Eingangszolls, sowie die Vermehrung der Hypotheken- und Erbschaftssteuern und der Verbrauchssteuern betreffen.

Großbritannien und Irland. London, 26. Juni. (Allg. Corr) Der britische Botschafter am Berliner Hofe, Lord Odo Ru ssell und Gemahlin trafen gestern im Schlosse zu Windsor ein und wurden zur Königlichen Tafel gezogen.

Aus Simla wird dem Reuterschen Bureau unt rm 25. d. M. telegraphirt: Eine starke Expedition afghanischer Truppen hat Kabul verlassen, um die Pacifizirung von Badakschan zu bewirken.

27. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses lenkte Earl Carnaxrvon die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Zustände in Armenien und bestritt, daß die Pforte ihren Vertragsverpflichtungen daselbst nach— gekommen sei. Der Marquis von Salisbury erklärte er theile das Mitgefühl Earl Carnarvons mit der armenischen: Bevölkerung und gebe zu, daß in Kleinasien eine Mißverwal⸗ tung vorhanden sei. England sei aber nicht mehr verant⸗ wortlich, als die übrigen Vertragsmächte für den Fortbestand der Uebelstände, welche die Erbschast von Jahrhunderten seien und nicht durch häufigere diplomatische Unterhandlungen be⸗ seitigt werden könnten. Das System des Zehnten sei ein Mißbrauch, der aber nicht durch einen Federstrich abzuschaffen sei. Die Klagen über Bestechlichkeit gehörten mehr der Vergangenheit als der Gegenwart an. Ein großer Ulebelstand sei die völlige Des⸗ organisation der Gesellschaft in Kleinasien und die Unfähig— keit, den Gewohnheiten der Gebirgsstämme Einhalt zu thun. Reformen erforderten Geld und dieses sei erst zu erlangen, wenn die Wunden des Krieges geheilt wären, wenn der Friedens⸗ zustand wieder völlig hergestellt wäre und der Boden wieder bearbeitet werde. Dann würde sich der Staatsschatz wieder füllen, die Armee könne dann reorganisirt und eine Vermin⸗ derung der Ausgaben herbeigeführt werden; dann würde auch die Pforte die Mittel erhalten, die erforderlichen Reformen auszuführen. England habe es inzwischen nicht an Be— mühungen fehlen lassen, eine Abhülfe dieser Uebelstände zu erlangen, dabei indessen stets die Souveränetät des Sul— tans gewahrt. England werde sie auch fernerhin wahren, als den Mittelpunkt und das Symbol der einzigen Autorität, welche bestehe und bestehen könne. Die englische Regierung habe bei dem Sultan stets den ernstesten Wunsch gefunden, die Uebelstände zu beseitigen, und sie habe die Ueberzeugung, daß der Wunsch des Sultans auf—

richtig und wahr sei. Weil aber England jede Verantwort⸗ lichkeit für die Handlungen der türkischen Regierung zurück— weise, so habe es nicht die Pflicht, Alles zu thun, was die Diplomatie thun könne, um die Uebelstände zu vermindern und heilsame Verändzrungen herbeizuführen, durch welche allein die Dauerhaftigkeit der türkischen Regierung gesichert werden könne. . .

28. Juni. (W. T. B.). Der ehemalige Vizekönig von Indien, Lord Lawrence, ist gestorben.

Frankreich. Paris, 23. Juni. (Rep, fr) Durch Dekret des Präsidenten ist in Französisch-Indien eine Direktion des Innern errichtet worden. .

Versailles, 23. Juni. (W. T. B.) Bei der heute in der Deputirtenkammer portgesetzten Berathung der Ferry'schen Gesetzvorlage suchte der Unterrichts⸗Minister Ferry nachzuweisen, daß seine Vorlage ihre Spitze nicht gegen den Katholizismus, sondern gegen den Klerikalis— mus richte. K

ä 7 Italien. Rom, 26. Juni. (Italie) Der „Pungolo“ von Mailand schreibt: Die Aufmerksamkeit der Regierung ist lebhaft durch die immer wachsende Zahl von fremden Internationalisten beschäftigt, welche seit einiger Zeit nach Italien kommen. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat man beschlossen, alle Diejenigen sofort auszuweisen, welche keinen annehmbaren Beweggrund für ihre Ankanft in Italien angeben oder sich über ihre Existenzmittel auszuweisen ver— mögen. Diese Maßregel hat bereits in der Ausweisung einer gewissen Anzahl von Individuen Anwendung gefunden. (Folgt eine Liste der Ausgewies nen.)

Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Juni. (St. Pet. Herold.) Anläßlich der Taufe des neugeborenen Großfürsten Andrej Wladimirowitsch, welche heute Vor⸗ mittag im großen Palais in Zarskoje⸗Sselo vollzogen wurde, waren die Häuser und öffentlichen Gebäude der Residenz fest= lich mit Fahnen geschmückt; am Abend war die Stadt illuminirt.

Amerika. Washington, 25. Juni. (Allg. Corr) Im Senat wurde heute eine Resolution eingebracht, welche sich zu Gunsten einer vollständigen Remonetisirung des Sil⸗ bers erklärt. Mr. Burnside brachte ferner die schon tele⸗ graphisch erwähnte Resolution bezüglich des Panama— Kanals ein. Die demokratischen Berathungs— ausschüsse des Senats und Repräsentantenhauses sind übereingekommen, die Eintheilung der Bestimmungen der mit dem Veto des Präsidenten belegten Ju stiz-⸗Budgetbill in zwei Vorlagen zu befürworten. Eine derselben soll sämmt— liche Bestimmungen dieser Maßregel einschließlich der Ab⸗ schaffung des Geschworenen⸗Testeides, aber nicht diejenigen, welche auf die Gelderbewilligung für die Marschälle und Vize⸗ Marschälle Bezug haben, enthalten, während die andere Vor⸗ lage diese Gelderbewilligung verfügen, aber, wie in der mit dem Veto belegten Bill, die Verausgabung irgend eines Theiles dieser Gelder für die Besoldung von Vize-Marschällen bei Wahlen untersagen wird. Die Vorlage wird ferner das Ein⸗ gehen einer Verbindlichkeit Seitens des Staates für die Be⸗ soldung dieser Funktionäre verbieten und die Verletzung dieser Stipulation mit Strafen belegen.

27. Juni. (W. T. B.) Das Repräsentantenhaus hat das Justizbudget und die sogenannte Judicial⸗ Approprigtion-Bill mit Ausnahme der vom Präsidenten Hayes beanstandeten Artikel genehmigt.

Südamerika. Brasilien. (Allg. Corr Aus Rio de Janeiro wird dem ,Reuterschen Bureau“ unterm 8. d. M. via Lissabon) gemeldet: Der Minister des Reiches ist ent— lassen und Senhor Francisco Soares de Pereira, Abgeord⸗ neter für Bahia, zu seinem Nachfolger ernannt worden. Senhor Antonio Moreira Barros, Abgeordneter für die Pro⸗ vinz Sao Paulo, übernimmt das erledigte Ministerium für die Auswärtigen Angelegenheiten. .

In der Kammersitzung vom 5. d. M. gab das Kabinet Erklärungen über die Demission des Ministers des Reiches, aus denen hervorgeht, daß die anderen Minister die Ungesetz⸗ lichkeit der Entlassung des Direktors der Polytechnischen Schule anerkannten und ferner auch die unparlamentarische Sprache rügten, welcher sich ihr ehemaliger Kollege in der Debatte betreffs der Entlassung des Direktors der Schule bedient hatte. Eine stürmische Scene ereignete sich in der Kammer— sitzung vom 6. d, M. anläßlich einer von dem entlassenen Minister eingebrachten Interpellation. Der Präsident wurde gezwungen, die Sitzung für zwei Stunden zu suspendiren, und in der Zwischenzeit stellte er eine Wache von 400 Sol— daten außerhalb des Gebäudes auf. Dieser Schritt verursachte große Entrüstung unter dem Publikum, und der Premier sowie der Finanz-Minister wurden in den Straßen und am Eingange der Kammer aufs Gröblichste insultirt. Die Ruhe⸗ störungen erneuerten sich am folgenden Tage, indem der Pöbel die Minister insultirte, während sie sich zu einem Kabinetsrathe begaben. Die Truppen zerstreuten schließlich die Unruhestifter, indeß erst nachdem mehrere Personen ver⸗ wundet worden waren. Die Stadt wird jetzt von Patrouillen bewacht.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗-⸗Bureau.

Brüssel, Sonnabend, 28. Juni, Vormittags. Bei Be⸗ gründung des von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderungen der Zölle und Steuern, wird darauf hingewiesen, daß in Folge dieser Abänderungen eine Einnahme von etwa?7 360 006 Fres. erzielt werde, daß diese Summe aber zur Deckung des sich auf 12 Millionen Frances beziffernden Defizits nicht hinreichen würde. Die Regierung behalte sich deshalb vor, eine Konvertirung der 41 proz. Rente zu beantragen.

Nr. 26 des „Central⸗Blatts für das Deutsche Reich“ herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt, hat folgenden In halt: Allgemeine Verwaltungtsachen: Verbot ausländischer Druck schriften; Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Münz⸗ und Bankwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichs Goldmünzen; Goldankäufe der Reichsbank. Flnanz= wesen: Nachweisung verschiedener Einnahmen für das Etatsjahr 1875/19; Nachweisung der Einnahmen der Post- und Telegraphen-, sowie der Reichs ⸗Eisenbahnverwaltung vom 1. April bis Ende Mai 1879. Zoll⸗ und Steuerwesen: Errichtung von Uebergangs⸗

te en; Befugniß einer Steuerstelle Postwesen: Briefverkehr . ii nt, gutt ien britischer Kolonien zum Weltpostverein;

Postpäckereiverkehr mit Belgien. Marine und Schiffahrt: Er⸗ theilung eines Flaggenattestes. Konsulatwesen: Ernennungen; Exequatur⸗Ertheilung. .

Die Nr. 44 des Amtsblatts der Deutschen Reich s⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 18. Juni 1879: Briefverkehr mit Helgoland; vom 19. Juni 1879: Beitritt von britischen Antillen zum Weltpost · verein, Ermittelung des Gewichts und der Stückzahl der eisen bahn zahlungsyflichtigen Postsendungen auf mehreren Eisenbahnen; vom 21. Juni 1879: Eröffnung der Eisenbahnstrecken Salʒungen·Stadt⸗ lengsfeld bez. Vacha; vom 18. Juni 1879: Errichtung einer Post⸗ anstalt auf dem Festplatze zu Basel.

Statistische Nachrichten.

Ueber ficht in le Hahl der Stu di ren den auf der Königlichen Universität zu Breslau im Sommer ⸗⸗Semester 1879. Im Winter ⸗Semester 1878/79 waren immatrikulirt 1329, davon sind abgegangen 305, es sind demnach geblieben 1024, in diesem Semester sind hinzugekom⸗ men 259; die Gesammtzahl der im natrikulirten Studirenden beträgt daher 1283. Die katholisch⸗theologische Fakultät zählt: Preußen ha, Nichtpreußen 1, zusammen 65. Die evangelischtheologische Fakultät zählt: Preußen 4, Nichtpreußen zusammen 64. Die juristische Fakultät zählt: Preußen 371, Nichtpreußen 2, zusammen 373. Die medizinische Fakultät zählt: Preußen 178, Nichtpreußen 3, zusammen 181. Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeug⸗ niß der Reife 500, b. Preußen mit dem Zeugniß der Nichtreife nach 5. 35 des Prüfungs⸗Reglements vom 4. Juni 1834 1, c. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach §. 36 des Reglements 79, somit Preußen 580, d. Nichtpreußen 20, zusammen 6006. Im Ganzen 1283. Außer diesen immatrikulirten Studirenden der hiesigen Universität haben die Erlaubniß zum Besuch der Vorlesungen erhalten: nicht immatri⸗ kulirte Zuhörer (Beamte, Aerzte, Lehrer 2c.) 8. Es nehmen folglich an den VorlesungenTheil 1291.

Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlichen Universität Marburg im Sommer⸗ Semester 1579. Im Winter⸗Semester 1878/79 sind (einschl. der 2 später noch Hinzugekommenen) immatrikulirt gewesen 475, davon sind abgegangen 126, es sind demnach geblieben 347. Dazu sind in diesem Semester gekommen 190. Die Gesammtzahl der imma trikulirten Studirenden beträgt 537. Die evangelischetheologische Fakultät zählt Preußen 58, Nichtpreußen 5, zusammen 63. Die juristische Fakultät zählt Preußen 86, Nichtpreußen 12, zusammen 35. Nie medizinische Fakultät zählt Preußen 95, Nichtpreußen 31, zusammen 126. Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 150, b. Preußen mit dem Zeugniß der Nichtreife nach §. 35 des Prüfungsreglements vom 4. Juni 1834 —, (. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach §. 36 des Reglements 71, zusammen Preußen 221, d. Nichtpreußen 29, zusammen 250. Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen noch Vorlesungen mit Ge— nehmigung des Rektors 7. Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt Theil 544. .

Die Armenpflege in Berlin hat nach dem Statistischen Jahrbuch der Stadt Berlin, im Jahre 1877 Seitens der Stadt einen Zuschuß von 4881 616 erfordert, gegen 4 443 785 S in 1876, 4046840 A in 1875, 3 680 115 / in 1874, 3 513 807 MS in 1873. Pro Kopf der Bevölkerung betrug der Zuschuß im Jahre 1877 etwa 4,8 M.

Am Schlusse des Jahres 1877 bestanden 163 Armenkommissionen mit 152 Vorstehern und 1365 Mitgliedern. Dieselben gewährten in der offenen Armenpflege im Jahre 1877 10189 Hülfsbe⸗ dürftigen (1,97 7,0 der Bevölkerung) 1393 118 6 Ä laufende baare Almosen (11,39 ½ pro Kopf), ferner für 4647 Pflegekinder 322 958 6 (durchschnittlich monatlich 5, „9 „S) Pflegegelder; außerdem als Extra⸗Unterstützung 2. 512 Portionen und 223781 ½' baar. Während die Bevölkerung vom Jahre 1867-1877 um 49,8 0so ge⸗ stiegen ist, hat sich die Zahl der regelmäßigen Almosenempfänger nur um 39,8 ( vermehrt, der an diese gezahlte Betrag aber um 84,7 0½¶. Die Zahl der Pflegekinder ist in diesem Zeitraume um 1900, der für sie gezahlte Betrag aber um 63, 1 9 gestiegen. Die Zahl der Extra⸗Unterstützten hat um 23, 0/9, der ihnen gewährte Betrag um 54,9 eo0 zugenommen. Die Zahl der Almosenempfänger war in den Jahren 1876 und 1877 im Verhältniß zur Bevölkerung geringer als im Jahre 1866, der gezahlte Jahresbetrag aber um 32 (M höher. .

Zur Beschaffung von Ackerland zum Kartoffelbau wurden in den Jahren 1875 bis 18.7 für 1588 bezw. 1786 und 1792 Familien 14187 bezw. 14939 und 14608 M aus der Stadthauptkasse zu⸗ geschossen; die frisch geduüngte Parzelle von 4 a wurde mit 9 S be⸗ zahlt und brachte 8 bis 23 Neuscheffel Kartoffeln. .

Aus der Armenspeisungkanstalt wurden im Winter 1876/77 443 400 Portionen verabreicht, wozu die Kommune 19009, M zu⸗ schoß. Brennmaterial wurde in demselben Winter für 3725 6 vertheilt, Kleidung an Konfirmanden (876 Knaben, 678 Mädchen) 1877 für 27 814 n, für arme Schulkinder 8531 46.

Das Vermögen der Hauptstiftungskasse betrug Ende 1877 6 721 656 Se. Aus diesen Fonds wurden im Jahre 1877 154 549 . Unterstützungen gezahlt. .

Die 50 besoldeten und 21 unbesoldeten Armenärzte behandelten im Jahre 1877 41 609 Kranke mit 2,50 M6 Arznei pro Kopf. Die Gesammtkosten pro Kranken stellen sich auf 3,79 (M

Für die geschlossene Kamm unal-Armenpflege kommen zunächst 10 öffentliche Krankenhäuser in Betracht, in denen 22 737 Kranke an 800 043 Verpflegungstagen (durchschnittlich 2192 Kranke mit 38,37 Tagen) mit einem Kostenaufwande von 1 483 368 (täglich 1,35 „6½ pro Kranken) für städtische Rechnung behandelt wurden. Im Jahre 1876 betrug die Zahl solcher Kranken durch⸗ schnittlich 1362 mit 39,41 Tagen und 1 355 491 16 Kosten (2,90 . pro Kranken täglich). Während der Kranke in der Königlichen Charité durchschnittlich nur 140 kostete, beliefen sich die Kosten im städtischen allgemeinen Krankenhause auf 2,59 „S (1876 299 **) und in dem städtischen Barackenlazareth auf 3, 21 M (1876 3,30 ν).

An Irren wurden in der Charits im Jahre 1877 auf Kosten der Kommune 232 (gegen 173 in 1876) neu aufgenommen; 41 blieben beim Jahresschlusse im Bestande. In der städtischen und den Privat Irren⸗Anstalten fanden 871 Irre Aufnahme, gegen 6863 im Vor⸗

ahre.

ö. Die Männer-Siechenanstalt ist erst im Oktober 1877 eröffnet worden; von da bis Ende 1877 wurden 36 Personen in dieselbe auf genommen. In die Siechenanstalt für weibliche Personen traten im Jahre 1877 105 Personen dem Bestande von 139 Personen hinzu, und verblieben am Jahresschlusse 146 in derselben. In 6 Vereins⸗ und Parochial⸗Siechenanstalten wurden im Jahre 1877 151 Personen für Rechnung der Stadt untergebracht, im Siechenhause der jüdischen Gemeinde 6. . - .

Im Friedrich Wilhelms Hospital wurden durchschnittlich 589, im Filial-Hospital des Arbeitshauses 245, im Gesin de Hospital Ende 1877 92 Personen verpflegt; in 8 anderen selbständigen Hospitälern oder Stiftungen staäͤdtischen Patronats befanden sich Ende 1877 490 Pfleglinge in der von Schewe'schen Stiftung 10 Damen.

An Kindern waren für Rechnung der Armendirektlon in 3 An— stalten fur verwahrloste u. dgl. im Jahre 1877 104, gezen 77 in 1876 untergebracht. .

Das mit dem Arbeitshause verbundene Asyl für Qbdachlose ge⸗ währte 100 827 Personen Aufnahme, hen 1126662 in 1876, 38 464 in 1853. Außerdem warden dem Arbeitshanse noch 105 obdachlose Familien (324 Personen) und 168 Einzelne überwiesen; ebenso 166 Erwerbsunfähige und Kranke.

In der städtischen Waisenpflege befanden sich Ende 1877 3334 Kinder, gegen 3228 Ende 1876. .

Die Friedrich ⸗Wilhelms⸗Anstalt für Arbeitsame gab im Jahre

1877 390 Personen zinspflichtige Darlehne im Betrage von 30 755 0.