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Berlin, den 9. Juli 1879.
Gelegentlich des kürzlich hier versammelt gewesenen 6. Deutschen Chirurgen⸗Kongresses hat Ihre Majestät die Kaiserin bekannt. lich einen internationalen Preis von 2000 4 für die beste Arbeit über Diphtheritis ausgesetzt und die Professoren von Langenbeck, Klebs in Prag, Virchow und Liebreich in Berlin, Thiersch in Leipzig. von Nägel und Dertel in München zu Preisrichtern erngnnt. Die Formullrung der Preisaufgabe lautet; „Ueber das Wesen der
irhtheritis und die aus der Erkenntniß derselben sich ergebenden Folgen für die Behandlung dieser Krankheit. Die Arbeiten können in deutscher, französischer und englischer Sprache abgefaßt sein und müssen bis zum 15. Dezember 1880 au Hrn. Professor von Langenbeck eingesandt werden. Die Zuerkennung des Preises erfolgt in der ersten Sitzung des Deutschen Cbirurgen⸗Kongresses im April 1881. Hauptbedingung für die zu prämiirende Arbeit ist, daß wichtige neue Thatsachen über das Wesen und die Natur der Diphtheritis (die Natur des Infektionsstoffs), namentlich über ihre Verbreitung und über die Mittel zur Verhinderung derselben beigebracht werden.
In der sech zehnten Hauptversammlung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe in Berlin, am 18. Juni, sprach Hr. Bildhauer Prieß über Grabdenkmäler. Er verbreitete sich über ihre Bestimmung und die derselben entsprechenden Formen, faßte daun speziell die Werke dieser Art auf den Berliner Friedhöfen ins Auge, und dieselben ihren verschiedenen Gattungen nach charakte- risirend, stellte er sie in Vergleich mit denen anderer großer Städte, namentlich Süddeutschlands, an denen er die künstlerisch behan2— delte Geftaltung vorherrschend gefunden habe, während in Berlin die Grabstein Fabrikation vorwiege. Er empfahl, sich bei Be⸗ stellung eines Grabdenkmals, statt an bloße Geschäftsleute, an wirk⸗ liche Künstler zu wenden, oder, wo es sich um die Anwendung von einfachen architektonischen Formen handele, die Zeichnung dazu von einem bewährten Architekten anfertigen zu lassen. — Aufs Lebhafteste wurde das Intereffe der Versammlung durch die Vorlage einer An⸗ zahl von theils echt japanischen, theils in japanischem Geschmack von Hrn. Tapezirer Marco ausgeführten Arbeiten in Anspruch genommen. Letztere bestanden in einer Fensterdekoration und zwei Puffs, an welchen echt japanische Webereien in geschmackollster Weise zur Verwendung gekommen waren, erstere in einem Tische mit Marmor— platte und zwei japanischen Bronzegefäßen, wozu noch ein Teppich persischen Gewebes kam. Hr. Marco gab einige Erläuterungen zu der Vorlage, nach welchen die Gegenstände einem Zimmer ange— hörten, welches für die Aufnahme japanischen Geräthes in Holz, Bronze, Porjellan, von Stoffen, Stickereien ze. bestimmt ist und von Hrn. Marco in jap nischem Geschmack dekorirt wurde. — Hr. Bau⸗ meister Schäfer sprach hierauf über die Bauten der gegen wärtigen Berliner Gewerbeausstellung. Als Backsteinbau und zugleich als erstes in Berlin auftretendes Beispiel Des so⸗ genannten hannöverschen Backsteinbaues führte er die Otzensche Weinstube an und besprach die Entstehung, stylistische Aus—⸗ bildung und Technik dieser Bauart. In gleicher Weise verbreitete er sich über den Holzbau im Allgemeinen und die An— wendung desselben an den Ausstellungsgebäuden. — Zum Schluß fprach Hr. Fabrikant A. Müller über die Textilindustrie auf der Gewerbeausstellung. Er führte sämmtliche Branchen derselben der Reihe nach vor und berichtete über den gegenwärtigen Stand der- felben in Berlin und die Bedingungen, nter welchen sie arbeiten. Durch geschichtliche Rückblicke auf die Entstehung und Entwickelung einzelner, wie z. B. der Seidenweberei, wußte Redner auch bei dem
Das Gymnasium zu Friedland in Mecklenburg feierte am 2. d. M. sein 450jähriges Bestehen. Der Direktor des Gymnagsiums, Dr. J. Strenge theilte in seiner Festrede die Geschichte der Anstalt mit. Vor 450 Jahren bildete sie sich aus einem Kloster in Gestalt einer Schola“, wurde darauf „lateinische Schule“, dann „Gelehrten schule“ und schließlich Gymnasium. Die Anstalt ist eine der ältesten dieser Art in Deutschland; auch Schulpforta und andere uralte Gymnasien stehen in dieser Beziehung hinter ihr zurück. Nach voran gegangener Schulfeierlichkeit wurde auf dem Turnplatze ein Jahn⸗ denkmal feierlich enthüllt. Jahn hat diesen Turnplatz selbst ein⸗ gerichtet und die alten Eichen dort selbst gepflanzt.
Aus Mähren wird der „Allg. Ztg. über neue Höhlen funde unter dem 1. Juli geschrieben: Seit mehreren Monaten werden auf dem Berge Kotoutsch bei Stram berg Ausgrabungen vorgenommen, bei welchen interessante und für die Wissenschaft höchst bedeutende Resultate erzielt wurden; dieselben werden vom Hrn. Realschullehrer Karl J. Maschka in Neutitschein in svstematischer, allen Anforderungen der Wissenschaft entsprechender Weise durch- geführt. Namentlich sind es die beiden Höben Schipka und Tscher⸗ towa Dira (auch Zwergenhöhle genannt), welche die Aufmerksamkeit des Forschers auf sich lenkten und thatsächlich vollste Beachtung ver⸗ dienen, indem es schon jetzt durch die bei den Ausgrabungen zu Tage gebrachten Objekte und durch die Verhältnisse, unter welchen diese gefunden wurden, erwiesen ist, daß beide Höhlen von Menschen in vorgeschichtlicher Zeit bewohnt waren, und zwar die erste, deren Decke zum Theil eingestärzt ist, in der ältesten Stein⸗ zeit (in der paläolithischen Zeit) die andere in einer späteren Zeit, als der Mensch schon einige Kenntniß der Metalle besaß. Es sst ferner evident, daß der Mensch dort gleichzeitig mit dem Mammuth und Höhlenbär gelebt hat, indem beispielsweise verbrannte und be⸗ arbeikete Knochen noch 1 m unter den Resten dieser Thiere sich vor⸗ fanden. Die Funde in der Schipkahöhle bestehen aus Tausenden von Knochen vocsitfluthlicher Thier, als Mammuth, Rhinoceros, Höhlen⸗ bär, Pferd, Urstier, Hirsch, Rennthier u. s. w., Tausenden von losen Zähnen dieser Thiere, Geweihen, zablreichen schön erhaltenen Stein⸗ und Knochenwerkjeugen, welche Gegenstände bis 3 m unter der Ober— fläche gefunden wurden. Außerdem wurden in der obersten Schichte sieben Bronzegegenstände gefunden, und zwar ein Hohlbeil (Celt), fünf concentrische Ringe und ein Ring mit einem rechtwinkeligen Kreuze (Rad mit 4 Speichen). In der Tschertowa Dira wurden gefunden: Knochen von Höhlenbär, Rennthier, Edelhirsch, Rind u. J. w. zahl— reiche auch bearbeitete Geweihstücke, viele sehr gut erhaltene Bein= geräthe und Werkzeuge, als durchbohrte Nadeln, Pfriemen, drei⸗ und vierkantige Pfeilspitzen, rohe und nicht polirte Steinwerkzeuge von Feuerstein, Jaspis und Chalcedon, Fragmente von den verschieden⸗ artigsten Thongefäßen, mit und ohne Grapbitüberzug, aus freier Hand ohne Benützung der Töpferscheibe verfertigt und mit charakteristischen Ornamenten versehen, sowie auch dreikantige Bronzepfeilspitzen mit einem Giftloch, durchbohrte Zähne, Muscheln, Schleifsteine, Spinn⸗ wirtel u. s. w. Auf dem Scheitel des Berges oberhalb dieser Höhle ift man auf ausgedehnte Brandstätten gestoßen, und es fanden sich unmittelbar unter dem Rasen, nebst zahllosen Thon⸗ scherben auch Scherben von Graphitgefäßen, Steinwerkzeuge, darunter ein 17 mim langes Messer und eine durchbohrte polirte Kugel, ferner verschiedene Bronze⸗ und Eisengegenstände. Da in Desterreich Höhlenfunde dieser Art überhaupt noch nicht, ausgenom⸗ men theilwesse in der Vypustekhöhle und im übrigen Mitteleuropa nur selten gemacht worden, so ist es erklärlich, daß diese Ausgrabun⸗
gen das regste Interesse der Anthropologen geweckt haben, und es
führt würden, denn es ist zu erwarten, daß noch neue interessante Gegenstände aus ihrer taufendjährigen Verborgenheit ans Tageslicht ebracht werden. Durch diese 6 wird der Ring der Entdeckungen über die menschlichen Ureinwohner in Centraleuropa bedeutend er- weitert, indem die letzten Glieder des Ringes im südwestlichen Deutsch⸗ land von dieser neuen Station ziemlich weit entfernt sind.
München, 6. Juli. Bezüglich der Internationalen Kunst ausstellung wird der „Allg. Ztg.“ weiter geschrieben: Unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung dessen, was ich gestern über die Mütheilung des Königlich bayerischen Staats⸗Ministeriums des Aeußern an das Ausstellungscomits berichtete, gebe ich Ibnen hiermit bekannt, daß nach einem Pariser Telegramm an das hiesige Bank⸗ und Speditionshaus Pichlers fel. Erben an dassel be für die internationale Kunstausftellung sechszig Kisten mit Ausstellungsobjekten von Paris abgegangen sind und noch weitere nachfolgen werden. Angesichts des erwähnten amtlichen Erlasses muß man wohl annehmen, daß die betheiligten Künstler die Münchener Ausstellung privatim beschicken.
Nach dem Erfolge der ersten Aufführung des Lustspiels von M. Klapp: Rofenkranz und Güldenstern' im Wallner Theater war wohl zu erwarten, daß die folgenden Aufführungen des heiteren Lustspiels ähnliche Resultate ergeben würden. Die Sonnabend-Vorstellung fand denn auch vor fast ausverkauftem Hause und unter stürmischen Beifallsbezeugungen statt. In noch erhoͤhtem Maße zeichnete am Sonntag das Publikum, welchem die Direktion das Orchester hatte einräumen müssen, den Dichter und die Dar⸗ steller aus. Seitdem ist die Theilnahme des Publikums noch fort und fort gewachsen.
Auch im Viktoria ⸗ Theater steigert sich der Beifall, den die Raida'sche Operette ‚Die Königin von Golconda“ gefunden hat, von Abend zu Abend.
— In Kroll's Theater gingen gestern zweikleinere Stücke in Scene, welche beide für Berlin zwar nicht neu, aber auf dieser Bühne noch nicht aufgeführt worden sind. Das erstere: Wähler und Wühler“, nach dem Französischen von Ed. Jacobson bearbeitet, ist einer jener französischen Schwänke, deren Wirkung auf eine Reihe von drolligen Einfällen und Scenen basirt ist, welche durch ihre Situations⸗ Komik den Zuhörer captiviren wollen, um ihn so über die Schwächen und Unwahrscheinlichkeiten des Inhalts hinwegzutäuschen. Hier ist es ein Hut und seine Verwechselungen, welche die Kosten der Unter⸗ haltung bestreiten müssen. Im Französischen, wo Sprache und Darsteller mehr für diese Art Stuͤcke geeignet sind nimmt sich, das leichtfließender und glatter aus; im Deutschen er⸗ scheint es schwerfälliger und unserem Geschmack nicht entsprechend. Gespielt wurde der Schwank von Frl. Meyer und den Hexren Kurz, Blencke, Engels und Meißner, mit vielem Geschick. Auch' die zweite Gabe des Abends, der einaktige Schwank ‚»Aennchen von Hofe“ ist eine ältere Arbeit von Ed. Jacobson, der den—⸗ selben jetzt neu bearbeitet und mit neuen Touplets versehen bat. Das ganze Interesse des gefälligen, anspruchslosen Stückchen concen-
trirt sich um die Titelfigur, welche von Frl. Schwarz mit vieler Anmuth dargestellt wurde und derselben Gelegenheit gab, ihre angenehme, gut geschulte Stimme
in einigen recht gelungenen Lieder- und Couplet⸗ Vorträgen bören zu lassen, wofür ihr wiederholter Beifall gezollt wurde. Die Vorstellung erfreute sich eines zahlreichen Besuches. Erwähnt mag auch sein, daß der sorgfältig gepflegte Garten des Etablissements mit feinem reichen Blüthen, und Blätterschmuck jetzt im frischesten Grün prangt und in Verbindung mit der abendlichen glänzenden Illu⸗
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3 Inserate für den Deutschen Reichs⸗ n. Kgl. Preuß. Staats · Anzeiger, das Central ⸗Handelsregister und das postblatt nimmt an: die Königliche Expedition des Qeutschen Reichs Anzeigers und Königlich PErenßischen staats-Anzeigers:
Berlin, 8. 7. Wilhelm⸗Straße Nr. 32. X *
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n O.
nichtfachmännischen Theile der Zuhörer lebhaften Antheil zu erregen.!
Steckbriefe und Untersuchungs- Sachen. Sußhhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.
wäre nur zu wünschen, daß dieselben in gleicher Weise zu Ende ge⸗
SBeffentiicher Anzeiger ·ꝛ·ꝛ·
5 Grosshandel.
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Industrielle Etablissements, Fabriken und
Verschiedene Bekanntmachungen.
mination schon an sich eine Sehenswürdigkeit bildet.
„Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein & Bogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner C Winter, sowie alle übrigen größeren
Subhastationen,/ Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl.
Bekanntmachung. Die Eröffnung der im hie sigen Depositorio befindlichen, von J. JF. Pietsch aus Griesel am 16. Januar 1823 niedergelegten letztwilligen Disposition ist bisher nicht beantragt worden. Die Betheiligten werden aufgefordert, deren Verkündigung binnen 6 Monaten, spätestens in dem an hiesiger Gerichtsstelle vor dem König lichen . am 5. Februar 1880, Vor⸗ mittags 10 Uhr, anstehenden Termine nachzu⸗ fuchen, widrigenfalls den Vorschriften im 58. 219 und ferneren Titel 12 Theil J. des Allgemeinen Landrechts gemäß verfahren werden wird. Crossen a. / O.,, den 3. Juli 1879. Königliches Kreisgericht. II. Abtheilung.
6074
Verkäufe, Verpachtungen,
Zinszahlung u. s. S. von öffenttiche⸗
Allgemeine Berliner Omnibus⸗Actien⸗Gesellschaft.
Die Ausgabe der III. Serie Dividendenscheine zu unseren Actien erfolgt vom 14. Juli er. ab in unferem Centralbureau, Leipzigerstraße 125.
Zu diesem Behufe sind daselbst die Talons, nach der Reihenfolge geordnet, in den Vormittags stunden von g bis 12 Uhr einzureichen und ist denselben ein doppeltes, ebenfalls nach der Reihenfolge geordnetes Num nmernverzeichniß beizufügen, wovon 1 Exemplar dem Einlieferer mit Empfangsbescheinigung versehen, zurückgegeben wird.
Die reuen Bogen können dann nach Verlauf einiger Tage gegen Rückgabe der Empfangsbeschei⸗
Vayierem
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fel der.
im Bureau der Gesellschaft.
Gesellschaft der Limmer und Vorwohler Gruben⸗
Außerordentliche Generalversammlung
Sonnabend, den 19. Juli 1879,
Nachmittags 5 Uhr,
Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete. 7. Literarische Anzeigen. ö ; Verloosung, Amortisation, Zinszahlung Theater- Anzeigen. In der Börsen- Annoncen Snreaus u. s. w. von öffentlichen Papieren. Familien- Nachrichten. beilage. * K Verloosung, Amorttsation t 27 ien⸗ Tagesordnung. Deutsche Asphalt Aktien I) Reduktion des Aktien Kapitals durch
Rückkauf und Herabsetzung der Aktien⸗ Nominalsumme.
2) Beschluß über Rückvergütigung der von mehreren Aktionären bel Aufnahme einer Hypothek verauslagten Kosten und über Aufnahme einer Anleihe.
3) ,, des 5§. 30 sub 3 der Sta uten.
Der Aufsichtsrath.
ots! Beutsche Asphalt Actien-diesellschaft der Limmer und Vorwohler Grubenfelder.
SDubmissionen ꝛe.
(6073. Bekanntmachung.
Die Lieferung von 6 O09 Centnern QOberschlesischen oder Westphälischen Steinkohlen, 5500 Centnern Bitterfelder Braunkohlen und 3000 Hektolitern Coaks für die oberste Reich-Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung soll im Wege des schriftlichen Anbie⸗ tungsverfahrens verdungen werden.
Bie Bedingungen können bei dem tech ischen Bureau des General Telegraphenamte, Französische Straße 33. 6., an den Wochentagen von 9 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags eingesehen werden.
Anbietungen sind versiegelt und frankirt mit der Aufschrift „Angebot zur Lieferung von Stein und Braunkohlen und Coaks“ bis zum 1. August, Mittags 12 Uhr, an das genannte Bureau abzugeben.
Berlin, W. 7. Juli 1879.
Kaiserliches General Kaiserliches General⸗
Postamt. Telegraphenamt. Wiebe. In Vertretung: El sasser.
6072 Friedberg⸗Hanauer Eisenbahn. Die Herstellung der Erd⸗, Planirungs- und Be— festigungsarbeiten, sowie die der kleineren Brücken ꝛc. in Loos II. der Sektion J. sollen in Submission vergeben werden. Termin zur Eröffnung der Offerten; Freitag, den 25. Juli 1879, 10 Uhr Vormittags. Bedingungen, Massen und Preisverzeichnißse liegen am Berliner Baumarkt und auf unserem Betriebs, und bautechnischen Büreau hierselbst zur Einsicht offen und können von Letzterem gegen Einsendung von drei Mark bezogen werden. ö Cassel, den J3. Juli 1878. Königliche Direktion der Main · Weser⸗Bahn.
nigung erhoben werden. Berlin, den 8. Juli 1879. Der Verwaltungsrath. Ahlemann. E. von Bornstedt.
or sj Bekanntmachung.
Bei der am 28. v. M. stattgehabten 26. be w. 11. Ausloosung sind folgende Kreis⸗Obligationen des Fürstenthumer Kreises gezogen worden:
a. J. vierprocentige Emission.
26. Au? loosung. Nr. 4 10 102 105 122 220 233 282 à 300 M0 Nr. 8 26 49 74 96 19 162 163 à 150 A6
Litt. C D
b. V. vier und einhalbprocentige Emission. 60 D
Litt.
11. Ausloosung.
Litt. C. Nr. 3 30 54 62 à 300
Litt. D. Nr. 5 6 11 12 14 à 150
Litt. E. Nr. 10 22 23 à 75 ,
Wir kündigen hiermit die mit den vorstebenden Litt. und Nummern bezeichneten Kreis⸗Obligationen der J. und V. Emission und fordern die Inhaber derselben hiermit auf, den Nennwerth in der Zeit vom 2. bis 10. Januar 1880 bei der hiesigen Kreis⸗Kommunalkasse oder bei dem Banquier Herrn Meyer Cohn in Berlin gegen Zurücklieferung der ausgeloosten Obligationen und der betreffenden Zintcoupons in coursfähigem Zustande baar in Empfang zu nehmen.
Mit dem 1. Januar 1880 hört jede fernere Ver⸗ zinfung auf, es müßsen daher die ausgereichten Zins, couponz, deren Realisirung bisher noch nicht erfolgt ist, mit abgeliefert werden, entgegengesetzten in. der Betrag dafür vom Kapitalbetrage einbehalten werden muß.
(HI. I506ß a) Coeslin, den 2. Juli 1879. Die ständische Kñommission für den Chausseeban im vormaligen Fürstenthumer Kreise.
Aetiva. Bilanz per Ultimo Dezember 1878. Passiva. ůè. 6, s 6 383 Grundstũcks⸗ Conto gil 898 75] Actien⸗Capital⸗Conto.. . . 150900 Gebäude⸗Conto kö 234 394 73 Hypotheken⸗Conto Jö 156 000 — Maschinen cFonto⸗ 155 71 45 Pferde⸗ und Wagen⸗Conto.. 20 759 10 Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto. 224 738 90 Conto dubioso-... 107199 Cassa⸗Conto. 196736 Utensilien⸗Conto. 20 670 59 Cambio⸗Conto. 14 630 35 1 1921013 Limmer⸗Betriebs⸗Unkosten⸗Conto 143 — Vorwohler Betriebs ⸗Unkosten⸗Conto 13712 Limmer⸗Gespann⸗Unkosten⸗Conto. 3526 Vorwohler⸗Gespann⸗Unkosten⸗Conto 34391 Limmer⸗Reparaturen⸗Conto 18321 Vorwohler Reparaturen⸗Conto 458 73 Limmer⸗Feuerunge⸗Conto . 14270 Vorwohler⸗Feuerungs⸗Conto . 352 63 Conto⸗Corrent⸗-Conto 3899009 1656 000 — Töss p55 =
Die durch die Versetzung des bisherigen Inha⸗ bers in den Kreis Bromberg erledigte Kreis⸗Phnysi⸗ kats⸗Stelle des Kreises West⸗Sternberg mit
Marschbahn⸗Gesellschaft aufgenommen worden ist, kann von jedem sich legitimirenden Actionair im
Bureau der Gesellschaft an den Wochentagen von
dem Wohnsitze in der Stadt Reppen und einem Morgens 9 Uhr bis 12 Uhr entgegengenommen
Jahresgehalte von god M soll anderweit besetzt werden. Zu diesem Zwecke werden qualifizirte Be⸗ werber aufgefordert, sich unter Einreichung: 1) der Approbation als praktischer Arzt ꝛc. 2) des Fähig- kelts⸗Zeugnisses zur Verwaltung einer Physikats⸗ stelle, 3) sonstiger über die bisherige Wirksamkeit srrechender Atteste und 4) eines ausführlichen Le⸗ benslaufes, innerhalb 6 Wochen bei uns zu melden. Fraukfurt a. O., den 3. Juli 1879. Königliche Nen lerung, bẽijeilung bes Innern. Stabtrot.
Holsteiisch Marschbahn⸗Gesellschaft.
Das Protocoll, welches über die diesjährige ordentliche Generalversammlung der Holsteinischen
werden. Itzehoe, den 7. Juli 1879. Der r, . Aufsichtsraths. ohrn.
Redacteur: J. V.: Riedel.
Verlag der Expedition (Kesseh. Druck: W. Elsner.
Drei Beilagen (einschließlich Börsen⸗ Beilage).
außerdem die Gewinn ⸗Liste der vom In⸗ validendank veranstalteten Lotterie.
Berlin:
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Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußeischen Stants⸗-Anzeiger.
1873.
Aichtamtliches.
Berlin, 9. Juli. Im weiteren Verlaufe der gestrigen C6.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Zolltarif des deuts chen Zollgebietes und den Ertrag der , und der Tabaksteu er fort. Der Abg. Dr. Bamberger führte im weiteren Verlaufe seiner Rede aus, das Anstößigste des Paragraphen 5 sei bekanntlich, daß bei der überaus vagen Bestimmung, daß eine „erheblich höhere“ Belastung deutscher Waaren als in Deutschland den al chlcg rechtfertige, entgegen der Reichsver⸗ fassung, nach welcher die verbündeten Regierungen nur zu—⸗ sammen mit dem Reichstag das Zollgesetz machen sollten, die Regierung das Zollgesetz nach Belieben jeden Augenblick gegen jeden Staat ändern könnte. Wenn man z. B. ein Produkt gar nicht mit Zoll belege, ein fremder Staat aber einen ge—
ringen Zoll davon erhebe, so wäre gerade der größte Unterschied, nämlich der zwischen null und iwas vorhanden. Die Kommission, habe daher mit
großer Mehrheit, wenn er nicht irre, diesen Passus gestrichen. Trotzdem nun Graf zu Stolberg das Wort) „erheblich“ ßurch eine Bezeichnung ersetze, die Deutschland nach seiner Ansicht gegen willkürliche Zollsystem sänderungen schützen solle, so glaube er doch, daß man sich auf den Punkt beschränken sollke, wo Deutschland schlechter behandelt werde als die übrigen Staaten. Der Antrag setze voraus, daß Deutschland mit den Ländern, gegen welche der 8. 5 angewendet werden solle, in einem Reciprocitätsverhältniß stände, welches der Reichstag dadurch sichere, daß die Regierung bei einem etwa 10 Proz' höheren fremden Zoll Repressalien anwende. Das gehe bei einem Lande mit so niedrigen Zollsätzen, wie die Schweiz sie habe, die deshalb auch dreist mit dem alterum tantum' drohen dürfe. Deutschland aber habe seine Zölle so hoch geschraubt, als es mit Schonung der Existenzberechtigung der eigenen Industrie möglich sei. Was erziele man nun, wenn man in Deutschland, um andere Nationen zu strafen, die Zölle noch mehr hinaufsetze? Deutschland strafe wesent⸗ lich sich selbst und könne sich für diese Strafe wahr— lich nicht auf sein eigenes Beispiel berufen. Deutsch— land habe Zölle von 40 bis 59 Proz, auf sehr nützliche Gegenstände des ersten Gebrauchs dekretirt, z. B. auf rohe Nessel 44 Proz, auf gewöhnliche bunte Rock- und Hosen⸗ stoffe 40 Proz, auf Cretonne 435 Proz., auf Eisen 20 bis 25 Proz, auf Filztuch 42 bis 45, auf Tuchwaaren 12 bis 60 Proz., auf ordinäre Stoffe 66, 47 und 42 Proz.; sogar Schiefertafeln habe man mit einem Zoll belegt, der auf 40 bis 50 Proz. geschätzt werde. Wenn das, was man jetzt thue, nothgedrungen von der ganzen Welt als ein neues handels⸗ politisches System acceptirt werden müsse, so könne mit der Annahme des Amendements des Abg. Grafen zu Stolberg jeder Staat dazu sagen: seine Zollsätze seien die richtigen, wer darüber hinausgehe, sündige, der müsse gestrast werden. Die Haupt⸗ fache werde die fein, daß, wo man künftig mit einer Zoll⸗ erhöhung vorgehe, weil die anderen Staaten hier und da noch höhere Zölle hätten, Deutschland sich zunächst am meisten schade. Sollte der Reichstag in Anwendung des Vorschlages des Grafen zu Stolberg einen Retorsionszoll für solche Länder einführen, die Deutschland nicht schlechter stellten, wie andere Länder, sondern nur wesentlich höhere Zölle hät⸗ ten als Deutschland, so würden die Schutzzöllner in der Mehr— heit des Deutschen Reiches Oesterreich und Rußland einen großen Gefallen thun, und würden beide Theile der Reihe nach antreiben, sich gegenseitig mit Extravaganzen zu über⸗ bieten. Wenn das . den 35. 5 so annehme, wie ihn die Kommission vorgeschlagen habe, so könnten auch die schutzzöll—⸗ nerischsten und kampflustigsten Gewissen sich damit beruhigt halten, daß allen anderen Staaten verboten sein solle, Deutsch⸗ land schlechter zu behandeln, als Deutschland sie behandele; ihnen aber noch zu verbieten, ein Zollsystem nach eigener Phantasie zu machen, das sollte Deutschland ünterlassen. Was die Klausel betreffe, daß dem Reichstag die Gutheißung einer solchen Re— gierungsverfügung vorbehalten sein müsse, so glaube er nicht, daß er einen Widerspruch darin zu bekämpfen habe, der Neichstag werde wohl selbst seine Macht, in der Zollgesetz⸗ gebung mitzureden, dadurch nicht ändern, daß er die ur⸗ ,,, Fassung der Regierung in diesem Punkte wieder herstelle.
Der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Hofmann erklärte, die von der Kommission vorgeschlagene Fassung unterscheide sich von der Vorlage der verbündeten
egierungen zunächst dadurch, daß die Kommission, die Vor⸗ aussetzungen des Zollzuschlags auf einen Fall beschränkt habe, ferner daß der Zuschlag nur bis zu fünfzig Prozent erhoben werden solle und daß die nachträgliche Genehmigung des Reichstages einzuholen sei. Die verbündeten Regierungen würden es allerdings lieber sehen, wenn man es bei der Mög⸗ lichkeit eines Zuschlages bis 100 Prozent beließe. Indeß seien sie event. doch auch mit dem Kommissionsvorschlage ein⸗ verstanden, ebenso hätten sie nichts gegen den Passus über die Genehmigung des Reichstages einzuwenden. Was indeß die Voraussetzungen zur Erhebung des Zuschlages betreffe, so müßten die verbündeten Regierungen auf ihrem Standpunkte beharren, oder bitten, daß wenigstens der Antrag des Abg. Grafen zu Stolberg angenommen werde. Wenn Deutschland ungünstiger behandelt werde von irgend einer Nation als an⸗ dere Staaten, so sei das ein offener Akt von Feindseligkeit, und nicht selten seien Fälle dagewesen, wo es bedauert worden sei, daß Deutschland gegenüber einer ungünstigen differentiellen Haltung anderer Staaten wehrlos sei. Analoge Be⸗ stimmungen, wie die verbündeten Regierungen sie beantrag⸗ ten, hätten auch bereits Frankreich und die Schweiz. Nach dem französischen Projekt von 1878 werde der Huschlag von Waaren solcher Länder erhoben, die französische Gewerbe⸗ erzeugnisse mit einem gen von mehr als 20 Proz des Werths belegten. Die französischen Motive erklärten es mit dürren Worten für nöthig, daß solche Länder einen Zuschlag erlitten; der französischen Ration gegenüber genüge dies. In Deutsch⸗ land sei man bedenklicher; wenn die Deutschen einen Entschluß im nationalen Interesse gefaßt hätten, so suchten sie so lange nach Gegengründen, daß derfelbe nicht zur Ausführung komme.
Die Kommission habe vorzüglich an der vagen Definition „erheblich höher“ Anstoß genommen. Dem wäre durch den Antrag Stolberg abgeholfen. Wenn man Ungewißheit und Unruhe für Handel und Verkehr von diesem 8. 5 befürchte, so übersehe man, daß es sich nur um eine Ausnahmemaß⸗ regel handele, welche zu gebrauchen die verbündeten Regie⸗ rungen sich nicht leicht entschließen würden. Zudem seien alle Bedenken durch die Fassung, welche Graf zu Stolberg dem Hause vorschlage, gehoben. Er bitte das Haus also, im Interesse einer kräftigen Handels- und Zollpolitik, im Interesse des Zollfriedens den verbündeten Regierungen diese nothwendige
Waffe zu gewähren und den Antrag Stolberg anzunehmen.
(Während dieser Rede war der Reichskanzler in den Saal getreten.)
Der Abg. Udo Graf zu Stolberg (Rastenburg) be— fürwortete seinen Antrag. Zur Vertheidigung gegen feind⸗ selige Zollmaßnahmen seien, wie auch der Abg. Bamberger anerkenne, unter den gegenwärtigen Verhältnissen Maßregeln nöthig. schnell genug arbeiten. Die gesetzliche Fixirung eines Zuschlages unter bestimmten Voraussetzungen könne sich unter Umständen gegen das Inland wenden. So sei es geschehen, als Oester⸗ reich und Frankreich gesetzlich an einander geriethen, zum beiderseitigen Schaden. Der Reichstag müsse also der Re⸗ gierung die Vollmacht zur Retorsion geben, und zwar nicht nur für den Fall formell differentieller Behandlung, sondern auch für den Fall materiell differentieller Behandlung deutscher Waaren. Was als eine Behandlung der letzteren Art anzu⸗ sehen sei, werde in seinem Antrage prätzisirt. Die Erwägung, daß Deutschland mit einigen Zollsätzen vielleicht schon die Grenze erreicht habe, bis zu welcher man ohne Schädigung der inländi⸗ schen Produktion gehen könne, könne den Reichstag von dieser Maß⸗ regel nicht abhalten, da dieselbe nicht gegen alle, sondern immer nur gegen ein einzelnes Land, vielleicht nur gegen einen Grenzdistrikt gerichtet sei. Die Maßregel müsse natürlich mit Verstand ausgeführt werden; aber das Mißtrauen gegen die Regierung, das schon in der inneren Politik nicht am Platze sei, dürfe dem Auslande gegenüber noch weit weniger zur Geltung kommen. Nach außen müßten Regierung und Volks⸗ vertretung als Einheit erscheinen, sunst werde die Aktion von vornherein lahm gelegt. Wäre die Regierung wirklich von einer solchen wilden Kampflust, wie man meine, so würde sie doch die Rücksicht auf die nachträgliche Genehmigung des Reichstages zwingen, sich die Sache immer sorgfältig zu über⸗ legen. Vielleicht sei die Grenze von 40 Proz, bis zu welcher nach seinem Antrage das Ausland gehen dürfe, zu weit, also die Vollmacht der Regierung zu beschränkt. Da er aber in dieser Hinsicht nicht erreichen könne, was er erreichen möchte, so nehme er lieber, was er erhalten könne.
Der Abg. Dr. Delbrück erklärte sich aus den selben Gründen wie der Abg. Dr. Bamberger gegen den Antrag Stolberg und für den Antrag der Kommission. In der Annahme des Kommissionsantrages liege keineswegs ein Mißtrauen gegen die verbündeten Regierungen, denn man wolle ihnen ja nicht verfassungsmäßige Rechte verkürzen, sondern im Gegentheil den Regierungen auch mit dem Kommissionsantrage ganz außerordentlich weitgehende Befugnisse beilegen, die über das System des ganzen Zolltarifs hinausgingen, Es liege aber gar keine Veranlassung vor, über das Allernothwendigste hinauszugehen, und das thue der Antrag des Grafen Stol⸗ berg. Es würde auch ungerecht sein, den Zoll von mehr als 40 Proz. des Werthes absolut und immer für einen solchen zu halten, der bekriegt werden müsse, denn sonst würde man auch die Schweiz treffen, die einzelne deutsche Pro⸗ dukte mit mehr als 40 Proz. belege, und gegen welche dennoch Niemand einen Zollkrieg plane. Unter Um⸗ ständen könne die hohe Zollstufe als Retorsion mehr schaden als nützen. Er sei mit dem Präsidenten Hofmann ganz ein⸗ verstanden, daß man Deutschland dem Auslande gegenüber nicht schutzlos lassen dürfe, aber er glaube, wo eine Zoll⸗ erhöhung nothwendig sei, da werde es der Regierung nie an der Zustimmung des Reichstags fehlen. Er bitte also, dem Kommissionsantrage zuzustimmen.
Die Diskussion wurde geschlossen. Der Abg. Windthorst als Referent befürwortete in einem kurzen Schlußworte den Kommissionsantrag, worauf der Antrag des Abg, Graf Stol⸗ berg mit 163 gegen 148 Stimmen abgelehnt, der Kommissions⸗ antrag aber angenommen wurde.
An dieser Stelle theilte der Präsident mit, daß der im 2. Wahlbezirk des Regierungsbezirks Königsberg neu gewählte Abgeordnete, Landrath Dr. Heyer, in das Haus getreten sei.
8. 6 lautet nach dem Kommissionsvorschlage:
8§. 6. I) Für die in Nr. 9 a=ct. des Tarifs (Getreide 2c) aufgeführten Waaren werden Transitläger ohne amtlichen Mit- verschluß, in welchen die Behandlung und Umpackung der gela⸗ gerten Waare ugeingeschränkt und ohne Anmeldung, und die Mischung derselben mit inländischer Waare zulässig ist, mit der Maßgabe bewilligt, daß bei der Ausfuhr dieser gemischten Waare der in der Mischung enthaltene Prozentsaßz von aus ländischer Waare als die zollfreie Menge der Durchfuhr anzusehen ist. 27) Eine gleiche Erleichterung wir? für die Mühlenfabrikate (Nr. 25 4. 1 und 2 des Tarifs) dahin gewährt, daß bei der Aus⸗ fuhr der Eingangszoll für das aus ländische Getreide nach dem Prozentsatze des zur Herstellung des Fabritats zur Verwendung gelangten ausländischen Getreides nachgelassen wird, und zwar unter der Annahme, daß 75 Gewichtstheile an Mehl 100 Gewichts theilen an Getreide entsprechend gelten. 3) Die näheren Anord⸗ nungen (88§. 108 und 1ih9, §8§. 15 und 118 des Gesetzez vom 1. Juli 1869), insbesondere auch über die an die Lagerin aber zu stellenden Anforderungen trifft der Bundesrath. 4 Für das in Rr. 15 c. des Tarifs aufgeführte Holz werden Transit⸗ säger ohne amtlichen Mitverschluß bewilligt. Dabei kann von der Umschließung der zur Lagerung bestimmten Räume ab⸗ gesehen werden, auch ist es gestattet, unter den erforderlichen Kontrolmaßregeln die unter Nr. 130. 1 fallenden Hölzer zeitweise aus dem Lager zu entnehmen, und nachdem sie einer Behandlung unterlegen haben, durch welche sie unter Nr. c. 2 fallen, in das Lager zurückzuführen. Die näheren Anordnungen erläßt der Bundes ratb. Für Bau⸗ und Nutzholz, welches auf Flößen eingeht und auf Begleitschein J. weitergesendet werden soll, kann der Bundes rath eine Erleichterung in den allgemein vorgeschriebenen Abfertigun ge formen anordnen.
Die gewöhnliche Gesetzgebung, würde hierzu nicht
Hierzu beantragte der Abg. Freiherr von Varnbüler: Der Reichstag wolle beschließen:
J. 5. 6 des Gesetzentwurfs, betreffend den Zolltarif des deut⸗ schen Zollgebiets, zu fassen, wie folgt:
1 Fur die in Nr. 9 des Tarifs (Getreide 2c.) aufgeführten Waaren, wenn sie ausschließlich zum Absatze ins Zollausland be⸗ simmt sind, werden Transitläger obne amtlichen Mitrerschluß, in welchen die Behandlung und Umpackung der gelagerten Waare uneingesränkt und ohne Anmeldung und die Mischung derselben mit inländischer Waare zulaäͤssig ist, mit der Maßgabe bewilligt, daß bei der Ausfuhr dieser gemischten Waare der in der Mischung entbaltene Prozentsatz von ausländischer Waare als die zollfreie Menge der Durchfuhr anzusehen ist. Für Waaren der bezeichne⸗ ten Ärt, welche zum Absatz entweder in das Zollausland oder in das Zollinland bestimmt sind, können solche Transitläger bewilligt werden.
2) Ebenso werden bezw. können für das in Nr. 130. de; Ta- rifs aufgeführte Holz Transitläger ohne amtlichen Mitverschluß bewilligt werden. Dabei kann von der Umschließung der zur Lage⸗ rung bestimmten Räume abgesehen werden, auch werden oder können die unter Nr. 136. 1 fallenden Hölzer zeitweise aus dem Lager entnommen und nachdem sie einer Behandlung unterleger haben, durch welche sie unter Nr. C. 2. fallen, in das Lager zurück ⸗ geführt werden. Für Bau- und Nutzbolz, welches auf Flößen ein⸗ geht und auf Begleitschein L. weitergesendet wird, kann der Bundes⸗ rath eine Erleichterung in den allgemein vorgeschriebenen Abferti⸗ gungsformen anordnen.
3) Nr. 2 des 8. 6 als Nr. 3 so zu fassen; Für Mühlen⸗ fabrikate (Nr. 25 4.2 des Tarifs) werden Transitläger ohne amt— lichen Mitverschluß dahin gewährt, daß bei der Ausfuhr der Ein= gangszoll für das ausländische Getreide nach dem Prozentsatz des zur Herstellung des Fabrikats zur Verwendung gelangten aus⸗ ländischen Getreides nachgtlassen wird. Dabei soll für die be— scheinigte Ausfuhr an Mehl eine dem Ausbeuteverhältniß ent— sprechende Gewichtsmenge an ausländischem Getreide zollfrei ge⸗ lafsen werden. Ueber das hierbei in Rechnung zu stellende Aus⸗ beuteverhältniß trifft der Bundes rath Bestimmung.
4) Nr. 3 als Nr. 4 der Kommissionsheschlüsse wie folgt zu fassen: Die näheren Anordnungen (8§. 108 und 1066, SS. 115 und 118 des Gesetzes vom 1. Juli 1869), insbesondere auch über die an die Lagerinhaber zu stellenden Anforderungen trifft der Bunde rath.
Ferner beantragten die Abgg. Kablé und Grad:
Der Reichstag wolle beschließen:
im Falle der Annahme des bezeichneten Abänderungsantrages 1) in dem Satz 3 nach den Worten: „für Mühlenfabrikate“ die Worte: ‚Kraftmehl, Stärke u. s. w. einzuschalten; 2) die Be⸗ zeichnunzen in der nachfolgenden Paranthese wieder nach dem Wort⸗ laut des Kommißssionsbeschlusses herzustellen wie folgt: (Nr. 25 q. 1 und ? des Tarifs“; 3) nach den Worten: „Dabei soll für die bescheinigte Ausfuhr‘ die Worte: „an Mehl“ durch die Worte: an sad 4. bezeichneten Fabrikaten“ zu ersetzen.
Die Debatte wurde auf den ganzen §. 6 mit dem voll— ständigen Antrage des Abg. Frhrn. von Varnbüler aus— gedehnt. 5
Der Abg. Frhr. von Heereman erklärte als Referent, die Frage des Getreidetransits sei für den Norden und Nordosten Deutschlands und theilweise auch für Bayern, Baden und Württemberg außerordentlich wichtig. Namentlich in den Provinzen Ost- und Westpreußen basire auf ihm der Wohl⸗ stand der Städte und des Landes. In Königsberg allein be⸗ trage der Werth des für diese Zwecke dienenden Grund und Bodens ca. 6 000 000 S; 5066 — 6000 Arbeiter verdienten in dieser Branche einen jährlichen Arbeitslohn von ca. 12 000 000 Is. Die Einfuhr von fremdem Getreide nach Königsberg betrage jährlich zwischen 11 und 12 000 000 Etr. Der Transit Danzigs belaufe sich auf ungefähr g50 000 Tons jährlich. Auch München habe einen sehr be— trächtlichen Getreidetransit. Für einen so bedeutenden Zweig des nationalen Handels müßten besondere Rücksichten ob⸗ walten. Dazu komme, daß in den Ostseeprovinzen russisches und inländisches Getreide gemischt wecde, keineswegs eine Versälschung, sondern in vielen Fällen eine Erhöhung des Werthes des ausländischen Getreides. Während die Land⸗ wirthschaft in den Ostseeprovinzen in dem Getreidetransit ihren Nutzen sehe, gingen die Landwirthe Süddeutschlands von der entgegengesetzten Ansicht aus, indem sie ausführten, daß durch die großen Transitlager der Preis des inländischen Getreides unverhältnißmäßig gedrückt werde. Unter der früheren Herr⸗ schaft der Getreidezölle sei der Transitverkehr des Getreiges sehr erleichtert, und es herrsche in den Ostseeprovinzen die lebhafte Besorgniß, ob das auch jetzt so sein werde. Diese Beforgniß werde erhöht durch die vermehrte Fürsorge, welche die russische Regierung ihren Ostseehäfen angedeihen lasse und wodurch die Konkurrenz mit denselben beden⸗ tend erschwert werde. Die Kommission habe aner⸗ kannt, daß diese Gefährdung des deutschen Handels besondere Rücksicht durch bestimmte gesetzliche Regelung erfordere, und daß die Bedenken der süddeutschen Landwirthe nicht gewichtig genug seien, um verschiedene Bestimmungen innerhalb Deutschlands zu treffen.
Die Kommission sei aus diesen Gründen auf Streitfragen über die Art und Weise der zu gewährenden Erleichterungen nicht eingegangen und habe sich für die obligatorische, nicht für die fakultative Einrichtung steuerfreier Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß ent⸗ schieden. Andererseits habe sie aber auch den Antrag Rickert, wodurch implicite der Nachweis der Identität ganz erlassen werde, als zu weit gehend, verwerfen. Dadurch wäre nur die Mehreinfuhr finanziell zur Erscheinung gekommen nnd ein den französischen titres dacquits à cantion ähnliches System in Deutschland eingeführt worden. Die Kommission halte
durch ein gemäßigteres System die Interessen der Kaufmannschaft für hinlänglich gewahrt und habe des⸗ halb auch die zu gewährenden Erleichterungen mehr an
die Person des Inhabers des Transitlagers geknüpft. Durch diese B stimmungen sei die Regierung auch in die Lage ge⸗ setzt, sich in Bezug auf den Prozentsatz des ausländischen Ge⸗ treibes in der exportirten Mischung auf die Buchführung der Kaufmannschaft verlassen zu können. Die Erleichterungen für Manipulationen, z. B. das Umschaufeln, welche zwischen dem Ausladen aus dem Schiff und dem Hineinbringen in das Transitlager lägen, habe die Kommission geglaubt, als selbst⸗ verständlich nicht in das Gesetz aufnehmen zu sollen; Die fakultative Entscheidung, welche der Antrag Varnbüler dim Bundesrathe gebe, glaube er nach der allgemeinen Tendenz