1879 / 220 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Sep 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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Baden und des Prinzen Wilhelm nebst Hohem Gefolge, unter dem Donner der Kanonen von den Festungswällen, in Straßburg eingetroffen. Zur Begrüßung waren ain Bahnhofe erschienen: Se. Königliche Hoheit der ,. von Baden, Höchst⸗ welcher bereits seit Mittwoch in Straßburg weilt, die Genera⸗ lität, der Ober-Präsident von Möller, der Bezirks⸗Präsident Ledderhose, der Polizeidirektor von Saldern, sowie der Bürgermeistereiverwalter Back. Im Bahnhofe hatte eine kom⸗ binirte Ehren⸗Compagnie Aufstellung genommen, die zur Hälfte aus bayerischen, zur anderen Hälfte aus sächsischen, württem⸗ , und braunschweigischen Truppen bestand. Vor dem Empfangssalon wurden Ihrer Majestät der Kaiserin und Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden von zwei jungen Damen Bouquets überreicht. Se. Majestät der Kgiser ließen am Bahnhofe die Ehren⸗Compagnie defiliren, schritten dann die Front der aufgestellten Kriegervereine ab und be⸗ ien alsbald mit Ihrer Majestät der Kaiserin den vier⸗ pännigen offenen Wagen. Bei prächtigem Sonnenschein, unter Glockengeläute und dem brausenden Jubelruf einer unzähligen Menschenmasse erfolgte die Fahrt durch die glänzend geschmückten Straßen bis zur Präfektur, wo die 2. Compagnie des 25. Infanterie⸗Regiments als Ehrenwache Aufstellung genommen hatte. .

An dem Diner, welches Nachmittags 5 Uhr bei Sr. Ma⸗ . dem Kaiser stattfand, nahmen außer den Personen des

llerhöchsten Gefolges auch die in Straßburg anwesenden

Excellenzen Theil. ;

Abends 9 Uhr bewegte sich der aus allen Musikeorps des XV. Armee⸗Corps zusammengesetzte große Zapfenstreich bei schönstem Wetter durch die Stadt nach der Präfektur, wo Sr. Majestät dem Kaiser eine Serenade gebracht wurde. Se. Majestät erschienen wiederholt auf dem Balkon, um den ver⸗ sammelten jubelnden Menschenmassen zu danken. .

Heute Vormittag 10 ½ Uhr begaben Sich Se. Majestãt . Paradefelde bei Königshofen. Das Wetter ist vor⸗ refflich.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin traf gestern mit Sr. Majestät dem Kaiser und König sowie Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Groß⸗ herzogin von Baden in Oos zur Weiterreise nach Straßburg zusammen. ;

Ihre Majestät wird zwei Tage daselbst verweilen und sämmtliche dortigen Wohlthätigkeiksanstalten besuchen, dann 33 nach Baden⸗Baden zur Fortsetzung Ihrer Kur zurück⸗ ehren.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich sächsischer Geheimer Finanz-⸗Rath Zenker und Senator der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Schroeder haben Berlin wieder verlassen.

Der General⸗Major Graf von Wartensleben Kommandant von Berlin und beauftragt mit Wahrneh⸗“ mung der Geschäfte des Chefs der Land⸗Hensd'armerie, hat eine Inspizirungsreise nach der Provinz Schleswig⸗Holstein angetreten. Die Geschäfte der Kommandantur sind für die Dauer der Abwesenheit dem General-Major von Grol—⸗ man, Commandeur der 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, über⸗ tragen worden.

Bayern. München, 17. September. Zum Vollzuge der Reichsjustizgefetze sind heute weiter Publizirt worden: eine Allerhöchste Verordnung, welche Be⸗ stimmungen über die Behandlung des Depositenwesens bei den Gerichten in den Landestheilen diesseit des Rheins trifft, und eine Verordnung, welche die Behandlung der in Straf⸗ sachen bei den Gerichten in Verwahrung kommenden Gegen⸗ stände ordnet. Das Justiz-Ministerium erläßt ferner Bestim⸗ mungen zur Ausführung der Gerichtsvollzieherordnung.

Bekanntlich ist der Generalsekretär des Staatsraths in Ruhestand getreten und sind die Nebenbeamten und“ Be— diensteten theils quiescirt, theils anderweitig verwendet wor—⸗ den. Die Geschäfte des Generalsekretariats aber werden vom 1. Oktober an, auf Grund der Königlichen Verordnung über den Staatsrath, vom 3. August d. J, vom Staats-Ministerium des Innern besorgt, und es erwächst sonach für die Führung der Geschäfte des Staatsraths in Zukunft kein Staatsauf⸗ wand mehr. C=.

Sachsen⸗Coburg⸗Goryg. Coburg, 17. Septem⸗ ber. (Dr. J.) Heute ist eine Ministeriakverordnung, betreffend die Bildung einer Strafkammer bei dem hiesigen Amtsgerichte, zur Publikation gelangt. Dieselbe wird gebildet für die Bezirke der Herzoglich sachsen⸗coburgischen Amtsgerichte in Coburg, Neustadt, Bodach, Sonnefeld und Königsberg in . sowie für die Bezirke der Herzoglich sachsen⸗meiningen⸗ chen Amtsgerichte in Sonneberg, Steinach und Schallau. Dieser Strafkammer wird bis auf Weiteres zugewiesen: die Thätig⸗ keit der Strafkammer des Landgerichts zu Meiningen als er⸗ kennenden Gerichts erster Instanz und die Thätigkeit desselben Gerichts als erkennenden Gerichts in der Berufungsinstanz, soweit in der Besetzung mit 3 Richtern zu verhandeln und zu entscheiden ist. Diese Bestimmungen treten mit dem 1. Okto— ber 8d. J. in Krast.

Gamburg, 1. September. (Hamb. Corr.) In der heutigen Bürgerschaftssitzung gelangte eine Erwiderung und ein dringlicher Antrag des Senats, betreffend die Ver⸗ fassungsangelegenheik, an die Bürgerschaft. Der Senat ertheilt darin den am 10. September d. J. von der Bürger⸗ schaft gefaßten Beschlüssen in Betreff der Verfassungsrevision seine Zustimmung, so daß nunmehr der nach dem Gesetze vom 19. Februar 1869 erforderliche, übereinstimmende Beschluß von Senat und Bürgerschaft vorliegt, und es nur noch der Bestätigung dieses Beschlusses auf dem in dem gedachten Ge⸗ setzhs sub h vworgeschriebenen Wege bedarf. Was so⸗ dann das von der Bürgerschaft gleichzeitig beantragte tran⸗

. Gesetz zu den 55. 38 - 30 der Verfassung c. betrifft,

o erklärt der Senat, er werde mit dem für den Zusammentritt der neu zu erwählenden Bürgerschaft und folgeweise für das 5 der neuen Verfassung vorgeschlagenen Termine, owie damit, daß für die Zwischenzeit bis zu jenem Termine don einem Ersatze für die mit dem 1. Oktober d. J. aus der Bürgerschaft austretenden Vertreter abgesehen werde und daß die §5. 63 und 70 der Geschäftsordnung der Bürgerschaft dem entsprechend geändert werden, sich einverstanden erklären kön⸗ nen. Der Senat würde deshalb auch diesem transitorischen Gesetze, wiewohl nur unter der Erklärung zustimmen können, daß er einen ausdrücklichen Beschluß des Inhalts, daß die Bürgerschaft auch nach dem Ausscheiden der bisherigen Ver⸗

treter des Gerichts die verfassungsmäßig ihr zustehenden Funktionen ausüben solle, keineswegs für erforderlich halte, dies vielmehr als selbstverständlich betrachte. Der Senat sei nämlich der Ansicht, daß die Aufhebung der bisherigen Ge⸗ richte und das dadurch bedingte Ausscheiden der von diesen Gerichten abgeordneten 14 Bürgerschaftsmitgliedern an und für sich lediglich die Folge hab könne, daß sofern diese Frage nicht anderweitig ihre Erledigung finde auf dem Wege der Gesetzgebung, sei es vor, sei es nach dem 1. Okto— ber, Ersatz für die Ausscheidenden zu beschaffen sei, während er nicht zugeben könne, daß die Bürgerschaft bis zur gesetz⸗ lichen Regelung der Ersatzfrage verhindert sein sollte, ihre verfassungsmäßigen Funktionen auszutiben. Da jedoch von anderen Seiten eine andere rechtliche Auffassung sich geltend mache, ja, da selbst rechtliche Zweifel dar— über erhoben werden, ob die Bürgerschaft ohne be⸗ schafften . für die austretenden Richter nach dem 1. Oktober noch als verfassungsmäßig zusammengesetzt zu be⸗ trachten sein würde, so schlägt der Senat vor, einen die ver⸗ schiedenen Standpunkte gleichmäßig befriedigenden Ausweg durch eine vorgängige Besprechung von Kommissaren des Senats und der Bürgerschaft zu ermitteln. Der Senat be— antragt deshalb, wiewohl unter ausdrücklicher Wahrung seines oben bezeichneten Standpunktes, daß eine Besprechungskom— mission, bestehend aus 3 Mitgliedern des Senats und 6 Mit⸗ gliedern der Bürgerschaft eingesetzt werde, um unverzüglich darüber zu berathen und zu berichten, ob und evenkue

welche Beschlußfassung der gesetzgebenden Faktoren bei der gegenwärtigen Lage der Verfassungsrevision sich empfehle. Die Bürgerschaft stimmte diesem Antrage zu und ernannte die Kommissarien.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 17. September. Aus Eisenerz, 15. d. M., wird der „Presse“ geschrieben: „Se. Majestät der Kaiser, der jedes zweite Jahr nach Rabmer und Eisenerz zu kommen pflegt, um in seinen dortigen Leibgehegen auf Hochwild zu jagen, ist gestern in Radmer angekommen und hat sich mit seinen hohen Jagdgästen sofort nach dem Kaiserlichen Jagdschlosse Vorder⸗Radmer verfügt. Dort wird Se. Majestät ber Kaiser drei Tage ver⸗ bleiben und sich dann nach Eisenerz begeben. Auf dem Pro— gramme der Jagden figuriren Gemsjagden, gemischte Jagd und Jagd auf Hochwild. Der Aufenthalt in Eifenerz sst gleichfalls auf drei Tage berechnet. Freitag wird Se. Majestät der Kaiser nach Wien zurückkehren.“

Dem Pest. Lloyd.“ wird von hier gemeldet: Zwischen den Handels-Ministerien in Wien und Budapest ist bereits eine Verständigung über jene Prinzipien erzielt, nach welchen das, auf Grund der Artikel 53 und 5öß des Ber liner Vertrages, zu errichtende Donau⸗Inspektorat zu organisiren ist. Das Inspektorat als Ueberwachungsorgan für die Donau oberhalb Galatz soll seinen Sitz in Ruftschuk haben und soll eine Kommission der Territorialmächte unter dem Präsidium Desterreichs⸗Ungarns sein. Das Inspektorat soll das Recht haben, die Uebertreter des Stromreglements zur Verantwortung zu ziehen und zu bestrafen. Die un— mittelbare Ueberwachung des Stromes wird von der Kom— mission einem mit der Donauschiffahrt wohlvertrauten, fach⸗ männisch gebildeten Inspektor übergeben, welchem das nöthige Dienstpersonal zur Verfügung gestellt wird. Das neue Strom⸗ reglement für die Strecke von Galatz aufwärts wird im Sinne des Berliner Vertrages von der europäischen Donau— Kommission in fachgemäßem Anschlusse an das bestehende Reglement sür die Strecke von Galatz abwärts ausgearbeitet und den Uferstaaten als Gesetz auferlegt.

19. September. (W. T. B.) In einer gestern bei dem Grafen Hohenwart abgehaltenen Konferenz der Führer der Fraktionen der Rechten, an welcher auch czechische und polnische Abgeordnete Theil nahmen, ist beschlossen worden, daß die gesammte Rechte als eine große organisirte Partei in das parlamentarische Leben eingreifen müsse und daß diese Organisation in der Vereinigung der ständigen Eomités der einzelnen Klubs der Rechten Ausdruck zu erhalten habe. Einer, Meldung der „Presse“ zufolge war ein Theil der Lokal— polizei von Nevesinje (orthodoxe Herzegowiner) nach Mon⸗ tenegro übergetreten. Von dort ausgewiesen, organisirten sich dieselben, steckten einige leer stehende Karaulas in Brand und geriethen mit einer österreichischen Compagnie in Konflikt. Die Militärbehörden von Mostar entsendeten Truppen zur Wiederherstellung der Ordnung.

Pest, 16. September. (Pest. L.) In dem nach der Heimkehr des Minister-Präsidenten von Tisza abzuhaltenden Ministerrathe wird zunächst das Budgetpräliminare definitiv festgestellt und werden die damit in Verbindung stehenden finanziellen Gesetzentwürfe berathen werden. Das Budget ist bereits vollkommen zusammengestellt und wird durch den Finanz-Minister gleichzeitig mit anderen Vorlagen noch im Ottober, unmittelbar nach der Konstituirung des Bureaus und der Ausschüsse des Abgeordnetenhauses, eingereicht werden. Wie demselben Blatte aus Serajewo geschrieben wird, stellen sich die Staatseinnahmen in Bosnien und der Herze⸗ gowina in diesem Jahre viel günstiger heraus, als man 'er— wartet hatte, so daß dieselben hinreichen dürften, die Ausgaben für die Civilverwaltung und die Gensd'armerie bis auf ein unbeträchtliches Defizit zu decken.

ieverlande. Haag, 18. September. (W. T. B.) Die Regierung hat die Gesetzentwürfe über die ind schen Finanzeinkünfte und über die Besteuerung der Besitz⸗ thümer der todten . zurückgezogen und einen Gefsetz⸗ entwurf über die Accise auf Zucker eingebracht.

Großbritannien und Irland. London, 17. Sep⸗ tember. (Allg. Corr) Ueber Die Katastrophe in Kabul berichtet eine Reutersche Depesche aus Simla, vom 16. d. M., nachstehende Einzelheiten:

»Ein dem Guiden Corps angehöriger Sowar (KFavallerist), Namens Taimur, der bei dem Angriff auf das britische Gefanbk= schaftsgebäude in Kabul am 3. ds. zugegen war und später entkam, langte gestern Morgen in Lundi⸗Kotal an. Er überbringt die fol⸗ genden weiteren Einzelheiten über die Niedermetzelung Sir Louis Tavagnaris's und der anderen Mitglieder der britischen Gesandtschaft: Das Dach des Gesandtschaftsgebäudes war, da eg von anderen Häusern beherrscht wurde, unhaltbar, und die Belagerten er⸗ richteten außerhalb des Gebäudes einen Graben Gegen 1 Uhr Mittags wurde Sir L. Cavagnari durch einen Prellschuß an

der Stirn verwundet. Mr. Jenkyns, der in der Gesandtschaft

während des Angriffs ankam, schrieb einen Brief an den Emir worin er um Hülfe bat. Die empfangene Antwort lautete: Gott lenkt Alles; ich treffe Anstalten. Ein früheres Hülfegefuch Seileng Sir L. Cavagnari's war in ähnlicher Weife beantwortet worden Dem Sowar wurde gesagt, daß Lieutenant Hamilton drei Meuterer mit seinem Revolver erschossen und zwei mit dem Säbel getödtet habe. Er hörte auch, daß Br. Kelly getödtet worden und daß Sir L. Cavagnari sich in dem Zimmer befand, welches von den Flammen ergriffen wurde und späler einstürzte. Seine Leiche war nicht ge⸗ funden worden. Die anderen Offiziere der Etcorte, drei an Zahl kamen in den Flammen um (s. u.). Sin anderer Sowar, der sein Leben gerettet hat, befindet sich in Kabul, ist aber an der Flucht verhindert Er sagte Taimur, die Fourageure befänden sich in Sicher. heit. Er habe dem Dr. Kelly, als derselbe verwundet wurde, bei. gestanden. Mr. Jenkyns habe den Emir ein zweltes Mal um Hülfe ersucht, mit dem Bemerken, daß Sir L. Cavagnari verwundet wor⸗ den. Der Träger des Briefes sei von den Meuterern in Stücke ge⸗ hauen worden. Taimur habe sodann die Flucht ergriffen, sei aber ent. waffnet und eingesperrt worden. Es sel ihm indeß gelungen, zu ent⸗ kommen. Bei Tageganbruch am 4. September habe er das Gefandt. schaftegebäude besucht und die Leiche des Lieutenants Hamilton über eine Bergkanone hingestreckt liegen sehen. Derselbe fei feiner Uni⸗ form beraubt, aber nicht verstümmelt gewesen. Mr. Jenkyns befand sich dei Jahyjah Khan. Taimur sah keine Truppen auf der Straße von Kabul nach Djellalabad und Dakka, und so weit er wußte, waren keine auf dem Marsche begriffen.“

Der Vizekönig von Indien telegraphirt unterm 16. d. M. an das Indische Amt:

Aus Kandahar wird unterm 16. d. M. Folgendes gemeldet: Privatbriefe aus Kabul theilen mit, daß nur drei Regimenter an dem Angriff auf die Gesandtschaft betheiligt waren; daß die Affaire anscheinend nicht vorher geplant gewesen, und durch die Ent⸗ täuschung dieser drei Regimenter, weil sie nur den Sold für einen Monat empfingen, entstanden sei, daß aber kein ernstlicher Hülfever⸗ such gemacht wurde, gusgenommen, daß andere Truppen an der Betheiligung an dem Angriff verhindert wurden.

Das Truppenschiff „Malabar“ ging gestern von Portsmouth mit 40 Offizieren nach Bombay ab. In Queenstown nimmt es Ersatzmannschaften für zwanzig in Indien stationirte Regimenter in einer Gesammtstärke von II060 Unteroffizieren und Gemeinen auf. Der „Malabar“ hat Ordre, die Fahrt so schnell als möglich zurückzülegen, da die Ersatzmannschaften zur Verstärkung der Armee in Afghanistan dienen sollen.

= 18. September, (W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Simsa, vom heutigen Tage, gemeldet: Trotz der Einwendungen des Emirs hat die Regierung von Indien den General Stewart angewiesen, Truppen von Kandahar in der Richtung auf Ghuzni zu senden, um über die Aufrechterhaltung der Ordnung zu wachen. Die Regierung von Indien hat noch keine authentischen näheren Mittheilungen über die Ursache des Angriffes auf den Sitz der Gesandtschaft erhalten; ebenso wenig sind über die da— malige und spätere Haltung des Emirs oder über die gegen— wärtige Lage der Dinge in Kabul genauere Mittheilungen eingegangen. Die Leichname Hamiltons, Jenkyns und Kellys sind nicht verbrannt, sondern in der Nähe der Residenz der Gesandtschaft beerdigt worden.

19. September. (W. T. B.) Earl Beaconsfield nahm gestern Abend an einem in Aylesbury veranstalteten Banket der landwirthschaftlichen Vereinigung von Buckingham shire Theil und brachte bei dieser Ge— legenheit einen Toast auf die englischen Streitkräfte aus. Der Premier stellte hierbei einen Vergleich zwischen dem englischen Heere und den Heeren des Kontinents an, indem er auf die Verschiedenheit der Pflichten, welche ohne Zweifel dem englischen Heere und den Heeren des Kontinents oblägen, hin— wies. Das englische Heer sei dazu berufen, wenn sich die Veranlassung dazu bieten sollte, die Unabhängigkeit Europas zu vertheidigen; dasselbe habe diese Unabhängigkeit bereits mehr als einmal gerettet. Von der englischen Flotte glaube er, daß sie ihre Suprematie behaupten werde. Die Frei⸗ willigen seien die Beschützer des heimathlichen Heerdes; der Enthusiasmus erhöhe den Einfluß Englands in dem Rathe Europas. Sodann gedachte der Redner der von der landwirthschaftlichen Vereinigung erzielten Erfolge und betonte namentlich, indem er die gegenwärtige traurige Lage der Landwirthschaft einer Betrachtung unterzog, daß die Theorie, nach welcher die Einführung bäuerlichen Grund— besitzes in England die landwirthschaftliche Krisis beseitigen werde, unhaltbar sei. Dieser Theorie gegenüber weise er darauf hin, daß es in Frankreich etwa 5 Millionen Landwirthe gebe, von denen jeder weniger als 12 Acres besitze. Trotz der größeren Fruchtbarkeit des französischen Bodens produzirten die kleinen Landwirthschaften per Acre nur halb so viel als die großen Landpirthschaften in England. Earl Beaconsfield empfahl schließlich ein freundschaftliches Zusammenhalten der Landwirthe, um die gegenwärtig bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden. Im Laufe der Rede machte der Premier . Anspielung auf die augenblicklichen politischen Ver— hältnisse.

Dem „Standard“ wird aus Alikheil, von gestern, tele— graphirt: Nach einer hier eingegangenen Meldung ist in Herat ein großer Aufstand ausgebrochen; die Truppen meuterten und xichteten unter dem Personal der Behörden ein großes Blutbad an.

Dem „Reuterschen Bureau“ sind aus Capetown, vom 2. D. M., über Kap Vincent nähere Mittheilungen über die Gef angennghme Cetewayo's zugegangen. Diefelben berichten, daß Lord Clifford, nachdem er in Erfahrung ge— bracht hatte, daß der König sich mit seinen Anhängern im Zustande vollster Erschöpfung in einem Kraal aufhalte, den Major Marter beordert, den Kraal mit Dragonern zu um— stellen. Cetewayo und seine Begleiter hätten sich darauf ohne Widerstand gefangen gegeben und seien nach Ulundi trans— portirt worden, woselbst sie am 30. August eintrafen. Man werde sie von dort nach Greytown bringen; die weiteren über dieselben getroffenen Bestimmungen seien noch unbekannt. Der Ober⸗Befehlshaber, General Wolseley, hat in einer Zusammen kunft der Zuluhäuptlinge denselben mit⸗ getheilt, daß das Land in drei Paralleldistrikte eingetheilt werden würde, welche unter besonderen europäischen Residenten stehen sollten.

Adelaide (Südaustralien), 4. August. Die diesjährigen Einkünfte stellen sich 40 006 Pfd. Sterl. unter den Vor— anschlägen.

Perth (Westaustralien), 4. August. Das Budget für dieses Jahr weist ein Defizit von 35 060 Pfd. Sterl. auf. Zur Deckung desselben soll eine Stempelsteuer eingeführt werden.

Türkei. Konstantinopel, 17. September. Man meldet dem „Pest. Lloyd“ von hier: Die Reise des englischen Bot⸗ schafters nach Syrien steht, wie man in diplomatischen Krei⸗ sen versichert, mit der Frage der Reformen in Klein—

asien in Verbindung. Mr, Layard will die Zustände im Aidiner Vilajet aus persönlicher Anschauung kennen lernen und zugleich die Stimmung der Bevölkerung sondiren, wel che, wie die Pforte behauptet, jeder Reform abgeneigt fein soll— ürst Löbanoff-Rostovski geht mit längerem Ürlaub nach

ö Rumänien. Bukarest, 18. September. (W. T. B.) In

der heutigen Sitzung der Deputirten kammer wurde ein

Antrag der Opposition, welcher die Vertagung der Kammer verlangte, bis die Regierung selbst eine Vorlage zur Aende— rung der Verfassung gemacht habe, mit 76 gegen 53 Stimmen abgelehnt. Die Vorlage der Majorität des Ausschusses dürfte morgen zurückgezogen oder verworfen werden. Darauf wird das Kablnet seine Vorlage machen, welche in der nächsten Woche zur Debatte gelangen wird, da dieselbe erst in' den Sektionen berathen werden muß.

19. September. Der in der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer eingebrachte Antrag auf Vertagung der Sitzungen bis zur Vorlage eines Revisionsgesetzes Seitens der Regierung war von Joneseu gestellt worden. Sodann forderte Carp die Majoritãt auf, ihren Gesetzentwurf zurück— zuziehen. Der Minister Cogalniceanu erklärte, die Regierung könne nicht verlangen, daß die Majorität ihren Entwurf zu— rüchiehe; sollte letztere dies aber thun, so wäre die Regie⸗ rung bereit, einen Gesetzentwurf vorzulegen; bis dahin sei die Kammer souverän und müsse die Debatte fort— gesetzt werden. Der Vertagungsantrag wurde schließlich, wie bereits gemeldet, abgelehnt. Das Journal „Preffa' schreibt, die Regierung habe in ihrem Programm drei Punkte als Grundlage für das Revisionsprojekt an— gedeutet und zwar 1) die Aufnahme des im Art. 44 des Ber— liner Vertrags enthaltenen Prinzips der Gleichberechtigung der religißsen Bekenntnisse in die Verfassung: 2 die An— wendung desselben durch Ertheilung des individuellen In— digenats und, 3) die Bestimmung ernster Bürgschaften hin— sichtlich des Grundbesitzes. Dies sind, wie das genannte Blatt weiter ausführt, die versprochenen Grundlagen. Sie werden auch dem Projekte als Basis dienen, welches die Regierung dem Parlamente vorlegen wird. Die Regierung kündigt an, daß sie die von dem früheren Ministerium vorgeschlagene kategorienweise Naturalisirung ausschließen und sich dagegen von der Nothwendigkeit leiten lassen werde, nunmehr den Artikel 44 des Ber⸗ liner Vertrags in Anwendung zu bringen, um Europa sagen zu können, daß Rumänien den Vertrag ausgeführt habe, und um von Europa auf Grund dieses Vertrages die Zurück— weisung der exorbitanten Ansprüche der „Alliance Israeliten zu verlangen. Das gegenwärtige Kabinet war der Meinung, daß das System der Namenslisten zum Ziele führen werde; wenn die Opposition dagegen eine andere Lösung vorzuschlagen habe, so glaubt die „Pressa“ nicht, daß die Regierung an den Listen festhalten werde.

Serbien. Belgrad, 14. September. Der „Pol. Corr.“ wird von hier geschrieben: Der ausgezeichnete Empfang, welcher dem Fürsten Nikolaus von Montenegro als Gast Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph sowohl während seiner Anwesenheit im Lager von Bruck als in der gastfreundlichen Residenzstadt Wien zu Theil geworden ist, hat in hiesigen Regierungskreisen die Frage aufs Tapet gebracht, ob nicht dem Fürsten Milan nach seiner bevorstehenden Rückkehr aus Nisch eine gleiche Erkursion nach Wien zu empfehlen sei. Wie nun verlautet, beabsichtigt die Regierung, bei dem Fürsten zu beantragen, daß derselbe noch in diesem Herbste nach Wien xreise, um dem Monarchen von Oesterreich- Ungarn für seine Unterstützung bei der Regelung der neuen Grenzen Serhiens persönlich seinen Dank auszusprechen und durch seine Anwesenheit in Wien die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Serbien zu befestigen. Minister⸗Präsident Ristic soll den be⸗ treffenden Gedanken angeregt haben. Fürst Milan übersiedelt mit der Fürstin Natalie, dem Erbprinzen Alexander und dem ganzen Hofstaate am 25. X. M. von Nisch nach Belgrad, wo gegen Ende, September Fürst Alexander von Bulgarien zu einem mehrtägigen Besuche eintrifft. Für den Empfang und die Festlichkeiten während des Aufenthalts des hohen Gastes werden schon jetzt Vorbereitungen sowohl von der Gemeinde⸗ vertretung, als von der Regierung getroffen. Nach der Rück— kehr des Fürsten nach Belgrad dürfte bald eine Entscheidung über die Besetzung des serbischen Gesandtschaftspostens in Wien erfolgen.

Amerika. Washington, 16. September. (Allg. Corr.) Die Republikaner in Massachusetts haben Mr. John D. Long als Kandidaten für den Gouverneursposten des Staates aufgestellt. .

New⸗Mork, 18. September. (W. T. B.) Die Re⸗ gierung hat die Zusammenziehung von Truppen in Neu⸗Mexiko befohlen, wo neuerdings von den Indianern Grausamkeiten verübt worden sind.0 .Der Präsident Hayes hat sich in einem Meeting in Detroit dahin geäußert, daß die statistischen Erhebungen einen beträchtlichen Aufschwung des Handels und der Industrie in den Vereinigten Staaten nachwiesen. Er glaube diesen Erfolg der Thatkraft der Nation, welche durch die Wiederaufnahme der Baarzahlungen unterstützt worden sei, zuschreiben zu dürfen, und gebe sich der Hoffnung hin, daß der jetzt herrschende Wohlstand ein dauernder sein werde. Der Präsident betonte namentlich die Nothwendigkeit der vollkommenen Tilgung der Staatsschuld, ein Ziel, welches in 33 Jahren zu erreichen sein werde.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des st atistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom J. September bis inkl. 13. September zur Anmeldung ge— kommen: 163 Eheschließungen, 858 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene, b Sterbefaͤlle.

Dem Statistischen Jahrbuch für das Königreich Sach sen (isch i . wir nech folgende Daten: Der Kon sum an, Rind und Schweinefleisch betrug im Königreich Sachsen 385. 706 779 Gtr. Rind. und gag 395 Gir. Schwelnefleisch oder 3s bejw. z4ä2 Pfund Pro Kopf der Bevölkerung, isr7 633 488 Gtr. . o74 107 Etr. Schweinefleisch, pro Kopf 22,9 bezw. r, Und.

An Gastwirt aften waren vorhanden am 1. Januar 180 048, 16 1425 . ir 377 ca. 9,‚); Schankwirth—⸗ schaften Jog8 bew. 16553 oder 4 3545 560 o; Spirituosen.

Kleinhandlungen 566 bezw. 5811 oder 745 15 lo; im Ganzen 16 167 bezw. 20 829 (4 4667 30 ) derartige Anlagen.

An Sparkassen bestanden im Jahre 18758 168; bei denselben fanden im Jahre 1578 645 315 Einzahlungen (38 614 mehr als 1877) statt im Betrage von 75 974 931 S 64 363 849 SR) und 513 086 (— 233) Rückzahlungen im Betrage von 74 517 075 0 ( 878 044 S). Im Regierungsbezirk Zwickau waren die Rück— zahlungen (25 950 oc Ac) staͤrker, als die Einzahlungen (23 929 1730). Im Jahre 1518 waren nur 43 Sparkassen mit 71144 * zu honorirenden Konten vorhanden, im Jahre 1877 dagegen 168 Kassen und 794 2435 Konten. Der Durchschnittswerth eines Sparkassenbuchs war 1845 156, 05 MS, 1877 37002 A6.ᷣ. Auf den Kopf der Bevölkerung kam ein Durchschnittsguthaben 1848 von 533 6, 1877 von 102,66 MS; 1 Sparkassenbuch kam im Jahre 1848 auf 26,55, im Jahre 1577 auf 3,60 Einwohner.

Der Landrentenbank sind in der 443 jährigen Zeit ihres Bestehens vom 1. Januar 1834 bis Michaelis 1873 457716 ein zelne Landrenten im Gesammtzahret betrage von 3477 539 M üher⸗ wiesen worden, deren 25 facher Betrag mit' 85 688 455 6 den Werth dieser Renten zur Zeit ihrer Uebernahme oder das Rominak' Aktivkapital. der Landrentenbank darstellte. Von jenen Land⸗ renten sind inzwischen 127 905 66 durch Kapitalzahlung wieder ab— gelöst worden, so daß Michaelis 1878 die Jahreseinnahmen an Renten noch z 360 531 „6 betrugen und das Rom inalAktivkapital sich bis auf 82 513 351 S vermindert hat; der Gffektivwerth (der Zeitwerth der noch laufenden Landrenten) betrug noch 55 396 784 Der ursprüngliche Werth der der Landrentenbank überwiesenen Landrenten ist den früher Berechtigten mit 83 585 925 Ss in Land—⸗ Rentenbriefen (und? 102 541 46 baar) üherwẽiesen worden; von dieser Schuld sind 28 415 625 60 Landrentenbriefe bereits ein ezogen, und belief sich die Schuld zu Michaelis 1875 noch auf 55 245 000 S, Die Verzinsung derselben nimmt 1841 500 M in Anspruch, so daß von der Jahreseinnahme noch 1 459 934 ½ jährlich zur Tilgung bleiben (246412 06). Bis Michaelis 1878 sind 3,9663 , der Schuld ge⸗ tilgt worden. Seit 1858 werden alljährlich 780 06 „Se Landrenten⸗ briefe auf Grund der Ausloosung getilgt, mit dem Rest der Mittel aber Landrentenbriefe zum Tagescourse angekauft.

Die im Jahre 1862 eröffnete Landezkulturrentenbank war ursprünglich auf die Beschaffung von Anlagekapitalien zu ge⸗ nossenschaftlichen Wasserlaufsberichtigungen und landwirthschaftlichen Ent. und Bewässerungsanlagen beschränkt, seit 1877 aber auch auf die Beschaffung von Kapitalien zu Ortzentwässerungzanlagen und zur ersten Herstellung bauplanmäßiger Ortsstraßen ausgedehnt. Big Ende 18718 waren 2995 einzelne Landeskulturrenten im Gesammthetrage von 296 803 S G8 genossenschaftliche Wasserlaufsberichtigungen mit 974 Renten im dGefammtjahresbetrage von 36476 „60; 310 landwirthschaftliche Ent⸗ und Bewässerungkanlagen mit 1263 Renten im Jahresbetrage von 219 393 und 35 Srtzentwässerungz— und Straßenanlagen mit 758 Renten im Jahresbetrage von 40 946 106) überwiesea worden. Der zwanzigfache Betrag dieser Renten mit 5936163 M stellt das Nominal. Aktivkapital der Landeskulturrenten⸗ bank dar, welches bis Ende 1878 in 2995 einzelnen K mit 5522 400 Æ„ in Landeskulturrentenscheinen und 413 768 C baar gewährt worden ist. Von den der Bank überwie— senen Renten sind inzwischen 701448 S½ι durch Kapitalzah⸗ lung wieder abgelöst worden, so daß sich die Jahreseinnahme an Landeskulturrenten Ende 1878 auf 289 793,7 ½ und das Nominal⸗Aktivkapital auf 5 795 878 6 vermindert hat; der Zeit⸗ werth der laufenden Renten betrug Ende 1378 5 242 015,47 S. Von den Rentenscheinen sind bis Ende 1878 685 200 aus dem Verkehre zurückgezogen, so daß noch 5 250 900 M darin verblieben. An Zinfen sind jährlich 4069 210 036 S erforderlich, von der Jahregein ˖ r . daher 79 757,92 M zur Tilgung der Schuld übrig

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Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der unmittelbare, Prozeßbetrieb durch die Parteien, wie er sich aus den neuen Justizgesetzen ergiebt, erfordert nicht richterliche Zustellungs⸗ und Vollstreckungs beamte (Gerichts vollzieher), welchen eine selbständigere Stellung eingeräumt ist, als den seitherigen Ge⸗ richtsdienern und Exekutoren, und zwar in dem Sinne, daß fie nicht mehr nur nach Maßgabe der ihnen für den einzelnen Fall ertheilten Weisungen des Gerichts handeln, vielmehr die ihnen von den Pro⸗ zeßparteien ertheilten Aufträge selbständig nach den Vorschriften des Gesetzes unter eigener Prüfung ihrer Zulässigkeit und eigener unmittelbarer Verantwortlichkeit gegen den Auftrag geber auszuführen haben. Eine im Verlage von Ehr. Lim⸗ barth in Wiesbaden erschienene Schrift: „Der nftige deutsche Gerichtsvollzieher, sein Wirkungskreis und seine dienstliche Stellung, ein Handbuch für den praktischen Gebrauch nebst Anhang, betreffend die besonderen Dienst, und Geschäftsverhältnisse des Gerichtsvollziehers in Preußen; aus den Reichjustiz⸗ Gesetzen unter Benutzung von amtlichen Motiven und Kommissionsberichten des Reichstags zusammengestellt und erläutert von H. Klein schmidt“ bezweckt, den Gerichtsvollziehern, , Gerichts⸗ exekutoren und Boten, sowie überhaupt Personen, welche sich dem Gerichts vollzieherdienste widmen wollen, ferner diejenigen Postbeamten, welche nach ss. 116, 178 der C. P. O. gleich, den Gerichts vollziehern, Zustellungen zu bewirken haben, Gelegenheit zu bieten, sich mit ihren dienst⸗ lichen Obliegenheiten und der Stellung der Gerichts vollzieher vertraut zu machen. Es sind in dem Buche die diesbezüglichen, in den Ge—⸗ setzen enthaltenen Bestimmungen zusammengestellt und mit Erlãäute⸗ rungen aus den Gesetzesmotiven versehen. Das kleine Buch dürfte auch, für den Geschäftsmann, der die Thätigkeit des Gerichts vollziehers in Anspruch zu nehmen hat, ein bequemes Handbuch sein. Weiter ist jetzt in demselben Verlage und von demselben Verfasser als Fortsetzung der oben genannten Schrift ein Bändchen heraus⸗ gegeben worden, welches die allgemeine deutsche Wechsel⸗ ordnung, wie dieselbe vom 1. Oktober d. J. ab mit den dieselbe ergänzenden und abändernden Bestimmungen der Einführungsgesetze der Bundesstaaten und der deutschen Reichsgesetze Geltung hat, sowie das deutsche n fen an ge , m ef, in der vom 1. Juli 1879 geltenden Fassung nebst einem Wechsel tempelsteuertarif enthält. Die kleine Schrift ist in erster Reihe als ein Hand⸗ und Lehrbuch des deutschen Wechselrechts und des deutschen Wechsel⸗ stempelsteuergesetzes in der Form, in welcher dieselben vom 1. Ok- tober bezw. J. Juli 1879 ab Geltung haben, für Gerichts vollzieher und Gerichtsschreiber bestimmt, wird aber auch dem Handelsstande von Nutzen sein. Die Bestimmungen aus den deutschen Reichsjustiz⸗ gesetzen, aus dem deutschen Handelsgesetzbuche, Strafgesetzbuche und aus den Einführungegesetzen der Bundesstaaten, welche mit dem Wechselrechte in engerem Zusammenhange stehen, sind als Zusätze den Artikeln der Wechselordnung und den Paragraphen des Wechselstempelsteuergesetzes beigedruckt. Ebenso sind eine große An⸗ zahl, bemerkenswerther wechselrechtlicher Entscheidungen der obersten Gerichtshöfe als Zusätze beigefügt. Schließlich ist außer den Erklä⸗ rungen der im Wechselverkehr vorkommenden Wechselarten, Personen, Handlungen und Ausdrücke noch eine Anleitung zur Aufnahme von Wechselprotesten nebst Mustern mannigfacher Art zu Wechseln und Protesten aufgenommen, welche das Verständniß und die Anwendung der Wechselordnung erleichtert. In weiterer Fortsetzung dieses Buches verspricht der Verfasser das gesammte Material, welches der Ge richtsvollzieher zu seiner Ausbildung und zur Ausübung seines Be— rufes bedarf, zu bringen.

Von dem im Verlage von Theobald Grieben hierselbst er⸗ schienenen Werke: ‚Kaiser Wilhelm und Fürst Bismarck, eine Geschichte ihres Lebens und ihrer Polit; von Dr. N. Hocker, zweite umgearbeitete und erweiterte Auflage“, sind nunmehr die Lie⸗ ferungen 8 bis 15 erschienen und damit auch diese zweite Auflage des empfehlenswerthen Buches, dessen wir bereits bei dem ersten Er⸗ scheinen lobend Erwähnung gethan, abgeschlossen.

In den vorliegenden neuesten Lieferungen (37 und 358) des illustrirten Werkes ‚„ünser Vaterland“ (Verlag der Gebrüder Kröner in Stuttgart) wird die malerische Wanderung durch

Kärnten fortgesetzt, und zwar durch das Möllthal, unter Führung von A. von Rauschenfels, durch das Lieserthal, das Malta⸗, daz Pöllathal, nach Villach und von dort durch das Canalthal und das Gail⸗ thal, unter Führung von Fritz Pichler. Die Ausbeute an schönen, den Text begleitenden Ansichten auf diesen Touren ist eine außerordentlich reiche. Außerdem liegen, ohne Beziehung zum Texte, den neuesten Nummern folgende große Kunstblätter bei: Waldpartie am Buch⸗ stein, Admont und Schloß Röthelstein, Partie vom Dachstein, und Ossiach, sämmtlich von R. Püttner.

Gewerbe und Gandel.

Der erste Getreide⸗ und Saatenmarkt in Lem berg hat vorgestern, wie man der B. Börs. Ztg. schreibt, unter Theil⸗ nahme von fast 909 Mitgliedern stattgefunden. Es wurde zu võrderst von der landwirthschaftlichen Gesellschaft der Bericht über die Exnte in Galizien erstattet und konstatirt, daß das Ernte⸗ resultat ein wesentlich besseres sei, als man noch am Wiener Saaten⸗ markt annahm. Die Geschäfte nahmen, obgleich sehr große Quan · titäten von galizischem, russischem und rumänischem Getreide zu ver⸗ kaufen waren, noch keine großen Dimensionen an, indessen ist die Einrichtung des Saatenmarktes in Lemberg der erste Schritt, um den galizischen Getreideverkehr in regelmäßigere Bahnen zu lenken.

Ans Gelsenkirchen gehen der B. Börs. Ztg. die ersten erwähnenswerthen Nachrichten über eine Besserung im Kohlen⸗ geschäft zu. Es mag hierzu der Umstand beitragen, daß der Kohlen⸗ export nach Hamhurg seit dem 1. September in Folge der einge⸗ tretenen Tarifermäßigung wieder einen größeren Aufschwung nimmt, nachdem dieser Export im verflossenen Monat im Hinblick auf die bevorstehende Frachtherabsetzung eine wesentliche Abschwächung er⸗ fahren hatte; gußerdem weiß man, daß regelmäßig von dieser Zeit an für einige Monate das Kohlengeschäft sich etwas lebhafter als in den übrigen Monaten des Jahres zu gestalten pflegt; es zeigen sich jedoch heute immerhin einzelne Symptome, die der Hoffnung Raum geben, daß man es hier mit einer Besserung von längerer Bauer zu thun hat. zumal der heimische Eisenmarkt, wie die schon von einer ganzen Reihe von Etablissements getroffenen Maßnahmen erkennen lassen, sich voraussichtlich in nicht allzu langer Zeit der steigenden Bewegung der mit amerikanischen Kaufordres reichlich versehenen schottischen und englischen Märkte anschließen wird.

Nürnberg, 17. September. (Hopfenmarktbericht von Leo= pold Held, Hopfen Kommissionsgeschaͤft. Wie vorauszufehen war, hat der Hopfenmarktverkehr mit Beginn dieser Woche einen größeren Umfang angenommen, namentlich die Zufuhr von auswärts * eine bedeutendere Zahl erreicht. Die Käufer verhielten sich jedoch etwas zurückhaltend, so daß die Preise der Mittel⸗ und geringen Sorten um einige Mark zurückgingen. Gute trockene Hopfen hatten dagegen keine Preisreduktion zu erleiden. Am gestrigen Markte wurde ein unn von 690 Ballen erzielt, heute wurden ca. 20) Ballen ver⸗ kauft. Die Notirungen lauten: Marktwaare 145 —180 66, Gebirgs⸗ bopfen 170-210 Æ, Hallettauer 190-219 M, mittel 166 = 185 , Württemberger, gut 190 20 4M, mittel 160-185 AM,. Badische 15390 220 60, Posener 170 —-210.½, Oberösterreichischer 160 180 , Altmärker 95 140 6. Die Stimmung ist ruhig, das Wetter für das Trocknen sehr günstig.

Berlin, den 19. September 1879.

Geschichte des Pom merschen Füsilier⸗Regiments Nr. 34 nebst geschichtlichen Mittheilungen über das Königlich Schwedische Leib Regiment „Königin‘. Auf Befehl des Regiments zusammengestellt von Thieme, Hauptmann und Compagnie⸗Chef im Pommerschen Füsilier⸗Regiment Nr. 34. Berlin 1875. Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung. Preis 6 (66. Die vorliegende Arbeit fügt sich als ein werthvolles Glied ein in die sich immer mehr vervollständigende Reihe der Geschichtswerke über die einzelnen Regimenter der preußischen Armee. Aus schwedischen Diensten brachte das Stamm⸗Regiment, das Leib⸗Regiment der Königin, eine lange ruhmreiche Geschichte mit in das preußische Regiment. Als Andenken hieran trägt heute noch das Offiziercorps und das 1. und 2. Bataillon an dem Helm die Inschrift: „Für Auszeichnung dem vormaligen Königlich schwedischen Leib'Regiment Königin.“ Noch durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 22. November 1877 ist diese Inschrift, welche in den Fahnentüchern der eben genannten beiden Bataillone enthalten war, durch Verleihung von , erneuert worden. Mit Recht ist daher die Geschichte des Schwedischen Leib⸗Regiments Königin als eine Vorgeschichte des Pommerschen Füsilier⸗ Regiments Nr. 34 zu betrach—⸗ ten und an der Spitze des vorliegenden Buches gebracht worden. Ueber die Gründung des Schwedischen Leib⸗Regiments der Königin weichen die Angaben von einander ab. Der Verfasser nimmt das Jahr 1720 als das Stiftungsjahr des genannten Regiments an. Dasselbe wurde durch die im Jahre 1719 zur Regierung gelangte Königin Ulrite Eleonore aus dem Westgothischen und dem Upländer Fünfmänner ⸗Regiment gestiftet und 1406 Mann stark nach Pm mern verlegt. In Stralsund und Greifswald garnisonirend und sich vor⸗ zugsweise aus den damals schwedischen Provinzen rekrutirend, führten das Leib⸗Regiment und das Regiment Engelbrechten (jetzt Füsilier⸗ Regiment Nr. 33) den Namen „Deuische Regimenter“ und wurden auch in der Regel gemeinschaftlich verwandt. Nachdem im Jahre 1815 Schwedisch⸗ Pommern und Rügen preußisch geworden, wurden beide Regimenter am 23. Oktober 1815 durch den schwe⸗ dischen Bevollmächtigten ihres Eides entlassen, der Krone Preußen übergeben und durch den preußischen Bevollmächtigten vereidigt. Durch Allerhöchste Kabinetgordre vom 13. Dezember 1815 wurde aus beiden Regimentern, da sie beide noch nicht die Stärke eines Linien ⸗Infanterie⸗Regimentes der preußischen Armee erreichten, nur ein Regiment und zwar das 35. formirt. Aus diesem Regiment wurde dann in Folge Königlicher Kabinett ˖ ordre vom 3. März 1820 das 34. Jnfanterie⸗ (2. Reserve⸗) Regi⸗ ment. Das Jahr 1833 brachte dem Regiment die Versetzung von Stralsund nach dem Rhein, an dessen Ufern es 37 Jahre verbleiben sollte. Nach Allerhöchster Kabinetsordre vom Januar 1833 schied das Regiment aus dem direkten Verbande des 11. Armee⸗Corps und trat als abkommandirt zum VIII. Armee Corps, 15. Division, 15. Bri⸗ gade. Die neuen Garnisonen, welche die Bataillone Anfang . erreichten, waren: Stab und 1. Bataillon Aachen, 2. Bataillon Jülich, welche Garnisonen das Regiment am 9. Februar 1852 zunächst mit Trier und am 1. April 1854 mit Mainz vertauschte. In Aus— führung der Armee Reorganisation fand am 3. März 1866 die Formirung des Füsilier Bataillons statt, nach deren Beendigung das Regiment im März als preußischer Antheil der Friedensbesatzung der Bundesfestung nach Rastatt versetzt wurde. Nachdem die Reorganisation der Armee beendet war, erhielten die Truppenthelle neue Benennungen, bei denen theils ihre Vorgeschichte und der Ursprung des Regiments, theils ihre besondere taktische Be⸗ stimmung ins Auge gefaßt wurde, Es erhielten in Folge dessen die Reserve Regimenter Nr. 33 bis 40 den Namen Füsilier Regimenter und speziell unser Regiment den des. . Pemmerschen Füsllier⸗Regi= ments Nr. 34. Das seitherige Füsilier⸗Bataillon erhielt die Be⸗ zeichnung „3. Bataillon. Nach der eingehenden Schilderung der das Regiment betreffenden, eben kurz fkizzirten Ereig⸗ nisse während der Friedensjahre, wendet sich der Verfasser, da das Regiment nicht berufen war, an dem Kriege von 1564 Theil zu nehmen, dem Berichte über die Theilnahme des Regiments an dem Feldzuge von 1866 zu. Das Regiment ward der Elb Armee unter dem Kommando des Generals v. Herwarth zugetheilt, doch hatte der rasche Gang der Ereignisse dem Regimente nicht ge⸗ stattet, einen direkten Antheil an den Kämpfen der Elb- Armee, auch nicht an dem Siege von Königgrätz, zu nehmen.

Nach der Friedensratifikation vom 30. August warde dem