ur Herstellung des zweiten Gleises soll die Gesellschaft erst a k 2 können, wenn die Brutto Einnahme im Durchschnitt . . einander folgender Jahre mindestens 16 000 ro Kilometer beträgt. ; ‚— Zur Errichtung neuer Stationen oder Haltestellen soll die Ge⸗ sellschaft nach Verlauf von acht Jahren, vom Beginn des auf die Betriebseröffnung folgenden Kalenderjahres an gerechnet, und auch dann nur verpflichtet sein, wenn die Brutto ⸗Einnahme im Durch= schnitte der drei letzten Jahre mindestens 12 000 6 pro Kilometer betragen hat, oder wenn der Gesellschaft von den Interessenten ein nach dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Arbeiten aus= reichender Zuschuß zu den ihr erwachsenden Bau und Betriebskosten geleistet wird.
XII.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, hinsichtlich der Besetzung, der Subaltern., und Unterbegmtenstellen mit Militäranwärtern, inso⸗ weit dieselben das 35. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, die für den Staatseisenbahndienst in dieser Beziehung — und ins⸗ besondere bezüglich der Ermittelung der Militäranwärter — be⸗ stehenden und noch zu erlassenden Vorschriften zur Anwendung zu bringen, auch den Militäranwärtern schon während der Ausbildungs⸗ zeit eine angemessene, erforderlichenfalls von der Staatsregierung fest⸗ zusetzende Remuneration zu gewähren. .
Für ihre Beamten hat die Gesellschaft auf Verlangen des Ministers der öffentlichen Arbeiten nach Maßgabe der Grundsätze, welche bis zum Erlaß des Gesetzes, betreffend die Pensionirung der unmittelbaren Stagtèbeamten 2c. vom 27. März 1872 für die Staatseisenbahnen bestanden haben, für ihre Arbeiter nach Maß⸗ gabe der jetzt und künftig für die Staatsbahnen bestehenden Grund⸗ sätze, Pensions, Wittwen, und Unterstützungskassen einzurichten und zu denselben die erforderlichen Zuschüsse zu leisten.
XIII.
Die Verpflichtungen der Gesellschaft zu Leistungen für die Zwecke des Postdienstes regeln sich nach dem Eisenbahn⸗Postgesetze vom 20. Dezember 1875 (Reichsgesetzblait für 1575 S. 318) und den dazu gehörigen Vollzugsbestimmungen, jedoch mit der Erleich⸗ terung, daß für die Zeit bis zum Ablauf von acht Jahren vom Be— ginn des auf die Betriebseröffnung folgenden Kalenderiahres an Stelle der Artikel 2. 3 und 4 des Gesetzes die im Erlaß des Reichs- kanzlers vom 28. Mai 1879 (Centralblatt für das Deutsche Reich S. 380) getroffenen Bestimmungen treten. .
Sofern innerhalb des vorbezeichneten Zeitraums in den Ver hältnissen der Bahn in Folge von Erweiterungen des Unternehmens oder durch den Anschluß an andere Bahnen oder aus anderen Grün den eine Aenderung eintreten sollte, durch welche nach der Entscheidung der obersten Reichs ⸗Aufsichtsbehörde die Bahn die Eigenschaft als Cisenbahn untergeordneter Bedeutung verliert, tritt das Eisenbahn—⸗ Postgesetz mit den dazu gehörigen Vollzugsbestimmungen ohne Ein— schränkung in Anwendung.
XIV.
Die Beförderung von Truppen, Militäreffekten und sonstigen Armeebedürfnissen hat nach denjenigen Normen und Sätzen stattzu⸗ finden, welche auf den Staatseisenbahnen im Gebiete des früheren Norddeutschen Bundes jeweilig Gültigkeit haben.
XV.
Der Telegraphenverwaltung gegenüber hat die Gesellschaft die⸗ jenigen Verpflichtungen zu übernehmen, welche für die Eisenbahnen im Gebiete des ehemaligen norddeutschen Bundes festgestellt sind oder später für dieselben anderweit festgestellt werden mögen.
.
Anderen Unternehmern bleibt sowohl der Anschluß an die Bahn mittelst Zweigbahnen, als die Mitbenutzung der Bahn ganz oder theilweise gegen zu vereinbarende, event. vom Minister der öffent⸗ lichen Arbesten festzusetzende Fracht⸗ oder Bahngeldsätze vorbehalten.
XVII.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, den Betrieb ihrer Bahn der Verwaltung einer anschließenden Bahn gegen Gewährung einer jähr—⸗ lichen Rente, welche der im Durchschniktte der letzten fünf Jahre er= zielten Rein⸗Einnghme gleichkommt und mindestens jährlich 45 Pro⸗ zent ihres Anlagekapitals (efr. II.) beträgt, zu überlassen, falls der Minister der öffentlichen Arbeiten diese Betriebsüberlaffung im nffent⸗ lichen Verkehrsinteresse für erforderlich erachtet.
Als Rein-Einnahme ist diejenige Summe anzusehen, um welche die Betriebs⸗Roh⸗Einnahme die in dem betreffenden Rechnung jahre aufgewendeten Verwaltungs⸗, Unterhaltungs⸗ und Betriebskosten, ein⸗ schließlich der vorgeschriebenen Rücklagen in den Erneuerungs⸗ und Reservefonds, jedoch ausschließlich der aus diesen Fonds zu bestreiten⸗ den Ausgaben übersteigt.
XVIII.
Sollten nach dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Ar— beiten resp. der obersten Reichs ⸗Aufsichtsbe hörde die Voraus setzungen wegfallen, unter denen auf die Bahn bei ihrer Konzessionirung die Anwendung der Bahnordnung für deutsche Eisenbahnen untergeord— neter Bedeutung für statthaft erklärt ist (efr. Artikel XIII. in fine), so muß die Gesellschaft auf Erfordern des bezeichneten Ministers sich bereit finden lassen, nach ihrer Wabl entweder selbst die baulichen Einrichtungen und den Betrieb der Bahn nach Maßgabe der für Hauptbahnen bestehenden Bestimmungen umzuändern, falls die finan— ziellen Verhältnisse der Gesellschaft ihr diese Umwandlung nach dem Ermessen des Ministers gestatten, oder zu diesem Zwecke einem etwaigen anderen Unternehmer entweder das Eigenthum und den Betrieb der Bahn gegen Erstattung des Anlagekapitals oder blos den Betrieb der Bahn gegen Gewährung der vorhin am Schlusse des Artikels XVII. bezeichneten Rente abzutreten.
XIX.
Die Aushändigung einer Ausfertigung dieser Konzessions⸗ Urkunde an Tas Eingangs bezeichnete Gründungs⸗Comits erfolgt erst, nachdem die Zeichnung des gesammten Aktienkapitals durch Vorlegung beglaubigter Zeichenscheine dem Minister der öffentlichen Arbeiten nachgewiesen und zugleich die Kreditfähigkeit der Zeichner von dem— selben als genügend bescheinigt angesehen wird, nachdem ferner der Staatsregierung der mit den Konzefsionsbedingungen in volle Ueber einstimmung zu setzende Gesellschaftsvertrag vorgelegt und diese Nebereinstimmung nachgewiesen ist, und nachdem endlich die Hinter⸗ legung der unter VIII. 4 vorgeschriebenen Kaution und Verpfändungt⸗ Urkunde stattgefunden hat.
Binnen einer von heute ab zu berechnenden dreimonatigen Präklusipfrist muß die Eintragung jenes von der Staats regierung als mit der Konzefsion übereinstimmend befundenen Gesellschaftsver⸗ trages in das Handelsregister bewirkt werden, zu welchem Zwecke dem Handelsgerichte die , der Konzessions⸗Urkunde und die Erklärung der Regierung bezüglich jener Uebereinstimmung vom Gründungs⸗Comits vorzulegen sind.
Nachdem jene Eintragung rechtzeitig erfolgt und unter Beifügung von Druckexemplaren des Gesellschaftsvertrages nachgewiesen ift, foll die gegenwärtige Urkunde in Gemäßheit des Gesetzes vom 10. April 1872 veröffentlicht werden.
Wird dagegen jene Fintragung binnen der vorbezeichneten Frist nicht herbeigeführt, so ist die gegenwärtig ertheilte Konzession ohne Weiteres erloschen, in welchem Falle jedoch die hinterlegte Kaution zurückgegeben werden soll.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Baden⸗Baden, den 8. Oktober 1879. (L. 8.) Wilhelm.
von Kameke. von Bülow. Leonhardt. Hofmann. Graf zu Eulenburg. J, Bitter. von Puttkamer. ucius.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten. Der Privatdozent an der Universität zu Königsberg i / Pr. Dr. Georg Busolt, ist zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität zu Kiel ernannt worden. Dem Pianisten Gustarv Schumann in Glinike ist das Prädikat „Professor“ beigelegt worden.
Krieg s⸗Mini sterium. Der Garnison⸗Baumeister Schneider zu Halle a. S. ist zum Garnison-Bau⸗Inspektoͤr ernannt worden.
Bekanntmachung auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.
Das durch meine Bekanntmachung vom 17. Januar d. Is. (Reichs -Anzeiger Nr. 16) erlassene Verbot der vom kom⸗ munistischen Arbeiterbildungsverein in London herausgegebenen periodischen Druckschrift „Freiheit“ erstreckt sich auch auf diejenigen Nummern dieses Blattes, welche unter der
Aufschrist „Der Anker“ zur Ausgabe gelangen. Berlin, den 10. November 1879. Der Reichskanzler. In .
Topographische Karte vom preußischen Staate. Maß stab 1: 100000 der natürlichen Länge. Von dieser Karte sind in diesen Tagen die Sektionen: Nr. 61 Berent, I8 Bublitz, „138 Schloppe, 139 Schneidemühl,
„2257 Göttingen und
„259 Eschwege (früher Treffurt) erschienen, welche in Kupferstich mit illuminirten Kreisgrenzen und Gewässern ausgeführt sind. — Die vier erstge nannten Kartenblätter, welche sich auf neue Aufnahmen gründen, enthalten Theile der Kreise Berent, Carthaus (Reg.-Bez. Danzig), Schlochau, Dtsch.Krone (Reg. Bez. Marienwerder), Schlawe, Bublitz, Belgard, Neustettin, Dramburg (Reg. Bez. Cöslin), Czarnikau, Kolmar i, Posen (Reg. Bez. Bromberg), Arnswalde und Friedeberg (Reg.⸗Bez. Frankfurt a / O.). Durch diese vier genannten Kartenblätter ist derjenige Theil der topographischen Karte des preußischen Staats, welcher die Pro ⸗ vinzen Westpreußen und Posen zur Darstellung bringt, völlig ab; geschlossen. Das fünfte Blatt (Göttingen) ist ebenfalls auf Grund neuer Aufnahmen bearbeitet worden; es enthält Theile der Kreise Worbis (Rege- Bez. Erfurt), Osterode, Göttingen, Einbeck und Zellerfeld (Landdrostei Hildesheim. — Das Kartenblatt Eschwege gründet sich dagegen auf ältere lurhessische und preußische Aufnahmen, welche im Jahre 1875 und 1876 durch die topographische Abtheilung rekognoseirt worden sind. Auf Sektion Eschwege sind Theile der Kreise Rotenburg, Eschwege, Witzenhausen (Reg.-Bez. Cassel), Heiligen⸗ stadt, Mühlhausen (Reg. Bez. Erfurt), des Großherzozthums Sach en⸗ Weimar und des Herzogthums Sachsen-Coburg-⸗Gotha zur Dar⸗ stellung gekommen. — Hinsichtlich des Wegenetzes, der Kreisgrenzen und der Rechtschreibung der Ortenamen sind sämmtliche Blätter bis auf die Neuzeit ergänzt und berichtigt. — Die sechs gedachten Karten blätter repräsentiren eine Fläche von zusammen 10211 geogr. Qua-
dratmeilen, und können nach vorgängiger Bestellung durch jede Buche
und Landkartenhandlung zum Preise von einer Mark pro Blatt bejogen werden. Der CK neral⸗Kommissionsdebit ist der Simon Schroppschen Hof-Landkartenhandlung in Berlin, Charlottenstraße Nr. 61, übertragen. Berlin, den 5. November 1879. Königliche Landes-⸗Aufnahme. Kartographische Abtheilung. Geexrz, Oberst und Abtheilungs⸗Chef.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 11. November. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute den zum Flügel⸗ Adjutanten ernannten Major Grafen von Wedel, Militär— Attachs in Wien, sowie den Polizei-Präsidenten von Madai und nahmen später in Gegenwart Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen August von Württemberg, sowie des Kommandanten militärische Meldungen und dann die Vorträge der Generale von Stosch und von Albedyll entgegen. Ferner empfingen Se. Majestät den General-Adjutanten, General der Infanterie von Boyen in Abschiedsaudienz.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing gestern den Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Gräfin von Flandern.
— Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl hat die Sommerresidenz Glinike bei Potsdam verlassen und ist nach Berlin zurückgekehrt.
— Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
— In der heutigen (7.) Sitzung des Hauses der Ab— geordneten, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach, der Finanz⸗Minister Bitter und zahlreiche Kom— missarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß die Ge— setzentwürfe, betr. die Steuer vom Vertriebe geistiger Getränke, und betr. die Verwendung der verfallenen Kaution für das Gennep-Goch-Weseler Eisen— bahnunternehmen, der Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der Staatseisenbahnen im Etats— jahr 1878/79 und die Nachweisungen der bei der Do mänen— verwaltung und bei der Forstverwaltung im Jahre 1. April 1878/79 vorgekommenen Flächen-Zugänge und AÄAb⸗— gänge eingegangen seien.
Das Haus trat sodann in die erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend den Erwerb mehrerer Privak— eisenbahnen für den Staat, ein. Der erste Redner gegen die Vorlage, der Abg. Dr. Virchow, sprach zunächst sein Bedauern uͤber die Eile aus, mit welcher diese wich⸗ tige Vorlage zur Berathung gestellt worden sei und welche ihm wenigstens nicht die volle Verwendung des sonst zu Gebote stehenden umfangreichen Makerials für die Beurtheilung dieser Frage gestattet habe. Die gegen die Privatbahnen von der jetzigen Regierung
haben, durch Kündigung der Staatsanleihen viel baares Geld plötzlich
gerichteten Vorwürfe, welche dieselben fast als ein staats⸗
gefährliches Unternehmen darstellten, seien zum größten Theil
unbegründet, und soweit sie begründet seien, trage das frühere
Ministerium cg gli eine viel größere Schuld daran als die Privatbahnen. Es se
Unter dem nicht klar definirten, aber sehr oft in den Motiven
dieser Vorlage gebrauchten Begriff des „bffentlichen Interesses“ J verberge sich die jetzige Strömung in der Regierung zu dem
Es mangele der Regierung scheinbar an jedem großen durchdachten Plan über die Art und Weise, wie man das Eisenbahnnetz im ganzen Lande gestalten wolle. Man beabsichtige nur ein schnei digeres Werkzeug für den Tarifkrieg, einen Theil des neuerdings inaugurirten allgemeinen internationalen Handelskrieges, zu erlangen. Das könne man
alten Patrimonialstaat.
öffentliches Interesse nennen. g 1 stimmte Erklärung darüber geben, wie weit sie das Staats⸗
bahnsystem auszudehnen gedenke und wie weit sie die Privat— .
bahnen noch für existenzberechtigt erachte. Dadurch, daß man plötzlich das früher von der Regierung so begünstigte Privatbahnsystem für schlecht erklaͤre, sei der Nation ein großer Kapitalsverlust erwachsen. Preußen sei aber ein ver hältnißmäßig kapitalarmes Land und bedürfe der Gelegenheit, wo, wie bei den Privatbahnen, das Kapital werbend angelegt werden könne. Vom strategischen Gesichtspunkt müsse man die enormen Leistungen der Privatbahnen in den letzten Kriegen, welche in keiner Weise den Staatsbahnen nachgestanden hätten, aner—
kennen, und man könne in keiner Weise daraus einen Grund Daß die Linien
gegen ihre Existenzberechtigung herleiten. nicht in militärischem Interesse angelegt seien, sei die Schuld der Regierung, die kein Generalnetz entworfen habe. Auch jetzt habe die Regierung noch keine klare Meinung darüber ausgesprochen, welche Organe bei einer größeren Konzentration der Bahnen die wichtigen Tariffragen zu regeln hätten, denn wenn der Minister allein dieses Organ wäre, so würde das eine
Tarife. Außerordentlich bedenklich sei es, die Tarifpolitik in den Dienst der jetzigen Zollpolitik zu stellen; nicht der Allge— meinheit würde dadurch ein Nutzen, sondern nur einzelnen Interessentenkreisen unberechtigte Vortheile gebracht. Es gebe eine absolut nothwendige Konkurrenz, ohne welche der Staat versumpfen würde, und diese zu fördern seien die Privat— bahnen viel geeigneter, als die Staatsbahnen. .
Der Abg. von Wedell-Malchow führte aus, daß die Frage, ob Staatsbahnsystem oder besser gemischtes Preußen bereits entschieden sei und jetzt nur noch ein dottri⸗ näres Interesse habe. Mit dem Beschluß über die Eisenbahn Berlin-Wetzlar, mit den späteren Ankäufen der Nordbahn, der Pommerschen Centralbahn, der Halle⸗Sorau⸗Gubener und der Dresdener Bahn habe man sich für das Staatsbahnspystem erklärt, und dafür erkläre sich auch die Stimme des Volkes. Die dem Staate
im Interesse aller Staatsbürger nothwendige straffe Aufsicht .
über die Privatbahnen könne leicht deren Bestehen ge— fährden. Diese Aufsicht über das Tariswesen könne keine Rücksicht auf die Privatbahnen als Erwerbsgesell— schaften nehmen. Der jetzige Zeitpunkt für den An—⸗ kauf der drei großen Bahnen sei sehr günstig gewählt. Die Frage über die Preiswürdigkeit derselben sei eigentlich nur in kommissarischer Berathung zu erörtern; er glaube per— sönlich, daß der veranschlagte Preis nicht zu hoch fei. Er be— grüße es mit Freuden, daß durch die Umwandlung der Eisen—
bahnaktien in Konsols eine größere Masse sicherer Anlage—
papiere geschaffen werde, denn die viel beklagte Gründer— periode würde nicht eine solche Ausdehnung gewonnen wenn nicht der damalige Finanz⸗Minister
ins Volk geworfen hätte, das Mangels anderer sicherer An— lagepapiere sich unsicheren Unternehmen zugewendet habe. Alleroings müsse man Garantien gegen Mißbrauch der in die Hand des jeweiligen Eisenbahn-Ministers allein durch die Aus⸗ dehnung der Staatsbahnen gelegten Macht durch eine mit der Staatsregierung vereinbarte und acceptirte Resolution schaffen. Er und seine Freunde begrüßten die Vorlage sympathisch und seien bereit, nach Kräften an deren rechtzeitigem Zustande— kommen mitzuwirken. Er beantrage die Ueberweisung der— selben an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Beim Schlusse des Blattes ergriff der Minister der öffentlichen Ar— beiten Maybach das Wort.
Cassel, 10. November. Der neunte Kommunal— Landtag des Regierungsbezirks Cassel ist, unter Mittheilung über die Erledigung der Beschlüsse des vorjährigen Kommunal⸗Landtages und unter Darlegung der während der gegenwärtigen Session zu erledigenden Geschäfte heute durch den Qber⸗Präsidenten Freiherrn von Ende eröffnet worden. Der Vorsitzende, Ober Vorsteher von Schutzbar gen. Milchling, gab in seiner Erwiderung der ehrfurchtsvollen und dankbaren Gesinnungen des Kommunal⸗Landtages und des ganzen Re— gierungsbezirks gegenüber Sr. Majestät dem Kaiser und König Ausdruck, und die Versammlung schloß sich dieser Kundgebung in einem auf Se. Majestät ausgebrachten dreimaligen Hoch freudig an.
Hierauf erfolgte die Konstituirung des Bureaus durch Wahl der Sekretäre und eine vorläufige Besprechung über die weitere Behandlung der Geschäfte und die zu wählenden Ausschüsse.
Bayern. München, 10. November. (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer erledigte heute die Etatsnachwei⸗ sungen der Ministerien des Innern, der Finanzen und der Justiz. Gelegentlich der Nachweisung über das „Gesetz, und Verordnungsblatt“ wurde von dem Äbg. Schels die Gründung eines Staats⸗Anzeigers“ in Anregung gebracht, wie er in allen übrigen Staaten gebräuchlich sei. Der Minister des Innern erwiderte: die Regierung habe diesen Gedanken schon im Jahre 1871 einer Erörterung unterzogen, die damalige Kammer jedoch das geforderte Postulat mit großer Majoritãt abgelehnt.
Sachsen. Dresden, 10. November. (W. T. B.) Bei dem Exposs über die Finanzlage in der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde Seitens der Regierung die Erklärung abgegeben, daß sie das Defizit der vorletzten Finanzperiode aus dem mobilen Vermögen des Staates decken wolle. Auch die
laufende Finanzperiode werde voraussichtlich ein Defizit von
i auch keine Garantie dafür gegeben, daß nicht im Ministerium eine Epoche Itzenplitz wiederkehre. .
aber, obwohl weite Bevölkerungskreise davon betroffen würden, kein Die Regierung müsse eine be⸗
sehr unheilvolle Institution sein. Der Minister müsse darüber eine bestimmte Erklärung abgeben, wie er eine etwa eintretende Differenz zwischen den Ein⸗ nahmen und den nothwendigen Ausgaben der Eisenbahnen zu decken gedenke, ob durch Steuern oder durch Erhöhung der
System in
106 Millionen aufweisen; die Regierung hoffe jedoch das De— fizit der nächsten Periode aus den Ueberschüssen, die sich aus den neuen Reichszöllen für die Einzelstaaten ergeben würden, decken zu können. Die Eisenbahnen hätten im Jahre 1878 eine Mindereinnahme von? Millionen ergeben.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 9. November. (Leipz. Ztg. In verwichener Nacht sind Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin und die Prinzessin Elisa beth von ihrer Reise nach Frankreich in erwünschtem Wohlsein hierher zurückgekehrt.
Mit der gestrigen Wahl der Vertreter des großen Grundbesitzes sind die Landtagswahlen im Großherzog⸗ thum für die Etatsperiode 1881/83 beendet. Von den bisherigen 31 Abgeordneten sind 19 wiedergewählt. Unter den 12 Neugewählten befinden sich 3 Beamte, 2 Geistliche, 2 Gewerbtreibende und 5 ländliche Grundbesitzer, so daß der Landtag mit einer geringen Verstärkung des agrarischen Ele— ments seine alte Zusammensetzung und Physiognomie im We— sentlichen beibehalten wird. Auffällig ist bei den Wahlen hervorgetreten die große Theilnahmlosigkeit der Wähler bei der Wahlmännerwahl für die allgemeinen Wahlen, sowie die successive Verschiebung der Grundlage, auf welcher die Wahl der Höchstbesteuerten basirt ist. Die Zahl derjenigen, welche entweder aus Grundbesitz oder aus Besoldung und Kapitalien ein jährliches Einkommen von mindestens 5000 Mt beziehen, ist seit dem Jahre 1852 in Folge der Werthsveränderungen des Geldes um das Zwei⸗ bis Dreifache gestiegen, und unter der Wählerschast der großen Grundbesitzer halten die Häuser— besitzer der größeren Städte den Besitzern großer Landgüter beinahe die Wage.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. November. Die Ver— mählung des Königs Alfonso mit der Erzherzogin Chri— stine ist, wie die „Presse“ mittheilt, definitiv auf den 27. No— vember festgesetzt. Die Erzherzogin reist am 17. November von Wien ab und trifft am 23. November in Irun ein, wo ihr ein feierlicher Empfang bereitet wird. Bis zur Vermählung bleibt die Erzherzogin Christine auf dem Schlosse El Pardo); Erzherzog Rainer, welcher den Kaiser bei den Vermählungs— feierlichkeiten in Madrid vertreten wird, reist am 14. d. M. ab. Der Erzherzog wird nach den Festen auch dem Hof in Lissabon einen Besuch abstatten und dann eine Reise nach Afrika antreten.
— 10. November. (W. T. B.) Die Verhandlungen der Staatsbahn mit der ungarischen Regierung über die s erbische Anschlußfrage und die Pester Betriebsdirektion sind, wie die „Presse“ meldet, auf unbestimmte Zeit vertagt worden.
— Die „Pol. Corr.“ meldet: Aus Cettinje: Der Ad— jutant des Fürsten Alexander von Bulgarien, Major Oluvje ff, ist hier eingetroffen und hat ein eigenhändiges Schreiben des Fürsten Alexander an den Fürsten Nikita überreicht. Dem Vernehmen nach hat der Fürst Alexander seinen Besuch in Cettinje für nächstes Frühjahr in Aussicht gestellt. — Aus Belgrad: Zwischen Italien und Serbien 'ist eine Kon— sularkonvention abgeschlossen worden, nach welcher Italien auf die Kapitulationen verzichtet, welche bisher mit Serbien bestanden.
Pest, 108. November. In dem Finanzausschusse kündigte der Finanz-Minister an, daß er im Abgeordnetenhause Erklärungen abgeben werde, betreffend die Zurückziehung der Vorlage über die Amortisation der Grundentlastungen. Die Vorlagen über die Aufhebung der Luxussteuern und die Einführung einer Lottogewinnststeuer wurden angenommen.
Großbritannien und Irland. London, 11. No— vember. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Lordmayors— Banket, an welchem die meisten Mitglieder des Kabinets und gegen 909 Personen theilnahmen, beantwortete der deutsche Botschafter, Graf Münster, den auf die diplomatischen Vertreter des Auslandes ausgebrachten Toast. Der Botschafter hob dabei hervor, daß kein Fürst sehnlicher wünsche, den Weltfrieden erhalten zu sehen, als der Deutsche Kaiser, und daß kein Land mehr erfreut sein würde, die Welt eine Friedens-Aera genießen zu sehen, als Deutschland. Auf den auf die Kabinetsmitglieder ausgebrachten Toast erwiderte Eal Begconsfield etwa Folgendes: Seitdem er zum letzten Male hier gesprochen, hätten die öffentlichen Angelegenheiten ein weit befriedigen deres Aus— sehen angenommen; der Handel habe sich bedeutend belebt, und er sei überzeugt, daß diese Wiederbelebung des Handels eine dauernde sein werde, weil sie universell zu Tage trete. Von besonderer Wichtigkeit sei auch die Steigerung des Silber— preises. Er beglückwünsche zu diesen erfreulichen Aenderungen das englische Volk, das die Drangsale der letzten 5 Jahre ohne Murren ertragen habe, und hätte wohl gewünscht, daß auch die Irländer diesem Beispiele gefolgt wären. Er vermöge nicht zu begreifen, wie die Irländer zu dem Glauben kommen könnten, daß die politische Agitation und die soziale Konfusion die besten Mittel seien, dem ökonomischen Nothstande abzu⸗ helfen. In manchen Theilen Irlands ständen schwere Leiden in Aussicht, wenn keine Hülfe geboten werde. Und dabei sei die Ernte in Irland zwar schlecht, aber immerhin doch noch besser als in England ausgefallen. Die behufs der Verstärkung der Nordwestgrenze in Indien und in Mittelasien unternomme— nen militärischen Operationen seien von eminentem Erfolge gewesen, die Grenze sei gestärkt und gesichert, die Suprematie der englischen Waffen behauptet und der englische Einfluß in Mittelasien wiederhergestellt. Was die Katastrophe in Kabul anbelange, so sei keine Zeit verloren worden, die eng⸗ lischen Landsleute zu rächen und das Uebergewicht der eng⸗ lischen Waffen zu behaupten. Der Premier sprach sich hierbei zugleich über die von dem Vizekönig von Indien, Lord Lytton, an den Tag gelegte Befähigung mit größter Anerkennung aus. Was den in Südafrika geführten Krieg betreffe, so müßten aus demselben vortheilhafte Folgen gezogen werden. Den dortigen Kolonien sei durch diesen Krieg die Kunst der Selbstvertheidigung gelehrt worden, auf welche jene Kolonien künftig hauptfächlich angewiesen sein würden. Wenn er auf die auswärtigen Beziehungen Englands blicke, so möchte er sagen, daß die englische Re— gierung, obschon Europa von Millionen von Kriegern bedeckt sei, doch nicht blos die einfache Hoffnung, sondern den festen Glauben habe, daß der Frieden erhalten bleibe. Es sei dies die Ansicht der Regierung, weil diefelbe die Ueberzeugung be⸗ sitze, daß der Friede für alle Großmächte eine Nothwendigkeit sei, und weil sie diese Ueberzeugung nicht auf so unter⸗ geordnete Rücksichten, wie etwa die Nothwendigkeit, die Landes⸗Hülfsquellen zu schonen, stütze. Denn er wisse,
daß die Mächte Europas sich durch Erwägungen von weit erhabnerer Bedeutung beeinflussen ließen. Indem er aber annehme, daß der Frieden erhalten bleibe, gehe er zugleich von der Voraussetzung aus, daß keine Großmacht vor ihren Verantwortlichkeiten zurückschrecken werde. Wenn zum Beispiel das größte und reichste Land in Folge verkehrter Deutung seines geographischen und insularen Charakters den Gefühlen und Schicksalen des festländischen Europas ein gleichgültiges Ohr schenken sollte, so sei er über— zeugt, daß dies das Land in Gefahr bringen würde. Dieser Gleichgültigkeit schreibe er die Schuld zu, daß es zu so vielen und verhängnißvollen Kriegen gekommen sei. Er sei über— zeugt, daß der Friede, wenn Englands Macht und Englands Rathschläge im Rathe Europas Beachtung fänden, während eines langen Zeitraums erhalten bleiben werde; er wolle nicht sagen, daß unter solchen Bedingungen eine Störung des Friedens ganz unmöglich sei, aber er hege die Gewißheit, daß ein Krieg wahrscheinlich werde, wenn England seinen natür— lichen Posten im Rathe Europas aufgebe. Das von einem der größten Römer in den Worten: Imperium et übertas! aufgestellte Programm sei das nämliche, nach welchem das dermalige Ministerium stets handeln werbe. — Die Rede Earl Beaconsfields war wiederholt von Beifallsrufen begleitet. Weder die Pforte, noch Rußland wurden von dem Premier in der Rede besonders erwähnt.
— (Allg. Corresp.. Das Indische Amt in London hat vom Vizekönige nachstehende, vom 7. d. M. datirte Depesche erhalten: General Macphersons Brigade aus Kabul sollte gestern in Tezin anlangen, mit General Go ugh zusammentreffen und die beste Kommunikationélinie feststellen. Spätere Nachrichten aus Herat bestätigen nicht das Gerücht, daß ganze Regimenter desertiren. Ajub Khan soll von den Truppen in der Zitadelle thatsächlich gefangen gehalten werden. In Kandahar fand die Proklamation sammt der Bestätigung Shir Ali Khans zum provisorischen Gouverneur ber Pro⸗ vinz eine sehr gute Aufnahme.“
Aus Kabul wird gemeldet: Die Truppen des Emirs in Turkestan haben rebellirt. Sie haben den Bamianpaß erreicht, und man glaubt, es sei ihre Absicht, die Waffen abzuliefern und friedlich nach ihren Heimstätten zurück⸗ zukehren. — General Roberts hat einige ersolgreiche Re— kognoscirungen in der Richtung auf Djugdullak unternommen. Man ermittelte eine Route, die obgleich länger, einem Truppen⸗ marsche nur wenige natürliche Schwierigkeiten darbietet. General Gough hat mit seiner Brigade einige unfreundliche ö gezüchtigt, welche Transportkolonnen beraubt hatten.“
Im Hinblick auf die gegenwärtigen kritischen Zustände in Birma ist es für räthlich erachtet worden, die britischen Truppen an der birmanischen Grenze wesentlich zu ver⸗ stärken. Es haben demnach drei Batterien der Königlichen Artillerie Marschbefehl nach Indien erhalten.
Frankreich. Paris, 9. November. Ueber das Dekret, durch welches Senat und Kammer auf den 27. Ro vember zu einer außerordentlichen Session zusammen— berufen werden, bemerkt die „Agence Havas“: „Der Minister⸗ rath entschloß sich zum 27. November, um dem Senat die nöthige Zeit zur Berathung des Budgets von 1856 zu lassen. Wenn die Berichte des Finanzausschusses des Senats bis zur Eröffnung der Session fertig sein werben, können sie erst am Tage der Eröffnung niedergelegt werden, und bei der küZrzesten Frist für Drück und Vertheilung derselben kann die Diskussion vor Montag, den 2. Dezember, nicht beginnen. Andererseits haben die Kammer die Gewohnheit, am 74. De— zember ihre Neujahrsferien zu beginnen. Die Berathung der Ferry'schen Gesetze dürfte kaum im Dezember in Angriff genommen werden. Jules Simon wird seinen Bericht bei Beginn der Session niederlegen, aber aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Debatte bis auf den Januar vertagt werden. Die Kammer hat nur eine große Verhandlung in Aussicht, die der allgemeinen Amnestie, die gleich in den ersten Tagen angeregt und zu Ende geführt werden wird. Die Regierung wünscht, daß der Zolltarif bald auf die Tagesordnung komme; die Arbeiten des betreffenden Ausschusses sind noch weit zurück.“
Griechenland. Athen, 10. November. (W. T. B.) Das französische Geschwader hat den Pyraeus ver⸗ lassen und sich nach Volo und Salonichi begeben.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. No⸗ vember. (W. T. B.) Der „Regierungsbote“ veröffent⸗ licht ein Handschreiben Sr. Majestät des Kaisers an den diesseiligen Botschafter in London, Grafen Schuwaloff, in welchem das von demselben eingereichte Entlassungsgesuch, unter Anerkennung der von ihm geleisteten guten Dienste, angenommen und dem Grafen der Wladimir-Orden erster Klasse verliehen wird.
Danemark. Kopenhagen, 7. November. (Hamb. Nachr.) Bei der gestrigen ersten Berathung des Heeres⸗ gesetzes im Folkething trat der Kriegs-Ninister namentlich Bojsen entgegen, und wies mit Nachdruck dessen Insinuation zurück, als sei in dem Landesvertheidigungsplane eine Art politischen Programms niedergelegt: derselbe fei in keiner Weise auf ein seindseliges Verhältniß Deutschland gegenüher basirt. Derartiges liege der Regierung durchaus sern. Der Minister forderte das Haus dann auf, sich mög⸗ lichst objektiv über den Vertheidigungsplan auszusprechen. In Betreff der Befestigungspläne erklärte er, daß ein Gesetz erst vorgelegt würde, wenn das Folkething gezeigt, daß es seine Ansichten verändert habe. Verschiedene Redner von der Rechten, namentlich Scavenius und N. P. Jensen, protestirten ebenfalls gegen die Auffassung, als zeige sich in dem Vertheidigungsplane eine unfreundschaft⸗ liche Gesinnung gegen Deutschland. Eine Befestigung Kopen⸗ hagens befürwortete namentlich Jensen mit Wärme, da es unnütz sei, in Jütland mit Aussicht auf Erfolg eine Frontal— oder Flankenvertheidigung zu versuchen. Im Üebrigen waren die Redner der Rechten nicht ganz mit der Revision des Heergesetzes einverstanden, namentlich da eine kürzere Aus⸗ bildungszeit für die Infanterie vorgeschlagen ist ꝛc. Juel sprach sich verhältnißmäßig noch deutschfreundlicher als Bossen aus; Er glaube nicht, daß irgend ein fremder Staat Daͤne⸗ mark in erobernder Absicht angreifen würde. Geschehe es doch wider Erwarten, so wolle er vor Allem der Möglichkeit vorbeugen, daß eine Theilung am großen Belt stattfinde. Eine solche aber, glaube er, drohe, wenn man Jütland und Fühnen preisgebe und Seeland allein vertheidige. Ein „Königreich Seeland“ sei nicht lebensfähig. Aber man habe keinen Grund zur Furcht; Dänemark habe keine Besitzungen
mehr, die einen Eroberer locken könnten, und bei dem deutschen Volke mache sich das Gefühl geltend, daß die gothisch⸗germanischen Nationen zusammengehörten und viele gemein same Interessen hätten.
Heute wurde im Folkething die Heeresgesetzdebatte fort⸗ gesetzt. Zuerst redete Winther, der so wenig als möglich Veränderungen in den ,, Militärverhältnissen wünschte und eine Neutralität, durch Europa für Dänemark garantirt, oder einen skandinavischen Bund im freundschaft⸗ lichen Anschluß an Deutschland, wie der große Patriot Grundvig vorgeschlagen, befürwortete. Berg ist im Ganzen dem Regierungsplane günstig gestimmt. Er wolle aus Noth⸗ wendigkeit auch ein freundnachbarliches Verhältniß zu Deutsch⸗ land, aber freundschaftliche Gefühle könne er nicht hegen. Mit großer Wärme sprach sich Redner für die Landesvertheidigung als patriotischer Pflicht aus.
Südamerika. (W. T. B.) In Paris und London ein⸗ egangene Nachrichten melden, daß der peruanische Hafen ö 6wischen Iquique und Arta) von den Chilenen genommen worden sei. Die Peruaner leisteten tapferen Widerstand und verloren gegen 500 Todte und Verwundete.
Landtags⸗Angelegenheiten.
; Begründung des Gesetzentwurfs, betreffend den Erwerb mehrerer Privateifenbahnen für den Staat.
(Fortsetzung.) b. Für den Betrieb — Nachtheile des Stück- und Konkurrenzbetriebes.
Die für das Land nutzlose Vergeudung des Anlagekapitals, welche durch den Konkurrenzban herbeigeführt ist, tritt jedoch noch zurück gegenüber den Nachtheilen, welche durch die selbständige Ver⸗ waltung und Betriebsleitung der einzelnen Privatunternehmungen bei der Zersplitterung und dem Mangel spystematischer Gliederung der Verwaltungsgebiete täglich erwachsen. Hier handelt es sich nicht um einmalige Verluste, welche im Laufe der Zeit verschmerjt werden mögen, sondern um eine fortgesetzte Vertheuerung der Betriebskosten, welche die Eisenbahnrente herabdrückt und um elne ständige Belästi⸗ gung des Publikums.
Direktorien.
In Preußen gab es im Jahre 1877 50 selbständige Eisenbahn— direktionen, welchen 45 Aufsichtsräthe von Aktiengesellschaften zur Seite standen. Dieselben hatten im Ganzen 17 948 km Bahnen im Betriebe, so daß auf jede Verwaltun) durchschnittlich 359 Em ent- fielen. Zieht man die unter selbständiger Verwaltung stehenden Privatbahnen allein in Betracht, so ergiebt sich für 39 Verwaltun— gen eine Gesammtlänge von 9648 kin, also von durchschnittlich 217 km, worunter sich nicht weniger als 12 Bahnen befinden, welche eine Betriebslänge von noch nicht 160 km hatten. Keine diefer Bahnen bildet einen in sich abgeschlossenen Komplex mit einem einhestlichen selbständigen Verkehrsgebiet, vielmehr ziehen sich die verschiedenen Linien in buntem Wirrwarr neben- und durcheinander.
Beam tenzahl.
Daß eine solche Mehrheit selbständiger Verwaltung apparate von Direktionen und Aussichtsräthen mit ihren bedeutenden Ge— hältern und Tantismen, mit ihren wohlbesetzten Centralbüreaus, deren Personal meist nach Hunderten zählt, (im Jahre 1877 waren S518 Beamte und Arbeiter mit einem Gesammteinkommen von 16212386 M bei den Centralverwaltungen der preußischen Bahnen beschäfligt), eine Ausgabe erfordert, die bei einer einheitlich organi⸗ sirten Verwaltung sich um einen sehr erheblichen Bruchtheil reduziren muß, liegt auf der Hand. Es würde zwar keineswegs angängig sein, die sämmtlichen zur Zeit von den Direktionen besorgten Geschäfte an einer Stelle zu vereinigen, vielmehr würde nicht allein die unmittelbare Fetriebsleitung der Natur der Sache nach stets der Fürsorge von Lokalbehörden übertragen werden müssen, son⸗ dern auch von einer völligen Centralisation der übrigen Verwaltungs⸗ geschäfte, da dieselbe weder möglich noch nöthig ist, abzusehen sein, — immerhin aber würde mit der Anzahl der selbständ gen Verwaltungs körper auch die Verwaltungsaufgabe sich wesentlich vereinfachen. Durch den Wegfall der Aktiengesellschasten wücden ohne Weiteres alle Aufwendungen, welche die Verwaltung derselben durch die Ab⸗ haltung von Generalversammlungen, Rechnungslegung, Feststellung der Dividende u. s. w. verursacht, erspart.
Geschäft verkehr.
Weit erheblicher sind jedoch die Arbeitsleistungen, welche durch den wechselseitigen Geschaäͤftsverkehr der zahlreichen selbständigen Verwaltungen bedingt werden. Gerade der letztere macht den weit aus größten Theil der Arbeitsthätigkeit der einzelnen Eisenbahn⸗ Direktionen aus. Kaum glaublich ist es, bis zu welchem Umfange die zur Erledigung desselben erforderlichen Korrespondenzen und Konferenzen angewachsen sind. Die Verhandlungen über gemein⸗ schaftliche Tarifmaßregeln oder sonstige Verkehrseinrichtungen, die Auseinandersetzungen über Reklamationen aus den Verbandsverkehren, die Vereinbarungen über die Benutzung der verschiedenen Wagen⸗ parks, über den Betrieb auf den Uebergangsstationen oder sonstige Gemeinschaftlichkeitsverhältnisse, über die Fahrpläne und die Streitig⸗ keiten der verschiedenen Konkurrenzrouten, über die Verkehrsleitung erheischen einen Kostenaufwand, welcher bei einer einheitlichen Orga— nisation der Verwaltung dadurch, daß nur einer Stelle die Entschei⸗ dung übertragen würde, vollständig erspaͤrt werden könnte.
Tarif wesen.
In erster Reihe ist es die Anzahl der im Güterverkehr bestehen⸗ den Tarifkombinationen, deren vielfach willkürliche, komplizirte, ver⸗ worrene und schwankende Gestaltung nicht nur einen Gegenstand der unausgesetzten Klage des Publikums bildet, sondern auch den Ver⸗ waltungen selbst eine Arbeitslast auferlegt, von welcher ein Nichtfach⸗ mann sich nur schwer einen Begriff machen kann. Diese Uebelstände sind aber so lange unvermeidlich, als eine Mehrheit souveräner Ver— waltungen besteht, von denen eine jede selbstverständlich zu den ihre Strecke berührenden Einrichtungen die Zustimmung zu geben hat.
Hält es nun schon schwer, in den einzelnen Fallen eine Ver—⸗ ständigung über die Grundzüge der Tarifbildung, welche nicht nur den Tarifsatz selbst, sondern auch den Vertheilungsmaßstab, nach welchem die betheiligten Verwaltungen an dem Frachtaufkommen partizipiren sollen, umfassen, zwischen den Direktionen in umständ⸗ licher, mündlicher oder schriftlicher Verhandlung zu gewinnen, so erfordert die weitere Ausführung solcher Verbands beschlüsse einen noch größeren Zeit⸗, Arbeits und Tostenaufwand. Nachdem die Tarif bureaus die zu publizirenden Tarifsätze festgestellt haben, wird in langwierigen Konferenzen von Rechnungsbeamten die zeitraubende Ausrechnung derjenigen Frachtantheile vorgenommen, welche eine jede betheiligte Verwaltung in den einzelnen Verkehrsrelationen er—⸗ halten soll. Ist inzwischen der Tarif in Kraft getreten und nicht vielleicht schon vor seiner Publikation durch anderweite Verbands beschlüsse obsolet geworden, so beginnt die Arbeit der Abrechnunggz⸗ bureau, welche darin besteht, daß sie in periodischen Zeitabschnit ten (in der Regel monatlich) das Gaͤthaben jeder einzelnen Verbands—⸗ verwaltung an den gesammten Verbandseinnahmen der abgelaufenen Periode festzustellen haben. Gerade diese Tarif⸗ und Abrechnungs⸗ bureaus sind es, in welchen ein nändiges Heer von Beamten ange⸗ stellt ist, welches bei einem einbeitlichen Betriebe zwar, da ihm noch die Feststellung der Soll -Einnahmen der einzelnen Erhebungs⸗ stellen obliegt, nicht ganz aufgelöst, wohl aber um mindestens die Hälfte reduzirt werden könnte. Welche Kraftverschwendung diese Rechnungsarbeiten verursachen, dürfte schon aus dem Hinweis hervorgehen, daß auf den deutschen Bahnen neben S3 künstlich ge— gliederten Lokaltarifen mit ihren verschiedenen Klassifikationen, akk reichen Ausnahmetarifen und Einzel⸗Tarifsätzen 184 allgemeine Ta⸗