New - Jork, 24. Norember. (W. T. B.) Weizenver⸗ schiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten: nach England 163 000, do. nach dem Kontinent 70 000, do. von Kalifornien und Oregon nach England 50 000 Qrtrs., Visible Supply an Weizen 29 750 000 Bushel, do. do. an Mais 11 250 000 Busphel.
Berlin, den 26. November 1879.
Die Ausgrabungen zu Olympia. XXXVIII. (S. Nr. 228 d. Bl.)
Bereits ist der Telegraph diesen Zeilen mit der Kunde vorausgeeilt, daß der langgesuchte Kopf von der Nike des Paionios gefunden ist, leider ohne deren Gesicht. Im Folgenden sollen die näheren Umstände dargelegt werden, welche den immerhin überaus erfreulichen Fund herbei— ührten.
ö Gleich bei Wiederaufnahme der Ausgrabungen nach der Sommerpause, am 14. Oktober, gingen wir mit etwa 100 Mann in der ganzen, 1060 m langen Rückflucht der Ccho⸗ halle gegen Osten vor, um nach den noch fehlen⸗
Ostgiebelkößpfhen und dem Haupte der Nike zu suchen. Denn bei jener Halle, welche die Altis im Osten begrenzt, hatten wir im vorigen Jahre nicht weniger als 10, theils dem Ostgiebel, theils den Metopen des Zeustempels, theils römischen Porträtstatuen angehörige Köpfe ausgegraben, Grund genug zu energischem weiteren Vorgehen in dieser Richtung. ;
Das Terrain erwies sich von Anfang an sehr günstig: einmal, weil es ganz voll von jenen späten Trümmerhütten war, aus deren Lehmwänden wir unsere Marmorfunde her— vorzuziehen pflegen, und andererseits, weil das antike Niveau hier gegen den Westwall des Stadions ansteigt. Hatten wir in den ungünstigsten Gegenden des olympischen Gebietes oft 6 bis 7m tief im Sande zu graben, ehe wir in eine er⸗ giebige Fundschicht gelangten, so blickten uns hier die oberen Säume jener Trümmerbauten schon entgegen, nachdem wir wenige Handbreit der Erdoberfläche heruntergeschält.
Glückliche Funde verhießen uns gleich von Anbeginn in immer sieigendem Werthe günstigen Fortgang.
Bereits am 20. Oktober zogen wir eine kleine Statue der Nemesis-Fortuna mit Elle, Steuerruder und Rad aus einer Mauer hervor, welche, wie sich aus einer früher gefundenen Wiederholung (Ausgrab. III., 17p., I) schließen ließ, einst mit jener zusammen den sogenannten gehéimen Ein— gang des Stadions geschmückt hat.
Am 29. folgte ein Tituskopfl der sich mit seinem Hals— zapfen genau in eine Kaiserstatue einfügen ließ, die wir vor 1s Jahren auf dem Metroon-Stylobat liegen gefunden. (Ausgrab. III., 19, 3.). So wie dies geschehen, stand das schönste der bisher in Olympia ausgegrabenen Kaiserbildnisse mit seinem Nereiden⸗-geschmückten Panzer in schwungvoller Bewegung plötzlich fast vollständig vor uns.
Der 31. Oktober brachte uns den Kopf des knieenden Knaben vom Ostgiebel (Ausgr. II., 76.) und damit einen neuen Fingerzeig und neue Hoffnungen für die sechs noch fehlenden Köpfe dieses Giebels (es sind darunter Häupter von solcher Wichtigkeit wie das des Zeus, des Alpheibs, der Hippodamia und der Sterope; außerdem fehlen in demselben noch die Köpfe des sogenannten Myrtilos und eines Hippo⸗ komen).
scharfgeränderten Augen und vollen Lippen.
Immer höher war indeß unter den Grabscheiten unserer . der Stadionwall angestiegen, immer höher lagen die Funde.
Hier nun war es, wo am Mittag des 3. November die Hacke eines Arbeiters kaum handbreit unter der Oberfläche ein großes Marmorstück traf, das sich bald als ein Kopf zu erkennen gab. Nachdem derselbe vorsichlig aus den ihn umge— benden Steinen einer späten Mauer herausgelöst und gewaschen war, zeigte sich leider sofort, daß das ganze Gesicht fehlte. Im ersten Augenblick aber vergaßen wir diesen Verlust fast über der Freude, nun wirklich den langgesuchten Kopf jener Nike in Händen zu halten, mit deren Auffindung die Ausgrabun— gen in Olympia vor nun 4 Jahren ihren verheißungsvollen Anfang nahmen. Daß dies in der That das Haupt der Nike des Paionios sei, daran ließen den Unter— zeichneten Größe und Marmorart, Haaranordnung und Styl, gewisse technische Eigenthümlichkeiten in der Behandlung der Oberfläche und schließlich auch der Fundort kaum zweifeln; hatten uns doch auf dem fast 100 m weiten Wege von der Nikebasis bis hierher Fragmente von Gliedmaßen, Gewand— falten und Flügeln, die der Nike angehörten, als Wegweiser gedient. Ein Versuch, das Haupt auf den Rumpf aufzu— Passen, ergah bei der starken Zersplitterung des Halfes zwar keine absolut sicher passenden Brüche, die man als rein äußer⸗ lichen Beweis der Zusammengehörigkeit verwenden könnte, wohl aber die genaueste Uebereinstimmung in Umriß und Umfang des Halses.
Was sich aber als durchaus verschieden von den früher
efundenen Theilen der Nike erwies, war die Erhaltung der Cine, an den geretteten Kopfresten. Während der Körper vom Regen stellenweis völlig zernagt war, ist das Hinterhaupt verhältnißmäßig vortrefflich konservirt. Dies mag eines Theils davon herrühren, daß der Kopf früher als der Körper aus seiner Höhe herabstürzte, wobei dann auch das Gesicht abgespellt sein mag, und dann in jener Hüttenwand geborgen wurde, aus der wir ihn hervorgezogen haben, während der Körper allen Unbilden der Witterung ausgesetzt blieb. An— dererseits mag der Farbenüberzug Haar und Binden geschützt haben. Einiges aber mird zur Erhaltung des Hinterkopfes jedenfalls der Schutz beigetragen haben, welchen die zweifellos emporgerichteten Flügel den Seiten, und ein bogen— förmig zwischen denselben flatterndes Gewand dem Scheitel gewährt haben; auf ein solches aber scheinen gewisse Stücke unter den aufgefundenen Flügel- und Gewand-⸗Fragmenten mit größter Wahrscheinlichkeit hinzuweisen.
zas uns daher von dem neuen Funde schon jetzt zu ungeschmälertem Genuß dargeboten wird, das ist der schöne Umriß des Schädels, um den sich das Haar weich herum⸗ schmiegt, von dreifachen Binden zusammengehalten, damit der Sturm des windschnellen Fluges es nicht zerzause. Ohne die Hülfe eines Bildes auf Vergleichungen angewiesen, möchte ich jene Haaranordnung als mitten innestehend bezeichnen zwischen jenem haubenartigen Kopfputz der schlanken Jungfrau in der Lapithenhochzeit des Westgiebels, der ein
; ö
Jener Knabenkopf aber sieht aus wie ein jüngerer Bruder des Kladess, nur von etwas edlerer Bildung, mit
Kentaur an den Busen greift, . muthigen Bänderschmuck jener Frauenköpfe, die verschiedenen Museen unter dem Namen der Sappho vor⸗ kommen. Mit jener theilt der Nike⸗Kopf die Strenge des Motivs, mit diesen die Freude an dem anmuthigen Haar⸗ geringel, das in übermüͤthig krauser Fülle sich unter den haltenden Binden hervordrängt. Jene maßvolle Zurückhaltung erinnert an die Zeit, die den Meistern des strengen Styles noch nahe stand; in diesem Haargelocke aber regt sich bereits der Geist der neuen Zeit, der aus dem überkühnen Fluge und den rauschenden Gewandfalten der Nike so vernehmlich zu uns redet.
Und wenn uns das Wichtigste, worauf wir am meisten gespannt sein durften, die Züge des Gesichts, noch immer vorenthalten bleiben, so brauchen wir darum noch keineswegs zu verzagen. Die jahrelangen Erfah⸗ rungen der olympischen Ausgrabungen Gegentheil, daß wir mit größter ahrscheinlichkeit darauf rechnen können, auch dieses noch zu erlangen; haben sich hier doch schon Dutzende von Köpfen aus kleinen Splittern zu⸗ sammengefunden. Der olympische Boden hat seine Marmbr— werke bisher in einer in der Geschichte der Antikenfunde kaum dagewesenen Vollständigkeit wiedergegeben. Wir werden daher auch vertrauen dürfen, daß ausdauernde Beharrlichkeit uns nicht nur das Gesicht der Nike und die fehlenden Glieder des Hermes, sondern auch den größten Theil der Metopen und die noch vermißten Giebelköpfe wiederschenken werde. Wo, um nur von den letzten zu reden, 41 mehr oder weniger voll— ständige Gestalten mit 26 Köpfen zum Vorschein gekommen sind, da darf man auch noch darauf rechnen, die fehlenden 16 zu entdecken. Von den Funden in den übrigen Gebieten der Altis und namentlich im Westen derselben, wird im nächsten Berichte die Rede sein.
Olympia, den 6. November 1879.
Georg Treu.
Der am 24. d. Mts., 55 Uhr Morgens, von Frank furta. /M. über Nordhausen nach Berlin abgelassene Per sonenzug lo hat bei der Einfahrt in den Bahnhof Güsten durch Kollision der Zug⸗ maschine mit dem Tender einer im Nebengeleise sich bewegenden . einen Unfall erlitten, wobei die Zugmaschine ent— gleiste.
Bei dem stattgefundenen Zusammenstoß der beiden Maschinen haben drei Fahrbeamte und fünf in einem Personenwagen IV. Klasse befindlichen Passagiere mehrere, soweit bisher ermittelt, jedoch nicht sehr erhebliche Kontusionen und Kopfverletzungen erlitten, wodurch dieselhen an der Fortsetzung ihrer Reise nicht behindert wurden.
Nach den bisherigen Ermittelungen ist der bei Schneegestöber
im Dunkeln stattgefundene bedauerliche Unfall anscheinend lediglich
durch grobe Fahrlässigkeit des Führers der Rangirmaschine veran—⸗ anlaßt, die Untersuchang jedoch noch nicht abgeschloössen.
Posen, 25. November. Bei Abfahrt des heute früh 5. Uhr nach Breslau abgehenden Per sonenzuges (Rr. 29) ist derselbe in Folge falscher Weichenstellung bei dem neaen Werkstatts gebäude auf ein Nebengeleis gefahren und dort mit einer daselbst stehenden Ma⸗ schine zusammengestoßen. Beide Maschinen sind beschädigt; der Pack⸗ und Eilgutwagen des Zuges sind entgleist und gleichfalls beschädigt. Passagiere haben, soweit ermittelt werden konnte, Schaden nicht ge⸗ litten; der Lokomotivführer und Helzer der Zugmaschine sind an— scheinend nur leicht verletzt. Der Zug ist mit einer Verspätung von 1I5 Minuten weiter gefahren. Die Unterfuchung nach der Ver— schuldung ist sofort eingeleitet.
Naumburg, 24. November. (Mgdb. Ztg.) Das abscheuliche Wetter schädigt mehr als man glaubt die landwirthschaftlichen Interessen. Das Nachpflügen der Kartoffelfelder hat meistentheils noch gar nicht stattfinden können, während auf vielen Gutsfeldern sogar die Rübenernte noch nicht vollständig beendet ist. Tritt nicht eine frostfreie und trockene Periode ein, so werden Massen dieser Hackfrüchte verloren gehen. Zudem sind die Landstraßen zu Sümpfen verwandelt, so daß die Transporte von Zuckerrüben zur Unmöglich⸗ keit geworden sind, was gleich fatal für Lieferanten wie Abnehmer ist.
In Oberammergau werden schon die Vorbereitungen für die im Sommer 1880 dort stattfindenden Passionsspiele ge— troffen. Das Theater, in dem die Vorstellungen stattfinden werden, ist nahezu fertig. Der Zuschauerraum, der für 5 — 6600 Perfonen, zwei, bis dreimal so viel wie die Berliner Oper, Platz bietet, ist — ähnlich wie das Baireuther Festspielhaus — amphitheatralisch ge⸗ baut und zum größten Theil unbedeckt; nur in seinem Abschluß nach oben ist er mit einem Dache für die besseren Plätze versehen. 100 Sitzreihen zu je 60 Personen werden das riesige Parquet bilden; die vorderen billigeren Plätze haben nur Holzbänke, die nobleren, höher gelegenen Reihen werden mit Rohrsesseln versehen. Ganz wie im Baireuther Festspielhause wird das Orchester den Blicken der Zuschauer vollständig entzogen sein. Vor der eigentlichen, von drei Seiten geschlossenen und bedeckten Bühne ist bereits jener mächtige Vorplatz, auf dem zu beiden Seiten die Chöre aufgestellt werden — dem Orchester der antiken Bühne entsprechend — sichtbar. Hinten an die Bühne schließen sich mächtige Räume zur Aufbewahrung der kostbaren Kostüme und der prachtvollen Dekorationen, sowie die Garderobenräume. Der neue Bau hat der Gemeinde bis jetzt die aus eigenen Mitteln erlegte Summe von 40 000 S gekoffet, und rechnet man hierzu noch die im Laufe der Jahre nöthig werdenden Neuanschaffungen der Kostüme, so wird die Ziffer 60 — 85 900 M, welche die Passionsspiele für das Jahr 1880 erfordern, nicht zu hoch gegriffen sein. Vie Eintritts preise werden für die Plätze zwischen 1—8 S½ normirt werden. Die Zahl der Mitwirkenden (einschließlich der Kinder) wird die Mit— gliederzahl der meisten reichdotirten Hoftheater bei Weitem über— treffen, sie wird circa 650 — 700 Personen betragen; darunter befin—⸗ den sich 19 schauspielerische und Gesangs⸗-Solokräfte. Das Orchester wird aus 30 Mann bestehen. Beinahe die gesammte Einwohnerzahl des Fleckens wird an diesen Vorstellungen Theil nehmen. Dle nöthigen neuen Kostüme und Dekorationen werden, da die aus München eingelaufenen Kostenanschläge zu hoch erscheinen, sämmtlich im Orte selbst gefertigt werden. Was die Mitwirkenden betrifft, fo ist noch nichts Definitkoes bekannt, da diese aus der vorschriftsmäßig am dritten Weihnachtstage (27. Dezember) stattfindenden Waßl ber Gemeindemitglieder hervorzugehen haben, doch werden aller Wahr⸗ chseinlichkeit nach Alle, die im vorigen Turnus mitgewirkt, auch in sdieim Jahre mit Einstimmigkeit wieder gewählt werden. Die Spiele werden mit dem ersten Pfingstfeiertage beginnen und alle Sonn. und Feiertage (ausgenommen Frohn eichnam) von 8 Uhr Morgens bis 4 Uhr Nachmittags wiederholt werden.
Gestern setzte im Königlichen Opernhause Adelina
Patti ihre Gastvorstellungen als Margarethe in Gounods gleich⸗
namiger Oper fort. Obwohl die Partie der Margarethe 'einer Künstlerin wie der Patti weniger Gelegenheit bietet, ihre Kunst mit
und dem an⸗
in ver⸗ wie der ihrer besten Partien und das vollbesetzte Haus ehrte ö.
lehren uns im Deborah“, Oratorium von Händel
Ein Opfer der Stadtbahn,
Berlin
FTeuerlein. — Aus der Jugendzeit der deutschen Dichtung.
vollster Wirkung zur Geltung zu bringen, so war der Erfolg, den sie von der großen Arie im dritten Akt an erzielte, ebenso glãnzen
Künstlerin durch den reichsten Beifall. Se— Maje stät der Kaiser wohnten mit Seinen Hohen Gästen und den Prinzen und
Prinzessinnen des Königlichen Haufes der Vorstellung bei
— Im Belle, Alliance Theater findet am Dienstag, den 2. Dezember, eine Extravorstelkung zum Besten des Pen. sionsfonds der „Genossenschaft Deutscher Bühnen angehöriger“ statt. Um dieselbe so interessant als möglich zu gestalten, hat Hr. Direktor Lebrun sich bereit erklärt, mit seinem be⸗ währten Regisseur Hrn. Kurz lin derselben mitzuwirken. Zur Auf⸗ führung gelangt das Zugstück des Wall ner-Theaters „Doktor Klaug *
Die XXIII. Aufführung der Hochschule für Muss ik Abtheilung für ausübende Tonkunst, unter Leitung des Hrn., JIoseph Joachim findet am Sonntag, den 30. November, Abends 77 Uhr, im Saale der Sing- Akademie statt. Zur Aufführung gelangt
Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.
Jahresbericht über die Beobachtungs⸗Ergebnisse der im Königreich P⸗nreußen und in den Reich slanden ein⸗ gerichteten forstlich-meteorologischen Stationen. Herausgegeben von Dr. A. Müttrich, Professor an der Königl. Forst⸗ akademie zu Eberswalde ꝛc. 4. Jahrgang. Das Jahr 1878. Berlin 1889. Verlag von Jul. Springer. — Inhast: Vorbemerkungen. — B. Resultate der während de Jahres 1878 angestellten Beobach⸗ tungen (I. Luftdruck Tafel J. bis Tafel IV.; 2) Lufttemperatur Tafel J. bis Tafel XII. 3) Erdboden temperaturen Tafel XR]. bis Tafel XVII.; 4 Atmosphärische Feuchtigkeit Tafel riif. bis Tafel RX 5). und 6) Verdunstungeégröße einer freien Wasserfläche und Niederschläge Tafel XXI. bis Tafel XXVI.; 7) Bevölkerung Tafel XXVII. bis Tafel XXIX.; 8) Winde Tafel XXX. ; 9) Beobachtungen aus dem Thier und Pflanzenleben Tafel XXXI.).
Monatsschrift des Vereines zur Beförderung dez Gartenbaues in den Königl. Preuß. Staaten und der Gesellschaft der Gartenfreunde Berlins. Redacteur: Dr. X. Wittmach, Gen. Sekret. des Vereins ꝛc. Berlin. In Kom- mission bei Wiegandt, Hempel K Parey. 22. Jahrg. November 1879. — Inhalt: 627. Versammlung des Verelnes zur Beförderung des Gartenbaues. — Versammlungen der Gesellschaft der Garten freunde Berlins am 5. September und 3. Oktober c. — L. Wütt— mack, die 52. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Baden-Baden vom 18.— 24. September 1879 (Schluß). — W. Lan⸗ dau, Vegetationsbilder aus Sizilien (Schluß). — F Schmidt, Zur Rosenwildlingsfrage. — Escallonig Philippiana Mast. (Mit 2 Üb—⸗ bildungen). — Neuheiten für 1879 —=80 von Ernst Benary in Er—
furt. — Bennett's neue Rosen. — Die große Herbstausstellung des
Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Räumen der Ber⸗ liner Gewerbe ⸗NYusstellung. 2. Abschnitt. Die Warmhauspflanzen. Von W. Perring. (Schluß).
Der Bär, Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alter⸗ thums kunde. Nr. 27. — Inhalt: Joachim J, Roman von Adolf Streckfuß (Fertsetzung),. — Märkifche Alterthümer. Ven Ernst Friedel. — Der sogenannte Runenstein bei Lang⸗Heiners dorf. — mit Illustration. — Schlachtensee. — Berliner Medaille vom Jahre 1706, mit Illustration. — Miscellen. — Briefkasten. s
Preußische Jahrbücher. Herausgegeben von Heinrich von Treitschke. Vierundoierzigster Band. Fünftes Heft. November 1879. 1879. G. Reimer. Inhalt: Gustab Hugo, der Begründer der historischen Juristenschule. (Eine Göttinger Erinnerung.) (O. Meijer. — Ueberproduktion und Krisis. (Heinrich Claussen.) — Ueber Plan und Komposition von Ariost's rasendem Roland. (Emil
erders Sturm und Drangperiode. (Julian Schmidt. — . Aud⸗ sichten. (Heinrich von Treitschke.)
Sozial- Correspondenz. Allgemeine Ausgabe. Organ des Central-Vereins für das Wohl der arbeitenden Klassen. Heraus gegeben von Dr. Victor Böhmert und Arthur von Stubnitz. III. Jahrg. Nr. 46. Dresden, 1879. — Inhalt: Die Vertheilung des Volkseinkammens in Preußen. — Was kann geschehen, um dem Nothstand in Oberschlesien vorzubeugen? — Die italienischen Vol ks— banken. — Die Verhütung von Unglücksfällen bei landwirthschaft⸗ lichen Maschinen. Weibliche Sträflinge. — Arbeitsmarkt.
Bayerische Gewerbe⸗Statistik. (Aufnahme vom 1. De—
zember 18756). II. Theil. Die Umtriebsmaschinen (Motoren) sowie die wichtigsten Arbeitsmaschinen und Vorrichtungen der Gewerbe— betriebe (Nachweis für das Königreich und die einzelnen Regierungs⸗ bezirk). XXXI. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. Herausgegeben vom Königl. statistischen Bureau. München 1879. Kommissionsverlag von Adf. Ackermann in München. — In⸗ halt: 1) Vorbemerkung. 2) Alphabet. Register (A. der Gruppen, Klassen und Ordnungen der Klein und Großbetriebe a. mit Umtröeb' ma schinen, b. mit Arbeitsmaschinen und Vorrichtungen; B. der wich⸗ tigsten Arbritsmaschinen und Vorrichtungen der Großbetriebe und der Kleinbetriebe mit Umtriebsmaschinen, sowie der bei den Klein— betrieben ohne Umtriebsmaschinen verwendeten Webstühle, Wirk und Strumpfstühle und Nähmaschinen). — 3) Tabelle . Die Um- riebsmaschinen der Kleinbetriebe nach Gruppen, Klassen und Ordnungen mit AUnterscheidung nach. Regierungskejirken. — 4) Tabelle 2. Die Untriebsmaschinen der Großbetriebe nach Gruppen, Klassen und Ordnungen mit Unterscheidung nach Regierungsbezirken. — 5) Tab. 3. Die Umtriebsmaschinen der Klein⸗ und Großbetriebe nach Gruppen und Klassen mit Unter scheidung nach Regierungsbezirken. — 6) Tab. 4. Die wichtigsten Ar⸗ beitfmaschinen und Vorrichtungen der Klein⸗ und Großtetriebe nach Gruppen, Klassen und Ordnungen mit Unterscheidung nach Regie⸗ rungsbezirken. Zusammenstellung der bei sämmtlichen Gruppen der Großbetriebe und der Kleinbetriebe mit Umtriebsmaschinen vorhan— denen und durchschnittlich im Gange befindlichen wichtigsten Arbeits— maschinen und Vorrichtungen. Anhang zu Tab. 4. Uebersicht der bei den Kleinbetrieben ohne Umtriebsmaschinen verwendeten Web— stühle, Wirk- und Strumpfstühle und Nähmaschinen. — 7 Tab. 5. Die Umtriebsmaschinen der Werkstätten und gewerblichen Anlagen der CEisenbahn⸗ und Telegraphenverwaltungen nach Gruppen und Klassen mit Unterscheidung nach Regierungsbezirken. — 8) Tab. 6. Die wichtigsten Arbeitsmaschinen und Vocrichtungen der Werkstätten und gewerblichen Anlagen der Eisenbahn⸗ und Telegraphenverwal⸗ tungen nach Gruppen und Klassen mit Unterscheidung nach Regie⸗ rungsbezirken.
Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Landes statisti k. Inhalt aus Nr. 16: Eisenbahnen Sept. 1379. — Preise der gewöhnlichen Verbrauchs⸗ gegenstände Sept. 1879. — Vergl. meteorol. Beobacht. Sept. 1879. — Sterblichkeits verhältnisse Sept. 1879). — Meteorol. Beobacht. zu Darmstadt Sept. 1879. — Sparkassen 1877. — Einnahm. und Ausgab. bei der Lokal. Forstverwalt. 1877. — Bergwerke, Salinen und Hütten 1878. — Geschäftszumfang der Hauptsteuerämter 1878 — 1879. — Präparanden ⸗Anstalten 1878 - 1875.
J. V.: Riedel. Druck: W. Elsner.
Redacteur:
Verlag der Expedition (Kessel).
Drei Beilagen (Einschließlich Börsen · Beilage).
Berlin:
zuin Dentschen Reichs⸗A
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Grste Weilage tzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗AUnzeiger.
Berlin, Mittwoch, den 26. November
1839.
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Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 26. November. Im weiteren Ver— laufe der gestrigen (12.) Sitzung setzte das Haus der Ab— geordneten die zweit Berathung des Entwurfs des Staats— haushalts-Etats für 188081 speziell mit der land— wirthschaftlichen Verwaltung fort. Zu Tit. 13 und 14 „ur Vollendung der Meliorationsanlagen im Gebiete der Elbumfluth bei Magdeburg 177 000 6 und „für die Deich— anlage zwischen Barby und Schönebeck 100 006 S“ bemerkte der Abg. Stengel, daß die Budgetkommission diese Titel be— sonders im Hinblick auf die in Aussicht genommene große Melioration im ganzen Elbgebiet bewilligt habe. Die Regierung habe erklärt, sie werde die Handhabung des großen Wehrs bei Pretzien, welches den Schlüssel der ganzen Umfluthanlagen bilde, in den Händen eines Staatsbeamten lassen, der nicht nur den Wasserstand am Wehre selbst, sondern auch tele— graphische Nachrichten über herannahendes Hochwasser berück— sichtigen würde. Hierauf wurde Tit. 13 und 14 und ebenso das gesammte Extraordinarium des landwirthschaft— lichen Etats in Höhe von 1234902 υιm unverkürzt be— willigt.
23 solgte der Etat der Gestüt verwaltung. Die Ein⸗— nahmen der Hauptgestüte, 613 180 S6, wurden ohne Dis— kussion bewilligt. r
Zu Kap. 33 Tit. 5— 109 (Einnahme der Landgestüte 1069 300 6) erklärte der Ahg. von Rauchhaupt, die Resultate der preußischen Landgestüte seien recht erfreuliche. Wie man aus der Nachweisung ersehe, habe sich trotz der ungünstigen Ernte der letzten Jahre die Zahl der von Landbeschälern ge— fallenen Fohlen von fast 34 000 auf 45 000 gehoben. Es sei das gewiß ein Resultat, welches zeige, daß die Gestüt⸗ verwaltung ihre Schuldigkeit thue nach der Richtung hin, daß sie dem Lande geeignete Hengste biete. Indeß trotz aller die ser günstigen Resultate glaube er doch, daß nicht allen Wünschen des Landes genügt werde. Die Hauptgestüte gewährten noch lange nicht die Zahl derjenigen Landbeschäler, welche jährlich zur Kompletirung der Landgestüte nothwendig seien. Es fehlten jährlich fast 150 Hengste, in diesem Jahre sogar 161. Es werde für diese zuzukaufenden Hengste die sehr erhebliche Summe von beinahe 600 0900 S ausgegeben und es frage sich denn doch, ob durch die Verwendung dieser Summe alles das erreicht werde, was wohl damit erreicht werden könnte. Er wünsche, daß der Ankauf der für die Landgestüte nöthigen Beschäler einer Kommission übertragen würde, die den Land— stallmeister der Provinz zuzuziehen habe, und daß in den ein— zelnen Propinzen allgemeine Hengstmärkte errichtet würden, damit dem Bedürfnisse der einzelnen Provinzen mehr Rechnung getragen würde. Die aus den Königlichen Hauptgestüten für die Landgestüte auszuwählenden Hengste würden schon jetzt von einer Kommission und viel sorgfältiger ausgewählt, als die freihändig angekauften, deren Auswahl allein in der Hand des General⸗Landstallmeisters liege, während doch beim Pferde⸗ kauf 4 Augen immer mehr sähen, wie 2. Die zur Land— beschälung verwandten Hengste entsprächen zum Theil, nament— lich in der Provinz Sachsen, nicht einmal den mäßigsten An— forderungen, und seien zur Veredlung des schweren Pferde— schlages dieser Provinz ganz unbrauchbar. Es sei auch falsch, für schwere Hengste geringere Summen auszuwerfen, als für leichte, denn gute schwere Hengste seien nicht billiger.
Der Regierungskommissar, General-Major Lüderitz, konstatirte, daß durchaus beim Ankauf des Materials mit der größten Sorgfalt und Auswahl verfahren werde und daß stets die Vorsteher der Landgestüte bei der Auswahl zugezogen würden. Vor der Abnahme werde jeder Hengst, hessen Gefund— heit zweifelhaft sei, von einem Thierarzt untersucht. Er habe sich bemüht, dem Bedürfniß nach schweren Hengsten im vollsten Maße zu genügen. In Rheinland seien von schweren Schlägen früher nur 2500, im letzten Jahre aber 5800 Stuten gedeckt worden. Er bemühe sich, das Beste anzukaufen; wenn er den Durchschnittspreis für die schweren Hengste niedri⸗ ger, als für leichte angesetze habe, so sei dies richtig, denn im Durch⸗ schnitt seien sie billiger. Er werde sich freuen, wenn die sach— verständigen Herren in den Gestüten die Stuten besähen — 3 stehe Jedem frei — und dann ihr Urtheil darüber ab— gäben.
Der Abg. Freiherr von Schorlemer⸗Alst bekämpfte den Vorschlag des Abg. von Rauchhaupt behufs Einsetzung einer Kommission und rühmte die Tüchtigkeit und den vortrefflichen Blick des gegenwärtigen Ober-Land— stallmeisters bei der Auswahl der Beschäler. Die zwei Augen des Ober ⸗Landstallmeisters sähen mehr wie sechs Augen etwa einer Kommission, das habe die Verbesserung der Ge— stütsverwaltung in Westfalen schlagend bewiefen. Eine Kom— mission koste mehr, leiste aber sicher nicht mehr. Auch bei den Remonte⸗Ankaufskommissionen hätten die Chefs das letzte und entscheidende Wort.
Hierauf wurden die gesammten Einnahmen der Gestüt— verwaltung 1ö722 480 6, sowie die Ausgaben, das Ordi⸗ narium 3 443 250 S und das Extraordinarium 380 200 ohne weitere Debatte genehmigt.
Die dauernden Ausgaben des Etats der Centralver— waltung der Domänen und Forsten, 400 270 , murden bewilligt; Kap. 10a. werden in Tit. 1. im Extra⸗ ordingrium in Stelle des an das Ministerium für Land⸗ wirthschaft, Domänen und Forsten abgetretenen Grundstücks Leipzigerplatz zu Berlin 576 000 M zum Ankauf des Hauses Königgrätzerstr. Nr. S8 als Dienstgebäude für die Provinzial⸗ Steuerdirektion zu Berlin verlangt.
Die Budgetkommission beantragte durch ihren Referenten, Abg. von Hülsen, die Position zu streichen, erstens aus for— mellen Gründen, weil die Regierung ohne Bewilligung der Landesvertretung ein Gebäude aus dem Ressort der indirelten Steuern für das Ressort des landwirthschaftlichen Ministeriums verwendet habe, und zweitens rn, aus materiellen Fründen, weil ein dringendes Bedürfniß zu einer so hohen Bewilligung bei der jetzigen Finanzlage nicht erwiesen sei. Sowohl die Verwaltung der Domänen und Forsten sei in dem Gebäude des Finanz-Ministeriums genügend untergebracht, als auch die Provinzial-Steuerdirektion wenigstens für die
nächsten fünf Jahre, da sie das jetzt zum Kauf empfohlene Haus für diese Zeit miethsweise inne habe.
Der Abg. Graf zu Limburg-Stirum trat für den Kom— missionsbeschluß ein. Seine politischen Freunde und er würden die hier geforderten 570 000 SP é ablehnen. Die Gründe seien auch diejenigen Erwägungen, welche der Refe⸗ rent Namens der Budgetkommission vorgeführt habe. Aber es sei auch noch etwas Anderes fir ihn wenigstens bestim⸗ mend, wobei er zurückgehen müsse auf die Verhandlungen im vorigen Jahre, betreffend die Reorganisation der Mini— sterien. Als die Ministerien reorganisirt und die Domänen und Forsten vom Finanz-Ministerlum abgetrennt zum land— wirthschastlichen Ministerium übergegeben seien, habe das jetzt ausgeführte Projekt schon damals in der Luft gelegen und es sei damals in der Budgetkommission ausdrücklich betont, daß, wenn man auch die Reorganisation im Ganzen wünsche, man doch nicht zugeben wolle, daß die Sache erhebliche Kosten verursachen dürfe, und es sei ausdrücklich damals erwähnt, daß man es wohl für thunlich hielte, die Abtheilung der Domänen und Forsten bis auf Weiteres ruhig im Finanz⸗ Ministerium in ihren bisherigen Räumen zu belassen. Das sei auch in den schriftlichen Bericht der Budgetkommission da— mals aufgenommen worden. Die Sache habe auch noch eine fernere Betonung später dadurch erfahren, daß, als es sich darum handelte, ein nahe dem Finanz⸗Ministerium gelegenes Gebiet für die direkten Steuern anzukaufen, betont sei, es sollte dies Gebäude nicht verwendet werden für die Provin— zialdirektorien der indirekten Steuern. Man wolle eben nicht das Gebäude, was neben dem landwirthschastlichen Ministe— rium liege, frei machen. Kaum sei der Landtag aber geschlossen, da sei die Abtheilung für Domänen und Forsten in dem Gebäude am Leipzigerplatz Nr. 7 untergebracht. Die Provin— zial-Steuerdirektion sei herausgebracht, jetzt habe man hier ein fait accompli vor sich und solle 570 00 6 bewilligen. Die Sache selbst anlangend, so sei dieselbe auf die vor jährigen Verhandlungen zwischen den damaligen Ministern Dr. Frieden— thal und Hobrecht, zurückzuführen; hätte der gegenwärtige Landpirthschafts-Minister in der Sache zu entscheiden gehabt, so würde derselbe, davon sei er durch seinen langjährigen Ver⸗ kehr mit demselben überzeugt, das einzig korrekte Verfahren ein— geschlagen haben, indem er dem Hause eine Vorlage gemacht hätte, welche die Indemnität für die geschehene Transaktion nachgesucht hätte. Die Konservativen hätten nie das Recht der Regierung, über ihre Dienstgebäude im Verwaltungswege zu disponiren, bestritten, aber wo eine solche Transaktion eine
Geldhewilligung erfordere, da trete das Recht dieses Hauses
zur Mithestimmung ein und so wenig seine Partei das Budgetrecht zur Ausdehnung der Machthefugnisse des Hauses zu benutzen gedenke, ebenso wenig wolle er sich dieses selbst verkümmern lassen. Es gebe vlele Fälle, w e Regierung bei den Bewilligungen eines gewissen Vertrauen nieses Hause⸗ bedürfe, aber solche Vorgänge, wie diese, seien nur dazu ang gethan, das Haus zu veranlassen, in solchen Fällen seine Be⸗ willigungen schärfer zu vinkuliren.
Der Staat⸗Minister Dr. Lucius bemerkte, so dankbar er bem Vorrenner für die Ausdrücke des Wohlwollens und Ver— trauens ihm gegenüber sei, so glaube er doch, daß derselbe in seinem Urtheile über seinen Amtsvorgänger und den früheren Finanz⸗Minister zu streng gewesen sei; denn diese ganze Trans⸗ aktion sei in der offensten und loyalsten Weise verhandelt worden, und gerade diese Etatsforderung spreche auch die For— derung der Indemnität als ein fait accompli aus. Die da— maligen Unterhandlungen seien vollkommen mit Wissen der Budgetkommission und vieler Mitglieder des Hauses geführt worden, und es sei auch, so viel er wisse, die beab— sichtigte Vertauschung der dem Finanz- und dem landwirth— schaftlichen Ministerium gehörigen Grundstücke keinem erhel⸗ lichen Widerstand begegnet. Er glaube auch kaum, daß sie praktisch einem solchen begegnen könnte, da ja die Uebelstände im Finanz⸗Ministerium ganz notorisch gewesen und noch seien. Im Finanz⸗Ministerium sei eine solche Ueberfüllung von Beamten vorhanden, daß nothwendig eine Uebersiedelung vor⸗ genommen werden müsse. Daß nun, nachdem die Verwal⸗ tung der Domänen und, Forsten vom Finanz-Ministerium abgezweigt sei und ein Gebäude in unmittelbarer Verbin— dung mit dem landwirthschaftlichen Ministerium zur Dispo⸗ sition stehe, der Tausch vorgenommen sei, entspreche un— bedingt dieser Zweckmäßigkeitsrücksich. Wenn in diesem Falle der frühere Finanz-Minister feinem Amtsvorgänger ent⸗ gegengekommen sei, so dürfe er wohl daran erinnern, daß das Haus früher tadelnd sich darüber ausgesprochen habe, daß die einzelnen ministeriellen Nessorts sich beinahe feindlich behan⸗ delten und einander nicht entgegenkämen. Ueber die Zweck— mäßigkeit der getroffenen Maßregel herrsche kein Zweifel, für die Provinzial-Steuerdirektion werde damit ein dauerndes Be⸗ dürfniß befriedigt. Wenn das Haus diese Position ablehne, dann werde das Gebäude Königgrätzerstraße 88 nicht gekauft und der Besitzer werde seiner vertragsmäßigen Verpflichtung entbunden, aber später werde man dann für ein Haus einen viel höheren Preis zahlen müssen. Er betone schließlich noch⸗ mals, daß nach seiner Auffassung das hier eingeschlagene Ver⸗ fahren der Regierung der nachträglichen Genehmigung des Landtages bedürfe. ; 9
Der , , er Bitter erklärte sich im Ganzen mit den Ausführungen seines Kollegen einverstan den. Er stehe dieser Frage vollkommen objektio gegenüber. Wenn auch die Buregu⸗ verhältnisse des Finanz-⸗Ministeriums nicht die direkte Ver— anlassung zu der in Rede stehenden Maßregel gewesen seien, so seien sie doch keineswegs menschenwürdig zu nennen. Sollte das Haus die Absetzung dieser Summe be⸗ schließen, so würde daraus folgen, daß der Kauf nicht effektuirt werden könne und nur der Miethsvertrag beibehalten werde. Dann müsse man aber dem Hauseigen⸗ thümer der Königgrätzerstraße 858 sein Gebäude in vermieth⸗ barem Zustand zurückgeben, und das wurde beträchtliche Kosten und der dann fur die Proyvinzial⸗-Steuerdirektion nöthig werdende Neubau hedeutend höhere Kosten verursachen, als hier gefordert werde. Er gebe, wie sein Kollege, zu und erkenne es als berechtigt an, daß wenn einmal die Regierung durch unvorhergesehenc Bedürfnisse zu ähnlichen Transaktionen
gezwungen werden sollte, sie hierfür stets die Indemnität des Hauses nachsuchen müßte.
Der Abg. Stengel hoffte, daß die Erklärungen der Minister die konstitutionellen Bedenken des Abg. Grafen zu Limburg⸗Stirum einigermaßen erledigt haben würde. Es handele sich hauptsächlich um die Frage, ob die Verlegung der Central⸗ verwaltung der Domänen und Forsten in das Haus am Leipziger Platz gerechtfertigt sei. Die Diskussion habe viele neue Momente zu Tage gefördert, und der Minister habe selbst erklärt, daß die Forderung einer Indemnitäts⸗Nach⸗ suchung gerechtfertigt sei, so daß er beantrage, diesen ganzen Titel nochmals in die Budgetkommission zurückzuweisen.
Der Abg. Frhr. von Heereman bekämpfte diesen Antrag. Das Haus könne die Bewilligung jetzt nicht ausfprechen, da die finanzielle Lage dies nicht zulasse. Zudem sei die Pro⸗ vinzial-Steuerdirektion noch auf fünf Jahre genügend ver⸗ sorgt, eine Preissteigerung des Grundstücks, das ja nicht gerade in der Königgrätzerstraße zu liegen brauche, auch nicht zu erwarten. Er bitte die Position abzulehnen und von einer Rückverweisung an die Kommission abzusehen.
Der Abg. Rickert schloß sich diesem Vorschlage an. Es sei noch keineswegs nachgewiesen, daß nicht ein für die Pro⸗ vinzial-Steuerdirektion geeignetes Gebäude unter den hiesigen fiskalischen Grundstücken vorhanden sei.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode glaubte dagegen, daß mit Annahme des Antrages Stengel kein Zeitverlust eintreten, dagegen die sachgemäße Erledigung der Angelegenheit selbst gefördert würde.
Der Finanz-Minister Bitter erklärte, daß seines Wissens ein für die Provinzial⸗Steuerdirektion in Berlin geeignetes fiskalisches Gebäude nicht vorhanden sei.
Der Abg. Kieschke wies in dieser Beziehung auf das Ge— bäude der Lotterieverwaltung am Gensd'armenmarkt hin. Die Lotterieverwaltung sei an teine bestimmte Gegend ge⸗ bunden und die jetzt dort befindlichen Bureaus der Verwaltung der direkten Steuern könnten in das hierfür errichtete neue Gebäude neben dem Finanz⸗Ministerium verlegt werden.
Hierauf wurde die Position abgelehnt, womit der Antrag Stengel erledigt war.
Es folgte der Etat der Do mänen verwaltung.
Kap. 1 Titel 1 der Einnahmen (grundherrliche Hebun⸗ gen 24168 414 66), sowie Titel 2 (Domänen⸗-Amortisations⸗ renten 6 315 060 „½νς) wurden bewilligt.
Bei Titel z Ertrag von Domänen⸗-Vorwerken 12 985 298.0 wies der Abg. Frhr. von Minnigerode darauf hin, daß aus dem Rückgange dieser Position deutlich das Darniederliegen der Landwirthschaft zu erkennen sei. Wenn das Haus sich auf der einen Seite vergegenwärtige, daß nach dem vorliegen den Ausweise von dem Mehrertrag von 184 000 S6 allein 1929090 6 durch den Mehrertrag von nur 6 Domänen herbeige⸗ schafft seien, von denen 5 im Regierungsbezirk Magdeburg und Merseburg lägen und die Kichste eine pemmersche Do rä ne ü, die, wohl zu bemerken, vom Militärfiskus benutzt werze, so müsse es doch eben als auffällige Erscheinung gelten, daß das wesentliche Plus von diesen insgesammt 41ñ᷑ Domänen nur von 6 der⸗ selben repräsentirt werde. Noch greller wirke die andere Zusammenstellung. Wenn man dem gegenüber das bei Neuverpachtung hervorgetretene Minüs ins Auge fasse, dann erschienen nicht weniger als 9 Domänen von der Zahl der 41, also beinahe ein Drittheil der Gesammtheit, mit einem Minderertrag von 371 041 SJ. Er glaube, diese Zah⸗ len seien illustrativ genug, um jede weitere Bemerkung er⸗ sparen zu können. Er haee es für seine Pflicht gehalten, auf diesen Punkt hier noch linmal zurückzukommen, und zwar deshalb im Besonderen, wei noch im vorigen Jahre bei Ge— legenheit derselben Debatte im Hause von der linken Seite versucht sei, den Beweis aus dieser Nachweisung zu führen, als ob im Allgemeinen günstige Verhältnisse für die Land⸗ wirthschast vorlägen. Wenn man sich vergegenwärtige, daß bei den Domänen⸗Neuverpachtungen, die in der Regel erst nach 18 Jahren wiederzukehren pflegten, nur bei einem so verschwindenden Theil der Domänen eine bedeutende Steigerung vorgekommen sei, die noch dazu im Wesentlichen in den in— dustriellen Verhältnissen der betreffenden Landestheile liege, und dem gegenüber eine Verminderung der Pachtsätze bei beinahe dem vierten Theil der Domänen, so könne man nicht von einer günstigen Lage der Landwirthschaft sprechen. Dies wolle er konstatiren. .
Der Abg. Rickert erklärte, man könne aus dieser Nach⸗ weisung weder für nach gegen die Lage der Landwirthschaft etwas folgern. Die Aeußerung des Abg. von Minnigerode sollte das Volk doch nur glauben machen, die liberale Partei leugne die ungünstige Lage der Landwirthschaft. Er habe stets anerkannt, daß das ganze Erwerbsleben, nicht blos die Landwirthschaft, unter einem empfindlichen Schlage gelitten habe. Wenn die Pachterträge jetzt nicht mehr so in die Höhe gingen, so liege das daran, daß man früher schon viel zu hoch damit gegangen sei. ;
Der Abg. Quadt bemerkte, wenn die Domänen mit Zuckerfabriken eine höhere Pacht ergäben, so sollte man diesen Industriezweig noch mehr kultiviren. Die Rübenbauversuche in Preußen hätten gute Resultate geliefert, es wäre nur zu wünschen, daß das Institut in Königsberg mit den Hülfs⸗ mitteln ausgerüstet würde, welche es befähigten, Analysen im Interesse der Landwirthschaft zu machen. ,
Der Abg. Dr. Windthorst führte aus, bei den Debatten im vorigen Jahre hier und im Reichstage sei gerade auf diese Nachweisung hingewiesen, um zu zeigen, daß die Land⸗ wirthschaft eines Schutzes nicht bedürfe. Mit Recht habe des⸗ halb der Abg. von Minnigerode auf den Rückgang der Do⸗ mänenpachtpreise hingewiesen. Nach seinen Erfahrungen sei er erstaunt gewesen, daß man so hohe Preise erzielt habe. Für die Finanzen sei das sehr angenehm, aher die Pächter würden ihre Rechnung dabei nicht finden und in Folge dessen die Güter zum Schaden derselben bewirthschaften. Die ser Rückgang der Pachterträge sei eine Rechtfertigung der im Reichstage befolgten Zollpolitik. Dem Abg. Richter möge das allerdings nicht angenehm sein, zumal da derselbe, wie er heute Morgen in der Zeitung gelesen, nächstens einen Vor⸗ trag über den Nachtheil der Zollpolitik halten wolle.