1879 / 288 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Dec 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Berlin, den 8. Dezember 1879.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin hat dem Albert⸗Verein in Dresden einen Beitrag von 500 6 für die Hinterbliebenen der bei Zwickau Verunglückten überweisen

lassen.

Cöln, 7. Dezember, 12 Uhr 33 Minuten Nachts. (Tele⸗ gramm.) Die Englische Post vom 6. Dezember, früh, planmäßig in Verviers um 8, A Uhr Abends, ist ausgeblieben.

Grund: Ungünstige Witterung.

Amtliche Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen.“) J. Königliche Museen. a. Gemäldegalerie.

Während des halben Jahres vom 1. April bis zum 31. Sep⸗ tember 1579 wurden drei Gemälde erworben:

1) Aalbert Cuijp (Nr. 86! G.) Frühlingslandschaft.

Links unten zweimal bezeichnet: A. cuijp. Eichenholz, h. O, 49, br. 073. In Paris erworben; trefflich erhalten.

Im Vordergrunde ein mit Buschwerk und Bäumen bestandener nach rechtg ansteigender Duünenhügel; an demselben zieht sich eine Straße entlang dem Hintergrunde zu; rechts vorn am Abhang des Hügels, auf welchem zwei Schaßfheerden, ein seichtes Wasser, in diesem ein paar Kühe. Auf der Straße Wanderer, ein Reiter u. s. f.

Die Bedeutung des Bildes liegt, wie fast immer bei den Land schaften des berühmten Meisterg, in der Beleuchtung und der Dar stellung des atmosphärischen Lebens, der btwegten und schimmernden Luft. Durch die nach einem Frühlingsregen sich auflösenden leichten Wolken bricht gedämpft das Sonnenlicht, das mit fahlem Schein von links auf die Straße und den Hügel fällt. Früheste Zeit Cuijps (um 1640), die bisher in der Galerie nicht vertreten war.

Die beiden anderen verwandten Gemälde unserer Sammlung, Nr. 861 und 861 A. fallen gegen 1650, in die Uebergangszeit zur zweiten Periode des Künstlers. . =

2) Nicolaas Maes (Nr. 819 B.), Schweineschlachten im hollän⸗ dischen Hause.

Auf dem Kessel bez. (unecht): MNAES. F. Leinwand, h. 0,79, br. 0,65. In Paris erworben; gut erhalten.

In der Mitte eines gewölbten Raumes das ausgeweidete Schwein am Ouerholze von einer Leiter hängend; rechts etwas zurück an der Wand ein kleines Mädchen, das eine Schweinsblase in der Linken hält, links das jüngere Schwesterchen; in der im Grunde befind-

lichen Küche die Mutter an einem Tische sitzend, mit Herrichtung der Därme beschäftigt, hinter ihr steht ein Mann in Mantel und Hut, die Pfeife im Munde. . .

Aus der früheren Zeit des Meisters, etwa um 1656 1658, unter dem Einflusse Rembrandts, und wahrscheinlich angeregt durch dessen im Louvre befindliches Bild: der geschlachtete Ochse (1655), von großer Feinheit des Helldunkels und emailartig leuchtender Malerei. Der Meister, dessen geschätzte Bilder aus dieser seiner ersten Zeit außerhalb Englands und Hollands selten sind, war bis—⸗ her mit einem zweifellos echten und charakteristischen Bilde in der Galerie nicht vertreten.

3) Rembrandt von Rijn (Nr. 828 B.), Junge Frau am Fenster.

Leinwand, h. O, 87, br. O, 65. In Paris erworben; gut erhalten. Früher in England bei Mr. Graham White; 1878 auf der Auktion von Mr. John Wardell gekauft, kam es am 10. Mai 1879 wieder zur Versteigerung und ging nach Paris, unter der unrichtigen Be—⸗

nennung „the artist's wife daskia“.

Die junge Frau in phantastischem Anzug rothem verbrämten Mantel über einem weißen Untergewand, Häubchen von goldbesetzten Bändern, Perlohrringen und reichem Perlarmband steht nach links gewendet und den Beschauer anblickend vor einem Fenster; mit der erhobenen Rechten hat sie den Fenstergriff gefaßt, während die Linke vorn auf der Brüstung liegt.

Charakteristisches Werk aus der letzten Zeit des Meisters (um 1666—16638), das wahrscheinlich seine dritte Frau Catharina van Wijk darstellt; es ist dieselbe Persönlichkeit, wie die gleichfalls phan⸗ tastisch gekleidete Venus auf dem im Louvre befindlichen Bilde „Venus und Amor‘. In der breiten markigen Behandlung, sowie im glühenden Hervorleuchten des Fleisches aus tiefen Schatten stimmt das Bild mit den spätesten Werken des Meisters überein, so mit dem an der Säule gefesselten Christus im Museum zu Darmstadt (bez. 1668), den Selbstbildnissen im Belvedere zu Wien, in den Uffizien zu Florenz, dem Bilde eines Greises in der Galerie Pitti daselbst u. s. f.

Der Umbau der Galerie ist in dem Halbjahr April⸗September erheblich gefördert worden: die beiden neuen Oberlichtsäle im nörd⸗ lichen Flügel gehen ihrer Vollendung entgegen, und wird mit der neuen Aufstellung gegen Ende November begonnen werden können. Alsdann soll die andere Hälfte des nördlichen Flügels (zur Umge— staltung in zwei analoge Oberlichtsäle) in Angriff genommen werden. Inzwischen sind auch die Entwürfe für den Umbau des östlichen und westlichen Flügels und der Inkunabelnräume nach den Plänen der Galerieverwaltung, sowie für die Herstellung eines neuen geeigneten eur g, und Ventilationssystems genehmigt worden; es wird mit⸗

in nach Fertigstellung des nördlichen Flügels der Umbau seinen weiteren Fortgang nehmen können. J. Meyer.

) Aus dem „Jahrbuch der Königlich preußischen Kunstsammlun⸗

alterthümliche Götterbilder und zwei tanagräische Figürchen von be

b. Sammlung der Slulpturen und Gipgabgüsse ,n,

In den beiden uuf e Quartalen des Finanzjahrs 1879/80 er⸗ wuchs der Skulpturenfammlung kein hervorragender Zugang durch neue Ankäufe, da fowohl in der Abtheilung der antiken, wie in der der mittelalterlichen und Renaissance⸗ Skulpturen Erwerbungen von hböchster Bedeutung ins Auge gefaßt und vorbereitet wurden.

RNennenzwerth find von den gemachten Ankäufen zwei griechische Bildwerke: in erster Reihe der Kopf einer Frau, welche das Ge— wand über das Haupt gejogen hat. In der Haltung und in den von stillem Schmerz bewegten Zügen der bekannten Penelope ver⸗ wandt; als Arbeit den besten welblichen Köpfen der Giebelfiguren des Zeustempel von Olympia vergleichbar und etwa gleichzeitig, noch theilweise (namentlich in der Haartour) archaisch, von feiner Empfin⸗ dung, befondertz in dem schön erhaltenen Munde. Die Nase restau— rirt; parischer Marmor. Erworben wurde dieses Stück in Rom.

Nächftdem ist eine in Athen gekaurte Sonnenuhr als ein echtes griechisches Werk in ihrer Art von, besonderem Interesse. Originell wie die Form ist auch die Dekoration in Flachrelief, namentlich die vorn und an den Seiten flüchtig sküzirten Köpfchen des Helios, der Athene und des Bacchuß, welche ihrem Charakter nach die Arbeit in die Zeit nach Alexander verweisen. ; .

In der Abtheilung der mittelalterlichen und Renaissance ⸗Skulp⸗ turen wurden keinerlei Ankäufe gemacht.

Dagegen wurde für dieselbe aus den Ueberresten der alten Kunst⸗ kammer, nachdem das Gewerbemuseum, das Hohenzollernmuseum, das Zeughaus, die Bauakademie und andere Sammlungen und An⸗ stalten die für jede derselben passenden Gegenstände, daraus über nommen hatten, eine Auswahl der besten unter den eigentlich plasti⸗ schen Kunstwerken getroffen, deren Aufstellung in der nächsten Zeit erfolgen wird. Da der einzige Raum, welcher den Originalfkulp= turen dieser Abtheilung zugewiesen ist, schon jetzt überfüllt ist, so wird von diesen Kunstwerken nur ein kleiner Theil, nämlich die Holz- schnitzereien, hier seinen Platz und zwar in sehr ungenügender Weise siwischen den Fensterwanden) finden können. Für die. Aufstellung des weitaus größeren und hervorragenderen Theils dieser kleinen Bildwerke: der Elfenbeinskulpturen, der kleinen Bronzen, Holz⸗ schnitzereien u. s. w., konnte leider nur getrennt von der Abtheilung der Originalskulpturen und nur durch Ausräumung und vorläufige Magazinirung der Gipsabgüsse nach kleinen Bildwerken ein Raum in der Abtheilung der mittelalterlichen und Renaissance Abgüsse ge⸗ schaffen werden, nämlich hinter dem Abguß von Ghiberti's Bronze⸗ thür des Baptisteriums zu Florenz. Sobald die ausgewählten Kunstwerke der Abtheilung überwiesen sein werden, wird ihre Auf stellung erfolgen und werden dieselben dem Publikum zugänglich ge—⸗ macht werden. Ihre Katalogisirung wird in dem jetzt gerade in Angriff genommenen Katalog der Originalskulpturen geschehen.

Erwerbungen von Gipsabgüssen mußten auf einzelne kleinere Stücke beschränkt werden, denn der Platz in den für sie bestimmten Räumen ist bereits so überfüllt, daß die Aufstellung größerer Ab— güsse unmöglich ist und selbst die kleineren schwer untergebracht wer— den können. Namentlich macht sich dieser Uebelstand in der Abthei⸗ lung der mittelalterlichen und Renatssance⸗Abgüsse geltend. Ein neuer Katalog der Gipsabgüsse beider Abtheilungen gelangte im Juli zur Ausgabe. W. Bode.

C. Antiquarium.

Die Sammlungen des Antiquariums sind mit Ausnahme der Gemmen sowie der Gold und Silbergegenstände, deren Uebersiedlung im Gange ist, seit Anfang des Jahres in die Räume der früheren Kunstkammer gebracht worden, wo sie eine einstweilen noch pro— visorische Aufstellung gefunden haben, aber doch schon jetzt ungleich besser beleuchtet sind als in den früheren Räumen des Antiquariums, in welchem die Werke der antiken Kleinkunst nicht ihrem Werthe gemäß gewürdigt werden konnten.

An Metallarbeiten sind seit Ostern erworben: ein Bronze⸗ medaillon mit vorspringendem Löwenkopf in der Mitte, das als Wandschmuck eines etruskischin Grabes gedient hat, und ein aus mancherlei Geräthschaften besteherder Grabfund aus Naupaktos.

An bemalten Thongefäßen erwarb die Sammlung einige hervor⸗ ragende Werke des ältesten Kunststils in Griechenland, zwei Wasser⸗ güsse aus Kreta, deren Schmuck an die mykenischen Gefäße erinnert, ferner ein viereckiges Kästchen mit Deckel aus Theben und einen ö Marathon, dessen Innenbild Dionysos und Ariadne arstellt.

Wichtig sind auch die Bruchstücke eines sehr alterthümlichen großen Gefäßes aus Aegina mit Darstellungen von Perseus und den Harpyien. Attische Vasen sind erworben, welche das Parisurtheil in neuer Form, die Gesandischaft bei Achill, häusliche Scenen u. A. in schoͤner und charakteristischer Weise darstellen. Den letzteren schließt sich ein aeginetisches Gefäß an mit Darstellung weiblicher Wollarbeit. ;

Ein Erwerb von besonderem Interesse sind die aus einem Poseidonheiligthum von Korinth stammenden Votivtäfelchen mit Bildern antiker Industrie und mit Götterdarstellungen, die durch Inschriften ausgezeichnet sind.

Aus Capua stammt eine Vase, welche Athene, ein Pferd in Thon modellirend, darstellt und aus Corneto ein Becher mit dem Doppel⸗ kopfe von Mänade und Satyr.

Unsere Terracottensammlung ist aus Kleinasien, Griechenland und Italien vermehrt worden. Aus Pergamon und Umgegend stam⸗ men die Figuren einer säugenden Frau, eines Schauspielers in cha rakteristischem Kostüm und eines Eros; aus böotischen Fundorten

sonderer Anmuth: eine verhüllte Gewandfigur mit Flügeln und ein gefäßtragender Eros. . .

Aus Italien wurde eine Lampe erworben mit Chiron und Achill in Relief; den neuen Ausgrabungen bei Ordieto verdanken wir eine wohl erhaltene Schale mit Früchten.

In die Abtheilung der Migzcellaneen gehören jwei attische Arm = bänder aus Glas in Schlangenform und eine Cieade aus Bergkristal

römischen Fundorts. Curtius.

d. Mänßjkabinet.

Das Münkabinet hat in dem Halbiabr vom 1. April bis 1. Ok= tober beträchtliche Fortschritte gemacht, meist nach anderen Richtun—⸗ gen hin, als die fruͤheren waren. .

Es ist bekannt, daß die Abtheilung der griechischen Münzen, die wichtigste in wissenschaftlicher wie in künstlerischer Hinsicht, in, den letzten Jahren, besonders durch die Erwerbung der belden schönsten Privatsammlungen solcher Münzen, der des Generals Fox und des Grafen Prokesch, eine der reichsten, die dritte in Europa, geworden ist. Eben so hohen Rang nimmt die Abtheilung der orientalischen ein, seitdem vor wenigen Jahren die berühmte Sammlung des englischen Jagenieur-Obersten Guthrie, der während seiner langjährigen Dienstzeit in Ostindien die alten Münzen jener Länder gesammelt hatte, angekauft worden ist.

Im laufenden Jahre wurden die deutschen und ausländischen Mittelaltermünzen erworben, welche einer unserer gelehrtesten numis⸗ matischen Schriftsteller, Dr. Grote in Hannover, während eines hal⸗ ben Jahrhunderts vereinigt hatte, fast 19000 Stücke, von den Me⸗ rovingern beginnend bis zur Reformation herabreichend. Dadurch. hat auch diese für die vaterländische Geschichte wichtige Abtheilung eine hobe Stufe erreicht. . .

Der schwächste Theil des Münzkabinets sind seine römischen Reihen. An dem Aufschwung, welcher in den letzten vierzig Jahren die Zahl der griechischen Münzen um das achtfache oder neunfache gesteigert hat von 6400 auf 59 000), die der orientalischen um mehr als das doppelte (von 11 000 auf 23 000), während die mittelalter⸗ lichen ungefähr in demselben Maße angewachsen sind, haben die römischen, was ihre Zabl betrifft, weniger Theil genommen; sie sind nur von 20 000 auf 50 000 vermehrt worden. Allein gerade bei die⸗ sen ift die Zahl am wenigsten Maßstab des Werthes einer Samm— lung. Wohl aber waren fast sämmtliche neu erworbenen Stücke durch Schönheit oder Seltenbeit ausgezeichnet, und manche überaus werthvoll, so daß auch der Werth dieser Abtheilung schon wesentlich erhöht worden war. Vor wenigen Jahren wurden die Medaillons des Grafen Tyskiewiez, goldene, silberne und bronzene, gekauft, im vorigen die erste Auswahl aus der reichen Sammlung des verstorbe—⸗ nen Herrn von Rauch, eine Anzahl der seltensten Goldmünzen, be⸗ sonders aus der Zeit der Republik. Zu diesen früheren höchst werth⸗ vollen Erwerbungen ist im September die in Wahrbeit als einzig. zu bezeichnende Sammlung des englischen Kapitäns Sandes hinzuge— kommen, etwa 600 große Bronzemünzen und Medaillons, einige gol⸗ dene und ein großes silbernes, ein Unikum, früher eine Zierde der berühmten Sammlung des Lord Northwick, und auf deren Verstei⸗ gerung vor zwanzig Jahren mit fast 6000 M bezahlt. Alle diese Münzen des Kapisäns Sandes sind von der vollkommensten Erhaltung, sie bieten eine Reihe von Kaiserbildnissen dar, die an Schönheit und Lebendigkeit die Marmorbüsten weit überragen. Und die Kehrseiten geben eine Fülle der wichtigsten geschichtlichen Darstellungen. Es sind die lebensvollsten historischen Denkmäler, und in ihnen glänzt die in unserer Zeit oft unterschätzte römische Kunst der ersten Kaiser⸗ zeiten im hellsten Lichte. Diese herrliche Erwerbung wurde uns durch einen auf Fürsprache des Hohen Protektors der Museen, Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit des Kronprinzen bewilligten Kaiserlichen Zuschuß zu den Kosten möglich.

Hoffentlich wird es bald thunlich, die neuen Erwerbungen des Münzkabinets, und namentlich die Prachtstücke dieser Sandesschen Sammlung den Historikern, Kunstfreunden und Künstlern zugänglich zu machen. J. Friedlaender.

(Fortsetzung folgt.)

Der Bazar zum Besten des Friedrichstifts ist heute im Saale des Prinzessinnen Palais eröffnet worden. Der Bazar ist durch die Zuwendungen der Allerhöchsten Herrschaften aufs Reichste ausgestattet. Ihre Majestät die Kaiserin hat u. A. einen Tisch mit Marmorplatte, die von der eigenen Hand Ihrer Majestät mit Malerei geziert ist, Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, die Hohen Protektoren der An— stalt, Majoliken aus dem Elsaß, Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl prachtvolle Teppiche, Se. Königliche 6. der Prinz Alexander verschiedene Kunstsachen dem Bazar überwiesen. Unter den sonstigen Gegenständen, die der Bazar aufweist, verdienen die von den Zög⸗ lingen des Stifts gefertigten ebenfalls Erwähnung.

Kopenhagen, 7. Dejember. (W. T. B.) Der Sund ist, soweit mas sehen kann, mit Eis bedeckt, doch können Dampfschiffe nech hier eintreffen und von hier abgehen. Die Verbindung mit Mal moe ist noch offen.

Im Belle⸗Alliance⸗ Theater hat das Volksstück Der Rattenfänger von Hameln“ vielen Beifall gefunden. Am gestrigen Sonntage, bei der zweiten Aufführung, war das Theater vollständig ausverkauft.

gen“, J. Band 1. Heft (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung).

3

Gtaatz⸗ Anzeiger, das Gentral⸗Handelsregister und das

Nes Brutschen Rrichs⸗Anzeigers nnd Göniglich Errußischtn Staataz- Anzeigers:

R 16

Postblatt nimmt an! die Königliche Expedition 1. JZteckbriefs und DVntersuchunga- Sachen. 2. Subhastationen, Aufgebote, Verladungen ; . . ö . ̃ 3. Verkäufe, VJerpachtungen, Jabmigaionen eto. Berlin, 8. I. Wilhelm ⸗Straße Vir. 32. 4. Verloosung, Amertisation, Zinsrahlung u. 4. H. von öffentlichen Papieren.

1 6 . 89 *. *. 3 * In serate für den Deutschen Reichs⸗ u. Kgl. Yreuß. 2 effen tlich er

und Grosaaudel. Literarische Anzeigen.

Familien · Nachrichten.

5. Industrielle Etablissements, Fabriken 5. TJorschiedene Bekanntmachungen.

. 8. Theater- Anzeigen. In der Börzgen- 89. beilage. KR

*

Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des Invalidendank“, Rudolf Messe, Haasensteln & Bogler, G. L. Danbe & Co., E. Schlotte, Bintner & Winter, sowie alle übrigen größeren Aunoneen⸗GSureans.

Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗

13084 zulegen.

Erhvorladung.

28. Januar 1879 verstorbenen Bruders Andrea

und wird dieselbe hiermit aufgefordert, binnen drei Monaten

Die zwischen Parteien bestehende Ehe zu schei⸗ ladungen u. dergl. den und dem Beklagten die Kosten auf⸗ bank hierselbst vorgenommen werden soll. 3e n , wer ge Reg teste e e, men, 9 . ist gestattet, dem Aus⸗ ; ur Verhandlung des Re reites ist die öffent⸗ loosungsgeschäfte beizuwohnen. Wilhelmine Speck, ledige Dienstmagd von] liche Sitzung der Civilkammer des hiesigen Land— Forchheim, Amtsgerichts bezirks Ettlingen, deren Auf⸗ gericht vom fünfzehnten Hiärz achtzehnhundert · enthalt hier unbekannt ist, zur Erbschaft ihres am achtzig, Morgens zehn Uhr, bestimmt. ; j Der vorgenannte Beklagte ist abwesend und sein Speck, Schneidergeselle von Forchheim, mitberufen, jetziger Aufenthaltsort unbekannt; derselbe 3. daher zu obigem Verhandlungtztermine hierdurch mit der Aufforderung öffentlich geladen, einen bei dem

Gravenhorst.

ihre Erbansprüche geltend zu machen, widrigenfalls hiesigen! Landgerichte zugelaffenen Rechtsanwalt zu II3191]

die Erbschaft denen zugetheilt würde, welchen sie zu⸗ Peftelen. käme, wenn die Geladene zur Zeit des Erbanfalls nicht mehr gelebt hätte. Ettlingen, den 25. November 1879. Großherzoglich Badischer Notar im Amtsgerichtsbezirk Ettlingen. J. P. Edler.

lizchbs] Oeffentliche Ladung. In Sachen der Maria Degler, Ehefrau Carl Kuntz, sie zu Straßburg wohnhaft, Klägerin,

13099

ihren vorgenannten Ehemann Carl Kuntz, durch bekannt, früher Müller zu Rosenweiler, Beklagten,

wegen Ehescheidung,

Landgerichte Klage erhoben mit dem Antrage,

im n *

Zabern, den sechsten Dezember achtzehnhundert⸗ neun und siebzig. Der Landgerichtssekretär.

Bekanntmachung.

In Gemäßheit der Bestimmung des §. 4 der Be—⸗ kanntmachung Herzoglichen Staats⸗Ministeriums vom 30. Oktober 1874, die Emission von 300 000 4 Prioritätsobligationen der Halberstadt⸗Blankenhur⸗ gegen ger Eisenbahngesellschaft betreffend, machen wir hier⸗ daß die am 2. Januar 1880, Morgens 11 Uhr, stattfindende Auslsosung der⸗ ö wegen : jenigen der gedachten Obligationen, welche behufs hat die, Klägerin bei dem hiesigen Kaiserlichen Tilgung von einem Prozente des Emifsionsbetrages zur Rückzahlung kommen sollen, in dem Geschäsis—

Hörkens.

Indunarie, Hauptkasse.

lokale der Braunschweig⸗Hannoverschen Hypotheken i310)

Braunschweig, den 1. Dezember 1879. Der Verwaltungsrath der Halberstadt⸗ Blankenburger Eisenbahngesellschaft.

Die Zablung der am 2 Jannar 1880 fälligen Zinsen für die Münster⸗Enscheder Eisenbahn-Prio⸗ ritätsOßligationen aus dem Privilegium vom 30. Juni 1875 wird vom genannten Tage ab gegen Landesgericht zu Hamburg zugelaffen und in die Einlieferung der Zinskoupons erfolgen:

in Berlin: durch die Direktion der Diskonto—⸗

Gesellschaft und die Bank für Handel und

in Münster: durch die Königliche Eisenbahn⸗

Werden mehrere Zint coupong zusammen zur Ein— lösung präsentirt, so sind dieselben mit einem Ver⸗ zeichnisse einzureichen, welches die Nummer und den Gesammtbetrag derselben nachweist.

Münster, den 3. Dezember 1879.

Königliche Direktion der Westsälischen Eisen hahn.

Beschluß.

Nachdem im Termin am 31. Oktober d. J. Nie⸗ mand Ansprüche an das von der Spar⸗ und Leih⸗ kasse zu Pyrmont zu Gunsten des Ludwig Schaper zu Thal ausgestellte Sparkasseneinlagebuch über⸗ 1024 M 8 3 geltend gemacht hat, wird das ge⸗ dachte Sparkasseneinlagebuch hierdurch dem ange. drohten Rechtsnachtheil gemäß für kraftlos erklärt

Cassel, den 27. November 1879.

Königliches Landgericht, II. Civilkammer. Meinck.

Als Rechtsanwalt ist am Hanseatischen Ober⸗

Rechts anwaltgliste eingetragen worden: Dr. Jules Schröder zu Bremen. Hamburg, den 5. Dezember 1879. Das Hanseatische Ober Landesgericht. Zur Beglaubigung: R. Prien, Dr. Sekretär.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kesseh. Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗ Beilage).

i301]

Berlin:

ö

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Montag, den 8. Dezember

1872

* 1634

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 8. Dezem her, Im weiteren Ver laufe der vorgestrigen (29 Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die zweite Berathung des Staatshaus⸗ halts-Etats für 1880,81 mit der Verwaltung für, Ber g⸗, Hütten- und Salinen wesen fort. Bei Titel 3 (Hütten⸗ werke 18782 8355 S6) bemerkte der Abg. Baare, nach seiner Ansicht werde die vorgesehene Mindereinnahme durch die hö⸗ heren Verkaufsyreise nicht eintreten; er wolle ind keinen An⸗ trag stellen, die Einnahmeposition zu erhöhen, weil die Budget⸗ kommüssion sich bei dem niedrigen Anschlage, beruhigt habe. Er möchte aber bei dieser Position einiges hier unzutreffend Porgebrachte widerlegen. Es sei hier die Behauptung auf— gestellt worden, daß die Hütten- und Eisenindustrie bis jetzt feinen besonderen Nutzen von den wieder eingeführten Eisen⸗ zöllen gehaht habe, auch keinen haben würde, und daß der jetzt merkbare Aufschwung lediglich einem großen Bedarf in Amerika und zwar an Schienen beizumessen sei. Diese Behauptung sei zum Theil unrichtig. Denn der amerikanische Bedarf würde gedeckt aus der Ueberproduktion Frankreichs, Englands und Belgiens, von Deutschland sei wenig verlangt worden, nicht so viel, wie ein mäßiges Hüttenwerk oder eine einzige Gußstahlfabrik in Westfalen leisten könne. Man solle aber doch bedenken, daß man jetzt kurz nach Einführung des Zolles eine Wirkung desselben noch nicht erwarten könne, da Deutschland mit Halb- und Ganzfabrikaten vom Auslande noch im letzten Momente überschwemmt worden sei. Der Auf⸗ schwung vollziehe sich jetzt aus einem anderen Grunde, es sei ein neuer Pulsschlag in das gesammte Leben der Vation seit der Veränderung der Handelspolitik gekommen. Die Metall— industrie habe alle Ursache, mit ihrer augenblicklichen Lage zufrieden zu sein. Er gehöre indeß ebenso wie der Abg. Richter zu denjenigen, welche davor warnten, durch diese Besserung sich allzusehr ermuthigen zu lassen, um die alten schlummernden Betriebsmittel wieder zu erwecken und eine neue Ueberproduktion hervorzurufen. Die Erhöhung der Kohlen— preise, wie sie Dr. Hanimacher vorgeschlagen habe, könne er nur billigen, insofern es sich dabei um wenige Pfennige handeln würde. Wenn es dann getadelt werde, daß man die Kohlenproduktion einschränke, so bitte er darauf zu achten, daß der Monat No⸗ vember eine erhebliche Mehrproduktion gegen die letzten Jahre aufweise. Man habe den Hüttenwerken aus der Einschränkung der Produktion einen Vorwurf gemacht, weil den Arbeitern das Arbeitsfeld eingeschränkt werde und der Konsument, der dem Hause ja neben dem Kulturkampf alle Tage hier vorgeführt werde, darunter leiden solle. Er begreife nicht, wie der Konsument leiden könne, wenn die Produktion so groß sei, daß noch ein Drittel davon exportirt werden müsse. Die Volkswirthe soll en doch dankbar sein, daß man die werthvolle Substanz nicht so zu Bagatellpreisen aus der Erde herauswerfe. In seinem Wahlbezirk befänden sich 72 Zechen, die 170 000 900 Ctr. Kohlen förderten, mit 72 000 Arbeitern, die mit den Familien 206 000 Seelen repräsentirten. Wenn diese Werke, welche so ungeheuere Arbeitermengen beschäftigten und ihre Familien ernähren müßten, befürchteten, daß der Kornzoll die Ernährung der Arbeiter erschwerte, so würden die Besitzer derselben doch das allergrößte Interesse daran haben, gegen den Kornzoll vor— zugehen. Er fürchte sich nicht vor demselben und wenn in Ober— schlesien ein Nothstand bestehe, so beruhe derselbe auf anderen Um⸗ ständen, auf Zufälligkeiten, die mit den Zöllennichts zu thun hätten. (Abg. Rickert: Zur Sache!) (Die weiteren Ausführungen des Redners wurden vom Präsidenten mit der Bemerkung unter— brochen, daß eine weitere Abschweifung auf das Gebiet der Zollpolitik des Reiches zur Förderung der Etatsberathung nicht beitragen könne, Der Abg. Baare fuhr fort, daß er sich trotz aller theoretischen Verkehrtheiten, die er in den letzten Wochen hier gehört, der größten Zurückhaltung befleißigt habe, jetzt aber vom Gerechtigkeitsgefühl des Hauses erwarte, daß man ihn ausreden lasse. Der Abg. Richter habe darauf hin⸗ gewiesen, daß er in allen Dingen Recht behalten habe; er (Redner) erkläre aber offen, daß die Hauptschuld an den Kornzöllen der Abg. Richter habe. Hätte dieser Ab⸗ geordnete und die Freihandelspartei nicht so rücksichts—⸗ los die Bewilligung der Ausgleichungsabgabe bekämpft, so wäre es nie zu einem Schutzzolle gekommen. Wie ,. der Abg. Richter die Dinge aufgefaßt habe, zeige ein Beispiel. Bei der Vorlage wegen der Retorsionszölle habe derselbe gesagt, wenn das Haus nur noch kurze Zeit stille halte, so würde man mit den Eisenleuten bald fertig werden; auf der letzten Versammlung in Hagen seien nur 30 Menschen an⸗ wesend gewesen, und das seien nur Meister und die bekannten Kommerzien⸗Räthe gewesen. Der Abg. Richter brachte damals den Reichstag zur Ablehnung der Ausgleichungsabgabe und 6 oder 8 Wochen später hätten in Frankfurt a. M. über 400 Industrielle Deutschlands aus allen Branchen getagt. Er wolle dem Abg. Richter keinen Vorwurf machen; wenn er (Redner) auch die völlige Integrität und Interesselosigkeit dieses Ab— geordneten anerkenne, und die Verdienste des Abg. Richter, die derselbe sich durch Fleiß und Mühe bei Feststellung des Etats erworben habe, mit Bewunderung ansehe, so habe der⸗ selbe doch bezüglich der Handelspolitik einen verkehrten Weg eingeschlagen. Er (Redner) behalte sich vor, auf Einzelheiten später zurückzukommen.

Der Abg. Richter erklärte, es sei ihm nie eingefallen, zu be⸗ haupten, daß er in allen Dingen Recht habe; er habe sich nur bemüht, die Sache zu verfolgen, auch in ihren Wirkungen die thatsächlichen Erfolge den aufgestellten Behauptungen gegenüberzustellen. Der Nothstand sei nach Ansicht des Vor⸗ redners zufällig entstanden, habe mit der Zollpolitik nichts zu thun, dies sei aber nicht der Fall. Denn der Vorredner habe zugegeben, daß es zum Kornzoll nur dadurch gekommen sei, daß die Freihandelspartei die Erhöhung der Eisenzölle abge⸗ lehnt habe; der Vorredner habe den Kornzoll nur für die er⸗ . Eisenzölle bewilligt. Das sei die Art, wie man die

nteressen koalire und, um nicht einen schärferen Ausdruck zu gebrauchen, mit einander handele. Der Vorredner unterschätze die Nachtheile der Kornzölle und überschätze die Vortheile der Eisenzölle. Wenn derselbe meinte, er (Redner) hätte sich in Bezug auf den Umfang der Agitation für Eisenzölle geirrt,

so bemerke er, daß die 400 in Frankfurt a. M. versammelten Industriellen mit wenigen Ausnahmen der Eisen⸗ und Textil⸗ branche angehörten; die Eisen- und Textilschutzzöllner 6 die Sache gemacht, sie hätten sich organisirt, große Fonds zusammengebracht, sie hätten einen General-Sekretär u. s. w. angestellt, und trotzdem wäre die Sache vollständig aussichtlos gewesen, wenn nicht der Umschwung bei dem Reichskanzler sich vollzogen hätte. Die konservative Bartei, die jetzß neben dem Abg. Baare kämpfe, sei bis vorige Weihnachten ebenso entschieden für Freihandel und gegen Kornzölle, eingetreten, wie die Fortschrittspartei; der Um⸗ schwung in den Ansichten der Konservativen habe sich erst nach dem bekannten Briefe des Reichskanzlers vollzogen; und trotz der Schutzzölle könnten die Arbeitslöhne doch nicht erhöht werden. Der Vorredner habe selbst konstatirt, daß die Ein⸗ führung des Zolles der Eisenindustrie den Nachtheil gebracht habe, daß eine vermehrte Einfuhr stattgefunden habe, während alle Redner sonst von einer Belebung des Verkehrs in Folge der Zölle gesprochen hätten. Wenn dann der Vorredner den amerikanischen Bedarf als nicht einflußreich dargestellt habe, so könne er demselben nur die Berichte entgegenhalten, nach welchen stets die deut⸗ schen Preise mit denen des Auslandes in Uebereinstimmung gewesen seien. Der Hauptschade der neuen Zölle sei, daß der deutsche Markt abgeschlossen und die Konkurrenz auf demselben begrenzt werde, was leicht eine Ueberproduktion zur Folge haben könne. Man habe in Deutschland diese Ueberproduktion schon einmal zur Gründerzeit gehabt, als alle Eisenwerke kolossal und weit über das Bedürfniß hinaus vergrößert seien; z. B. hätten die Bochumer Werke ihre Anlagen bedeutend er⸗ weitert, wozu man nicht einmal festes Kapital, sondern Bank⸗ kredite benutzt habe. Derartige Dinge seien Schuld gewesen, daß eine Kalamität entstanden sei. Die damals diese An⸗ lagen vergrößert hätten, seien an der Kalamität Schuld und möchten jetzt ihre eigenen Sünden der Zollpolitik aufbürden.

Der Abg. Baare behielt sich seine Erwiderung für eine der nächsten Sitzungen vor, da der größte Theil der Anfüh⸗ rungen des Vorredners thatsächlich unrichtig seien, er kon—⸗ statire, daß die Verhandlungen über die Reichszollpolitik, die ausschließlich in den Reichstag gehörten, hier jeden Tag und zwar stets von den Freihändlern provozirt worden seien.

Persönlich bemerkte der Abg. Rickert, er habe den Abg. Baare nur zur Sache gerufen, was sein Recht sei, weil bei dem jetzt beliebten Tempo der Etat niemals zu Ende kommen würde.

Titel 3 und 4 der Einnahmen wurden genehmigt.

Bei Titel 5 (Salzwerke 4749 710 S ) protestirte der Abg. Dr. Hammacher dagegen, daß er eine Erhöhung der Salz⸗ preise befürwortet habe; er habe vielmehr nur behauptet, daß an der Produktionsstätte eine mäßige Erhöhung der Engros⸗ preise stattfinden könne, die auf den Preis im Detailhandel ohne Einfluß sein würde.

Der Regierungskommissar unterstützte die Behauptung des Abg. Hammacher, daß die Salzpreise durch eine Erhöhung der Preise an der Produktionsstätte nicht beeinflußt würden.

Hierauf wurden die weiteren Titel der Einnahme, und die gesammten dauernden und die einmaligen und außer⸗ ordentlichen Ausgaben bewilligt.

Es folgte der Etat der Bauverwaltung. (S. unter Landtagsangelegenheiten) Titel 1 bis 3 der Einnahmen wurden ohne Diskussion genehmigt.

Bei Titel 4 („Einnahmen aus der Ruhrschiffahrts⸗ und Ruhrhafenverwaltung 772 000 S“) nahm der Abg. Berger Veranlassung, auf die verschlechterten Verhältnisse der Ruhr⸗ schiffahrt hinzuweisen. Die Einnahmen, welche man von der Ruhr ziehe, sollten doch billigerweise wenigstens zum Theil zur Verbesserung der Schiffahrt auf derselben verwendet werden. Das sei seit Jahren nicht geschehen und so ein sehr bedeuten⸗ der Fonds aus den Ueberschüssen angesammelt worden, der im Laufe der Zeit die Höhe von 9 Millionen erreicht habe. Daraus seien allerdings sehr bedeutende Darlehen für An⸗ lagen, die durchaus nicht die Ruhr beträfen, entnommen wor⸗ den. Man solle doch nicht die Wasserwege den Eisenbahnen gegenüber vernachlässigen. Man würde einen großen Fehler machen, wenn man nicht Alles anwendete, um dem Verkehr diese Ströme zu erhalten. Im vorigen Jahre sei es nicht mehr möglich gewesen, die Schiffe auf der Ruhr mit der nöthigen Fracht zu beladen, weil die Fahrtiefe nicht mehr die normale sei. Er bitte die Regierung um Abhülfe dieser Mißstände, damit die Ruhr wieder zu ihrer früheren Bedeu⸗ tung gelange. .

Ver Regierungskommissar Ministerial⸗Direktor Weishaupt erklärte, er glaube nicht, daß dies Letztere jemals wieder der Fall sein werde, und wies darauf hin, daß mit der Zunahme der Eisenbahnen sich der Verkehr auf der Ruhr bedeutend ermäßigt habe; ja, der Kohlentransport sei seit 1878 auf Null gesunken. Die Königliche Staatsregierung werde dieser Ange⸗ legenheit stets ihre Sorgfalt zuwenden.

Der Abg. Berger nahm Akt von der Erklärung der Regierung, sie werde der Ruhrschiffahrt ihre Bemühungen zuwenden, damit dieselbe billigen und gerechten Ansprüchen

enügen könne. Die Ruhr werde dann, wenn sie in ge⸗ . Stand gesetzt sei, wieder von den Interessenten be⸗ nutzt werden.

Dieser, sowie die übrigen Einnahmetitel wurden bewilligt.

Zu Kap. 64 der dauernden Ausgaben Tit. 1 (Ge⸗

alt des Ministers 36 000 Æ) bemerkte der Abg. Schmidt Cen, daß der Finanz-Minister bei Einbringung des Etats in seiner einleitenden Rede seine Sympathien für Verbesserung der Wasserstraßen, und für Erweiterung und Verbesserung des Kanalsystems ausgesprochen habe; er habe zugleich erklärt, daß er trotz der Ungunst der Finanzverhältnisse keinen Anstand nehmen würde, in einem Nachtrags⸗Etat für gewisse Kanäle, die eine hohe Bedeutung hätten, die Bewilligung des Land⸗ tags nachzusuchen. Auf die Frage, ob solch ein Nachtrag zu erwarten sei, erklärte der Finanz⸗Minister, wenn man die Forderung im Nachtrags⸗Etat auf die Kanalisation des Main⸗ stromes von Mainz bis an den Rhein beschränke, so hoffe er die Vorlage eines Nachtrags⸗Etats in Aussicht stellen zu können.

Der Titel wurde bewilligt und dem Antrage der Budget⸗ kommission gemäß aus Konsequenz der früheren Beschluͤsse bei Tit. 3 die Funktionszulage für den Vorsteher des Central⸗ bureaus im Betrage von 1200 M gestrichen; im Uebrigen aber Kap. 64 unverändert genehmigt.

Bei Kapitel 65 (Bauverwaltung) Titel JI. (Bauräthe) klagte der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) über die unge⸗ heure Zunahme der Verwaltungskosten durch das immer zahl⸗ reicher werdende Heer der Beamten und das ins Unendliche wachsende Schreibwerk. Würden diese Uebelstände beseitigt, dann könnte man diese Verwaltung um die Hälfte reduziren; eine solche Radikalreform könne aber nur von der Regierung ausgehen. Die Baumeister des Mittelalters hätten nicht nur im Hochbau, sondern auch im Wasserbau, wie Venedig und und das germanische Venedig, nämlich Amsterdam, bewiesen, ohne solches Beamtenheer Großes geleistet. Und dabei genössen die heutigen Baumeister noch den Vortheil der modernen Ma⸗ schinen. Auch in England habe man diesen Beamtenapparat nicht und baue dort besser, als in Deutschland. Vielleicht führe ein Studium der dortigen Verhältnisse dazu, daß die hiesige Bauakademie ganz geschlossen werden könnte, denn in England kenne man keine Examina. Die hiesigen Eisenbahnbauten trügen den Stempel der Langeweile und des nutzlosen Luxus, dagegen lasse man die dringendsten Nützlichkeitsrück⸗ sichten oft außer Acht. Sehe man sich dagegen die Gemeinde⸗ und Privatbauten, besonders in Berlin, an, welche unabhängig von der Staatsaufsicht seien, so sei ein entschie⸗ dener Fortschritt im Styl zu konstatiren. In den Privat⸗ bauten gehe man jetzt wieder zum Naturbau und Rohbau über, aber im Allgemeinen werde es nicht eher besser werden, ehe nicht die große Macht und Ausdehnung der Bau⸗Hierarchie und die vielen bureaukratischen Bau⸗Instanzen vermindert würden. Das Haus werde ihm hoffentlich Dank wissen, daß er sich nicht auf das Gebiet der Zollpolitik begeben habe, und er würde sich sehr freuen, wenn das Haus seine Anregung nicht unfreundlich aufnehme.

Der Minister für öffentliche Arbeiten Maybach erwiderte, er stehe den Anregungen des Vorredners sympathischer gegen⸗ über, als derselbe vielleicht glaube. Die Bauorganisation in Preußen entspreche nicht den jetzigen Verhältnissen und Be⸗ dürfnissen. Die Organe in der Provinz müßten eine größere Selbständigkeit und Verantwortlichkeit erhalten. Er habe be— reits zu einer Reform der Bauverwaltung die Initiative er⸗ griffen, die auch gleichzeitig zu einer Reform der Ober⸗Bau⸗ deputation führen solle, ob man aber dazu gelangen werde, die Bauakademie zu schließen, das wisse er noch nicht.

Der Abg. Frhr. von Heereman wünschte die Ober⸗Bau⸗ deputation nur mit den Rechnungs- und Revisionsarbeiten betraut zu sehen, dagegen sollten die Pläne zu Staatsbauten durch bewährte Privatingenieure entworfen werden, denn beide Beschäftigungen seien unvereinbar.

Der Abg. von Meyer (Arnswalde) erklärte, daß er nur Sympathie, kein eigentliches Verständniß für die Baukunst habe; letzteres sei aber auch nicht unbedingt nöthig, um über eine Sache im Parlament zu sprechen. Unter den Königen Friedrich Wilhelm III. und Friedrich Wilhelm IV. seien viele Monumentalbauten ausgeführt, und viel Geld dafür veraus⸗ gabt worden. Das habe sich jetzt sehr geändert. Man baue jetzt eigentliche Monumentalbauten und Kunstbauten, für lange Dauer berechnet, gar nicht, sondern im wesentlichen stelle man nur Luxusbauten her. Ein solcher Luxus sei früher nicht be⸗ trieben worden. Man baue jetzt alle möglichen kostbaren Gebäude für Behörden, die auch mit ganz einfachen fertig werden könnten. Man möchte sie freilich auch künstlerisch herstellen, aber sie seien meistens vierstöckig. Davon sei ein Kasernenstyl entlehnt, in dem man unmöglich künstlerisch sein könne. In vier Stockwerken könne man künstlerisch nur bauen, wenn man mit Massen wirke, wie beim Königlichen Schloß. Gleichzeitig baue man jetzt bei praktischen Bauten oft mit einer unglaublichen Geschmacklosigkeit. Er wolle da ein Beispiel dem Hause vorführen, das gewiß Alle kennten. Es seien die drei Eisenbahnbrücken über den Rhein. Zunächst die Brücke, die er allein als künstlerisch bezeichnen könne, das sei die bei Coblenz. Dagegen liege in Cöln ein Ding über den Rhein weg, was einem kolossalen Kartenkasten ähnlich sehe. Man habe freilich diesen Kasten mit Statuen geschmückt, die man aber nicht sehen könne. Gehe man aber nun gar nach Mainz, da finde man ein wahrhaft barbarisches Gebilde, das über den Rhein fort— gehe. Der künstlerische Monumentalbau müsse wieder mehr gepflegt und bei den praktischen Bauten mehr gespart werden, wenn kein Geld dazu da sei. Die Gelegenheit zu Monumen⸗ talbauten sei immer noch vorhanden, wenn man den vom Könige Friedrich Wilhelm IV. angefangenen Dombau vollende.

Der Abg. Berger erklärte, er habe stets den Architekten die Monumentalbauten und die kostspielige Fagadenfabrikation, verbunden mit einer geringen Rücksichtnahme auf die prak— tischen Bedürfnisse, wie Heizung, Ventilation, Distribu⸗ tion der Räume zum Vorwurf gemacht und wünsche nicht, daß sie in diese Richtung zurückkehrten. Das Urtheil des Vorredners Über die Rheinbrücken theile er, aber zur Zeit des Baues der Cölner Brücke vor 20 Jahren sei man froh gewesen, eine so große eiserne Brücke zu be⸗ kommen. Man habe dabei Eisenverschwendung getrieben, und so wenig er eine solche an und für sich bekämpfe, so sei es doch gut, daß man bei Brücken von diesem Prinzip abgehe. Bei der Mainzer Brücke verfiel man in das andere System der Eisenersparung auf Kosten der Schönheit und erst bei der Coblenzer Brücke vereinigte man die Forderungen der Nütz⸗ lichkeit mit denen der Aesthetik. An den Dom werde man wieder denken, wenn sehr viel Geld da sei.

Der Abg. Dr. Reichensperger tadelte die unschönen Thürme auf der Cölner Rheinbrücke, im Brückenbau sei sonst auf dem Kontinent auch Vorzügliches geleistet, aber die äußere Aus⸗ stattung derselben lasse viel zu wünschen übrig.

Der Titel wurde bewilligt.

Bei Titel 2 (Bauinspektoren) richtete der Abg. Berger an den Minister die Anfrage, ob er nicht auch die Ernennung der Eisenbahnbaumeister zu Inspektoren ins Auge gefaßt habe

2 w 8. mim m e e wa e —— 3 * 2

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