zulässiger Weise argebrachte Rechtsmittel ist durch Verfügung der im Absatz 1 bezeichneten Behörde zurückzuweisen. Gegen die zurück weisende Verfügung findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an das zur Entscheidung auf die Klage berufene Verwaltungs- gericht statt. ;
Wird die Beschwerde oder Klage der Vorschrift des ersten Ab— satzes zuwider bei derjenigen Behörde angebracht, welche zur Beschluß— fassung oder Entscheidung darüber zuständig ist, so hat diese Behörde
das Schriftstück an die im Absatz 1 bezeichnete Behörde abzugeben, ehne daß dem Beschwerdeführer beziehungsweise Kläger die Zwifchen⸗
zit auf die Frist anzurechnen ist.
S. 65. Gegen polizeiliche Verfügungen des Regierungke⸗Präsi⸗
denten findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an den Ober—
Präsidenten und gegen den vom Ober⸗-Präsidenten auf die Beschwerde
erlassenen Bescheid innerhalb gleicher Frist die Klage bei dem Ober⸗ Verwaltungsgerichte nach Maßgabe der Bestimmungen des 5§. 62 Abs. 3 und 4 statt.
Gegen polizeiliche Verfügungen des Regierunges⸗Präsidenten in Sigmarlngen findet innerhalb zwei Wochen unmittelbar die Klage bei dem Ober⸗Verwaltungsgerichte statt.
Gegen die Landes verweisung steht Personen, welche nicht Reichs—⸗ angehörige sind, die Klage nicht zu.
§. 66. Der §. 6 des Gesetzes vom 11. Mai 1842 (Gesetz⸗ Samml. S. 192) findet auch Anwendung, wenn eine poltzeiliche Verfügung im Verwaltungsstreitverfahren durch re? tokräftiges End⸗ urtheil aufgehoben worden ist.
III. Abschnitt. ö . Zwangsverfahren. . S. 67. Der Regierung ⸗Präsident, der Landrath, die Orts- Polizeibehörde und die Gemeinde⸗ (Guts) Vorsteher sind berechtigt, die von ihnen in Ausübung der obrigkeitlichen Gewalt getroffenen, durch ihre gesetzlichen Befügnisse gerechtfertigten Anordnungen durch Anwendung folgender Zwangsmittel durchzusetzen:
1) Die Behörde hat, sofern es thunlich ist, die zu erzwingende Handlung durch einen Dritten ausführen zu lassen und den rorläufig zu bestimmenden Kostenbetrag im Zwangswege von den Verpflichteten einzuziehen.
2) Kann die zu eizwingende Handlung nicht durch einen Dritten leitet werden — oder sieht es seft, bah derk ert fich teren smn Stande ist, die aus der Ausführung durch einen Dritten entstehenden Kosten zu tragen, — oder soll eine Unterlassung erzwungen werden, so sind die Behörden berechtigt, Geldstrafen anzudrohen und festzu⸗ setzen, und zwar:
a. die Gemeinde (Guts⸗ i 6 fünf Mark, . ö ö.
b. die Ortspolizeibehörden in einem Landkreise bis zur Höhe von sechszig Mark,
(. die, Landräthe und die Polizeibehörden in einem Stadtkreise bis zur Höhe von Einhundert und fünfzig Mark,
4. der Regierungs- Praͤsident bis zur Höhe von Dreihundert
Mark. Gleichzeitig ist nach Maßgabe der §5§. 28, 29 des Strafgesetz⸗ festzusetzen, welche
Vorsteher zur von
buches für das Deutsche Reich die Dauer der Haft für den Fall, des Unvermögens an die Stelle der Geldstrafe treten soll. Der Höchstbetrag dieser Haft ist in den Fällen zu a2 — Ein Tag, b — Eine Woche, * n n, n . Zwei Wochen, . ö „ — Vier Wochen. Der Ausführung durch einen Dritten (Nr. I), sowie der Festsetzung einer Strafe (Nr. 2) muß immer eine schriftliche Androhung vor hergehen; in dieser ist, sofern eine Handlung erzwungen werden soll, die Frist zu bestimmen, innerhalb welcher die Ausführung gefor⸗ dert wird. ; 3) Unmittelbarer Zwang darf nur angewendet werden, wenn die Anordnung ohne einen solchen unausführbar ist. 5. 68. Gegen die Androhung eines Zwangsmittels finden die⸗ selben Rechtsmittel statt, wie gegen die Anordnungen, um deren Durchsetzung es sich handelt. Die Rechtsmistel erstrecken sich zugleich auf diese Anordnungen, sefern dieselben nicht kereits Gegenstand eines . Beschwerde⸗ oder Verwaltung sstreitverfahrens gewor⸗ e nd. ( Gegen die Festsetzung und Ausführung eines Zwangsmittels findet in allen Fällen nur die Beschwerde im Auffichtew kun erh al i ,, sch n Aufsichtswege innerhalb aftstrafen, welche an Stelle einer Geldstrafe nach §8. 67 Nr. 2 estzesetzt sind, dürfen in keinem Falle vor ö Se n fr nn. . GJ auf das eingelegte Rechts beziehungsweise vor auf der zur Ei esselbe ö. ö. i,, . , J S.. 69. Die Bestimmungen des gegenwärtigen und des zweite Abschnitts dieses Titels finden n, ,. . auf e ,, n. ö eä, ö zur Beaufsichtigung der Fischerei vom Staate beste ind (5. 46 des Fischereigesetz 30. Mai 1874. — Gesetzsamml. S. * 1 . Bei den Vorschriften des §. 6 des Gesetzes zur Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom 25. Junt 1875 (Gesetzsamml. k ö. . 39 Maßgabe sein Bewenden, daß die Klage altungsstreitverfahren inn ĩ ci zei ; . f h nerhalb einer Frist von zwei Wochen 8 Sänrn0.. Gegen die Androhung eines Zwangtsmittels Seitens Kemmissarien für die bischöfliche Vermögens verwaltung (Gesetz . 13. Februar 1878, Gesetzsamml. S. 87) findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an den Ober-⸗Präsidenten, und gegen den von dem Ober · Präsidenten auf die Beschwerde erlassenen Be scheid innerhalb gleicher Frist die Klage bei dem Ober Verwaltungsgerichte nach Maß⸗ gabe der Bestimmungen des §. 62, Abf. 3 und 1 statt. . Gegen die Festsek ung und Ausführung des Zwangsmittels findet nur die Beschwerde im Aufsichtswege innerhalb zwei Wochen statt. Mi ter nnen, . Polizeiverordnungsrecht.
. Soweit die Gesetze ausdrücklich auf den Erlaß besonderer polizeilicher Vorschriften Verordnungen, Anordnungen, Regle⸗ mente ze.) durch die Centralbehörden verweisen, sind die Minister befugt, innerhalb ihres Ressorts dergleichen Vorschristen für den ganzen Umfang der Monarchie oder für einzelne Theile derselben zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung dieser Vorschriften Geldstrafen bis zum Betrage von Cinhundert Mark anzudrohen.
Die gleiche. Befugniß steht zu: 1) dem Minister der öffentlichen Arbeiten in Betreff der Ueber—⸗ tretungen der BVorschriften der Eisenbahnpolizeireglements,
; 2) dem Minister für Handel und Gewerbe in Betreff der zur k . . . Hafenpolizei zu erlassenden t en, sofern dieselben sich über Gebiet ei inzel . ö fin das Gebiet einer einzelnen
um Grlasse der im §. 367 Nr. 5. des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich gedachten Verordnu die zuständi k gedach dnungen sind auch die zuständigen
8. 12. Der Ober-Präsident ist befugt, gemäß 8. 6, 12
des Gesetzes üher die Polizeiverwaltung ö ß, 1866 . Samml. S. 265) beziehungsweise der S§. 6, 12 und 13 der Verord— nung vom 20. September 1867 (Gesetz-Samml. S. 1.529) und des lauenburgischen Gesetzes vom J. Januar 1870 (Offizielles Wochen⸗ blatt S. 13) für mehrere Kreise, sofern dieselben verschiedenen Re—⸗ ierungsbezirken angehören, für mehr als einen Regierungsbezirk oder ür den Umfang der ganzen Provinz gültige Polizeivorschristen zu er⸗ lafsen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen bis zum ö 1 . ,, ,,.
ie gleiche Befugniß steht dem Regierungs- Präsidenten für mehrere Kreise oder für d Regi lere, ö s f en Umfang des ganzen Regierungs⸗
ie Befugniß der i ͤ izei i 6. . ß Regierung zum Erlasse von Polizeivorschriften
1 M). 1 M)
lch der Bestimmungen des 5§. 1 Abs. 2 Nr. 2 ausschließlich dem
einen Regierungèbezirk, oder auf die ganze Provinz erstrecken follen, dem Qber · Präside aten, soweit aber mit der Verwaltung dieser Zweige der Polizei besondere, unmittelbar von dem Minister für Handel und Gewerbe ressortirende Behörden beauftragt sind, den Letzteren zu. Die Befugniß des Regierunge-Präsidenten erstreckt sich auch auf e 9 solcher Polizeivorschriften für einzelae Kreise oder Theile ersel ben.
Für Zuwiderhandlungen gegen diese Vexordnungen können Geld— strafen bis zu Sechszig Mark angedroht werden.
1 J
. Bei den Vorschriften des Gesetzes vom 9. Mai 1853, betreffend die Erleichterung des Lootsenzwanges in den Häfen, und Binnen gewässern der Provinzen Preußen und Pommern (Gesetzsamml. S. 216) behält es mit der Maßgabe sein Bewenden, daß an die Stelle der Bezrksregierung der Regierun s Präsident :ritt.
S. 74. Die gemäß S8. 727, 73 von dem Ober-Präsidenten zu erlassenden Polizeivorschriften bedürfen der Zustimmung des Pro— vinzialrathes, die von dem Regierungs-Präsidenten zu erlassenden Polizeivorschriften der Zustimmung des Bezirks rathes. In Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, ist der Ober⸗Präsident, sowie der Regierungs⸗Präsident befugt, die Polizeivorschrift vor Einholung der Zustimmung des Provinzigalrathes beziehungtzweise des Bezirksrathes zu erlassen. Wird diese Zustimmung nicht innerhalb drei Monaten nach dem Tage der Publikation der Polizeivorschrift ertheilt, so hat der Ober⸗Praͤsident bezieh ingsweise der Regierungs-Präsident die Vorschrift außer Kraft zu setzen.
S. 7567. Polizeivorschriften der in den 88. 71. 72 und 73 be— zeichneten Art sind unter der Bezeichnung „Polizeiverordnung“ und unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des §. 71 beziehungsweise der §§. 72 oder 73, sowie in den Fällen des §. 72 auf die in dem⸗ selhen angezogenen gesetzlichen Bestimmungen durch die Amtsblätter derjenigen Bezirke bekannt zu machen, in welchen diefelben Geltung erlangen sollen. .
S J6. Ist in einer gemäß 5§. 75 verkündeten Polizeiverordnung der Heitpunkt bestimmt, mit welchem dieselbe in Kraft treten soll, so ist der Anfang ihrer Wirksamkeit nach dieser Bestimmung zu be— urtheilen, enthält aber die verkündete Polizeiverordnung eine solche Zeitbestimmung nicht, so beginnt die Wirksamkeit derselben mit dem achten Tage nach dem Ablaufe desjenigen Tages, an welchem das be— treffende Stück des Amtsblattes, welches die Polizeiverordnung ver⸗ kündet, ausgegeben worden ist. . 5.7 Der Landrath ist befugt, unter Zustimmung des Kreit⸗ ausschusses, nach Maßgabe der Vorschriften des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1856 beziehungsweise der Verord⸗ nung vom 20. September 1867 und des lauenburgischen Gesetzes vom 7. Januar 1859 für mehrere Ortspolizeibezirke oder für den ganzen Umfang des Kreises gültige Polizeivorschriften zu erlaffen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen bis zum Betrage von Dreißig Mark anzudrohen.
§. 78. Die Befugniß, orts oder kreispolizeiliche Vorschriften außer Kraft zu setzen, steht dem Regierungs-Präsidenten zu. Mit Ausnahme von Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, darf . Befugniß nur unter Zustimmung des Bezirksrathes ausgeübt verden.
Her de Befugniß des Ministers des Innern, jede (öorts, kreis‘, bezirks⸗ oder provinzial-) polizeiliche Vorschrift, foweit Gesetze nicht entgegenstehen, außer Kraft zu setzen (5. 16 des Gesetzes vom JJ. März 1869, 5§. 14 der Verordnung vom 26. September 1867, beziehungs⸗ weise des lauenburgischen Gesetzeg vom 7. Januar 1870) behält es mit der Maßgabe sein Bewenden, daß diese Befugniß hinsichtlich der Strom- Schiffahrts⸗ und Hafenpolizeivorschriften (8. 73) auf den Minister für Handel und Gewerbe übergeht.
Fünfter Titel. Uebergangs⸗ und Schlußbestimmungen.
§z. 79. In den Provinzen Posen, Schleswig⸗-Holstein, Hanno⸗ ver, Westfalen, Hessen⸗Nassau und der ö. bis in denselben auf Grund zu erlassender befonderer Gesetze die Ein“ setzung von Kreis und von Provinzialausschüssen bewirkt sein wird, die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes mit folgenden Maß gaben zur Anwendung:
7 an die Stelle des Provinzialrathes tritt der Ober ⸗Präsident; 2) als Bezirksrath fungirt ein Kollegium, welches aus dein Re⸗ gierungs ˖ Präsidenten als Vorsitzenden und aus den ihm beigegebenen Räthen und Hülftarbeitern gebildet wird, und zu dessen Beschluß fähigkeit die Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern mit Ein⸗ schluß des Vorsitzenden erforderlich ist;
Gesen 9 ö. . des ., tritt, soweit nicht die esetze für die Uebergangszeit einzelne Zuständigkeite elber = deren Behörden überweisen, der 3 ; ] J
Der Zeitpunkt, mit welchem diese Maßgaben in Wegfall kom⸗ , für jede Provinz durch Königliche Verordnung bekannt
7 S. 82. . Während des im 5. 79 bezeichneten Zeitraums finden die Vorschriften, welche die im §. 6 angeführten ö. in . der Stadtkreise enthalten, auf die selbständigen Städte in der Pro⸗ vinz Hannover mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Stadt · Ausschusses der Magistrat tritt.
§. 81. Die Stellvertretung des RegierungsPräsidenten bei der Regierung verbleibt den gegenwärtig mit derselben betrauten Ober Regierungs⸗Räthen für die Dauer ihres Amles. .
§. 82. Beamte, welche bei der auf Grund des gegenwart gen Gesetzes eintretenden Umbildung der Verwaltungsbehörden nicht ver— wendet werden, bleiben während eines Zeitraums von fünf Jahren zur Verfügung der zuständigen Minister und werden auf einem be⸗ ö Etat geführt.
iejenigen, welche während des fünfjährigen Zeitraums eine etatsmäßige Anstellung nicht erhalten, tret 2 i den n , ö . ,,
§. 835. Die zur Verfügung der Minister verbleibenden Beamten 6 . ,,, y,. der , e, men nehmung solcher Aemter zu unkerziehen, zu deren d e = nahme sie verpflichtet sein hen, . ö eren ft . r er , . des Orts ihrer letzten An⸗
; erhalten dieselben die zmäßi Reisekos ö gesetzmäßigen Reisekosten und
. 84. Die zur Verfügung der Minister verbleibenden B erhalten während des im 5 582 bezeichneten fünfjährigen ß 5 9 3 kö werden, unverkürzt ihr
nsteinkommen un en Woh ĩ ,,, nn,, .
8 Verkürzung im Einkommen ist es nicht anzusehen' wen die Gelegenheit zur Verwaltung von ö , ., . oder die Beziehung der für die Dienstunkosten besonders ausgesetz ten rn, diesen . selbst wegfällt.
An elle einer etatsmäßig gewährten freien Dienstwohnun tritt eine Miethsentschädigung na is . i ö schädigung nach der Servisklasse des Orts der
„S5. Die nach Ablauf des fünfjährigen Zeitraume q §z. 82 Abs. ? in den Ruhestand tretenden U , Pension nach den Vorschriften des Gesetzes vom 27. März 1872 8. S. 268) beziehungsweise deg 8. 6 des Gesetzes vom ö. .. . ,, * n. mit der Maßgabe
ension ohne Rücksi au ie Dauer Di ĩ j 60 / zo des ö zu bemessen ist. ö
S. 86. Den Verwaltungsheamten, welche zu den im 8. Gesetzes vom 27. März 18723 (Gesetz⸗Samml. S. 268) , Beamten gehören, kann ein Wartegeld bis auf Höhe des in dem genannten Gesetze bestimmten Pensionsbetragetz gewährt werden.
a görff Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1881
Auf die vor dem 1. April 1381 bereits anhängig gemachten
De
75. Die Befugniß, Polizeivorschriften über Gegenstände d Gtrom,, Schiffahrts und Hafenpolizei zu erlassen, 6, e g
Sachen finden in Beziehung auf die Zuständigkeit der Behö das Verfahren und die Zulässigkeit der ger, m gf dc g b ,
gen der früheren Gesetze, jedoch mit den im Titel II. Abschnitt 1 des
Regierungs⸗Präsidenten und, wenn die Vorschriften sich auf mehr als
/
setzen „und auf Grund des zustimmenden Beschlussez.“
gegenwärtigen Gesetzes bezeichneten Abänderungen Anwendung.
§. 88. Mil dem Tage des Inkrafttretens des gegenwärtigen eld en geren kö . ö. zweiten Titels, sowie die §§. 2, 2 un er Provinzialordnung vom 29. Juni z etzsamml. S. 297) aufgehoben. . K
Ingleichen treten mit dem gedachten Zeitpunkte alle mit den Vorschriften des gegenwärtigen Gefetzes in Widerspruch stehenden Be⸗ stimmungen außer Kraft.
Urkundlich 2c.
Gegeben ꝛe.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der St Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern . Rin — 36 30. ehe e e inkl. ö. er. zur Anmeldung ge— ommen: 1890 Eheschließungen, 869 Lebendgeb J k ßung ebendgeborene, 33 Todtgeborene,
Gewerbe und Handel.
In der gestrigen zweiten außerordentlichen Genera lver ; lung der Aktionäre der . Eisenbahn stand die Ueberlafsung der Bahn an' den Staat zur Berathung. Der der Generalversammlung zur Beschlußfass ung unter⸗ stellte Antrag lautete, nach der „Rat. Ztg.“ wörtlich:
Gen ralversammlung wolle beschlicßen:
1. Den von der Königlichen Staatsregierung der Gesellschaft angebotenen Betriebs ⸗ und Ueberlassungsvertrag, wie er der General— versammlung vom 14. Oktober 1879 mit dem Berichte des Lus— schusses und des Direktoriums vem 20. August d. J. vorgelegt wor— den ist, mit folgenden Maßgaben zu genehmigen: J) Im Eingange des Vertrags ist an Stelle der Worte „sowie der Zustimmung“ zu 2 . ö. ; Y) Im 5.7, Aysatz l, und im 5. 7, Absatz 3 des Vertrages ist statt „1. Fanuat 1833 zu setzen 2. Januar 1881.“ 3) Der 8§. 8 des Vertrages ist dahin zu fassen; ‚Dieses Abkommen wird hinfällig,“ wenn zu dem⸗ selben die verfassungsmäßige Genehmigung nicht bis zum J. Mai 1880 erlangt worden ist. 1II. Das Direktorium der Gesellschaft zu, ermächtigen und zu beauftragen, den oben bezeichneten Vertrag mit den zu J. 1 bis 3 vermerkten Maßgaben zu vollziehen. „Kraft besonderer Ermächtigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 2. d. M. erklärte der Staatskommiffar, Geheime Regierungs Rath Bensen, daß in Modifikation seiner in' der Generalversammlung vom 17. v. M. abgegebenen Erklärung die Königliche Staatsregierung sich mit der Verlegung des Termins, bis zu welchem die landesherrliche Genehmigung zu, dem Vertrage, betreffend den Uebergang des Berlin ⸗Potsdam⸗ Magdeburgischen Eisenbahnunternehmens auf den Staat ertheilt sein müßte, auf den 1. Mai 1880, würde einverstanden erklären können. — In der. Generalversammlung waren 290 Aktionäre erschienen, welche [895 Stimmen repräsenfirten. Es wurden abgegeben 7884 Stimmen, wovon 6749 Stimmen für den gedachten Antrag, 1135 Stimmen gegen denselben sich erklärten, so daß der Antrag mit mehr als dreiviertel Majorität angenommen worden ist.
Verkehrs⸗ An stalten.
; Stuttgart, 11. Dezember. (W. T. B.) Der „Staats⸗An⸗ zeiger für Württemberg“ meldet: Gestern ist zwischen Weinsberg und Heilbronn der Tender des Schnellzugs in Folge eines Radreifenbruchs entgleist; nab 2 Stunden war jedoch die Bahn wieder frei. Weitere nachtheilige felgen haben weder dieser Rad⸗ reifenbruch noch einige andere Fälle von Radreifensprüngen gehabt, welche gestern durch die Kälte verursacht worden.
Triest, 11 Dez em her. (W. T. B.) Der Lloyddampfer Ettore“ ist heute Rachmittags 53 Uhr von Konstantinopel hier an⸗ gekommen.
Berlin, den 12. Dezember 1879.
Cöln, 12. Dezember, 7 Uhr Vormittags. (Telegramm Die englische Post vom 11. Dezember früh, r n in. Verviers um 8, 21 Uhr Abends, hat den Anschluß in der Richtung nach Osnabrück nicht erreicht. Grund: Verspätete Abfahrt aus Verviers.
Das große Eisfe t, welches gestern, Donnersta „Abend auf dem See an der Rousseauinsel zum Besten der , e g gen stattfand, ist trotz des Thauwetters von 1584 Personen besucht wor⸗ den, die im Ganzen für den edlen Zweck 3431 M 10 3 gespendet haben. Nach Abzug der ziemlich bedeutenden Unkosten, die sich auf etwas über 10090 M belaufen werden, hofft das Comité etwa 2300 nach Oberschlesien senden zu können. Das Fest selbst gestaltete sich zu dem glänzendsten, das Berlin je in dieser Art gesehen. Quer über den See hin zogen sich Reihen farbiger Lampions; von den beiden Endpunkten der Eisbahn entsendeten elektrische Lampen ihren tageshellen Schein, und zu den bengalischen Flammen bildeten die schneeigen Ufer glänzende Reflektoren. Ab und zu erglänzte auch die Rousseguinsel in purpurnem Schein bengalischer Beleuchtung. Die Musikcorps des 2. Garde Regiments . F. und der Garde— Artillerie, beide in Uniform, spielten abwechselnd heitere Tanzweisen. Unter den Besuchern war die hohe Aristokratie vielfach vertreten.
Stuttgart, 9. Dezember. (Allg. Ztg.) Der Cirkus Her⸗ zog hat ein tragisches Ende genommen. Heute früh um ß brach nämlich in demselben auf eine bisher noch nicht aufgeklärte Weise — man vermuthet, in den Wirthschafts räumen — Feuer aus, das in weniger als einer halben Stunde den ganzen Cirkus in Asche legte. Bis die Feuerwehr auf dem Platze erschienen war, lag der Cirkus schon in Trümmern, und man hatte nichts Eiligeres zu thun, als die beiden Nachbarhäuser, welche schon lichterloh brann⸗ ten, zu löschen, was bei der strengen Kälte keine kleine Aufgabe war. Nur mit großer Mühe konnte ein Theil der Pferde durch Austrei⸗ bung aus den brennenden Stallungen gerettet werden, während 10 Pferde, 2 Hirsche, das ganje Sattelzeug und die ganze Garde—⸗ robe ein Raub der Flammen wurden. Leider sind auch zwei Menschen⸗ leben zu beklagen: ein Pferdewärter und dessen eben auf Besuch ge⸗ kommener Bruder, ein Matrose, kamen in den Flammen um und wurden als verkohlte Leichen aus dem Trümmerhaufen hervorgezogen. Für die Gesellschaft, welche in den nächsten Tagen nach Bresden üͤbersiedeln wollte, ist besonders der Verlust ihrer ganzen Garderobe her n ah, ö versichert ist, weil die Ver—
r gesellschaften derartige Unternehmungen r Versiche⸗ rung ausschließen. ; ,
Im Ngtionaltheater gelangt morgen das Trauerspiel 2. Hexe, von Arthur Fitger zur ersten Aufführung. Bas Drama hat in Bremen sehr viele Anerkennung gefunden‘ und ist bereits von vielen außwärtigen Bühnen angenommen worden.
Redacteur: J. V.: Riedel.
Verlag der Expedition Kessel). Druck: W. Elsner. Vier Beilagen
Berlint
(einschltes lich Börsen⸗Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
292.
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Aichtamlliches.
Preußen. Berlin, 12. Dezember. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (23) Sztzung trat das 23 us der Abgeordneten in die Berathung der von der Eisen⸗ bahnkommission vorgeschlagenen Resolutionen (s. Nr. 289 d. Bl.) und zwar zunächst der ersten, die finanziellen Garantien betreffenden, ein. Der Abg. Dr. Röckerath und Gen. hatten beantragt, hinzuzufügen:
Der Tarif der Normal ⸗Transportgebühren, deren Zusammen⸗ stellung den künftigen Etats beizufügen ist, darf ohne Zustimmung des Landtages nicht geändert werden. Wenn der Landtag nicht versammelt ist, kann die Staatsregierung in dringenden Fällen Aenderungen vornehmen. Dieselben sind dem Landtage bei seinem nächsten Zusammentritt sofort zur Genehmigung vorzulegen.“
eventuell folgenden Antrag anzunehmen:
Allgemeine oder für einzelne Klassen angeordnete prozentuale Erhöhungen des Tarifs der Normal ⸗‚Trantportgebühren, deren Zu⸗ sammenstellung den künftigen Etats beizufügen ist, bedürfen der Zustimmung des Landtages. Wenn der Landtag nicht versammelt ist, kann die Staatsregierung in dringenden Fällen solche Er— höhungen vornehmen. Dieselben sind dem Landtage bei seinem nächsten Zusammentritt zur Genehmigung vorzulegen.“
Der Abg. Dr. Reichensperger (Olpe) erklärte sich gegen die Resolutionen. Die Garantien, deren Nothwendigkeit man in der Generaldiskussion so scharf betont habe, schienen jetzt wenig Interesse mehr bei der Majorität dieses Hauses zu finden. Die Resolutionen, welche die Kommission dem Hause vor⸗ schlage, als finanzielle und wirthschaftliche Garantien zu be— zeichnen, sei ihm unverständlich. Er vermisse darin Alles, was von Garantien gefordert werden könne. Es handele sich darum, das Gleichgewicht des Etats zu sichern und gegenüber der einseitig vermehrten ministeriellen Macht ein Gegengewicht in der Landesvertretung zu finden. Letzteres könne nur durch eine entsprechende Vermehrung derRechte des Landtags geschehen; damit dürfe man aber nicht auf eine ferne Zukunft vertröstet werden, sondern es heiße: hie Rhodus, hie sasta! Durch die finanziellen Garantien würden dem Hause nicht neue Rechte gegeben, sondern Beschränkungen der Befugnisse statuirt, Beschränkungen, gegen die er freilich nichts einzuwenden habe; es sei namentlich gut, daß die Amortisation der Schulden nicht durch Uebernahme anderer Schulden bewirkt werden solle. Sodann sei die ver⸗ langte Vorlegung der Normaltarife zugleich mit dem Etat nur ein Supplement des Etats, das man dem Hause auch früher auf Verlangen nicht verweigert hätte. Damit werde dem Hause aber nicht der mindeste Einfluß auf die Höhe der Tarife gegeben. Die Tarifgebühren seien eine Art indirekter Abgaben, die nicht der Diskretion des Ministeriums zu über⸗ lassen seien. Das Centrum habe deshalb beantragt, daß jede Erhöhung der Normaltarife der vorläufigen oder nachträglichen Genehmigung des Hauses bedürfe. Das Haus muüsse doch mindestens die Einholung seiner Zustimmung zu solchen alle Verkehrsverhältnisse tief berührenden Aenderungen verlangen. Es sei eine übermäßige Bescheidenheit, zu behaupten, dieses Haus besitze nicht die Einsicht, um solche technischen Fragen zu prüfen. In der Mitte dieses Hauses seien doch Männer genug, die gründliche Kenntnisse des Eisenbahnwesens hätten. Sollten dieselben nicht einmal zu einer Kritik der Tarife be⸗ fähigt sein? Wenn die Regierung, wie sie sage, eine Erhöhung gar nicht beabsichtige, dann brauche sie doch eine solche Kon⸗ role ge mi nicht zu scheuen. Dadurch, daß die Regierung dem Reichstage das Gütertarifgesetz vorlege, erkenne dieselbe an, daß Parlamente wohl fähig seien, die Tarife zu bestim⸗ men. Der Einwurf, daß das Haus der Reichsgesetzgebung vorgreifen würde, sei auch nicht stichhaltig; er wisse ganz gut, daß Reichsrecht Landesrecht breche; deswegen aber brauche man nicht die Materien, die das Reichsgesetz nicht regeln werde, dem Minister zu überlassen. Die ganze Resolution sei nur eine Gewissensberuhigung der Kommission ohne praktische Wirksamkeit. Er stimme deshalb gegen die Resolution.
Der Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch entgegnete, man dürfe die Fragen, die bei diesen wirthschaftlichen und finanziellen Garantien in Betracht kämen, nicht für sich allein, und aus dem gesammten Staatsrecht herausgelöst, sondern müsse sie im Zusammenhang mit diesem betrachten, und da sei er allerdings anderer Ansicht als der Vorredner. Er habe mit Freude begrüßt, daß derselbe den staatsrechtlichen Zustand Preußens demjenigen anderer Länder vorziehe, wo das Votum der Landesvertretung für das Ministerium ent— scheidend sei; aber so machtlos, wie der Vorredner es dar— telle, seien Landes- und Reichsvertretung doch nicht, denn ,. die Geschichte des letzten Jahres — und das sollte der
orredner und seine Partei am allerbesten wissen — habe mit Evidenz gezeigt, daß auch die kräftigste Regierung auf die Dauer der Mitwirkung einer starken Mehrheit in der Volksvertretung nicht entrathen könne. Es sei aber auch falsch, daß, wie der Abg. Reichensperger sage, eine einseitige Erwei⸗ terung der Rechte der Staatsregierung vorliege. Denn wenn die Befugnisse des Staats sich erweiterten, so erweiterten sich auch in demselben Maße die Befugnisse der Landesvertretung. Der Vorredner halte die Regelung der intrikaten und technisch schwierigen Materie der Tarife durch den Landtag für möglich, weil einzelne Personen in derselben seien, welche die Sache k verstehen glaubten. Es wäre eine schwere Gefahr ür eine solche Versammlung politischer Natur und in ihrem In⸗ teresse nicht zu wünschen, daß sie mit solchen Interessenfragen beschäftigt würde. Das preußische Staatsbahnnetz sei kein abgeschlossenes Wirthschafisgebiet, sondern die Einheit bilde hier das gesammte Reich. Hier müßten die Tarife einheitlich geregelt werden, und das erste Erzeugniß dieses Bedürfnisses sei der Normaltarif. Diese Einheit könne nicht bestehen, wenn jeder einzelne Landtag die Tarife der Staatsbahnen bestimme. Preußen dürfe nicht im Neiche die einheitliche Regelung for⸗ dern und in seinem Gebiete besondere Bestimmungen erlassen. Die Konsequenz des Gedankens, daß der Staat mit dem laisser faire auf wirthschaftlichem Gebiete brechen müsse, i daß das Schwergewicht der Aktion auf das Reich fallen müsse. Die Verstaatlichung der Bahnen in Preußen sei daher nur der erste Schritt zur Verwirklichung des Reichseisenbahnpro⸗ jekts, sei es, daß das Reich die Eisenbahnen später als Eigenthum erwerbe oder sein Aufsichtsrecht so ausdehne, daß das der Ein⸗
Berlin, Freitag, den 12. Dezember
zelstaaten zu einem Schemen werde. Zwingende Gründe habe der Vorredner für seine Vorschläge nicht beigebracht. Eine Er⸗ höhung der Tarife, wie die 20prozentige im Jahre 1875, werde die Regierung nicht vornehmen, denn ein gebranntes Kind scheue das Feuer. Die wesentliche Gefahr beim Ueber⸗ gang zum Staatseisenbahnsystem liege auch nicht in einer Er— höhung, sondern darin, daß die wirthschaftlichen Interessen zu einer Herabsetzung der Tarife drängten. Die lebendige Wechselwirkung der Verwaltung mit dem Verkehrsleben und das Vermeiden eines starren Bureaukratismus werde durch den Eisenbahnrath allein nicht erreicht. Dazu seien aber andere als gesetzgeberische Maßregeln nöthig. Die besondere Vorbildung der Eisenbahnbeamten müsse wie die der andern Staatsver⸗ waltungsbeamten vom Staate übernommen werden. Ein Centralcomits für die Prüfung der wichtigsten Erfindungen, wie es sich beim Militär trefflich bewährt habe, werde sich auch für die Eisenbahnen empfehlen; endlich sollten, wie in Amerika, Agenten angestellt werden, die den Bahnen den Ver⸗ kehr zuführten und die Bahnen selbst dem Verkehrsbedürfniß nutzbar machten. Das Zustandekommen der Verständigung zwischen der Kommission und der Regierung in dieser Reso⸗ lution habe Preußen vor einer zweiten Auflage des Francken⸗ steinschen Antrags bewahrt, die wohl den Meisten in diesem Hause nicht durch eine kirchenpolitische Sauce schmackhafter ge⸗ macht würde, als durch eine föderalistische. Es gebe Leufe, die sich rühmten, sehr zeitig aufzustehen, aber andere seien auch keine Langschläfer, und während jene sich noch bemühten, den „Strom der Zeit zu benutzen“, handelten die Anderen, und eines schönen Tages habe sich gefunden, daß das Zünglein an der Waage ihren Händen entrutscht sei, und hätten die Frühaufsteher gefunden, daß ihre Stimmen werthlos ge⸗ worden seien. Er halte das für einen wesentlichen Vortheil; er sehe als ein günstiges Omen für die zukünftige Entwicke⸗ lung der preußischen Verhältnisse an, daß bei der ersten großen politischen Gelegenheit diejenigen Parteien, welche das Sozialistengesetz zu Stande gebracht hätten, diejenigen Parteien, von welchen der Reichskanzler damals erklärt habe, die Regierung darauf stützen zu wollen, sich wieder zusammengefunden hätten, und er glaube, dieser Vorgang werde ein günstiges Omen sein, daß die konservativen und liberalen Elemente im Verein mit der Regierung die Geschicke Preußens lenken würden, zu dem, was alle wünschten und hofften: zum Wohle des Vaterlandes!
Der Abg. Richter erklärte, er wolle dem hohen Gedanken—⸗ fluge des Vorredners nicht folgen und sich speziell an die Garantiefrage halten. Der Abg. Miquel habe bei der ersten Lesung der Eisenbahnvorlage seine Abstimmung von der An⸗ nahme gewisser Garantien abhängig gemacht. Wie die soge⸗ nannten Garantien jetzt vorlägen, 36 sie nicht im Stande, den Gegner der Staatsbahnen zu gewinnen oder den Freund zu erschüttern; der Minister selbst hätte sich dieselben nicht besser redigiren können; er halte diese Garantien nicht für Verbesserungen sondern für Verschlechterungen des Gesetzes. Als finanzielle Garantien in Gestalt gegebener Einrich— tungen seien dem Staate die Amortisationspflicht ge— genüber der Prioritätenschuld von 700 Millionen und die Einrichtung des Erneuerungs⸗ und Reservefonds über— kommen. Durch die vorgeschlagenen Garantien würden die— selben abgeschafft, die Amortisationspflicht durch den gestrigen Beschluß und die beiden Fonds, mehr als 30 Millionen bei den vier gekauften Bahnen, also ein größerer Betrag als der erst zu schaffende Fonds enthalten solle, werde von dem Mi⸗ nister sofort für Sekundärbahnen aufgezehrt, während die Ab⸗ nutzung fortdauere, für deren Ausgleichung der Erneuerungs⸗ fonds nicht ausgereicht habe und der Reservefonds bestimmt gewesen sei, und die Substanz sich vielleicht während der Ver⸗ kaufsverhandlungen verschlechtert habe. Denn während der⸗ selben hatten die Privatbahnen nicht das Interesse gehabt, Er⸗ neuerungen zu machen, sondern hohe Dividenden zu erzielen und dadurch den Kaufpreis zu erhöhen. Für den zu schaffen⸗ den Reservefonds werde die Autorität Hannovers von den Abgg. Berger und Miguel und auf die vorzüglichen, vorsichtigen Maßregeln hingewiesen, die bei der Eisenbahnverwaltung für Hannover ge⸗ . seien. Er habe sich die Dinge nun genauer angesehen, weil ja die Autorität der Hannoveraner so groß sei, daß, wenn im Reichstag oder hier im Hause die Abgg. von Ben⸗ nigsen, Miquel und Windthorst über eine Frage einig seien, die übrigen preußischen Abgeordneten gut thun würden, sich ruhig in ihr hannoversches Schicksal zu fügen. Zum Glück seien die drei Herren fast niemals einig. Aber dieser ge⸗ rühmte hannoversche Reservefonds existirte nur auf dem Papier, sei in Wirklichkeit gar nicht vorhanden gewesen. Der sehr kompetente Kenner und Kritiker der hannöverschen Ein⸗ richtung, Lötzen, sei ein entschiedener Gegner des Reserve⸗ fonds, ohne den Hannover seine Eisenbahnanleihen billiger hätte auf den Markt bringen können, manche gar nicht zu machen nöthig gehabt hätte, und der nur im Zusammenhang mit der ganzen hannoverschen Finanzverwaltung zu verstehen sei, die keine einheitliche gewesen sei; der König habe die Einnahmen aus Domänen und Forsten bezogen und habe aus ihnen die Kosten für Militär und. Justiz ohne Mitwirkung der Stände bestritten. Was nun die Eisen⸗ bahnkasse anbetreffe, so müsse man dieselbe, die auf die größe⸗ ren Verhältnisse Preußens ohnehin nicht passe, nicht in dem Licht der hannoverschen Autorität betrachten, sondern nach ihrem Werth an sich und für Preußen. In diese Kasse käme überhaupt erst etwas hinein., wenn die Normalrente über⸗ schritten werde. Was zur Zeit als eine solche gelte, bleibe schon um 10—15 Millionen ö. der normalen Verzinsung des Anlagekapitals zurück. Werde dieselbe überschritten und etwas in die Kasse gelegt, dann trete der gefährliche Moment ein, in dem sich der Eisenbahnhaushalt von dem Staatshaus⸗ halt thatsächlich trenne. Wenn man nach Garantien . dann stelle man der Macht des Eisenbahn⸗-Ministers eine ver⸗ stärkte Macht des Finanz⸗Ministers und aller der Organe
angerufen
nehmen berufen seien. Rechtlich werde die Stellung derselben
nicht vermindert, aber thatsächlich. Sobald der Reserve⸗
. welche die allgemeinen Finanzinteressen wahrzu⸗
fonds sich fülle, leide der Eisenbahn⸗Minister keine Ein⸗
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mischung des Finanz⸗Ministers und berufe sich darauf, daß sein Ressort seine Finanzen für sich habe und daß sie ihre Garantie im Reservefonds hätten. Daneben trete derselbe nach der natürlichen Neigung aller Eisenbahn⸗Minister als allgemeiner Wohlthäter durch Erbauung neuer Bahnen und Herabsetzung der Tarife auf Kosten der allgemeinen finanziellen Ordnung auf. Wenn durch die Bildung des Reservefonds der Eisen⸗ bahnetat aus dem allgemeinen Finanzetat ausgeschieden würde, welches Interesse bestehe dann noch ihn vom allgemeinen Fi⸗ nanzstandpunkte aus zu kritisiren? Wenn man Ausgaben absetze, so erhöhe man damit nur den Zuschuß zum Reserve⸗ fonds oder der Zuschuß aus demselben werde vermindert. Da⸗ hinter stehe kein lebendiges Interesse zu einer ener ischen Prü⸗ sung. Die scharfe Prüfung des jNleichshaushalts tats beruhe ja darauf, daß jeder Ausgabenverminderung eine Verminde⸗ rung der Last der Matrikularbeiträge gegenüberstehe. Die Trennung des Eisenbahnhaushalts vom allgemeinen Haushalt würde einen Wetteifer im Fordern und An⸗ bieten neuer Linien hervorrufen, der mit der fortschreitenden Verstaatlichung wachse. Man würde sich dabei immer auf die Ueberschüsse im Reservefonds berufen, während doch nachher der allgemeine Etat dafür aufkommen müßte. Der Minister habe eine Schwankung in den Eisenbahneinnahmen nicht ent⸗ decken können; da aber das vergrößerte Eisenbahnnetz nicht mehr einbringe, als das frühere kleinere, so seien die Ein⸗ nahmen im Verhältniß zum Anlagekapital erheblich zurück⸗ gegangen. Das beweise die Reichsstatistik und auch die Angaben im Etat, wonach die Einnahmen der Staatsbahnen seit 1874 / 75 um 11 Proz. zurückgegangen seien. Nicht blos von den größeren oder kleineren Transportmengen hänge der Ertrag der Eisen⸗ bahnen ab, sondern auch von den Schwankungen der Kohlen⸗ und Eisenpreise. Wenn man die Eisenbahnverwaltung aus dem allge⸗ meinen Etat loslösen wolle, dann sollte man doch auch das Extra⸗ ordinarium derselben vom Etat loslösen, das sei aber nicht ge⸗ schehen. Die Ueberschüsse sollten dem Reservefonds zu Gute kommen, aber die außerordentlichen Ausgaben fielen dem allgemeinen Haushalt zur Last, d. h. den Steuerzahlern. Dadurch werde der Staatshaushalt unklarer und weniger übersichtlich; das sei nicht blos eine Schönheitsfrage, sondern es erschwere die Kontrole. Die Finanzlage sei jetzt eine so mißliche, daß man manche Ausgaben zurückstelle; wenn nun nachher Ueberschüsse bei den Eisenbahnen hervorträten, und man diese zurückgedrängten Bedürfnisse befriedigen wolle, dann müsse erst der Reservefonds gefüllt werden. Den Steuer⸗ zahlern seien durch die Beschlüͤsse des Reichstags bedeutende Dpser auferlegt worden, so daß man allen Ernstes daran denken müsse, die versprochenen Steuernachlässe wirklich her⸗ beizuführen, und in diesem Augenblicke schaffe man eine Ga⸗ rantie, die zwinge, die Ueberschüsse der Eisenbahnen in einen Reservefonds zu legen. Der ganzen Sache liege ja etwas Richtiges zu Grunde, das Unrichtige sei nur, daß man den richtigen Grundsatz in eine Schablone bringen zu können glaube, die vielleicht jetzt richtig sein möge, die aber in einem Jahre es vielleicht nicht mehr sei. Man wolle ein Gesetz machen, nach welchem die Befugniß dieses Hauses und aller⸗ dings auch die des Herrenhauses und der Regierung in Bezug auf den Etat eingeschränkt werde. Wenn das Abgeordnetenhaus dies später nicht mehr für richtig halte, so könne es seine . Freiheit nur mit Zustimmung des Herrenhauses und der Regierung wieder erlangen. Darin liege eine erhebliche Abschwächung der konstitutionellen Be⸗ fugnisse. Der ganze Einfluß des Abgeordnetenhauses beruhe in seiner Stellung zu der Geldbewilligung und man sollte sich hüten, diese schon sehr beschränkten Rechte noch mehr zu beschränken. Was viel wirksamer dem Grundgedanken der Garantien Rechnung tragen würde, wäre das volle Steuer⸗ bewilligungsrecht des Hauses. Dann würde das Haus bei allen Bewilligungen für Eisenbahnzwecke stets inne werden, daß Alles nur auf Kosten der Steuerzahler geschehe, und daß jede Ersparniß einen Steuerlaß darstelle. Darin liege eine viel wirksamere Garantie, als in den hier vorgelegten Reso⸗ lutionen.
Der Abg. Dr. Miquel erklärte, der Abg. Richter habe den Einfluß der Hannoveraner hervorgehoben, und behauptet, Hannover habe eigentlich Preußen annektirt. Dies sei aber durchaus nicht der Fall; wenn sich der Abg. Richter den Band der Gesetzsammlung von 1867 ansehe, so werde derselbe finden, daß Hannover in diesem Diktaturjahre unter Zustimmung der liberalen Majorität mit preußischen Gesetzen förmlich über⸗ schwemmt sei; auch nachher habe man den Hannoveranern viele berechtigte Eigenthümlichkeiten genommen; so daß von einer Annexion Preußens durch Hannover nicht die Rede sein könne. Zur Sache selbst bemerke er, daß es sich hier um eine wirthschaftliche Frage handele und der Abg. von Zedlitz thue Unrecht, diese Frage vom politischen Standpunkte zu be⸗ handeln. Was die Resolutionen anlange, so habe der Abg. Richter behauptet, daß er und seine Freunde die Garantien nur annähmen, weil sie hannoversche Einrichtungen seien. Das sei durchaus unzutreffend, denn er billige die in dieser Richtung in Hannover bestandene Institution durchaus nicht, viel weniger noch wolle er sie für Preußen. Was die Resolution anlange, so sei nicht zu übersehen, daß das Haus an sie nur insoweit gebunden sei, als es nicht etwas Besseres finde; aber die Regierung werde durch diese Resolution zur Vorlegung eines entsprechenden Gesetzes ver⸗ pflichtet. Doch glaube er nicht, wie der Abg. Reichensperger, die . zu der Vorlage noch in der laufenden Session drängen zu sollen, halte es vielmehr der großen Schwierig⸗ keiten und mannigfachen Erwägungen, halber für rathsam, bis zur nächsten Session zu warten. Die Garantien seien zwar verschiedentlich kritisirt worden, aber die Kritiken seien alle unfruchtbar, Niemand, auch nicht der Abg. Richter, habe etwas Besseres, Positives vorschlagen können. Niemand habe es angefochten, daß der Staat, als solider Verwalter, die allmähliche Amortisation durchführen müsse. Damit werde auch der Abg. Richter wohl einverstanden sein. Von der Kommission seien die allerdringendsten Momente dafür geltend gemacht worden, daß es an der Zeit sei, thun⸗ lichst regelmäßig, mindestens aus den Ueberschüssen, zu einer
Amortisation überzugehen. Die Erwägung, daß Preußen ohne