seien sehr unsicher und oft im Widerspruch mit den Erfah
rungen der Praktiker. Diese verlangten z. B. stellenweise die⸗
kö statt der Winterschonzeit, wie sie in den usführungsbestimmungen festgesetzs sei. Das Fischerei⸗ gesetz erfahre zwar durch den vorliegenden Gesetzentwurf eine wesentliche Verbesserung, zeige aber doch mannigfache Mängel; namentlich müßten die auf Grund des §. 22 dieses Gesetzes erlassenen Ausführungsverordnungen einer Revision unterworfen werden. Er frage deshalb die Regierung, ob sie bereits Bedacht genommen habe, diese Ausführungsbestimmungen und das Gesetz selbst zu revidiren, damit die berechtigten Interessen der Fischer gewahrt blieben.
Der Regierungskommissar erwiderte, das vorliegende Gesetz sei in Folge eines Beschlusses dieses Hauses vom 5. —à d. J. entworfen und sei die Regierung bemüht, den Beschwerden, welche aus den betheiligten Kreisen hervorgegan⸗ gen, abzuhelfen. Diese Beschwerden ebenso, wie auch die heu— tigen Beschwerden des Abg. Grumbrecht seien weniger gegen das Gesetz als gegen die Ausführungsverordnungen zu dem⸗ selben gerichtet. Das gegenwärtige Gesetz solle zunächst haupt⸗ sächlich dem Aalfang zu Hülfe kommen. Aenderungen von Fischereigesetzen seien bei den Fortschritten der Wissenschaft unausbleiblich; das englische Fischereigesetz sei seit 1863 sechs⸗ mal verändert. Die Ausführungsverordnungen seien nach sorgfältiger wissenschaftlicher Prüfung und nach Anhörung der Provinzialbehörden, in denen durchweg sachkundige Prak—
tiker gewesen seien, erlassen worden. Die Staatsregierung sei
bereits jetzt beschäftigt, das Material behufs Reyision diefer Verordnungen zu sammeln und zu sichten, um dann auf Grund von Gutachten Sachverständiger Abhülfe zu schaffen.
Der Abg. Schmidt (Stettin) beantragte, die Vorlage an die Agrarkommission zu überweisen. Das Gesetz sei erst vor 2 Jahren erlassen und doch werde es schon jetzt in vielen Petitionen bekämpft, sogar in Bezug auf solche Bestimmungen, welche noch gar nicht zur Ausführung gekommen seien. Die Erklärungen des Regierungskommissars Über die Revision seien dankbar anzuerkennen.
Der Abg. Kropp bat, den Gesetzentwurf an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern zu verweisen, weil die Agrar⸗ kommission nach anderen Gesichtspunkten gewählt sei. Er wünsche nicht, daß die Angelfischerei gänzlich verboten, und der Eisvogel der Vertilgung preisgegeben werde.
Der Abg. Dr. Langerhans erklärte, die Interessen der Fischer würden durch das Fischereigesetz eher gefördert, als geschädigt. Die Resultate der Wissenschaft seien hier nicht so unsicher. Die Befugniß, Ausnahmen von dem Gesetze zu ge— statten, dürfe nicht dem Regierungs⸗-Präsidenten, son dern nur dem Ober⸗Präsidenten ertheilt werden. Er bitte, den Gesetz— entwurf an die Agrarkommisston zu überweisen.
Der Abg. von Heyden konstatirte, daß durch Artikel Il. der Vorlage die im 5. 2 des Fischereigesetzes für die pommer— schen Gewässer enthaltenen Ausnahmebestimmungen nicht be— rührt würden. Er müsse sich beschweren, daß in den Aus— führungsverordnungen der verschiedenen Provinzen bisweilen für dieselben Fische desselben Gewässers verschiedene Schon⸗ zeiten bestimmt seien.
Letzteres bestätigte der Abg. von Lattorff bezüglich eines Grenzbaches zwischen den Provinzen Hannover und Sachsen.
Der Regierungskommissar entgegnete, die Einführung verschiedener Schonzeiten für verschiedene Theile eines Gewäs⸗ sers, z. B. für den unteren Theil und das Quellengebiet sei oft im Interesse der Fischerei geboten.
Der Abg, von Lattorff führte aus, in dem von ihm an— geführten Falle gelte eine verschiedene Schonzeit für die beiden Ufer derselben Stelle eines Gewässers; ein solcher Zustand sei nicht gerechtfertigt. .
Hierauf wurde der Gesetzentwurf an die Agrarkommission überwiesen, womit die Tagesordnung erledigt war.
Der Präsident theilte mit, daß er die Absicht habe, am Sonnabend noch eine Sitzung abzuhalten und dann has Haus bis zum 8. Januar zu vertagen.
Der Abg. Dr. Windthorst bat, die Vertagung schon heut eintreten zu lassen; die heutige Leere des Hauses lasse er⸗ warten, daß das Haus Sonnabend nicht mehr beschlußfähig sein werde, und überdies sei der Sonntag kein zum Reisen geeigneter Tag. Diesem Wunsche trat das Haus nicht bei und vertagte sich um 2 Uhr.
n der heutigen der Abgeordneten, Arbeiten Maybach,
(30.) Sitzung des Hauses welcher der Minister der öffentlichen der Minister der geistlichen 2c. Angele— genheiten von Puttkamer und mehrere Kommissarien bei— wohnten, gelangte die Interpellation des Abg. Grafen Wintzingerode zur Verlesung, welche lautet:
I) Beabsichtigt die Königliche Staatsregierung, noch in dieser Session den Entwurf einer Wegeordnung vorzulegen? und, falls diese Frage verneint werden sollte,
2 welches sind die besonderen Gründe, welche gegenwärtig die Weiterverfolgung gesetzgeberischer Arbeiten hindern, deren Dringlichkeit von der Königlichen Staatsregierung noch während der letzten Legislaturperiode ausdrücklich anerkannt ist?
. Auf Anfrage des Präsidenten erklärte sich der Staats— Minister Maybach zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit. Der Interpellant motivirte dieselbe sodann namentlich mit dem Hinweis, daß die Kreisordnung in ihren Grundzügen auch durch die jetzt zur Berathung stehenden Organisations⸗ gesetze nicht so alterirt werden würde, daß man nicht schon vor Hustandekommen derselben die so dringliche Wegeordnung berathen könne. Kämen die Organisationsgesetze dann zu Stande, so brauchten in der Wegeordnung' nur einige Kom⸗ petenzhestimmungen geändert zu werden. Dieselbe bedürfe generelle, nicht Spezialbestimmungen. Der Staatt-Minister Maybach antwortete auf den ersten Theil der Interpella⸗ tion in Hinblick auf die Geschäftslage des Hauses verneinend, obwohl die Regierung das Bedärfniß zum Erlaß einer Wegeordnung anerkenne. Sie anerkenne aber auch, der Einwand, daß zuvor keine Landgemeinde⸗Ordnung erlassen werden müsse, sei sehr berechtigt. Auch müsse man wohl zuvor das zustandekhmmen der zur Berathung stehenden Organisationsgesetze und des Kommunalsteuergesetzes abwar⸗ ten. Komme eine Landgemeinde⸗Ordnung nicht alsbald zu Stande, so werde die Regierung selbst eine Wege⸗ ordnung, welche nur generelle Bestimmungen enthalte und die speziellen der proyinziellen Regelung überlaͤsse, vor— legen. Eine Besprechung der Interpellation wurde in Rücksicht auf, die Geschäftslage des Hauses nicht beantragt, jedoch kon⸗ statirten die Abgg. Freiherr von Heereman und“ von Rauch⸗ . Namens ihrer Parteien ihre von der Motivirung des Interpellanten divergirenden Anschauungen.
Es folgte die Berathung von Petitionen. Ueber die
kommission für Auseinandersetzungssachen zu Mühlhausen i. Th. ging das Haus auf Antrag der Agrarkommission zur Tagesord⸗ nung über, in Erwägung, daß die Protokollführer der Spezial⸗ kommissarien nicht unmittelbare Staatsbeamte, also dem Pensionsgesetz nicht unterworfen seien, und in fernerer Erwä⸗ gung, daß den nach langjähriger Dienstzeit dienstunfähigen be⸗ währten und bedürftigen Protokollführern auf dem Wege der Gnade aus der Staͤatskasse Unterstützung thatsächlich ge⸗ währt werde.
Die Petitionen der Vorstände der landwirthschaftlichen Vereine der Stadt Sendenhorst, des Amtes Vorhelm und des Kreises Hamm um Ablehnung bezw. Abänderung des, mittelst Antrages des Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst vorgelegten Gesetz⸗ entwurfs über die Vererbung der Landgüter in der Provinz Westfalen und einigen rheinischen Kreisen beantragte die Justizkommission durch ihren Referenten, Abg. Dr. von Cuny, durch den Beschluß des Hauses vom 3. Dezember d. J. für erledigt zu erklären. Die Abgg. Grumbrecht und Parisius baten die Regierung, diesen Beschluß des Haufes mit großer Vorsicht auszuführen, während der Abg. Frhr. von Heereman den größten Eifer dabei wünschte. Der Kommis⸗ sionsantrag wurde angenommen.
Der Kreisphysikus Dr. Wiener (Culm) nebst 51 Genossen petitionirt um eine Vermehrung des Einftusses der Physiker rücksichtlich der öffentlichen Gesundheitspflege. Die Petition wurde auf Antrag der Petitionskommission der Staatsregierung dahin zur Berücksichtigung überwiesen, daß dem Abgeordneten hause in einer der naͤchsten Sessionen ein Gesetzentwurf über die Reorganisation des preußischen Medizinalwesens werde vor— gelegtzwerden.
Ueber die Petition des Maurergesellen Carl Breitzke zu Bromberg ging das Haus in Erwägung, daß die zuständige höchste Stelle eine Entscheidung in der fraglichen Angelegen— heit noch nicht abgegeben habe, in dem nicht das Finanz-Mini—⸗ sterium, sondern das frühere Handels-Ministerium Über die Be⸗ schwerde wegen verweigerten Baukonsenfes ressortmäßig zu entscheiden gehabt habe, wegen, nicht erschöpften Instanzen⸗ zuges zur Tagesordnung über.
Ueber die Petition der Brauer in Rawitsch wegen Erlaß städtischer Abgaben ging das Haus zur Tagesordnung über. ö. vertagte sich das Haus auf den 3. Januar 1880,
.
— Nach der im Reichs-Eisenbahn-Amt aufgestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisun g über die im Monat Okt ber d. J. auf deutschen Eisenbahnen — excl. Bayerns — vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 19 Entgleisungen und 22 Zusammenstöße fahren— der Züge, und zwar wurden hiervon 15 Züge mit Personen— beförderung von je 7084 Zügen dieser Gattung Einer und 22 Güterzüge resp. leer fahrende Maschinen hetroffen; ferner 65 Entgleisungen und 27 Zufammenstöße beim Rangiren und 94 sonstige Betriebsereignisse (Ueberfah⸗ ren von Fuhrwerken auf Wegeübergängen, Defekte an Maschi⸗ nen und Wagen 2c.)
In Folge dieser Unfälle wurden 4 Reisende getödtet und 19 Passagiere, 22 Beamte, 3 Arbeiter und 4 fremde Personen verletzt, 50 Thiere getödtet und 49 verletzt, 95 Fahrzeuge erheblich und 195 unerheblich beschädigt.
Außer den vorstehend in Verunglückungen von Personen kamen, größtentheils durch eigene Unvorsichtigkeit hervorgerufen, noch vor: 39 Tödtungen E10 Beamte, 11 Ar— beiter und 16 fremde Personen), 2 Verletzungen (2 Nei— sende, 46 Beamte, 38 Arbeiter und 6 fremde Personen) und 6 Tödtungen bei beabsichtigtem Selbstmorde.
Faßt man sämmtliche Verunglückungen — ausschließlich Selbstmörder — zusammen, so entfallen auf:
A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Privatbahnen (bei zusammen 16 602 Rm Be triebslänge, 22570 km Geleislänge und 398 236 844 geför⸗ derten Achskilometern) 121 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Württembergische (24), die Oberschlestsche (20) und die Ostbahn (15).
Verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Geleislängen sind die meisten Verunglückungen auf der Württembergischen, der Westfälischen und der Oberschlesischen Eisenbahn vorgekommen.
B. Größere Privatbahnen — mit je über 150 km Länge — (bei zusammen 10 536 km Betriebslaͤnge, 13 847 km Geleislänge und 254 647 377 geförderten Achskilometern) 61 Fälle, darunter die größte Zahl auf die Rheinische (18), Cöln-Mindener (16) und auf die Breslau⸗Schweidnitz⸗Frei⸗ burger Eisenbahn (8).
Verhältnißmäßig fanden jedoch die meisten Verun— glückungen auf der Breslau⸗Schweidnitz⸗ Freiburger, der Berlin⸗Görlitzer und der Rheinischen Eisenbahn statt.
C. Kleinere Privatbahnen — mit je unter 150 km Länge — (bei zusammen 1065 km Betriebstänge, 1136 em Geleislänge und 7 874279 geförderten Achskilometern) 1 Fall, und zwar auf der Marienburg⸗Mlawkaer Eisenbahn. Von den im Ganzen beförderten 15165 773 Personen wurden 4 Passagiere getödtet, 1 auf der Cöln-Mindener und 3 auf der Württembergischen Eisenbahn; 21 Reisende wurden verletzt, 3 auf der Berlin-Görlitzer, 1 auf der Cöln⸗Mindener, 2 auf der Ostbahn, 1 auf der Rheinischen, 1 auf den Säch⸗ sischen Staatsbahnen und 13 auf der Württembergischen Eisenbahn.
Von den im Betriebsdienste thätig gewesenen Beamten ö von je 13 052 Einer getödtet u¶nd von je 1919 Einer verletzt.
Ein Vergleich mit demselben Monate des Vorjahres er— gieht, unter Berücksichtigung der in beiden Jeitabschnitten geförderten Achskilomefern und der im Betriebe gewesenen Ge⸗ leislängen, daß im Durchschnitt im Monat Sktober d. Is. bei 12 Verwaltungen mehr und bei 20 Verwaltungen weniger und in Summa ca., 16,d Proz. mehr Verun— glückungen vorgekommen sind als in demselben Monate des. Vorjahres.
An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver— brauchsst euern sind im Reiche für die Zeit vom 1. April 1879 bis zum Schlusse des Monats November 1879 an Ein—⸗ niahm en (einschließlich der kreditirten Beträge und verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt: Zölle 5s 868 439 S (4 36 871 636 6), Rübenzuckersteuer 9 545 193 t C 4 343 495 MS), Salzsteuer 23 447 136 S6 (— 28 572 M), Tabakssteuer 284 8866 , (4 S6 8s 6h, Branntweinsteuer 19 688 555 M, 271 294 ), U&ebergangsabgaben von Branntwein 71 782 60
Petition von Ruthloff und Gen., Protokollführern der Spezial⸗
(M 2935 ), Brausteuer 165515 566 . (— 145 292 6),
Uebergangsabgaben von Bier 627 432 S (4 32535 6 Summe 163 4 039 M. (P 26 204665 6), Spielkarten. stempel 650 937 , darunter Nachsteuer 25 279 6 (4550 9374). Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme abzüglich der Bonifikationen und Verwaltungskosten beträgt bis Ende November 1879: Zölle 93 428 41 9 6 (K 31 344 707 M Rübenzuckersteuer 49 782741 66 (3741 945 Mh, Salzsteusr 21 18, 506 .es Cé— 2210 ιν˖, Tabakssteuer 225 9515 CC 82 012 66, Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 26 369 628 S (4 122 28, S6), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 9453 541 S ( 9) 380 . Summe 90 451 787 6 (tb 35 191 36106), Spielkartenstempfl (einschließlich der Nachsteuer) 670 544 S (4 670 544 l).
— In den deutschen Münzstätten sind in der Woche vom 7. bis 13. Dezember 1879 an Goldm ünzen eprägt worden: 305 500 S6 Kronen, und zwar au zrivatrechnung. Vorher waren geprägt: 1 268 111 720 . Doppelkronen, 422 320 200 Sc Kronen, 27 969 925 Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung 398 653 440 0 Summa 1718 288 585 6 (nach Abzug der wieder eingezogenen 233 489 16 Doppelkronen, 183 830 M Kronen und 1850 , Halbe Kronen).
— S. M. Glattdecks⸗Korvette „Luise“, 8 Geschütze, Kommandant Korv. Kapt. Schering, ist am 27. Oktober H. 3 in Shanghai eingetroffen; daselbst befanden sich außerdem am 1. November d. J. S. M. Kanonenboote f 4 Geschütze, Kommandant Kapt. Lt. Becks, und „CEyelop“, 4 Geschütze, Kommandant Kapt. Lt. von Schuckmann J.
Bayern. München, 18. Dezember. (Allg. Ztg.) In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer besprachen in der weiteren Spezialdiskussion über den Justizetat die Abgg. Vaillant, Herz und Völk und der Justiz⸗Minister Dr, von Fäustle die Mängel der Einrichtung der Justizgebäude, insbesondere der Münchener Landgerichte. Die Abgg. Henne⸗ mann und Diendorfer erörtern die im Ausschusse diskutirte Angelegenheit der Veröffentlichungen der Gerichte in wenig gelesenen Blättern. Der Justiz-Minister wies den Vorwurf der Willkür und scheinbaren Parteilichkeit bei der Bestimmung der Organe als unbegründet zurück; der Minister habe kein Recht, auf die Richter dabei einen Einfluß auszuüben. Pr. Rittler betonte, daß nur Blätter liberaler Richtung als Amtsblätter gewählt würden. Auch Schels glaubt, daß Parteilichkeit obwalte. Der Abg. von Schauß erinnerte daran, daß die Kammern selbst im Einführungsgesetz ausgesprochen hätten: nicht dem Ministe⸗ rium, sondern den Gerichtsvorständen stehe die Auswahl der Blätter zu. Der Justiz-Minister legte gegen die Aeußerungen Rittlers und Schels“ Verwahrung ein. Ber Abg. Walter be— hauptete, das Ministerium habe keine Berechtigung in diese Angelegenheit einzugreifen. Der Referent Kopp sprach sich ähnlich aus. Bei dem Kapitel „Strafrechts pflege“ beklagte der Abg. Fr. Frank die Ueberhandnahme der Meineidsverbrechen, was namentlich auf die Häufigkeit der Eidahnahme zurückzuführen sei. Der Abg. Schäffler wollte die Zunghme verschiedener Verbrechensarten durch stastitische Nachweise konstatiren, zitirte mehrere Broschüren über die Ursachen jener Zunahme und wurde durch große Unruhe des Hauses unterbrochen. Frhr. von Stauffenberg hielt entgegen, daß mit den Ziffern allein nichts bewiesen sei. Föckerer und Vaillant verwahrten die von ihnen vertretenen Landestheile gegen Aeußerungen Schäfflers. Die Berathung wird morgen fortgesetzt.
— 19. Dezember. (W. T. B.) Se. Majestät der König
hat den bisherigen Regierungs-Präsidenten von Oberbayern, von Herman, zum Regierungs-Präsidenten von Mittel— franken, den Politzei⸗Präsidenten von Feilitz sch zum Re— gierungs⸗-Präsidenten von Oberbayern und den Regierungs⸗ Rath Pechmann zum Polizei-Direktor von München er⸗ nannt. In der Abgeordnetenkammer verlas heute der Prä— sident eine Königliche Botschaft, durch welche die Session des Landtags bis zum 31. Januar k. J. verlängert wird. Hierauf wurden vom Finanz⸗-⸗Minister vier Gesetzent⸗ würfe vorgelegt, betreffend die provisorische Steuererhebung im Jahre 1880, die Behandlung des Gesetzentwurfs über die direkten Steuern, die Abänderung einiger Bestimmungen be—⸗ züglich der Gewerbe- und Kapitalrentensteuer, und endlich das Gesetz, betreffend den Aufschlag zur Branntweinsteuer.
Sachsen. Dresden, 19. Dezember. (Dr. 9 Die Erste Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sitzung den Verkauf des Vorwerks Pennrich und erledigte mehrere Petitionen.
Durch den Vorsitzenden Oberschenk von Metzsch, sitzung des
des Landes kulturraths, wurde heute die 14. öffentliche Plenar— Landeskulturraths eröffnet.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meinin gen, 17. Dezemher. (Mgdb. Ztg.) Der Landtag hat die ver— schiedenen Kommissionen gewählt und dem Verkaufe mehrerer Domänenparzellen seine Zustimmung ertheilt. Auf die Inter⸗ pellation des Abg. Ziller, ob die Regierung von dem Bau der Bahn. Erfurt⸗Ritschenhausen Nachtheile für die Bahnlinie Meiningen-Schweinfurt und die Werrabahn erwarte, und was sie eventuell dagegen zu thun gedenke, antwortete der Staats— rath Heyne: daß sich die Folgen jenes , noch nicht übersehen ließen und die Regierung deshalb noch nicht behufs Abwendung möglicher Nachtheile Schritte gethan habe. Bei der Diskussion stellte Ziller den Antrag, die Regierung zur Verhütung etwaiger Nachtheile aufzufordern; die Abstimmung hierüber wurde jedoch vertagt.
— 18. Dezember. Der Landtag hat bezüglich des Bahnhaues Erfurt-Ritschenhausen, obwohl der Regierungs⸗ kommissar erklärte, daß sich an der Sache nichts mehr ändern lasse und Preußen die Bahn auf eigene Kosten und wesentlich zu militärischen Zwecken bauen lasse, doch beschlossen, die Regierung zu ersuchen, mit der preußischen ,,, in Verhandlung zu treten, damit die befürchteten Nachtheile möglichst abge⸗ wendet werden. Im Wesentlichen will aber dieser Beschluß nur erzielen, daß die Bahn in Meiningen statt in Ritschen⸗ hausen einmündet. Diesem Wunsche stehen jedoch die größeren Terrainschwierigkeiten und die höheren Bau⸗ und Vetriebs— kosten entgegen. — Der Landtag hat die geforderten 10000 zur Abwendung des Nothstandes in den Wald dörfern des Eisfel der Bezirks und 16 2300 υς für Strafanstaltsbauten in Maßfeld bewilligt.
Sachsen⸗Copurg⸗ Gora. Coburg, 18. Dezember. (Dr. J) Eine Ministerialverordnung, betreffend die
Anwendung der Verordnungen zur Ausführung ber Ge⸗
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werbeordnung, ist mit dem gestrigen Regierungsblatt zur Publikation gelangt. Dieselbe bestimmt u. J., daß zuständig zur Ertheilung von Legitimationsscheinen zu den in 8. 58 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 unter 2 bezeichneten Gewerbebetrieben im Umherziehen fernerhin nicht mehr der Gemeindevorstand, sondern die landräthliche Behörde des Be⸗ zirks ist, in welchem der Gewerbetreibende seinen Wohnsitz hat.
Reuß ä. L. Greiz, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Landtag hat den Landeshaushalts-Etat pro 1880 bis 1882 genehmigt. Schon für das Jahr 1880 werden an— statt der bisherigen zwölf Einkommen- und fünf Grundsteuer— termine nur eilf Einkommensteuertermine und 46/0 Grund⸗ steuertermine erhoben werden. Ferner ist festgestellt, daß die
Grund⸗ und Einkommensteuertermine um so viel, als Ueber-⸗
chüsse von Zöllen und Reichssteuern mehr eingehen, als ver— anschlagt ist, gleichmäßig weiter ermäßigt werden.
Hesterreich⸗ Ungarn. Wien, 18. Dezember. Die Deutsche Zeitung“ meldet: Das Kriegs⸗Ministerium hat im hieservatwege die Keorganisation der Gebirgs-Artille rie angeordnet. Die Gebirgs-Batterien werden von der Festungs Artillerie getrennt und mit der Feld Axtillerie ver⸗ einigt. Je eine Gebirgs-Batterie wird in den Stand eines Feld⸗Artillerie⸗Regiments eingetheilt; statt 5 wer den danach in Zukunft 13 Gebirgs⸗-Bätterien bestehen. Im Kriege kann die Zahl verdoppelt werden. Die Durchführung der obigen Ver— ordnung findet vom 1. Januar 1880 statt.
— 19. December. (W. T. B.) Die Konferenz der beiden Ausgleichskommissionen, bei welcher Ritter von Schmerling den Vorsitz führte, beschloß mit allen gegen eine . §5. 2 der Wehrgesetzvorlage zur AÄn—
me vorzuschlagen. .
ö — * . ö Abend stattaehabten Sitzung der Reichs⸗ raths-Delegation wurde die Vorlage der gemeinsamen Regierung, betreffend die Bestreitung der gemeinsamen Ausgaben pro Januar und Februar 1880, ohne Debatte in zweiser und dritter Lesung angenommen. Nächste Sitzung unbestimmt. ,
Pest, 17. Dezember. Wie der „Budapester Korrespon— denz“ aus Wien gemeldet wird, beabsichtige die Regierung, der Delegation jetzt keine Vorlage über die Verwaltungs— kosten Bosniens und der Herzegowina zu unter— breiten, da sie glaube, die Ausgaben mit den eigenen Ein— nahmen der Provinzen decken zu können. J
Agram, 17. Dezember. Die „Agramer Ztg.“ bringt folgende authentische Darstellung der jüngsten Sitzungen des Budgetausschusses. Der Ausschuß berieth vorerst den Gesetzentwurf über die Verlängerung des Ausgleichs. Die Opposition lehnte denselben ab; die Abgg. Krestie und Miskatovie gaben sodann eine überzeugende Darstellung der Sachlage, worauf der Entwurf als Grundlage der Spezial⸗ debatte angenommen wurde. Ein hartnäckiger Kampf ent— spann sich bei der Spezialdebatte. Einige Mitglieder erklärten sich für das Amendement, wonach bei Berechnung der Ein⸗ künfte Kroatiens auch der Grenzproventenantheil für 1880 eingerechnet werden solle. Der Banus hielt eine einstündige sensationelle Gegenrede; ebenso sprachen die Abgg. Krestie, Miskatovie und Dr. Schramm dagegen. Das Amendement fiel. Der Abg. Vojnovic brachte hierauf einen Beschlußantrag ein, daß der Landtag, ehe die Spezialdebatte beginnt, sich dahin ausspreche, an der Grenzproventenforderung festzuhalten. Der Abg. Mihalovie wollte, daß der Banus eine ähnliche Er— klärung im Landtage abgebe. Der Banus sprach sich dagegen aus; er wolle die Möglichkeit einer Einigung durch eine solche Erklärung nicht aufs Spiel setzen, ohschon er (der Banus) an dieser Forderung festzuhalten entschlossen sei, bis nicht zwischen den Deputationen eine Einigung erzielt sein werde. Hierauf wurde die Vorlage unverändert angenommen.
J
Niederlande. Haag, 17. Dezember. (Cöln. Ztg.) Die Zweite Kammer hat das Militärbudget im Betrage von 20 600 000 Gulden (einschließlich 3 143 000 Gulden für Befestigungsarbeiten) mit 57 gegen 20 Stimmen hewilligt. Der Kriegs⸗Minister Oberst Reuther hatte vorher erklärt, daß er an dem System der konzentrirten Vertheidigung, wie es durch das Gesetz von 1869 begründet sei, festhalte, ohne jedoch den in die Fortifikationslinie nicht einbegriffenen Theil des Landes preisgeben zu wollen; den Zunydersee zu vertheidigen, sei Sache der Flotte. Nach seinen Andeutungen beabsichtigt er eine regnläre Armee von etwa 60 000 Mann zu organisiren, der im Falle des Krieges etwa 100 9000 Mann der Bürgergarde als Reserve dienen würden. Die Stellvertretung abzuschaffen und die persönliche Dienstpflicht einzuführen ist er nicht Willens. Die Mannszucht gilt ihm als durchaus nothwendig, aber zur Rettung des Vaterlandes, sagte er, reiche sie allein nicht aus; der Patriotis⸗ mus, der Nationalstolz müsse alle Bürger beseelen, alles zu opfern für die Vertheidigung des Ganzen. Die 20 Depu⸗ tirten, welche gegen die Gewährung des Budgets gestimmt haben, sind der Ansicht, daß ein eigenes Gesetz die Armee reorganisiren müsse, wenn man in den militärifchen Fragen festen Grund unter den Füßen haben wolle. — Der Ko⸗ lonien⸗Minister hat der Kammer eine Reihe von Ver⸗ trägen vorgelegt, welche seit 1876 mit verschiedenen Häupt— lingen des ostindischen Archipels abgeschlossen worden sind; darunter namentlich einen solchen vom 14. August 1878, wonach im Staate des Sultans von Batjan die Sklaverei
abgeschafft ist.
Belgien. Brüssel, 18. Dezember. (Cöln, Ztg.) Die Deputirtenkammer hat gestern das Gesetz über den nächstjährigen Ar meebestand (1560 000 Mann) mit 55 gegen 45 Stimmen angenommen. Nachdem noch die Vorlage wegen Verlängerung des Handelsvertrages mit Frankreich genehmigt worden war, beschloß man, die Sitzungen um einen Monat, bis zum 20. Januar, zu vertagen. — Da voraussicht⸗ lich mehrere Ausgaben⸗Budgets für 1880 nicht rechtzeitig wer⸗ den bewilligt sein können, so hat die Regierung einen Gesetz, entwurf vorgelegt, welcher vorläufige Kredite im Ge⸗ sammtbetrage von 157 433 000 Fres. anweisen soll. — Der Senat hatzgestern und heute Sitzungen gehalten und die Budgets der Justiz- und der Finanzverwaltung genehmigt.
Großbritannien und Irland. London, 18. De⸗ zember. (Allg. Corr.) Die Herzogin von Marlborough, Gemahlin des Vize-Königs von Irland, macht öffentlich bekannt, daß sie zu dem Entschluß gekommen sei, einen Hülfs⸗ sonds für die Noihleidenden im Westen Irlands zu gründen, Die „Times“ bemerkt hierzu: „Die Antwort Englands auf diesen Hülferuf wird eine rasche und entgegenkommende sein;
unsere irischen Landsleute werden sich in, der Stunde der Noth nicht vergeblich an uns gewendet haben. . ö In Sheerneß lief dieser Tage der „Kingfisher“, eine neue Schraubenschaluppe der britischen Marine von 1124 Tonnen Tragkraft und 990 Pferdekraft, vom Stapel. Die Armatur des Schiffes wird aus 6 Kanonen mäßigen Kalibers bestehen. — . ; Ueber die Lage der Dinge in Afghanistan liegt ein aus⸗ führliches Telegramm des Vizekönigs an das Indische Amt vor. Dasselbe, vom 17. d. datirt, lautet: „General Roberts verfügt gegenwärtig über ein britisches Ka⸗ vallerie RNegiment und 35 eingeborne Reiter⸗Regimenter, drei bri— tische und fechs eingeborne Infanterie⸗Regimenter und 23 Kanonen darunter zwei Gatlings, was eine Gesammtmacht von über 7099 Mann ergiebt. Er hat eine stark verschanzte Stellung inne, nebst Zelten für seine Truppen und Vorräthen für fünf Monate, Seine ursprüngliche Stellung, die von Sherpur bis zu den Anhöhen jen⸗ seits des Bala Hissar einschließlich Kabuls reichte, war zu ausgedehnt, um ohne Gefahr und schwere Strapazen für die Trup— pen behauptet werden zu können, und sie lähmte sein Offensiv, Vorgehen. Sämmtliche Truppen wurden innerhalb Sherpur mit dem gemeldeten verhältnißmäßig geringen Verluste zurückgezogen, und in jedem Angriffe auf diese Stellung, muß der Feind schwere Ver⸗ luste erleiden. Ich erachte feine gegenwärtige Stellung als voll kommen sicher, und er felber beabsichtigt, die Offensipe wieder zu, ergreifen, sobald er sich in Sherpur eingerichtet hat; aber es wird, wie er sagt, nichts durch die Einnahme schwieriger und von Sherpur weit entfernter Anhöhen gewonnen, so lange der Feind in so großen Massen vorhanden ist. Der Feind wird sich bald behufs Be⸗ schaffung von Lebensmitteln zerstreuen müssen, aber in— zwischen wird unsere Räumung Kahuls ihn ermuthigen und wahr— scheinlich in den Stand setzen, länger auszuhalten, als sonst möglich gewesen sein würde. Auch durfte dies eine Erhebung der Stämme auf unserer Verbindungslinie herbeiführen. Der Gouwver— neur von Djellalabad ist geflüchtet, aber in befriedigender Weise er⸗ setzt worden. Von Azmatullah Khan und Beiram sind Briefe auf. gefangen worden, worin Anstalten zum Angriff von Kabul detaillirt und die Kugignistämme zur Erhebung aufgefordert werden. Aehnliche Briefe sind an die Stämme der Schlnwaris, Mohmunds und Afridis ge— sandt worden. General Gough meldet aus Diugdalah die Erhebung aller Stämme in seiner Front und die daherige Unausführbarkeit eines weiteren Vorrückens ohne mehr Truppen, General Bright sendet alle entbehrlichen Verstärkungen, aber er möchte nicht gern seine Linie schwächen. Verstärkungen, bestehend aus 15 Infantexie⸗Regimentern, 1 Batterie Artillerie und 1 Regiment Kavalltrie, sind von Pesha—⸗ wur nach der Front abgegangen; in Peshawur wird eine Reserve— Division, bestehend aus einem britischen und drei eingeborenen Lavallerie= Regimentern, drei britischen und sieben eingeborenen Infanterie⸗ Regimentern und drei Batterien AÄrtillerie, gebildet. Falls die Stämme sich nicht von selbst zerstreuen, wenn sie sehen, daß sie keinen Eindruck auf Roberts machen können, wird eine starke Truppenmacht behufs Wiedereröffnung der Verbindung vergeschoben werden. Die Verbindung mit Sir S. Roberts in Kabul ist jetzt unterbrochen.“
Der „Times“ wird aus Kandahar unterm 17. d. M. emeldet:
9 Unweit Herat hat zwischen den Heratischen und den Kabuler Truppen ein Zusammenstoß stattgefunden. Es ist ungewiß, welcher Seite der Sieg blieb, aber Ayub Khan ist von den Kalubesen ein⸗ gesperrt worden, die unter der Führerschaft Abdullah Khan Has⸗— suans, eines gemeinen Abenteurers, der an Stelle Ayubs, zum Gou⸗ verneur proklamirt worden, die Herren der Citadelle sind“.
— 19. Dezember. (B. T. B.) Das Reutersche Bureau meldet aus Kalkutta: Der General Gough sei am 17 d. M. von Jagdalak aufgebrochen und habe sich nach Kabul in Marsch gesetzt. Die Verbindung mit dem General Gough sei am 18. d. M, hewerkstelligt worden; der Widerstand der dort wohnenden Stämme sei kein ernstlicher.
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Frankreich. Paris, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Senat hat das Budget, dessen Ziffern die Kammer, ent— gegen den Abänderungsanträgen des Senats, nach Maßgabe ihrer früheren Beschlüsse aufrecht erhalten hatte, an die Finanzkommission verwiesen. Die Berathung und Beschluß⸗ fassung deri e . stattfinden und darauf der Schluß der Session erfolgen.
ö Zolltgrifkommission hat Millaud an Stelle Meline's zum Berichterstatter für die Seidenindustrie gewählt. Millaud hat sich gegen den Eingangszoll für Seide ausgesprochen, welchen Meline vorgeschlagen hatte.
Türkei. Konstantinop el, 18. Dezember. (Pol. Corr.) Die in dem neuen Memorandum der gxiechischen Kom⸗ missäre vorgeschlagene Grenzlinie soll vom Kay Stylos am Jonischen Meere ausgehen, das Dorf Verva, die Berge Pharmacovouri und Stongona und das Dorf Longos be— rühren, sodann bis zum Ursprunge des Kalamas hinauf— steigen, von da bis zum Ursprung des Arachto sich erstrecken, Über Krania in die Linie einmünden, welche in dem früheren Memorandum angegeben war, und an einem zwischen Dion und Sprotzi am Aegäischen Meere gelegenen, näher zu be⸗ stimmenden Punkte endigen — Am 11. d. M.. überreichte Graf Zichy dem Sultan seine Abberufungsschreiben. Tuͤr⸗ kischerseits wohnte der Audienz nur der Palastdragoman Mu⸗ nir Bey bei; der erste Dragoman der österreichisch- ungarischen Botschaft von Webenau fungirte als Dolmetsch. Graf Zichy stellte dem Sultan den Ritter von Kosjek als Geschäftsträger vor. Se. Majestät benutzte den Anlaß, um seiner Befriedi⸗ gung über die zwischen Oesterreich Ungarn und der Türkei herrschenden guten Beziehungen und dem Wunsche, daß die⸗ selben fortwährend so bleiben mögen, Ausdruck zu geben.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. Dezember (W. T. B. Ein amtliches Telegramm aus Cannes, vom 18. d. M., meldet: In der Nacht zum 16. d. Mts. empfand Ihre Majestät die Kaiserin in der rechten Seite der Brust von der Entzündung der Lungenhaut her— rührende stechende Schmerzen. Seit dem 17. d. M. hat die Entwickelung der Pleuritis aufgehört, der allgemeine Gesund⸗ hoitszustand Ihrer Majestät ist aber fortdauernd Besorgniß erregend.
gpz „Journal de St. Pétersbourg“ meldet, daß alle Mächte hei der Pforte lebhaste Vorstellungen gemacht hätten, damit die Stipulationen des Berlin er Vertrages in Bezug auf Gussinje und Plawa nicht länger ein todter Buchstabe blieben. — Das genannte Organ schreibt ferner, die Behauptung des „Daily Telegraph“, betreffend die angeb= liche Abordnung einer außerordentlichen persischen Gesandt— schaft nach Europa wegen der Atrek-Grenze, entbehre jeder Begründung. Die Regierung des Schah von Persien habe nicht die geringste Absicht kundgethan, Rußland das Recht zu der im letzten Sommer unternommenen Expedition
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bisherigen Berichten über die Vorfälle auf dem Kriegs⸗ scha uplatze freilich in Widerspruch stehen. Die Depeschen lauten; ;
„Ehe Iquique den Chilenen preisgegeben wurde, braunten die verbündeten Truppen die Stadt nieder und sprengten die Festungè⸗ werke in die Luft. Die Chilenen machten 150 Gefangene. Gbile hat einen neuen großen Sieg zu Lande errungen. Eine 11 000 Mann starke Truppenmacht der Verbündeten, welche von Noria aus nord- wärts marschirte, um die Verbindung mit einem 50900 Mann zäh⸗ lenden Versiärkungskorpz unter dem Befehle des Präsidenten von Bolivig zu bewerkstelligen, griff am. 21. M. eine chilenische Vorhut von 6600 Mann, die eine verschanzte Stellung in Dolares, unweit Agua Santa, inne hatte, an. Die chilenischen schweren Geschütze richteten große P erherungen in den Reihen des Feindes an, dessen Reiterei dreimal die Kanonen angriff und sie zu nehmen versuchte; aber ihre Anstrengungen blieben jedesmal fruchtlos. Abends erschien die Nachhut der Chilenen auf dem Kampfplatze und entschied den Tag. Die Verbündeten wurden zurückgeworfen und ihr Lager fiel mit 13 Kanonen in die Hände der Chilenen. Viele verwundete Offiziere, darunter der bolivianische General Villagos, wurden zu Gefangenen gemacht und ein anderer General der Verbündeten getodtet. Die Verluste der Chilenen sind erheblich. j Die Weg⸗ nahme. der peruanischen Korvette „Pilcomayo“ durch das chilenische Panzerschiff Blanco Encalada“ wurde bemerkstelligt als erstere in Gesellschaft der Schiffe „Union“ und „Chalacao“ Arica verließ. Der ‚Pilcomavo“ ergab sich wach dem ersten Schusse von dem chilenischen Schiffe, die anderen Fahrzeuge aber entkamen. Die Mannschaft des „Pilcomays“ steckte, ehe sie die Flagge strich, das Schiff in Brand, warf dessen große Kanone über Bord und ver⸗ nagelte die übrigen. Die Chilenen machten 180 Gefangene. Der „Pilcomayo“ wurde nach Valparaiso gesandt, um dort reparirt zu werden. Die Telegramme aus Salta, welche einen großen boli-= vignischen Sieg meldeten, werden amtlich für gänzlich grundlos erklärt.
Aus dam Wolffschen Telegraphen⸗-Bureau.
München, Sonnabend, 20. Dezember. Abgeordneten⸗ kammer. Seitens des Ministers des Innern und des Justiz-Ministers wurde der Entwurf eines Disziplinar— gesetzes für die richterlichen Beamten eingebracht. — Der Entwurf, betreffend die proyisorische Erhebung, von Steuern im Jahre 1880, wurde debattelos einstimmig angenommen. — Bei der hierauf fortgesetzten Berathung des Etats „Staatsschuld“ erklärte der Finanz⸗Minister im Laufe der Debatte: Bayern dürfe sich durch seinen Kredit nicht dazu verleiten lassen, sein Defizit durch Aufnahme von Anleihen
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zu decken. — Die nächste Sitzung findet am 7. Januar statt.
Nr. 51 des Central-⸗Blatts für das Deutsche Reiche, herausgegeben im Reichsfanzler⸗Amt, hat folgenden In halt; Allgemeine Verwaltungssachen; Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. — Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauch steuern bis Ende November 1879. — Münz⸗ und Bankwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen; — Status der deutschen Notenbanken Ende November 1879; — Statistik der deutschen Bankaoten Ende November 1879. — Zoll- und Steuerwesen: Nachweisung der Einnahme an Wechsel⸗ stempelsteuer in den Monaten April bis November 1879; — Ueber sicht über Rübenzuckersteuer, sowie Zucker Ein und Ausführ für No⸗ bember 1879; — Einfuhr von Getreide, Mehl! und Oelsagten über die östlichen Grenzen während der Zeit vem 16. bis 30. November 1879; — Bundesrathsbeschluß, betreffend Tarifirung der Cigarren⸗ kistenbretter; — Notiz, betreffend den in v. Deckers Verlag erschienenen Wechselstempel⸗Tari “. — Eisenbahnwesen: Eröffnung der Haltestellen Grifte und Nieder⸗Weimar; = desgl, der Bahnstrecke Staßfurt — Hecklin ˖ gen. — Marine nnd Schiffabrt: Ertheilung eines Flaggenattestes; — Erscheinen des vierten Heftes der „Entscheidungen des Ober⸗ Seeamts und der Serämter. — Konsulatwesen: Bestell ung eines Konsularagenten; — Todesfall. — Drucksehlerberichtigung.
Gewerbe und HGandel.
Danziger Aktien: Bierbrauerei hat im letzten Geschäftsjahr 298 432 hl Bier verkauft. Der Umsatz im Vorjahre mit 28 44 hl ist sonach um 491 hl überschritten. Der Gesammt gewinn betrug 111773 S, wovon 43 085 M auf Abschreibungen verwendet werden konnten. Nach Dotirung des Reservefon dt und Abzug der Tantième blieben zur Vertheilung an die Aktionäre 57 7650 6 dieponibel, was einer Diridende von 5r'o gleichkommt.
— Die „New Yorker Handels Zeitung“ schreibt in ihrem vom Dezember datirten Wochenbericht über die Geschäftslage Folgen des:; Das dieswöchentliche Geschäft ist in Fonds und Aktien zwar wieder sehr umfangreich gewesen, aber durch den jüngsten Rückgang der Course sind die von dieser Seite an den Geldmarkt gestellten Anforderungen verhältnißmäßig schwach gewesen, und da auch das legitime Geschäft, einzelne bevorzugte Branchen ausgenommen, sich in engen Grenzen hielt, der letzte Bankaus weis hingegen eine weitere Vermehrung der disponiblen Mittel zeigte, ist Geld ent schieden williger geworden. Call Loens haben sich gegen Hinterlegung von Spekulatisnspapieren zu J! »Y60 sehr leicht beschaffen lassen. Gegen Hinterlegung von Bundes⸗Obliga—⸗ tionen war zu 5— boo, an einzelnen Tagen sogar zu 4'Iso anzu- kommen. Der Goldimport aus Europa betrug während der heute endenden Berichtswoche 2442000 Doll., im Ganzen seit dem 1. August 71 536 750 Doll. Am Waaren: und Produkten markt war es abermals vorwiegend stille. Für volle Getreide⸗ la dungen wurden nur vier Schiffe gechartert. Brodstoffe ruhig Über fest im Preise. Provisionen: Schmalz in lebhaft steigen der Tendenz. Schweinefleisch zu höheren Preisen zum Export begehrt. Speck gleichfalls höher. Hopfen blieb still und stellte sich aber mals 1—2 Cts. niedriger. Petroleum schließt nach vorüber gehender Besserung flau. Baumwolle ging bei außerst leb⸗ haftem Spekulationsgeschäft erheblich höher. Rio Kaffee auf Nachrichten aus Rio fest, bei gleichzeitig wesentlich ver⸗ besserter Inlandsfrage. Das Geschäft in fremden Manu faktur⸗ waaren war sehr unbedeutend, nur Glacshaudschuhe machten eine Ausnahme. Der Imxort von Webstoffen betrug während der heute beendeten Woche 1164181 Doll. gegen 1025 608 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahrs. Aus bekannter und höchst bedauerlicher Ürsache, nämlich durch das bestehende Mißverhãältniß wischen dies⸗ seitigen und europäischen Marktpreisen, ist au b diese Woche der Produktenexport unseres Platzes sehr schwach gewesen, und da die Verschiffungen südlicher Häfen ebenfalls verhältnißmäßig schwach waren, machte sich im Wechselmarkte Mangel an Material fühlbar; trotzdem sich außer Beschaffung des Rembourses für eingetroffenes Gold kein großer Bedarf kund gab, haben sich die Course doch wieder befestigt, sogar eine Kleinigkeit angezogen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die
in das Gebiet des Atrek zu bestreiten, und denke ebensowenig jetzt daran. Südamerika.
das Reutersche Bureau interessante Nachrichten, die mit den
(Allg. Corr.) Aus Valparaiso erhält
Die N. Zürch. Ztg.“ schreibt: ‚Der letzte Bericht über die Arbeiten am Gotthard - Tunnel zeigt, daß die Schwierigkeiten im weichen Terrain auf der Göschener Seite noch nicht überwunden, za nicht einmal im Schwinden sind; der Fortschritt war ein geringerer