1880 / 3 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Jan 1880 18:00:01 GMT) scan diff

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Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz besuchte an Sonnabend Nachmittag den Prinzen Wilhelm, Königliche h, in Potsdam. ;

Gestern nahm Höchstderselbe den Vortrag des Kriegs⸗ Ministers von Kameke und später den Vortrag des Ministers des Innern Grafen zu Eulenburg entgegen. 231

achmittags um 5 Uhr folgte Se. Kaiserliche Hoheit der Einladung Ihrer Majestäten zum Diner.

Der Kaiserlich und Königlich österreichisch⸗ ungarische Botschafter und 6, Gemahlin wer⸗ den, wie aus der bereits veröffentlichten amtlichen Ansage her⸗ vorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren und Damen empfangen. Dieser Empfang wird am Mittwoch, den 7 und am Donnerstag, den 8. d. M., jedesmal Abends von 9 bis 11 Uhr, stattfinden. Der Anzug ist für die Damen in reicher Toilette (runden üben für die Herren, welche nicht Militär-Uniform tra⸗ gen, en frae mit Ordensband über der Weste.

Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung

zusammen.

Die Einnahmen der Reichs-Post⸗ und Tele⸗ raphen-Verwaltung haben vom Beginn des Etats jahres is Ende November 1859 84 715 632 6 (gegen denselben

Zeitraum 18784 2063 896 16), die der Reichseisenbahn⸗ Verwaltung 26 008 000 S ( 445 417 ) betragen.

Der General⸗Lieutenant von Voigts⸗Rhetz, Com⸗

mandeur der 20. Division, welcher vor menigen Tagen mit

Urlaub, und der General-Lieutenant Frhr. von Fal kenhau en, Commandeur der 12. Division, welcher anläßlich seiner Be⸗ förderung und Ernennung zum Commandeur der Division zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen war, . sich in ihre Garnisonen Hannover resp. Neisse zurück⸗ begeben.

Bayern. München, 2. Januar. (Allg. Ztg.) Die Kammer der Abgeordneten wird am kommenden Mitt⸗ woch ihre Sitzungen wieder aufnehmen. Auf der Tagesordnung dieser Sitzung stehen: der Beschluß der Kammer über die formelle Behandlung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den Branntwein⸗Aufschlag, dann die erste und zweite Be⸗ rathung über den Entwurf eines Gesetzes, die Behandlung der Gesetzentwürfe über die direkten Steuern betreffend. In der Sitzung des folgenden Tages soll in die Berathung des Etats des Kultus⸗Ministeriums eingetreten werden; der diesfällige Bericht des Finanzausschusses ist heute zur Vertheilung gelangt. Die Anträge des Finanz— ausschusses gehen im Ganzen dahin: daß 1) für den Allgemeinen Ministerial-Etat statt der postulirten 185 436 nur 182 996 S; 2) für den Etat der Ausgaben für Erziehung und Bildung statt der postulirten 12 595 226 M6 ordentliche und 772 229 S außerordentliche Ausgaben nur 12 424 381 406 und resp. 577 269 MS; dann 3) Etat der Ausgaben für kirch⸗ liche Zwecke mit 5 761 106 ordentliche und 820 147 6 außerordentliche, mit 5 703 300 M ordentliche und 321 647 6 außerordentliche Ausgaben bewilligt werden sollen. Demzu⸗ folge sollen im Ganzen bewilligt werden: 18 310 677 6 ordent⸗ liche und 898 9l6 M außerordentliche Ausgaben, um 231 991 6 und kum 193 780 4 484 661 6 weniger als die Staats⸗ regierung postulirt hatte.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 2. Januar. (yz. tg.) Heute hat die Einführung des . Regierungs⸗Raths aurentius als Vorsitzenden des Ministeriums des Innern

stattgefunden.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 4 Januar, Der Kgiser und die Kaiserin begaben sich heute Nachmittag persönlich nach Freudenau und zogen daselbst eingehende Erkundigungen über die Eis verhältnisse ein.

Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Konstantinopel: Der griechischhe Gesandte Con duxigtis hat am 1. d. ein Schreiben an den trürkischen Minister des Aeußeren, Sawas Pascha, gerichtet, in welchem er dringend ersucht, den nächsten Konferenztgg zu bestim⸗ men, widrigenfalls die griechischen Delegirten bie Ermächtigung ihrer Regierung zur Sistirung der Verhandlungen einholen würden. Aus Philippopel:; Die Provinzialver⸗ sammlung hat 65 060 türkische Pfund zur Unterstützung der vom Nothstande hart betroffenen Gemeinden und 30 006 Pfund zur Vertheilung an die , bewilligt.

Ueber das Arbeitsmaterial des Reichsraths schreibt die „Presse“:

„Tie Regierungs vorlagen, welche der parlamentarischen Erledigung noch harren, greifen in die wichtigsten Zweige des öffen lichen Lebens ein und bezwecken die Lösung von schwerwiegenden Fragen politischer, admi⸗ nistrasiver und wirthschaftlicher Art. Der nächste größere Gegen⸗ stand, der das Abgeordnetenhaus noch in diesem Monate beschäftigen wird, ist die Grundsteuernobelle. Die Verhandlung hierüber wird die Aufmerksamkeit der Volksvertretung in besonders hohem Grade in Anspruch nehmen. Nach der Grundsteuernovelle wird der Gesetz⸗ entwurf über die Verwaltung Bosniens und der Herzegowina an die Reihe kommen. Auch diese Vorlage hat bereits im Aus⸗ schusse zu weitläufigen Außteinandersetzungen Anlaß gegeben, bei denen es nur durch das Zusammer wirken der verfassungstreuen Autz— schußmitglieder mit einigen polnischen Abgeordneten gelungen ist, die Reglerungs vorlage gegenüber den sehr weitgehenden Anträgen der Föderalisten intakt zu erhalten. Alle übrigen Vorlagen der Regie⸗ rung befinden sich zumeist noch in den ersten Stadien der Ausschuß—= berathung. Das Budget ist im Ausschusse erst zum kleineren Theile durchberathen, während die Steuerborlagen begreiflicherweise noch nicht einmal zur Diskussion gelangten, da dieselbe erst beginnen soll, sobald der Ausschuß mit der Feststellnng der Ziffern des Budgets fertig geworden ist. Die Frage der Einführung einer Militärtaxe konnte mit Rücksicht auf den Umfang der Debatten über das Wehrgesetz noch nicht in Angriff genommen werden, doch dürfte ihre 5 kaum auf Schwierigkeiten i. Hingegen stehen diese in Hülle und Fülle bevor, sobald das Wuchergesetz zur Diskussion gelangt. Da aber alle Parteien des Abgeordnetenhauses in der Ansicht die Nothwendigkeit der Erlassung eines Wuchergesetzes mit der Gültigkeit für das ganze Reich einig sind, dürfte es schließ—⸗ lich doch zu einer Lösung dich Frage, welcher sich die Volksvertre⸗ tung mit Rücksicht auf die öffentliche Stimmung kaum mehr ent- ziehen könnte, kommen. Die schwierigste Aufgabe steht aber dem Abgeordnetenhause unstreitig in Betreff der ö. rungsfrage bevor. Die Forderungen des öffentlichen Rechtes mit den Wlesche der Bevölkerung in n, n zu bringen, erscheint in diesem Falle nahezu als ein Werk der Unmöglichkeit. Die Gegner des Legalisirungszwanges besitzen im Ausschusse die überwiegende Majorität und sie wollen von derselben rücksichtslos Gebrauch machen und den Legalistrungszwang voll⸗

14 ere, Ob man ö. um einiger ,,, ,. ie ohlthaten einer mühsam errungenen Institution gänz preis geber. , r ist eine Frage, die wohl der sorgfältigsten Er⸗ , Fer i. glauben Übrigens nicht, daß das Herrenhaus . Heselligung des Legalistrungsiwangez zustimmen Ban m wollen are es am zweckmäßigsten, wenn der Legalisirungs ˖ afen 3 Co H dlage des von der Regierung eingebrachten K J nicht vorausfehen, obgleich im Ausschusse das Eingehen in die Be—⸗ an. 2 3 . itt dem ,,,, ause noch der Gesetzentwurf über die Lokalbahnen vor, der gleich falls noch der Detaikberathung im Ausschusse harrt.

Schweiz. Bern, 3. Januar. (W. T. B.) Nach dem vom Bundesrath festgestellten Voranschlage betragen die Kosten für das 8. Baujahr der Gotthard⸗Eisenbahn vom 1. Oktober 1879 bis zum 30. September 1889 für den großen Tunnel 14212454 Frs, für die. Zufahrtlinien 34 321 465 Frs. und außerdem für Allgemeines 5 492 0892 Frs., zusammen 53 925 931 Frs.

Großbritannien und Irland. London, 2. Januar. (Allg. Corr.) Das Indische Amt erhielt vom Bize könig nach⸗ stehende Depesche: „Berichte von General Roberts, welche bis zum 30. Dezember reichen, melden, daß General Baker, der mit einer Streitmacht nach Kohistan gesandt wurde, das Fort des Häuplings Mir Batcha erreicht und ohne Kampf völlig zerstört habe. Mehrere Häuptlinge von Kohistan und Logar sind geneigt, ins Lager zu kommen und sich zu unter⸗ werfen. Die feindlichen Verluste an Todten und Verwundeten während der letzten 14 Tage werden auf 3000 Mann geschätzt. Seh Baba und Lataband werden aufs Neue besetzt. Das

Wetter ist schön, aber sehr kalt. Die Telegraphen verbindung

zwischen Peizeran und Jugduluk ist wieder hergestellt worden. General Bright üuͤberrumpelte am 30. Dezember die Dörfer, deren Bewohner sich Angriffe auf die britischen Vor⸗ posten zu Schulden kommen ließen. Bewaffnete Banden stehen zwischen Gandamak und der Grenze. Am 30. Dezember wurde heftiges Schießen jenseits Ali Musjids vernommen.

3. Januar. (Allg. Corr) Das Truppenschiff „Crocodile“ ging gestern mit 1190 Mann Verstärkungen, einschließlich des 2. Bataillons des 5. Füsilier-⸗Regiments, von Portsmouth nach Indien ab.

Einem Berichte des Generals Roberts vom 31. v. M. zufolge sind die Häuptlinge der jüngst von General Baker wieder besuchten Dörfer und Distrikte Kohistans im Lager erschienen. Eine Schwadron des 12. Bengalischen Kavallerie⸗Regiments langte am 29. Dezember in Latabgnd an. Es herrscht Ruhe im Lande; die Verbindungen sind wieder hergestellt; die aus Kabul geflüchteten Einwohner n. massenhaft zurück, und es werden Lebensmittel zu— geführt. 5. Januar. (W. T. B.) Den „Daily News“ wird aus Rangun von gestern telegraphirt: Die Regierung von Birma beschloß, eine Gesandtschaft nach Europa zu senden. Der „Times“ wird aus Kalkutta von gestern ge⸗ meldet: Der Vize⸗König, Lord Lytton, hielt anläßlich eines am Neujahrstage stattgehabten Bankets eine Rede, worin er die Pazifizirung und Versöhnung Afghanistans als die Hauptaufgabe der Regierung im neuen Jahre be— eichnete. 1 ah Sydney, 4. Dezember. (Allg. Corr.) Sechs bewaffnete Buschräuber griffen die Station Wan ta Bodgerny unweit Sundiaga an, und nachdem sie sich über 30 Einwohner be⸗ mächtigt, hielten sie die Station 19 Stunden in ihrer Gewalt. Sie wurden von einer Abtheilung Polizei des Distrikts an⸗

Italien. Rom, 4. Januar. (W. T. B.) hre Ma⸗ jestät die Königin ist in der vergangenen Nacht von Bordighera wohlbehalten hier eingetroffen.

Die „Gazzetta ufficiale“ erklärt alle in der Brochure des Mitgliedes der „Italia irredenta“, Imbriani, ent— haltenen Angaben über Aeußerungen, welche zwei Mi nister bei Gelegenheit des Begräbnisses des Generals Avezzana zu Gunsten der „Italia irredenta“ gethan haben sollen, als der Wahrheit unbedingt widersprechend.

Türkei. Konstantinopel, 3. Januar. (Pest. L.)

Ein Kaiserliches Irade sanktionirt die neue Heeres⸗ organisation. Das Rekrutenkontingent für 1880, welches nach früheren Beschlüssen nicht einberufen werden sollte, wird dennoch unter die Fahne gerufen werden. Der „Pol. Corr.“ schreibt man von hier: Die dies⸗ jährige Aufwartung des diplomatischen Corps beim Sultan war besonders feierlich. Das gesammte Per⸗ sonal des Kaiserlichen Hofstaates erschien in großer Gala. Sämmtliche hohen Würdenträger und Minister mit Ausnahme des Conseilspräsidenten Said Pascha hatten sich eingestellt. Osman Pascha und der erste Dragoman des Divans, Munir Bey, folgten dem Sultan Schritt auf Schritt, um als Dol⸗ metsche bei der Hand zu sein. Der Doyen des diplomatischen Corps, Sir H. Layard, richtete eine kurze Ansprache an den Sultan, der mit einigen verbindlichen Worten antwortete. So⸗ dann hielt der Sultan Cercle, erkundigte sich bei jedem Ver⸗ treter um das Befinden seines Souveräns und . den⸗ selben mit der Uebermittelung seiner besten Wünsche zum neuen Jahr. Der montenegrinische Vertreter Radonies sagte dem Sultan, daß er bald abreisen werde, doch schien Letzterer dieser Bemerkung keine politische Bedeutung beizumessen. Dies entspricht auch der wirklichen Sachlage, da Radonics einen beglaubigten Geschäftsträger zurückläßt.

(W. T. 3. Der Minister des Auswärtigen, Sawas Pascha, ist erkrankt; man nimmt jedoch an, daß derselbe seine Thätigkeit bald wieder aufnehmen werde.

Numänien. Bu kare st. 3. Januar. (W. T. B.) Der Senat hat heute die Eisenbahnvorlage mit 38 gegen 4 Stimmen angenommen. Die Kammern haben sich bis zum 21. Januar vertagt.

Montenegro. Cettinje, 2. Januar. Moukhtar Pascha hat, wie bereits erwähnt, eine Proklamation an die Bewohner von Plawa und Gusinje erlassen, um die⸗ selben zur Nachgiebigkeit zu bestimmen. Diese Proklamation lautet nach einer Meldung der W. „Pr.“:

Nach den Bestimmungen des Berliner Vertrages müsse Gusinje und Plawa an Montenegro übergeben werden. Die Kaiserlichen Be⸗ hörden haben bisher alles das gethan, was nothwendig ist, um die Räumung des Distrikts zu bewerkstelligen. Unglücklicherweise scheint ein Theil der Einwohner übereingekommen zu sein, Gusinje und Plawa nicht zu überliefern und zu diesem Zwecke den Widerstand zu organisiren.

Alle Welt anerkennt, daß das Aufgeben von Gustnje und Plawa eine der Verpflichtungen ist, welche der Vertrag der Kaiserlichen Re⸗ gierung auferlegt. Der in Aussicht genommene Widerstand der Ein⸗ wohner hätte keinen andern Erfolg, als unnützes Blutvergießen zu veranlassen und Unheil über sie heraufzubeschwören. .

Eine solche Haltung der Bevölkerung wird von der Kaiserlichen Regierung vollständig mißbilligt. Blutvergießen für eine zwecklose Sache, ist überdies durch die heiligen Gesetze des Scheri und die Vernunft verdammt. 2

Wir zweifeln nicht, daß Diejenigen, welche gesunden Menschen⸗ verstand haben, die Zwangslage anerkennen, welche für die Kaiser⸗ liche Regierung aus diesem Vertrage entspringt und den Anforde⸗ rungen derselben Rechnung tragen.

—— Wir rechnen auf Euren Patriotismus und Eure Ergebenheit

um Guch einen Vorsatz aufgeben zu sehen, dessen Unzukömmlichkeiten auf der Hand liegen und um Euch zum Gehorsam gegenüber den Befehlen der Kaiserlichen Behörden zu bestimmen.

Im Namen der Hohen Pforte erkläre ich Euch Allen, daß Die⸗ jenigen, welche diesen Ermahnungen zuwiderhandeln, die moralische und materielle Verantwortlichkeit hierfür auf sich nehmen.“

Moukthar Pascha wird, wie das genannte Blatt weiter mittheilt, im Auftrage der Pforte die Uebergabe selbst leiten, wozu er von Konstantinopel Befehl erhalten hat, und bei die⸗ sem Anlasse noch einmal Vorstellungen an die Bevölkerung richten.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. Ja⸗ nuar. Die Zolleinnahmen haben nach der „Post⸗ och Inr. T.“ in 1879, zufolge der telegraphisch eingegangenen Mittheilungen der Zollämter, etwas über 25 000 000 Kronen betragen; da der Reichstag diese Einnahmen zu 22 590 000 Kronen veranschlagt hat, so ist mithin ein Ueberschuß von circa 2 500 000 Kronen vorhanden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 4. Januar. (W. T. B.) Der „Regierungsbote“ veröffentlicht die Ernennungen der neuen Botschafter, und zwar des Fürsten Lobanoff für London, des Hrn. von Novikoff für Konstantinopel, des Hrn. von Oubril für Wien und des Hrn. von Saburoff für Berlin. Die auswär⸗ tige Presse ventilirt wiederum Versionen über eine ganz oder theilweise beabsichtigte Errichtung einer Regentschaft; es ist an allen diesen Behauptungen nicht das Geringste; nirgends liegt etwas vor, was dafür auch nur einen Anhalt bieten könnte. Was die durch mehrere hiesige Zeitungen verbreiteten Meldungen über zahlreiche Er⸗ nennungen für hohe Stellungen im inneren Dienste be⸗ trifft, fo wird unterrichteterseits nur die des Ministers Wa⸗ lujeff zum Präsidenten des Minister⸗Comitès als bevor⸗ stehend angesehen, während die Meldungen über umfassende Veränderungen in den General-Gouverneurstellen als unrichtig bezeichnet werden.

5. Januar. (W. T. B.) Ein Telegramm aus Cannes vom 3. d. Mts. meldet: Ihre Majestät die Kaiserin fühlte sich gestern mehr angegriffen, als an den vorhergehenden Tagen, und klagte über Herzklopfen; auch der Husten war am Abend stärker. Die Nacht hat Ihre Majestät weniger ruhig verbracht. Dem zum Präsidenten des Minister⸗Comitès designirten Domänen⸗Minister Walujeff

folgt im Domänen⸗-Ministerium sein bisheriger Gehülfe Fürst

Lieven.

Amerika. New⸗HYork, 1. Januar. (Allg. Corr.) Dem amtlichen Ausweise über die Abstimmung in Loui⸗ siana zufolge wurde die neue Verfassung des Staates mit einer Majorität von 59 1438 Stimmen ange⸗ nommen. Die Schuldordonnanz wurde durch eine Majorität von 10487 Stimmen gebilligt. Der Gouverneur von Maine hat dem obersten Gerichtshof des Staates ein Memorandum zur Begutachtung unterbreitet, welches die streitigen Punkte der letzten Abstimmung erläutert. Man erwartet, dieser Schritt der Regierung werde die herrschende Aufregung beschwichtigen. Der Zusammentritt der republikanischen Nationalkonvention in Chieggo, welche den republikanischen Kandidaten für die Präsidentschaft aufstellen soll, ist endgültig auf den 2. Juni d. J. festgesetzt worden. Hr. de Lesseps ist in Colon angekommen.

Südamerika. Brasilien. Rio de Janeiro, 3. Ja⸗ nuar. (W. T. B.) Anläßlich der Einführung der neuen Steuern haben hier Ruhestörungen stattgefunden; diesel⸗ ben wurden alsbald unterdrückt, und traf die Regierung Maßregeln, um der Wiederholung derartiger Vorkommisse vorzubeugen.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Ansbach, 3. Januar. (W T. B.) Nach amtlicher Zählung wurden bei der am 50. v. Mts. im 3. Wahl kreise von Mittel franken stattgehabten Reichstagswahl 7431 gültige Stimmen abgegeben. Bürgermeister Wilhelm Jegel aus Wendlstein erhielt 3641 Stimmen, Adolf Kroeber aus Munchen 211 Stimmen. Da die absolute Stimmenmehrheit nicht erreicht wurde, so ist eine engere Wahl nothwendig.

Dinkelsbühl, 5. Januar. (W. T. B.) Nach amtlicher Zählung wurden bei der am 30. v. M. im 5. Wa hl kreise von Mittelfranken stattgehabten Reichstagswahl 7378 gültige Stimmen abgegeben. Br. Philipp Schreiner in Triesdorf erhielt 3653 Stimmen, Regierungs ⸗Rath August Luthardt in Augsburg 3638 Stimmen; 82 Stimmen zersplitterten sich. Da die absolute Stimmenmehrheit nicht erreicht wurde, so ist eine engere Wahl nothwendig. Her Termin für letztere ist auf den 15. Januar an⸗ beraumt worden.

Landtags⸗An ee, eiten.

Am 2. d. M. Mittags starb hier der Wirkliche Geheime Rath Gustav von Le Gog, Unter⸗Staatssekretär a. D. und Mitglied des Herrenhauses. Derselbe wurde im Jahre 1863 in das Herren⸗ haus aus besonderem Allerhöchsten Vertrauen berufen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Hofrath Dr. Alexander Pagenstecher in Wiesbaden, welcher kürzlich auf der Rückkehr von der Jagd durch das Entladen seines Gewehrs verwundet wurde, ist, laut einem Telegramm aus Wies⸗ baden, am 31. Dezember v. J. auf dem Jagdschloß Platte seinen Sunden erlegen. ;.

Die Firma Gebrüder Grunert, hier, Junkerstraße 16, hat auch in diesem Jahre einen Wandkalender hergestellt, welcher sowohl durch Wahl und Zusammenstellung der auf mattem Glacccarton gedruckten 7 Farben wie durch die Akkuratesse, mit der diefelben gedruckt wurden, von der Leistungefähigkeit dieser Druckerei, welche sie auch gelegentlich der Gewerbeausstellung bekundet bat, Zeugniß ablegt. ;

Dresden, 3. Januar. (W. T. B.) Der sächsische Ober⸗ Landbaumeister Hänel ist heute gestorben.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Leipzig, 2. Januar. (Dresdn. Journ. Der heutige Saat⸗ markt war von der Witterung nicht begünstigt und infolge dessen auch die Zufuhr schwach; vertreten waren Quedlinburg, Aschersleben, Halberstadt, Eisleben 2c. Die Preise waren gedrückt und die meiste= Waare wurde unverkauft vom Markte gefahren. Nur in Gurken gestaltete sich ein lebhaftes Geschäft und die Vorräthe wurden zum festen Preis von 20) 6 per 50 Eg umgesetzt. Für Möhren wurden per 50 kg erzielt 45 „S, für Feuerbohnen 50 „M, für andere Bohnen 25 , für Steckzwiebeln 12 6, für Knoblauch 19 6, für Rübsen 14 S6, für Glanz 16 4½, Blumensämereien, mit Ausnahme von

Reseda, welche mit 20) 4M per 50 kg notirt wurde, waren außge⸗

blieben. Die heute begonnene Neujahrsmesse war, was zu⸗ nächst den Artikel Leder anlangt, schwach befahren und der Vor rath bei erhöhten Preisen bis heute Abend zum großen Theile verkauft.

Gewerbe und Ganbel.

Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende Dezember 1879 160 860 MS 40 ige, 43 694 700 ! 4 osoige und 9 134 100 ½ Ho / dige, zusammen 52 989 600 M Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 160 800 S6 4 00ͤ ge, 42 728 700 M 4 0oige und 8472 300 5Fsge, zusammen hl 361 sod M. Pfandbriefe verzinslich sind. Es find zugesichert, aber noch nicht abgehoben 2434 809 6, im Laufe des Monats Dezember 1879 angemeldet 7 Grundstücke mit einem Feuerversicherungswerthe von 572 900 .

Königsberg i. Pr., 5. Januar. (W. T. B.). Die Be triebßeinnahme der Ostpreußischen Südbahn pro De— zember 1879 betrug nach vorläufiger Feststelung: im Personenver— kehr 62 760 MW, im Güterverkehr 3185002 , an Extraordinarien 20 000 M, also im Ganzen 397 762 6, gegen den Monat Dezember 1878 35 605 S weniger; vom 1. Januar bis ultimo Dezember 1875 im Ganzen 4520786 S, gegen das Jahr 1878 weniger 1755 842 M

Bremen, 4. Januar. (W. T. B.) Der am 19. v. M. mit einer vollen Ladung von Stückgütern von New ⸗-NVork hierher abge⸗ gangene Frachtdampfer des norddeutschen Lloyd „Hansa' sst auf der Insel Ter⸗Schelling gestrandet und hat die Schraube verloren. Es sind sofort Maßregeln ergriffen worden, um so schleunig als möglich Hülfe zu bringen.

Wien, 5. Januar. (W. T. B.) Wie die „Presse. meldet, ist

bei der gestern im Finanz⸗Ministerium stattgehabten Offertverhand⸗

lung wegen Begebung von 15 Millionen Papierrente die Unionbank im Vereine mit der Frankfurter Effekten und Wechslerbank zum Course von 69,51 Ersteherin geblieben. Die Angebote der übrigen Offerenten waren nur * / 1 bis ig niedriger. Jum Ersteher⸗Konsortium gehören noch als ungenannte Mitglieder die Rheinische Kreditbank in Mannheim, die Dresdener Bank und der Schlesische Bankverein nebst mehreren österreichischen, italienischen, belgischen und schweizerischen Finanzinstituten.

Wien, 1. Januar. Die amtliche Wiener Ztg. veröffentlicht fol⸗ gende Verordnung des Gesammt⸗Ministerlums vom 31. Dezember 1879, womit auf Grund des Gesetzes vom 20. Dezember 1879 (R. G. B. Nr. 142) und im Einverstaänduisse mit der Regierung der Länder der ungarischen Krone der Veredelungsverkehr mit dem deutschen Zollgebiete für die Dauer vom 1. Januar his ein⸗ schließlich 36. Juni 1880 prrovisorisch geregelt wird: 8. 1. Gewebe einheimischer Erzeugung, welche zum Bedrucken oder Färben aus— geführt und innerhalb der vorgeschriebenen Frist bedruckt oder ge⸗ färbt wieder eingeführt werden, sind beim Wiedereintritte a. wenn die zollamtliche Abfertigung zum Ausgang in der Zeit bis einschließ— lich 15. Februar 1880 stattgefunden hat, von Eingangsabgaben be— freit; . wenn die zollamtliche Abfertigung zum Ausgang in der Zeit vom 16. Februar bis einschließlich 30. Juni 1580 stattgefunden hat, mit 14 Fl. per 100 Eg in Gold zu verzollen. 5. 2. Von Eingangzabgaben beim Wiedereintritte sind innerhalb der Geltungsdauer dieser Be⸗ stimmungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Ausfuhr befreit: a. Gewebe einheimischer Erzeuzung, welche zu anderen als den im 8. L bezeichneten Bearbeitungen ausgeführt und bearbeitet wieder eingeführt werden; b. Garne einheimischer Erzeugung, welche zum Waschen, Bleichen, Färben, Bedrucken, Sticken und Verweben aus— Hir, und nach vollendeter Arbeit zurlickgebracht werden; desgleichen

espinnste (einschließlich der erforderlichen Zuthaten) zur Herstellung von Spitzen und Posamentierwaaren; 8. die zur Reparatur aus— und dann wieder eingeführten Gegenstände aller Art; d) sonstige Waaren und Gegenstände einheimischer Erzeugung, welche zur Bearbeitung im Grenzbezirk ausgeführt und ohne ihre we— sentliche Beschaffenheit und handelsübliche Benennung ver— ändert zu haben, wieder eingeführt werden. 5. 3. Die Zollbegünstigung beim Wiedereintritt ist an die Bedingungen geknüpft, daß a. die Identität Fer aus- und wieder eingeführten Waaren und Gegenstände sichergestellt wird; b. daß der einheimische Ursprung der zu bearbeitenden Waare bei ihrem Ausgang nachgewiesen werde; e. daß die Erlaubniß zu dem zollbegünstigten Verkehr von der kom⸗ petenten Zollbehörde ertheilt werde. Ausgenommen von den beiden letzteren Erfordernissen sind die zur Reparatur aus und wieder ein⸗ geführten Gegenstände, dann die im Grenzbezirk ansässizen Hand⸗ werker und Lohnarbeiter. Zur Darchführung dieser Grundsätze wer⸗ den gleichzeitig von den Ministerien der Finanzen und des en die entsprechenden Weisungen an die Zollbehörde erlassen. Wien, am 31. Dezember 1879. Taaffe m. p. Stremayr w. p. Horst m. p. . m. p. Faltenhayn m. p. Korb m. p. Prazak m. p.

hertek m. p.

Ferner folgende Verordnung des Handels⸗Ministeriums vom 31. Dezember 1879, womit die Verordnung vom 12. März 1879, R⸗G. B. Nr. Z8, betreffend die Veröffentlichung von Refaktien und sonstigen Begünstigunger im Güterverkehre auf Eisenbahnen abgeändert wird. 8. 1. In Abänderung der Verordnung vom 12. März 1879, R. Ge- B. Nr. 38, betreffend die Veröffentlichung von Refaktien und sonstigen Begünstigungen im Güterverkehre auf Eisen bahnen, wird die Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen ermächtigt, in Fällen, wo, nach ihrem Erachten die durch S5. 1 und 2 der obigen Verordnung vorgeschriebene Veröffentlichung einer in Wirksamkeit zu ö Tarifermäßigung oder sonstigen ,,,, inländische erkehrsanstalten gegenüber aus⸗ ländischer Konkurrenz benachtheiligen würde, ausnahmsweise zu ge⸗ statten, daß die bezeichnete Veröffentlichung unterbleibe. 5. 2. 2! = suchen um Ertheilung der im §. 1 vorgesehenen ausnahme weisen Ge⸗ . sind unter Angabe der in Wirksamkeit zu setzenden Begün⸗ tigung (5.2 der oben eitirten Verordnung) und unter Motivirung des gestellten Ansuchens rechtzeitig von der betheiligten oder hierzu delegirten Bahnverwaltung an dle Generalinspektion der österreichi⸗ schen Eisenbahnen zu richten. Derselben bleibt in dem Falle, wenn

sie den Ansuchen stattzugeben findet, unbenommen, in der von ihr für geeignet erachteten Weise für die möglichst gleichmäßige Anwendung der Begünstigung (5. 4 der oben citirten Verordnung) Vorsorge zu treffen. 8 3. Die gegenwärtige Verordnung tritt mit 1. Januar 1830 in Wirksamkeit. Der Kgl. ungarische Kommunikations Minister, mit welchem diesfalls das Einvernehmen gepflogen wurde, trifft unter einem die gleiche Anordnung für die Eisenbahnen der Länder der ungarischen Krone. Korb m. p.

London, 3. Januar. (Allg. Corr) Die Gesammtzahl der Fallimente in England betrug im abgelaufenen Jahre 16 637, wovon 2546 auf Finanzinstitute, Engros⸗ und Fabrikgeschäste, 14901. auf den Kleinhandel, Berufspersonen, Bauunternehmer, Schankwirthe und Handwerker kamen. Von den 2546 Fallimenten im Engrosgeschäft fanden 15653 im ersten, und nur 993 im zweiten Semester des Jahres statt. In 1878 betrug die Zahl der Fallimente 2643, und in 1877: 2173. Die gedrückte Lage der Landwirthschaft bekundet sich in denk Umstande, daß während in 1877 nur 477 Landwirthe und in 1878 815 fallirten, die Zahl der insolrenten Landwirthe im abgelaufenen Jahre sich auf 14390 stellt.

Glasgow, 3. Januar. (W. T. B. Die Vorräthe von Roheisen, in den Stores belaufen sich auf 421 20 t gegen 199 900 t im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 100 gegen 92 im vorigen Jahre.

New-⸗JYJork, 1. Januar. (Allg. Corr) In den am 30. No⸗ vember 1879 beendeten 12 Monaten überstieg der Werth der Waarenausfuhr den der Einfuhr um 266 288 672 Dollars, de i. eine Abnahme von 42 775 989 Dollars im Vergleich mit 1878. Die Einfuhr von Gold und Silber in Barren und Münze überstieg die Ausfuhr während der am 30. November beendeten 12 Monate um 61 740 385 Dollars.

Philadelphäig, 3. Januar. (W. T. B.) Der für das Jahr 1879 aufgestellte Bericht der a merikanischen Stahl⸗ und Eisengesellschaft weist eine Steigerung der Produktion gegen das Jahr 1878 nach, indem das diesjährige Erzeugniß um 500 000 t höher ist als in irgend einem der vorhergehenden Jahre. Auch die

von Eisenerzen ist fünfmal größer als in jedem Vorjahre. Im letzt— verflossenen Jahre im Auslande gekaufte 50 000 t Stahl sind noch nicht geliefert worden, während andererseits die amerikanischen Fabri⸗ kanten die erhaltenen Aufträge nicht ausführen können und eine be— trächtliche Zuhl derselben auf das neue Jahr übertragen müssen. Die Einfuhr an Eisenerzen wird für das Jahr 1889 auf 500 090 t ge— schätzt; die diesjährige Produktion Amerikas dürfte diejenige des Vor⸗ jahres noch übersteigen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Die soeben im „Journal Toölegraphique“ zu Bern, dem amtlichen . der Telegraphenverwaltungen erschienene internationale elegraphenstatistik für das Jahr 1878, giebt über die Aus⸗ dehnung der Telegraphenanlagen in den größeren europäischen Staaten folgende Nachweise. Es betrug Ende 1878 die Zahl der Telegraphen⸗ ämker, einschließlich der dem Privatverkehre dienenden Eisenbahn— Telegraphenstationen: in Deutschland 8222, in Großbritannien 5259, in Frankreich 4772, in Oesterreich Ungarn 3444, in Rußland 2326, in Italien 2145; die Länge der Drahtleitungen: in Deutschland 219 990, in Großbritannien 183 440, in Frankreich 165 616, in Desterreich Ungarn 138 845, in Rußland 143 96, in Italien 52 676 km. Hiernach steht Deutschland sowohl hinsichtlich der Anzahl der Telegraphenanstalten als auch der Länge der Drahtleitungen jetzt allen europäischen Ländern voran. Scheidet man aus der angegebenen Zahl der Telegraphenämter die Eisenbahn ⸗Telegraphenstationen aäatz, so bleiben an Staats ⸗Telegraphenämtern für Deutschland 5496, Großbritannien 3858, Frankreich 4241, Oesterreich⸗Ungarn 1473, Italien 1422 und Rußland 979. Zur Vermittelung der telegra⸗ phischen Korrespondenz waren an Telegraphen-⸗Appara ten ver⸗ schiedener Systeme in Deutschland 19 575, in Großbritannien 12097, in Feankreich 6886, in Rußland 5167, in Oesterreich⸗Ungarn 3207 und in Italien 2318 Apparate in Gebrauch. Die Stückzahl der Telegramme betrug 1878: in Großbritannien 24 613 364, in Deutsch—⸗ land 14540 553, in Frankreich 14 414 457, in Oesterreich⸗Ungarn 8392 483, in Rußland 5761 731 und in Italien 5 670 843 Stäck. Die vorstehenden Zahlenangaben legen von der fortschreitenden Zu⸗— nahme des telegraphischen Verkehrs im Allgemeinen und von dem Antheile, welchen Deutschland im Besondern an diesem Aufschwunge genommen hat, ein erfreuliches Zeugniß ab.

Fiume, 4. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddamfer „Benaco“ ist gestern Abend bei dichtem Nebel unweit Punta Fa⸗ resina aufgefahren. Zwei Dampfer sind zur Hülfeleistung abgegangen.

New⸗YJork, 3. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer „Helvetia“ von der Nation al⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) und der Hamburger Postdampfer „We stphalia“ sind heute hier eingetroffen.

Berlin, den 5. Januar 1880.

In der am Sonnabend Abend abgehaltenen Sitzung der Ge⸗ sellschaft für Erdkunde präsentirte sich zunächst der aus den Neu⸗ bez. Wiederwahlen hervorgegangene Vorstand, aus welchem der Professor Dr. Hartmann ausgeschleden ist und durch Dr. Reiß ersetzt wird. Der Vorsitzende Dr. Nachtigal dankte den Anwesenden, daß sie ihn wiederbolt auf den Posten berufen, den einst ein Ritter, Dove und Bastian bekleidet, und bat um Nachsicht und Unterstützung Seitens der Mitglieder. Hieran knüpfte Dr. Nachtigal einige Bemerkungen über die Verhältnisse der Gesellschaft für Erdkunde, aus denen zu ent⸗ nehmen ist, daß die Mitgliederzahl, trotzdem eine Anzahl Perren theils gestorben, theils durch die Neuorganisation der Gerichte von Berlin verzogen sind, dennoch gegen das Vorjahr gewachsen ist. Dank diesem Umstande und dem abermals vom Kultus⸗Minister bewilligten Zu— schusse sind die pekuniären Verhältnisse zufriedenstellend, wenn auch nicht glanzend. Mit Benutzung der von Reichswegen in Aussicht stehenden Gelder soll in diesem Jahr im Zusammenhang mit dem bekannten, planvollen Vorgehen des Königs der Belgier eine deutsche Station in Afrika errichtet und eine neue Expedition zur fortgesetzten Erforschung des Congobeckens ausgerüstet werden. Durch den Tod verlor die Gesellschaft im letzten Monat den Professor Wappäus in Göttingen, den Professor Br. Sadebeck in Kiel, den Geheimen Ober Tribunals⸗Rath Dr. Eding und den Geheimen Legations⸗Rath Dr. von Jasmund. Von den Afrikareisenden Buchner und Stecker sind keine näheren Nachrichten eingelaufen, Dr. Lenz befindet sich noch in Marokko, gedenkt aber demnächst sich östlich nach Timbuktu zu wenden, eine Route, die bis jetzt noch kein Europäer betreten haf. Den ersten Vortrag des Abends hielt Hr. Dr. Naumann über die wirthschaftlichen Verhältnisse in Japan. Bei aller Achtung vor den Fortschritten in der Kultur, die Japan seit 1868 in so überraschender Weise gethan, mache doch das Land einen ärmlichen Eindruck. Das kemme daher, daß in Japan eine Industrie so gut wie gar nicht vorhanden ist, daß das Volk ganz ausschließlich Ackerbau betreibe, und daß dabei nur der zehnte Theil des Bodens überhaupt bestellt werde. Eine Folge davon sei das mangelhafte System der Kommunlkation; die meisten Straßen seien für den Verkehr nicht zu gebrauchen, nur wenige gute ziehen sich am Gestade des Meeres ent- lang, und keine einzige durchschneide das Land. Hier müsse vor Allem eine Besserung eintreten. Desgleichen müssen mine ralische Dungstoffe zur Befruchtung des Bodens beschafft werden, da wegen Mangels an Viehjucht der animalische Dung fehle. Zur Hebung der Industrie babe die Regierung zwar einige Musteranstalten einrichlen lassen, hat aber, um den heimischen Gewerbefleiß zu heben, fremde Erzeugnisse mit einem hohen Schutzzoll belegt. Der Erfolg werde lehren, ob die vertheuerte fremde Waare die japanischen Ge⸗ werbe produftionsfähiger machen werde, oder nicht. Die Hauptsorge bleibe aber doch die rationelle Hebung des Ackerbaues, und der japa⸗ nische Minister der öffentlichen Arbeiten habe sich in richtiger Er⸗

Einfuhr an Cisen und Stahl ist auüsnahmsweise stark, die Einfuhr

kenntniß, daß hierzu vor Allem eine genaue wissenschaftliche Landes aufnahme erforderlich sei, an den Redner gewandt und ihm nach einem zwischen Beiden festgestellten Plane diese Aufgabe übertragen. Danach werde Dr. Naumann demnächst eine topographisch geologische Aufnahme und dann eine astronomische von Japan bewirken und schließlich den Boden auf Erz und Kohlenlager untersuchen. Die Karten würden im Maßstabe von 1: 200 000 angefertigt und fei die Dauer der Auf⸗ nahme auf 12 Jahre berechnet. Dr. Nachtigal beglückwünschte den Redner zu diesem ehrenvollen Auftrage, der den Ruhm deutscher Wissenschaft und deutscher Gründlichkeit in Lem fernen 2sten ver⸗ mehren und befestigen werde. Zum Schluß sprach Dr. Reiß über das Sinken der Anden.

Eine interessante Autographensammlung gelangt am 16. Januar bei Lepke zur Versteigerung, darunter mehrere aus Fouquss und Eichendorffs Nachlaß. Bemerkenswerth sind die der preußischen Regenten und Generäle, der Helden des 30 jährigen Krieges, der deutschen Dichter, dramatischen Känstler und Tonkünstler, sowie ein origineller Brief von A. Rothschild, dem Gründer des Bank- hauses. Viele Seltenheiten befinden sich auch in der Abtheilung der Naturforscher.

Dresden, 4. Januar. (W. T. B.) Der Fisgang auf de r Elbe ist bisher günstig verlaufen; der augenblickliche Wasserstand am hiesigen Elbpegel ist 279 em über Null. In Pirna und hier ist das Wasser seit Mittag im Fallen, bei Leitmeritz aber in Folge Aufbruchs des Eises der Eger im Steigen. Das Eis der Mulde hat bei Schlunzig einen Vammbruch und bei Schadewitz und Wal- denburg eine Ueberschwemmung herbeigeführt; auch mehrere Brücken wurden zerstört.

Coblenz. 3. Januar. W. T. B.) Das Rheine is trieb heute früh 6 Uhr in dichten Massen vorbei, Seit 12 Uhr Mittag findet ein schwächerer Eisgang statt. Die Eisdecke von Bingen auf- wärts ist noch fest. Der Pegelstand des Rheins war heute Abend 5 Uhr 730 m. Seit Vormittag 11 Uhr ist der Rhein um 21 em

an einzelnen Stellen abgerutscht, beide Geleise sind auf einige Tage unbefahrbar. Das Moseleis ist vollständig abgegangen; der Pegelstand bei Trier war heute früh 9 Uhr 6,30 m, das Wasser fällt.

Coblenz, 4 Januar. (W. T. B) Dat Eis im Rhein gau ist in dieser Nacht aufgebrochen; bei Biagen und Coblenz findet starker Eisgang statt. Bei Mainz, Bingen und Coblenz ist das Wasser im Steigen begriffen. Die Höhe des Rheinwasserstandes bei Coblenz beträgt, wie die „Coblenzer Zeitung“ meldet. 7, 50 m.

Wo rms, 4. Januar. (W,. T. B.). Das Wasser ist jetzt hier im Fallen. In der Riedgegend hat die ausgedehnte Ueber schwemmung große Verheerungen angerichtet; der Eisen⸗ bahndamm ist theilweise weggeschwemmt und der Bahnverkehr da⸗ selbst eingestellt. Ganze Dörfer stehen unter Wasser, und ihre Be—⸗ wohner sind geflüchtet.

Mainz, 4. Januar. (W. T. B) Das Fis vom Qber⸗ rhein treibt seit gestern Abend 106 Uhr hier vorüber. Das Wasser ist erheblich im Steigen begriffen.

Wien, 3. Januar. (W. T. B.) Der Eisstoß bei Wien hat sich heute Vormittag in Bewegung gesetzt und ist bis jetzt glatt abgegangen. Einzelne Stauungen des Eises verursachten einen Aus—= tritt des Wassers auf das Inundationsgebiet Das Sperrschiff. welches den Donaukanal absperrte und sehr gewaltigen Eis⸗ massen Widerstand leistete, hat sich sehr gut bewährt. Der Eisstoß bei Krems steht zur Zeit noch fest, die Ort⸗ schaften des linken Donauufers sind überschwemmt. Dagegen hat sich der bislang bei Fischamend festgefahrene Eisstoß heute Abend 8 Uhr in ganzer Breite in Bewegung gesetzt, so daß die Ge⸗ fahr einer Ueberschwemmung für Wien als gehoben gelten kann. In Kaiserebersdorf ist der Bahnhof der Westbahn überschwemmt und stehen die Bahngeleise ungefähr 20 em unter Wasser; die Güter und Wagen wurden geborgen.

4. Januar. Nach den bis heute Abend 7 Uhr bei dem Central ⸗Ueberschwemmungs ⸗Comitsé eingegangenen Nachrichten hat der Eis stoß von Krems heute Nachmittag Tulln passirt, auch von Hain⸗ burg und von Preßburg soll der Eisstoß abgegangen sein.

. 5. Januar. Durch das Feststehen des Eisstoßes bei Fischamend und die dadurch erfolgte Stauung ist unterhalb Wien von Erdbergermais an bis unterhalb Kaiserebersdorf und Albern am rechten und bis Orth am linken Donauufer eine größere Ueb k eingetreten. In Kaiserebersdorf, in Albern und auf der Simmeringerhaide hat die Ueberschwemmung einen sehr großen Umfang erreicht, so daß die Bewohner ihre Wohnungen ver— lassen mußten. Es sind bereits zwei Todesfälle in Folge Ertrinkens gemeldet. Die Höhe des Wasserstands im Hanptstrom und im Donaukanale hatte im Laufe des Nachmittags noch zugenommen; gegen Mitternacht ist indeß ein mäßiges Fallen eingetreten.

Laut dem heute Morgen um 8 Uhr ausgegebenen Berichte ist die Donau von Passau bis Kaiserebersdorf frei von Eis Auf dem österreichischen Gebiete befinden sich nunmehr nur noch zwei Eisdecken, von Kaiserebe sdorf bis Fischamend und in der Nähe von Petronell, dieselben haben eine Gesammtlänge von 15 Em. Das Wasfer ist in fortwährendem Fallen begriffen.

Prag, 3. Januar. Auf der Moldau ist in der Nähe von Melnik eine Eisverstopfung eingetreten. Die Umgebung von Wrbno und Lujna ist bis nach Chlomin hin überschwemmt.

Paris, 3. Januar, Nachm. (Cöln. Ztg.) Das Thauwetter bezann gestern Abend, ohne Schaden zu thun; aber heute Morgen nach 11 Uhr traf das Eis der oberen Seine ein, und der Strom, der plötzlich hier 79 em stieg, war von großen Eisschollen bedeckt. Die Gefahr wuchs so schuell, daß alsbald die Bade⸗ und sonstigen Schiffe tbeils fortgerissen, theils zertrümmert wurden. Die Eis. schollen rissen fort, was ihnen in den Weg tam, stauten sich an den Brücken, zerstörten viele Nachen, auch einen kleinen Dampfer, und richteten allerlei Schaden an. Die Behörden hatten umfassende Vor- kehrungen getroffen; überall am Ufer wird gearbeitet und gerettet. Der Verkehr ist sast auf allen Brücken verboken. Die Umgebungen von Paris stehen, soweit sie erreichbar, unter Wasser.

Paris, 3. Januar, Abends. Seit 2 Uhr ist die Seine noch um 40 em gestiegen; der Pegel am Pont Royal zeigt 6,95 m. In der Umgegend von Paris ist die Ueberschwemmung groß. In Meudon gingen vier Waschschiffe unter, in Paris zwölf. Die Verwüstungen durch den Eisgang sind bedeutend. Ein Octroiposten wurde durch das Eis fortgerissen, und es sollen dabei 6 Beamte umgekommen sein. Die Ufer sind mit enormen Eisblöcken bedeckt. Ein Theil der Brücke der Invaliden wurde zerstört. Die Besorgnisse, daß auch die Brücke von Solferino und der Pont des Arts Schaden nehmen, steigt. In Montreau sind acht Schiffe untergegangen.

New Jork, 3. Januar. (W. T. B.) Die Bark Giaeomino“ ist in Ba lrimore mit 5 Pasfagieren und 5 Personen der Mann schaft des untergegangenen Dampfers . Borussig“ ein⸗ getroffen, welche sie in einem kleinen Boote etwa 2560 Meilen von 14 Azoren aufgefunden hat. Die Gereiteten hatten furchtbar ge⸗

ten.

London, 3. Januar. (Allg. Corr.) Die Taucher Operationen an der Taybrücke bei Dun dee wurden gestern abermals durch stürmisches Wetter unterbrochen. Man glaubt, daß die in Broughty Ferry aufgefundenen Trümmer genügen, um das Verschwinden der vier vermißten Waggons zu erklären, und daß sich in den mit Gisen⸗ werk bedeckten Waggons keine Leichen mehr befinden; dieselben 66 ohne allen Zweifel nach dem Meere getrieben worden. Es sind fehle zur Ueberwachung der Mündung gegeben worden; der Direktor der Nortbritischen Elsenbahn hat für die Beibringung einer jeden Leiche di Summe von 5 nebst Verglttung der Unkosten aus=

gesetzt.

gefallen. Zwischen Bacharach und Bingerhrück ist der Bahnkörper 6st