1880 / 9 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 12 Jan 1880 18:00:01 GMT) scan diff

durch die wiederholt? Wahrnehmung werkthätiger, hülfsbereiter Lebe zu erfreuen, welche den Sinn der Einwohner Berlins beseelt. Es gereicht Mir zur Befriedigung, dies auszusprechen. Berlin, den 5. Januar 1880. Wilhelm. An den Magistrat Meiner Haupt⸗ und Residenzstadt.

Der Jahreswechsel hat dem Magistrat Berlins Veranlassung gegeben, Mich durch Worte anhänglicher Gesinnung zu erfreuen und Mir seine Glückwünsche für das neue begonnene Jahr in herzlicher Weise darzubringen. Ich habe diesen Gruß um so dankbarer ent⸗ gegengenommen, als Ich die Bedeutung jener Mir kundgegebenen Wünsche nach ihrem vollen Werth zu schätzen weiß, welcher Meinem warmen Antheil an dem Gedeihen der Hauptstadt und dem Wohl

der Bürgerschaft nur entspricht, deren gemeinnütziges Wirken auf wohlthätigem Gebiete in dieser Zeit mannigfacher Noth sich erweitert und von Neuem bewährt.

Berlin, den 3. Januar 1880.

Au gu sta. An den Magistrat zu Berlin.

Ich erwidere die guten Wünsche, welche der Magistrat Mir zum Jahreswechsel dargebracht hat, mit aufrichtigem Danke und der Ver⸗ sicherung, daß Ich der Hauptstadt und ihren Interessen Meine leb⸗ hafte Theilnahme unverändert bewahren werde. Die oft erprobte Opferwilligkeit der Bewohner Berlins bethätigt sich aufs Neue in dieser Zeit schlimmer Heimsuchungen, wo es gilt, vielverbreitete Noth und Bedrängniß zu lindern. Möge das jetzt beginnende Jahr die Schäden heilen, unter welchen die Wohlfahrt Unseres Volkes ge⸗ litten, möge es ein wahrhaft gesegnetes sein für Kaiser und Reich!

Berlin, den 3. Januar 1880.

Friedrich Wilhelm. Kronprinz

An den Magistrat zu Berlin.

Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 13. No⸗ vember 1879 mit Rücksicht auf die Herstellung eines Elb⸗ Durchstichs durch die oberhalb Hamburg belegene Kaltehofe eine Aenderung der durch Beschluß des Bundesraths des Zollvereins vom 2. Juni 1869 festgesetzten Zollgrenze dahin deschlossen, daß ein Theil der bisher zum hamburgischen Freihagfengebiet gehörigen Kaltehofe an das Zollgebiet angeschlossen wird. .

Die Zollgrenze überschreitet fortan von dem Punkte hei Rothenburgsort, an welchem die Grenzlinie das nördliche Ufer der jetzigen (künftig alten) Norderelbe erreicht, letztere in gerader Richtung auf das nördliche Ufer des abgetrennten Theils der Kaltehofe, läuft von da in westlicher Richtung bis zur Westspitze der Kaltehofe und überschreitet hier den neuen Elb⸗Durchstich, welcher künftig die Norderelbe bilden wird. Von dem mit einer Tafel bezeichneten Punkt des südlichen Ufers der neuen Norderelbe, wo hierbei die Zollgrenze den Fuß der Außenseite des Deichs an diesem Ufer trifft, läuft dieselbe zunächst in südöstlicher, dann in südlicher Richtung an der Außenseite des Deichs auf der Insel Wilhelmsburg entlang, die an der Außenseite liegenden Häuser ausschließend, ich Gaetjensort und folgt dann der früher festgestellten

ichtung.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (34.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Finanz⸗Minister Bitter, der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten von Puttkamer und mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß vom Kultus-Minister eine Denkschrist, den Lehrermangel be— treffend, eingegangen sei. .

Darauf brachte der Finanz⸗Minister einen Nachtrags⸗ Etat pro 1880/81 ein, der die Mittel für einige wichtige Wasser bauten sichern soll. Das Haus trat dann in die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bewilligun von Staatsmitteln zur Beseitigung des dur Ueberschwemmung und Mißernte herbeige⸗ führten Nothstandes in Oberschlesien, ein. Der Abg. Freiherr von Huene nahm Bezug auf die ein⸗ gehenden Untersuchungen, welche die Minister persönlich Über die Zustände in Oberschlesien angestellt hätten. Er stehe der Vorlage sympathisch gegenüber. Daß ein eigentlicher Nothstand in den Industriebezirken Oberschlesiens nicht habe konstatirt werden können, das komme von der durch die neue Wirthschaftspolitik herbeigeführten Hebung der Montan⸗ industrie. In einzelnen Kreisen der Nothstandsbezirke sei eine zweckmäßigere Organisation der so anerkennens⸗ werthen Privatwohlthätigkeit zu wünschen. Der Redner kündigte ein Amendement an, welches die Empfänger von Unterstützungen in allzu große Härten bei der Eintreibung der Rückzahlungen sichern solle. Der⸗ selbe schilderte an den Vorgängen in Oberschlesien die verderbliche Wirkung, welche die Gesetze, betreffend die Aufhebung der geistlichen Orden, überhaupt die sogenannten Maigesetze gehabt hätten. Er beklagte die nachtheiligen Wirkungen des Wuchers in den Nothstandsbezirken und be⸗ rüßte es mit Freuden, daß der Finanz⸗Minister die⸗ elben anerkannt habe im Gegensatz zu der vor 14 Monaten auf die Interpellation des Abg. Frhr. von Schorlemer Alst abgegebenen Erklärung des früheren ,, Dr. Leonhardt. Die Staatsorgane, auf deren

uskunft der Minister die damalige Erklärung abgegeben habe, hätten ihre Schuldigkeit nicht gethan. Das Netz des Wuchers sei nicht seit 4 Monaten entstanden, und es müßte jetzt auf dem Wege der Reichsgesetzgebung durchbrochen werden. Der großen Theilbarkeit des Grundhesitzes in Schlesien, welche ein in Betracht zu ziehender Faktor des Nothstandes sei, wünsche er durch Wiedereinführung der Erbpacht, zu begegnen. Das Land begrüße die Erklärungen des u h n n daß die Regierung die materiellen Verhältnisse Oberschlesiens

dauernd zu heben beabsichtige, mit nz dadurch würden J Eigenschaften des oberschlesischen Volksstammes sich entfalten.

Der Finanz⸗Minister Bitter erklärte, daß die Regierung

in allen vom Vorredner angeregten Fragen eine entgegen⸗ kommende Haltung einnehmen werde. Der Zweck der Regie⸗ rung sei immer, eine prästationsfähige Bewohnerschaft zu er⸗ halten. Er wünsche namentlich in dieser Angelegenheit ein

versöhnliches Zusammenwirken zwischen weltlichen und kirch⸗ ichen Behörden. Der Kultus⸗Minister von Puttkamer wies darauf hin, daß bisher in den Nothstandsbezirken irgend bedrohliche Er⸗ scheinungen auf sanitätlichem Gebiete nicht hervorgetreten seien. Jedoch sei von dem Ministerium alles zur Pro hylaxis Nöthige geschehen. Oberschlesien besitze vortreffliche . anstalten, und eine humane Handhabung der Gesetze, welche die Minister angeordnet hätten, werde der kirch⸗ lich organisirten Krankenpflege nicht hinderlich sein. In ore m, sei der Mißstand der mangelnden Seelsorge bei der vielfachen Aushülfe durch benachbarte Geistliche nicht so flagrant, und die Justizbehörden würden hoffentlich auch ferner ihre bisherige milde Praxis in dieser Beziehung beibe⸗ halten. Die Finanzkräfte der Gemeinden würden für Schul⸗ bauten namenklich im Regierungsbezirk Oppeln nicht allzu stark in Anspruch genommen und er, der Minister, werde den jetzigen außerordentlichen Zuständen Rechnung tragen. Beim Schluß des Blattes hatte der Abg. Dr. Schellwitz das Wort.

In den deutschen Münzstätten sind in der Woche vom 28. Dezember 1879 bis 3. Januar 1880 an Gold⸗ münzen geprägt worden: 210 530 Kronen, und zwar auf Privatrechnung. Vorher waren geprägt: 1268 111 720 Doppelkronen, 422 954 680 SG Kronen, 27 969 925 ½ Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung 399 287 920 6 Summa 1718 827 695 6 (nach Abzug der wieder eingezogenen 233 480 S Doppelkronen, 183 830 M Kronen und 1850 Halbe Kronen).

Wenn Jemand vor dem Standesbeamten seinen Namen anders schreibt, als derselbe im Kirchenbuch ge⸗ schrieben ist, so sind die Standesbeamten nach 8. 45 des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 ausdrücklich ermächtigt,

je nach Lage des Falles von derartigen Abweichungen abzu⸗

sehen, wenn in anderer Weise die Persönlichkeit der Betheiligten festgestellt wird. Es braucht also in einem solchen Fall, nach einer Cirkularverfügung des Ministers des Innern, vom 23. Oktober v. J., nicht unter allen Umständen entweder eine Berichtigung des Kirchen⸗ buchs oder eine Berichtigung der Unterschrift unter dem Standesakt vorgenommen zu werden, noch hat das Gericht eine Berichtigung der Unterschrift anzuordnen, wenn nicht in einer zu bestimmenden Frist die Berichtigung des Kirchenbuchs herbeigeführt worden ist. Es werde vielmehr je nach der speziellen Sachlage zu erwägen sein, ob zur Berichtigung des Kirchenbuchs oder des Standes⸗ akts überhaupt ein ausreichender Anlaß vorliege. Allerdings aber würden die Standesbeamten gut thun, sich vor Auf⸗ nahme eines Standesakts stets darüber zu vergewissern, wie die Betheiligten ihren Namen schreiben, da der Name im Texte des Standesakts nicht anders lauten dürfe als in der Unterschrift.

Zur Anordnung des Aufgebots dürfen Standes⸗ beamte, nach einer Cirkularverfügung des Ministers des Innern, vom 13. Oktober v. J., als Geburtsurkunden die behufs des Ersatzgeschäfts unentgeltlich ausgestellten, jedoch den be⸗ stehenden Vorschriften nach nur zu diesem Zwecke zu benutzen⸗ den Taufscheine nicht entgegen nehmen.

Derjenige, ,, eine auf gewisse Fälle beschränkte Befugniß zum Betreten einer fremden Räumlichkeit hat, macht sich, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, I. Straf⸗ eh, vom 24. November 1879, des Hausfriedensbruches chuldig, wenn er bewußter Weise über jene Beschränkung hinaus zu einem anderen Zwecke eindringt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinsche Ober⸗Zolldirektor Oldenburg ist in Berlin wieder eingetroffen.

Der General⸗Lieutenant von Drigals ki, Comman⸗ deur der Kavallexie⸗Division des XV. Armee⸗Corps, hat sich nach beendetem Urlaub in seine Garnison Metz zurückbegeben.

Görlitz, 9. Januar. In der heutigen (vierten und letzten) Plenarsitzung des Kom munal⸗-Landtages des preußischen Markgrafthums Oberlausitz wurde der bereits von früheren Landtagen erörterte Plan der Errichtun eines Armenarbeitshauses für die preußische Oberlausitz na Maßgabe der inzwischen gesammelten Materialien der weiteren Berathung unterworfen, in Anbetracht der Schwierigkeiten jedoch, welche sich dem übrigens kostspieligen Projekte ent⸗ gegenstellen, und des geringen Anklanges, welchen dasselbe bei den zunächst und am meisten interessirten Gemeinden zu finden scheint, beschloß der Landtag, zur Zeit von dem Plane Abstand zu nehmen, den Herrn . aber zu ersuchen, diese Angelegenheit im Auge zu behalten und event. einem der nächsten Landtage weitere Vorschläge zu machen. Sodann bewilligte der Landtag aus 16 verschiedenen Stiftungen an 63 Personen Stipendien, Stiftungsgenüsse beziehungsweise Unterstützungen, während 9 Bewerber wegen Mangels weiterer disponibler Mittel keine Berücksichtigung finden konnten. Nach⸗ dem hiermit die Arbeiten des Landtages beendet waren, schl der Landeshauptmann und Landesälteste, Graf von Fürstenstein um 12 Uhr mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung begeistert ein⸗ stimmte, die Sitzung.

Bayern. München, 10. Januar. (W. T. B.) Die Ab⸗ geordneten⸗-Kammer setzte heute die Berathung des Kultus⸗Eta ts fort. Bei der Diskussion über das die Universität München betreffende Kapitel erklärte der Kultus⸗Minister von Lutz, daß die gestrige Behauptung des Abg. Daller über ein Rückgehen der Universitätsleistungen unrichtig sei. Eine Abschaffung der Kollegiengelder würde die Erhöhung der Pro⸗ fessorengehälter um ein Drittel nothwendig machen. In Betreff des Professors Friedrich sei zu unterscheiden ö der Stel⸗ lung desselben zur Kirche und der Form, in welcher derselbe seine Anschauungen zum Ausdruck bringe. Gegen die literarische Thätigkeit eines Universitätsprofessors könne die Regierung nicht einschreiten. Der Landtag möge der Regierung nicht die Pensionirung eines Professors nahe legen, sonst wäre die Frei⸗ heit der Wissenschaft dahin. Der Minister verwahrte sich schließlich noch gegen die Auslassungen des Abg. Rittler, als ob eine Bevorzugung irgend einer Richtung bei der Berufung von Professoren J habe. Der Abg. Daller er⸗ klärte, er habe nicht die Pensionirung des e e Friedrich verlangt, sondern nur öffentlich konstatiren wollen, daß ein nicht einmal mehr altkatholischer Priester in der römisch⸗katho⸗ lischen theologischen Fakultät der Universität sitze. Der An⸗ trag des Abg. Schauß auf Errichtung einer Professur für bayerische Geschichte wurde abgelehnt. Der Etat für die

Universität München wurde hierauf nach dem Antrage des Ausschusses genehmigt. Allg. Zig. Der Ausschuß der Kammer der Abgeordneten zur Vorberathung des Schelsschen Ini⸗ tiativantrages, bezweckend ein neues Landtagswahl⸗ esetz, hat in einer am 8. d. M. abgehaltenen Sitzung be⸗ chlosson, von einer Bestimmung der Wahlkreise durch das Gesetz abzusehen und den bezüglichen früher gefaßten Beschluß aufzuheben. Der diesfällige frühere Antrag des Abg. hr. von Schauß, sowie der vom Abg. Schels gestellte Antrag die Reichstagswahlkreis⸗Eintheilung zu Grunde zu legen, waren zurückgezogen worden. Von den Abgg. Frhr. von e , berg und Dr. von Schauß wurde der Wunsch ausgesprochen, bezüglich einer Modifikation der Art. 11 und 13 sowie der die Wahlmänner betreffenden Artikel des Wahlgesetzes die Initiative der Staatsregierung abzuwarten; schließlich einigte man sich dahin, die Sitzung zu vertagen und in der nächsten in die Spezialdebatte über den Schelsschen Antrag bezw. des Wahlgesetzes einzutreten. Der Eisenbahn⸗Ausschuß der Abgeordnetenkammer beschloß, die Abgeordnetenkammer wolle bezüglich der beiden Eisenbahn⸗Gesetzentwürfe den letzten Beschlüssen der Reichsrathskammer beistimmen.

Sachsen. Dresden, 109. Januar. (Dr. J) Se. Majestät der König hat dem Geheimen Regierungs⸗-Rath bei der Kreishauptmannschaft Leipzig, Cäsar Dietrich von Witz⸗ leben, die erledigte Stelle des Direktors des Haupt⸗ staatsarchivs übertragen und demselben das Dienstprädikat als Geheimer Rath verliehen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 10. Januar. (W. T. B.)

In dem ungarischen Del egationsgusschusse für die

auswärtigen Angelegenheiten interpellirten heute die Delegirten Szylagyi und Karman den Minister des Aeußeren, Baron Haymerle, über die Verhandlungen mit Serbien betreffs des Handelsvertrages und der Eisenbahnanschlüsse. In seiner Erwiderung betonte der Minister zunächst, daß bezüglich dieser Verhandlungen zwischen den beiderseitigen Landesregierungen und der ge— meinsamen Regierung ein vollkommenes Einverständniß be⸗ stehe, und gab hierauf eine geschichtliche Darstellung der Orientbahnfrage bis zum Abschlusse der österreichisch⸗ serbischen Eisenbahnkonvention vom 8. Juli 1878. Der Graf Andrassy und der serbische Minister⸗Präsident Ristic, erklärte der Minister, wären seiner Zeit sehr bald zu der Ueberzeugung gelangt, daß eine erfolgreiche Lösung der Frage vor der vollkommenen Ordnung der neuen Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel unmöglich sei. Was die Verhand⸗ lungen mit dem serbischen Minister der öffentlichen Arbeiten, Alimpics, betreffe, so seien deren Resultate in einem um— fassenden Elaborate niedergelegt. Die Note Risties aus dem Anfange Oktober v. J. habe danach getrachtet, den Werth dieser Vereinbarungen möglichst zu devaluiren, und denselben nur den Charakter vorläufiger Besprechungen beizumessen, wenn in derselben geltend gemacht wurde, daß zu den Ver⸗ handlungen zwischen Oesterreich und Serbien auch die Pforte und Bulgarien beigezogen werden müßten. Die öster⸗ reichisch-ungarische Regierung habe diese Anschauung in ihrer Note vom 29. Oktober an ihren Gesandten in Serbien, den Baron Herbert, entschieden widerlegt und betont, daß Oesterreich und Serbien vor Allem zuerst unter sich zu einer Einigung gelangen müßten. Der serbische Minister habe aber hierauf nur mit allgemeinen Versicherungen geantwortet. Am 15. November habe er, Haymerle, darauf abermals eine dring⸗ liche Note abgesandt, welche diesmal eine verhältnißmäßig nachgiebigere Erwiderung fand. Ristie habe darin zugegeben, daß bei der Inbetrachtnahme des Berliner Vertrages und der Konvention vom Juli 1878 die Berechtigung der öster⸗ reichisch⸗ ungarischen Auffassung thatsächlich nicht zu leugnen sei. Er ann,, habe darauf den ööster⸗ reichischen Gesandten, Baron Herbert, angewiesen, sofort nach Nisch zu gehen und sich nicht von dort zu entfernen, bis sämmtliche Fragen gelöst seien; denn die gegen⸗ wärtige Lage sei eine solche, daß Oesterreich⸗Ungarn sie ohne fühlbare Schädigung seiner . nicht länger dulden önne, sondern entschlossen sein müsse, seine vertragsmäßigen Rechte ihrem ganzen Umfange nach zur Geltung zu bringen. Zugleich sei Baron Herbert angewiesen worden, den Minister⸗ Präsidenten Ristie zu ersuchen, sofort nach Neujahr einen Bevollmächtigten nach Wien zu entsenden, welcher berechtigt sei, die schwebende Frage definitiv zu ordnen. Der Minister theilte sodann vertraulich eine Anzahl seither einge⸗ langter Telegramme mit, nach welchen der serbische Bevollmächtigte behufs Einleitung von Verhandlungen dem⸗ nächst nach Wien kommen werde. Die verlesenen Telegramme fanden allseitig ungetheilte Anerkennung. Szylagyi behält sich vor, auf diese Frage in öffentlicher Sitzung zurückzukom⸗ men. Der Sektionschef im Ministerium des Auswärtigen, Freiherr von Schwegel, berichtete hierauf über den gegen⸗ wärtigen Stand der Angelegenheit, betreffend den Handels⸗ vertrag mit Serbien, und erklärte, die Regierung wolle keinen Meistbegünstigungsvertrag mit Serbien, da ein solcher für Oesterreich⸗Ungarn nachtheiliger sein würde, als der Standpunkt, welchen Oesterreich⸗Ungarn im Sinne des Berliner . einnehme. Eine Zolleinigung mit Serbien werde sowohl von Oesterreich⸗ Ungarn als von Serbien nicht für vortheilhaft gehalten und habe man diese Frage fallen gelassen. Im Laufe der Verhandlungen sei die Regie⸗ rung zu der Ueberzeugung gelangt, daß ein Handelsvertrag mit Serbien überhaupt nur abgeschlossen werden könne, wenn die Eisenbahnfrage den Interessen Oesterreich Ungarns ent⸗ . gelöst sei. Zum Zwecke der nöthigen Vorbereitungen ür die Verhandlungen habe man von Serbien die Ein⸗ sendung der Tarife und der Zollgesetze verlangt. In Be⸗ antwortung weiterer Bemerkungen Szylagyi's erklärte Baron Haymerle, Oesterreich⸗Ungarn werde stets in der Lage sein, seine vertragsmäßig gesicherten Rechte auch praktisch zur Geltung zu bringen. Die Mittheilungen des Ministers wurden von dem Ausschusse zur Kenntniß genommen. In Erwiderung auf an ihn gestellte Anfragen in Betreff der Befestigungen, deren Schleifung in dem Berliner Ver⸗ trag festgesetzt worden ist, wies Baron Haymerle auf die großen Kosten solcher Abtragungen hin, sowie darauf, daß in dem bulgarischen Budget bereits eine gewisse Summe hierfür eingestellt sei. Auf eine Anfrage wegen der Lage der Mo⸗ hamedaner erklärte der Minister, die Regierung habe für die Mohamedaner Alles gethan, was eine fremde Regierung überhaupt thun könne. In dem Budget Ostrumeliens sei

bereits ein Betrag für die Unterstützung armer Mohamedaner angesetzt. Die nächste Sitzung findet morgen statt.

11. Januar. In der heutigen Sitzung des Aus⸗ schusses der ungagrischen Delegation für die aus⸗ wärtigen Angelegenheiten erklärte der Minister des Auswärtigen, von Haymerle, auf eine Anfrage des Abg. Karmans, er habe keine offizielle Kunde von dem Zu⸗ sammenstoß der Albanesen und Montenegriner, könne indeß nicht leugnen, daß die dortige Lage eine bedenkliche und daß die Aufregung der Albanesen eine sehr große sei. Die Grenzen der von Oesterreich okkupirten Länder seien jedoch vom Schauplatze der Kämpfe so weit entlegen, daß es nicht nothwendig gewesen sei, behufs deren Sicherung spezielle Verfügungen zu treffen. Die Antwort des Ministers wurde vom Ausschusse, welcher derselben zustimmte, zur Kenntniß ge⸗ nommen. Der Abg. Szylagyi richtete darauf über den Stand des mit Deutschland abzuschließenden Tarifvertrags eine Anfrage an die Regierung. Der Minister von Haymerle wies in seiner Antwort auf die zur Zeit in Europa herr⸗ schende Strömung hin, die nationale Arbeit zu schützen und betonte, daß diese Strömung schon 1878 bestanden und DOesterreich⸗Ungarn genöthigt habe, einen einjährigen Meist⸗ begünstigungsvertrag abzuschließen. Die Beziehungen Oester⸗ reich Ungarns zu Deutschland dürften übrigens nicht aus⸗ schließlich vom Gesichtspunkte der materiellen Interessen beurtheilt werden. Bei der Zusammenkunft des Fürsten Bismarck mit dem Grafen Andrassy hätten detaillirte Verein⸗ barungen nicht getroffen werden können, beide Staatsmänner hätten aber darin übereingestimmt, daß die volkswirthschaft⸗ lichen Beziehungen den innigen polititischen Beziehungen beider Staaten entsprechen müßten. Der Minister erwähnte dem⸗ nächst die Schwierigkeiten, welchen der eventuelle Abschluß eines österreichisch⸗deutschen Vertrages wegen der bereits zwischen

Deutschland und anderen Staaten und ehenso megen der

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zwischen Oesterreich und anderen Staaten bestehenden Ver⸗ träge begegneten und erklärte dann weiter: Bei der Zusammen⸗ kunft des Fürsten Bismarck mit dem Grafen Andrassy sei indeß soviel festgesetzt worden, daß, welches auch immer der Erfolg der Spezialherathungen sein möge, von beiden Seiten Alles vermieden werden solle, was nur auch im Entferntesten den Anschein eines Zollkrieges haben könnte. Unter Mittheilung von Einzelnheiten über den bisherigen Verlauf der Verhandlungen fügte der Minister hinzu, daß bald eine Zoll⸗ und Handelskonferenz zusammen⸗ treten dürste, um endgültige Instruktionen für die mit Deutsch⸗ land einzuleitenden Verhandlungen auszuarbeiten und daß diese Verhandlungen so rasch wie möglich gepflogen werden sollten. Die deutsche Regierung sei ersucht worden, ihre mög⸗ lichst positiv formulirten Forderungen schon vorher dem Wiener Kabinete zukommen zu lassen, damit diese Forderungen bei den Berathungen der in Wien abzuhaltenden Zoll⸗ und Handelskonferenz in Betracht gezogen und die sodann in Berlin stattfindenden Verhandlungen rascher beendigt werden könnten. Aus alledem sei zu ersehen, daß dem Abschlusse eines Tarifvertrags keine besonderen Schwierig⸗ keiten im Wege lägen; habe doch Fürst Bismarck selbst bei seiner Anwesenheit in Wien entschieden erklärt, daß auch seine Bestrebungen auf den Abschluß eines solchen Vertrags ge⸗ richtet seien. Er (der Minister) sei überzeugt, daß aus diesem Vertrage auch für den ungarischen Export bedeutende Vor⸗ theile erwachsen würden, und daß die deutsche Regierung allen billigen Anforderungen Oesterreich⸗Ungarns gerecht wer⸗ den werde. Im Verlauf der an die Beantwortung der Inter⸗ pellation geknüpften Diskussion sprach Graf Andrassy sich in überaus warmer Weise für die guten politischen Be⸗ ziehungen zu Deutschland aus und trat der Ansicht entgegen, daß die letzteren nur dann eine günstige Beurtheilung finden könnten, wenn die materiellen Interessen Ungarns dadurch eine Besserung erführen. Die überwiegende Majorität in Ungarn sei im Gegentheile von der Ueberzeugung durch⸗ drungen, daß die guten politischen Beziehungen zu Deutsch⸗ land schon an und für sich eine erfreuliche Erscheinung seien. Nachdem Graf Andrassy die Gründe hierfür des Näheren auseinandergesetzt und anderweite Behauptungen anderer Redner widerlegt und nachdem auch Minister⸗Präsident Tisza wiederholt das Wort ergriffen und anderweitigen Anschauungen gegenüber die erforderlichen Aufklärungen gegeben hatte, erklärte schließlich Minister von Haymerle: Kein Staatsmann könne positive Versprechungen machen be⸗ züglich solcher Angelegenheiten, die nicht von ihm allein ab⸗ hingen; er wiederhole aber, daß Deutschland den besten Willen kundgebe, daß derselbe auch bei der österreichischen und bei der ungarischen Regierung vorhanden sei und daß derselbe schon zu positiven Resultaten geführt habe, die indeß am Vorabend der Unterhandlungen nicht mitgetheilt werden könnten. Die Erklärungen des Ministers wurden hierauf ihrem ganzen In⸗ halte nach vom Ausschuß zur Kenntniß genommen.

Pest, 12. Januar. (W. T. B.) Gestern Abend ver⸗ sammelten sich etwa 200 Studenten und Arbeiter vor dem National⸗Kasino, um gegen dasselbe zu de⸗ monstriren. Der Ober⸗Stadthauptmann requirirte eine Compagnie Soldaten, welche jedoch nicht zum Einschreiten kam, da sich die Menge auf gütliches Zureden der Abgeord⸗ neten Szalay und Hermann wieder zerstreute.

Großbritannien und Irland. London, 9. Januar. (Allg. Corr) Der „Times“ wird unterm 8. d. M. aus Praätoria telegraphirt: Die Herren Pretori us (früherer Präsident) und Bok sind wegen Hochverraths verhaftet wor⸗ den. Sie hatten an Sir Garnet Wolseley einen von ihnen als Vorsitzenden resp. Sekretär des Comités unterzeichneten Brief gerichtet, worin sie die in dem jüngsten Boer-Mee⸗ ting angenommenen Resolutionen übermittelten. Sie gaben hiermit den Beweis von ihrer Verbindung mit einem hochver⸗ rätherischen Projekt. Für Mr. Bol in Prätoria wurde eine Bürgschaft im Betrage von 3000 Pfd. Sterl. angenommen, für Mr. Pretorius in Potchefstroom dagegen die Büra—⸗ schaftsannahme verweigert. Das Verhör der Gefangenen hat noch nicht stattgefunden. Die Boers hielten auf der Straße von Potschefstroom einen Boten mit nach Prätoria bestimmten 6 an, nahmen ihn fest und schickten ihn schließlich

Den „Daily News“ wird unter dem 6. d. M. aus Kabul berichtet: Nahezu alle fehlen, Lughmani und Logar Mulliks treffen hier ein. Es ist eine Begnadigung aller Stamme und ihrer Vertreter veröffentlicht worden; diese ver⸗ langt jedoch sofortige Unterwerfung. Von diesem Gnaden⸗ akte ausgeschlossen sind die fünf hervorragendsten Anführer Mahomeb Jan, Mushki Alam, Mir Bahcha, Hamandar Khan und Tabir Khan. Die Proklamation erklärt, daß die britische

Regierung keine Feindschaft gegen das Volk habe. Jeder, der jedoch abermals rebellire, werde bestraft werden. Wer sich stelle, brauche keine Furcht oder Verdacht zu haben. Die . ist während der letzten Woche in Umlauf gesetzt worden.

10. Januar. (W. T. B.) Das Reutersche Bureau meldet aus Kabul vom 9. d. M.;: General Roberts wohnte einer Versammlung afghanischer Häuptlinge bei und versicherte dabei die Letzteren, daß es der Wunsch der englischen Regierung sei das Leben, das Eigenthum und die Religion der Afghanen zu respektiren. Den „Daily News“ wird aus Lahore von heute telegraphirt: Nahommed Khan hält Ghazna mit einer starken Truppenmacht besetzt.

Frankreich. Paris, 11. Januar. Das heutige „Journal officiel“ veröffentlicht Dekrete, durch welche ernannt werden: General Blot zum Chef des General⸗ stabes im Kriegs-Ministerium an Stelle des Generals Davoust, General Thibaudin zum General⸗Direktor der Infanterie an Stelle des Generals Thoumini de Lahaulle, General Loizillon an Stelle des Generals Grandin zum General⸗Direktor der Kavallerie, General Sempé zum General ⸗-Direktor der Artillerie an Stelle des Generals Schneegans, General Cosseron de Villenoisy zum General⸗Direktor der Genie⸗Ab⸗ theilung an Stelle bes Generals Sers de Rivisres und Ge⸗ neral de Panafieu zum Direktor des Rechnungswesens an Stelle des Generals Renaudin. In der Besetzung des Postens des General⸗Direktors der Kriegsverwaltung und desjenigen der Pulverfabriken hat keine Veränderung stattgefunden.

Spanien. Madrid, 1I. Januar. (W. T. B.) Im Kongreß hielt anläßlich des jüngsten Attentats der Minister⸗ Präsident Canovas del Castillo eine Rede, in welcher derselbe alle rechtschaffenen Leute aufforderte, sich gegen die

9 2 22 ow os *r 2 ö 8 e 2 Bestrebungen zu vereinigen, welche sich gegen das monarchische

Prinzip und dessen Autorität richten.

Der Senat und der Kongreß haben eine Adresse an den König und die Königin votirt, in welcher dem Ab⸗ scheu Ausdruck gegeben wird, welchen das Attentat gegen Ihre Majestäten allen Vertretern der Nation eingeflößt hat. Gleichzeitig wird darin die Freude darüber ausgesprochen, daß das für alle Spanier so kostbare Leben des Königs und der Königin erhalten worden ist. Die Adresse soll den Majestäten durch eine aus Senatoren und Deputirten gebildete Kom— mission überreicht werden, welcher sich andere Deputirte und Senatoren anschließen können.

Italien. Rom, 11. Januar. (W. T. B.) Se. Majestät der König empfing heute den österreichischen Bot⸗ schafter Grafen Wimpffen, welcher sein Beglaubigungs— schreiben überreichte. Der König gab hierbei der Zuversicht Ausdruck, daß der Botschafter zur Erhaltung der guten Be⸗ ziehungen zwischen Italien und Oesterreich⸗Ungarn beitragen werde. Graf Wimpffen erkundigte sich Namens der Kaiser⸗ lichen Familie nach dem Befinden Ihrer Majestät der Königin und erhielt sehr befriedigende Auskunft.

Wie die „Italie“ meldet, erklärte der Referent der Senats⸗ kommission zur Vorberathung der Mahlsteuer⸗ vorlage, Saracco, daß er an den in seinen beiden Be⸗ richten über die Vorlage enthaltenen Ausführungen nichts zu ändern und in Folge dessen die Central⸗Kommission des Se⸗ nats nicht für nöthig befunden habe, zu einer nochmaligen Prüfung der Frage zusammenzutreten. Der Ministerrath 3 . seiner gestrigen Sitzung über die Mahlsteuervorlage erathen.

Türkei. Konstantinopel, 10. Januar. Das „Reu⸗ tersche Bureau“ meldet von hier: Savas Pascha habe Layard in einer Note angezeigt, daß der Sultan, beseelt von dem Wunsche, die freundschaftlichen Beziehungen zu England zu wahren, Achmed Tewfik begnadigt hätte. In seiner Er⸗ widerung hierauf habe der hritische Botschafter erklärt, daß Achmed Tewfik keiner Begnadigung bedürfe, und die Forde⸗ rung gestellt, daß das Urtheil der religiösen Behörden, als den Gesetzen der Verfassung widersprechend, für nichtig erklärt werde. Der Ministerrath ist mit der Berathung dieser An⸗ gelegenheit beschäftigt.

11. Januar. Weiter meldet das „Reuter'sche Bureau“ unter dem heutigen Datum: Der Botschafter Layard hatte heute eine Audienz beim Sultan, deren Verlauf ein sehr be⸗ friedigender war. Achmed Tewfik wird nach der Insel Chios geschickt, die offiziellen Beziehungen Layards zu der Pforte werden unverzüglich wieder eröffnet.

Skutari, 109. Januar. Dem „Pest. L.“ telegraphirt man von hier: Izzet Pascha, Gouverneur von Ober⸗Alba⸗ nien, erhielt von der Pforte Befehl, die Zuzüge nach Gu⸗ sinje zu verhindern; trotzdem gehen fortwährend offen Frei⸗ willige dorthin ab. Die Emissäre der Liga predigen unter den Stämmen Ober⸗Albaniens den Kampf gegen Monte⸗ negro, die christlichen Klans unter den Ghegen und Malis— soren erklärten sich zur Waffenfolge gegen Montenegro bereit.

Serbien. Belgrad, 10. Januar. (Pest. L.) Der Ministerrath ist damit beschäftigt, für Hrn. Maries, der sich mit zwei technischen Beiräthen behufs Abschlusses einer Eisenbahn⸗Konvention in den nächsten Tagen nach Wien begiebt, ausführliche und sehr weitgehende Instruktionen auszuarbeiten. Als diplomatischer Vertreter Serbiens bei diesen Verhandlungen wird Hr. Steies, Fürstlicher Geschäfts⸗ träger in Wien, fungiren. Die Ratifikation der abzu⸗ schließenden Konvention soll dann innerhalb 30 Tagen er⸗ folgen. Nach vollzogener Transaktion durfte, sicherem Ver⸗ nehmen nach, die oͤsterreichische Staatseisenbahn⸗Gesellschaft einen Bevollmächtigten nach Belgrad entsenden, der dann in ernstliche k mit Serbien über die Konzessions⸗ werbung für die Hauptbahn Belgrad⸗Nisch einzutreten hätte, da die früher gepflogenen Unterhandlungen nur zu Informa⸗ tionszwecken dienten.

Nisch, 11. Januar. (W. T. B.) Die Skupschtina hat das Kolonisationsgesetz angenommen.

Rumänien. Bukarest, 11. Januar. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht die Dekrete, betreffend die Um⸗ wandlung der diplomatischen Agentur in Rom in eine Gesandtschaft, und betreffend die Ernennung des gegen⸗ wärtigen diplomatischen Agenten in Rom, Esarçu, zum Minister⸗Residenten in Athen. , wird Esarcu be⸗ auftragt, die Gesandtschaftsgeschäfte in Rom bis zur Ernennung und Ankunft des neuen Gesandten zu versehen.

Montenegrv. Cettinje, 109. Januar. Meldung der „Deutschen Zeitung!. Der Woiwode Miljanoff tele⸗ graphirt von gestern Abend aus Andrijevica, daß er einen

neuen Angriff der Arnauten erwarte. Große Muni⸗ tionsvorräthe seien von Ipek in Gusinje ee ,. Heute marschiren die Truppen von Danilovgrad, Grahovo, Rijeka und Virbazar an die Grenze ab. Am Montag begiebt sich Fürst Nikita nach Andrijevica.

Aus Cattaro, 10. Januar, wird der Pester Corresp.“ gemeldet: Die Angaben der Montenegriner, daß am letzten Kampfe 12000 Albanesen theilgenommen hätten, sind fal sch; es waren nur 6900 Mann, kein reguläres Militär war dabei betheiligt. Es sollen 80 Albanesen und 160 Monte⸗ negriner getödtet oder verwundet worden sein.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. Januar. (W. T. B.) Das Budget pro 1880 wird in diesen Tagen abschließlich festgestellt werden. Dasselbe balanzirt in Ein⸗ nahme und Ausgabe mit 666 Millionen Rubel. Die Ein⸗ nahmen sind nach den normalmäßigen Durchschnittserträgen berechnet und gewähren, trotzdem die Ausgaben inklusive der eingestellten Zinsen für die neuen Anleihen um etwa 38 Millionen gegen 1879 gestiegen sind, eine vollständige Deckung dieser. Unter den Mehrausgaben gegen 1879 nehmen die Zinszahlungen für Staatsschulden nach Ab⸗ rechnung der Verminderung durch Amortisation früher , Anleihen 15 Millionen mehr als im Vorjahre in Anspruch; ebenso Krieg und Marine 11 Millionen mehr, ferner Inneres wegen Polizeiverstärkung 2 Millionen mehr. Die Mehreinnahmen ergeben sich hauptsächlich aus den Er⸗ trägnissen der Accise, der Zölle, der Forsten und Eisenbahn⸗ rückzahlungen, und zwar im Betrage von 30 Millionen, während weitere 7 Millionen Mehreinnahmen gegen das Vor⸗ . sich auf verschiedene Titel in kleineren Beträgen ver⸗

eilen.

Die vorgestern aus der „Moskauer Zeitung“ tele⸗ graphirte Meldung von aufgefundenen Proklamatiznen ꝛc.,

vorgensmmenen Verhaftungen, ist nicht richtig und darauf

zurückzuführen, daß zwar Recherchen stattfanden, aber Ver⸗ dächtiges nicht vorgefunden wurde.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesand⸗ heitsamts sind in der 1. Fahre swoche von je 100) Se⸗ wohnern, auf den Jahres durchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 76,0, in Breslau 21,8, in Königsberg 30.2. in Töln 33,4, in Frankfurt a. M. 27,7, in Hannover 24,Rl, in Cassel 2656, in Magdeburg 32,7, in Stettin 28,5, in Altona 30,0, in Straß⸗ 1 38,0, in München 29,8, in Nürnberg 29, in Augsburg 363, in Dresden 26,6, in Leipzig 26, l, in Stuttgart 24 5, in Braunschweig 2833, in Karlsruhe 16,6, in Hamburg 2933, in Wien 339, in Buda⸗ pest 38, “, in Prag 36,7, in Triest 41 8, in Basel 19,6, in Brüssel 343, in Paris 3344, in Amsterdam 32,3, in Kopenhagen 35.8, in Stockholm 18,7“, in Christiania 23,9, in St. Petersburg 41,7, in Warschau 21,8, in Odessa ?, in Bukarest 7,œz, in Rom 2, in Turin 28,6, in Athen in Lissahon 3, in London 31,5. in Glasgow 22 9, in Liverpool 30,6, in Dublin 43,4, in Edinburgh 24,2, in Alexandria (Egypten) 34,6. Ferner aus früheren Wochen: in New

Vork 23,3. in Philadelphia 15,3, in St. Louis 10,1, in Chicago

18,3, in St. Franzisko 14,5, in Calcutta 35.5, in Bombay 39,5, in Madras 40,0.

Während der Berichtswoche herrschte an allen deutschen Beob⸗ achtungsstationen unter vorwiegend westlichen und südwestlichen Luft⸗

strömungen, die in Siddeutschland sogar zu Stürmen ausarteten,

Thauwetter. Die Luftwärme nahm erheblich zu und überstieg an einigen Stationen sogar das Durchschnitts mittel. Es regnete häufig und zum Theil, wie in Karlsruhe, auch recht ergiebig.

Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten größeren Städte zeigen im Vergleich zur vorhergegangenen Woche nur wenig Ver änderungen. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 27,2 (von 27,5 der Vorwoche auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Der Antheil des Säuglings⸗ alters an der Sterblichkeit war ein wenig höher, der der höheren Altersklasse (über 60 Jahr) ein wenig kleiner als in der vorangegangenen Woche. Von 10009 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 84 Kinder unter 1 Jahr gegen 83 der Vorwoche, in Berlin 80 gegen 81.

Von den Todesursachen zeigen die meisten Infektionskrankheiten kleine Nachlässe, nur Scharla bfieber und Darmkatarrhe der Kinder wurden häufiger, auch wurden aus mehreren Städten Pockentodes—⸗ fälle gemeldet. Die Masernepidemien in Erfurt, Münster, Liverpool und Kopenhagen zeigen kleine Nachlässe, in Leipzig. Magde⸗ burg, Hannover, Berlin und Wien wurde die Zahl der Opfer etwas größer. Das Scharlachfieber herrscht in Hamburg und Bukarest noch immer in großer Ausdehnung, auch in Hagen ist die Zahl der Todesfälle eine bedeutende, in Berlin, Duis burg, Düsseldorf, Straß⸗ burg stieg die Zahl der Sterbefälle gleichfalls. Die Diphtherie zeigt in Berlin, Hamburg, Danzig, Straßburg Warschau eine kleine Ab«, in Wien, Breslau, München, Erlangen, Leipzig, Augs⸗ burn, Münster, Turin eine Zunahme der Todesfälle. Todesfälle an Unterleibstpphus waren in St. Petersburg und Paris häufig. Todesfälle an Flecktyphus werden aus Metz 3, aus St. Petersburg 11, aus Danzig auch 1 Todesfall an Malariafieber gemeldet. Der Keuchhusten trat in Hamburg, Münster, Elberfeld, Frankfurt a. M. bösartiger auf, in London stieg die Zahl der dadurch bedingten Todesfälle auf 165. Darm katarrhe der Kinder waren in Königsberg, München, Hamburg und St. Petersburg noch immer häufig. Die Pocken haben in Paris, Bukarest und Krakau eine bedeutendere Ausdehnung gewonnen, in der Berichts—⸗ woche erlagen denselben in Paris 56, in Bukarest 28, in Krakau 8 Personen; auch in London und Wien steigt die Zahl der Todes fälle wie die der Neuerkrankungen wieder. Aus Wien werden 6, aus Budapest 2, aus Prag und London je 4 aus St. Petersburg ö, aus Danzig, Thorn, Bremen, Triest je 1 Pockentodesfall gemeldet.

Kunst, Wißssen fihaft und Literatur.

Geschichte des 4. Großherzoglich Hessischen In⸗ fanterie⸗ Regiments (Prinz Kar!) Nr. 118 und seiner Stämme, 1699 = 1878, von A. Keim Hauptmann und Compagnie⸗ Chef im 3. Westfälischeu Infanterie Regiment Nr. 16. Berlin, 1379. Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung. Der erste Ursprung des genannten Regiments führt bis in das Jahr 1699 zurück. Lardzraf Ludwig X. von Hessen ⸗Darmstadt beschloß Ende des Jahres 1790 die Errichtung eines neuen Garnison⸗Regi⸗ ments, dessen Aufstellung am 23. Januar 1791 beendet war. Die neue Truppe erhielt den Namen Regiment Erbprinz“ und ist aus ihr das Reg:ment hervorgegangen, dessen Geschichte der Gegenstand des vor⸗ liegenden Bandes bildet. Bie Land⸗ Bataillone von Rohr und Hofmann hatten die Stämme abgegeben zu dem Regiment „Erbprinz‘; diese beiden Bataillone zählen demnach zu den i . Neben den geworbenen Truppen, welche nach jedem Kriege wieder entlassen wurden, hatte sich in Hessen auf der Grundlage der all gemeinen Wehrpflicht ein Milizsystem entwickelt, das mit Ende des 15. Jahr⸗ hunderts in das Leben getreten, erst mit dem Jahre 1791 eine drei- hundertjährige Existenz beschließt. Die ganze waffenfähige Mann⸗ schaft des Landes wurde bezirksweise in Fähnlein später in Kom— pagnien eingetheilt, von Zeit zu Zeit in den Waffen geübt und

der Verpflichtung unterworfen, stets zum Ausrücken gegen innere und

äußere Feinde bereit zu sein. Die Mannschaften vom 17. bis 40. Lebensjahre bildeten den jungen Ausschuß“, diejenigen vom 40. big 60. den alten Ausschuß?. Im Jahre 1699 wurden aus dem jungen Ausschuß vier Landesmiliz⸗ Bataillone formirt. Um

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