1880 / 9 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 12 Jan 1880 18:00:01 GMT) scan diff

den Unterschied dieser Bataillone von einer reinen Miliztruppe auch offiziell festzustellen, erhielten dieselben den Namen gregulirte Land⸗ miliz“, vom Jahre 1746 ab die Bezeichnung regulirte Landbataillone“, von zweien derselben, den Landbataillonen von Rohr und Hofmann wurde dann im Jahre 1791, wie bereits erwähnt, das Regiment Erbprinz“ gebildet. Der zweite Abschnitt des Buches ist dem 1. eib Erengdier Bataillon, dem späteren 1. Füsilier . Bataillon, während der Jahre 1790 1803 gewidmet, seiner Theilnahme an dem Feldzuge gegen die Franzosen am Main und Mittelrhein 1792 bis 1793, an dem Feldzuge in den Niederlanden 1793—95 und an dem Ausmarsch nach Kroatien und Istrien in den Jahren 1796— 97. Es hatte nämlich am 10. Juni 1796 Landgraf Ludwig L. einen neuen Subsidienrertrag mit der Krone England abgeschlossen, dem⸗ zufolge drei Bataillone Infanterie noch im Laufe de Sommers nach Triest abgehen sollten, um von hier aus nach Gibraltar zur Ver— stärkung der dortigen Garnison eingeschifft zu werden. Die Geschichte des Regimentes „Erbprinz. wäbrend der Jahre 1791— 1893 bildet den Inhalt des III. Abschnittes. Hier werden des Näheren der Feldzug des 1. Bataillons Erbrrinz' am Rhein und an dir Nahe gegen die Franzosen (Juni⸗Dezember) 1795, sowie der Feldzug im Jahre 1796 am Mittelrhein und an der Lahn geschildert. Der vierte Abschnitt berichtet über die am 11. Juni 1863 formirt Brigade Erbprinz und deren Erlebnisse während der Jahre 18093 1806 und der Brigade „Groß und Erbprinz 1806 1808, sowie über die Theil⸗ nahme der hessischen Truppen an dem Feldzuge 1806 1807 in West⸗ preußen und Schwedisch⸗ Pommern. Am 23. August 1808 wurde die Brigade in ein Regiment, Groß, und Erbprinz“ umgewandelt, dessen Theilnahme an dem Kriege in Spanien, 1808 12, in dem nächflen Abschnitte des Buches zur Darstellung kommt. Die Hauptmomente bilden hier der Feldzug in Biscaha und Navarra im Herbste 1868 und, der Feldzug des 2. Bataillons in Estremadura (Janugr bis Juli 1809), der, Feldzug des 1. Bataillons in Galicien und. Asturien (April bis Juni 1869), der Feldzug in der Mancha und Neu,Castilien (Juli bis November 1809) und die Vertheidigung der Festung Badajoz (März bis April 1812). Im Jahre 1814 wurde das Regiment neu formirt und er⸗ hielt am 31. Juli dieses Jahres neue Fahnen verliehen. Als im Jahre 1815 der Felbzug gegen Napoleon wieder begann, sfellte auch das Hi der , Hessen zu den Armeen der Alliirten ein Truppen corps von über ohh Mann, das dem oberrheinischen Kriegs— heere unter dem Fürsten Schwarzenberg zugetheilt wurde. Mit den Ereignissen während des Feldzuges im Jahre 1515 beschästigt sich der sechste Abschnitt des Buches. Die hefsischen Truppen waren be— theiligt an den Gefechten bei Rheinzabern 25. Juni, Straßburg 28. Juni, an der Blokade von Neu⸗Breisach 2. bis 10. Juli und an der Belagerung von Hüningen, 15. 26. August. Mit dem J. Dezember 1815 schließt für das Regiment eine Zeit langjähriger Kämpfe; wäh— rend der verflossenen letzten 2 Jahre hatte es 14 Jahre im Felde gestanden. Mit dem Jahre 1816 aber beginnt für das Regiment eine lange Friedensperiode, welche 32 Jahre währte. Dieselbe wird in dem 7. Abschnitte kurz geschildert. Im August 1848 rückte das Regiment nach Schleswig ⸗Holstein auß, um an dem Kriege gegen Dänemark Theil zu nehmen. Es sollte jedoch dem Regiment nicht beschieden sein, in die kriegerische Aktion einzutreten, da der Waffenstill stand von Malmö bereits Anfang September dem Kriege ein Ende machte, doch nahm das Regimeut im folgenden Jahre vom Mai bis Juli an dem Feldzuge gegen die badischpfälzische Insurrektion thätigen Antheil. Es wirkte bei der Einnahme von Worms am 29. Mai, bei dem Ueberfall von Weinheim, 5. Juni, und bei den Gefechten von Großsachsen, 16. Juni, und Gernsbach, 29. Juni, mit. Der nächste 9. Abschnitt ist dem Feldzuge von 1866 und den Friedenz⸗ jahren 1867 1870 gewidmet, während der folgende Abschnitt dann die Creignifse während det Krieges 1870 71 schildert, soweit sie das Regiment betressen. In dem Feldzuge an der Mofel war das Regiment betheiligt an der Schlacht von St. Privat- Gravelotte, 18. August, an der Cernirung von Metz (19. August bis 29. Oktober) und an der Schlacht bei Noisseville, 31. August und 1. September. Die Kämpfe an der Loire im November⸗Dezember 1870 führten das Regiment in die Schlacht ron Orleans, am 3. und 4. Dezember, und das Gefecht von Montlivault, welcher die Erf ürmung des Schlosses Chambord, 9. Dezember, folgte. Ein eigener Abschnitt ist der Geschichte des ehemaligen Großherzoglichen essischen 2. Jäger ⸗Batgillons (Leib⸗Jäger Bataillone), jetzigen Leib⸗= üsilier Bataillons des Regiments, während des Krieges gegen Frank— reich 1870/71 gewidmet, und ein kurzes Schlußkapitel berichtet über die das Regiment betreffenden Ereignisse der Friedensjahre 1872 bis 1878. Als Beilagen sind der gründlichen Arbeit, welche dem An— denken an den Prinzen Karl von Hessen und bei Rhein, dem lang— jöührigen ersten Inhaber des Regiments, gewidmet ist. 8 Beilagen. bestehend in Verzeichnissen, Ranglisten ꝛc. scwie zwei Pläne, über die Belagerung von Badajoz im Jahre 18123 und über das Gefecht von Mentlivault und Chambord am 9. Dezember 1870, beigegeben. Vorträge über, die Reichs⸗Eivilproceßordnung, gehalten (in Leipzig und Kieritzsch) vor praktischen Juristen im Früh⸗ jahr 1879 von Pr. Adolf Walch, ordentl. Prof. ver Rechte in eipzig. Bonn, bei Adelf Marcus 1819. Die vorliegenden Vor⸗ träge des Prof. Walch, die auf den Wunsch seiner Zuhörer heraug— gegeben wurden, bringen nicht eine Darstellung der gesammten neuen deutschen Civilprozeßerdnung, sondern beschraͤnken sich auf die Be— sprechung einiger besonders wichtigen Bestandiheile derselben. Der Verfasser ging hierbei nicht darauf aus, nur den dem Wortlaut des Gesetzes leicht zu entnehmenden, Jedermann zugäng⸗ lichen Inhalt desselben vorzutragen, sondern wo möglich in den von ihm berührten Partien die Grundgedanken zu entwickeln. Dabei scheute er sich auch nicht, hier und da tiefer in die Auslegung hineinzusteigen, um auf Schwierigkeiten hinzuweisen, welche sich bei der Handhabung des Gesetzes herausstellen werden. Bei einer solchen Beschaffenheit können Walchs Vortiäge troßz und neben den vielen Ausgaben der Reichs Civilprozeßordnung, die wir bereits besitzen, keineswegs für überflüssig gelten, denn sie ergänzen dieselben mehrfach und fragen zum besseren Verständnisse der neuen Civilprozeßerdnung bei. Aus diesem Grunde dürften sie namentlich den Juristen nicht unwillkemmen sein. Die einzelnen Vorträge behandeln: 1) die Mündlichkeit und Schriftlichkeit, Y das Ver= hältniß des Richters zu den Parteien, 3) die Stellung des Rechts anwaltes, H die richterlichen Dekrete, 9) das Versäumnißverfahren, 6j das Beweiß⸗ svstem, das Rechte mittelsystem wobei dle Berufung und die Re—⸗ vision eingehender besprochen werden —ů und 7) die Zwangtvoll⸗ streckung. Unter diesen Vorträgen scheint der erste, der sich über Mündlichkeit und Schriftlichkeit bei der prozessualischen Handlung verbreitet; besonders wichtig. Hinsichtlich der Stellung des Anwalts stimmt Walch Denjenigen zu, welche sagen, daß der Anwalts stand Last und Leid der Reform vor Allem zu tragen haben werde, ift je⸗ doch zugleich der Ansicht, daß derselbe eine viel größere Bedeutung für die gedeihliche Entwickelung des Rechte lebens gewinne, als er sie n den Ländern des schriftlichen Prozesses gehabt habe.

Das jüngst erschienene 7. Heft der im Nordwestdeutschen Volksschriftenverlage zu Bremen erscheinenden Sammlung: „So ziale Fragen und Antworten“ behandelt das Thema Spar samkeslt. Es ist ein jeitgemäßes Thema, über das hier in einer für weite Kreise verständlichen, beredten Weise gesprochen wird. Dafür zeugt schon der Umstand, daß, wie die Verlags—⸗ handlung mittheilt, dieses Heft wenige Tage nach der Auß— gabe bereits einen Absatz von nahezu 35 000 Gxempfaren gefun—⸗ den hat. Mit gutem Grunde verdient auch die jüngste Publika- tion des thätigen Verlages, der sich die Verbreitung guter Volkzz= schriften andauernd mit Eifer angelegen sein läßt, die Äufmerksamkeit und Verbreitung Seitens aller derer, denen das Wohl des Ärbeiter⸗ standes am Herzen liegt. Der Finzelpreis des Heftes beträgt 30. *, 59 Gxemplare 13, 59 M6, 100 Exemplare 24 p, 566 Exemplare 1065 S, 1000 Exemplare 180 Mƽ u. sof.

Gewerbe und Sandel.

Wie aus Warschau gemeldet wird, ist die Rinderpest in dem Dorfe Kenschin, Kreis Petrokow, aufs Neue ausgebrochen.

Von den von der Seuche ergriffenen vier Stück Vieh ist eins gefallen, während drei Stück getödtet worden sind. Behufs Abwehr der Krankheit sind die erforderlichen Schutzmaßregeln getroffen wor⸗ den (ef. Nr. 303 des „Reichs Anzeigers 46 1879). .

Glasgow, 10. Januar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Robeisen, in den Stores belaufen sich guf 425 500 t gegen 201 700 t im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 101 gegen 91 im vorigen Jahre. ; .

hiegge, 11. Januar. (W. T. B.) Hier sind 6 Millio—⸗

nen Bushels Getreide angehäuft; die noch schwimmenden La2— dungen betragen 1 Million Bushels. Die Anhäufung ist durch anhaltende Ankäufe seitens des Syndikates hervorgerufen, welche die Preise auf einem Punkt foreirten, an welchem die Verschiffungen sich nicht rentirten.

Berlin, den 12. Januar 1880.

Cöln, 11. Januar, 1 Uhr 20 Min. früh. (Telegramm. ) Die englische Post vom 10. Januar früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, ist ausgeblieben.

Grund: Zugverspätung in Belgien.

Als König Friedrich J. am 18. Januar 1701 den Hohen Orden vom Schwarzen Adler stiftete, bestimmte er zugleich, daß die alte Kapelle im Königlichen Schloßse als Ordenskapelle für die Ceremonien des Ordens, benutzt werden sellte. Diese Kapelle und die Schloskirche iu Königsberg in Preußen werden auch in den Statuten des Ordens ausdrücklich als Ordenskapellen bezeichnet. Bis zum Tode des Königs Friedrich 1. sind auch, wenn nicht bauliche Veränderungen daran hinderten, die Ordens-Keremonien darin ge— halten worden. Unter den folgenden Königen hatten weder In vesti⸗ turen nech Kapitel des Ordens statt; erst König Friedrich Wil

helm 17. belebte den Orden aufs Neue. In den revidirten Statuten blieb die frühere Bestimmung in Kraft, daß die alte Kapelle Ordeng⸗

kapelle sein solle; die Einrichtung derselben zu diesem Zweck unter⸗ blieb aber zunächst, während die Paradekammern an der Lustgarten— seite sämmtlich wieder in Stand gesetzt wurden. Auf be⸗ sonderen Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs ist nun im verflossenen Jahre die Restauration der Kapelle vorgenommen worden. Die Stuckarbeiten, die Vergoldungen, die Anstreicherarbeiten u. s. w. wurden auf das Sorg—⸗ fältigste wiederhergestellt. Alles Vorhandene ist dabei unverändert beibehalten, nur die Seite gegen die Bildergalerie, deren Architeftur und Ornamentirung früher nur gemalt war, ist plastisch, den drei anderen Seiten entsprechend, und unter Verwendung gleicher Mate⸗ rialien ausgeführt worden. Zum Schmuck des Frieses über den Säulen ist en relief vergoldet die Kette des Schwarzen Adler-Ordens angebracht worden. Das Deckenbild der Laterne ist restaurirt, die Deckenbilder der Voute aber sind, da die vorhandenen zerstört und ganz unkenntlich waren, vom Professor C. Ewald neu gemalt worden. Den Statuten des Ordens gemäß sind nach Angabe des Ober— Ceremonienmeisters Grafen Stillfried Alcantara die Wappen der lebenden Ritter des Ordens in dem Fries zwischen den Kapitälen der Wandpilaster angebracht worden. Zur weiteren Charakterisirung der Kapelle soll ein Bild des Stifters über dem Kamin und ein großes Bild der Stiftung des Ordens unter Benutzung einer vor— handenen Skizze von Pesne den Fenstern gegenüber an der Wand

Zur Erlangung von Entwürfen künstlerisch durchgebildeter, bei mäßigem Kostenaufwand auf das Bedürfniß weiterer Kreise berech— neter Goldschmieds arbeiten, wie sie gegenwärtig mit sichtlich steigen⸗ dem Erfolge die bisherige formlose Fabrikwaare mehr und mehr zu verdrängen beginnen, erläßt das Gewerbe Museum zu Schwäbisch⸗-Gmünd, betanntlich einem Hauptsitz des betreffen⸗ den Kunstindustriezweigs, soeben ein Preis ausschreiben, das die Einsendung von Zeichnungen oder Modellen in beliebigem Material zu zwei in Gold oder in einer Kombination von Gold und Silber auszuführenden Colliers nebst Armbändern und Ohrgehängen zum Fabrikation spreise von 300 und von 160—180 , zu einem gleichen Schmuck in Silber zum Preise von 80 —- 1900 M und zu einer Broche oder einem Anhänger nebst Ohrgehängen im Preise von 30 40 MS. verlangt, während eine fünfte Aufgabe den Entwurf eines für 150 4 herstellbaren silbernen Pokals fordert. Die in natürlicher Größe auszuführenden Zeichnungen oder Modelle sind, mit einem Motto oder Monogramm versehen, bis zum 15. März an den Vorstand des Museumt, z. H. des Kommerzien⸗ Raths J. Erhard, einzusenden; sie werden öffentlich ausgestellt und durch eine aus Fachmännern gebildete Jury von? Personen beurtheilt werden, der außer der Zuerkennung der für jede der 5 Aufgaben aus⸗

esetzten je zwei, im Betrage von 40 120 „½ ) variirenden Preise die ellichnung weiterer tüchtiger Arbeiten durch Belobigungsdiplome zufällt. 3.

Einen stattlichen Zuwachs hat in diesen Tagen die reichhaltige, der Repräsentirung des ehemaligen Innungswesens gewidmete AÄb— theilung des Märkischen Provinzial-Museums durch die Uebernahme sämmtlicher Besitzstücke des früberen Berliner Maurer⸗ Gewerks erfahren, die, obschon und zum Theil von eigentlich kunst— gewerblichem Interesse, bei der Auflösung der Innung im Jahre 1869 dem damals nicht längst erst begründeten deutschen Gewerbe⸗Museum überwiesen wurden, an ihrem neuen Aufbemahrungtort aber ohne Frage einen ihrer worwiegend lokalgeschichtlichen Bedeutung weitaus angemesseneren Platz finden. Aus der in sich sehr verschiedenartigen Kollektion erwähnen wir als hervorragendste Stücke zunächst drei silberne Trinkgefäße, einen mit drei Medaillons und mit Widmungen aus dem Jahre 1668 versehenen Becher und zwei getriebene Pokale, von denen der eine, dessen Deckel ein Löwe mit Wappen“ schild schmückt, ein aus dem Jahre 1700 stammendes Geschenk des Hamburger Gewerks an die Berliner Genossen ist, während der andere, laut Inschrift eine Gabe des Maurermeisters Dan. Christ. Kneisel als Deckelgriff den Berliner Bären vebst einem Schilde mit dem Datum des 31. August 1817 zeigt. Dazu gesellen sich die einstige hölzerne Innungslade, zwei zinnerne Handwerksschilder mit Inschriften und Insignien aus den Jahren 1669 und 1669, eine interessante geprägte Kupferplatte (3 Dal Filf Mynt F. R. 8. 1727), eine Denkmünze auf den Brand der Stadt Frankenstein im Jahre 18568, deren Material dem kupfernen Dach des zerstörten Rathhauses entstammt, und, von zahl⸗ reichen minder bemerkenswerthen Drucksachen abgesehen, der alte Druck eines Privilegiums des Gewerks aus dem Jahre 1734 und zwei von den Städten Berlin und Cöln an der Spree ausgestellte Urkunden in den auf Pergament geschriebenen Originalen aus dem Jahre 1556, von denen bei der ersteren auch das angehängte alte Wachestegel erhalten ist. Fast gleichzeitig mit diesen Stücken bat das Märkische Provinzial ⸗Museum außerdem noch ein aus ver⸗ schiedenen in Holz geschnitzten und farbig bemalten Emblemen be⸗ stehendes Gewerkzeichen der früheren Berliner Posamentier⸗Innung erworben, das eine gleichfalls willkommene Bereicherung derselben Abtheilung seiner Sammlungen bildet.

In Ham burg ist gegenwärtig eine plastische Darstellung des Mondes ausgestellt, die von Hrn. Th. Dickert in Bonn ver⸗ fertigt und von dem amerikanischen Major Steinbach erworben ist, um in nächster Woche nach den Vereinigten Staaten eingeschifft

zu werden. Dag plastische Bild der von der Erde aus sichtbaren Halbkugel des Mondes besteht aus 116 Segmenten, welche aus Gips peer it auf einem halbkugelförmigen Gerüst in der Weise befestigt sind, daß die zwischenliegenden Nähte die Meridiane und Breitenparallelen des Mondes von 16 zu 15 Grad bilden. Die

Oberfläche zeigt an 200900 Krater, Ringgebirge, Rinnen, Höhenzüge u. s. w. und ist im Maßstabe von 1:6000 000 nach den Karten von Beer und Mädler gearbeitet; jedoch hat der Verfertiger die Höhenmaße im Maßstab von 1: 200 000 gehalten, weil die Gebirge f . trotz der Größe des Modells dennoch zu wenig ins Auge fallen würden.

Zürich, 8. Januar. (N. Zürch. Ztg.) Auf der „Hafner“ ge⸗ heißenen Untiefe im Zürichsee, welche ein paar tausend Fuß von den Stadthausanlagen entfernt ist und sich, von einer Anhöhe ge⸗ sehen, durch eine weißliche Farbe und ein Schifferzeichen (Boje) be⸗ merkbar macht, wird gegenwärtig unter Anwendung elner Bagger⸗ maschine auf Anordnung der städtischen Bauverwaltung der Boden untersucht. Es ist sehr auffallend, wenn schon nicht ganz unerwartet, daß bei dieser Stelle Reste einer alten Pfahlbaugnsiedlung zum Vorschein kommen, welche in einer Menge von Scherben grober und feiner Thongefäße, Kohlen ꝛc, auch einzelnen Bronzegeräthen bestehen und das jahrhundertelange Dasein einer Ansiedlung außer Zweifel setzen. Eine Unmasse von Pfählen bilden die Unterlage, auf welcher die Hütten errichtet waren.

„Sport“, Schwank in vier Akten, nennt sich die jüngste Arbeit von Julius Rosen, welche am Sonnabend im Wallner Theater zum ersten Male in Scene ging. Das Stück trägt das gleiche Gesicht, wie die meisten Arbeiten des fruchtbaren Verfassers, der übrigens seit'eem schon wieder ein Paar neue Stücke zur Auf⸗ führung bereit haben soll. Unverkennbar ist auch bei dem Schwank in Rede die unerschöpfliche Erfindungskraft und Gewandtheit Rofenz in der Herstellung komischer Situationen, welche so gefchickt und wir⸗ kungsvoll angelegt sind, daß sie ihres Erfolges auf die Lachmuskeln der Zuhörer sicher sind; auch der Dialog ist reich gewürzt mit jener Art von nicht immer neuen und noch weniger immer gewählten Wortwitzen, welche man nicht geschrieben haben möchte, die aber im flüchtigen Wort bei dem Ohre vorbeischlüpfen, ohne vom Nachdenken gewogen zu werden. Der Kurzweil lediglich dient denn überhaupt die Muse Rosens und ein Schwank berechtigt auch zu keinen höheren

Ansprüchen. Auf, die Wahrscheinlichkeit der Begebenheiten, welche

Rosen auf der Bühne an uns vorüberziehen, auf die reale Möglich keit der Personen, welche er vor uns agtren läßt, muß man die Är= beiten des Verfassers im Allgemeinen und auch diesen Schwank nicht prüfen Genug, daß er den Zuhörer ein Paar kurze Abendstunden angenehm. unterhält, und davon gab die heitere Stimmung und frohe Laune, in welche das zahlreiche Auditorium, das sich vorgestern im Wallner⸗ Theater versammelt hatte, versetzt wurde und bis zum Schluffe ver= blieb, einen vollgültigen Beweis. Den Inhalt des Stückes zu er= ählen, ersparen wir uns; der Juhalt an sich gilt in einem Rosen= schen Stücke nichts, die Art und Weise, wie er szenisch zur Geltung ge—⸗ bracht wird, ist Alles und das läßt sich in der trockenen Erzählung nicht zum Ausdruck bringen, das muß man sehen und hören, und zwar sehen und hören in einer so vorzüglichen Darstellung, wie sie dem Schwanke im Wallner⸗Theater zu Theil wird. Von den Dar⸗ stellern ist vor Allen Hr. Engels als „Kammerdiener Hermann Mil hofer“ zu nennen, der diese Rolle als eine seinen früheren be= liebten Chargen ebenbürtige Leistung anreihte. Neben ihm erwarben sich lebhaste Anerkennnung die Damen Fr. Carlsen, Fr. Walther⸗ Trost und Frl. Meyer, sowie die HHrn. Kurz, Kadelburg und Gallewski. Mit den Darstellern, welche wiederholt durch Hervorruf . wurden, mußte auch der Verfasßser auf der Bühne er— einen.

Das Residenz Theater ist zu seinen alten Traditionen, d. i. zum französischen Sittendrama zurückgekehrt und hat mit dem ersten Stück „Marmorherzen“ von Theodor Barrisre und L. Thiboust in der Uebersetzung von H. Laube einen ersten und bedeutenden Erfolg errungen. Die „Marmorherzen Filles de marbre gehören noch zu den ersten Werken ihres dramatischen Genres; es könnte fast wunderbar erscheinen, sie noch mit Erfolg bei uns aufführen zu sehen, wenn nicht in den Hauptpersonen gesundere Charaktere und eine edlere Auffassung der Aufgaben des Menschenlebenz gezeichnet wären, als man es in den späteren gleichartigen Bühnenarbelten gewohnt geworden. Fast will es scheinen, als ob die gute Absicht der Autoren, die Glo⸗ rifizirung der Unsittlichkeit, des Gemeinen zu bekämpfen, jetzt besser gewürdigt wird, als es beim ersten Erscheinen des Stückes geschehen ist. Das Schauspiel wird durch ein allegorisches Vorspiel eingeleitet, welches den Zuschauer in das alte Griechenland versetzt und welches unter den Namen eines Phidias, Diogenes, Gorgias 2c. die Charaktere als typisch hinstellen will, die das solgende vieraktige Sittendrama vorführt. Man dar gerechter Weise an der Wahrheit dieses Urtheils zweifeln; auch weiterhin bleibt in den Charakteren manches zweifelhaft und unglaublich. Der Bildhauer Raphael in Verbindung mit einer solchen Marco erscheint ganz unverständlich; aber über alle solche Zweifel führen uns der witzige Dialog, die geistvollen Bemerkungen und Wendun⸗ gen und die an einigen Stellen wirklich gefühlswarme und sinnige Sprache leicht hinweg. Die Vorzüge des Stückes sind jedenfalls darin zu suchen, daß man wenigstens vor einigen der vorgeführten Gestalten sittlichen Respekt haben kann, während man bei den nach—⸗ folgenden Werken oft nichts als Abschen empfand. Die Dar⸗ stellung war eine im Einzelnen wie im Ensemble recht erfreuliche. Der jetzige artistische Leiter der Bühne, Hr. Keppler, hat das Stück mit Sorgfalt und hingebendem Fleiß in Scene gesetzt. Von den Darstellern trugen die Herren Keppler, Paul, Beckmann und die Damen Fr. Ernst, Frl. Castelli und Frl. Laureux wesentlich zum Erfolge bei.

Im Coneerthause brachte Hr. Hof⸗Musikdirektor Bilse am Sonnabend mehrere interessante Neuigkeiten zur Aufführung. Zu⸗ nächst ein charakteristisch ⸗effektvolles Fantasiestück von Julius Urban Der Rattenfänger von Hameln“, nach der bekannten Dichtung von Julius Wolff, dann ein zwar etwas phrasenreiches, aber für das lei⸗ tende Instrument sehr dankbar geschriebenes Concert in D-moll (Nr. II.) für die Violine von dem einst sehr geschätzten, gegenwärtig schwer trank darniederliegenden Wieniaweki, womit der fugendliche erste Geigen ⸗Virtuose der Kapelle, Hr. Msaye, stürmischen Beifall errang, und endlich ein neues symphonisches Wert des fruchtbaren Joachim Raff. Der Komponist bleibt darin seiner programmatischen Richtung getreu und betitelt diese seine 9. Somphonie (E moll) ‚Im Sommer“. Jeder einzelne Satz bietet eine Einzelschilderung sommerlicher Freuden, worin er, wie in seinerWalde⸗ Symphonie, in eigenthüum⸗ licher Verschmelzung, die eben nur musikalisch möglich ist, Geschöpfe der antiken und nordischen Mythologie auf stimmungevoll gemaltem Hintergrunde sich tummeln läßt. Indessen, so interessant auch diese neueste Schöpfung des Komponisten ist, so bietet sie gedanklich und erfinderisch doch nicht eben erheblich Neues, ja das Zurückgreifen auf bereits in jener genannten populärsten Symphonie angewandte Effekte in der Harmonisirung ist mehrfach sehr auffällig. Dagegen ist sie in thematisch⸗modulatorischer Hinsicht entschieden reifer und hält sich von so gewagten Seitensprüngen, wie sie der letzte Satz der Waldsymphonje aufweist, fern. Das schwierige Werk wurde von der Kapelle vorzüglich exekutirt und dürfte, nach dem gespen deten reichen Beifall zu schließen, sich auf dem Repertoire des Concerthauses erhalten. An dem morgen, Dienstag, stattfindenden Virtuosenabende werden die Herren: Isaye, Krezma, Bast, Kohlert, Conrad, Hoch, Schenk und Frl. Jansen Kompositionen ron Wieniawski, Ernst, Servais, Fürstenau, C. M. v. Weber, Hoch, Kühn und Parish Alvars vortragen.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗ Beilage). 665)

Berlin:

gelernt, daß die alten Heiden

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 12. Januar. Im weiteren Ver⸗ laufe der vorgestrigen (33.) Sitzung setzte das Haus

der Abgeordneten die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts-Etats pro 18830,/81, und zwar des Etats des gi r gn, en (Kap. 58 Ober⸗Präsidien, Negie⸗

rungen 2c.) fort. Der Abg. Richter bemerkte, das Staats—⸗ Ministerium scheine die vom Abg. Rickert vorgetragene Be⸗ günstigung der konservativen Blätter durch amtliche Inserate ernster anzusehen, als die konservative Partei, und die Sache als zu prinzipiellen Erwägungen Anlaß gebend zu betrachten. Das Centrum habe neulich, mit besonderer Bezugnahme auf die Ansicht des Abg. von Minnigerode dem nationalliberalen Archivdirektor eine Art von Perwarnung ertheilt; er habe diese Verwarnung sachlich nicht für gerecht⸗ fertigt gehalten; hier aber lägen die Sachen so aktenmäßig klar vor, so daß er dem Abg., von Minnigerode empfehlen möchte, den Regierungs⸗Präsidenten, Polizei-Präsidenten und Ober⸗Präsidenten wegen groben Mißbrauchs ihrer Amts⸗ gewalt zu Parteizwecken nicht nur eine erste, sondern auch eine zweite Verwarnung zu ertheilen. Die Abgg. von Schor⸗ lemer und Rickert hätten ganz Recht. Die Geschichte mit dem osenen . und der „Westfälischen Volkszeitung“ wiederhole sich

fonds scheine viel Geld überflüssig zu haben. In Insterburg habe beispielsweise ein blutjunger Landrath auch die Grün⸗ dung eines neuen konservativen Organs in die and genom— men. Daß sich die offiziösen Auslassungen dieser Reptilblätter widersprächen, sehe man alle Tage. Dies sei allerdings nur das Abbild der Haltung der Regierung, die das eine Mal das Centrum, heranziehe, um sich die neuen Steuern gegen die Nationalliberalen bewilligen zu lassen, das andere Mal die Nationalliberalen, um sich die Eisenbahnen gegen das Centrum bewilligen zu lassen und vielleicht werde nächstens wieder das Centrum herangezogen, um die Verfassung des Reiches und dieses Hau— ses zu Gunsten einer Beschränkung des parlamentgrischen Einflusses zu gewinnen. Nur die Fortschrittspartei sei von dem Spekulationskreis ausgeschlossen. Das zeige, wie fremd die Regierung dem Liberalismus als solchem gegenüberstehe. Den Justiz-Minister, der auf die Rickertsche Rede nicht geant⸗ wortet habe, möchte er fragen, ob eine vor ein oder zwei Jah⸗ ren vom Sberprokurator zu Elberfeld erlassene Verfügung wegen Nichtzuwendung von Inseraten an fortschrittliche und klerikale Blatter noch in Kraft sei. Zu den Fällen, in denen die Inserate den Blättern vorenthalten würden, kämen solche, wo Privaten die Aufnahme von Inseraten in. Kreisblättern verweigert werde. Der Landrath des Tilsiter Kreises habe vor den ane Wahlen die Aufnahme einer einfachen Ankündigung der Versammlung der Liberalen oder der Fort⸗ schrittspartei in Tilsit in das Kreisblatt verweigert; derselbe Fall habe im Untertaunuskreise gespielt, und dle gtegierung auf erhobene Beschwerde den Landräthen Recht gegeben. Schwerer liege der Fall in Osterode. Der dortige Landrath habe die Aufnahme einer Anzeige über einen von ihm (Redner) u haltenden Vortrag in das Kreisblatt verweigert, während in derselben Nummer, in der diese Annonce erscheinen sollte, eine Versammlung der Konservativen angekündigt gewesen sei.

Derselbe Landrath habe sich auch dem Kreisblatt gegenüber die

Entscheidung über Aufnahme der Annoncen, welche die An⸗ kündigung von Versammlungen, die Aufforderung zur Aus— wanderung und Gesuche von Arbeitern enthielten, vorbehalten. In letzter Beziehung habe der Landrath die Aufnahme eines Inserats verweigert, worin für einen Marienwerder Deichbau 309 Arbeiter mit einem für Osterode ungewöhnlich hohen Arbeitslohn von täglich 16—20 Sgr. gesucht seien. Dies sei doch eine Regulirung des Arbeitsmarkts ganz im Sinne der Sozialisten, nur zu Gunsten der Arbeitgeber.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er hätte gewünscht, daß diese Preßdebatte bis zur Anwesenheit des Ministers des Innern aufgespart geblieben wäre. Der Finanz⸗Minister könne selbstverständlich über alle diese Dinge nicht unterrichtet sein, und behalte er sich vor, dieselbe Angelegenheit bei der Berathung des Etats des Ministeriums des Innern nochmals zur Sprache zu bringen. Die nalionalliberale Partei könne sich aber nicht Über die jetzigen Vorgänge beschweren, denn sie habe sie mit hervorgerufen. Das vom Abg. Rickert Vorgetragene sei gar nichts Unerhörtes, er und seine Parteigenoffen hätten schon seit Jahren ähnliche Klagen geführt, ohne von den National⸗ liberalen dabei unterstützk zu werden. Der Abg. von Schor⸗ lemer habe mit Recht gemeint, die Nationalliberalen erlitten nur, was sie verdienten. Die christliche Liebe der National⸗ liberalen habe das Centrum im Kulturkampf so kennen : sich wundern müßten, daß im 15. Jahrhundert Derartiges möglich sei. Aber trotz des früheren Schweigens der Nationalliberalen werde das Centrum ihnen doch zur Seite stehen, ohne Reziprozität zu fordern. Das Inseratenwesen müßte generell dahin ge⸗ regelt werden, daß keine politische Zeitung Inserate und kein Inseratenblatt politischen Text bringen dürfe; denn die Zei⸗ tungen nähmen stets Rücksicht auf ihre Inseratenleser, ünd nur daher käme die destruktie Richtung der meisten Blätter. Die Centralstelle müßte den Beamten Kenntniß geben, in welcher Richtung sie die Geschäfte geführt zu sehen wünsche, dann käme Einheit in die Aktion und solche Beschwerden über einzelne Mißgriffe würden vermieden. Allerdings hätte die . das Centrum im Kulturkampf bei manchen Beschwerden unterstützt, aber nur, wenn es fuͤr ihre Interessen gepaßt habe. Das wundere ihn um solmehr, als die Herren ja vorgäben, den Liberalismus ar' sry, vertreten * wollen. Auf die vom Abg. Richter vorgetragenen Einzel⸗ älle heute einzugehen, halte er für nicht angezeigt, er werde daher darauf zurücklommen, wenn der Minister des Innern anwesend sein würde.

Der Abg. Rickert bemerkte, der Abg. von Minnigerode habe auf die angeblichen Nuancen hingewiesen, die in der nationalliheralen Partei hervorgetreten seien. Er weise da⸗ egen auf die Aenderung hin, welche die Wirthschaftspolitik

er konservativen Partei erfahren habe. Vor 16 Jahren habe

auch in vielen anderen Gegenden, der Reptilien

Erste Beilage

zun Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger. 9.

Berlin, Montag, den 12. Januar

——

diese Partei die Fahne des Freihandels mit der national⸗ liberalen hochgehalten. Jetzt sei sie dabei angelangt, die In⸗ teressen bestimmter Klassen zu vertreten. Es werde sich aber bald zeigen, wohin diese Vertretung bestimmter Interessen der Wirthschaftspolitik führe, wohin man mit diesem Experimen⸗ tiren kommen werde. Es sei von den Freihändlern gesagt worden, sie seien die Vertreter der Seestädte und ließen es sich angelegen sein, deren Interessen zu vertreten. Seien denn aber die Abgg. Frhr. von Frankenstein, Flügge, von Maltzahn und von Wedell Malchow, die es 1870 sich noch zur Ehre rechneten. Freihändler zu sein, auch Vertreter der See— städte? Das eigentliche Thema der Verhandlung habe aber der 6 von Minnigerode nicht berührt, und wenn Stillschweigen Zustimmung sei, so könne er die Konsequenzen daraus ziehen, die er vorhin daraus gezogen habe. Er wisse, daß sich das Centrum über jedes Üngemach, das den Nationalliberalen widerfahre, freue; er wolle nicht untersuchen, wie weit das mit der Politik einer Partei der Wahrheit, Freiheit, des Rechts, der Humanität und Liebe übereinstimme, Er werde trotz aller pikanten Sticheleien die Interessen des Landes, wie er sie verstehe, vertreten. Man sage nun, die Nationalliberalen hätten früher nichts gethan; sollten sie denn den Etat wegen der geheimen Fonds verwerfen? Habe denn jemals ein Antrag vorgelegen? Bei

einer daranf bezüglichen Interpellation des Abg. Schröder

(Lippstadt) habe sich der fortschrittliche Abg. Windthorst (Biele— feld) gegen den Interpellanten ausgesprochen, also sei die Hülfe der Fortschrittspartei auch nicht inmer am Platze ge— wesen. Den Abg. von Minnigerode könne er beruhigen; er habe nicht blos im Namen des linken Flügels gesprochen, son⸗ dern im Einverständniß mit sämmtlichen Parteigenossen, die in der Fraktionssitzung anwesend gewesen seien, als er die Sache vorgetragen habe. Er habe sich gegen ein solches Partei⸗ 1 der Regierungsbehörden erklärt und werde es künftig auch thun.

Der Abg. von Tiedemann bemerkte dem Abg. Richter gegenüber, daß die Gründung des „Posener Tageblattes“ lediglich, soweit ihm bekannt sei, aus Zeichnungen von Partei⸗ genossen hervorgegangen sei. Danach könne man den Werth der Bemerkungen des Abg. Richter bemessen.

Der Abg. von Schorlemer⸗AUlst erklärte, jeden falls habe der Freiherr von Frankenstein in der Freihandelsvereinigung das Schädliche des Freihandels erkannt und sich bekehrt. Wenn der Abg. Rickert meine, man habe doch den Etat nicht ablehnen können; so frage er, wer anders habe denn die geheimen Fonds bewilligt, als gerade die Nationalliberalen? Wenn der Abg. Rickert die stenographischen Berichte nachlese, werde derselbe eine wunderbare Kollektion von Inkonsequenzen der National⸗ liberalen sammeln. Wenn der Abg. Richter meine, das Centrum sei ein Spekulatiensobjekt für den Reichskanzler, so bemerke er, die Zoll- und Handelspolitik, welche der Reichs⸗ kanzler jetzt verfolge, habe seine Partei stets verfolgt. Die Partei des Abg. Richter sei freilich kein Spekulationsobjekt, dieselbe sei zu klein dazu.

Der Abg. Bachem führte aus den stenographischen Berich⸗ ten von 1876—79 die Fälle auf, in denen das Centrum ähn⸗ liche Beschwerden wie heute vorgetragen habe, ohne daß die Nationalliberalen sich darüber geäußert hätten; je mehr man zurückgehe, desto kühler verhielten sie sich, in der letzten Zeit seien sie etwas empfindlicher geworden, weil sie selbst empfunden hätten, wie eine solche Behandlung thue.

Der Abg. Richter bemerkte, der Abg. von Tiedemann habe die Glaubwürdigkeit seiner Angaben in Betreff der Betheiligung des Reptilienfonds bei dem Ankauf des „Posener Tageblatts“ bemängelt. Er habe überhaupt keine Behauptungen auf⸗ gestellt, die er zu beweisen habe, sondern er habe nur eine Frage an den Minister gerichtet.

Der Abg. von Tiedemann entgegnete, daß er als Mit⸗ begründer dieser jetzt konservativen Zeitung von einer Sub⸗ vention aus dem Reptilienfonds etwas wissen müsste, daß dies aber nicht der Fall sei.

Der Titel wurde angenommen.

Bei Tit. 8 Sur Renumerirung der außeretatsmäßigen Mitglieder der Regierungen 577 5900 S6) beantragte die Budgetkommission durch ihren Referenten Abg. Stengel 27 500 Mv zu streichen.

Der Abg. Rickert bezeichnete diesen beantragten Abstrich als ein Minimum. Man habe nach Einführung der Selbst— verwaltung Verminderung der Beamtengehälter versprochen, diese Aussicht werde aber auch nach den neu vorgelegten Or— ganisationsgesetzen immer geringer.

Der Regierungskommissar widersprach dem Kommissions⸗ antrage nicht, bat aber, keinenfalls weiter zu gehen, da jetzt Dank dem Gesetze, betreffend die Vorbereitung für den höheren Verwaltungsdienst, der früher so schmerzlich entbehrte Nach⸗ wuchs an jüngeren Verwaltungsbeamten sich vermehre.

Nachdem der Abg. Freiherr von Minnigerode sich den Erklärungen des Regierungskommissars angeschlossen hatte, wurde der Kommissionsantrag angenommen. .

Zu Tit. 12 (Dispositionsfonds der Ober⸗Präsidenten 39 900 S6) wies der Abg. Dr. Lieber den Angriff des Abg. Richter gegen den Landrath des Untertaunuskreises, als un⸗ begründet zurück. Derselbe habe konsequenter und löblicher Weise alle Parteien gleichmäßig von der Benutzung des amt⸗ lichen Kreisblattes ausgeschlossen.

Der Abg. Richter entgegnete, daß er seine Angaben der „Germania“ entnommen habe. Es handle sich hier nicht um eine Parteipolemik, sondern um die prinzipielle Frage, öb der Landrath das Recht habe, eine ein fache Ankündigung im In⸗ seratentheil des Amtsblattes zu verbieten.

Der Abg. Dr. Lieber wies darauf hin, daß in 6 Heimath die Gewohnheit Ferh⸗ polemische Artikel als ö. zu veröffentlichen. n diefer Hinsicht sei das Verfahren des Landrgthes konsequent und korrekt, worauf der Abg. Richter bemerkte, daß es sich hier nicht um ein polemisches Inserat, sondern um die einfgche Annonce einer Wahlversammlung ge⸗ handelt habe. Die Beschwerde über dieses Verfahren sei aus dem Kreise selbst hervorgegangen.

Der Titel wurde bewilligt. ;

Bei Kapitel 60 Titel 1 ((3uschuß zur allgemeinen

1889.

Wittwen⸗Verpflegungsanstalt in Berlin 1746 480 s Ü) be⸗

merkte der Abg. Freiherr von Minnigerode, es handele sich hier um den Zuschuß zur allgemeinen Wittwen⸗ und Waisen— Verpflegungsanstalt in Berlin, der laufend in jedem Etat zu erscheinen pflege. Er habe in der vorjährigen Etats berathung Veranlassung genommen, auf die großen Härten hinzuweisen, die das Gesetz enthalte, welches die zu zahlenden Unterstützungen zur Zeit regele, kurz zusammengefaßt dahin gehend; einmal, wenn der betreffende versicherte Beamte das dritte Jahr der Ehe nicht überlebe, dann bekomme die Wittwe nur 2 der Pension, überlebe derselbe das zweite Jahr der Ehe nicht, so bekomme die Wittwe nur 1, derselben, und sterbe der Versicherte schon im ersten Jahre der Ehe, dann be— komme die Wittwe überhaupt keine Pension. Das seien so große Härten, daß sie in sich selbst eine Nemedur erforderten. Diese Härten träten aber um so greller hervor, wenn man ssich vergegenwärtige, daß nicht wie bei jeder anderen abzuschließenden Lebensversicherung dem Betreffenden die Auswahl der Gesell⸗ schaft bleibe, und daß derselbe, je nachdem er eine ungünstige Anfangschance mitnehmen wolle, etwa eine verhältnißmäßig niedrigere Prämie zu zahlen habe, sondern daß der Staat mit Necht von seinen Veamten hier Zwangsversicherung verlange. Er bescheide sich aber gern mit Rücksicht auf die allgemeine

nicht dringend zu werden, mit weiterer Rücksicht auch darauf, daß diese Materie für Preußen am besten in Zusammenhang mit der hoffentlich bald zu erwartenden Reichsgesetzgebung auf demselben Gebiet sich regeln lassen werde. Er wolle ako in keiner Weise drängen, er habe vielmehr das Vertrauen, daß die peinliche Sache selbst die Königliche Staatsregierung ver— anlassen werde, diese schweren Uebelstände fest und nachhaltig im Auge zu behalten. Je seltener gerade diese traurigen Fälle im Einzelnen eintreten mögen, um so drückender seien sie—

. Der Abg. Dr. Windthorst wünschte die schon vom früheren Finanz⸗-Ministerium Camphausen versprochene Ermittelung, ob nach den bedeutenden Ueberschüssen der in Rede stehenden Anstalt die Bezüge der Interessenken vermehrt werden könnten,

fortgesetzt zu sehen. dieses

Der Finanz⸗Minister Wunsches zu.

Der Abg. Schmidt (Stettin) ersuchte den Abg. von Minnigerode, daß er die Regelung des Beamtenpensionswesens im Reich im Reichstage urgtren inöge, wie es bisher alljähr⸗ lich der Abg. von Bernuth gethan habe.

Der Abg. Freiherr von Minnigerode erklärte, er theile vollständig die Auffassung des Vorrebners, und er nehme seine Worte durchaus so auf, wie sie in förderndem Sinne gemeint seien. Nachdem er erst seit kurzem darüber ö sei, daß die Regelung der betreffenden Verhältnisse für Preußen in 6 Verbindung mit der gleichen Regelung für das Reich stehe, werde er naturgemäß so zu prozediren haben, wie er eben berathen worden.

Der Abg. Dr. Windthorst wünschte bei einer allgemeinen Revision dieser Materie eine genaue Untersuchung darüber, ob nicht für die Subalternen eine ausgiebigere Wittwenversorgung geschaffen werden könne.

Die Position wurde bewilligt.

Bei Kap. 63 Tit. 4 (Hauptextraordinarium für unvorhergesehene Ausgaben 12060060 c) beantragte die Budgetkommission eine Streichung von 200 000 6, weil, wie der Referent Abg. Stengel ausführte, die geforderte Summe in den letzten Jahren bei weitem nicht verbraucht sei.

Der Abg. von Wedell⸗Malchow bat im Gegensatz zu dem Beschluß der Budgetkommission, den alten Satz von 1200900 6 zu bewilligen. Zuförderst möchte er das Haus darauf aufmerksam machen, daß diese Posttion des Ctats, wenn er sich so ausdrücken solle, ein historisches Interesse für das ganze preußische Etatsrecht und für den preußischen Etat selbst habe. Das Hauptextraordinarium habe schon lange Zeit existirt, ehe die parlamentarisch⸗konstitutionelle Regierung in Preußen eingeführt sei. Dieser Fonds habe damals Haupt⸗ extraordinarium der Generalstaatskasse zur Disposition Sr. Majestät des Königs geheißen. Als demnächst das konstitutio⸗ nelle Regime eingetreten sei, sei der Fonds vielfach Gegen⸗ stand parlamentarischer Debatten gewesen, indem man diesem Fonds eine politische Bedeutung beigelegt habe, die derselbe seines Erachtens noch niemals . habe und auch niemals haben sollte. Es han⸗ delte sich damals hauptsächlich darum, ob eine nachträgliche Genehmigung zu den auf diesen Fonds gemachten Ausgaben Seitens der Landesvertretung noch erfolgen sollte oder nicht. Diese Kämpfe seien vorübergegangen, nachdem in ihnen wech⸗ selnd die Klausel hinzugefügt worden sei, daß eine solche Ge⸗ nehmigung nachträglich erfolgen müsse, und dieselbe, dann wieder aufgehoben sei. Endlich seit dem Jahre 1871 sei man dahin gekommen, diesen Posten in der ft vorliegenden Form in jeder EtatsCberathung, denen er selbst sämmtlich beigewohnt habe, unbeanstandet passiren zu lassen, jetzt fühle sich jedoch die BVudgetkommission veranlaßt, wie er annehme, eigentlich ohne besonderen Grund, rein deswegen, wie es ihm schiene, um den Etat nominell, er sage expreß nominell um 200000 6 zu erleichtern, diese althergebrachte Position so bedeutend zu vermin⸗ dern. Das Einzige, was seines Erachtens hierfür mit einigem Recht angeführt werden könne, sei der vom Berichterstatter bereits 3 Umstand, den auch er nicht leugnen wolle, daß in den letzten Jahren der Fonds als solcher nicht erschöpft wor⸗ den sei. Nach seiner Meinung sei das aber ein Lob sür die Regierung und zweitens eine Erscheinung, die aus der Natur des Fonds sich leicht erkläre. Erstens nämlich habe die Re⸗ gierung Bedenken getragen, namentlich nach den verschiedenen konstitutionellen Anfechtungen, die sie Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre erlitten habe, auf diesen Fonds irgend wie Ausgaben anzuweisen, die als solche bemängelt werden könnten, welche die . hätte voraussehen können. Fürs Zweite aber, und das liege in der Natur des Fonds, müsse jeder Finanz- Minister seines Erachtens nach das größte Bedenken tragen, den Fonds während des Etatsjahres stark anzugreifen, weil derselbe niemals wissen könne, ob nicht in der letzten Zeit der Etatsperiode noch Anforderungen an ihn

sagte die Erfüllung

Finanzlage, der Regierung in dieser Frage im Augenblick G ssssssin ii 3