1880 / 42 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Feb 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Train des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 2, Otto, Sec. Lt. vom Landw. Train des 1. Bats. Landw. 13 Nr. 26, als Pr. Lt. mit der Landw. Armee Uniform, der y bewilligt. In der Kaiserlichen Marine. Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen 2e. Berlin, 10. Februar. des aus S. Ni. Panzerfregatten Friedrich Carl“, Preußen“, Fried rich der Große“, S. M. Panzerkorvette Sachsen“ und S. M. Aviso „Grille“ zu bildenden Uebungsgeschwaders, für die Dauer der dies ,. Uebungen desselben, Stubenrguch, Korv. Kapitän im dmiralstabe, zum Chef des Stabes des Uebungsgeschwaders, Pir⸗ ner, Kapitän zur See, zum Kommandanten S. M. Panzerfregatte „Friedrich Carl, Kühne, Kapitän zur Ser und Commaudeur der 2. Matrosen Div, zum Kommandanten S. M. Panzerfregatte „Preußen“, Frhr. v. Reibnitz, Kapitän zur See und Commandeur der 1. Matrosen⸗Div., zum Kommandanten S. M. Panzerfregatte Friedrich der n . Stenzel, Kapitän zur See, zum Komman⸗ danten S. M. Panzerkorvette „Sachsen “, ö Korv. Ka⸗ pitän, zum Kommandanten S. M. Avisos Grille“, Braunschweig, Korv. Kapitän, zum Kommandanten S. M. Korvette „Gazelle“ Ditmar, Kapitän zur See im Admiralstabe, zum Kommandanten S. M. Fregatte ‚Niobe“, Schröder, Korv. Kapitän im Admi⸗ ralstabe, zum Kommandanten S. M. Korvette Nymphe“, Stem pel, Korv. Kapitän im Marinestabe, zum Kommandanten S. M. Brigg ‚Mueguito“, Frhr. v. Röss ing, Korv. Kapitän, zum Kom— mandanten S. M. Brigg „Rover“, Holzhauer, Korv. Kapitän im Marinestabe, zum Kommandanten S. M. Dampfkanonenboots „Drache“ Tirpitz, Kapitän⸗Lt. im Admiralstabe, zum Komman⸗ danten S. M. Torpedofahrzeugs „Zieten“, v. No st itz, Korv. Ka⸗ pitän und Commandeur der Schiffsjungen⸗Abtheili, zum Komman⸗ danten S. M. Jacht „Hohenzollern“. Frhr. v. Hollen, Korv. Kapitin im Admiralstabe, jum Kommandanten S. M. Korvette „Ariadne“, Valois, Korv. Kapitän, zum Kommandanten S. M. Korvette Victoria“, Strauch, Kapitän Lt., zum Kommandanten S. M. Dampfkanonenboots Wolf“, Klau sa, Kapitän -Ltz, zum Kommandanten S. M. Dampfkanonenboots „CyFelop“, für die Dauer der diesjährigen Indienststellung ernannt.

Aichtamtlich es.

Preußen. Berlin, 18. Februar. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen Sitzung des Herrenhauses ge⸗ langten die Petitionen des Prinzen Friedrich Wilhelm Ernst von Hessen wegen Schutz der Rechte seiner Fürst⸗ lichen Familie an dem hessischen Fideikommiß zur Be— rathung. Die Budgetkommission hatte diese Petitionen zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet erachtet und auf Grund des §. 29 der Geschäftsordnung den Antrag ge— stellt, dieselben ohne Diskussion für erledigt zu erachten. Herr von Knebel-Döberitz beantragte dagegen, die eine der Petitionen zur Erörterung zu stellen. In derselben behaupte der Petent, daß er, trotzdem die Angelegenheit bei dem Appel⸗ lationsgericht in Cassel schon seit zwei Jahren anhängig sei, es noch nicht habe möglich machen können selbst nicht dadurch, daß er sich an den Justiz-Minister gewendet habe eine Benachrichtigung über dieselbe zu erhalten. Hierüber wünsche er (Redner) Aufklärung und deshalb wünsche er über die Petitionen in Erörterung zu tre⸗ ten. Der Referent, Graf von Zieten⸗Schwerin, erwiderte, daß diese Angele enheit in der Kommission ebenfalls zur Sprache gekommen sei, und daß hierbei der Regierungskommissar so befriedi⸗ gende Erklärungen abgegeben habe, daß die Kommission sich zu dem obenerwähnten Antrage veranlaßt gesehen habe. Hierauf zog Herr von Knebel⸗Döberitz seinen Antrag auf Erörterung der Petitionen wieder zurück.

Es folgte als vierter Gegenstand der Tagesordnung der mündliche Bericht über die Petition des Fischers Fritz Rieck und Genossen zu Pruchten, Bresewitz und Bodstedt um Ab— änderung des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874 und des Ausführungsgesetzes vom 15. Mai 1877 in Betreff der Aus⸗ übung der Fischerei in der Provinz Pommern und Wahrung der durch die angeführten Gesetze verletzten Rechte der Fischer. Der Berichterstatter Herr von Behr⸗Schmoldow beantragte, über die Petition, weil die Petenten den Instanzenzug noch nicht erschöpft haben, zur Tagesordnung überzugehen, und das Haus trat diesem Antrage ohne Diskussion bei.

Es knüpste sich hieran der mündliche Bericht der Eisen— bahnkommission über den Gesetzentwurf, betreffend den An— kauf der im Großherzoglich hessischen Gebiet belegenen Strecke der Main⸗Weserb ahn und den Bau einer Eisenbahn von Cölbe nach Laasphe. Der Berichterstatter Dr. Engelhardt beantragte Namens der Kommission, dem Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause unver— ändert die verfassungsmäßige Zustimmung zu erthei⸗ len. Der Minister der hffentlichen Arbeiten May⸗ bach erörterte in Befürwortung der Vorlage die für Preußen unhaltharen Zustände, welche bisher bei diesem Eisenbahnunternehmen bestanden hätten; diesen habe durch Erwerbung der auf hessischem Gebiet belegenen Theilstrecke ein Ende gemacht werden müssen. Uebrigens sei das Geschäft, welches die Regierung durch dieses Gesetz vorschlage, auch ein finanziell sehr günstiges. Auch würden bei der Verwaltung durch den Erwerb der Bahnstrecke nicht unerhebliche Erspar— nisse herbeigeführt werden können, und bitte er deshalb, die Vorlage unverändert anzunehmen. Ohne weitere Debatte trat das Haus dem Antrage der Kommission bei.

Den Schluß der Tagesordnung bildete der mündliche Bericht der Eisenbahnkommission über Petitionen, welchen Herr von Simpson⸗-Georgenburg erstattete. Derselbe berich⸗ tete zunächst über die Petitionen der Stadtbehörden und der Handelskammer zu Braunsberg in O.⸗Pr. sowie der Stadt⸗ behörden der Städte Mehlsack und Wormditt in O⸗Pr., den Bau einer Eisenbahn minderer Ordnung von Allenstein über Guttstadt, Wormditt, Mehlsack nach Braunsberg auf Staats⸗ kosten zu beschließen und beantragte, in Erwartung, daß die Königliche Staatsregierung bei der weiteren Erwägung der Angelegenheit denjenigen Int ess des Verkehrs und der Landwirthschaft, welche für die Führung der Linie auf Braunsberg sprechen, ebenfalls geeignete Würdigung werde zu Theil werden lassen, über die Petitionen zur Tagesordnung überzugehen. Das Haus genehmigte ohne Debatte diesen Antrag. Herr von Sim nson⸗Georgenburg berichtete sodann Namens drjcipen Kommisston über die Petitionen des Kreis ausschusses des Kreises Osterode in O.⸗Pr. und des landwirthschaftlichen Vereins zu Gilgenburg in O.⸗Pr., zu be⸗ beschließen, daß statt der Linie Mohrungen-⸗Allenstein die Linie Elbing⸗(Güldenboden)⸗Mohrungen⸗Biessellen (Osterode) aus⸗ . werde, und beantragte, die Petition durch die über den

esetzentwurf, betreffend die Erweiterung der Staatseisen⸗ bahnen und die Betheiligung des Staats bei mehreren Privat— Eisenbahnunternehmungen, gefaßten Beschlüsse für erledigt an⸗ zusehen. Auch dieser Antrag wurde vom Hause ohne De—

v. Wickede, Kapitän zur See, zum Chef

batte angenommen, und dann um 23 / Uhr die Sitzung ge⸗ schlossen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (64) Sitzung

des auses der Abgeordneten ergriff bei der zweiten

Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend die Verwen⸗ dung der aus dem Ertrage von Reichssteuern an Preußen zu überweisenden Geldsummen G. 1) der Finanz⸗Minister Bitter das Wort:

Meine Herren! Die Staatsregierung steht nach wie vor auf dem—⸗ selben Standpunkt, den ich bei Einbringung des Gesetzes in der ersten Lesung hier bezeichnet habe, sie hat den größten Werth darauf gelegt, daß diefes Gesetz sowie seine Grundlage in der Allerhöchsten Ordre, die dem hohen Hause bekannt ist, formulirt war, festgestellt, und daß alles dasjenige vermieden werde, was in diese Frage Schwierigkelten oder Verwicklungen hineintragen könnte. Von diesem Standpunkte aus, bitte ich, die Verhandlungen so führen zu wollen, daß es möglich ist, wenigstens eine Grundlage für die weitere sichere Behandlung dieses Gesetzes zu finden.

Ich werde mich in diesem Augenblicke vorzugsweise nur auf den jenigen Punkt beschränken, der zur Zeit den Mittelpunkt der Debatte eingenommen hat, also die Frage, welche der Antrag von Huene an⸗ regt, der dahin geht, daß die preußische Staatsregierung aus den Erträgen der Zölle und Tabakssteuer die überwiesene Summe zu einer Hälfte den Kommunalverbänden nach Maßgabe der Grund⸗ und Gebäudesteuer überweisen möge, und zur anderen Hälfte zum Erlaß von Personalsteuern verwende. Ich kann die Versicherung abgeben, daß die Zwecke und Ziele, welche dies Amendement verfolgt, und welche von verschiedenen Rednern hier berührt worden sind, von der Staatsregierung mit derselben Sympathie begrüßt werden, wie das von allen Seiten und auch in der Kommission geschehen ist. Ich kann nur darauf hinweisen, daß sowohl in der Allerhöchsten Kabinets⸗ Ordre, als in der Vorlage der Staatsregierung die Ueberweisung eines Theils der Grunde und Gebäudesteuer an die Kommunen aus— drücklich ihre Stelle gefunden hat, und daß von Seiten der Staats⸗ regierung sehr oft und mit besonderem Nachdruck die Nothwendigkeit betont worden ist, einen Theil der Grund⸗ und Gebäudesteuer den Kommunen zu überweisen, aber auf dem Wege der organischen Ges 3. gebung. Wenn demnach die Staatsregierung dem Antrage an sich und in seinen inneren Grundbeziehungen keineswegs unfreundlich gegenübersteht so glaube ich doch, daß er, namentlich so wie er gefaßt ist und ab⸗ gesehen von den materiellen und sachlichen Bedenken, die der Herr Referent in seiner Rede betont hat und die nach allen Seiten hin volle Beachtung erfordern, in den Rahmen des vorliegenden Gesetzes nicht paßt, weil dies Gesetz vorzugsweise darauf berechnet gewesen ist, in erster Linie den Erlaß von Personalsleuern ins Auge zu fassen. Es ergiebt sich dies sowohl aus der Eatstehungegeschichte des Gesetzes, als aus seinem Zusammenhange mit der Reichs⸗ zollgesetzgebung. Ich werde an dieser Stelle auf die poli⸗ tischen Seiten der Frage, die vorhin von verschiedenen Sei— ten angeregt sind, und welche ja bei den Verhandlungen der Staatsregierung mit dem vorigen Abgeordnetenhause ihre Erörterung gefunden haben, nicht eingehen. Was indeß die Frage des Zusammen⸗ hanges mit der Zollgesetzgebung anbetrifft, so ist dabei zu beachten, daß die Zollgesetzgebung die Möglichkeit geschaffen hat, daß die weniger bemittelten Klassen der Einwohner durch die Erhöhung und die Vermehrung der indirekten Abgaben in Bezug auf ihre Kon sumtions fähigkeit auf die ihnen unentbehrlichen Lebentmittel jetzt schlechter gestellt werden könnten, als das früher der Fall war. Bis jetzt hat sich dies nur in mäßigem Grade be— währt; indessen liegt immerhin noch die Möglichkeit vor, daß eine Lage eintreten könnte, welche einen Ausgleich erfordert. Dieser Ausgleich gerade, der dieser Klasse der Berölkerung die Mög⸗ lichkeit geben soll, die erhöhten Steuern anderweitig für fich nutzbar zu machen, dieser Ausgleich hat für die Staatsregierung den beson« deren Werth gehabt, den das Gesetz in der Ueberweisung und den Erlaß der Kom munalsteuern in erste Linie setzt.

Es ist daher aus diesem besonderen Grunde die Ueberweisung der Grund, und Gebäudesteuer oder eines Theiles dieser Ueberschüsse an die Kommunalverbände nach dem Maßstabe der Grund‘ und Ge⸗ bäudesteuer nur in zweiter Linie ins Auge gefaßt worden, wie das in der Allerhöchsten Kabinetsordre und in der Vorlage der Staats— regierung seinen Ausdruck gefunden hat. Es mußte dies umsomehr der Fall sein, als, wie schon wiederholt hervorgehoben ist, die Staatsregierung es nicht als sehr erwünscht hat betrachten können, wenn gewisse Bruch= theile von Steuerquoten an die Kommunen überwiesen wurden, ohne daß eine regelmäßige und sichere Wiederholung diefer Ueberweisung mit Bestimmtheit ins Auge gefaßt werden könnte.

Die Staatsregierung nimmt an, daß die Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer den Charakter einer dauernden und definitiven Maßregel haben müsse, daß es nicht erwünscht sei, wenn bald mehr, bald weniger gegeben werden könnte, und wenn vor allen Dingen nicht eine bestimmte regelmäßige Wiederholung der Ueberweisungen mit Sicherheit in Aussicht gestellt werden dürfe. Wir nehmen an, daß der Kommunalhauthalt in seinen Grundlagen auf eine regel— mäßige Ueberweisung dieser Geldmittel müsse rechnen können, und daß vor Allem es nicht erwünscht sei, wenn unbedeutende Beträge, die sich leicht verzetteln, die leicht eine Verwendung finden, die nicht zu den nothwendigen gehört wenn solche uner—⸗ hebliche Beträge überwiesen werden.

Die Staatsregierung geht dabei auch von dem Grundsatz aut, daß erhebliche Ueberweisungen nothwendig sind, um diejenigen Zwecke zu erfüllen, um die es sich handelt, um namentlich den Kommunalbehörden die Möglichkeit zu geben, nicht blos ihre kommunalen Zwecke mit Sicher⸗ heit und Regelmäßigkeit erfüllen zu können, sondern wesentlich auch, daß Diejenigen, welche die Kommunalsteuer zu bezahlen hüben, die Ueber⸗ zeugung gewinnen, daß ihnen aus den Staatsmitteln eine Lrleichterung zu Theil geworten ist.

Die Maßregel, wie ich sie hier in ganz kurzen Umrissen präzisirt habe, ist also, wie das auch vorher schon hervorgehoben ist, lediglich im Wege der organischen Gesetzgebung auszuführen. Sie ist von der Staatsregierung als ein Theil der Reform der direkten Steuern betrachtet worden, die unvermeidlich ist, auf die ich bereits früher , . habe und die keineswegs, wie man glauben könnte, ad calendas graecas vertagt worden ist, sondern die sich bereits in der Bearbeitung befindet, von der ich hoffe, daß sie in nicht zu ferner Zeit in ihren Hauptgrundsätzen und Haupt— umrissen fester gestaltet wird.

Wenn dies der Fall ist, meine Herren, so folgt daraus, daß es dringend erwünscht sein wird, wenn die Frage der Ueberweisung elnes Theiles dieser Ueberschüsse an die Kommunen für den Augenblick nicht weiter verfolgt wird. Sie wird ihre Stelle finden und soll ihre bestimmte Stelle in der Steuerreform finden und soll, wie ich hoffen darf, sie so finden, daß Diejenigen, die sich dafür interessiren, in der That die Ueberzeugung gewinnen werden, es sei der Regie rung ernst damit gewesen, mit dieser Ueberweifung einen Staats— zweck zu erfüllen.

Wenn dies der Fall ist, meine Herren, so kann ich nut er— klären, daß ich den Antrag Huene und die sich daran anschließenden anderen Anträge in diesem Gesetz nicht für erwünscht halten kann. Sollte das Haus etwas anderes beschließen, so würde ich mir die Erwägung darüber vorbehalten müssen und würde bei der weiteren gesetzlichen Entwicklung der Frage demnächst die Erklärung der Staatgregierung definitfo abgeben.

Der Abg. Richter bemerkte, er habe sich schon bei Ein— bringung der Königlichen Botschaft im vorigen Jahre keine

Alusionen gemacht, und nichts durch die Vorlage erwartet.

ie Herren Konservativen freilich hätten bei den . sich

Versprechungen erlaubt, wie noch nie eine Partei vorher. Die

Liberalen hätten von 200 Millionen neuer Steuern gesprochen, die Konservativen hätten das bestritten, und statt dessen groß-

Was habe nun das

artige ö. in Aussicht gestellt. en Konservatiwen erhalten, welche durch

Volk jetzt von

die Illusionen, die dieselben im Volke erweckt hätten, in großer Menge hier im Hause erschienen seien? Immer mehr neue Steuern und außerdem eine Menge von , und weltlichen Polizeigesetzen. Was nun das Ge— etz selbst angehe, so müsse er sagen, daß man in dem Augen⸗ blick, wo der erhöhte Militäretat in der Luft schwebe, Alles vermeiden sollte, was wie ein Streit um die Vertheilung einer Beute aussehe, die man nicht habe und in den nächsten drei Jahren schwerlich haben werde. Das Gesetz sei mit Recht mit einem Portemonnaie verglichen, in welchem kein Geld sei. Aber der Antrag von Huene gehe darauf aus schon vorher zu bestimmen, in welches Fach jeder Theil einst⸗ mals kommen solle. Wozu nütze denn der Streit über das Bärenfell, da man den Bären noch gar nicht erlegt habe?

ö. der formalen Behandlung der Sache stimme er mit dem

inanz⸗Minister überein. Bei Annahme des Kommissions— antrages werde gar keinem Standpunkte präjudizirt und dem Hause über die Verwendung der Ueberschüsse ebenfo freie Hand gelassen, wie dies in jener Botschaft der Fall gewesen sei. Der Antrag Huene gehe über die doch unter Mitwirkung des Centrums zu Stande gekommene Resolution des Hauses hin⸗ gus und wolle spezialisiren, was nicht in dieses Gesetz gehöre. Nach Ablehnung des Antrags Huene hleibe die Sache genau so, wie sie gewesen sei. Zu bedenken sei ferner, daß auch das Herrenhaus mitzusprechen habe, das einen Gesetzentwurf, der sich in der Kommissionsfassung genau mit der vorjährigen Resolution und Bo schaft decke, loyalerweise gar nicht ablehnen kö8nne. Zu diesen Erwägungen kämen noch die bereits ange⸗ führten technischen Bedenken, die ein Vorgehen nach dem AMn— trag von Huene ganz unmöglich machten, abgesehen von der geringen Aussicht auf einen Ueberschuß. Sollte aber wirklich Über einen mäßigen Betrag zu verfügen sein, dann sei darin gebe er dem Finanz Minister recht der Steuererlaß dahin zu kehren, wo der Druck am härteflen sei. Die neuen Steuern auf Dinge allgemeinen Verbrauchs träfen alle Klassen, darum miüsse der Steuererlaß auch allen Klassen zugute kommen, und das sei nur bei der Klassen⸗- und klassifizirten Einkommensteuer der Fall. Sollten aber wirklich größere Summen verfügbar werden, so müßte man sich erinnern, daß man auch Versprechungen gegeben habe auf Berücksichtigung der Gewerbesteuer. Bezüglich der Form der Ueberweisung müsse er davor warnen, jetzt die Kommunen auf die wechselnde Rente im Staatshaushalts⸗ Etat anzuweisen, der so wie so schon durch den Reichshaus⸗ halts⸗-Etat gestört werde. Das bereits bestehende Verhältniß der unglückseligen Verflechtung von Landes- und Reichs⸗ finanzen würde durch Annahme des Antrages Huene nur noch weiter fortgesetzt werden, und man wüßte schließlich gar nicht mehr, wer die Verantwortung habe. Wenn das Haus den Kommunen etwas zuweisen wolle, so sei es nicht eine wech⸗ selnde jährliche Rente, sondern geschehe durch Lösung der Frage, wie man organisch gewisse Theile des Steuersystems in Verhindung setzen könne mit den Kommunalverbänden. Das Amendement Huene nehme ferner mehr Rücksicht auf den. Osten, besonders , den Großgrundbesitzer der östlichen Provinzen, als auf andere Landestheile und namentlich auf den Westen, wo vor Abänderung irgend welcher organischer Gesetze erst eine neue Kreisordnung erlassen sein müßte. Den rheinisch⸗-westfälischen Kreistagen mit ihren abhängigen Landbürgermeistern und Rittergut z⸗ besitzern könne man nicht viel vernünftige Wirthschaft zu⸗ trauen. Der Antrag habe auch darin eine Lücke, daß dersel be nicht vorschreibe, wie die Verwendung stattfinden solle. Der Antrag sei überhaupt mehr improvisirt, derselbe sei vom Abg. von Huene indossirt worden, und ziehe Konsequenzen nach sich, die man sich nicht alle klar gemacht habe. Der Antrag greife in die gesammte Kommunal- und Steuerwirthschaft hmein, ohne überall die entsprechende Ordnung, die derselbe doch mit sich führen müßte, herstellen zu können. Er könne deshalb nur dringend rathen, daß, wer überhaupt den Wunsch hege, erst eine Handhabe zur Verwendung der Steuerüberschüsse zu bekommen, sich möglichst auf dasjenige beschränke, was durch aus in dem Gesetze stehen müsse, und das sei der Kommissionz— vorschlag, und alle weiteren Spezialisirungen mögen Gegen— stand späterer Sorge sein.

Der Regierungskommissar General⸗-Steuerdirektor Burg⸗ hart erwiderte, gegen die Anhänger des von Huene'schen Amendements mache der Vorredner nicht ohne Grund geltend, daß es nicht an der Zeit sei, einen großen Streit darüber zu erheben, in welches Fach des Portemonnaies der Ueberschuß, welchen man noch gar nicht habe, gesteckt werden solle. Die Größe des verfügbaren Betrages sei ein ganz wesentlicher Faktor bei der Entscheidung, wie der Betrag am zweckmäßigsten verwendet werden solle. Ferner habe der Abg. Richter mit Recht hervorgehohen, daß es am besten sei, sich möglichst wenig von der Regierungsvorlage zu entfernen, weil man sonst den andern Faktor der Gesetz—⸗ gebung berechtigen würde, seine Zustimmung zu verfagen. Wenn die Regierungsvorlage angenonimen werde, könne das Herrenhaus nicht zurücktreten, sonst hätte es schon im vorigen Fahre gegen die von der Regierung gemachte Zusage Wivder⸗ spruch erheben müssen. Es sei bedenklich, einen Steuererlaß zu fixiren, wenn man nicht übersehen könne, durch welche Faktoren derselbe bedingt werde, wenn man nicht wisse, wie viel Einnahmen das Reich haben werde und wie viel Matri— kularbeiträge man werde zahlen müssen. Dieser Einwand lasse sich aber nicht blos gegen den Antrag von Huene erheben, sondern auch gegen den Kommissionsvorschlag. Die Zu⸗ sicherung und die Resolution der vorigen Session habe nur in Kurzem die Tendenz ausgedrückt, bei einem Gesetze müsse man aber sich die Worte reiflich überlegen; der Kommiffionsvor⸗ schlag disponjre im Voraus auch über das, was eine spätere Reform der Reichssteuern dem preußischen Staatshaushalte bringen solle. Es gebe aber verschiedene Steuerreformen. Denke man doch an die Börsensteuer; sie würde Preußen bedeutende eigene Steuern entziehen; die Stempelsteuern auf Aktien, Pfandbriefe, Obligationen au porteur 2c. Wenn nun aus der Börsensteuer Ueberschüsse an Preußen gelangen würden, so müßte das Haus nach dem Vorschlage der Kom⸗ mission sofort mit einem Steuererlasse vorgehen, ohne daß man bemerke, daß auf der andern ein großes Loch entstan—⸗ den sei. Man könne doch nur die Ueberschüsse zu Erlassen verwenden, welche aus einer Reform hervorgingen, die nicht eine Verminderung der eigenen Steuern Preußens zur Folge habe. Ferner könne man doch nicht Ueberschüsse zu Erlassen verwenden, die z. B. aus besonders guten Einnahmen wegen einer guten Ernte bei der Zuckerrübensteuer oder aus der in Folge der wachsenden Bevölkerung sich vermehrenden Ein— nahme der Salzsteuer entständen. Diese Gesichtspunkte müß⸗ ten also in Erwägung gezogen werden und dazu gebe allein die Regierungsvorlage die nöthige Freiheit der Bewegung.

Nicht ohne Grund . die Regierung darum den Stand⸗ punkt festgehalten, daß bei einer gesetzlichen Feststellung der Ueber⸗ schüsse nicht Causa incognita eintreten könne. Er empfehle darum, die Vorlage der Königlichen Staatsregierung unver⸗ ändert anzunehmen.

Der Abg, Freiherr von Minnigerode erklärte, daß die Debatte auf ihn den Eindruck gemacht habe, als ob es sich hier um eine Generalprobe für den morgenden Reichstag handle. Man habe von zerstörten Illusionen gesprochen, von Hoffnungen, die die Konservativen erregt, aber nicht erfüllt hätten. Der heutige Zustand sei kein erfreulicher und befrie⸗ digender, aber er leugne, daß derselbe ein klares Bild von dem gebe, was werden werde, und was die Konservativen ge⸗ wollt hätten. Die Besteuerung des Tabaks könne erst in zwei oder drei Jahren vollständig wirksam werden; zur rechten Zeit seien die Sperrmaßregeln versäumt und dadurch sei ein be⸗ deutender Theil der Einnahme verloren gegangen. Manches sei nicht erreicht worden: Die Brausteuer fei abgelehnt, die Tabaksteuer sei herabgesetzt, ebenso seien die Finanzzölle ver⸗ mindert worden. Wie könne man nun die konservative Partei dafür verantwortlich machen, daß keine Ueberschüsse vorhanden seien? Die Liheralen hätten ja Alles abgelehnt; dieselben hätten die Resolution angenommen, aber im Reichstage ihre Mitwirkung versagt; die liberale Partei habe sich die Kissen zurechtgelegt, aber sich nicht ins Bett legen wollen. Im Uebrigen bemerke er, daß er im Reichstage gern weiter Rede stehen werde. Für heute bemerke er dem AÄbg. Richter nur, daß mit Reden die Wehrkraft des Landes noch niemals ge— stärkt worden sei, daß es sich dabei darum handele, die nöthi⸗ gen Steuern zu bewilligen.

Der Abg. Richter konstatirte, daß durch Schwächung der Steuerkraft die nationale Wehrkraft auch nicht gestärkt würde. Man brauche im Kriege nicht nur Soldaten, sondern auch Geld, und im Kriege könne ein Land sich nur nachhaltig wehren, welches im Frieden seine Kräfte geschont habe. Jede Debatte über die Steuerkraft tangire auch die Wehrkraft des Landes, wer die Steuerlast leichter mache, mache sich auch um die Wehrkraft verdient. Der Reichstag habe 4 dessen bewilligt, was die Regierung verlangt habe. Davon erscheine der größere Theil schon im Reichshaushalts-Etat. Wenn 71 Millionen neuer Steuern eingingen, dann müßten doch min— destens auch ein klein Bischen Steuererlasse erscheinen; aber so gar nichts geben und noch Schwierigkeiten machen, daß man das Portemonnaie ohne Geld bekomme, sei doch gar zu hart. Er und seine Freunde hätten übrigens gegen die Resolution gestimmt, weil er fürchtete, daß es nicht ein Kissen sei, auf welches die Steuererlasse zu liegen kämen, sondern die erste Sprosse zur Leiter, auf der die Steuererhöhung durchge⸗ setzt werden solle. Der Regierungskommissar habe gemeint, er hätte gesagt, man solle sich auf das beschränken, was die Regie⸗ rungsvorlage wolle. Er habe thatsächlich gesagt, die Grund⸗ lage für die Berathung sei richtiger und vollständiger gewahrt in den Kommissionsbeschlüssen, als in der Regierungsvorlage. Man brauche deshalb die Regierungsvorlage nicht an⸗ zuerkennen, die hinter dem zurückbleibe, was die Botschaft und die vorjährige Resolution ausdrücke. Daß, wie der Re⸗ gierungskommissar ferner hervorgehoben habe, die neuen Steuern vielfach alte Steuern in Preußen ablösten, z. B. bei der Börsensteuer, wisse er sehr wohl. Von der Eventualität, daß in Folge einer guten Ernte an Steuern etwa mehr ein⸗ kommen könne, sei voriges Jahr schon gesprochen worden. Man habe dagegen die Unmöglichkeit der Berechnung im Ein— zelnen geltend gemacht und die Nothwendigkeit hervorgehoben, einen bestimmten Strich zu ziehen, nämlich die Matrikular⸗ beiträge, wie sie sich 1879 und 1880 stellten. Das sei die Grundlage der vorjährigen Botschaft und müsse auch die Grundlage dieses Gesetzes sein. Man solle sich also einerseits nicht auf die Regierungsvorlage beschränken, andererseits in diesem Augenblicke Spezialitäten vermeiden, die nur Gefahr brächten, das nicht zu bekommen, was man bedürfe, nämlich ein erweitertes Steuerbewilligungsrecht dieses Hauses.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen, die Anträge von Huene und Graf zu Limburg-Stirum abgelehnt und 8. 1 in der Fassung der Kommission angenommen.

§. 2 lautet nach der Regierungsvorlage:

„Die Feststellung der nach §. 1 zu überweisenden Summen erfolgt auf Grund der im Art. 39 der Reichsverfassung erwähnten Jahresabschlüsse und der diesem gemäß stattfindenden Abrechnungen. Die aus den definitiven Abrechnungen zwischen der Reichskasse und dem preußischen Staate sich ergebenden Berichtigungen der Ansätze werden jedesmal bei der nächstfolgenden Berechnung des Erlaß— betrages durch Zu⸗ beziehungsweise Abrechnung ausgeglichen“.

Die Kommission hatte folgende Fassung des §. 2 beantragt:

„Der zu dem Klassen⸗ und Einkommensteuererlaß zu ver⸗ 1 f Betrag (5. I) wird durch den Staatshaushalts⸗Etat fest⸗ gestellt!.

Der Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum erklärte sich gegen den von der Kommission beschlossenen 5. 2, dessen Annahme für ihn ein Grund sein würde, gegen das ganze Gesetz zu . Der Kommissionsvorschlag gehe weiter als die ur⸗ prüngliche Zusage der Regierung erlaube und bedeute eine ganz bedenkliche Aenderung der Vorlage. Wenn im preußischen Etat bereits über die Ueberschüsse des nächsten Etatsjahres zu Steuererlassen disponirt werde, so könnte der erst später auf⸗ gestellte Reichs⸗Etat eventuell diese Ueberschüsse illusorisch machen, und die Regierung gezwungen sein, für diesen Aus⸗ fall eine Anleihe aufzunehmen. Gehe man über die n n, vorlage hinaus, so unterwerfe man den Etat ganz gefähr⸗ lichen Schwankungen; zur Veranschlagung im Etat müßten . die Ueberschüsse auch nach der Regierungsvorlage kommen, ie er dringend zur Annahme empfehle.

Der Abg. Hobrecht bemerkte, er könne dem Vorredner nicht beis—timmen, daß im §. 2 von Seiten der Kommission mehr gefordert werde, als Seitens der Regierung zugesagt worden. Er habe nicht gezweifelt, daß die Regierung ihr im vergangenen Jahre gegebenes Versprechen rückhaltslos aus⸗ ühren würde und habe seine Bedenken gegen die Vorlage der⸗ elben unterdrückt, um nicht den Schein des prinzipiellen Gegensatzes zu erwecken. Auch die Regierung könne sih durch⸗ gus nicht gegen die Kommissionsvorlage aussprechen, da die⸗ selbe ja eben das gegebene Versprechen loyal ausführen wolle. Man müsse es nun anerkennen, daß die von der Kommission proponirte Fassung die beste sei, und den im vorigen Jahre n Absichten am besten Ausdruck gebe. Es sei für die

irkung des Erlasses nicht gleichgültig, ob der Steuerzahler einen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Wirth— schaftslage und dem augenblicklichen Erlasse begreifen könne oder nicht. Wenn in einem Jahre, wo die Mittel sehr sparsam verwendet werden müßten, die Steuerzahler 3 oder 4Monate Klassensteuer erlassen bekämen, oder wenn umge—

kehrt in Linem Jahre, in welchem reichliche Einnahmen vor⸗ 6 seien, der Wunsch nach Steuererleichterung nicht er⸗ üllt werde, dann bekomme der ganze Erlaß den Charakter des Willkürlichen, Zufälligen, und wirke wie ein Lotteriegewinn. Man dürfe daher die Ausführung der Steuererleichterung nicht so hinausschieben, daß der Zusammenhang verloren gehe. Das Recht des Landtages zur Mitwirkung zu etwaiger an⸗ derer Verwendung disponibler Ueberschüsse sei ein ganz selbst⸗ verständliches und ebenso selbstverständlich sei es, daß dieses Recht bei der Etatberathung zum Ausdruck kommen müsse. Warum solle nun nicht die Sicherheit, die die Etatsveranschla⸗ gungen bei anderen Ausgaben gewährten, auch hinsichtlich der Steuererlasse genügen? Auch hier werde, wenn die Veranschla⸗ gung den Einnahmen nicht entsprechen sollte, die ö im nächsten Staatshaushalt ausgeglichen werden. Umgekehrt aber frage er, wie komme das Recht der Landesvertretung zur Geltung, wenn sich nachträglich größere disponible Ueberschuͤsse herausstellten? Er sei nicht sicher, was in diesem Falle nach der ursprünglichen Regierungsvorlage beabsichtigt sei. Solle die Landesvertretung auch über die Verwendung solcher uner⸗ warteter Ueberschüsse gehört werden, so erfolge der Steuer⸗ erlaß nicht nach 1½, sondern erst nach A/. Jahren. Diese Frage sei auch von Bedeutung für die in Aussicht genommene Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer. Er sympathisire völlig mit der Absicht, auch diesen Theil des Programms so⸗ bald als möglich zur Ausführung zu bringen, aber gerade darum wolle er dem Hause die Initiative wahren, einen Theil der Ueberschüsse in der von der Kommission gewünschten Weise zu verwenden. Der Sinn der Vereinbarung vom vorigen Jahre sei gewesen, daß in demselben Maße, in dem die Steuerzahler stärker zu indirekten Steuern herangezogen würden, ihnen, soweit es möglich, eine Erleich⸗ terung an direkten Steuern gewährt werden sollte. Ge⸗ schehe das nicht in demselben Jahre, so habe sich einmal das Verhältniß zwischen direkten und indirekten Steuern, anderer⸗ seits auch der Personenstand geändert. Die Annahme des 5. 2 in der Fassung der Kommission entspreche dem prakti⸗ schen Zweck und dem Wortlaute der getroffenen Vereinbarung. Die Finanzgesetzgebung des Reiches habe sich seit dieser Ver⸗ einbarung anders entwickelt als die Regierung erwartete und darauf weise dieselbe in den Motiven hin. Es sei Recht und Pflicht dieses Hauses, sich die Veränderungen klar zu machen, die durch die veränderte Verfassung der Reichsfinanzen in dem preußischen Haushalt entstehen würden. Ihm sei es über— raschend und schwer erklärlich gewesen, daß der Franken⸗ steinsche Antrag, dessen Annahme im Reichstage von vorn⸗ herein gesichert gewesen sei, im Interesse der Selbständigkeit der Einzelstaaten gestellt worden sei, während derselbe im entgegengesetzten antipartikularistischen Sinne bekämpft wor⸗ den sei. Er finde, seine Wirkung auf die Einzelstaaten, zumal auf Preußen, sei eine höchst gefahrvolle. Jedes wirthschaft⸗ liche Gemeinwesen müsse das Risiko der Schwankungen in seinen Bedürfnissen selbst tragen; das Bedenkliche der Matri⸗ kularbeiträge habe darin bestanden, daß durch sie das Risiko der Schwankungen vom Reich auf die Einzelstaaten abgewälzt sei. Hierin, und nicht in ihrer absoluten Höhe liege das Ver⸗ langen nach Beseitigung derselben. Das Risiko der Schwan⸗ kungen für die Einzelstaaten sei aber geblieben, und es sei noch stärker geworden, weil zu dem Risiko der Bedürfnisse auch noch das der schwankenden Einnahmen hinzugekommen sei. Darin liege eine doppelte Aufforderung an die Regierung, die Sache so zu regeln, wie es die Kommission vorgeschlagen habe. Es sei nun in Aussicht gestellt worden, die ganze Klassensteuer zu beseitigen. Er halte das durchaus nicht fur wünschenswerth. Er sehe in der Ermäßigung der Klassensteuer auch keineswegs einen Schritt, um sie allmählich zu beseitigen, sondern einen Schritt, um sie zu erhalten, weil sie schließlich, wenn alles Andere versage, diejenige Steuer sei, die dem Staat in bösen Tagen eine sichere Einnahme gewähre, die die Möglichkeit ge⸗ währe, das Volk in gerechter Weise zu den staatlichen Lasten heranzuziehen. Die Klassensteuer pflege und erhalte in dem Einzelnen das Bewußtsein der persönlichen Steuerpflicht. Sie sei ein Kapital, das er erhalten wolle. Wenn die Ueberschüsse mechanisch zu Steuererlassen verwandt würden, dann sei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß dieses Kapital einmal ganz verschwinde. Wohin könnte eine solche Strömung führen? Da⸗ her glaube er, gehöre die Bestimmung über die Verwendung der Ueberschüsse in den Etat hinein; dadurch werde nichts in Bezug auf das Verhältniß zwischen Regierung und Landes⸗ vertretung geändert. Es herrsche eine mißmuthige Stimmung darüber, daß das Haus sich durch dieses Gesetz überhaupt binde, man sei über den Werth desselben sehr verschiedener Meinung, er glaube nachgewiesen zu haben, wie nothwendig das Gesetz sei. Viele spotteten, daß das Haus über Ueber⸗ schüsse verfüge, die gar nicht vorhanden seien. Er halte das für politisch nicht gerechtfertigt; die Verantwortung dieses Hauses sei eine zu große, die Steuerzahler davor zu schützen, daß ihnen mehr abgenommen werde als Reichs- und Landes⸗ haushalt brauchten. Die Frage, wann das Gesetz werde zur Anwendung kommen können, trete dagegen in den Hintergrund. Er freue sich, daß auch von Seiten der Regierung gegen den §. 2 in der Fassung der Kommission keine Einsprache erhoben worden sei und hoffe, daß das Haus dem Kommissionsvor⸗ schlage zustimmen werde.

Der Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum erklärte, das Haus habe mit begreiflicher Courtoisie den eigentlich in die General⸗ diskussion gehörenden Ausführungen des Vorredners zuge⸗ hört. Er wolle sich darauf beschränken, zu entgegnen, daß es dem Steuerzahler seiner Ansicht nach nur darauf ankomme, ob und wie viel derselbe zu zahlen habe, der Zusammenhang zwischen den Reichseinnahmen und den Steuererlassen sei ihm gleichgültig. Befremdet habe es ihn, aus dem Munde eines ehemaligen Ministers zu hören, daß es unerheblich sei, ob eine zu frühe Fixirung der Steuererlasse zu einem Defizit und eventuell einer Anleihe führe, da würden ja auch bei anderen Positionen häufig Einnahmen und Ausgaben nicht richtig ver⸗ anschlagt. Es sei doch ein Unterschied, ob man zum Zwecke nothwendiger Ausgaben eine Anleihe aufnehmen müsse, oder ob man zu einem Defizit gelange, weil das Haus Steuer⸗ erlasse be dio f habe, die gar nicht gerechtfertigt seien. Das entspreche nicht den preußischen Traditionen von Sparsamkeit, und er erblicke darin eine neue e g,. zu den Zeiten zurückzukehren, wo Einnahmen und Ausgaben im Staatshaus⸗ halt immer balanzirten.

Der Abg. Rickert vermag die Ausführungen des Vor⸗ redners durchaus nicht für e e. zu erachten. Das Ab⸗ weichen der rträge von dem Voranschlage sei eben ein Ding, das nicht zu ändern sei und das sich bald ausgleiche. Er freue sich über die Erklärung des in diesen Dingen kompetenten Abg. Hobrecht, daß die Regierung mit

diesem Gesetz nichts anderes beabsichtigt habe, nichts anderes a beabsichtigen können, als was in dem Kommissionsantrage 3. Als Antragsteller und Berichterstatter der Budgetkom⸗ mission könne er behaupten, daß die Annahme des Grafen Limburg eine vollkommen irrthümliche sei. Er bestreite nun dem Abg. Grafen Limburg das Recht zur Interpretation in dieser Sache, da derselbe der Einzige gewesen sel, der in der Kom⸗ mission gegen das Gesetz gestinimt habe. Das Land werde gar nicht verstehen, daß dieselben Männer, die heute einen Antrag dahin einbrächten, es solle die Hälfte der Ueberschüsse der Grund- und Gebaudesteuer an die Kommune überwiesen werden, hinterher eine Disposition der Art träfen, daß, wenn 20 Millionen Ueberschüsse wirklich vorhanden seien und der Landtag nicht versammelt sei, der Finanz⸗Minister ohne Weiteres verpflichtet sei, in der Klassensteuer Erlasse eintreten zu lassen. Er und seine Freunde wollten dem Land⸗ tage das Recht offen lassen, mit der Regierung eine Verein⸗ barung dahin zu treffen, daß die etwa vorhandenen Ueber⸗ schüsse im Wege des Gesetzes an die Kommunalverbände überwiesen würden. Der Weg, den die Konservativen gingen, schließe dies vollständig aus. Die ganze Vereinbarung zwischen der Majorität des Hauses und der Staatsregierung sei werth⸗ los für Preußen, wenn das Haus den Kommissionsantrag nicht annehme. Er für seine Person werde dann gegen die anze Vorlage stimmen, weil sie eine Verletzung der Grund⸗ agen involvire, die man damals in gutem Glauben mit der Staatsregierung vereinbart habe.

Der Regierungskommissar General⸗Steuerdirektor Burghart erklärte, wenn es sich hier wirklich um eine so schwerwiegende politische Frage handelte, daß der Abg. Rickert mit Recht sie zur Entscheidung seiner Abstimmung Über das ganze Gesetz machte, dann würde die Regierung gegen den Kommissions— vorschlag sein müssen. Die Regierung sehe aber die Sache von einem ganz anderen Standpunkt an und könne zu ihrem Bedauern auch nicht der Auffassung des Abg. Hobrecht von der Kabinetsordre vom 14. Februar v. J. zustimmen. Der⸗ selbe meine, daß nach der Kabinetsordre der Steuererlaß in demselben Jahre eintreten müsse, in welchem die ihn ermög⸗ lichenden indirekten Steuern erhoben würden. Die Kabinets⸗ ordre spreche aber nicht von Erlaß der direkten Steuern mittelst der indirekten Steuern, sondern mittelst der aus dem⸗ selben gewonnenen Mittel; der Steuererlaß könne also auch sehr gut vermittelst der Erträge der indirekten Steuern des Vorjahres bewirkt werden. Der Erlaß müsse ohne Zweifel in irgend einer Weise im Etat zur Erscheinung kommen, nur solle nach dem Kommissionsvorschlage die Entscheidung über den Steuererlaß durch den Etat getroffen werden. Das sei aber nach der Auffassung der Regierung gar keine wesentliche Abweichung von der Kommissionsvorlage. Auch nach letzterer könne der Steuererlaß und die anderweite Verwendung nur mit Zustimmung der Landesvertretung erfolgen; die Regie⸗ rungsvorlage behalte nur der Regierung vor, das Rechen⸗ exempel über den aus der genehmigten andern Verwendung resultirenden Steuererlaß besonders auszuführen. Das Quan⸗ tum der Steuern, welche erlassen werden könnte, sei aber in beiden Fällen durch den 5. 1 bestimmt. Ein etwas bedeuten⸗ derer Unterschied zwischen den beiden Fassungen sei der, daß der Steuererlaß ein Jahr früher eintreten könne, wenn dies auch nicht, wie der Abg. Hobrecht meine, geschehen müsse. Da aber allen Patrioten daran liegen müsse, den Steuer⸗ erlaß möglichst rasch eintreten zu lassen, so würde diese Differenz die Regierung sogar bewegen, die Annahme des Kom⸗ missionsvorschlages in Erwägung zu ziehen; nur dürfe der Paragraph nicht so interpretirt werden, daß derselbe ein Steuer⸗ bewilligungsrecht des Landtags auf Kosten des verfassungs⸗ mäßigen Rechts der Regierung herstellen solle. . der libe⸗ ralen Presse und besonders in einigen dem Abg. Rickert nahe⸗ stehenden Blättern sei allerdings der Regierung wiederholt vorgeworfen worden, sie habe ihre Zusage, ein mobiles Ele⸗ ment in die direkten Steuern im Sinne der Quotisirung zu bringen, nicht gehalten. Das habe aber die Regierung in der Kabinetsordre gar nicht versprochen. Es handelte sich damals blos darum, eine Bürgschaft dafür zu geben, daß der dis⸗ ponible Ertrag der indirekten Steuern zu Steuererlassen ver⸗ wendet würde. Die Liberalen wünschten natürlich eine weiter gehende Quotisirung. Aber die Regierung habe gemeint, daß sie die verlangte Bürgschaft sehr wohl geben könne, ohne eine Aenderung des bisherigen Steuersystems durch Quotisirung eintreten zu lassen und dem Landtag ein neues Steuerbewilli⸗ gungsrecht zu geben. In diesem Sinne sei die Kabinetsordre erlassen, und die Regierung könne darin nicht eine Etappe zu einem bis jetzt der Verfassung ganz fremden Rechte anerkennen. Daß durch unvorhergesehene Aenderungen der Einnahmen Steuererlasse eintraten oder zurückgenommen würden, ohne daß dies der Finanzlage entspreche, sei ebensowohl möglich, wenn der Erlaß auf Grund der früheren Einnahmen, wie wenn derselbe auf Grund der Einnahmen des“ folgenden Etatsjahres erfolge. Die Regierung wolle also den Kom⸗ missionsvorschlag in Erwägung ziehen, wenn derselben die An⸗ nahme nicht durch die oben erwähnte Auslegung unmöglich gemacht werde.

Der Abg. Graf 9 Limburg⸗Stirum konstatirte, daß er in der Budgetkommission sich allerdings der Einführung eines mobilen Faktors in die direkten Steuern widersetzt habe. Als mit Königlicher Genehmigung die Zusage vom 14 Februar v. J. gegeben sei, . er und ein Theil seiner Partei der Resolution des Hauses zugestimmt; er halte sich aber strikt an ihren Wortlaut und wolle ein Mehr nicht. Er habe aus der Erklärung des Regierungskommissars mit Befriedigung entnommen, daß die Regierung ebenfalls diesen Schwankungen des Etats vorbeugenden Standpunkt einnehme. Bei dieser Auslegung des Kommissionsvorschlags sei er zwar immer noch gegen ö doch mache seine Annahme für ihn nicht das ganze Gesetz unannehmbar.

Der Abg. Richter erklärte, die heutigen Ausführungen des Abg. Höbrecht seien geeignet, Licht darauf zu werfen, warum derselbe seiner Zeit die Verantwortlichkeit als Minister nicht mehr tragen zu dürfen geglaubt habe. Er habe schon vor einem Jahre sehr bedauert, daß durch die Autorität des Abg. Hobrecht die Erhöhung der indirekten Steuern überhaupt ermöglicht sei; indeß sei die Strömung, die der Abg. Hobrecht als Minister unterstützt habe, über ihn hinweggegangen, und darum sei derselbe so parlamentarisch und konstitutionell ge⸗ wesen, wie er anerkennen müsse, seine Entlassung zu nehmen. Die Majorität dieses Hauses habe allerdings im vorigen Jahre ein durchaus im Rahmen der Verfassung liegendes, auf Quotisirung der Klassen⸗ und klassifizirten Einkommen⸗ steuer ,, Steuerbewilligungsrecht gewünscht. Ge⸗ genüber dem Widerstand, den man gefunden habe, habe man

diesen Wunsch auf die aus den Reichseinnahmen zu erwar⸗