Berlin, 4 Febrnar 1880.
Der Neichskommissar sür die Australischen Weltausstel⸗ lungen 18793560, Geheime Regierungs- Rath Reuleaux, hat
unter dem 11. Dezember aussührlichen Bericht über die Er⸗
ebnisse der Betheiligung Deutschlands an der Aus⸗ . in Sydney erstattet.
Nachsolgender Auszug aus diesem Bericht, ergänzt durch Mittheilungen, welche der Reichskommissar feinem hiesigen Vertreter direlt gemacht hat, ist von dem Letzteren an die zur Mitwirkung bei den Vorbereitungen für die Ausstellung in Melbourne berufenen Landesstellen versandt worden. Auszug. Sydney, den 11. Dezember 1879.
xe.
Als allgemeine Charakteristik der deutschen Abtheilung auf der Austellung in Sydney darf ich hervorheben, daß die Wahl der von uns ausgestellten Gegenstänte eine wohl getroffene war. Ist sie auch keineswegs vollständig und hat sie auch mangelhafte Stellen, so wirkt sie doch vorwiegend durch Tüchtigkeit und Gesundheit des Ganzen. Die Scharte ven Philadelphia ist nicht nur vollständig ausgewetzt — soweit es der geringere Umfang unserer Schaustellung gestattet — sondern durch einen Erfolg ersetzt, den wir in Melbourne nur zu heben und zu befestigen brauchen, um mit großer Ehre aus diesem Ecdtheil heimzutehren.
Die Verkäufe, welche auf Grund der Ausstellung durch unsere Agenten abgeschlossen sind, beziffern sich auf eine den Umständen nach erfreulich hohe Ziffer, indem dieselben eine halce Million Mark bereits übersteigen.
Ueber die Waaren, welche Eingang gefunden haben, kann ich 3 Zeit, obwohl das volle Bild noch nicht gewonnen ist, Folgendes vorlegen.
Die Goldschmiedearbeiten (Schmucksachen) eines Ausstellers sind als Ganzes dreimal verkauft, einmal mit dem Schrank zu 1600, zweimal ohne denselben zu je 960 Pfd. Sterl.
Vas Porzellan einer Firma, welches ich statt in dem schlechten gelieferten Gestell auf einer Holipyramide aufgestellt, ist vortrefflich
gegangen. Das Vierfache des hergesandten Quantums hätte verkauft werden können.
Verkauft sind sodann drei von den ausgestellten Eismaschinen; fernere Bestellungen darauf werden soeben verhandelt; das Geschäft mit diesen Maschinen hat eine gute Zukunft und verdient besondere Pflege, Eismaschinen sind hier ein Bedürfniß. Fabrikanten sollten sich mit wissenschaftlich gebildeten Männern in Verbindung halten, um das RBeste und Zweckmäßigste hierher zu liefern, kleine Maschinen fürs Land, große für die Städte.
Von den Drahtmatratzen sind 300 Stück verkauft bezw. bestellt; ö einer ferneren Bestellung von 400 Stück wird soeben ver—
andelt.
Gut gehen die Verkäufe von Zaundraht, in welchem Artikel wir mit aller Energie den Markt zu gewinnen trachten müssen, da der Absatz sehr groß ist, némlich mik nahe 3 Millionen Mark im Blaubuch figurirt. Eisendraht ist ein Zukunfteartikel. Es kann eine Kollektiv Aus stellung in Melbourne gute Dienste leisten. Dabei ist ein Prüfungsapparat von einfachster, recht übersichtlicher Kon⸗ struktion mitzusenden, auf welchem täglich Proben angestellt werden können. Der hiesige Mann sieht sich die Qualität in erster Linie an.
Eisenbahnbedarfsartikel haben ein großes und ergiebiges Feld vor sich. Dieses Fach ist für uns nur auf zwei Wegen zu erwerben: I) durch Beschickung der Ausstellung mit nicht zu vlelen, aber recht guten Sachen, 2) durch Anwesenheit von bevollmächtigten Vertretern, die das Land, die Behörden, die Leute studiren. England sitzt sehr fest, indessen ist doch noch manche Thüre offen. Bei den Vergebun⸗ gen ist aber die persönliche Näßke der Vertreter unabweisliche Be⸗ dingung. Die Ausstellung hat als großes Schaufenster zu dienen. i k ist einführbar, doch muß vorher der Boden
udirt sein.
Gut gehen einfache Möbel, die kostbaren weniger; es sind indessen manche der hierhergesandten feinen Möbel bereits verkauft.
Für Nähmaschinen liegt ein fester Abschluß mit einer deutschen Firma auf ein Jahresminimum von 500 Maschinen zum Werthe von 1500 Pfd. Sterl. oder 30 000 MS vor.
In Beleuchtungsartikeln sind Aussichten vorhanden, wesentlich aber nur im Gasfache. Die Petroleumlampe (hier Ken osine⸗Lᷣampe genannt) findet in den Städten förmlich Widerspruch; doch wird sie sich . Weg bahnen. Genaue Berichte der Agenten fehlen mir noch.
Mehrere Lederhäuser machen gute Geschäfte. Feine Leder—⸗ waaren können gut gehen. Zur Zeit sind aber alle Lager überfüllt mit den Artikeln; man kann sagen, daß Vorrath für zwei Jahre hier ist.
Der Cement fängt an, gut zu gehen; wenn nich etwas Nach druck ausgeübt wird, was jür Melbourne durch Vorführung von Musterstücken, Probekörpern, Belastungestabellen nach den offiziellen Berichten, die ins Englische zu übertragen sind, geschehen kann, so werden wir mit unserem vorzüglichen Stettiner Fabrikat erfolgreich eindringen. Die Cementeinfuhr belief sich 1878 auf 39 642 Fässer, im Werthe von 28 236 Pfd. Sterl.“, und zwar kamen auf:
England kö 36768 Fässer, J een . 1 400 ,
, . .
Der Gement aus den Kolonien stammt auch aus England; vielleicht bat England einen Theil des Vorrathes von uns . Der Zoll beträgt 2 sh auf das Faß.
Die Klaviere gehen recht gut. Ein überaus großer Theil des Bedarf wird aus Deutschland bezogen; dennoch zeigt die Statistik darin keine Andeutung, da die Verschiffung, manchmal auch wohl e . selbst über England geht. Die Ziffern für 1878 sind olgende:
Großbritannien. 1899 Stück für 88 834 Pfd. Sterl.
1 4 1418445
Südaustralien. 249
Queensland. 934
Tasmanien. 207
Neuseeland . 361
Verein. Staaten. 7944
Hongkong 50
Mauritius 50
. 20
üädseeinseln. 131
Neu⸗ Kaledonien 100
. 75
Genn trenne, ö . .
2 858 Stück für 117430 Pfd. Stferl.
Est direkte Einfuhr aus einem deutschen Hafen würde unseren Antheil an diesem wichtigen Artikel klarstellen.
Die Wanduhren aus Baden, Württemberg und Schlesien gehen schwach; die Vertretung muß mit größerer Sachkenntniß, als bissanz geübt, betrieben werden, um dem belangreichen Artikel Eingang zu verschaffen. Amerika hat bereits einen merklichen Bruchtheil des Marktes erobert, wie folgende Einfuhrliste von 1878, welche außer den. Wanduhren indessen auch die Taschenuhren begreift, erkennen
438 Packete für 12 304 Pfd. Sterl. ] k Südaustralien. 10 44 Queensland 1 50 Singapore. 2 70 Voint de Galles 13 3786 üdsee⸗Inseln. 1 6 Neu Kaledonien 1 4 Verein. Staaten 1597 .
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Großbritannien nn,
zutreffenden Rheinweine wird unter Verschweigung der deutschen Firma
Publikum nimmt die hergebrachten englischen Richtschnur, daß unsere schönen feinen schlesischen Gläser vergeblich den Eingang suchen. Dagegen haben die von einer rheinischen Firma, welche den hiesigen Geschmack vorher wohl sondirt hatte, ausgestellten einfachen Gläser starke Abnahme gefunden; jüngft ging eine Be⸗ stellung im Betrage von 1 500 Pfd. Sterl. an dies Haus ab. Glagtwaareneinfuhr (Hohlglas) betrug 1878: 12 195 Packete für 51 407 Pfd. Sterl., wovon 9520 3 41006 unmittelbar auf England fallen. Im Uebrigen wurden 1878 eingeführt: an Spiegelglas 553 Kisten für 9 655 Pfd. Sterl., an Schaufensterglas. . 8 . an Fensterglas. . 15 6, ö 10258 Kisten fur 31 547 Pfd. Sterl,
wovon Großbritannien stets direkt mit 9g0 bis 985 Yi betheiligt er⸗ sckeint, während ihm vom Rest, als aus den Kolonien kommend, immer noch ein Theil zufällt. Wie weit Deutschland mitwirkt, ist aus den Listen nicht zu erkennen; jedenfalls ist die Betheiligung sehr schwach. Es wäre zu wünschen, daß das Gebiet uns erschlossen würde, was durch Belgien auf der Ausstellung versucht wird. Die bedeutende Einfuhr unseres Schaufensterglases in Nordamerika, die sich in Kalifornien fast zu einem Monopol entwickelt hat, zeigt unsere Konkurrenzfähigkeit klar.
Papier hat gute Aussichten, namentlich aber Papetrie, als Karten, Briefumschläge, Weihnachté⸗ und Neujahrskarten, Alles aber nur unter der Voraussetzung, daß der Geschmack des hiesigen Publi⸗ kums getroffen ist.
Unsere Auestellung im Fache der wollenen Tücher ist leider fast ganz als verfehlt zu bezeichnen. Gut im kaufmännischen Sinne haben nur diejenigen Firmen namentlich aus Aachen ausgestellt, welche die hiesigen Bedürfnisse durch ältere Verbindungen kannten. Dagegen ist der übrige Theil der Ausstellung in dieser Branche als gänzlich mißlungen zu bezeichnen. Mit ganz unbedeutenden Ausnahmen passen die eingesandten Muster nicht auf den hiesigen Markt. Es werden gewisse Grau, gewisse Braun · Grau, Braun, Schwarz verlangt, welche fast gänzlich unvertreten waren. Auch hatten die Stoffe noch einen anderen Fehler, denjenigen nämlich, daß ihre Breite mit „140 em (55 bis 56 Zoll) bezeichnet ist Nun sind 1) 140 em nur 55, 03 Zoll, sodann 2) aber verlangt man hier bestimmt und reichlich 56 Zoll zwischen den Selbenden. Hierüber gaben die ausgestellten Muster, da sie nur schmale Abschnitte sind, keinen Aufschluß und erweckten dethalb Mißtrauen. Auch knüpfte man an diese kleine Ungenauig⸗ keit — vestigia terrent — die Vermuthung daß die angemerkten Preise auf Jards — 36 Zoll berechnet seien, während die Usance verlangt, und ganz bestimmt verlangt, daß dem Jard 1 Zoll zu⸗ gesetzt, derselbe also — 37 Zoll gerechnet werde. Endlich sind schlimme Erinnerungen auszulöschen wegen segenannter, Mantelung“ (d. i. Verdeckung geringer Qualität durch einige Ellen besseren Stoffes am äußeren Ende des Stückes) und Nicht⸗Nadelfertigkeit des Stoffes. Die Lausitzer Stoffe erzielen deshalb feinen Erfolg. Die guten und überaus löblichen Bestrebungen, welche in der Lausitz 1 von den Fabrikanten geübt werden, sind deshalb lebhaft zu unterstützen und zu ermuntern.
Die Konfektionen passen nicht, der von uns gemachte Versuch ist gescheitert, trotzdem einer unserer Aussteller in jeder Beziehung alles von anderen Nationen Gebotene übertrifft. Die englische Mode ist zur Zeit noch allein maßgebend, und Deutsches wird deshalb, möge es noch so gut sein, nicht angenommen, es sei denn, es komme mit den englischen Waaren als englisch herüber.
Unsere Stickereien gefallen und gehen. Unsere wollenen Decken ebenfalls; diese werden sich den Markt erobern. Mit Entschieden⸗ heit muß aber an der guten Qualität festgehalten werden. Möbelstoffe sind nur dann gangbar, wenn sie dem hiesigen Markte angepaßt sind. teeff Teppiche konnen gut gehen, müssen aber den hiesigen Geschmack reffen.
Was die Einfuhrstatistik der Wollstoffe betrifft, so giebt das Blaubuch nicht genügende Einzelheiten, um sich ein ganz klares Bild derselben machen zu können. Es wird nur draperier mit der Ne⸗ benbezeichnung general‘ aufgeführt. Die Zahlen derselben sind aber sehr bedeutend. Sie lauten:
Packete Pfd. Sterl.
Großbritannien 51 071 für 2180 924 ö 11771 45658 632 Sůdaustralien.. 974 36 050 Queensland. ⸗ 274 . 126 . 42 Point de Galles .. 51 d 368 11“ 254 ,, 3 Vereinigte Staaten. 400 Südseeinseln ... 28 Neu ⸗ Kaledonien .. 24 grennne, 1
,, . Summa 65 376 für 2717623
Unser gewiß kleiner Antheil an dieser gewaltigen Summe verbirgt sich in der Zahl für Großbritannien und wohl der von Victoria. Jedenfalls aber lehren die rorstehenden Zahlen, wie wichtig es ist, dieses Marktgebiet für uns ins Auge zu sassen. Wenn man bedenkt, daß unsolide Lieferungen den früheren guten Anfang unseres hiesigen Tuchhandels zum Stocken und Zurückgehen gebracht haben, so wird man in der Ueberzeugung befestigt, daß der Staat ein hohes Interesse daran hat, durch geeignete Organisation des Gewerbewesens den gewissenlosen Verfahrungsweisen, welche den Ruf unserer Industrie so häufig, so schwer geschädigt haben, vorzu—= beugen. Die Untergrabung des Rufes unserer Industrie durch unprobemäßige Lieferung erscheint geradezu als ein Verbrechen. Die Nation kann und darf meines Erachtens es nicht dulden, daß durch frevle Sucht nach rücksichtslosem augenblicklichem Gewinn Tausenden der ehrliche Erwerb erschwert oder abgeschnitten wird. Möchte doch die Wichtigkeit dieser Frage recht allgemein begriffen werden.
Noch während der Prüfung der zur Ausstellung hierher zu sen⸗ denden Waaren sagte nan mir wiederbolt, daß Billigkeit à tout prix hierselbst gefordert werde. Meine Erfahrungen hierselbst zeigen, daß der Satz falsch ist. Wohl wünscht der Kausmann billige en,. das ist ganz selbstverständlich, auch sind Artikel einfacherer Art markt⸗ fähiger, als solche von haher Ausbildung und Vollkommenheit; aber überall legt der hiesige Käufer den Nachdruck auf die gute Qualität in allen den Artikeln, welche im Hause gebraucht werden, im Hand⸗ werk zur Verwendung kommen, zum großen Tauschmittel gegen die Bodenprodukte dienen sollen. Ver feste Ruf der guten Qualität, der probemäßigen Lieferung ist als Vorposten zu erwerben, um den ,, Fleiße entsprechenden Antheil des hiesigen Marktes zu erobern.
Im Weißzeug haben wir große Geschäfte noch nicht gemacht, je⸗ doch ist hier Aussicht vorhanden. Unsere Weißzeugausstellung Über trifft alles Aehnliche auf der Ausstellung und ist hoch bewundert. In Sachen der Getränke vermag ich ein genügend klares Bild unseres Erfolges noch nicht zu geben, da bei diesem Gegenstande die Aeußerungen des Preisgerichts erst gegeben sein müssen, ehe die eigentlich maßgebenden Abschlüsse gemacht werden können. Die Aus⸗ sichten sind indessen gut. Unsere Weine gefallen und sind auch be—⸗ reits nicht unbedeutend vertreten, leiden aber kaufmännisch durch das Passiren der englischen Hände. Neben den alten englischen Vorur⸗ fheilen haben sich noch neue hier angesetzt. Die Mehrzahl der an⸗
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auf den Tisch gebracht. Da heißt es einfach-: ‚Markobrunn“, „Jo⸗ hannis berg! ö auch wohl blos „Bock. Manche glauben, der echte
Is Pactete fur d TX Vf. Ster].
Unsere feinen Glafwaaren sprechen leider nicht an. Das hiesige Formen so sehr zur
Die
denn große Mengen dieser in Deutschland in so beschränktem gefuhr ens Fla chen dier iht. 3
Schaumweine sind autsichtsvoll, es muß aber im großen Styl
mit Proben umgegangen werden. he, man hier, wie in den messten ällen, wo es sich um große Artikel handelt, die Kleinlichkeit bei eite, so können wir einen bedeutenden Erfolg haben.
Der Koloniewein ist bestimmt, ein großer Konkurrent zu werden;
indessen werden immer noch viele Jahre vergehen, bis es dazu kommt!
Die Weineinfuhr steht in den Hauptzüzen wie folgt:
Schaumweine 18 928 Gallonen für 29 012 356. Sterl. (wovon 15 336 Gallonen direkt auf England fallen); stille Weine 246 765 Gallonen für 83 072 Pfd. Sterl. Hiervon fallen 198 936 Gallonen 36 . England und nur 871 Gallonen mit 395 Pfd. Sterl. auf
rankreich.
Der große Verbrauch von Claret läßt schließen, daß auch die französischen Weine massenhaft ihren Weg durch England nehmen.
Von Bier gelten folgende snmmarische Angaben:
Bier in Fässern 453 730 Gallonen fur 55 640 Pfd. Sterk. e 3. . Gallonen für 40 040 Pfd. Sterl. direkt auf England ommen.
Bier in Flaschen 649 784 Gallonen für 146571 Pfd. Sterl. (davon 538 327 Gallonen für 119 648 Pfd. Sterl. auf England und 1780 Gallonen für 559 Pfd. Sterl. auf die Vereinigten Staaten).
Unser Versuch mit Felsenkellerbier im Faß ist vollständig ge—⸗ lungen. Dem Flaschenbier muß durch Studium am hiesigen Platze noch mehr Aufmerksamkeit zugewandt werden. Die Jualitäͤt ist ausnehmend gut zu wählen, um mit dem in fester Anerkennung , englischen Biere in größerem Maßstabe konkurriren zu önnen.
Schnäpse werden in beträchtlicher Menge eingeführt. Folgende Hauptsummen ergeben ein ungefähres Bild, immer von i878
gemeint:
Cognac. 502 007 Gallonen für 252 343 Pfd. Sterl. Rum. 251 044 , ö . Genever. . 176 422 44 096 K,, 10774 4227
Whiskey. 156 667 65 872 Liqueure. 7432 5700 Duftliqueure 7 474 13 596 Ungenannte. 76 922 . ö
Summa 1188 5423 Gallonen für 1446 157 Pfd. Ster.
An diesem beträchtlichen Verbrauch, welcher auf den Kopf der Bevölkerung 1I71 Gallonen oder 7,76 Liter ergiebt, ist den Listen nach wesentlich nur England betheiligt, mit der Ausnahme, daß Frankreich Cognae mit 80 105 Gallonen für 36 7568 Pfd. Sterl. lieferte. Unsere Einfuhr, deren Bedeutung ich bislang nicht zu schätzen vermocht habe, verbirgt sich in den englichen Zahlen. Es ist mir nicht gegenwärtig, wie unsere Cognacfabrtkation steht; dieselbe verdient aber mit Rucksicht auf das große sich hier wie in anderen englischen Kolonien bietende Feld besondere Beachtung und vielleicht eine bessere Konzentration auf potente Häuser.
Indem ich andere Artikel zur Zeit noch unberührt lasse, da meine Beobachtungen darüber noch der Vervollständigung bedürfen, darf ich als das allgemeine Ergebniß der vorstehenden Bemerkungen hinstellen, daß Deutschland zweifellos in den australischen Kolonien konkurren fähig ist. Unsere Waaren, wenn richtig ausgewählt bezw. angefertigt, wenn gut versandt, in gute Hände hierselbst gelegt, können rasch beliebt werden und sind wegen ihrer Preise gegenüber bestehenden Bezugsquellen einführbar. Deutschland kann bei Fest⸗ haltung solider und unerschütterlicher Grundsätze einen beträchtlichen Theil der dieser Kolonie wie den Schwesterkolonien zuzuführenden europäischen Erzeugnisse als Ausfuhrartikel für sich erwerben. Dazu bedarf es allerdings vieler kaufmännischer Arbeit und klugen sorgfältigen Verfahrens hier am Platze; irgendwie unüberwindliche Schwierigkeiten sehe ich aber zur Zeit nicht. Reuleaux.
Cöln, 22. Februar. (Cöln. Ztg.) Zam Fest der Vollendung der beiden Hauptthürme unseres Domes, welches im September dieses Jahres statthaben soll, wird laut einem Beschluß des Central⸗ Dombauvereins eine Gedenkmünze im gothischen Stile geprägt wer⸗ den. Dieselbe soll auf der Vorderseite die Portraits des hochseeligen Königs Friedrich Wilhelm IV., sowie Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm und wenn möglich auch das Brusibild des Erzbischofs Konrad von Hochsteden, des Gründers des Domes, zeigen; die Rück—⸗ seite der Medaille soll mit einer Ansicht des vollendeten Domes ge⸗ schmückt werden. — Gegenwärtig, wo die Aufstellung der kleineren Figuren in den Bogen des Nordportals ihrem Ende entgegen geht, hat man bereits mit der Anbringung der großen Heiligenbilder begonnen. Die sämmtlichen Steinfiguren kommen aus dem Atelier des Dombildhauers Fuchs, der auch den Bilderschmuck für das Westportal erfunden, mo⸗ dellirt und ausgeführt hat und seit einer Reihe von Jahren in her⸗ vorragender Weise an den Bildhauerarbeiten des Gottes hausetz be⸗ theiligt gewesen ist. Die neue Gerüstetage auf der Höhe der beiden Hauptthürme geht ihrer Vollendung entgegegen; sobald das Wetter sich gün stig zel liel wird mit dem Weiterbau der beiden Steinriesen begonnen werden. Es erübrigt nur noch die letzte Gerüstetage. Nach Ostern gedenkt Hr. Dombaumeister Voigtel die Scheidewände zwischen dem Innern des Tempels und den Thurmhallen niederzulegen, wes⸗ halb gegenwärtig die Fenster der Vorhalle provisorisch verglast wer⸗ den. Die Restaurationsarbeiten an den südlichen Thüren nehmen, 6. sie erhebliche Schwierigkeiten bieten, einen recht erfreulichen
ortgang.
Die Abtheilung für ausübende Tonkunst an der hiesigen König⸗ lichen Hochschule für Musik veranstaltete gestern im Saale der Sing⸗Akademie ihre XXV. Aufführung. Das Programm bot diesmal ausschließlich Instrumental⸗Musik. Die erste Nummer bildete Beethorens Egmont⸗Ouverture, welche ron dem fast ganz aus Schülern und einigen Schülerinnen der Hochschule bestehenden Orchester mit vollem Verständniß und großer Präzision und Sicher⸗ heit zi Gehör gebracht wurde. Später trug das Orchester noch die Ouverture zur ‚Euryanthe“ vor, und auch hier machte sich der jugendliche Schwung des Vortrages, die sorgfältige Ausführung des Details, wie die kunstgebildete Auffassung sehr vortheilhaft gel⸗ tend, und fand bei dem Auditorium in reichem Maße die verdiente Anerkennung. Außer diesen beiden Orchesterpiecen hörte man zwei Solo vorträge: zunächst das Konzert Es-dur für Waldhorn von Mozart, welches Hr. Friedrich Lehmann spielte. Der . Künstler beherrscht sein schwierig zu behandelndes Instrument mit großer Sicherheit und brachte die an⸗ muthige reizende Komposstion des Altmeisters zur vollen Geltung. Hierauf erfreute Hr. Robert Hausmann die aufmerksam lauschende Versammlung mit dem überaus gelungenen Vortrage eines Konzerts für Violoncell von Schumang. Der Vortragende gilt gegenwaͤrtig mit Recht als einer der hervorragendsten Vertreter seines Instru⸗ ments in Berlin; er hatte sich mit diesem Schumannschen Konzerte keine leichte Aufgabe gestellt. Dasselbe bietet große technische Schwie⸗ rigkeiten, welche der Vortragende mit bewundernswerther Virtuostät überwand. Fraglich dürfte es jedoch erscheinen, ob, der letzte Satz ausgenommen, der Gedankeninhalt des Musikstückes im rechten Ver⸗ hältnisse zu diesem großen Aufwande an Kraft und Mühe steht. Der zweite Theil des Programms brachte eine Sinfonie in A-moll von Gare, eine sehr interessante, geistovolle Arbeit des bedeutenden dänischen Meisters, welche von dem Orchester der Hochschule in ebenso mustergiltiger Weise, wie die beiden Ouverturen vorgetragen wurde. Um das Gelingen des Konzerts hat sich Hr. Prof. Ru dorff durch die meisterhafte Leitung desselben in erster Linie verdient gemacht.
Redacteur: J. V.: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck! W. Elsner. Fünf Beilagen
Berlin:
Rheinwein werde nur in Bocksbeutelflaschen versandt, so daß man
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
Erste Beilage
zum Dentschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Preußen. Berlin, 24 Februar. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (6.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats pro 1880/81 mit der Diskussion des Etats des Auswärtigen Amtes (Kap. 5 Gesandtschaften und Konsulate 4971 800 4) fort. In Titel 25 fordert die Regierung für den Gesandten in Tokio (Yeddo) 45 000 , 9006 „S mehr als im Vorjahre, welche Zulage durch den Umstand motivirt wurde, daß bisher in Japan deutscherseits nur ein Minister⸗Resident vorhanden gewesen sei, während am Hofe des dortigen Kaisers alle übri⸗ gen Großmächte durch Gesandte vertreten seien. ;
Der Abg. Richter (Hagen) beantragte die Verweisung dieses Postens an die Budgetkommission. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt und Tit. 265 bewilligt, desgleichen Tit. 26 — 41. ;
Nach Tit. 42 soll in Apig für den Tonga—-Archipel und die Samoa⸗Gruppe ein Konsul mit 24 000 S6 neu er⸗ nannt worden.
Der Abg. Dr. Hänel beantragte, diese Position der Bud⸗ getkommission zur näheren Prüfung zu überweisen; da die beigegebenen Motive die Sache nicht erschöpften; er wolle nicht auf die neue Handelsgesellschaft in den Samoainseln hinweisen, mit welcher sich der Reichstag später zu beschästigen habe, sondern auf die Verwickelung der dortigen Verhältnisse und auf die Art der Regierung, die dort von den Konsuln Eng⸗ lands, Deutschland und Nordamerikas geführt werde.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Wirkl. Geh. Rath von Philippsborn das Wort:
Meine Herren! Es soll von meiner Seite kein Einwand dagegen erhoben werden, wenn, um weitere Auflärungen zu erlangen, Sie diesen Titel an die Budgetkommission verweisen wollen; mit Ver⸗ gnügen werde ich bereit sein, in der Kommission weitere Aufklärun⸗ gen zu geben, soweit es gewünscht wird Aber ich glaube, wenn Sie . . Worte erlauben, daß ich diese Aufklärung gleich hier geben kann.
Das Konsulat in Apia war beschlossene Sache, noch ehe die jetzigen Verwickelungen ins Leben traten, es war beschlossen lediglich im Interesse und zur Wahrung deutscher Handels, und Verkehrs—⸗ beziehungen. Wir haben Seitens der Konsulatsverwaltung, wie dem Hause aus den verschiedenen alljährlichen Vorlagen bekannt ist, mit einer gewissen Vorsicht und Zurückhaltung bei neuen Konsulaten im⸗ mer den Weg verfolgt, nur allmählich dem Bedürfniß nachzugehen, immer erst zu sehen, wo es dringend war, und dann einen neuen Posten hier in Vorschlag zu bringen. In der Regel ist dies auch vom hohen Hause genehmigt worden.
Banz so ist auch mit dem Posten in pia verfahren. Nachdem das General⸗Konsulat errichtet war, mit Rücksicht darauf, daß auch die anderen Großmächte dort General⸗Konsuln haben, und weil es uns bei dem sehr überwiegenden Interesse gerade deutscher Arbeit und Industrie, deutschen Handels und deutscher Schiffahrt darauf ankam, uns in die Reihe dort gestellt zu sehen, und nachdem dann die verschiedenen Konsulate zusammengetreten waren, bekamen wir regelmäßig Berichte über die allerdings sehr eigenthüm⸗ liche Entwickelung der dortigen Verhältnisse. Der geehrte Herr Vor⸗ redner hat außerordentlich Recht, wenn er diese Entwickelung der dortigen Verhältnisse eigenthümlich nennt, das liegt aber nicht an uns, nicht an den Mächten, die dort ihre Konsuln haben, sondern das liegt am Lande, an seinen Bewohnern und an seinen verschiede⸗ nen Parteien und Königen. .
Nachdem die Parteien allerdings mehrfach auf- und abgewort hatten, gelang es einer Partei, den König Malietog durch sein gutes, man darf sagen verständiges, auf besseren Prinzipien basirtes Regiment, sich an die Spitze zu stellen, und um ihn zu unterstützen und zu halten, dazu haben allerdings die verschiedenen Konsulatẽbeamten der einzelnen dort vertretenen Groß⸗ mächte gebolfen, übrigens mehr durch den moralischen Beistand im entscheidenden Augenblick, als durch Gewalt der Waffen, auch nicht einmal durch Kriegsschiffe, das war nicht nöthig, es ge⸗ nügte, daß die Herren zusammen traten, gewisse Protokolle zeichneten, gewisse Verträge mit dem Könige machten und daß die andere Partei erklärte, das wäre allerdings die verständigste Art, dem Lande Ruhe, dem Eigenthum Sicherheit zu geben. In so weit ist es also richtig, daß der König, der in diesem Augenblick das Regiment hat, sich wesentlich auf den Einfluß stützt den die Vertreter der Sroßmächte dort ihm gewähren. Aber bis dahin gehen die Dinge auch wirklich so gut, wie man sie sich nur wünschen kann; von irgend einer Verwirrung oder weiteren Zerwürf⸗ nissen ist in den letzten Berichten, die ich noch vor 8 Tagen erhalten habe, keine Rede, im Gegentheil, es ist gute Ordnung, und wenn dag so fort geht, kann man sich nur gratuliren und wünschen, daß es so bleibe.
Ich erkenne allerdings an, daß noch sehr viel zu erfüllen sein wird, aber dahin ist das Streben dieser drei Kor suln von Deutsch⸗ land, England und den Vereinigten Staaten von Amerika, welche Hand in Hand gehen, gerichtet und das hat sich außerordent⸗ lich gut bewährt. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß, wenn die drei Konsuln dem Könige zur Seite stehen, und ihm mit Rath an die Hand gehen, von einem, wie der Herr Vorredner sich auszudrücken schien, Triumvirat in einem höheren bildlichen Sinne wohl die Rede sein dürfte, aber es hat doch auch nur eine sehr entfernte Aehnlichkeit, und wenn übrigens diese Methode dazu beiträgt, deutsche Interessen zu schützen und zu decken, so, glaube ich, wird man daraus irgend einer betheiligten Regierung, insbeson⸗ dere also auch der deutschen einen Vorwurf nicht machen können.
Wenn der Herr Vorredner bei der Gelegenheit hingewiesen hat auf die Gesellschaft, die jetzt gebildet worden ist im Interesse des Handels und Verkehrs, so glaube ich, darüber an dieser Stelle . hinfortgehen zu können; über diese Sache wird dem hohen Hause noch eine besondere Vorlage zugehen; ich will nur, um im Voraus auch da jeder Möglichkeit einer unrichtigen Auffassung vor⸗ zubeugen, in kurzen Zügen die Grenzen andeuten, in denen diese Angelegenheit unter allen Umständen sich zu bewegen haben wird. Es handelt sich dabei nicht um ein Staatsgeschäft, es handelt sich nicht um eine Staatsgesellschaft, es handelt sich auch nicht darum, daß der Staat dabei Geschäfte machen oder etwas verdienen will, — unser Generalkonsul dort ist keineswegs Beamter der Gesellschaft —, sondern das Ganze gipfelt in dem Wunsche, nationale deutsche Interessen auch im fernen Auslande zu schützen und nicht fallen zu lassen, sowie dafür zu sorgen, daß die Früchte, die aus deutschem
leiß und aus deutscher opferbereiter und langjähriger Arbeit ervorgegangen sind, nicht Anderen in den Schoß fallen. Es handelt sich nicht darum, einzelne Handelshäuser zu unterstützen, sondern im Ganzen zu nützen.
Ich glaube, daß diese vorläufigen Andeutungen fich bestätigt und näher ausgeführt finden werden in der vorhin . von mir ange⸗ kündigten Vorlage; ich habe es indeß für nützlich gehalten, es hier zu erwähnen, allerdings nur obenhin, aber doch soweit, daß man be⸗ urtheilen kann, wohin die Regierung steuert, damit Sie auch mit Rücksicht auf diese Verhältnisse und alles zusammengenommen sich
1. Dienstag den 24 Februar
.
überzeugen, daß wir glauben, daß die Stiftung des Postens in Apia in keiner Weise Deutschland zu etwas anderem als zum Segen ge⸗ reichen wird.
Der Abg. Rickert erklärte, auf diesen Etatslitel nicht näher
eingehen zu wollen; sollte aber irgend wie ein Zusammen⸗ hang, wenn auch nur ein entfernter, zwischen dieser Position und jener Vorlage über die Handelsgesellschaft bestehen, so möchte auch er die Ueberweisung des Titels an die Budget⸗ kommission befürworten. . Der Bundesbevollmächtigte Wirkl. Geh. Rath von Phi⸗ lipsborn entgegnete, er wolle es noch einmal ausdrücklich aussprechen, daß die Gründung des Konsulatspostens mit den anderweitigen Gegenständen auch nicht entfernt im Zusammen⸗ hang stehe und daß sie beschlossen gewesen sei, ehe man hier von der Sache auch nur eine Ahnung gehabt habe.
Der Abg. Sonnemann bemerkte, so ganz würden diese beiden Angelegenheiten doch nicht auseindergehalten werden können, wie der Vertreter der Reichsregierung geglaubt habe. Es seien vor Allem Handelsinteressen in Apia zu vertreten, dazu werde der Konsul ernannt. Es werde einer gründlichen Untersuchung bedürfen, ob Deutschland eines Konsuls mit so hohem Gehalt dort bedürfe, ob die dortigen Angelegenheiten nicht zum guten Theile von Australien aus erledigt werden könnten, und ob die Anstellung eines Konsularagenten in Apig nicht ausreiche. Er halte es für besser, daß ein Berufs⸗ konsul in Apia sich befinde, nicht wie bisher ein Konsul, der gleichzeitig Vertreter eines Hamburger Hauses sei, mit dessen Angelegenheiten das Haus sich noch in dieser Session zu be— schäftigen haben werde. Wer wisse, ob man nicht gerade da⸗ durch, daß Deutschland früher einen solchen unbezahlten Konsul in Apia gehabt habe, in die Situation gekommen sei, daß man noch eine solche Vorlage zu erwarten habe.
Nachdem die Abgg. Dr. Windthorst und Prinz Radziwill sich für die Ueherweisung des Titels an die Budgetkommission ausgesprochen hatten, beschloß das Haus demgemäß.
Kap. 6 Allgemeine Fonds 438 420 Sl Tit. 1— 4 wurden unverändert genehmigt.
Bei Kap. 6 Tit. 5: Zur Unterstützung deutscher Schulen im Auslande und anderer gemeinnütziger Zwecke im Auslande bestehender vaterländischer Unternehmungen 60 000 S, be— merkte der Abg. von Hölder, die Reichsregierung möchte den Schulen, welche die Kolonisten in Palästina angelegt hätten, ihre Unterstützung zuwenden. Diese Schulen hielten das Band mit dem Vaterlande aufrecht; sie seien deshalb durch⸗ aus wohlwollend und entgegenkommend zu beurtheilen. Die Kolonien litten unter dem Kriege sehr und seien nicht im Stande, aus eigenen Mitteln die Schulen aufrecht zu halten.
Der Bundeskommissar Geh. Legations⸗Rath von Bülow te möglichste Berücksichtigung zu, worauf der Titel bewilligt wurde.
Hiermit war der Etat des Auswärtigen Amts erledigt.
Es folgte der Etat des Reichsamts des Innern.
Fortdauernde Ausgaben, Kap. 7 (Reichsamt des Innern 536 310 MS) wurde ohne Debatte genehmigt.
Bei Kap. 7a (Ausgaben zu gemeinnützigen Zwecken 166 570 S) beantragte der Abg. Sonnemann, den Tit. 10 (Kosten der Herausgabe des „Deutschen Handelsarchivs“ 14 000 S6) der Budgetkommission zu überweisen, indem er darauf hinwies, zu erwägen, ob es nicht zulässig sei, die Her⸗ ausgabe des Werkes der Privatindustrie zu überlassen. Er halte die Herausgabe eines solchen offiziellen Blattes zwar für nothwendig, gebe aber zu, daß man darüber sehr verschiedener Ansicht sein könne. Jedenfalls könnte aber das „Centralblatt für das Deutsche Reich“ mit dem „Handelsarchiv“ verschmolzen werden, was auch beabsichtigt zu sein scheine, da die Kosten für das Centralblatt als künftig wegfallend aufgeführt wür⸗ den. Mit wenigen Ausnahmen enthalte es nichts, was nicht in das Handelsarchiv hineingehören würde, es mache nur doppelte Kosten und erschwerte dem, der sich über ih. delssachen informiren wolle, das Nachschlagen, weil derselbe zwei Blätter halten und nachsehen müsse. Außerdem müsse an dieser Stelle gesagt werden, daß fast alle Publikationen in derartigen offiziellen Blättern so außerordentlich spät er⸗ schienen, daß sie dadurch für das Publikum, für das sie be⸗ stimmt seien, fast werthlos würden. Das „Centralblatt“ bringe allmonatlich eine Zusammenstellung der Bankausweise, in der Regel ——3 Wochen später, als man sie sich aus dem „Reichs⸗ Anzeiger“ selbst herstellen könne. Dennoch erscheine das Blatt jede Woche, bringe aber die Sachen viel zu spät. Dasselbe gelte von den Goldankäufen der Reichsbank und verschiedenen anderen Dingen.
Der Bundeskommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. von Möller bemerkte, das deutsche Handels⸗Archiv sei kein neues Unternehmen, sondern die Fortsetzung des vor 30 Jahren be⸗ gonnenen preußischen Handels⸗Archivs, das Mittheilungen aus der den Handelsstand interessirenden auswärtigen Gesetzge⸗ bung und aus den Berichten der preußischen Konsulate geschöpftes statistisches Material enthalte. Seit 1867 seien aber die Lan⸗ deskonsulate in Reichskonsulate umgewandelt, und das Archiv habe sich immer mehr mit den Interessen des gesammten deutschen Handelsstandes befaßt. Wenn das Werk also im deutschen Interesse sortgesetzt werden solle, so sei es nur gerecht, daß auch das Reich die Kosten trage. Der Privatindustrie könne die Herausgabe nicht überlassen werden, weil man die amtlichen Berichte der Konsuln nicht ohne vorherige amtliche Revision Privaten zuc Publikation anvertrauen könne. Eine Verschmelzung des Archivs mit dem Centralblatt sei aber unmöglich, weil letzteres hauptsächlich inländische, das Archiv ausländische Verhältnisse ins Auge fasse, und das Centralblatt ein ganz allgemeines Publikationsorgan für die nicht in die . ge⸗ hörigen amtlichen Publikationen des Reiches sei, also auch allerlei Gegegenstände enthalte, die dem Handelsstande ganz fern lägen. Auch würde das Werk durch die Verschmelzung . unhandlich, da das Centralblatt alljährlich einen a . Band und das Archiv zwei starke Oktavbände aus⸗ mache.
Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, auch er halte die Ver⸗ schmelzung des Archivs mit dem Centralblatt für unzweck⸗ mäßig. Die statistischen Nachrichten des Centralblattes sollten lieber im „Reichs⸗Anzeiger“ erscheinen, dann würden sie auch
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rechtzeitig erscheinen. Das Handelsarchiv habe als spezifisch preußisches Organ keine Berechtigung mehr; es frage sich aber, ob man es überhaupt noch haben müsse. Dasselbe sei von sehr geringer Bedeutung und habe sehr wenig Abonnenten. Man habe viel zu viel derartige amtliche Blätter. Jedes Ressort suche sich ein solches zu schaffen. Das Publikum könne aber nicht alle bezahlen und perlustriren, daher sei eine größere Konzentration nöthig. Das Handelsarchiv möge vor 50 Jahren als Fachblatt von Werth gewesen sein; bei der heutigen Entwickelung der Presse sei es dies nicht mehr. Die Mittheilungen desselben sollten in dem täglich erscheinenden, also früher zugänglichen „Reichs⸗Anzeiger“, der einen Ueber⸗ schuß abwerfe und sogar Inserate aufnehme, erscheinen. .
Der Abg. Frhr. von Maltzahn-Gültz hielt die Ueberwei⸗ sung der Position als einer noch nicht geprüften an die Budgetkommission für nöthig.
Der Abg. Sonnemann bemerkte, das Centralblatt ent⸗ halte außerordentlich wenig Verordnungen, und zwar meistens solche, die eigentlich in den „Reichs⸗Anzeiger“ gehörten, näm⸗ lich Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet, einige Verbote auf Grund des Sozialistengesetzes und dergleichen Dinge, die doch mit den Zusammenstellungen über Bank⸗ und Münzwesen, Schiffahrt und Konsulate nichts zu thun hätten. Die statistischen Mittheilungen gehörten entweder in den „Reichs-Anzeiger“ oder in das Handelsarchiv, wenn dieses ein⸗ mal gegründet werden solle.
Der Abg. Dr. Windthorst glaubte ebenfalls, daß es am besten sei, die Budgetkommission mache dem Handelsarchiv ein Ende, weil dasselbe sehr wohl durch Privatunternehmungen ersetzt resp. sein amtlicher Theil in den „Staats-Anzeiger“ aufgenommen werden könnte. .
Der Bundeskommissar erklärte, wenn das Handelsarchiv je überflüssig wäre, so würde es sich nicht bis jetzt erhalten haben. Es habe nur wenig Abonnenten, darunter aber die Handels⸗ kammern, die großen Weith darauf legten, und es allen ihren Mitgliedern zur Disposition stellten. Es gebe Zusammen⸗ stellungen über die Resultate früherer Jahre, die man aus den täglichen Berichten des „Reichs-Anzeigers“ nur schwer an⸗ fertigen könnte. .
. . Position wurde darauf der Budgetkommission über⸗ wiesen.
Die Titel 11 und 12 (Kosten der Maßregeln gegen die Rinderpest 40 146 S6.) wurden ohne Debatte bewilligt.
Bei Titel 13 (Anderweitige Kosten aus Anlaß der Maß— regeln gegen die Reblauskrankheit 5000 S) konstatirte der Abg. Dr. Thilenius, daß die bisherigen Maßregeln gegen die Reblaus die Interessentenkreise durchaus noch nicht beruhigt hätten. Im vorigen Jahre schon sei um ein generelles Ver⸗ bot der Einfuhr sämmtlicher ausländischer Wurzelgewächse petitionirt. Ohne für jetzt weiter in die Sache eintreten zu wollen, frage er die Regierung, wie weit die Ausführung der Berner internationalen Konvention behufs Maßregeln gegen die Reblaus gediehen sei.
Der Bundeskommissar Geh. Regierungs⸗Rath Weymann erwiderte, die Ausführung der Berner Konvention sei bisher unmöglich gewesen, weil die Ratifikation der betheiligten Re⸗ gierungen nicht erfolgt sei. Dies sei jetzt geschehen, und ein Gesetz zur Ausführung der Konvention werde ausgearbeitet.
Nachdem auf eine Anfrage des Abg. Dr. Thilenius, ob dies Gesetz noch in dieser Session werde vorgelegt werden, der Bundeskommissar dies als ungewiß bezeichnet hatte, wurde der Titel bewilligt. .
Das Kap. Reichskommissariate 57 6900 S6 veranlaßte keine Debatte. Desgleichen wurden ohne Debatte bewilligt die Kap. Je. (Bundesamt für das Heimathwesen 29 700 ), 8 (Entscheidende Disziplinarbehörden 000 S), 9 (Behörden für die Untersuchung von Seeunfällen 39 0900 M6), 10 Sta⸗ tistisches Amt 548 110 M) und 11 (Normaleichungs⸗Kommis⸗ sion 78 000 (.
Bei Kap. 12 (Gesundheitsamt 128 040 ((c) werden in Titel J. (1 Direktor, 4 Mitglieder u. s. w. 33 300 6) 1950 MS für einen neuen Kanzlei⸗Sekretär „wegen der fort⸗ dauernden Zunahme der Dienstgeschäfte“ gegen das Vorjahr mehr gefordert. .
Der Abg. Dr. Mendel bestritt eine Zunahme der Dienst⸗ geschäfte des Gesundheitsamts und fragte, worin die Dienstgeschäfte eigentlich beständen; warum die außerordent⸗ lichen Mitglieder noch nicht berufen seien, und der amtliche Pestbericht vom vorigen Jahre noch nicht erschienen sei? England, Frankreich, Oesterreich, selbst Rumänien hätten ihre Pestberichte erhalten, nur Deutschland nicht; auch die Prü⸗ fungsordnung für Aerzte lasse lange auf sich warten. Das Nahrungsmittelgesetz habe im vorigen Jahre den Reichstag viel beschäftigt. Er sei der Ansicht gewesen, daß die Fälschung gar nicht so schlimm sei, wie sie dem Hause dargestellt sei. Daß er Recht gehabt habe, beweise die Probeentnahme des Polizei⸗Präsidium in Berlin: Im n 1880 seien 225 Pro⸗ ben entnommen, es habe sich 6 Mal Verfälschung gefunden, darunter 3 Mal Verfälschung von Cassia. Doch das Gesetz sollte erst seinen Inhalt, sagte man, durch die Ausführung des s. 5 bekommen, durch die Vorschriften, die durch Kaiserliche Verordnung erlassen werden sollten. Wo seien nun diese Vorschriften? Die Motive zum Nahrungzmittelgesetz sagten: man könnte diese Verordnungen dem Reichstage nicht üÜber⸗ lassen, weil es schnell gehen müßte, um den wechselnden Praktiken der Fälscherkunst mit der nöthigen Geschwindigkeit zu folgen. Nun, mit der Schnelligkeit scheine es nicht allzu⸗ weit her zu sein; es seien ? ah seitdem verflossen. Doch er wolle nicht behaupten, daß die Mitglieder des Reichs-Gesund⸗ heitsamts nicht diligentiam prästirt hätten, es scheine hier noch in andern Orten ein Hinderniß zu bestehen. Im vorigen Jahre habe er den Vertreter der Regierungen gefragt, wer die Motive und Statistik pu jener Novelle 6. die Gewerbeord⸗ nung gemacht habe, bel der es sich um Krankenhäuser han⸗ delte. Das Gefundheitsamt sei wohl nicht gefragt worden. Das Schweigen am Regierungstisch habe ihm die Richtigkeit seiner Voraussetzung gezeigt. Es scheine alse gerade in medizinischen Dingen das Gesundheitsamt nicht ge⸗ fragt worden zu sein. Auch fehle dem Gesundheitsamt eine
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Geschäftsordnung, ein Arbeitsprogramm; deshalb könne es