— 4. März. (W. T. B.) Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz Rudolf von Oesterreich hat heute Abend 7 Uhr die Weiterreise nach Brüssel angetreten. Se. Majestät der König giebt Demselben bis Retzbach (bei Würzburg) das Geleit und kehrt morgen früh 9 Uhr hierher zurück.
Augsburg, 5. März. (W. T. B.) Der „Allge⸗ meinen Zeitung“ wird aus München von gestern ge⸗ meldet: Der Minister von Pfretzschner, welcher sich schon seit Monaten leidend fühlt, hat in Anbetracht seiner an⸗ gegriffenen Gesundheit um die Enthebung von seinem Posten als Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern gebeten. Se. Majestät der König haben geruht, das Enthebungsgesuch zu genehmigen und an den Minister von Pfretzschner nach⸗ stehendes Allerhöchstes Handschreiben zu richten:
„Mein lieber Minister v. Pfretzschner! Die Darlegung Ihres Gesundheitszustandes, mit welcher Sie das Gesuch um Enthebung von der Führung des Ministeriums des Königlichen Hauses und des Aeußern verbinden, hat Mich auf das Schmerzlichste berührt. Mehr als fünfzehn Jahre mit der Leitung von Ministerlen betraut, und über sieben Jahre an die Spitze Meiner gesammten Staatsverwal⸗ tung gesetzt, wußten Sie Sich immer im Besitze Meines vollen Vertrauens; dasselbe begleitet Sie auch in Zukunft. Nur die Rück⸗ sichtnahme auf Ihre in treuen, langbewährten, hervorragenden, auegezeichneten Diensten geschwächte Gesundheit kann Mich zu der Entschließung vermögen, Ihrer Bitte, die Ich so lebhaft be⸗ dauere, gleichwohl Folge zu geben. Sie scheiden aus Meinem Mi—⸗ nisterium mit dem Bewußtsein Meiner wärmsten Königlichen Anerkennung. Ich gebe derselben Ausdruck, indem Ich Sie hiermit in den Freiherrnstand Meines Königsreichs erhebe und Ihnen unter Einreihung in die Zahl der Staatsräthe im außerordentlichen Dienste den Titel und den Rang eines Königlichen Staats⸗Ministers vor⸗ behalte. Mit den huldvollsten Gesinnungen verbleibe Ich Ihr wohlgewogener König
Ludwig.“
Sachsen. Dresden, 4. März. (Dr. J.) In den heuti⸗ gen Sitzungen beider Kammern wurde ein Königliches Dekret vorgelesen, durch welches der Schluß der Sitzungen in beiden Kammern nunmehr auf Dienstag, den 9. März, fest⸗ gesetzt wird. Beide Kammern nahmen den Vortrag ihrer Gesetzgebungsdeputation entgegen über das Resultat des Ver⸗ einigungsverfahrens bezüglich des Gesetzentwurfs, betreffend die gewerblichen Schulen. Hiernach wird der Entwurf in der Fassung der Zweiten Kammer angenommen mit einer mehr
redaktionellen und der materiellen Aenderung, daß die Auf— sichtsbehörde der gewerblichen Schulen in Ortschaften, in welchen die revidirte Städteordnung nicht gilt, die Amts⸗ hauptmannschaften ohne die von der Zweiten Kammer ur— sprünglich in Aussicht genommene Mitwirkung der Bezirks⸗ ausschüsse sind. Beide Kammern erklärten sich mit diesem Vereinigungsvorschlage einverstanden. Außerdem genehmigte die Erste Kammer die Kap. 19—21 des Etats der Ueber⸗ schüsse, Steuern und Abgaben in Uebereinstimmung mit den von der Zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen und wählte zu Mitgliedern des Staatsgerichtshofes die Herren Staats— Minister a. D. Frhrn. von Friesen, Justiz-Rath Strödel und Finanzprokurator Hofrath Beschorner, zu Stellvertretern die Herren Hofrath Advokat von Könneritz in Dresden und Hof⸗ rath Weber in Bautzen.
Die Zweite Kammer genehmigte die von der Ersten Kammer beschlossene Abänderung der Novelle zum Erbschafts⸗ steuergesetze und beschloß, bei den von ihr bezüglich des König⸗ lichen Dekrets, die Erbauung mehrerer Sekundäreisenbahnen betreffend, gefaßten Beschlüssen allenthalben stehen zu bleiben. Bei diesem Gegenstande nahm der Abg. Roth Veranlassung, die Regierung darüber zu interpelliren, wie sie sich gegenüber etwaigen Gesuchen um Konzessionirung von Privatbahnen ver— halten würde. Der Staats⸗Minister Freiherr von Könneritz erwiderte, daß die Regierung Bedenlen tragen werde, Bahnen zu konzessioniren, welche den Zweck verfolgten, den Verkehr von den Staatsbahnen abzulenken, daß aber kein Be⸗ denken obwalten würde gegen die Konzessionirung von Eisen— bahnen, welche nur dem Lokalverkehr dienen und von der Hauptbahn entfernte Orte mit der Hauptbahn verbinden sollten, namentlich wenn der Bau von den betreffenden Ge⸗ meinden und Interessenten selbst ausgehe und dadurch eine Sicherheit dafür gegeben werde, daß die Bahn wirklich in Be— trieb erhalten werde.
HGessen. Darmstadt, 2. März. Die zweite ordentliche Synode der evangelischen Landeskirche wurde heute eröffnet. Der Synodale Eigenbrodt ward zum ersten, der Synodale Köhler zum zweiten Präsidenten erwählt. Aus der Eröffnungsrede geht hervor, daß die finanzielle Lage der Kirche keine Steuererhöhung nothwendig mache.
Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, 3. März. (Els.⸗ Lothr. Ztg.) Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung des Landesausschusses stand als erster Gegenstand die zweite Lesung des Gerichtskostengesetzes. Das Gesetz wurde in der Fassung, wie sie die Kommission auf Grundlage des Re— gierungsentwurfes festgestellt hatte, angenommen. Von der Kommission wurde nachträglich zu 3. 22; „Für das in einer gerichtlichen Entscheidung festgestellte Rechtsverhältniß wird eine Registrirungsgebühr (Titelgebühr) nur insoweit erhoben, als der Betrag dieser Gebühr denjenigen der Gerichts— gebühren der Instanz übersteigt. Das Mahnverfahren gilt im Sinne des Absatzes J. als Eine Instanz“ — der Zusatz— antrag gestellt und von der Versammlung angenommen: „Un— berührt bleiben die Gebühren von Verträgen, welche innerhalb einer bestimmten Frist der Registrirung unterworfen sind.“ Eine längere Debatte entspann sich über die von der Kom⸗ mission im Anschluß an das eben durchberathene Gesetz bean— tragte Resolution: „Der Landesausschuß wolle beschließen, an die Regierung das Gesuch zu stellen, die geeigneten Schritte zu einer möglichst baldigen Herabsetzung der Gerichtskosten zu thun.“ Der Unter ⸗Staatssekretär von Puttkamer bemerkte, daß diese Frage noch nicht spruchreif sei, denn, da die neuen Justizgesetze erst seit fünf Monaten in Kraft seien, könne man über die e, . des Gerichtskostentarifs noch kein ab⸗ schließendes Urtheil aussprechen. Diese Tarife seien aller⸗ dings hoch, aber für Prozesse, deren Objekte größeren Werth hätten, sei eher eine Verminderung der Gebühren eingetreten. Uebrigens habe schon bei der Berathung der neuen Gesetze der Reichstag unter Zustimmung der verbündeten Regierungen beschlossen, daß nach vier oder * Jahren eine Revision der Tarife vorgenommen werden solle. Die Reichsregierung sei mit den hierfür erforderlichen Erhebungen schon jetzt beschäf⸗ tigt. Wenn der Landesausschuß sein Votum in dieser Sache erst etwa in der nächsten Session abgebe, werde seine Stimme viel gewichtiger in die Wagschaale en als jetzt, wo noch
heit angenommen. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung, dritte Lesung des Gesetzes über die Gewerberichte, wurde ohne Debatte dahin erledigt, daß das Gesetz nach den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen und nur zu §. 20 ein Amendement hin gefügt wurde, des Inhaltes, daß über Ab⸗ lehnung von Richtern das Gewerbegericht selbst entscheide.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 3. März. Das Abgeord⸗ netenhaus hat bereits alle Reichsrathswahlen verifizirt bis auf jene aus dem oberösterreichischen Großgrundbesitze. Bei der Verhandlung über letztere im Legitimationsausschusse wurde, wie die „Pr.“ meldet, der Antrag gestellt, den Be— sitzern landtäflicher Häuser in Linz das Wahlrecht für den Großgrundbesitz abzuerkennen und demgemäß die Wahlen der drei Abgeordneten aus dem oberöster⸗ reichischen i , für ungültig zu erklären. Die Rechte, von welcher dieser Antrag ausgeht, will überdies auch die Reichsraths⸗Wahlordnung durch die Aufnahme einer in der böhmischen Landtags-Wahlordnung enthaltenen Bestimmung abändern, derzufolge von der für den einzelnen Großgrundbesitzer erforderlichen Steuerschuldigkeit vier Fünftel wirkliche Grundsteuer sein müsse. — Wie das genannte Blatt weiter berichtet, soll anläßlich der Anwesenheit des Kardinals Fürstenberg in Rom die schon seit mehreren Jahren in Schwebe befindliche Frage der Besetzung der Slmützer Domherrenstellen zur Erledigung kommen. Kardinal Fürstenberg beabsichtigt angeblich zwei Adelige und einen Nichtadeligen als Kandidaten für drei von den erledigten Domherrenstellen vorzuschlagen. Das QAmützer Domkapitel will also von der Forderung, daß zu Mitgliedern desselben nur Adelige ernannt werden dürfen, abstehen.
= 4. März. (W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“ ver⸗ öffentlicht in einer Meldung aus Konstantinopel authen⸗ tische Details über die vom Sultan genehmigte türkisch⸗ montenegrinische Grenzlinie, welche dem italienischen Gesandten, Grasen Corti, vorgestern von der Pforte offiziell mitgetheilt worden ist. — Die Bestattung des an seiner Verwundung gestorbenen russischen Obersten Comaroff soll auf Anordnung des Sultans in feierlichster Weise und unter Erweisung aller militärischen Ehren erfolgen.
Pest, 3. März. Der Justizausschuß des Abgeordneten hauses wird in seiner heutigen Sitzung über den Antrag Darday's auf Abänderung des Preßgesetzes und Ein⸗ schränkung der Kompetenz der Geschworenengerichte verhandeln. Minister Pauler hat, wie die „Pr.“ zu be⸗ richten weiß, bereits die prinzipielle Zustimmung zu diesem Antrage gegehen, und nach den Aeußerungen, welche Minister⸗ Präsident Tisza diesbezüglich im Abgeordnetenhause ge— macht, werde die gesammte Regierung diesem Antrage zu⸗ stimmen. Sie beabsichtige jedoch, die Angelegenheit in der Form eines besonderen Gesetzentwurfes dem Parlament vor— zulegen. Der Minister⸗Präsident Tisza werde an der Aus⸗ schußsitzung theilnehmen. — Im Szörenyer Komitat ist man neuen Unterschleifen auf der Spur; man fand Nach⸗ schlüssel zur Komitatskasse, worüber der Kassenkontrolor Mel⸗ dung erstattete. — Der Wasserstand der Donau in Pest beträgt 5,0; der Quairand ist überschwemmt; des Nachts steckte das Eis, jetzt rinnt es wieder ab; Gefahr ist keine vorhanden.
Großbritannien und Irland. London, 4. März. (W. T. B.) Im Oberhause zeigte Lord Stratheden heute an, daß er am nächsten Montag die Aufmerk— amkeit des Hauses auf die seit dem Herbste 1874 beobachtete Orientpolitik lenken, eine Adresse bean— tragen und die Vorlegung des am 19. Januar i878 von Schir Ali an den Sultan gerichteten Briefes nachsuchen werde. — Das Haus nahm nach dreistündiger Debatte die Regie⸗ rungsvorlagen über die Abänderung der Bodengesetze, durch welche die Vollmachten der Eigenthümer von Fidei⸗ kommißgütern erweitert werden und die Uebertragung des Eigenthums an Grundstücken vereinfacht wird, in zweiter Lesung ohne Abstimmung an. Die meisten Redner hatten sich für die Vorlagen ausgesprochen. Sodann wurde die / für Irland in der Spezialdebatte erledigt.
Im Unterhause äußerte der Schatzkanzler Northeote, daß, wie er hoffe, des Osterfestes wegen vom 25. März bis zum 5. April Ferien eintreten würden.
Frankreich. Paris, 4. März. (W. T. B.) Der Conseils⸗Präsident de Freycinet beauftragte, sobald er von dem Attentate gegen den Grafen Loris-Melikoff erfuhr, den diesseitigen Botschafter Chanzy in St. Petersburg, den Grafen zu seiner Errettung zu beglückwünschen.
Im Senat bekämpfte heute bei Berathung des Ar⸗ tikels 7 des Ferry'schen Gesetzentwurfs über den höheren Unterricht Béranger (vom linken Centrum) den Artikel auf, das Entschiedenste und forderte die Republikaner auf, nicht einen 6 zu betreten, der zum Despotismus führe. Buffet sprach sich gleichfalls gegen den Artikel aus und rühinte den von den Jesuiten ertheilten Unterricht. Dem Vernehmen nach wird bei der morgen stattfindenden Fortsetzung der Be⸗ rathung Ferry das Wort nehmen und Dufaure demselben repliziren. Die Abstimmung über den Artikel erfolgt voraus⸗ sichtlich erst am Sonnabend.
Die Deputirtenkammer beschloß zu der Zolltarif⸗ Vorlage die Dringlichkeit und begann die Berathung der einzelnen Artikel.
Italien. Rom, 4. März. (W. T. B.) Bei dem deutschen Botschafter Herrn von Keudell fand zur Feier des Gottharddurchstiches ein Diner statt, welchem einige Minister und andere hervorragende Persönlich⸗ keiten beiwohnten. Der Botschafter und der Minister⸗-Prä⸗ sident Cairoli brachten Toaste auf das große Werk aus und tranken auf das Wohl Sr. Majestät des Königs Humbert sowie Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm.
Die Deputirten kammer wird am Montag die Be⸗ rathung des Entwurfs Morelli's über die Ehescheidung be— ginnen.
Türkei. Konstantinopel, 5. März. (W. T. B.) Nach der vom Sultan genehmigten türkisch-montene⸗ grinischen Grenzlinie würde die östliche Hälfte der Ebene von Podgoritza bis nach Poula, am See von Skutari, bei der Türkei verbleiben.
— 5. März. Nach einer hier vorliegenden Meldung aus
Dr. Marullis, griechischer Nationalität, aber angeblich natu⸗ ralisirter Deutscher. Die Briganten verlangen als Lösegeld die Lieferung von Kleidungsstücken im Werthe von 160 Pfd., widrigenfalls die Tödtung des Gefangenen erfolgen würde. Die Pforte hat die erforderlichen Maßregeln zur Sicherung des Bedrohten ergriffen.
Serbien. Belgrad, 3. März. Der serbische Unter⸗ händler Maries ist heute nach Wien abgereist. — Der Fürst hat, wie man der W. „Pr.“ meldet, mittels Ukas ein Hof⸗ marschallamt kreirt und zum Chef. desselben General Proties ernannt. Zu gleicher Zeit bekleidet dessen Gemahlin die Stelle einer ersten Palastdame.
Amerika. en, 4. März. (W. T. B.) Die von der republikanischen Legislatur des Staates Maine für die Konvention in Ehicago gewählten De⸗ legirten haben die Anweisung erhalten, für Blaine als Kandidaten für den Präsidentschaftsposten zu stimmen.
Südamerika. (Allg. Corr.) Nach Berichten aus Buenos Aires vom 8. v. M. organisiren die Chilenen eine Expe⸗ dition, um auf Lima zu marschiren. Don Nicholas Pierola, der Diktator von Peru, bewaffnet dem Vernehmen nach die Bevölkerung, um sie in den Stand zu setzen, bis zum Aeußer⸗ sten Widerstand zu leisten. Die jüngste Meldung von einem Bruche zwischen Peru und Bolivia ist dementirt worden. Nachdem die Venezuelanische Regierung die Nach⸗ richt von dem Ausbruche einer neuen Revolution im Distrikt Orinoco erhalten, sind die Behörden in Laguayra ange⸗ wiesen worden, den Passagierverkehr zwischen diesem Hafen, Ciudad Bolivar und Trinidad zu sistiren. In Trinidad hatte die revolutionäre Partei sich zweier Dampfer der Route nach Ciudad Bolivar bemächtigt und benutzte sie für den Truppen⸗ transport.
Aus dam Wolffschen Telegraphen-Bureau.
Augsburg, Freitag, 5. März. Nach einer weiteren Mittheilung der „Allg. Zeitung“ wird der Vorsitz im Minister⸗ rathe dem Kultus⸗Minister von Lutz übertragen. Der Lega⸗ tionsrath Freiherr Krafft von Crailsheim ist zum Minister des Königlichen Hauses und des Auswärtigen ernannt.
St. Petersburg, Freitag, 5. März. Heute um 11 Uhr fand auf dem Semenomschen Platze die Hinrichtung des Verbrechers, welcher auf den General Loris⸗Melikoff ge⸗ schossen hat, mittelst Stranges statt. Der Platz war von einer
roßen Menschenmenge besetzt, der Richtplatz von Militär um— tellt; die Ruhe wurde nirgends gestört.
Nr. 11 des Amtsblatts der Deutschen Reichs -⸗Po st⸗ und Telegraphenverwaltung hat solgenden Inhalt: fügungen: vom 28 Februar 1880. Anmahmung zur Vorsicht beim Verschließen der Postwagen⸗ Laderäume; — Postverbindung mit Australien.
Ver⸗
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 22. Februar bis inkl. 28. Februar er. zur Anmeldung ge⸗ kommen: 183 Eheschließungen, 919 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene, 597 Sterbefälle.
— Dem uns zugesandten 96. Jahresbericht der Deut schen Gesellschaft der Stadt New⸗York für das Jahr 1879 entnehmen wir Folgendes: Im Jahre 1879 betrugen die Geschenke 2464,41 Dollar, die Beiträge von Mitgliedern 9220 Dollar und die Zinsen der Hypotheken und Aktien 4503,6 Dollar. Das Kapitalvermögen der deutschen Gesell⸗ schaft, welches aus Grundbesitz, Hypotheken und Aktien besteht, betrug Ende Dezember 1879 68 606 Doll. (Die Gesellschaft be⸗ steht aus 760 Mitgliedern,. Die Armenpflege steht unter der Verwaltung des WohlthätigkeitsAusschusses, und um⸗— faßt: I) die direkten Geldunterstützungen;z 2) die Kran⸗ kenpflege; 3) das Arbeits⸗Bureau in Castle Garden. I) Im Jahre 1579 wurden in 2807 Fällen 6455,50 Doll. an Geld⸗ unterstützungen gezahlt. Während seit der verhängnißvollen Krisis im Jahre 1873 die jäbrliche Ausgabe an Geldunterstützungen von 000 Doll. auf 13 000 Doll, im Jahre 1874, auf 12 634 Doll. im Jahre 1875, auf 12982 Doll. im Jahre 1876 und auf 13279 Doll. im Jahre 1877 stieg, fiel dieselbe bereits im Jahre 1878 bei den ersten Anzeichen der Besserung der geschäftlichen Verhältnisse auf. 7000 Doll., und ist im Jahre 1879 eine weitere Abnahme auf 6455 Doll. zu konstatiren. 2) In Krankenpflege verblieben am 31. Dezember 1878 in Behandlung 50 Kranke; dazu kamen im Jahre 1879 1036 Kranke, zusammen wurden behandelt 1086 Kranke. Von diesen wurden g47 als geheilt entlassen, 21 aufge⸗ geben, weil sie nicht die Vorschriften des Arztes befolgten, 48 starben, 30 fanden in verschiedenen Hospitälern Aufnahme, und blieben am Schluß des Jahres 1879 40 Krante in Behandlung. 3) Das Ar beits⸗Bureau in Castle Garden rermittelte im Jahre 1879 für 16533 Einwanderern (gegen 10568 im Jahre 1878) Beschäftigung, nämlich für 11014 Männer und 5519 Frauenspersonen. (Hier- unter waren 61 Familien, 143 Personen umfassend). Die Manner bestanden aus 1329 professionellen Handwerkern, g685 landwirthschaft⸗ lichen oder sonstigen Arbeitern, von welchen letzteren 334 in Berg⸗ werken verwendet wurden und Tagelöhnern. Die Frauenspersonen wurden mit wenigen Ausnahmen als Dienstmädchen veriniethet.
Die Resultate des Bankgeschäfts waren im Jahre 1879: Es wurden 98 Passagen nach Europa und 187 Passagen von Europa vermittelt; 317 von Europa auf die Gesellschaft gezogene Anweisungen eingelöst, 454 Wechsel auf Europa ausgestellt und 2219 Geldauszahlungen in Europa, sowie Einkassirungen, Notariats⸗ geschäfte, Umwechselung von fremden Geldsorten, Packetbeförderungen u. s. w. besorgt. Der Gesammtoerdienst im Bankgeschäfte betrug während des Jahres 1879 6521,B7? Dollars; davon gingen ab für Miethe, Salaire, Anzeigen, Bureau⸗ und Druckkosten, Briefporto u. s. w. 5521,72 Dollar, so daß der Reingewinn für das Jahr 1879 1000 Dollar betrug.
Im Jahre 1879 betrug die Zahl der in New⸗Jork angekomme⸗ nen Einwanderer zusammen 135 070 Passagiere (davon waren aus Deutschland 2868 Kajütenpassagiere, 30 706 Zwischendeck⸗ passagiere) Die Totaleinwanderung betrug im Jahre 1879 212 626 Personen (davon 71 280 Deutsche)h; 1871 227 3659 Pers. (davon 83 609 Deutsche); 1872 292 4066 Pers. (davon 128030 Deutsche; 1873 240 516 Pers. (davon 101 900 Deutsche); 1874 140 041 Pers. (davon 40 302 Deutsche); 1875 84 560 Pers. (davon 265 559 Deutsche); 1576 68 264 Pers. (davon 21 035 Deutsche); 1577 54 55 „ Pers. (davon 15 763 Veutscheh; 1858 75347 . (davon 23 051 Deutsche); 1879 135 070 (wovon 33 574
eutsche) Es sind also im Ganzen vom Jahre 1870 —1879 inkl. 546 093 Deutsche in New-⸗Jork eingewandert. Die deutschen Ein⸗ wanderer kamen aus folgenden Ländern: Aus Baden 26540, Bayern 3302, Braunschweig 55, Bremen 29, Elsaß 1008, Hessen⸗Darmstadt 1092, Lippe Detmold 34, Lothringen 184, Mecklenburg 458, Olden⸗
Niemand über das auch zu dieser Materie gehörige eben durch— berathene Gerichtskostengesetz eine erh. Erfahrung ge⸗
macht habe. Die Resolution wurde mit überwiegender Mehr⸗
Salonichi hat daselbst eine abermalige Verschleppung durch Briganten stattgefunden. Der Betroffene ist ein
burg 170, Preußen 20 994, Sachsen 1198, Waldeck 9, Württemberg 236). Die deutschen Einwanderer kamen: aus Bremen
in 55 Schiffen (12043 Pers), aus Hamburz in 52 Schiffen (19 365 Pers.). Die übrigen Einwanderer vertheilten sich auf die Häfen Liverpool, Rotterdam, Antwerpen, Havre, Glat— gow, London und Bristol. Die Gesammt ahl, der Einwanderer, welche im Jahre 1379 in den Anstalten der Einwanderungskom⸗ missäre auf Wards Island verpflegt und ärztlich behandelt wur⸗ den, betrug 3753, von denen 2468 Kranke im Hospital, 164 Irre im Asylum und 1121 Personen im i n mf Aufnahme fanden. Die durchschnittliche Zahl der nsassen dieser Anstalten belief sich täglich auf 437, und die Anzahl der Verpflegungstage, welche dieselben in den Anstalten während des vergangenen Jahres zu⸗ brachten, betruz durchschnittlich 1595. Die arbeitsfähigen Jnsassen des Zufluchtshauses, unter denen wieder viele deutsche junge Männer waren, wurden im Interesse der Anstalt auf der Farm, an den We⸗ gen u. s. w. in geeigneter Weise beschäftigt; die Frauen hauptsäch⸗ lich beim Nähen der Hospitalwäsche. Die Schule der Anstalt wurde durchschnittlich von 760 Kindern besucht und erwies sich als von
großem Nutzen. Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Zum 10. März erschien im Verlage von C. Bertelk mann in Gütersloh in 2. Auflage der vom gegenwärtigen Hirektor des dor⸗ tigen Gymnasiums zum Gedächtniß des hundertjährigen Geburts⸗ tages der Königin Luise in griechischen Hexametern gedichtete , ho⸗ merische Hymnus“: Did Gynaikon, und zwar jetzt zugleich im deutschen Kleide“:: Die Hehre der Frauen, mit nebenstehender Üebertragung in deutschen Hexametern. (25 S. gr. 8.) „Es war die Liebe zu unferes Volkes liebster Königin, die den Hymnus hat ent⸗ stehen lassen; es ist die Liebe, die ihn jetzt erneuert, dieselbe Liebe, bie ihr auch am heutigen Tage in der Hauptstadt uaseres Vater⸗ landes ein Denkmal setzt. (Aus dem Vorwort.) .
— Die Kirche im apostolischen Zeitalter und die Entstehnng der neutestamentlichen Schriften, dargestellt von Heinrich W. J. Thiersch, dritte verbesserte Auflage, Verlag von Richard Preyst in Augsburg (1879). — Der Verfasser hatte sich bei Herausgabe seines Werkes im Jahre 1852 der einseitigen KLritit gegenüber die Aufgabe gestellt, nachzuweisen, daß die alte Kirche kein literarisches Treibhaus war, kein Klub von streitenden Sophisten, kein Spielplatz der indioiduellen Willkür, sondern ihrem Wesen nach eine göttliche Stiftung, ein von Gott gestalteter Bau, ein Organismus, in dem sich lauter göttliche Gedanken aus prägen.“ In der jetzt erschlenenen dritten Auflage nimmt Thiersch ben' neuen, inzwischen aufgetretenen und immer lauter gewordenen Gegnern gegenüber die Vertheidigung der heiligen Schriften des neuen Bandes, ihrer Echtheit und Glaubwürdigkeit wieder auf. Er beklagt in der Vorrede, daß die böse Saat. der Bibelver⸗ dächtigung, welche besonders von Baur und der kritischen (Tübinger) Schuke ausgestreut sei, allzukräftig gewuchert und die Vorurtheile
egen das göttliche Wort in die tieferen Schichten des Vel U dringen lassen, wodurch, geistige Verödung und Ver⸗ verbreitet worden sei; hiergegen noch ig. der letzten Stunde des Niedergangs ein Zeugniß für die Wahrheit der heillgen Urkunden abzulegen, sei Pflicht. Unter den neueren Gegnern hebt er besonders Renan (origine du Chri-tianisme) her⸗ vor; er erkennt dessen profan⸗geschichtliche, archä-ologische, geogra⸗ phische und ethnographische Leistungen an erachtet aber dessen Ge⸗ schichte Christi und Seiner Gemeinde doch nur für einen Roman mit so muthwilligen Hypothesen, daß man mit Befremden fragen müsse, ob denn Renan überhaupt ein komme ssrieux sei. Ewalds (Geschichte des Volkes Israel 6 u. 7. Band u. g.) Leistungen für das Studium der heil. Schrift würdigt Thiersch als außerordentliche; es macht ihm aber einen wehmüthigen Eindruck, daß selbst ein so edler Geist sich von einigen vorgefaßten Meinungen nicht habe frei⸗ machen können, die in der Theologie seiner Jugendzeit vorherrschten. Thiersch versichert, daß er bei dem Durchdenken und Prüfen seines Werkes die erfreuliche Wahrnehmung gemacht habe, wie ihm die Ueberzeugung von der Echtheit der neutestamentlichen Schriften, die er vor 34 Jahren in seinem jugendlichen Versuch (zur Herstellung des historischen Standpunktes für die Kritik der neutestament⸗ lichen Schriften, Erlangen 18456) nachgewiesen habe, durch alled seitdem Vernommene, Durchforschte und Erlebte bestätigt worden sei, so daß er in der Hauptsache an seinem Werke nichts zu ändern gefunden habe. Thiersch erörterte in der Einleitung des Letzteren zunächst die geschichtliche Stellung des Ehristenthums zum Heidenthum und Judenthum. Die Finsterniß des Heidenthums ist shm nicht das Ursprüngliche, aus welchem sich das jüdische Volk zum Monotheit mus emporgearbeitet habe, das Heidenthum sei vielmehr der allmähliche Abfall von Gott gewesen und das Judenthum die Rück kehr zum ursprünglichen, der Menschheit gemeinsamen Monotheit mus. Die Geschich e des apostolischen Zeitalters wird dann auf Grund der neu · festamentlichen Schriften in drei Abschnitten geschildert;: die Grün⸗ dung der Kirche unter den Juden durch Petrus, die Gründung der Kirche unter den Heiden durch Paulus und, nach dem Tode dieser beiden Apostel, die Leitung der Kirche durch Johannes. Durch den jn Anmerkungen erfolgenden Hinweis auf die neutestamentlichen Quellen der Geschichte eignet sich das Werk ebensowohl zum theolo⸗ gischen . 6 durch feine faßliche Darstellung zur Beleh— rung jedes gebildeten Lesers. . .
6. due , . von L. Voß u. Cie., Königlichen Hofbuchdruckern in Düsseldorf, ist erschienen: „Zur. Ge schich te der Du ssel⸗ dorfer Kunstakademie, Abriß ihres letzten Jahrzehnts und Denkschrift zur ECiaweihung des Neubaus“, von Karl Woermann. Der Verfasser unterscheidet drei Sauptepochen, deren erste in der kurpfälzischen Zeit mit ihrer Gründung durch, den Kurfürsten Karl Theodor im Jahre 1767, deren zweite bereits in preußischer Zeit mit der auf Itiebuhrs Rath erfolgten Berufung des großen Peter Cornelius zu ihrer Reorganisation, und deren dritte entweder mit der Einweihung des neuen Gebäudes im Jahre 1879 oder schon mit dem Brande im Jahre 1872 beginnt. Die Schrift beschränkt sich auf eine Skizzirung der beiden ersten Epochen. legt dafůr die Ge⸗ schichte des Reubaus, dessen Einweihungsfeier sie gewirmet ist, in ihren Hauptmomenten dar und schildert den Bau in allen Theilen. In einem zweiten Abschnitt wird die Feier selbst (am 20 Oktober 1879 abgehalten) eingehend beschrieben, Die Schrift dürfte besonders 36. n,, des schönen Festes eine an—
enehme Erinnerung bieten.
; kö ö der Zeitschrift „Die Litergtur“, Monatshefte für Dichtkunst und Kritik (Berlin, Verlag von Thegdor Hofmann, Preis pro Heft 1 M 50 , vierteljährlich 4 ) eröffnet den „Allgemeinen Theil! mit einer Novellette „Junge Liebe“ von Victor Blürhgen, einem kleinen Meister stück i,, Er ˖ zählungskunst und jeinsinniger Beobachtungẽgabe. Wilhelm Jensen folgt mit einem Cyclus von Gedichten „Auf der Frohburg“, die durch Formschönheit, Pracht der Farbengebung, sgwie Tiefe der Empfindung den besten Erzeugnissen des Autort sich würdig zur Seite stellen. Einen wirksamen Gegensatz hierzu bieten Hermann Jahnke's „Twee Läuschen“ in ihrer drastischen, originellen Komik. Vincenz Chiavacci giebt ein scharf umrissenes Bild von dem Leben und Schaffen des verstorbenen Ferdinand Kürnberger. Daran schließen sich zahlreiche kleinere poetische Gaben an. — Interesse dürfte der Aufsatz „Georg Ebers und sein neuester Roman“ von Kritikus erregen, der in scharfer und schneidiger, doch streng sachlicher Weise nicht nur das Eberssche Werk, sondern die ganze Richtung, welche dasselbe repräsentirt, vom ästhetischen und dichterischen Standpunkte aus ver- urtheilt. Selbst die Gegner dieser Kritik werden nicht umhin können, die Logik, die Originalität desselben anzuerkennen. Den Beschluß des „Allgemeinen Theils⸗ bildet eine Novelle ‚ Marianne“ voa Emil Taubert, die durch ihr glänzendes Kolorit, durch die spannende Ent—⸗ wicklung und Behandlung der eigenartigen Fabel den zahlreichen Freunden des beliebten Autors gewiß eine hochwillkemmene Gabe sein wird. — Die „Rundschau' bringt in erster Reihe eingehende und fesselnde Theaterberichte aus Berlin, Wien, München, Prag, Mannheim, sowie interessante , . Der Inhalt der Rundschau“ wird vollendet durch die Rubrik „Aus dem Redaktions
finsterung
beschlossen.
pro Aktie fest.
des Aktienkapitals mit enthalten ist.
Gewerbe und Gandel.
In der Generalversammlung der zu Zittau am 3. d. M. wurde die Bilanz genehmigt, der Verwal⸗ tung Decharge ertheilt und die Auszahlung einer Dividende von 450)so
Oberlausitzer Bank
— Der Verwaltungerath der Deutschen Feuer versiche⸗ rungs⸗Aktiengesellschaft setzte die Dividende für das Ge⸗ schäftssahr 1879 nach Dotirung der Reserven auf 89 aa — 50 4
— Nach dem Geschäftsbericht der Allgemeinen Deutschen Kredit ⸗Anstalt betrug der Gesammtumsatz des Instituts in 189 ca. 1529 Millionen Mark (im Vorjahre 1443 Millionen Mark). Der reichliche Geldstand hat in dem verflossenen Jahre die Erträg⸗ nisse des Diskonto⸗! und Konto⸗Korrentgeschäfts geschmälert; dieser Entgang aber hat reichlichen Ersatz gefunden durch die Gestaltung des Effektenmarktés. Die Anstalt hat infolge des letzten Umstandes aus ihren Effekten einen hohen Gewinn gezogen, welcher in den Er⸗ trägnissen des Effektenkontos von nahezu 2 125 000 M oder etwa Jo /o Der Bruttogewinn stellt sich im
Jahre 1879 auf 4525431416 und setzt sich aus folgenden Beträgen zu sammen: Zinsen und Gewinn auf Wechselkonto 568 204 M, Zinsen und Gewinn auf Effekten konto 21124 894 „, Pfandzinsen 212141 6, Zinsenüberschuß auf Pfandbriefdarlehen gegen Hypotheken 58 086 M, Zinfen im Kontokorrent 657 201 M6, Gewinn auf Provisionskonto 158 160 16, Agio⸗Gewinn 24 162 , Miethzinsen 70 193 , verfallene Divldendenschelne 330 6, Ertrag der Filialen und Kommandithethei⸗ ligungen 2233 111 6. Debet: Zinsen auf Darlehnsbriefe 218 899 , Abgaben und Staatsaussicht 143 218 1M, Besoldungen und Remune⸗ rationen 173 359 S, Handlung iunkosten 59 739 „M, zweifelhafte De⸗ bitoren und Abschreibungen 444 568 MS, Abschreibung auf Immobilien konto 151 290 Ya, Abschreibung auf Mobiliarkonto 9479 „M, Rein⸗ gewinn 3 324270 4A, welcher nach dem Vorschlage des Verwaltungs ⸗ raths wie folgt verwendet werden soll; Ordentliche Dividende, 45/0 auf 100 000 Äktien à 300 ½ — 1200000 ; von dem verbleibenden Reste von 2124279 S sollen nach Abzug des Uebertrages vom vorigen Rechnungsjahre an 28 944 „S, mithin von 2095 326 6 50o als Tantime an den Verwaltungtsrath 104 766 S, 10/0 als Tantisme an die Direktion, Gratifikationen an die Beamten, sowie als Beitrag zum Pensions fonds 209 53206, S50/o unter angemessener Abrundung als Superdividende an die Aktionäre mit 60/9 pro Aktie A 300 . . . ,. werden, so daß also für nächstes Jahr 9971 M vorzutragen sind. - . 4 Die „ New⸗Yorker Hole. 3tg.“ äußert sich in ihrem vom 20. Februar datirten Wochenbericht über die Geschäfts⸗ lage folgendermaßen: Gegen Erwarten hat sich die Börse durch den starken Geldzufluß aus dem Bundesschatze zu neuen Ausschrei⸗ tungen nicht verleiten lassen. Zwar hat der Gegensatz für die vom Gouvernement angekauften 11 Millionen Bonds theilweise in neuen Eisenbahn ⸗Obligationen Anlage gefunden, aber da der Finanz⸗ Minister seitdem wieder eine Million Bonds gekauft hat und diese Ankäufe zunächst jede Woche zu wiederholen beabsichtigt, ist der Geldstand äußerst willig. Gegen Hinterlegung solcher Speku— lationtpapiere, die allzu starken Coursschwankungen nicht unter⸗ worfen sind, war on call zu 5 oo p. a. leicht anzukommen, und gegen Bundesobligationen war jede Summe zu 4 9, und darunter zu haben. Gute Platzwechsel bleiben rar, und unsere hiesigen Banken, welche nicht unter 6 os9 p. a. diskontiren, gehen fast ganz leer aus, denn auswärtige Kreditinstitute nehmen Alles, was von 2— 4 Monate papier ersten Ranges offerirt wird, gern zu 5) und selbst zu 5 Cso p. a. Beanspruchte die Produktenspekulgtion nicht noch immer ganz enormes Kapital, so würde der Diskont noch weit niedriger sein, während nach vollständiger Eröffnung der Frühjahrs saison, wenn bis dahin die Produktenspekulation zoch nicht erloschen ist, Geld, trotz fortgesetzter Bondsankäufe der Regierung, theurer, aber keinesfalls knapp werden dürfte. Das Geschäft am Waaren und Produktenmarkte hat in der verflossenen Woche einen ziemlich befriedigenden Verlauf genommen. Für volle Getreide ladungen wurden sieben Schiffe gechartert. Brod zto ffe: Von Weijenmehl fanden ordinäre Qualitäten ziemlich viel Beachtung; Weijen war vorübergehend für Export gefragt und schließt eine Kleinigkeit höher als in der Vorwoche; von Mais wurden ziemlich bedeutende Poften zu steigenden Preisen für europäische Rechnung ge⸗ nommen. Baumwolle: Eige Anfangs ziemlich animirte Exportnachfrage für disponible Waare verlor sich im Laufe der Woche wieder und bei flauem Geschäft. ging Middling Upland 4 C. per Pfd. auf 138 e. zurück, schließt aber fest zu diesem Preise; das Termingeschäft war nicht so lebhaft als es in der Vorwoche gewesen. Kaffee: Für Rio's war die Stimmung eine fehr vertrauensvolle, und haben Preise successive E e. per Pfd. angezogen; westindische Sorten erfreuten sich besserer Beachtung, und Java's waren sehr lebhaft. Provisignen: In Schmalz war das Spekulationsgeschäft animirter; Rindfleisch sowie Speck (hacon), ersteres in kleineren Partien, waren für Export begehrt, während Schweinefleisch still war. Für Petroleum macht sich eine etwas sestere Stimmung geltend. In Sohlleder hat ein sehr ansehn⸗ liches Geschäft statigefunden. Schiffs bedürfnisse: Terpentinöl ist durch die Spekulation 5 C. per Gal. in die Höhe getrieben. Für Harz waren geringe Sorten für Export gefragt, während Theer und Pech geschäftélos waren. In Hopfenmarkte wurde die flaue Stimmung fest. Fremde Manufakturwaaren: Mit Seiden waaren ist es nicht so lebhaft gewesen als in der letzten Woche, während in Strumpfwaaren das Geschäft nicht zufriedenstellend ge⸗ blieben ist. Der Import von Webstoffen betrug während der heute beendigten Woche 2 868 726. 00 Doll. gegen 2 155 705. 00 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres. . . London, 4. März. (W. T. B.) Die gestrige Wol lauktion verlief sehr animirt bei sebr hohen Preisen, besonders Philip⸗ und Schweißwollen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Triest, 4. März. (W. T. B) Der Lloyddampfer „Argo“ ist heute Abend 8 Uhr aus Konstantinopel hier angekommen.
Berlin, 5. März 1880.
Das Militärwesen in Siam.
(Fortsetzung )
Die Organisation des siamesischen Wehrsystems erinnert
in einigen Beziehungen an unsere Feudalzeit, nur beruht die Macht der Lehnsträger nicht auf dem Grundbesitz, sondern auf den Untergebenen. Die eingeborene siamesische Bevölkerung und theilweise auch die durch Ansiedlung von kriegsgefangenen Peguanen und Birmanen entstandenen Kolonien sind in so⸗ genannte „Krom“ eingetheilt, an deren Spitze die höheren Beamten des Landes stehen. Sollen öffentliche Arbeiten, Kanalbauten u. s. w. vorgenommen werden, so wird einigen Herren des Beamtenadels aufgegeben, die er⸗ forderlichen Arbeiter aus ihren Kroms zu stellen, welche biese Dienste unentgeltlich zu leisten haben. In Zeiten der Gefahr werden die Kroms zur Vertheidigung des Landes und des Thrones aufgeboten. Jeder Beamter hat eine der Größe eines Kroms entfprechende Mannschaft auszuheben, er selbst, . Söhne oder Angehörige der Familie führen sie ins Feld. Nach einer alten Eintheilung, die aber jetzt nicht mehr auf⸗ recht erhalten wird, zerfallen die Angehörigen der Kroms in 2 Abtheilungen, deren eine zu Militärdiensten verpflichtet war,
welchem genaue Listen über die Militärpflichtigen der verschie⸗ denen Kro ns geführt werden. In 2 Tagen soll die siamesische Armee auf 200 006 Mann gebracht werden können, welchen allerdings fast jede militärische Vorbildung fehlt. Von den Königlichen Garden abgesehen, erhalten die Leute der Kroms in Friedenszeiten keine militärische Ausbildung, in Kriegs⸗ zeiten werden Gardesoldaten den neu ausgehobenen Truppen als Instructeure zuertheilt. Ihre Waffen werden denselben aus dem Königlichen Zeughause geliefert, in dem gegen 40 000 Snidergewehre vorhanden sein sollen, sich aber jeden⸗ falls auch ein bedeutender Vorrath europäischer Ausschuß⸗ waffen aller Art befindet, unter denen Feuersteingewehre kein geringes Kontingent stellen dürften. Bei Gelegenheit des Einfalls der Chien Hos wurde noch eine bedeutende Partie schlechter Gewehre zu hohen Preisen angekauft. Die Uniform, welche die Milizsoldaten erhalten, ist eine einfache. Sie be⸗ steht in rothen baumwollenen Kappen, Jacken und kurzen Beinkleidern von dem gleichen Stoff und derselben Farbe.
Die Kromführer verschiedener Grenzdistrikte erhalten ihre
Weisungen nicht direkt von Bangkok, sondern von den dortigen
General Gouverneuren, welche mehrfach die Stellung souve⸗ räner Fürsten unter siamesischer Oberhoheit einnehmen. Glauben diese, daß Gefahr in Verzug liegt, so sind sie berechtigt, ohne Befehl von der Centralre ,, abzu⸗ warten, selbständig die Aushebung der erforderlichen Truppen anzuordnen und dieselben ins Feld zu führen. Der gänz⸗ liche Mangel an Kommunikationswegen, soweit nicht die Na⸗ tur solche durch die Flüsse geschaffen hat, erschwert den Ver⸗
Ausnahme einiger Abtheilungen, die neuerdings aus der Kroms einiger hochgestellten Beamten gebildet wurden. Die Aushebung der Truppen ist ein einträgliches Geschäft, da Ge⸗ schenke an den damit betrauten Beamten ein ziemlich sicheres Mittel bilden, der Dienstpflicht enthoben zu werden. werden. Die Uniformen sind im Großen und Ganzen euro⸗ päischen Mustern nachgebildet, namentlich nach englischen Vor⸗ bildern angefertigt. Einen englischen Lieferanten haben sie zum reichen Mann gemacht. Mit angeborenem Vorbildungs⸗ sinn haben die Chinesen es jetzt gelernt, Uniformen anzu⸗ fertigen und durch geringere Forderungen den europũischen Konkurrenten fast aus dem Felde zu schlagen.
Steht schon im Allgemeinen dem Orientalen eine Uniform nach europäischem Schnitt nicht sonderlich an, so ist dies in besonders hohem Grade bei den Siamesen wegen ihrer kleinen Statur der Fall. Alle ihre Soldaten machen einen kindlichen Eindruck. .
Die Siamesen sprechen von alten und neuen Garden. Genau genommen kommen aber nur die letzteren bei einer Besprechung des siamesischen Wehrsystems in Betracht.
Zu ersteren zählen die Reste alter Abtheilungen aus der Zeit des vorigen Königs, die entweder auf den Austerbe⸗Etat gesetzt sind, oder doch nur in geringer Zahl zu speziell außer⸗ militärischen Dienstleistungen erhalten werden.
Wer die traurigen Gestalten sieht, welche in blauen Jacken, mit einem Messingschild am rothen Bande und Hellebarden in der Hand an verschiedenen Thoren des Palastes Wache halten, wird schwerlich glauben, daß. diese zu den Garden gerechnet werden. Ihr früher ziemlich bedeutendes Corps ist eingegangen, nur die wenigen Leute, die als Palast⸗ wächter fungiren, haben Gnade in den Augen ihres König⸗ lichen Herrn gefunden und werden vollzählig erhalten. Bei festlichen Veranlassungen rückt auch eine alte Artillerie⸗ Abtheilung in blauen Jacken, Palays (diese ist die gewöhn⸗ liche siamesische Beinbekleidung; sie besteht aus einem breiten Stück Baunmwollen- oder Seidenzeug, das um den Leih ge⸗ wunden wird; elegant angelegt erinnert der Palay an Knie⸗ hofen à la Louis XIV.) und weißen Helmen mit rothem Bande. Ihre Geschütze, lange Röhre, welche anstatt der Lafetten auf drei Füßen aufgestellt sind, ihre langen Feuer⸗ steingewehre können nur noch eine theatralische Wirkung haben. Nur bei besonderen Gelegenheiten le en die Leute Üniform an, von Exereitien ist nicht mehr die Rede, und ihre Existenz ö. , nur noch einigen alten
izieren zu danken haben.
ö 9 alten Garde werden auch die Tamruot, genau
während die andere zu öffentlichen Arbeiten im Lande heran—⸗ . wurde. In nh befindet sich ein besonderes Bureau,
zimmer.“
an dessen Spitze einer der höchsten Beamten des Landes steht, in
genommen, eine uniformirte Justizabtheilung, weniger mit