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richterlicher als mit exekutorischer Bestimmung, gezählt. Einer der stattlichen Offiziere, welche hohen Rangklassen angehörend, lichtblauen Rock und Palay tragend, dazu einen rothen Leib⸗ gurt mit alterthümlichem Säbel in silberner Scheide, der je nach dem Range roth überzogen, mit eingelegter Goldarbeit verziert oder gar mit Edelsteinen besetzt ist, befindet sich stets in der Umgebung des Königs.
Zu den Tamruots gehören auch die Liktoren, welche, wie bei den alten Römern den Konsuln, so dem König von Siam bei feierlichen Veranlassungen voraufschreiten. Die von früheren Reisenden erwähnte Amazonengarde ist vom jetzigen
König abgeschafft worden. Sie bildete die Leibgarde der Da⸗ men des Königlichen Harems, welche sich jetzt ohne solche be⸗ gnügen müssen, und diente anstatt eines Eunuchen⸗Corps. Bei besonderen Gelegenheiten mußte sie neben den Wagen der Palastdamen herschreiten. Trotz des echt orientalischen Charakters dieser Truppe war sie europäisch uniformirt, wenn auch in theatralischer Weise.
Wechselseitig schauen die Offiziere der alten und der neuen Garden mit großer Verachtung auf einander herab.
Die neuen Garden bilden eine wahre Musterkarte der verschiedensten Truppengattungen, die oft nur in wenigen Exemplaren vertreten sind. Es würde deshalb sehr verfehlt sein, aus den vielen Corps auf ein zahlreiches Heer unter den Waffen zu schließen. Am vortheilhaftesten präsentirt sich die Königliche Leibgarde. Die Leute haben eine gute Haltung und sehen sauber und ordentlich aus. Sie scheinen auch ein gewisses Selbstgefühl zu besitzen, was theilweise durch ihren verhältnißmäßig hohen Sold begründet sein mag.
Sie zerfällt in 2 Abtheilungen:
a. Bodyguard zu Fuß cirea 3— 4900 Mann.
Sie trägt einen hellblauen Waffenrock mit gelben Aufschlägen und gelben Knöpfen, weiße resp. blaue Beinkleider und weißen Helm. Diese Mannschaft ist auch mit Stiefeln und Strümpfen wohl versehen. Artikel, welche von vielen der übrigen Truppentheile nur als ein außergewöhnlicher Luxus betrachtet werden. Die Offiziere zeichnen sich durch einen goldverbrämten Palay und durch eine von links nach rechts getragene weißrothgoldene Schärpe aus. Die Bewaff⸗ nung besteht für gewöhnlich aus Snidergewehren, nur die Soldaten, welche bei Ausfahrten u. s. w. des Königs zu ö Eskorte kommandirt werden, erhalten Winchester⸗ gewehre.
Die Kapitäne sind sämmtlich Adjutanten des Königs und tragen als solche einen dunkelblauen Rock mit langen Schößen und goldenen Schnüren. Ihre ebenso reiche, wie elegante Uniform erhöht den Glanz der Königlichen Unigebung. Einer dieser Adjutanten muß sich stets bei dem Könige aufhalten.
Bei den großen Staatsceremonien, welchen der König in europäischer Kleidung beiwohnt, legt auch er die Unisorm dieser Abtheilung der Bodyguard an.
b. Horseguard, eine nicht ganz gelungene Kopie ber unter demselben Namen bestehenden englischen Truppenabtheilung seirea 30 Mann). Die Uniform macht hier nicht den Mann. Auch sie tragen wie ihr Vorbild kurze rothe Röcke. Die⸗ selben haben schwarze Paspolirung, anstatt der Knöpfe Oliven, blaue Beinkleider mit rothen in Gallon doppelten goldenen Streifen, weißen Helm mit rothem Band. Bewaff— nung Pallasch, Snider⸗ und Winchestergewehre. Die Horseguards sind stolz auf ihre großen Pferde, denen die kleinen Reiter zwar nicht ganz gewachsen sind. Die einheimischen Pferde, welche vorzüglich in den Ebenen von Korat im Nordosten des Landes gezüchtet werden, stehen im Verhältniß zu der Größe der Einwohner. Diese siamesischen Ponnys sind kräftig und elegant gebaut. In letzterer Be— ziehung zeichnen sie sich vortheilhaft vor den hier unter dem Namen Tientsinponnys eingeführten mongolischen Pferde aus. Diese Truppe, welcher auch einige der Pagen des Königs angehören, findet vorzugsweise zum Ordonnanzdienst Ver⸗ wendung.
Beide Abtheilungen unterstehen dem unmittelbaren Kom⸗ mando des Königs, eine Einrichtung, welche erst vor einigen Monaten getroffen worden, wodurch der König hofft, ihre Anhänglichkeit an seine Person zu erhöhen. Seine Befehle ertheilt er durch einen sogenannten „Mund“, der alle paar Monate wechseln soll. Die Truppen sind im Palast kasernirt und müssen sich beständig zur Verfügung Sr. Majestät halten. Er besitzt ein silbernes Horn, in das er nach alter Sitte zu stoßen hat, wenn eventuell ihm Gefahr droht. Auf dieses Signal müssen sich sofort die Offiziere mit ihren Umgebungen um ihn schaaren.
(Schluß folgt.)
Von dem Reichskommissar für die Weltausstellung in Sydney ist wiederum ein Bericht eingegangen, aus welchem wir folgenden Auszug veröffentlichen:
Sydney, den 27. Dezember 1879.
2c. Das in Philadelphia zur Anwendung gebrachte System, einen Generalagenten mit der Vertretung aller Aussteller zu betrauen, hatte sich wider Erwarten nicht bewährt, während es in Wien gute Dienste geleistet, indeß auch nicht im ganzen vollen Umfang zur Anwendung gekommen war. Für Sydney ist das System ange⸗ wandt worden, den Industriellen die Wahl ihrer Vertreter zu über⸗ lassen. Einzelne haben demzufolge Persönlichkeiten aus ihrem eigenen ersonal entsandt, die überwiegende Mehrzahl ging indessen auf das ich einstellende Angebot von Agenten, welche theils hier ansässig waren, theils ad hoc nach Australien zu gehen und sich daselbst für längere Zeit niederzulassen beabsichtigten. Hinsichtlich der Erkun— digungen über die sich anbietenden Agenten bezw. deren allfällige Empfehlung, wurde das freundliche Anerbieten des Centralvereins für Handels geographie, als Vermittler thätig zu sein, mit Dank angenommen. Das Ergebniß dieses Verfahrens ist im Allgemeinen ein gutes . soweit es sich bis jetzt wenigstens übersehen läßt. Diejenigen genten, welche Land und Leute bereits kannten, waren sofort lebhaft kaufmännisch thätig; die Neulinge erwarben sich je nach ihrer Be ähigung mehr oder weniger rasch die erforderliche Sach- und Per sonenkenntniß und sind jetzt, drei und einen halben Monat nach der Eröffnung der Ausstellung, alle so weit unterrichtet, daß sie unaus⸗ gesetzt für ihre Kommittenten thätig sein können. Es ist nicht an— ders zu erwarten gewesen, als daß dies mit mehr oder weniger Er⸗ folg geschieht. Daß der Gesammterfolg ein recht befriedigen⸗ der ist, habe ich bereits früher erwähnt. Die damals er⸗ wähnte Ziffer der Verkäufe bezw. Abschlüsse — 25 000 Pfd. Sterl. oder 500060 SJ. — ist inzwischen auf mehr als 300900 Pfd. Sterl. gewachsen. Sie ist absolut genommen und im Vergleich mit der Gesammtziffer der Einfuhr (143 Millionen Pfd. Sterl.) klein, aber in Beziehung gesetzt zu dem Werth der von uns ausgestellten Güter (rund 1 Million Mark) ist sie nicht klein zu nennen; sie übertrifft die Ziffern Belgiens, Oesterreichs und Frankreichs bedeutend und läßt sich nennen neben den Einfuhrziffern, welche Frankreich und Belgien bisher offiziell aufweisen. Es figuriren
Einfuhr Ausfuhr Mehr Mehr nach Einfuhr Ausfuhr ; Pfd. Sterl. Pfd. Sterl. Pfd. Sterl. Frankreich mit. 8 934 28 193 — Belgien mit.. — 16737 — Schweden mit — 3005 — sodann Vereinigte Staaten wd Deutschland nur mit Ausfuhr und zwar Copra: Hamburg . Alle fremden Staaten iet Host Alle Staaten, Eng⸗ land und die Ko—⸗ lonien eln begriffen mit 147635 873 17965 879 1802994 — Wie weit unsere thatsächliche Cinfuhr, die sich in England ver⸗ birgt, sich erstreckt, ist jetzt unermittelbar, indessen dasselbe gilt von Belgien und Frankreich, von welchen letzteres namentlich noch Roth— wein in bedeutender Menge liefert. Gegen die notorische Einfuhr Frankreichs aber, die in obiger Ziffer vor allem mit Cognac (für 37 040 Pfd. Sterl.) figurirt, ist unsere Ziffer durchaus nennenswerth, und, da sie einzig und allein durch Abschlüsse in Folge der Schau stellung unserer Waare erzielt ist, der Thätigkeit der Agenten aufs Conto zu 2
Ganz frei von Klagen ist die Vertreterfrage allerdings nicht. Es wird geklagt darüber, daß einzelne der Agenten zu viele und manchmal zu sehr gleichartige Waaren zu vertreten hätten; indessen ich denke, daß diesem Uebelstand künftig wird vorgebeugt werden können. Eine größere Klage habe ich als Kommissar zu führen. Es ist die, daß in vielen Fällen unsere heimischen Industriellen zwei Agenten nach einander ihre Vertretung aufgetra en haben. Ich erkläre mir dieses durchaus unkaufmännische Verfahren dadurch, daß die Agenten während ihres Aufenthalts in Deutschland die In dustriellen bestürmt haben, ihnen die Vertretung zu übergeben, wobei manche sich haben überreden lassen, ein gegebenes Wort nicht zu halten, Anstalten aber nicht getroffen haben, den Kommissar und den erstbezeichneten Agenten von dem eingetretenen Gesinnungswechsel zu benachrichtigen.
Nach Anstellung meiner Beobachtungen habe ich unseren Agenten durchweg empfohlen, und in diesem Sinne die Verkäufe überwacht, daß, wesentlich nur an Importeure verkauft werden sollte. Die direkte Anknüpfung stellte sich bald fast überall als unzweckmãäßig heraus. Nur hie und da wird sie von hiesigen Firmen als Mittel zum Zweck, benutzt werden können, um einen Ärtikel einzuführen. Ein Beispiel sei mir gestattet einzuschieben. Die deutsche Gesell⸗ schaft für Hufbeschlagmat erial bat vorzügliche Hufnägel gefandt, welche mit den englischen vortheilhaft konkurriren. Weder Groß noch Kleinhändler wollten sie aber annehmen. Der Kleinhändler sagte: man verlangt von mir nur die Marke WM. (Walker); der Großhändler: ich habe meine festen Verbindungen mit Walker und habe keine Ursache, den Preis herabzusetzen (h, brauche also Ihre, Nägel nicht. (Hier also zugleich zwei Merkmale der hiesigen Gewohnheiten: I) Festhalten an einer als gut erkannten Marke, was sich Deutschland durchaus merken sollte; 2) zäher Kon— servatismus der Grossisten, die damit oft gegen den eigenen Vortheil handeln, dem Fremden eben das Eindringen ungemein erschweren). Der Agent wandte sich nunmehr unmittelbar an die größeren Schmiedewerkstätten, denen ein Sixypene: aufs Pfund Ersparniß beachtenswerth schien. Diese probirten die deutschen Nägel nach allen Richtungen und fanden sie so gut als Walkers, sie beziehen nun vom Agenten die Nägel direkt, ein Verfahren, welches auf die Dauer nicht durchzuführen ist, aber als Pression auf die Grossisten ange—⸗ wandt werden wird, bis dieselben die neue Marke anerkennen und zu führen beschließen.
Im Allgemeinen ist unsererseits sehr zu beachten, daß der hiesige
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Mangel an Festigkeit der Verpackung ist ein überaus häufiger Fehler an deutschen Sendungen. Sie hat Beschädigungen und Bruch in solchem Maße zur Folge, daß einzelne Importeure den Schaden bis zu 60 co taxiren; 15 Go würde schon zu viel sein. Unter den Sendungen zur Ausstellung waren bheispielzweife die Marmorartikel einer Firma so schlecht verpackt, daß ein ganzes Drittel der Stücke zerbrochen, im Ganzen über die Hälfte schwer beschäüdigt war. Welche Verluste gegenüber der winzigen Ersparniß beim Packen! Die Aut— besserungskosten der beschädigten Wagren, Fie Berfuste an gan; verdorbenen mgchen einen großen Theil der Scheu vor deutschem Gut erklarlich. Die schlechte Packung in selbst sehr guten, sehr stark gebauten Kisten dat auch für unfere Aus steller viel Schaden gebracht. Namentiich hatten dieselben die Nah— nung, das Glas allein zu verpacken, vielfach in den Wind geschlagen, auch Scheiben, welche nicht herausgenommen werden konnten, nicht bellebt oder anderweitig gesichert. Die Menge des Glasbruches war dafür sehr groß und wird sehr schmerzliche Reparaturrechnungen nach Deutschland hringen. Hätte man die von mir erlasfenen Bekannt. machungen befolgt, so wären dieselben vermieden worden. Frankreich hatte, wenn ich nicht irre, nur drei zerbrochene Scheiben unter seinen sämmtlichen Sen ungen, Die Handels und Gewerbekammern sollten von Sachverständigen förmliche Verordnungen für Export oerpackung ausarbeiten lassen und verbreiten.
In Hinsicht auf Proben ist ein sehr freigiebiges Verfahren zu empfehlen; die jetzt zu findende Kleinlichkeit ist durchaus zu wider. rathen. Wer das Abgeben großer Proben nicht tragen kann, sollte sich an ein großes Exporthaus anschließen und diesem die Proben entsendung überlassen; unentgeltlich oder sehr billig abzugebende Proben sind aber unenthehrlich. Mit Glykose würde, um ein einziges von vielen Beispielen anzuführen, ein sehr gutes Geschäft mgchen sein; aber die Brauer verlangen je ein Faß zur Probe. Zu solchen Probeabgaben ist unser Agert aber nicht ausgerüstet und nicht ö und so muß einstweilen Anderen das Feld überlassen
eiben.
Ganz große Häuser sollten es nicht unterlassen, besondere Ver= treter hierher zu senden, die Jahr aus Jahr ein in ihrem Intereffe thätig sind. Unsere Eisenindustriellen sollten, wie ich bereits früher angerathen, ähnlich verfahren, große chemische Fabriken dergleichen, zumal unsere chemischen Artikel, Farben vor Allem, ungemein ge⸗ ö Auch hier sollten Proben in liberalster Weise ausgegeben verden.
2c. Reuleaux.
Die Chronik des Germanischen Mufeums zu Nürnberg für Januar . Februar berichtet, daß, nachdem die mecklenburgische Ritterschaft schon früher einen namhaften Beitrag zur Austattung eines mit den Wappen ihrer Mitgkieder zu schmückenden Saales gespendet hat, eine weitere Summe von 2500 S zu dem Zweck durch den Landmarschall Frhrn. v. Maltzan ⸗Penzlin übersendet worden ist, Ferner haben die alten thüringischen Geschlechter v. Wangen heim, v. Werthern und v. Witzleben je 300 MS zur Ausführung ge⸗ malter Fenster zur Verfügung gestellt. Für das Handels Mufeum sind namentlich in Stuttgart viele Zeichnungen auf Antheilscheine erfolgt.
Das Februarhest des Museumßtorgant, des „Anzeigers für Kunde der deutschen Vorzeit“ enthält einen durch die beigegebenen Holz schnittreproduktionen alter Handjeichnungen besonderz werthvollen und anziehenden Aufsatz von Dr. A. Essenwein über Jahrmarkts⸗ buden und Kramläden des 15. Jahrhunderts. Die mitgetheilten Bilder sind einer Papierhandschrift des trojanischen Krieger in deutscher prosaischer Bearbeitung aus dem 14. Jahrhundert und einem höchstens ein halbes Jahrhundert jüngeren Codex entnommen, welcher des Konrad von Würzburg trojanischen Krieg enthält. Aus beiden sind die parallelen Darstellungen des Lycomedes und seiner Töchter gewählt, unter denen sich der verkleidete Achilles befindet und durch die Vorliebe für die Waffen unter den vom Trödler feilgebotenen Waaren sich v. rräth. Die Personen erscheinen im Zeitkostüm, und die Scene ist in zwei Fällen auf dem Jahrmarkt, einmal am Hafen vor einem Schiffe, auf dem der Trödler seinen Kram ausgelegt hat. Noch viel naiver aber ist
Käufer auf die Marke die größte Aufmerksamkeit verwendet und daß deshalb die Einführung neuer Marken nur unter gewissenhaftester Festhaltung an mustermäßiger Lieferung gelingen kann. Ich kann diesen Umstand, der sich ja von selbst zu verstehen scheint, nicht drin⸗ gend genug den Landsleuten empfehlen. Als Beispiel kann ich an—⸗ führen, daß eine Firma, welche vorzügliche Waare lieferte, sich durch seine Vertreter in Melbourne verleiten ließ, geringere Artikel ein⸗ zuführen. Das neue Fabrikat wurde billiger, als das früher gelieferte angeboten. Bald aber war die geringere Güte der Waare bekannt und nun war mit einem Schlage der Ruf der früher renommirten Marken vernichtet.
Durchschnittlich ist der Verkehr unserer Industriellen mit den Grossisten oder Importeur auch schon deshalb vorzuziehen, weil dieser das Risiko gegenüber dem kleinen Abnehmer übernimmt und alle Zahlungen weit besser und eher zu regeln im Stande ist als letzterer. Eine Besonderheit bezüglich der Agenturen habe ich noch zu er— örtern. Es ist diejenige, daß die hier ansässigen Agenten bei billigem Angebot guter Waare nicht selten die Preise auf eigene Hand so sehr erhöhen, daß dadurch der Geschäfitbeginn geradezu gefährdet wird. Im Allgemeinen muß der Agent auf die deutschen Preise noch einen Aufschlag machen, da das Verpackungsrisiko groß . Immerhin aber sind diese Aufschläge in zulässigen Grenzen zu alten.
Hinsichtlich der Aussichten für unsere Ausfuhr nach Australien, soweit dieselbe direkt von unserem Kaufmannsstande abhängig ist, bin ich der Ueberzeugung, daß derselbe sich mit aller Energie auf diesen sich neu erschließenden Theil des Weltmarkts werfen sollte. Nicht etwa in dünner, ängstlicher, bei jedem Schritt wieder zurück⸗ zuckender Weise, sondern mit der erforderlichen Entschiedenheit, welche Kosten und Opfer selbst nicht scheut. Vor allem muß die begonnene Rückkehr zu soliden Grundsätzen, welche so vielfach verlassen worden waren, zu einer vollen Wahrheit gebracht werden. Der Gedanke der Herüberführung von Schund⸗ und Schandwaaren ist nicht nur auf⸗ zugeben, sondern geradezu zu verfolgen und mit allem Ernst zu ver⸗ hüten. Handels und Gewerbekammern sollten darüber ängst⸗ lich wachen, die Presse muß die Devise verbreiten, daß der Ruf der deutschen Industrie hierselbst wie überall fleckenfrei gehalten werden muß. Unprobemäßige Lieferungen kommen immer und immer wieder vor. Sie führen sofort und für immer zum Bruch mit dem Importeur. Vielfach ist über die Auf machung zu klagen. Man hört noch so oft in Deu schland sagen, man wolle nicht eine geringe Waare hinter einer glänzenden Auf⸗ markung verbergen. Mißverständniß! Darum handelt es sich durch aus nicht. Die Aufmarkung quter Waare soll gut und geschmackvoll, nicht aber nachlässig und ungefällig sein. Die Verpackung sodann ist vielfach kläglich. Die Kisten sollen der Größe des zu versendenden Gegenstandes genau angepaßt sein. Die kleinen Kistchen und Packete sollen die große Kiste straff ausfüllen; unvermeidliche Lücken sollen straff verstopft sein. Das Packpapier soll fest und sauber sein, Marke und Firma aufgedruckt oder aufschablonirt enthalten. Nicht aber soll man saubere und werthvolle Objekte in ein paar alte Zeitungen wickeln oder in einen gebrauchten Umschlag eines Postpacketes und dergleichen. Bei den hiesigen Importeuren kommt so verpackte Waare leider genug anz die Verpackung muß dann vollständig erneuert werden. Der Vergleich mit der englischen und französischen Verpackung ist durchschnittlich zu unserem Nachtheil, immer abgesehen von guten, ja vorzüglichen Ausnahmen. Da ist bei den Engländern jedes ein« zelne verkäufliche Stück, z. B. in Lederwaaren, in ein sauberes vier⸗ eckiges Stück Seidenpapier gewickelt, dann folgt ein Umschlag von feinem festen Papier, dann der mit Etiquette und Marke bedruckte eigentliche Umschlag, die Dutzende wieder in Kartons gesteckt, welche genau das Packet umschließen; die Kartons wieder eingewickelt und in ein leichtes Kistchen gesetzt oder zu einem straffen Pack vereinigt, die Packete dann fest , in eine mit Zink ausge
nämlich im Blaubuch unter den fremden Staaten mit Einfuhr nur drei europäische, nämlich:
das letzte Bild, welches die Theilung der trojanischen Beute darstellt und uns vor das Gewölbe eines Kaufmanns führt, an dem mehrere Paare auf den ersten Blick gegenseitige Geschenke einzukaufen im Begriff scheinen, während in Wirklichkeit auch die Jungfrauen Beutestücke darstellen, welche den Helden zugetheilt wur den. Die Bilder sind kultur, und kunsthistorisch höchst interessant, und man darf daher den versprochenen weiteren Publika— tionen, namentlich aus dem letzterwähnten kostbaren Codex, der sich den merkwürdigsten Bildereyklen des Mittelalters anreiht, mit Span⸗ nung entgegensehen.
Die Vorbereitungen zu den Frühjahrkanpflanzungen im Thier“ garten haben dieser Tage ihren Anfang genommen. Die Haupt— thätigkeit der Thiergartenverwaltung konzentrirt sich zur Zest auf dem Hippodrom, welcher einer vollständigen Neugestaltung unter⸗ worfen werden muß, da der nordwestlichste Theil desselben mit fur den Neubau des Polytechnikums in Anspruch genommen worden ist. Nächstdem nimmt die Neugestaltung des Theiles um den neu er richteten Spielpavillon die meiste Arbeit in Anspruch. Eine kaum 3 emsige Thätigkeit herrscht auf dem Platz vor dem Zoologischen arten.
In der Hauptversammlung der Polytechnischen Gesell⸗ sch aft vom 4. März berichtete Hr. Pütsch über die Bꝛstrebungen, für Berlin einen Kesselschutzuerein ins Leben zu rufen, wie folche in den verschiedensten Theilen Deutschlands, in Mannheim, Frank— furt a. / O, Breslau, Halle, Magdeburg, Königsberg u. s. w. bereits seit längerer Zeit bestehen. Nach längerer Diskuffion erwählte die Gesellschaft eine Kommission von 11 Mitgliedern mit der Aufgabe, der Frage gleichfalls näher zu treten.
.Der Zoologische Garten hat dieser Tage durch den Wurf eines Bendang oder Sundarindes (bos sundaicus) eine Bereicherung erfahren. Ein Zuwachs durch Zwergzebus (bos indicus var, pyg= maen) aus Hindostan wird erwartet. Die nubische Löwin hatte zwei Junge geworfen, die aber nicht lebend erhalten werden konnten. Lei⸗ der hat das Affenhaus den Verlust eines sebr seltenen Affen, des Geladaweibchens (9ynocephalus Gelada) zu beklagen. Dasselbe ge= hörte dem Garten schon 3 Jahre an, war aber seit jener Zeit immer kränklich. Das Männchen, das der Garten im vorigen Spätherbst aus der Rice'schen Menagerie in der Sommerstraße erworben, ift dagegen anscheinend munter.
München, 5. Februar. (W. T. B.) Der Marktflecken Donaustauff bei Regensburg ist nebst dem Fürstlich Thurn und Taxisschen Schlosse gestern total abgebrannt.
Paris, 3. März. (C. Ztg.) Gestern fand wieder ein Eisen« ba hnunglück statt. Der Personenzug, der von Toulouse nach Auch fuhr, stieß bei Bon-Encontre auf einen Waarenzug. 20 Personen wurden verletzt. Todte gab es bis jetzt nicht, aber mehrere Personen sollen lebensgefährlich verletzt sein.
Das Konservatorium der Musik des Hrn. Prof. Julius Stern veranstaltet am Dienstag, den 9. März, Abends 7 Ühr, im Hötel Impsrial (Arnims Saal), Unter den Linden 44, die diee⸗ jährige öffentliche Prüfung der Schüler des Instituts.
Redacteur: J. V.: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck! W. Elgner.
Berlin:
schlagene Kiste gesetzt, oben mit Papierlagen bedeckt, welche das auf. gelöthete Ga fußk l dicht berühren.
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage)
Aichtamtliches.
renßen. Berlin, 5. März. Im weiteren Per⸗ . J (125 Sitzung nahm der Reichstag den mündlichen Bericht der Budgetkommission über die der⸗ selben überwiesenen Theile des Etats für die Verwal⸗ tung der Kaiserlichen Marine auf das Etats jahr 1880181 entgegen. Zu dieser Position hatte der Abg. Dr. Hänel folgenden Antrag gestellt:;
Der Reichstag wolle beschließen:
den Herrn Chef der Admiralität als verantwortlichen Stell vertreter des Reichskanzlers aufzufordern, einen Bericht über die Katastrophe des „Großen Kurfüͤrstenꝰ dem Reichstage vorzulegen.
Der Abg. Dr. Hänel, befürwortete diesen Antrag. Die Frage, die er an die Reichsregierung richte, sei keine neue. Man habe hier wiederholt die Marineverwaltung gefragt, welche Ursachen den Untergang des „Großen Kurfürsten“ her⸗ beigeführt hätten, und welche Maßregeln ergriffen se ien, um ähnliche Vorkommnisse, soweit dies menschlicher Umsicht mög⸗ lich, zu verhindern. Hierauf sei dem Reichstage zunächst keine Antwort gegeben worden. Nachdem nun die Untersuchung geschlossen sei, also ein Präjudiz für dieselbe nicht mehr ge⸗ geben werden könne, könne man wohl einen Bericht der Marineverwaltung an den Reichstag erwarten; d. h. nicht einen Bericht in einem Zeitungsblatt für das große Publikum, wie derselbe in dem „nicht offiziellen“ Beiheft des Marine⸗ Verordnungsblattes gegeben worden, sondern einen offiziellen, unter Verantwortung des Chefs der Marineverwaltung an das Haus erstatteten Bericht. Er bitte deshalb den Chef der Admiralität, sich auf seinen Antrag zu äußern. .
Hierauf ergriff der Chef der Kaiserlichen Admiralität Staats-Minister von Stosch das Wort:
Die erwähnte Veröffentlichung, welche im Beiheft des von der Admiralität herausgegebenen Marine⸗Verordnungsblattes erschienen ist, war der vollen Oeffentlichkeit der ganzen Nation übergeben, und folglich ist der Forderung der Veröffentlichung, abgesehen von dem Inhalte, worauf ich nachher komme, genügt. Daß diese Veröff ent lichung von keiner anderen Stelle ausgegangen ist, als wie von der Avmiralität, darüber ist selbst der Herr Vorredner, wie ich glaube,
keinen Au enblick im Zweifel gewesen. .
Wenn das Wort . nicht offiziell, auf dem Umschlag des Beihefts
des „Marine ⸗Verordnungsblatts⸗ eine Berechtigung zu der Ansicht geben kann, daß jene Veröffentlichung nicht offiziell sei, so ist die einfache Ueberschrift ‚Aus den Akten“ doch der Nachweis, daß, da diefelben Niemandem anders als offiziellen Behörden zu Gebote stehen, diese Sache offizieller Natur ist. Das nicht offiziell. steht auf allen Beiheften des „Marine ⸗Verordnungkeblatts“„, um für alle dort vorhandenen Veröffentlichungen der Behörde die Verantwortlich⸗ keit zu nehmen. Da dieser Bericht zusammen mit anderen Gegen ⸗ ständen im , . erschienen ist, so ist der Titel des Beihefts un⸗ verändert geblieben. . den Inhalt dieser Veröffentlichung betrifft, so glaube ich., daß er ein vollständig klares Bild dieses unglücklichen Ereignisses glebt, und nur nicht dem vielfach geäußerten Bedürfnisse Rechnung trägt, Personen anzugreifen, zu vertheidigen oder überhaupt der Kritik der Oeffentlichkeit zu übergeben. Das, was die Verwaltung in der Sache zu verantworten hat, also die reglementarischen Be—⸗ stimmungen, was der Herr Abgeordnete vorher gesagt hat, die Vor- sicht, die nothwendig ist, damit solche Unglücksfalle nicht vorkommen können, — der Bericht weist nach, daß in dieser Beziehnng Alles geschehen ist. Selbst die Frage, ob die Schiffe bereit waren an dem Tage des Ausgehens, ist in dem Bericht durch Anführung der Worte, die das Gericht selbst gebraucht hat, klar gelegt. Ich glaube also, daß das, was einem so schreienden Unglücksfalle gegenüber von der Nation gefordert werden kann, nämlich der Nachweis, daß Alles ge⸗ schehen ist, um solchen Unglücksfällen vorzubeugen, daß dieser geführt ist. Dagegen ist alles das fern gehalten, was der Kommandostelle angehört und was von jeher nach alien Traditionen allein dem Kriegsherrn gebührt zu entscheiden und zu regeln.
Der Abg. Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode erklärte, wenn bislang in dieser Sache von seiner Partei das Wort nicht ergriffen worden sei, so bitte er dies nicht als einen Mangel an Theilnahme an dem beklagenswerthen Unglück deuten zu wollen. Es entspreche den Grundsätzen seiner Par⸗ tei, daß sie eine Einmischung in die Exekutive der Reichs⸗ regierung nach Möglichkeit zu vermeiden suche, namentlich dann, wenn es sich wie im vorliegenden Falle um ein mili⸗ tärisches Ereigniß handele, welches dem Spruche eines Kriegs— gerichtes unterbreitet sei. Daß der Antrag des Abg. Hänel in feinen Konsequenzen dazu führen könne, daß die Urtheile der Kriegsgerichte der parlamentarischen Kritik unterzogen würden, sei nicht zu leugnen. Wenn aber der Antrag diejenigen Fragen unberührt lassen wolle, welche dem Kriegsgericht zur Entscheidung vorgelegen ,, wenn der Antrag sich darauf beschränke, die mittel⸗
aren Ursachen der Katastrophe zur Kenntniß des Reichstages bringen zu wollen, so habe der Chef der Admiralität dem gegenüber die Erklärung abgegeben, daß ein weitergehender Bericht, als die im „Marine⸗Verordnungsblatt“ veröffentlichte Darstellung höheren Interessen widersprechen würde. Die Thatsache, daß ein tiefgehendes Mißtrauen gegen die Verwal⸗ tung der Marine in weiten Kreisen verbreitet sei, müsse er zugeben, und er müsse auch zugeben, daß die Veröffentlichung im „Marine-Verordnungsblatt“ dieses Mißtrauen nicht habe beseitigen können. Ueber die Frage, welche mittelbaren, im System der Verwaltung liegenden Ursachen bei Herbeiführung der Katastrophe mitgewirkt hätten, enthalte er sich des Urtheils, denn ohne im Besitze des vollen Materials zu sein, könne er sich ein volles Urtheil nicht bilden, und auf die Bildung eines . Urtheils verzichte er. Wenn aber im Laufe der Unter⸗ uchung Mängel in der Marineverwaltung zu Tage getreten seien, welche mittelbar den Unglücksfall verschuldet hätten, und welche auch in Zukunft die Sicherheit der deutschen Schiffe und das Leben der Mannschaften gefährden könnten, so erwarte er, daß diese Mängel beseitigt würden. Aus den angegebenen Gründen und in dieser Erwartung werde er und seine Freunde gegen den Antrag Hänel stimmen.
Der Abg. Dr. Lasker erklärte, da sich seine und seiner Freunde Erwartungen, es werde dem Hause ein amtlicher
ericht unterbreitet werden, nicht erfüllt hätten, und man an⸗
nehmen müsse, es sei nun die endgültige Entscheidung in der ganzen Sache getroffen, so sei er gezwungen, schon heute in die Verhandlung über diesen Vorfall einzutreten, obschon er zu⸗
Gr ste eit age . zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗ Anzeiger.
Berlin
in gewisser Hinsicht das Material nicht genügend unterbreitet sei. Er gebe dem Abg. Grafen Stolberg vollkommen Recht, daß es ein sehr schlechter Vorgang wäre, die Urtheile der Kriegsgerichte zu kritisiren und ihnen ein Urtheil des Reichs— tags entgegenzustellen. Er hätte gewünscht, auch die Ver⸗ waltung hätte eine solche Kritik nicht gegeben; er werde zeigen müssen, daß die Verwaltung sich darüber hin⸗ weggesetzt habe. Die Vorgänge gäben aber nicht blos den Anlaß, um die Schuld oder Nichtschuld ein⸗ zelner Personen festzustellen, und zu erörtern, ob eine Strafe verhängt oder Freisprechung erfolgt sei, sondern es seien genügende Thatsachen vorhanden, um die Einrichtung in der Verwaltung der Marine kritisiren zu können. Denn das sei wahr: es gehe ein tiefes Mißtrauen gegen die Marine— verwaltung durch weite Kreise des Volkes. Darauf laufe seine Bitte hinaus, daß in Zukunft bessere organisatorische Einrichtungen getroffen würden, um die Gefahr auszuschließen, welche mit einer völlig autokratischen Verwaltung, und wäre es die eines noch so bedeutenden Mannes, immer verbunden sei. Bei der deutschen Landgrmee beständen, irotz der an⸗ erkannt tüchtigen Verwaltung, Inspektionen; bei der Marine sei davon keine Rede. Bis zur Ernennung des Ministers von Stosch hätten Kontrollen der Verwaltung bestanden, unter seiner Verwaltung seien dieselben eine nach der andern abgeschafft. Die vielfachen Ungiücksfälle, welche in dieser Zeit die deutsche Flotte betroffen hätten, forderten eine offene Be⸗ sprechung dieser Verhältnisse, man sollte sie nicht mit dem Mantel der Liebe oder mit dem Mantel der Abneigung, wie dies der Abg. Graf Stolberg gethan habe, bedecken. Vor dem Amtsantritt des Ministers von Stosch sei unter Kontrasignatur des Reichskanzlers und des Grafen von Roon in einer Kaiserlichen Verord⸗ nung bestimmt, daß der Admiralitäts-Nath unter gewissen Umständen vom Chef der Admiralität obligatorisch gehört werden müsse. Diese Verordnung sei bis jetzt amtlich nicht publizirt und der Minister von Stosch habe erklärt, daß er von diesem Admiralitäts⸗Rath niemals Gebrauch gemacht habe. Der Minister habe seine Abneigung gegen die Majoritäts⸗ beschlüsse hervorgehoben, die doch am allerwenigsten am Platze sei bei Kollegien, die nur ein Gutachten abzugeben hätten, über welches sich der betreffende Chef der Verwaltung hinwegsetzen könnte. Thue derselbe dies, so sei seine Verantwortlichkeit bei vorkommenden Fehlern um so größer, um so größer aber auch sein Ruhm, wenn derselbe gegen das Gutachten der Majorität etwas Gutes geschaffen habe. Es gehöre doch nicht zu den Merkmalen eines tapferen Mannes auch in technischen Dingen nicht einmal, ein Sachverständigenurtheil an⸗ zuhören. Hätte die Führung der Marine bis jetzt zu keinen Klagen Veranlassung gegeben, so lönnte dies als eine Sache der innern Verwaltung hingehen. Leider aber seien ihre Un⸗ glücksfälle dadurch mitverschuldet, daß keine organisatorische Vorsichtsmaßregel getroffen sei, um Irrthümer eines einzelnen Mannes beseitigen zu können. Rußland, England und Frank⸗ reich mit ihren älteren Erfahrungen hätten solche Kontrolen, Deutschlands junge Flotte solle sie entbehren können und das junge Gebäude sei aus Mangel solcher Stützen geborsten. Das Unglück vom 31. Mai 1875 stehe leider nicht allein, die Ereignisse hätten gezeigt, daß aus einen bestimmten System herausgearbeitet werde, welches diese Früchte getragen habe. Ver⸗ körpert habe es der Chef der Admiralität im März 1879 in drei Per⸗ sonen: in sich selbst, im Admiral Batsch und im Kapitän Blanc. Der Bericht über das Unglück vom 31. Mai 1878 ergebe Folgendes: Am 6. Mai sei die erste Anordnung ergangen, nach der die vier Panzerschiffe „König Wilhelm“, Großer Kurfürst“, „Preußen“ und „Friedrich der Große“ sich vor⸗ bereiten sollten, als Geschwader auszugehen. „Friedrich der Große“ sei beim Auslaufen auf Grund gefahren und habe deshalb zurückbleiben müssen, es sei daher angeordnet, daß an seiner Stelle der Aviso „Falke“ auslaufen sollte, wobei er be⸗ merke, daß auch dieser nicht seebereit gewesen sei. Als am 27. die Ordre zum Auslaufen gegeben sei, habe deshalb der „Falke“ zurückbleiben müssen. Von den Schiffen, die nun ausliefen, sei Preußen“ das einzige Schiff, welches bisher im Geschwader ausgelaufen gewesen sei. Der „Großer Kur⸗ fürst“ sei dagewesen, ein völlig neues Schiff, das noch nicht ein⸗
noch Arbeiten hätten gemacht werden müssen. Ueber die Inspektign der Schiffe sei ein Bericht nicht erstattet worden, sondern sie seien sofort in See gegangen. An dem Unglückstage seien die Schiffe zunächst in Intervallen von 400 m, dann von 100 m gefahren; da das eine Schiff 94, das andere 198 m lang sei, fo hätten sie bei einer Wendung, in welcher das eine Schiff den Nadius des Kreises, den die Wendung beschreibe, bilde, mit mathematischer Nothwendigkeit zusammenstoßen müssen. In dieser gefährlichen Situation sei weder der Admiral noch der Commandeur des Flaggenschiffes auf Deck gewesen. Die Leute am Steuer seien nicht alles geübte See⸗ leute, einige erst wenige Monate eingestellt gewesen, so daß Offiziere und Mannschaften sich gegenseitig noch nicht genügend gekannt hätten. Die Verschlußthüren der einzelnen Komparte⸗ ments seien offen gewesen, und da nach einem physikalischen Gesetze das Wasser durch alle offenen Räume der doppelten Schiffsbekleidung so lange fließe, bis es innen dieselbe Höhe habe, wie außen, so sei das Kentern erfolgt. Dafür habe man den Grafen Monts verantwortlich gemacht. Das Kriegsgericht habe denselben aber freigesprochen. Als der „Größer Kurfürst“ gesunken sei, sei die Hälfte der Mannschaft gerettet worden theils durch englische Fischerboote, theils durch die Boote des „König Wilhelm; dagegen habe „Preußen“, obwohl bei der Kollision unbetheiligt und ganz aktionsfähig, gerade nur 2 Personen gerettet, und zwar durch den Ingenieur des Schiffes. Der Commandeur habe es für seine Pflicht gehalten, unthätig zuzusehen, wie seine Kameraden im Wasser versunken seien, ohne irgend etwas zu ihrer Rettung zu thun. Der Admiralitätschef habe das gebilligt, die Leute hätten sich reglementsmäßig verhalten. Dem Laien dagegen wolle nicht einleuchten, daß Hunderte von. Menschen einem Reglement zu Liebe untergehen müßten, jedenfalls nicht in
mal gänzlich fertig gestellt gewesen sei, sondern an welchem
Stosch habe ferner für die enge Fahrordnung, die
Admiral Batsch angeordnet, nicht nur keinen Tadel,
sondern sogar Anerkennung gehabt, schon ehe das Kriegs⸗
gericht gesprochen; derselbe habe gesagt, bei einem
schneidigen Offizier komme es vor, daß er sich etwas mehr
erlaube. Unmittelbar nach dem verurtheilenden Spruch des
Kriegsgerichts fei dieser selbe Admiral zum Stellvertreter des
Chefs der Verwaltung ernannt; sei in irgend einer Nation
schon Derartiges vorgekommen? Er leugne es. Das Kriegs⸗
gericht wenigstens habe nur das Verschulden des Admirals
konstatirt und kein konkurrentes Verdienst. Ein Erstaunem
sei durch das ganze Land gegangen, als eben ganz kurze Zeit
nach dem Urtheil wie zur Belohnung die Berufung zum
Stellvertreter erfolgt fei, über seine Rangerhöhung lasse er sich
hier nicht aus. Die Thatsache fei, daß jetzt das System geleitet
werde vom Minister von Stofch, und daß derfelbe der thatsachl iche
Vertreter der Verwaltung und fein Adjutant Admiral Batsch
und Kapitän Blanc seien, eben jener Commandeur
des Schiffes „Preußen“. Kollisionen seien in der
deutschen Flotte. noch, mannigfach vorgekommen und
zweimal sei dabei schon früher der Admiral Batsch betheiligt
gewesen. Einmal sei eine Beschädigung noch vermieden wor⸗
den, ein anderes Mal sei fie eingetreten. Es werde außerdem
vom Auffahren eines Schiffes im Kieler Hafen berichtet.
Wenn er bedenke, daß der Chef der Admiralität die gesammte
Verantwortlichkeit auf sich genommen und jede gutachtliche
Hülfe des Admiralitätsraths ausgefchloffen und alle Vorsichts⸗
maßregeln, welche die schiffahrenden Nationen für nothwendig
hielten, außer Acht gelassen habe, so fei die Gefahr für die
Zukunft, falls nicht Vorsichtsmaßregeln getroffen würden, eben
so groß wie der Schaden, den die deutsche Marine in der
Vergangenheit erlitten habe. Der Chef der Admiralität habe
aus den unglücklichen Ereignissen nicht die richtige Lehre ge⸗
zogen; derselbe habe den vom Kriegsgerichtsurtheil am meisten
betroffenen Offizier zu seinem Stellvertreter ernannt. Der Chef der Admiralität habe sich damit entschuldigt, daß das Personal der Flotte unzureichend sei und bei der kurzen Dienstzeit überarbeitet werden müßte. Auch das Ge⸗ richt sei zu dem Resultat gekommen, daß die Ueberarbeitung
ein entschuldigendes Moment sei; aber dies gehöre zur Ver⸗ antwortlichkeit der Verwaltung; sie müsse in diesen Dingen Abhülfe schaffen. Als er gehört habe, daß für das neu in Dienst zu steilende Schiff kein Bestand von Mannschaften und
Offizieren vorhanden sei, sondern diese unvorbereitet zufam⸗ mengerufen werden sollten, habe es ihm unbegreiflich geschienen, denn solche improvisirte Irganifationen müßten zu Reibungen aller Art führen. Es sollte dies wohl eine Art schneidiger Manifestation sein, daß das junge Deutschland mit seiner . schneller und mit geringeren Vorbereitungen zur Stelle ein könnte, als die alten Seestaaten es seien. Selbst wenn das Unglück nicht eingetreten wäre, wäre diese Handlung eine unverantwortliche gewesen. Diesem Streben, äußerlich schneidig zu sein, ohne daß die Bedingungen gegeben seien, welche zur Sicherheit nothwendig seien, schreibe er das Unglück zu. Das Kriegsgericht habe zu keinem Urtheil kommen können, wer die Schuld an dem Unglück habe, daß der „Großer Kur⸗ fürst“ zum Kentern gekommen sei. Er gönne den betheiligten Personen ihre Freisprechung, aber weder der deutschen Flotte noch dem Lande sei es zu gönnen, daß solche Personen aus⸗ gezeichnet und zu Trägern der verantwortlichen Verwaltung ernannt würden. Die Gutachten der Sachverständigen, welche das Schiff als noch nicht seetüchtig bezeichnet hätten, seien nicht mitgetheilt. Nachdem ein so schweres Unglück über die Nation herbeigeführt worden sei, sei es der mindeste Anspruch, daß fortan eine Srganisation eingerichtet werde, welche der⸗ artige Unglücksfälle ausschließe. Jedes Unglück sei erhaben. wenn man die richtige Lehre daraus ziehe, es werde aber zum doppelten Unglück und zum Verschulden zugleich, wenn das,. was sich als Nothwendigkeit gezeigt hahe, noch fort und fort vernachlässigt und der Eigenwille den offenkundigen Thatsuchen entgegengestellt werde.
Hierauf nahm der Chef der Kaiserlichen Admiralität, Staats⸗Minister von Sto sch, das Wort:
Ich habe aus der Rede des Herrn Vorredners nicht den Eindruck empfangen, daß die Veröffentlichungen unzureichend gewesen sind, denn derselbe hat aus denselben Stoff gefunden, die härtesten An⸗= klagen gegen Personen und Dinge vor dem ganzen Lande auszu- sprechen. ;
Die Urtheile, die über Personen neben mir gefallen sind, will ich augenblicklich nicht berühren, nur ein Wort vorweg sagen. Als nach dem jähen Schreck, der dem Unglück folgte, in der Manine und im Lande der Ruf „System Stosch“ erscholl und dieses weitergearbeitet wurde, geschah, was wir sonst bei unglücklichen Kriegen erlebt ba ben. daß nach verlorenem Gefecht der kleinmüthige und der schlechte Soldat, der nicht das Gefähl hat, seine Kraft einsetzgan zu müssen für das Unglück seiner Truppe, es vorzieht, dem General den Ver- räther an den Kopf zu werfen und nun dauernd alle seine Mühe und Kraft nur darauf verwendet, diesen Ausdruck wahr erschtinen zu lassen. Die Ghre der Truppe hat dem nicht am Herzen gelegen, der in der Art vorgegangen und die Oeffentlichkeit benutzt hat, um der Marine Flecken auf Flecken aufzuerlegen. J .
Was nun die Rede des Herrn Vorredners im einzelnen betrifft, so will ich sie der Reihenfolge nach durchgehen. Der Aus⸗ spruch, daß der General - Inspecteur der Marine abgeschafft worden ist, wie ich meine beutige Stelle übernahm, beruht auf einem Irrihum. Im Jahre 1861 wurde die Marine 6 und damals das Bberkommando neben dem Marine Ministerium eingesetzt. In der Reihe der Jahre gewann in der Admiralität oder in der Marine die Ueberzeugung Raum, daß die Organisation falsch sei, und Ter Oberstkommandirende der Marine stellte den Antrag. diese Stelle außulösen und mit dem Minifterium zu vereinigen. Die Organisation war so, daß zwei feindl iche Brüder nebeneinander sich in ein Geschäft tbeilten, was für den Ginzelnen gerade hin= reichte, getheilt aber viel zu klein und izeinonder greifend war, und aus dieser Ueberzeugung heraus wurde im Jahre 18790 bei Beginn des Krieges das Oberkommando aufgelöst.! um die deistungẽfãhigleit der Marjue sicher zu machen und die gauze Gewalt in dem Mi⸗ nisterlum vereinigt. Als nach dem Kriege die Frage mit der Rück= kehr des damaligen General-⸗Inspectenrt, des Prinzen , , nen
auftrat, ob man das Oberkommande wieder einrichten sollte, da er · klärte der m sich gegen diese durcaus falsche Maßregel, er, der so und so lange das Kommando gehabt hat und das lebhafteste
] * friedlichen Jil wo höchstens die Analogie des Manö⸗
geben müsse, daß, wie der Abg. Graf Stolberg erklärt habe,
vers herangezogen werden könne. Der Minister von
nterefse für die Gniwickefung der Marine gejeigt hatte. In Folge 5 in unde dem Prinzen nur eine Inspektion gegeben.