vorigen Jahresberichts 821. In diesem Jahre besuchten die Anstalt
Sommersemester im Ganzen 797, im Wintersemester im Ganzen 803 Schüler. Die Abiturientenprüfung legten ab und wurden mit dem Zeugniß der Reife entlassen zu Ostern 1879 13 und zu Michaelis 1879 ebenfalls 13 Schüler. Außerdem verließen die Anstalt im Laufe des Schuljahres 137 Schüler.
— Von der in der L. Schwannschen Verlagshandlung zu Düsseldorf erscheinenden Sammlung: „Vorträge für Gewerbe Vereine, ingleichen für Lesegesellschasten, Handwerker und Volks— bildungsvereine, herausgegeben von Oskar Förster,. Bürger meister a. D., ist jetzt das fünfte Heft erschienen. Der Inhalt dieses Heftes besteht aus folgenden sechs Abhandlungen: 1) Ueber die Vorurtheile, welche noch viele Gewerbetreibende gegen das Kunst⸗ gewerbe hegen. 2) Ueber die Mittel zur Bekämpfung des allgemeinen Nothstandes, mit Rücksicht auf die Verhältnisse in Oberschlesien. D Die Reform des gewerblichen Lehrlingswesens, von Sltadtrath Kaiser in Zwickau. I Sollen Gesellen bei den zu bildenden Innun gen das Recht haben, die Versammlungen zu besuchen? 5) U ber Sparsamkeit. 6) Die Nahrung mittel und deren Konservirung, ver faßt vom Apotheker Chr. Levsen. Die drei ersten Aufsätze behandeln drei Kardinalfragen des Gewerbestandes. Der erste Vortrag, der die gegen das Kunstgewerbe herrschenden Vorurtheile bekämpft, das Wesen des Kunsthandwerks beleuchtet und richtig markirt, wer das Kunstgewerbe pflegen soll, weist nach, wie durch das Kunstgewerbe auch das solide Nutzhandwerk zu größerem Ansehen gelangen kann, weil dadurch denjenigen Elementen des Handwerkerstandes der Unter⸗ gang bereitet wird, die ihr Handwerk nicht gehörig verstehen. Damit wird dann auch der wunde Punkt von der Standesehre geheilt. Der zweite Vortrag behandelt die Nothstandsfrage, indem der Ver— fasser ausführt, daß, obwohl verschiedene Anzeichen dafür vor— handen seien, daß unsere wirthschaftlichen Verhältnisse bessere würden, man deshalb den Ruf der Noth, welcher aus verschiedenen Gauen Deutschlands laut geworden, nicht überhören und sich nicht einer Selbsttäuschung hingeben dürfe, sondern man müsse daran arbeiten, daß gründlich geholfen werde. Der dritte Vortrag, welcher die Reform des Lehrlingswesens bespricht und vom Stadtrath Kaiser in Zwickau herrührt, ist mit großer Sachkenntniß geschrieben. Der Vortragende faßt das Uebel an der Wurzel, indem er nachweist, daß nur durch eine bessere Unterweisung und strengere Zucht der Lehr— linge der Gewerbestand gehoben werden könne, denn gutgeschulte und wohlerzogene Lehrlinge würden brauchbare Gesellen, und diese einst tüchtige Meister werden. — Der Preis eines Heftes dieser Samm⸗ lung von empfehlenswerthen, und von der Presse sehr günstig beurtheilten Vorträge beträgt 1ů50 M, doch tritt bei der Entnahme von mehr als 2 Exemplaren eine namhafte Preisermäßigung ein.
— In dem dieg jährigen Osterprogramm des Eymnasiums und der Realschule 1. Ordnung zu Rostock geht den Schulnach⸗ richten die Rostocker Chronik von 1487—1491 ‚Von der Rostocker Veide“ vorauf. Dieselbe enthält den Bericht eines Augenzeugen, eine zum Theil tagebuchartige Aufzeichnung über die Unruhen in Rostock bei Errichtung des mit der Universität zu ver bindenden Domkapitels. Sie beginnt mit dem Einreiten der Her— zöge und Bischöfe in Rostock 1487, 8. Januar, und endet mit der Austragung des Streits 14051; sie ist mit Krantz' Wandalig die eigentliche Quelle für die Geschichte dieser
ehde. Ihr unbekannter Verfasser, wahrscheinlich ein Geist— icher, war, wie klar hervortritt, ein Rostocker von Geburt, und erweist sich in seinen Mittheilungen als durchaus unparteiisch. Bis jetzt war diese Rostocker Chronik von der Domfehde noch nie im Druck herausgegeben, obwohl vielfältig in einer späteren Um⸗ arbeitung und Uebersetzung in höchst mangelhaftem und entartetem Zustande bekannt gemacht. Der Direktor der genannten Anstalt, Pr. K. H. Krause hat nun in dem vorliegenden Osterprogramme jene Chronik aus einer sehr genauen Abschrift des Dr. Val. Gerdes vom Jahre 15658 zum ersten Male veröffentlicht und dieselbe mit Anmerkungen sowie mit einer bezüglichen Einleitung versehen. Die Handschrift, aus der die Chronik hier abgedruckt ist, wurde von 8 n Beitr. zur Mecklenb. Geschichts kunde J, S. XIII. — XVI., eschrieben.
Gewerbe und Sandel.
Auszug aus dem Verwaltungsberichte der Reichs bank für das Jahr 1879. Der Gesammtumsatz der Reichs— bank hat im Jahre 1879 betragen 47 458 751 900 ½ gegen das Vor⸗ jahr von 44 254713 700 AS, mithin mehr 3 204 038 260 SS Der Ban kzintfuß berechnet sich im Durchschnitt des ganzen Jahres 1879 auf 3,7090 für Wechsel und 4,680½ für das Lombard. Bank⸗— noten sind durchschnittlich 667 675 000 S im Umlauf und mit S0 o durch Metall gedeckt gewesen. Die Grundstücke hatten am 31. Dezember 1879 einen Buchwerth von 17 950 600 S, Oer Reservefon ds beläuft sich auf 15528 5322 F 91 5. An Wechseln wurden gekauft oder zur Einziehung übernommen 2 385 700 Stück über rund 3 416 169 100 SJ. Von den am 31. De⸗ zember 1879 im Bestand gewesenen Diskonto“ und Remessenwechseln waren fällig: binnen 15 Tagen 159 735 350 „Ss, binnen 16— 30 Ta—⸗ gen: 72370 810 AK, binnen 31—60 Tagen 965 223 750 , binnen 61-90 Tagen 58 578 3300 S An Lomhard-⸗Dar⸗ lehnen wurden 623 402 980 ½ς ertheilt. Die durchschnitt⸗ liche Wechsel⸗ und Lombard⸗Anlage betrug 381 306 006 (. Am Schlusse des Jabres 1879 blieben Darlehne mit S5 414 370 „0 ausgeliehen. Im Giroverkehr wurden, mit Einschluß des aus dem Jahre 1878 verbliebenen Guthabens von rund 106 Millionen, theils durch Baarzahlung, theils durch Uebertragungen vereinnahmt, rund 15322 Millionen Mark, verausgabt rund 15194 Millionen Mark. Der Rest von rund 128 Millionen Mark nebst ca. 26 Millionen schwebender Uebertragungen verblieb als Guthaben am 31. Dezember 1879. Bei dem Comtoir für Werthpapiere waren am Schlusse des Jahres 1879 Effekten im Nominalwerthe von 785 908 186 M in 2368 verschiedenen Gattungen deponirt. Bei 1973 902 Stück der Werthpapiere war dem Comtoir die Kontrole über die Verloosung übertragen. An Zinsen bezw. Dioidenden von den deponirten Effekten wurden im Laufe des Jahres 28 594 562 S 51 3 eingezogen.
Der Bruttogewinn für 1879 hat betragen 15 973 526 , 70 3. Davon gehen ab: 1) die Verwaltungskosten mit 5 328 259 . 93 8, 2) die Vepositenzinsen mit 61 169 M 35 3, 3) für Bank⸗ noten Anfertigung 105 412 M6 87 8, 4) die an den preußischen Staat gemäß 5§. 65 des Vertrages vom 17/18. Mai 1875 gezahlten 1865730 46, 5) für zweifelhafte Wechsel forderungen reservirte 1681 073 M 43 3, 6) an uneinziehbaren Buchforderungen 7762 ½ 39 g, zusammen 9 049 407 ½ 97 8, bleibt Reingewinn 6 924118 S½ 75 3. Von letzterem erhalten: 1) die Antheilseigner 4 ½ von 120 060 000 — 5 400 000 M, 2) der Reserve⸗Fonds 304 823 M 73 , zusammen 5 704 823 S 73 8, und vom Ueberrest von I2I9 295 . die Reichskasse 609 647 ½S6— 59 8, die Antheilseigner 609 647 S 50 g. Summa wie oben 1219 295 „S6. Dem Gewinnantheil der Antheilseigner von 609 647 AÆ 50 tritt hinzu der ultimo 1878 unvertheilt gebliebene Rest von 436 M6 37 , sind überhaupt 610 983 M 87 J. Auf jeden Antheilsschein der Reichsbank sind hiernach als Rest⸗Dividende 15 A, auf sämmt⸗ liche 40 000 Antheile also 600000 S6 zu zahlen. Die übrigen 19083 M 87 9 bleiben der späteren Berechnung vorbehalten. Die Antheilseigner erhalten demgemäß pro 1879 für jeden Antheil von 3000 M im Ganzen einen Betrag bon 5 oso.
— Der Geschäftsbericht der Han seatischen Feuer⸗Ver⸗ sicherungs-Gesellschaft in Hamburg hebt hervor, daß die Er= böhung des Aktienkapitals auf 3050 0090 SMι im vergangenen Jahre abgeschlossen wurde. Die Prämien⸗Cinnahmen haben nach dem Ge⸗ schäfts berichte wiederum zugenommen; in . der vermehrten Brand⸗ schäden erhöhte sich der Ueberschuß indessen nur von 205 185 „S6 des Vorjahreg auf 209 559 6 Nachdem hiervon 12 665 M½ für ange— meldete Schäden reservirt und der rechnungsmäßigen Summe der Prämienreserve von 121 635 M noch weitere 26 364 ½ zugeschrieben wurden, so daß sich dieselbe auf 148 000 S oder 8,6 C0 der Prä—
gemäßer Dotirung des Reservefonds, welcher sich inkl. Zinsen auf 62 613 „ erhöht, zusammen 79½ν des eingezahlten Aktienkapitals an die Aktionäre zur Auszahlung.
Leipzig, 25. März. (W. T. B.) Die in der bevorstehenden Ostermesse in den Räumen der Leipziger Börsenhalle abzuhaltende Garnbörse wird am Montag, den 12. April er, ihren Anfang nehmen.
Pe st, 24. März. (W. T. B.) Die Generalversammlung der ungarischen Kreditanstalt genehmigte die Anträge der , die Auszahlung der Dividende von 265 Fl. per Aktie ab 1. April.
London, 23. März. (Allg. Corr.) Die Indo⸗Europäische Telegraphengesellschaft vertheilt für das am 31. Dezember 1879 verflossene Halbjahr eine Dividende von 17 sh 6 d per Aktie, was mit der bereits gezahlten Interims⸗Dividende 60 für das Jahr 1879, frei von Einkommensteuer, ausmacht.
Verkehrs ⸗Anstaltemn.
Vom l. April d. J. ab findet die Abfahrt und Ankunft der Courier⸗, Personen und gemischten Züge der Berlin⸗Wetzlarer Bahn nicht mehr vom Dresdener Bahnhofe, sondern vom Potsdamer Bahnhofe in Berlin und zwar in der Weise statt, daß die Beförderung der Züge anstatt über Halensee nunmehr über Zehlendorf nach Vreilinden (Wannsee) erfolgt.
—. Man schreibt uns aus Dresden, 14. März: In Kurzem wird hier eine neue Zeitschrift erscheinen, welche sich ausschließlich der Fluß und Kanalschiffahrt und der Flößerei widmen soll, — „Das Schiff, Zeitung für die gefammten Interessen der Binnenschiffahrt“. Es ist bereits eine Reihe tüchtiger Kräfte für dieses Fachblatt — das erste auf dem Gebiete — ge— wonnen, unter denselben E. Bellingrath, der bekannte Verfasser des Werkes über den modernen Bau und Betrieb von Kanälen. Tas Blatt, welches wöchentlich erscheinen soll, ist vom sächsischen Schiffer⸗ verein zu seinem Organ erwählt und vom Elbeverein seinen Mit⸗ gliedern warm empfohlen worden. Am 17. d. Mts. wird in Berlin der Ausschuß des Centralvereins für Hebung der deutschen Fluß— und Kanalschiffahrt der Frage näher treten, welche Stellung er gegenüber dem „Schiff“ einnehmen will. Darüber aber ist schon jetzt kein Zweifel, daß die neue Zeitschrift in engster Verbindung mit jenem Verein redigirt werden wird. Auch Mitglieder des Donau⸗ vereins und mehrere Kanalvereine haben dem Blatt, welches sich übrigens auch den Interessen des Schiffbaues, der anderen Hülfsindustrien und des Flußversicherungswesens widmen soll, ihre Unterstützung zugesichert.
Southampton, 24. März. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Rhein“ ist heute hier eingetroffen.
New⸗Jork, 24. März. (W. T. B.) Der Da mpfer England“ von der Na tional⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Berlin, 25. März 1880.
Am 23. März verhandelte das Ober⸗Seeamt unter dem Vorsitz des Geheimen Ober-Regierungs⸗Raths Dr. von Möller über die Beschwerde des Reichskommissars, betreffend den Spruch des Seeamtes zu Emden über den Seeunfall des deutschen Kuffschiffes „Hilkelina Gerhardina“ von Neuharlingersiel.
Das genannte Schiff befand sich im Oktober 1878 auf einer Reise von Riga nach Leith, unter Führung des Schiffers Egberts, im Kattegat und stieß dort in der Nähe des Trindeler Feuerschiffeß am 24. Oltober Abends gegen 11 Uhr mit der norwegischen Brigg „Eenigheden“ zusammen. In Folge dieses Zusammenstoßes war die Kuff so stark beschädigt, daß der Schiffer Egberts es zur Rettung der Besatzung, da das Wetter sehr stürmisch war, für nothwendig erachtete, als sich ihm am nächsten Tage die Gelegenheit bot, das Schiff aufzugeben und sich mit seiner Mannschaft an Bord der passirenden finnischen Brigg „Conrad“ zu flüchten. Die Kuff ist später in stark beschädigtem Zustand an der schwed schen Küste bei Gullholmen angetrieben.
An Bord der Hilkelina Gerhardina“ hatte zur Zeit des Zu—⸗ sammenstoßes der Steuermann Harders die Wache; gleichzeitig lag ihm hierbei der Ausguck ob. Derselbe war nach dem Unfall ver⸗ schwunden, fand sich jedoch später an Bord der Brigg „Eenigheden“ wieder. Wie er behauptet, weiß er nicht, auf welche Art er von seinem Schiffe auf das fremde Schiff gelangt ist. Es sei hier noch erwähnt, daß Harders auch ein Befähigungszeugniß als Schiffer für große Fahrt besitzt.
Dag Königliche Seeamt zu Emden hat diesen Seeunfall unter—⸗ sucht und seinen Spruch, wie folgt, abgegeben;
Der Verlust des Schiffes „Hilkelina Gerhardina“ von Neu— barlingersiel ist darauf zurückzuführen, daß der dermalige Steuer- mann des Schiffes, Harders, im Ausguck nachlässig gewesen ist, gleichwohl ist demselben jedoch die Befugniß zur ferneren Aus übung seines Gewerbes zu belassen.
In den Gründen zu diesem Spruche wird ausgeführt, daß die Kuff zum Ausweichen verpflichtet gewesen sei, weil sie vor dem Winde segelte; diese Verpflichtung wurde auch von dem Steuermann Harders nicht bestritten, und entschuldigt sich derselbe nur damit, daß er die Brigg „Eenigheden zu spät gesehen habe. Da das Wetter aber nach allen Zeugengussagen feuersichtig gewesen sei, so habe bei pflichtmäßiger Aufmerksamkeit auch Harders das gegensegelnde Schiff rechtzeitig entdecken müssen. Daß dies nicht geschehen, beweise eine Nachlässigkeit, welche dem Harders zur Last zu legen sei. — Das Verhalten desselben nach dem ersten Erblicken des rothen Lichts der Brigg „Genigheden. sei durch die bisherige Beweisaufnahme nicht völlig aufgeklärt. Seien jedoch die Angaben des Harders selbst richtig, nämlich, daß er in jenem Augenblick ausgerufen habe: „Herr Jesus, ein rothes Licht, ohne überhaupt ein Ruderkommando abge— geben zu haben, so würde darin nur ein Beweis seiner Unentschlos⸗ senheit und Korflosigkeit gefunden werden können.
Auch die Angabe des Harders, daß er unabhängig von eigener Willensbestimmung lediglich in Folge des Zusammenstoßes der bei⸗ den Schiffe auf die Brigg „Eenigheden“ hinübergeschleudert sei, er⸗ schien durchaus unglaubwürdig, da das letztere Schiff das größere gewesen sei, es sei vielmehr anzunehmen, daß der Uebergang des Steuermannes auf die Brigg lediglich auf dessen eigene freie Ent⸗ schließung zurückgeführt werden müsse. Darnach hätte dann aber der Steuermann, welcher noch in völliger Unkenntniß über die Fol⸗ gen des stattgehabten Zusammenstoßes, das eigene Schiff unbeküm⸗ mert um das Schicksal desselben und seiner Besatzung, lediglich auf die Rettung seines Lebens bedacht, heimlich verließ, nicht den Muth und diejenige Pflichttreue bewiesen, welche von ihm als Schiffsoffizier bätte erwartet werden müssen.
Nach diesen Ausführungen lasse sich zwar nicht verkennen, daß die Untersuchung zu erheblichen Zweifeln darüber Veranlassung ge— eben, ob nicht der Steuermann Harders, welcher auch ein Be— , als Schiffer auf großer Fahrt besitze, der zu ferneren Ausübung des Gewerbes als Schiffer und Steuermann erforderlichen Qualifikation entbehre; da es indessen an direkten Beweisen fehle, babe daz Seeamt Bedenken getragen, dem vom Reichskommissar ge⸗ stellten Antrage, dem Harders die Befugniß zur ferneren Ausübung seines Gewerbes zu entziehen, zu entsprechen.
Hinsichtlich des Verlassens der „Hilkelina Gerhardina“ durch ihre Besatzung erhebt daz Seeamt einen Vorwurf gegen den Schiffer Egberts nicht Die Befürchtungen des Schiffers seien zwar nicht vollständig begründet gewesen, da das von der Mannschaft verlassene Schiff späterhin an der schwedischen Küste auf den Strand getrieben sei. Es läge jedoch kein Grund vor, zu bezweifeln, daß Egberts, wenn er auch die Gefahr überschätzt habe, nach pflichtmäßiger Ueber⸗ zeugung gehandelt habe.
Auch dem Führer der norwegischen Brigg „Eenigheden“ wird ein Vorwurf daraus nicht gemacht, daß er sich nach dem Zusammenstoße
weil sein eigenes Schiff selbst erhebliche Beschädigungen bel dem Unfall erlitten habe, weshalb es ihm zunächst oblag, für die Sicher⸗ heit der Brigg Sorge zu tragen.
Gegen diesen Spruch, soweit es den Steuermann Harders an—= betrifft, hat der Reichs kommissar die Beschwerde eingelegt. Derselbe hebt hervor, daß das Seeamt bei der sonst vollständig klaren Sach⸗ lage nur unterlassen habe, die aus dieser Sachlage hervorgehenden Konsegquenzen zu ziehen.
Bei der Verhandlung vor dem Ober⸗Seeamt suchte der Bei⸗ stand des Steuermann Harders in seinen Ausführungen darzuthun, daß der letztere seinen Pflichten in vollem Umfange nachgekommen sei; diese Pflichten des Wachthabenden seien sehr umfassend; er müffe auf die Stellung der Segel, den Kompaß, die Pumpen aufpassen und in erster Reihe guten Ausguck halten. Dies habe er auch ge— than; wenn er dessen ungeachtet die Lichter der Norwegischen Brigg nicht früher gesehen habe, so könne dies nur darauf beruhen, daß diese Lichter mangelhafte und schlecht sichtbare gewesen seien. Daz Verlassen des Schiffes durch den Steuermann erkläre sich leicht da⸗— durch, daß der letztere bei dem ,,, den Anker des fremden Schiffes zu fassen bekommen habe und bei dem Abscheeren der Kuff an demselben hängen geblieben fei.
Das Qber⸗Seeamt entschied:
daß der Spruch des Kaiserlichen Seeamtes vom 10. Jannar er, dahin abzuändern, daß dem Schiffer Harderes die Befugniß zur Ausübung des Schiffer und des Steuermannsgewerbes zu ent— . die baaren Auslagen des Verfahrens aber außer Ansatz zu assen.
Zur Begründung der Entscheidung führte der Vorsitzende aus:
Selbst wenn man annehmen wolle, daß die Laternen der Brigg „Eenigheden“ nicht besonders gut und weit sichtbar gewesen seien, fo stehe es doch außer allem Zweifel, daß sie soweit sichtbar gewesen, um bei pflichtmäßiger Aufmerksamkeit an Bord der Kuff den Zu⸗ sammenstoß vermeiden zu können. Hierzu genügte bei der immerhin nur geringen Fahrgeschwindigkeit der letzteren selost eine kleine Sicht⸗ weite der Laterne, Harders habe also durch einen Mangel an Sorg falt und Aufmerksamkeit den Seeunfall verschuldet.
Was das fernere Verhalten des Harders vor dem Zusammen⸗ stoße anbetrifft, so bestehe ein Widerspruch zwischen der Aussage desselben und der zeugeneidlichen Aussage des Kochs Luense, welcher zur Zeit des Unfalls am Ruder stand. Habe der Steuermann, wie er es benimmt behauptet, nach dem Erblicken des rothen Lichts der Brigg kein Ruderkommando abgegeben, so habe er eine große Unüberlegt⸗ heit bewiesen; habe er dagegen, wie es Luense bekundet, ein Kom mando, und zwar anscheinend das richtige gegeben, so habe er für die Ausführung desselben keine Sorge getragen und sei es dann da—⸗ her gekommen, daß Luense das nn, von dem gethan, was ihm befohlen; es beweise dieser Umstand, daß Harders in Folge der Angst alles, was um ihn herum vorging, ver— gessen habe. Die weitere Aussage des Harders, daß er bei dem Zusammenstoße vom Bord der Kuff an Bord der viel höher liegenden Brigg geschleudert sei, trüge den Stempel der Unwahrheit in sich, weil dies einfach eine Unmöglich— keit gewesen sei. Er sei unzweifelhaft hinübergeklettert, entweder ab⸗ sichtlich — und dann habe er sich feige benommen — oder in bewußt⸗ losem Zustande. Sei die letztere Annahme zutreffend, so sei Harders ein Mann, welcher im Augenblicke der Gefahr, der ein Schiffsoffizier jederzeit mit ruhigem Auge entgegensehen müsse, die Besinnung voll⸗ ständig verliere; einem solchen Mann könne kein Schiff mehr anvertraut worden. Er habe daher einen mehrfachen erheblichen Mangel an solchen Eigenschaften zu Tage gelegt, welche für die Ausübung der Gewerbebefugnisse als Schiffer und Steuermann noth⸗ wendig seien, und sei unter diesen Umftänden die Entziehung dieser Befugnisse eine unabweisbare Nothwendigkeit gewesen. Die baaren Auslagen des Verfahrens seien außer Ansatz zu lassen, weil die Be⸗ schwerde vom Reichskommissar eingelegt sei.
Von dem deutschen Afrikareisenden Dr. Hildebrandt, der seit Jahresfrist abwesend ist, sind bei der Gesellschaft für Erd⸗ kunde Nachrichten aus Madagaskar eingegangen, wonach derselbe, nachdem er das Felsengebirge und die Um sjegend des Flusses Sem⸗ berano durchstreift hat, nunmehr das Innere Madagaskars eingehen⸗ der Forschung unterziehen und im März zunächst nach Antananarivo aufbrechen will. Der Reisende hat bereits eine große Zahl inter⸗ essanter Gegenstände gesammelt und der genannten Gesellschaft jetzt ein Instrument übersendet, dessen sich die Einwohner Madagaskars als Telephon bedienen. Es ist ein Cylinder von Wallnußbaumhol;, der mit einer Viehhaut überspannt ist.
Bragunschweig, 19. März. (Allg. Ztg.) Eine höchst inter⸗ essante Entdeckung beschäftigt im Augenblick fast alle Kreise Braun schweigs. In der sogenannten Burgkaserne, welche vor einiger Zeit in den Besitz der Stadt Braunschweig übergegangen ist und deren Abbruch eigentlich schon von den städtischen Behörden beschlossen war, hat man auf der Ostseite die ursprüngliche Fagade eingemauert gefunden, welche jedenfalls noch aus der Zeit Heinrichs des Löwen stammt. Ein dreitheiliges Fenster, durch zwei äußerst zier— liche Säulen mit romanischen Kapitälen getheilt, ist bereits frei⸗ gelegt. ar t ist vorzüglich erhalten. Weitere Untersuchungen haben festgestellt, daß die ganze Fensterreihe, mehr oder weniger gut erhalten, noch in den Mauern steckt. Es ist außer Zweifel gestellt, daß man die ganze Ost-Fagade des alten Palastes Heinrichs des Löwen werde wiederherstellen können. Man wird dadurch ein Ge⸗ bäude gewinnen, welches ein würdiges Gegenstück zu dem Goslarer Kaiserhause bildet. Bisher war, als sicher aus dem 12. Jahrhun dert herrührend, nur eine Arkadenreihe des Erdgeschosses bekannt. Man hat gegründete Hoffnung, daß nach einer neuen Entdeckung nun das alte Gebäude, würdig restaurirt, wird erhalten werden.
Gestern Abend wurde im Königlichen Sch auspielhause Adrienne Lecouvreur“, das schon früper hier, zuletzt im Residenz ⸗ Theater in Scene gegangene Drama in 5 Akten von Scribe und Legouvs in einer sreien Bearbeitung von H. Grand zur ersten Aufführung gebracht. Das Stück besitzt die Vorzüge Scribe'scher Arbeiten, die Feinheit der Charakterzeichnung und die kräftige Steigerung des Affekts bis zum Schluß, in hohem Grade. Hierin dürften die Gründe liegen, welche den Gast der Hofbtzhne, Frl. Barkany vom Thalia⸗Theater in Ham⸗ burg veranlaßten, dieses Stück zu ihrem ersten Auftreten zu waͤhlen. In der That war die Wahl eine glückliche; denn in dem Grade, wie die Rolle Gelegenheit gab, die Tiefen menschlicher Leidenschaft und die erhabensten Empfindungen der Seele zu zeichnen, wurde die Künstlerin der Rolle gerecht. Eine anmuthige Erscheinung, ein wohltönendes Organ und kräftige Stimmmittel kamen ihr bei der Wirkung, die sie erzielte, zu Hülfe. Auch die Darsteller der übrigen Hauptrollen leisteten Gutes. Die Hauptdarsteller und namentlich der Gast wurden wiederholt durch Hervorrufe ausgezeichnet.
Morgen, Freitag, wird im Flora⸗Etablissement zu Charlottenburg die Ausstellung holländischer Zwiebel⸗ gewächse (Hyacinthen, Tulpen, Crocus) eröffnet werden. Von diesem Tage an wird sich, wie in den früheren Jahren, der Eingang zu dem Etablissement in der Berliner Straße, die Anfahrt für Wagen auf der Rampe an der Spree (Uferstraße) befinden, wogegen die Kasse in der Wilmersdorfer Straße geschlossen ist.
Redacteur: J. V.: Riedel.
Verlaa der Gxpedition (Kessel). Druck: W. El gner. Fünf Beilagen
Berlin:
mieneinnahmen für eigene Rechnung erhöht, kommen nach statuten—
nicht weiter um das Schicksal der deutschen Kuff gekümmert habe,
(einschleßlich Börsen⸗Beilage
gramme nach Dänemark, Helgoland und der Schweiz.
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Käniglich Preußischen Staats⸗A Anzeiger.
M 73.
Nr. 16 des ‚Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Ver— fügungen: vom 18. März 1889. Aenderungen in den reglementa⸗ tischen Bestimmungen über den internationalen Telegraphen verkehr; — vom 18. März 1880: Veränderung der Gebührensätze für Tele—
— Nr. 7 des Gentral⸗Blatts der Abgaben, Ge⸗ werbe⸗ und Handel sggesetzgebung und Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten enthält: Anzeige der in der Gesetz⸗ Sammlung und im Reichs⸗Gesetzblatte erschienenen Gesetze und Ver⸗ ordnungen. — Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Dienstaufwand⸗ entschädigung für Erhebung der Gerichtskosten. — Amtsfirmen der Erbschaftssteuerämter und Fiskalate. — Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. . In⸗ direkte Steuern: Zollvergütungssätze für Schiffsbaumaterialien. —
Maßstab für die Verzollung von Bau und Nutzholz. — Privattran⸗
sitlüger ohne Mitverschluß für Lorbeerblätter. — Aufbewahrung des mit Essig und Wasser denaturirten Branntweins. — Zwangsweise Einziehung der zu Rotariatsverhandlungen zu verwendenden Stempel. — Behandlung der von Stempelfiskälen erhobenen Bemerkungen in Betreff des AÄnsatzes der mit den Gerlchtskosten zu erhebenden Stempelbeträge. — Befreiung der zur Durchfuhr im freien Verkehr angemeldeten Waaren von der statistischen Gebühr. — Geschäfte⸗ statistik der Zollstellen. — Personalnachrichten. — Beilage, enthal—⸗ tend die Organisation der Verwaltung der Staatseisenbahnen.
Statistische Aachrichten.
Nach den in der „Gemeinde⸗Ztg. für Elsaß⸗Lothringen“ mit⸗ gethellten Ergebnissen der Civil ⸗ und Strafrechtspflege in Elsaß ⸗Lothringen 1873— 74 und 1877 — 78 schwebten an ge⸗ wöhnlichen Civilprozessen im Jahre 1877578 35 812, von denen 34 396 oder 96, 02/0 ihre Erledigung gefunden haben. Die Civil prozesse betrugen im Jahre 1873/74 durchschnittlich bei dem Appel lationsgericht 281, 1877,78 327, den Landgerichten 4729 bzw. 5064. den Handelgerichten 5184 bzw. 4879, den Friedensgerichten 23 0235 bzw. 25 552. Es kam in 1877,78 je eine anhängige Sache bei dem Appellhof auf 4ũ84 Einwohner, bei dem Landgericht auf 305, den Han⸗ delsgerichten auf 314, den Friedenggerichten auf 60, bei allen Gerichten zusammen auf 42,18 Einwohnern. In Frankreich wurden im Jahre 1875 92, 05 0/9 der anhängigen Sachen erledigt, und kam auf 44.3 Einwohner 1 Sache; in Baden wurden im Jabre 1876 g2, 19 69 der anhängigen Sachen erledigt. Bei dem Appellations⸗ gericht in Colmar schwebten in den Jahren 1873/18 durchschnittlich jährlich 281,4 gewöhnliche Civilprozesse, von denen 228,2 erledigt wurden, und zwar 191,4 durch Urtheil. Die französischen Appell höfe hatten im Jahre 16875 10218 Cävilsachen zu erledigen und erledigten hiervon 6563 — 64,23 o/o. Auf einen Appell hof kamen hier durchschnitt. lich 393 Civilsachen, jedoch waren diese Gerichte durchschnittlich mit 25— 30 Räthen besetzt, während in Colmar außer den beiden Präsidenten nur 14 Räthe fungiren. Bei den 6 Kaiserlichen Land— gerichten in den Reichslanden (Colmar, Metz, Mülhausen, Saar⸗ gemünd, Straßburg, Zabern) waren in den Justizjahren 1873,74 bis 1877178 zusammen 23 645 gewöhnliche Civilprozeffe (788 durchschnitt · lich vro Gericht und Jahr) anhängig, hiervon in L Instanz: 22 845 — 96,61 o, in II. Insianz: 8090 — 3.39 . — Die Zahl der Civil prozesse hat von 187374 zu 1877/78 eine Vermehrung um 13, 1 0Iso erfahren, wovon auf die J. Instanz 10,7 o, auf die II. Instanz aber 7,5 oo entfallen. Vergleicht man die Zahl der Civilprozesse an den einzelnen Gerichten mit der Bevölkerung der einzelnen Gerichts— bezirke, so ergiebt sich, daß 1877/78 ein Prozeß durchschnittlich trifft im Landgerichtsbezirke .
lmar auf 318,5 Einwohner 313,8 Einwohner Fenn ö sbei a 374,5 ö
. . z
Hirt ausen 384,4 ! lassung ] 380,8
Saargemünd 351,3 der Militär 349, 239 1 bevölkerung] 21,35
254, 6 auf:
363,
Straßburg .
Zabern ;
im ganzen Lande Der Regel nach
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erledigt), . . S842), in Baden 1877 (6133 Streitsachen (4967 erledigt) bei einem Gericht im Durchschnitt S876. Die 6 elsaß ⸗lothringischen Landgerichte waren aber nur mit 66 Prä⸗ sidenten und Räthen besetzt (durchschnittlich 11), die 359 französischen iribunapx civils dagegen mit 1617 Präsidenten und Richtern, sowie 1182 juges suppléants (zusammen 2749, durchschnittlich 7, 9).
Bei den Handelsgerichten waren 1873574 5625, 1877/78 4879 gewöhnliche Handelsprozesse anhängig, von denen 5155 bezw. 4640 beendet wurden. Die Zahl der Fallimente betrug 265 bezw. 249 (er⸗ ledigt 265 bez. 249). Wm Schlusse des Justizjahres 1873.74 waren 6712, 1877/78 7276 Handelsfirmen eingetragen und 19 bezw. 21 Ge⸗ nossenschaften; Ende 1875/76 212, 1877,78 218 Handelszeichen und 38 bzw. 183 Waarenmuster. Nach dem Durchschnitt der Jahre 1873 bis 1877 fielen auf die Handelsgerichte 5814 Sachen (864 auf jedes Gericht), von denen 4869 oder 93,9 / erledigt wurden. Die fran⸗ zösilchen Handelsgerichte erledigten im Jahre 1875 von 228 987 An⸗ gelegenheiten 208 770 oder gl, 13 ι, die badischen (iu Karlsruhe und Mannheim) im Jahre 1877 von 1076 923 oder 85,78 g.
Bei den Friedensgerichten waren 1873,74 2475, 187778 2972 Sachen vor den Vergleichkammern anhängig, durchschnittlich 2612, von denen S860 oder 32, 92½ verglichen, wurden. Ferner 132 305 bzw. 130 099 Avertissementssachen, durchschnittlich 124 957, von welchen 34964 oder 28,0 e! durch Vergleich erledigt wurden; an Civilprozessen 21 371 bezw. 33 824, wovon durchschnitt lich 38,3 o/g durch Vergleich beendet wurden; 123 hejw. 427 Subhgsta⸗ tionen (61 bezw. 362 beendet), 15 664 bezw., 32 066 Vormundschaften, 6358 bezw. 7754 Famil ienrathssitzungen, Die Zahl der Civilprojzesse hat seit dem Jahre 187374 eine konstante Zunahme — innerhalb der fünf angegebenen Jahre um 16,37 Co — erfahren. Auf je eines der (84) Friedens gerichte trafen im Jahre 187778 durchschnitt⸗ lich 3042 Civilprozesse, 36,45 Fälle vor der Vergleichs kammer, 16548,8 Avertissementssachen und 247,? Urtheile, desgleichen durch—⸗ schnittlich 381 Vormundschaften, etwa 5 Subhastationen und 92 Familienrathssitzungen. Die Vormundschaften haben sich von
1875574— 187778 um 51, 130/ vermehrt, darunter die mit Vermö⸗
Erste Beilage
Berlin, Donnerstag, den 25. Mär;
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ensverwaltung zu führenden um 69. 840 9, und ebenso auch die Sub— n, ö. 1873/74 gegen 1557f76 in sehr erbeblichem Maße, Die französischen Friedensgerichte haken 1875 von 357 414 überhaupt anhängigen Sachen 349 7366 — 93,170 erledigt, auf ein Friedens⸗
gericht (2861 im Ganzen) trafen durchschnittlich 125, Sachen. Vor den 54 ö. Amtsgerichten waren im Jahre 1877 42 964 Civil sachen anhängig, wovon 40 269 — 93, 72/9 zur Erledigung ge- sangten; auf je ein Amtsgericht trafen hiernach durchschnittlich 795 Sachen. An Notariatsakten wurden 1872573 93 065 mit einer Gebührensumme von 2076481 S . (durchschnittlich 22,31 4), dagegen 1876/77 92 023 mit 2286 106 S (nach Einführung des neuen Tarifs), durchschnittlich 24,84 M6 Vor dem 1. Oktober 1872 waren 277, dagegen am Schlusse des Jahres 1876/77 nur 176 No⸗ tare im Amt. Die erwähnten 277 Notare hatten nach dem Durch⸗ schnitte der vorangegangenen 5 Jahre ein Gesammteinkommen von 2683 096 6 bezogen, gegenüber der Einnahme der 176 Notare des Jahres 1876,77 mit 2286 106 „, so daß also im Durchschnitt das Einkommen des einzelnen Notars vor dem 1. Oktober 1872 ca. g700 ½ς gegen ca. 13 000 ½½ im Jahre 18765377 betrug. Die an⸗ gegebene Zahl der Notariatsakte enthält nur einen kleinen Bruchtheil der zur Beurkundung von Rechtsgeschäften im Lande überhaupt auf— genommene Akte, da ein Notariate zwang, wie in anderen Ländern, namentlich z. B. für Rechtsgeschäfte, welche Immobilien oder den⸗ selben gleichgeachtete Rechte zum Gegenstande haben, in Elsaß— Lothringen nicht besteht. Auf 8703 Einwohner trifft in Elsaß— Lothringen durchschnittlich ein Notar. Die Zahl der Notare in Frankreich betrug 1875: 9244, also durchschnittlich ein Notariat auf 3992 Einwohner. Die Zahl der Notare betrug 1877 in Baden 142. je durchschnittlich ein Notar auf 10 614 Einwohner, von welchen 17 fixe Gehalte beziehen, während das unständige Einkommen sämmt⸗ licher Notare einschließlich Gerichtsnotare und Assistenten im Jahre 1877: 881 9651 , durchschnittlich 4143 6 für jeden Notar, abgesehen von den Reisekostenvergütungen mit durchschnittlich 277 Ʒ½, im Jahre betragen hat. .
— (Stat. Corr) Die Bewegung der Bevölkerung in Frankreich und in Preußen. Nach einem unlängst veröffent⸗˖ lichten Nachweise über die während des Jahres 1878 in Frankreich sohne Algerien) vorgekommenen Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle haben daselbst 980 462 Geburten leinschließlich 43 251 Todtgeburten), 279 892 Eheschließungen und S839 036 Sterhefälle stattgefunden. Die natürliche Vermehrung der Polkszahl durch den Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle hat mithin nur 98 175 betragen. Unter den Lebendgeborenen befanden sich 444 316 eheliche und 55 032 uneheliche Knaben, sowie 424 983 eheliche und 32 880 uneheliche Mädchen, unter den Todtgeborenen 25 599 Knaben und 17652 Mädchen, über deren Familienstand näbere Angaben fehlen. Es starben 432 867 männliche und 406 169 weibliche Personen, wobei die Zahl der Todtgeborenen nicht mitgerechnet worden ist.
In 26 Departements kamen weniger Geburten (Lebendgeborene) als Sterbefälle vor, nämlich in Basses⸗Alpes, Aube, Bouches -⸗du⸗ Rhöne, Calvados, Cöte⸗d' Or, Dröme, Eure, Eure⸗et Loire. Haute⸗ Garonne, Gers, Hérault, Indre⸗et⸗Loire, Lot et⸗Garonne, Maine-⸗et⸗ Loire, Manche; Oise, Orne, Rhöne, Sarthe, Seine et Marne, Seine et⸗Oise, Somme, Tarn-⸗et. Garonne, Var, Vaueluse und Jonne. In diesen Landetztheilen verminderte sich, abgesehen von den durch Wan- derungen bedingten Veränderungen, binnen Jahresfrist die Volkszahl um 21 140 Personen. Für die übrigen 61 Departements ergiebt sich ein Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle, welcher sich für das Seine ⸗ Departement auf 6332 stellt. Man kann die Bevöl kerung Frankreichs zu Anfang des Jahres 1878 auf rund 363 Millionen schätzen. Leat man diese Annahme zu Grunde, und vergleicht man die Ergebnisse der im Jahre 1878 in Frankreich mit denen der gleich—⸗ zeitig in Preußen vorgekommenen Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle, so ergiebt sich Folgendes:
Gegenstand der Nachweisung. Frankreich. Preußen.
Auf 1000 zu Anfang des Jahres
lebende Personen entfallen Eheschließungen. Lebendgeborene. Todtgeborene .
8 82
2
q . Unter 1000 Lebendgeborenen befinden sich z
uneheliche Kinder Knaben.. J Unter 1000 Todtgeborenen befinden sich ö R Unter 36 Gestorbenen befinden sich männnnn ;;, an w, . w 484, 475.0 — Ueber die Sparkassen in Böhmen im Jahre 1879 entnehmen wir einer amtlichen Uebersicht folgende Mittheilungen: Seit mehreren Jahren war bei dem Geschäftsbetriebe der 85 in Böhmen bestehenden Sparkassen ein namhaftes Ueberwiegen der Rückzahlungen über die Einlagen zu verzeichnen. Wie auf manchen anderen Gebieten des volkswirthschaftlichen Lebens haben sich jedoch im verflossenen Jahre auch bei den Sparkassen die Verhältnisse in erfreulicher Weise geändert, und selbst bei dem gegenwärtigen niedrigen Zinsfuße der meisten Sparkassen strömen diesen Instituten wieder so große, Kapitalien zu, daß die Einzahlungen beträchtlich höher sind als die Rückzahlungen, was jedenfalls von den besser sich gestaltenden Erwerbsverhältnissen und dem wachsenden Sparsinne der Bevölkerung sprechendes Zeugniß ablegt. Die Zahl der Ein leger war im Jahre 1879 um nicht weniger denn 32766 höher, als jene der Rückfordenden, während im Vorjahre dieses Plus nur 13 480 betrug, im Jahre 1877 dagegen die Zahl der Rückfor⸗ dernden noch um 13 278 höher war, als jene der Einleger. Dem- gemäß waren auch die Einlagen um 7186104 Fl. höher als die Rückzahlungen, während im Vorjahre diese letzteren um 5 429 9651 Fl. überwogen, so daß die Differenz zu Gunsten der Einlagen die Summe von mehr als 127 Millionen repräsentirt. Im Vergleiche mit dem Vorjahre stieg die Zahl der Einleger um 28 050, im Jahre 1878 betrug diese Bifferenz 32 342, im Jahre 1877 war sie sogar um 10 386 gefunken und die Summe der Einlagen um 10 382 607 Fl., während im Vorjahre die Einlagen um 245 578 Fl., im Jazre 1877 sogar um 109 369 990 Fl. geringer waren, so daß die Wfferenz zu Gunsten der Einlagen in den letzten zwei Jahren die namhafte Summe von mehr als 203 Millionen überschreitet. Die Zahl der Rückfordernden stieg um 8564, im Vorjahre um 4584, im Jahre 1877 war sie um 967 gesunken, doch sank trotzdem die Summe der Rückzahlungen um 2 232 648 Fl., was gleichfalls für ein sehr günstiges Resultat gehalten werden muß, denn im Vorjahre war die Summe der Rückzahlungen um 3 913 456 Fl. gestiegen, so daß über 6 Millionen mehr in den Sparkassen fruchtbringend angelegt blieben, als im Vorjahre der Fall gewesen. Die größte Anzahl von Einlegern, 38 145, gab es, wie immer, im Monat Januar (im Vorjahre betrug dieselbe im gleichen Mongte 36 800), die geringste, 21 56h, kommt dagegen im Juni vor . Vorjahre in demselben Monate mit 19 633). Auch die meisten Ein⸗ agen, 7 283 916 Fl., weist der Monat Januar auf (im Vorjahre derselbe Monat mit 6 9669020 Fl.), die wenigsten (4719 383 Fl.), der Monat Juni wie im Vorjahre mit 4066 786 Fl. Nur in zwei Monaten
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ungünstige Verhältniß im Vorjahre noch bei sieben, im Jahre 1877 noch bei neun Monaten vorkam. Die größte Anzahl der Rückfor⸗ dernden lommt gleichfalls im Monate Januar (35 92), die geringste dagegen im Monate November (17424) vor. Bei den Rückzah⸗ lungen, weist wie gewöhnlich der Monat Juli die höchste (6 700 534 Fl.), dagegen der Monat Dezember die niedrigste Ziffer (4 110 171 Fl.) auf. Durchschnittlich gab es allmonatlich 27 359 Einlagen (im Vorjahre 24338) und 24 555 Rückfordernde (im Vor⸗ jahre 23 815), sowie 5 606 858 Fl. Einlagen (im Vorjahre 4735 649 Fl.) und 5 002016 Fl. Rückzahlungen (im Vorjahre 4870 284 Fl.).
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ueber die landwirthschaftlichen Verhältnisse des Fürsten⸗ thums Rumänien im Jahre 1879 entnehmen wir dem Handels— archiv! Folgendes: Der Herbst des Jahres 1878 war für Rumänien sehr günstig; befruchtende Regen wechselten mit warmen Tagen ab, und so kam es, daß die Wintersagten zeitig angebaut werden konnten. Da aber die Bodenbearbeitung in Rumänien noch immer einfurchig geschieht, was für das Gedeihen der Fruckt die allergeringsten Chancen, läßt., und auf die Auswahl des Samens, den man in übermäßiger Fülle mit unkundiger Hand auf die Fläche streut, durchaus keine Sorgfalt verwendet wird, überdies bei 50 / der Fel⸗ der das Eggen noch immer mittelst eines dünnen Brettes, welches durch den Treiber selbst beschwert wird, geschieht, wodurch die Be⸗ deckung der ausgestreuten Körner unregelmäßig und unvollkommen wird, weil die Körner in die rauhen Furchen fallen, so konnte auch das Resultat kein besonders befriedigendes werden. Trotz aller dieser Uebel entwickelte sich unter dem Einflusse des günstigen Wetters die Aussaat vom vergangenen Herbste ziemlich. .
Die Winterzeit richtet in Rumänien Hand⸗ und Spannkräfte derart zu Grunde, daß das Frühjahr erst wochenlang vor der Thür sein muß, ehe sich beide kräftig genug zum Pfluge fühlen. Es ist Thatsache, daß im Winter die Ochsen und Pferde derart hungern, daß dieselben erst mit Zuhülfenahme der sich frühzeitig entwickelnden Frühjahrsweide wieder zur Bewegung des Pfluges nothdürftig ver⸗ wendbar werden. Dies war auch Ursache, daß im vergangenen Früh jahre. wo der Acker um Mitte März geeignet gewesen wäre, schnell die Sommerfrüchte zu bestellen, unterlassen blieb. Ostern mußte vergehen, ehe die Arbeiten begonnen und die Sommerfrüchte be⸗ stellt werden konnten. Da aber brach eine Regenzeit an, welche bis nahe Ende Mai jede Ackerbestellung unmöglich machte. Mit Ende Mai trat nun eine große Hitze (nicht selten 36 bis 38 Grad Reaumur) ein. und wenn man sich auch jetzt beeilte, die Bestellung in dem nassen Boden schleunigst zu vollenden, so konnte doch der Erfolg nur ein problematischer sein, da die Hitze die gestürzten Erdmengen sofort zu harten Schollen umformte. Die um Mitte des Monat Juni eingetretenen Regenschauer hatten zwar das Erdreich derart befruchtet, daß aller ausgestreute Same von Samenfrüchten auflaufen konnte; doch waren diese Regengüsse zu wenig ausgiebig, als daß sie auf das schnelle, zur Reife führende Wachsthum hätten einwirken können. Weizen, Roggen, Wintergerste, überhaupt die Herbstsaaten gediehen vorzüglich, und hat in Rumänien der schon Ende Juni beginnende Schnitt massigere Formen vor sich gehabt, als dies in fruͤheren Jahren der Fall war. Dagegen trug der ver⸗ spätete Anbau die Schuld daran, daß die Qualität der Sommer- früchte fast ganz mißrathen war. Dieselhe war derartig schlecht, daß diese Früchte in großen Flächen dem Vieh zur Weide überlassen werden mußten. Mais gab im Allgemeinen eine dürftige Ernte; durch das Ausbleiben des Regens von Mitte Juni bis Anfang No vember war die Maisernte fast gänzlich zu Grunde gegangen. 50Qoso dieser Frucht kamen gar nicht zum Kolbenansatz, wurden grün geschnitten, getrocknet und als Viehfutter eingelagert. .
Die große Dürre im Sommer berührte aber auch die vor⸗ jährige Herbstbestellung. Der hartgetrocknete Boden leistete dem rumänischen Pfluge derartigen Widerstand, daß selbst acht bis zehn Ochsen denselben kaum zu ziehen vermochten. Da ferner keine Ge⸗ räthschaften zur Zerkleinerung der Erdschollen in Rumänien vor— handen sind, und dadurch die Aussagt unmöglich war, so konnte bis Ende Oktober kein Winterfeld gepflügt, geschweige besäet werden. Erst nachdem der Monat November vorgerückt, haben sich kalte und ausgiebige Regenniederschläge eingestellt, worauf auch die Feldarbeiten, allerdings mit fieberhafter Thätigkeit aufgenommen worden sind, die aber einerseits wegen Mangels an hinreichender Arbeitskraft, andrerseits in Folge häufiger Unterbrechung durch Regen nicht zeitig genug beendet werden konnten, so daß Tausende von Pagons (1 Pagon — 5000 am) weniger als in sonstigen Jahren mit Winterfrüchten bebaut werden konnten. Auch die traurigen Folgen d:8 Mißglückens der diesjährigen Maigernte beginnen schon jetzt hervorzutreten, da das Landvolk in einigen Distrikten bereits an Hungersnoth leidet.
Uelzen, 22. März. (Wes. Ztg.) Am 9. Juni d. J. wird der andwirthschaftliche Paro vinzialverein für das Für sten⸗ tbum Läneburg, welcher 38 Filialvereine mit zusammen gegen 6000 Mitglieder umfaßt, in Uelzen, dem Stammsitze des Vereins, ein 50jähriges Jubiläum feiern. Nach den in der gestrigen Ausschußsitzung vom Vorsitzenden, dem Rittmeister a. D. v. d. Wense⸗ Holdenstedt, gemachten Mittheilungen wird auf starken Besuch fremder Gäste mit Sicherheit gerechnet werden können. Für Die Herausgabe der hochinteressanten Festschrift, welche die Wirksamkeit des Vereins während der 50 Jahre seines Bestehens darlegen wird, hat der Minister eine Beihülfe von 2000 M bewilligt. Auch der Lokalverein wird sich am Feste betheiligen, dem am folgenden Tage das Jubiläum der Ackerbauschule zu Ebstorf folgen wird. Mit letz⸗ terem wird eine Thierschau und Ausstellung verbunden, wovon man für den Haupttag in Uelzen Abstand genommen hat, um nicht das Interesse an der eigentlichen Festversammlung nebst Festzug abzu—⸗ schwächen. .
— Ueber die Ergebnisse der 5 sterreichischen Rübenzucker⸗ Campagne 1879/86 liegt der Detailausweis bis Ende Dezember 1879 vor. Derselbe zeigt in Betreff der Anmeldung zur Verarbei⸗ tung sowie der St euervorschreibung gegen die gleiche der Periode des Vorjahres eine erhebliche Abnahme. Es wurden nämlich in den ersten vier Monaten der laufenden Campagne Sertem her Dezember 1879 zur Versteuerung angemeldet rot. 23 008 183 Metr. Rüben. Davon entfallen auf Böhmen 16450 287 und auf Mähren 5277499 Metr. In der gleichen Periode 1578 wurden 23 0688 076 Metr. angemeldet An Steuern wurden vorgeschrieben 16796 2651. gegen 17 881 240 Fl. im Vorjahre. Während aber die Produktion und der Steuerertrag gegen das Vorjahr erheblich zurückgeblieben ist, hat der Zuckerexport und die Steuerrückvergütung bedeutend zugenommen. Es wurden nämlich in den bezeichneten vier Mongten aus Oesterreich ausge⸗ führt: Raffinade 212132 Metr., Robzucker 793 266 Metr. und dafür an Steuern 9 590 373 Fl. rückvergütet. In der gleichen Periode des Vorjahres wurden aus Oesterreich ausgeführt 611 505 Metr, Roh⸗ zucker und 303 564 Metr. Raffinade und betrug die Steuerrestitution 8 958 540 Fl. Ueber die ungarische Zuckerproduktion fehlen genaue Daten. In Oesterreich hat nach den angeführten Ziffern die ver⸗ arbeitete Rübenmenge um 1623 644 Metr. und die Steuervor⸗ schreibung um 1184975 Fl. abgenommen. Der Export war zwar in Raffinade um 1 4532 Metr. geringer, dagegen aber in Roh zucker um 393 895 Metr. größer und ist auch die Restitution um 631 833 Fl. gestiegen. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß die
waren die Rückzahlungen größer als die Einlagen, während dieses
Produktiongeampage jetzt bereits als beendet zu betrachten ist, wäh= rend für den Export die Campagne bis Ende August zu rechnen ist.