*
Etat
6) Von der Uebungspflicht können die Mannschaften nach Maßgabe des §. 59 des Reichs ⸗Militärgesetzes befreit wer ⸗ den. Jede Einberufung zum Dienst im Heere zählt für eine Uebung. Schiffahrt treibende Mannschaften sollen zu Uebungen im Sommer nicht eingezogen werden. ö Die Jahreszeit, in welcher die Uebungen stattfinden sollen, wird zwischen Militär- und Civilbehörden unter Berücksichtigung der bürgerlichen Interessen vereinbar t. 8) Uebungs⸗ pflichtige Ersatzreservisten unterstehen in Bezug auf Auswanderungs⸗ erlaubnuiß, Enklafsung aus der Staatsangebörigkeit, Befolgung des Einberufungsbefehls, sowie als Angehörige des aktiven Heeres während einer Uebung den für Reservisten und Wehrleuten gel⸗ tenden Vorschriften. Zu 5§. 3 lagen folgende Anträge vor: Von Abg. von Schlieckmann; . Der Reichstag wolle beschließen: I) in 5. 3 der Nr. 2 folgende Faffung zu geben; „Zunächst sind die Frei⸗ geloosten nach der Reihenfolge ihrer Loosnummern heran⸗ juziehen, sodann diejenigen Mannschaften, welche wegen geringer körperlicher Fehler an die Ersatzreserve erster Klasse über⸗ wiesen werden, nach Maßgabe des Lebenzalters und der besseren Dienstbrauchbarkeit. Die Augwahl der letzteren erfolgt bei ihrer Ueberweisung zur Ersatzreserve erster Klasse im Aushebungs— geschäft; Y in 8. 3 Nr. 3 im zweiten Satze an Stelle der Worte im Aushebungsgeschäft? zu setzen: „bei der Ueber⸗ weisung zur Ersatzreserve ). Vom Abg. Freiherrn von Schorlemer-⸗Alst:
Der Reichsfag wolle beschließen: im Artikel 1 S. 3 erstetz Alinea hinter „finden“ einzuschalten: „soweit dieselben nicht auf Grund der Ordination oder der Priesterweihe dem geistlichen Stande angehören.“ .
Von den Abgg. Dr. Windthorst und Ruppert:
Der Reichstag wolle beschließen: im Falle der Annahme der vom Abg. Freiherrn von Schorlemer-Alst und Genossen zum Ein- gange des §. 3 beantragten Einschaltung dieser Einschaltung nach dem Worte „angehören“ noch anzufügen: „oder insoweit die⸗ selben nicht jüdische Religionsdiener sind“.
Der Abg. Dr. Boretius empfahl, den vom Abg, Windt—⸗ horst motivirten Antrag abzulehnen, weil zu demselben kein Bedürfniß vorliege und weil die Annahme ein kleiner Schritt nach Canossa wäre. Der Abg. Frhr. von Heereman wies diese Annahme als unrichtig zurück; mit der Annahme der Centrumsanträge würde nur die christliche Grundlage des Staates dokumentirt. Der Staats⸗Minister von Kameke wies darauf hin, daß die sub 1 und 2 gestellten Anträge praktisch ohne jede Bedeutung seien, daß sie dagegen die Einheitlichkeit des Gesetzes stören würden, und bat, sie abzulehnen. Den Antrag Schorlemer befürworteten noch die Abgg. von Kleist⸗ Retzow und Marcard, während sie den Antrag Windt⸗ horst bekämpften. Der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗ Alst trat den Ausführungen des Kriegs⸗Ministers enigegen. Ueber die Definition des Begriffes „Ordination“ entspann sich eine kurze Debatte zwischen den Abgg. Dr. Hinschius und Dr. Windthorst. Mit dem Antrage von Schlieckmann erklärte sich Namens der Militärverwaltung der Major von Funck einverstanden. In der Abstimmung wurde der Antrag Windthorst mit 185 gegen 116 Stimmen ab⸗ gelehnt, dagegen der Antrag von Schorlemer mit 161 gegen i51 Stimmen angenommen. Der Antrag von Schlieckmann wurde ebenfalls genehmigt und mit demselben 8. 3. (Schluß
des Blattes.)
— Nach einer Allerhöchsten Bestimmung vom 31. v. M. soll vom 1. April d. J. ab allen Personen, welche im Wege der Beförderung oder der Neuanstellung in eine Stelle als technische oder Verwaltungsbeamte bei den Kaiserlichen Werften eintreten, im Frieden die Eigenschaft als Civil⸗ beamte, der Marineverwaltung beiwohnen. Dagegen ändert die aus Veranlassung der Neuorganisation des Werft⸗ verwaltungspersonals in Aussicht genommene Ernennung von Werftsekretären und Werfthureguassistenten zu Werftbetriebs⸗ sekretären beziehungsweise Werftschreibern nichts in deren Eigen— schaft als Militärbeamte. Im Uebrigen soll es dabei bleiben, daß im Kriege oder während des mobilen Zustandes sämmt⸗ liche Werftbeamte Militärbeamtenqualität erhalten.
— Zur Bestrafung einer Person wegen Müßiggang aus 85. 361 Nr. 5 des Strafgesetzbuches genügt, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 21. ö 1880, nicht die Thatsache, daß diese Person Ange⸗
örige, zu deren Ernährung sie verpflichtet ist, ohne Hülfe läßt, sondern es muß die durch Müßiggang herbeigefuͤhrte Unfähigkeit zu einer solchen Unterstützung festgestellt sein.
— Die Strafverfolgung von Preßverbrechen und Vergehen verjährt nach §. 22 des Reichspreßgesetzes in sechs Monaten. n Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, J. Strafsenats, durch Erkenntniß vom 23. Fe⸗ bruar 1880 ausgesprochen, daß dieser Verjährung ebenso die im Auslande erschienenen Druckschriften unterliegen, wie die im Inlande erschienenen Druckschriften.
— Die Bestimmung des 5. 27565 der deutschen Straf— 7 eßordnung, daß die Urtheile in Strafsachen von allen ö die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben sind, ist, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, III. Strafsenat, vom 18. Februar 1880, nicht auf Gerichtsbeschlüsse auszudehnen; bei diesen genügt i, n mn. des Vorsitzenden im Namen des beschließenden erichts.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich reu⸗ ßische Geheime Regierungs-Rath von Geldern-Crispen— dorf ist von Berlin wieder abgereist.
— Der General⸗Lieutenant Graf von Brandenburg, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division, hat sich mit Urlaub nach Muskau begeben; der General⸗Lieutenant Freiherr von Schlotheim, beaustragt mit der Führung des XI. Armee—⸗ i. ist nach Abstattung persönlicher Meldungen wieder ab⸗ gereist.
Posen, 14. April. In der heutigen 6. Plenarsitzung erledigte der Provinzial⸗Landtag folgende Gegenstände: I Zur Errichtung einer Landeskultur⸗Rentenbank für Drainage ist die Geneigtheit erklärt, und wird eine zu errichtende Kom⸗ mission ein geeignetes Statut entwerfen resp. ein solches mit der Auseinandersetzungsbehörde und der Landschaft verein⸗ baren und dem nächsten Provinzial⸗Landtage zur endgültigen Beschlußfassung vorlegen. 2) In Betreff der Aufnahme eines Inventariums der Baudenkmäler der Provinz wird ein Er⸗ suchen an den Landtagskommissar um , ,, der Ver⸗ vollständigung der vorgelegten Verzeichnisse gestellt. 3) In
olge des von der provyinziglständischen Verwaltungs⸗ n e, über die provinziellen Anstalten und An⸗ gelegenheiten erstatteten Berichts ist beschlossen: a. den Owinst um 4016 M
der Irrenanstalt zu
gegen den bisherigen Etat zu erhöhen, b., dem Vertrage wischen dem Königlichen Provinzial-Schulkollegium und der rovinzialständischen Kommission über die Erwerbung des ehemaligen Schullehrerseminars für die hiesige Taubstummen⸗ Anstalt die Genehmigung zu ertheilen und die dazu erforderlichen Mittel mit 52 0060 M zu bewilligen, c. die an diesem Gebäude be⸗ reits ausgeführten Reparaturarbeiten werden anerkannt und über die Verwendung der dazu erforderlich gewesenen Mittel in Höhe von 19521 6 die Indemnität ertheilt, d. zum An— kauf des Karstschen Grundstücks für die Taubstummen⸗Hülfs⸗ anstalt in Bromberg der Betrag von 32 000 S6 der Pro⸗ vinzialständischen Kommission zur Disposition gestellt, e. der Etat der Taubstummen⸗Hülfsanstalt in Bromberg auf 19 500 MS festgestellt, f. über die Schlußrechnung des Neubaues der Provinzial ⸗-Blindenanstalt in Brom— berg, mit 109114 S6 abschließend, Decharge ertheilt, g. der Etat der Blindenanstalt in Bromberg auf 24 000 festgestellt, h. zur Unterstuͤtzung der aus der Blindenanstalt entlassenen Zöglinge dem Kuratorium 600 M6 jährlich zur Disposition gestellt, i. der Etat der Gärtnerlehranstalt in Koschmin ist unverändert nach dem Vorschlage der provinzial⸗ ständischen Verwaltungskommission auf 8766 ( jährlich fest⸗ gestellt, k. zur ö eines Brunnens und zum Ankauf einer Ackerparzelle für die Gärtnerlehranstalt in Koschmin werden der proyvinzialständischen Kommission 9109 (6 zur Disposition gestellt,. . an Zuschüssen für die Ackerbauschulen zu Forbach und Thalheim werden je 4500 6 jährlich be⸗ willigt, m. wegen Abänderung des Reglements vom 12. No⸗ vember 1875 in Betreff der Erhebung der Beiträge zu dem e zur Unterdrückung der Viehseuchen soll die provinzial⸗ ländische Verwaltungskommission zum Behufe der Minder⸗ belastung der kleinen Besitzer geeignete Vorschläge dem nächsten Provinziallandtage unterbreiten, n. der Restbe⸗ trag des Fonds zur Vertilgung der Heuschrecken in Höhe von Wöd9 , wird als erspart in Abgang gestellt, o. der provinzialständischen Verwaltungskommission die Ermächtigung ertheilt, bedürftigen ehemaligen Alumnen des Seminars für Erzieherinnen rückständige Alumnatsstipendien zu erlassen oder zu ermäßigen, p. die der provinzialständi— schen Verwaltungskommission zum Ankauf des ehemaligen Schullehrerseminars, zum Ankauf des Gebäudes für die Taub— stummen⸗Hülfsanstalt in Bromberg und die einmalige Aus⸗ gabe bei der Gärtnerlehranstalt in Koschmin zur Disposition gestellten Beträge im Betrage von 93 190 „6 sollen aus den kapitalisirten Beständen der zur Durchführung der Kreis— ordnung bestimmten Rente als Vorschuß entnommen und die— sem Fonds in 9 Jahren zu 10 000 MS und die letzte Rate mit 5100 M aus den aufkommenden Provinzialbeiträgen wieder zugeführt werden. 4) Dem vaterländischen Frauenverein zu Posen und Bromberg ist eine Unter— stützzung von resp. 3000 S6 und 1690 66 bewilligt. 5) Die Creirung von 40 Freistellen bei dem Samariter⸗Ordens⸗ stift zu Craschnitz für Idioten und der vereinbarte Betrag von 38600 S6 jährlich ist genehmigt. 6) Der Erziehungs- und Waisenanstalt in Rokitten ist eine einmalige Unterstützung von 309 S zugewendet. ) Dem St. Josephsstift ist zur Unter⸗ haltung eines Kinderhospitals eine fortlaufende Unterstützung von 3600 4. jährlich und zur . desselben eine ein⸗ malige Stlbventign von 1000 S bewilligt. ) Dem hr. Wicherkiewicz zu Posen ist zur Erweiterung seiner Klinik für arme Augenkranke der Provinz Posen eine jährliche Unter⸗ stützung von 3000 „S6 gewährt.
Münster, 14. April. In der heutigen 3. Sitzung des Provinzial-Landtags wurden zunächst die Etats für den allgemeinen Unterstützungs⸗ und Wohlthätigkeitsfonds für den Regierungsbezirk Arnsberg und des Waisenhausfonds für den Kreis Siegen festgestellt. Sodann ist der Provinzial-Landtag schlüssig geworden über die Anträge bezüglich: der Kinder⸗ Heilanstalt zu Sassendorf, auf Uebernahme der Siegbahn und Werne⸗Camenstraßen; der Neubauprämien für die Straßen: von Arnsberg nach Beverungen, von Gütersloh nach Verl, von Borken nach Erle bezw. Hecheltj n, von Südkirchen nach Nordkirchen, von Castrop nach Henrichenburg und des Neu⸗ baues einer Chaussee zwischen dem Eder⸗ und Hundemthale. Schließlich wurde das Reglement für die Bewilligung von . zur Förderung des Gemeindewegebaus durch⸗ berathen.
Wiesbaden, 14. April. In der heutigen 5. Plenar⸗ sitzung des Kommunal⸗Landtags wurden nach Verlesung des Protokolls und nach Vertheilung der Eingänge an die be— treffenden Kommissionen zunächst vier Berichte der Wegebau— Kommission über beantragte Wegebauten verlesen. Der Landtag beschloß: a. dem Gesuch der Gemeinderäthe zu Caub⸗ Weisel ꝛc. um Weiterbau der Caub⸗Weiseler⸗Straße bis zum Aarthale, soweit es auf den Weiterbau einer Bezirks⸗ straße gerichtet ist, nicht stattzugeben, wohl aber den ständischen Verwaltungsausschuß zu beauftragen, die zweckmäßigste Wegelinie von Weisel nach dem Aarthale im Allgemeinen feststellen, Pläne und Kostenanschläge aber nur für solche Gemeinden anfertigen zu lassen, welche dann die Straße als Vicinalweg mit kommunalständischer Unter⸗ stützung ausbauen wollen; b. das Gesuch der Ge⸗ meinde Hattenheim, den Bau einer Brücke über den Aarbach an den kommunalständischen Ausschuß abzugeben, c. das Gesuch der Gemeinde Hermannstein um Uebernahme des Wegs von dort nach Niederweisbach als Bezirksstraße ab⸗ inen, d. das Gesuch der Gemeinderäthe zu Bischoffen,
ber⸗ und Niederweisbach um Verlegung der Bezirksstraße oberhalb des Dorfes Offenbach zur Begutachtung und Aeuße⸗ rung dem kommunalständischen Ausschusse zu überweisen. Seitens der Finanz-⸗Kommission wurde zuerst in Betreff der Vergrößerung der Heil- und Pflegeanstalt Eichberg resp. Er⸗ bauung einer zweiten Irrenanstalt berichtet. Der Landtag be⸗ schloß, vorerst die Anstalt zu Eichberg bis zur Aufnahme von 400 Irren zu vergrößern. Ein Gesuch der Besitzer der Kuranstalt zu Johannesberg um Ankauf dieser Anstalt als Irrenhaus, wird abgelehnt. Seitens des Landraths des Mainkreises, Grafen Matuschka, ist der Antrag auf Subventionirung einer n Untersuchungsanstalt für Nahrungsmittel gestellt.
uf Grund desselben werden für das Jahr 1880 zu dem be— regten Zweck 1000 „ bewilligt. Die Eingabenkommission berichtete sodann über die Errichtung von Landeskultur⸗Ren— tenbanken; der Bericht wurde jedoch in Folge neuer Ausfüh⸗ rungen an die Kommission zurückverwiesen.
Württemberg. Stuttgart, 14. April. Das heute über den Gesundheitszustand des Königs aufgelegte Bulletin lautet:
Se. Majestät der König hatte eine bessere Nacht und Partei entfallen.
fühlt sich heute freier.
Baden. Karlsruhe, 14. April. Das Gesetzes⸗ und Verordnungsblatt verkündigt das, Aenderungen des Gesetzes über den Elementgrunterricht betreffende Gesetz vom 1. April, das sich auf die Verwendung weiblicher Lehrkräfte beim Elementarunterricht, auf die Anstellung von Industrie⸗ Lehrerinnen und auf die Versorgung der Wittwen und Waisen der Hauptlehrer bezieht. In ersterer Beziehung können an Volksschulen mit mindestens drei Lehrstellen auch auf Grund einer abgelegten Prüfung für fähig erklärte Frauen als Lehre— rinnen verwandt werden, und zwar zu 5 bis höchstens 6 Pro⸗ zent aller Volksschullehrstellen und in der Veschränkung auf die Klassen der vier ersten Schuljahre; die Stelle des ersten Lehrers kann einer Lehrerin nicht übertragen werden.
Baden-Baden, 15. April. (W. T. B.) Ihre Majestät die Königin Victoria hat mit der Prinzessin Beatrice Baden⸗Baden heute Abend 7*/ Uhr verlassen und sich mittelst Extrazugs über Straßburg und Luxemburg nach Brüssel be— geben, wo sie morgen früh 9! Uhr einzufreffen gedenkt. Die Königin hat sich vor der Abreise über ihren hiesigen Aufenthalt sehr befriedigt geäußert und für mehrere Vereine und für die Armen reiche Geschenke zurückgelassen.
Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, 14. April. (Els.⸗ Lothr.3.) In der heutigen Sitzung des Landesaus⸗ schusses wurde in dritter Lesung der Entwenrf des Jagd— gesetzes nach der Fassung der zweiten Lesung n einem Amen⸗ dement des Mitglieds Ritzenthaler und Genossen, Uebergangs— bestimmungen enthaltend, mit 36 gegen 8 Stimmen ange— nommen. Es folgte die Berathung über den Antrag des Mitgliedes Frhrn. Zorn von Bulach, Vater, über ö und Ruhegehälter der Landesbeamten. Die Koömmission hat die Regierung ersucht, ihr eine detaillirte Uebersicht aller Be⸗ amten von Elsaß-Lothringen sowie ihrer Gehälter, Ortszu⸗ lagen und der Kompetenzen, welche zur Berechnung der Ruhe— gehälter dienen, mitzutheilen. Der Staatssekretär Herzog er— klärte, die Regierung werde eine Untersuchung der ganzen Frage gern in die Hand nehmen. — Nach einer Bemerkung des Präsidenten wird die Session noch in dieser Woche, wahr— scheinlich am Freitag, ihren Schluß finden.
Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 14. April. Die „Wien.
i , mn heute folgendes Allerhöchste Hand⸗ , , .
Lieber Tisza! Um schon im Frieden eine gemeinsame Spitze zu s affen und dadurch die Möglichkeit zu bieten, über das Wesen und den Umfang aller von der freiwilligen Sanitätspflege beider Reichshälften getroffenen Vorsorgen in steter Kenntiniß zu bleiben und gewisse, allen Zweigen des freiwilligen Sanitätsdienstes gemein same Aufgaben, mittelst Einberufung der obersten Ordent,, be— ziehungsweise Bundes- und Vereinsspitzen planmäßig zur Besprechung und Austragung bringen zu können, habe Ich die Ernennung eines Protektor⸗Stellvertreters für zweckentsprechend erachtet und für diesen Posten Meinen Herrn Bruder Erzherzog Karl Ludwig designirt. Ich setze Sie hiervon in Kenntniß.
Wien, 5. April 1880.
Franz Josef.
— Zur heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses waren, wie die „Presse“ meldet, die Minister wie gewöhnlich er⸗ schienen. Es wurde die Budgetberathung beim Voranschlage des Ministeriums des Innern fortgesetzt.
— Ueber die mit dem ökumenischen Patriarchen in Konstantinopel getroffene Vereinbarung bezüglichdergriechisch⸗ nichtunirten Kirche in Bosnien und der Herzegowina erfährt die „Budap. Corr.“, daß die Bischöfe in den okkupir— ten Ländern in Zukunft von dem Kaiser ernannt und daß sie das sogenannte heilige Oel vom Patriarchen in Karlowitz er— halten werden. Als Entschädigung für die bisher aus Bos⸗ nien und der Herzegowina bezogenen Taxen und Sporteln er hält der Patriarch eine fixe Pauschalsumme. — Wie der „Pol. Corr.“ aus Belgrad gemeldet wird, ist die Nachricht, daß die serbische Regierung der österreichischen Staatsbahngesellschaft die Garantie des Staates für die serbische Eisenbahn zugesagt habe, vollständig unbegründet. Die öͤsterreichische Staatsbahngesellschaft habe keine solche Ga⸗ rantie verlangt, mithin sei kein Anlaß für die serbische Re⸗ gierung zu einer solchen Zusage gewesen.
Pest, 14. April. Nach der „Budap. Corr.“ wird mit der Enthebung des bisherigen Kommunikations-Ministers Pechy nicht auch gleichzeitig die Ernennung eines neuen Kommunikations⸗Ministers erfolgen, sondern es wird Finanz— Minister Graf Julius Szapary provisorisch mit der Leitung des Kommunikations⸗Ministeriums betraut werden. Eine definitive Entscheidung bezüglich der Besetzung der Stelle eines Kommunikations-Ministers werde erst später erfolgen. — Heute befaßte sich der Munizipal⸗Aus⸗ schuß in der außerordentlich zahlreich besuchten General⸗ versammlung mit der Frage des deutschen Theaters. Allgemein ging das Bestreben dahin, die odiose Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Die Generalversammlung entschied sich für die Ertheilung der bis Ende Mai erbetenen Spiel— bewilligung und damit ist die gehässige Frage vorderhand in befriedigender Weise erledigt.
— 15. April. (W. T. B.) Das Unterhaus hat die auf die Rekonstrution Szegedins bezüglichen vier Ge⸗ setzes vorlagen in der General⸗ und Spezialdebatte ohne we⸗ sentliche Aenderung angenommen.
Großbritannien und Irland. London, 14. April. (Allg. Corr) Die gestrigen Parlamentswahlen be⸗—⸗ reicherten die Liberalen um weitere drei Sitze. Zwei ge⸗ wannen sie in Ost⸗Worcestershire, wo Mr. W. H. Gladstone, der älteste Sohn des früheren Premiers, und Mr. Hastings
ewählt wurden, und einen in Nord⸗Lincolnshire, wo der iberale Kandidat Laycook den Sieg über den bisherigen kon⸗ servativen Vertreter, Sir J. D. Astley, davontrug. Für Nord⸗Leicestershire wurde der General⸗Postmeister, Lord John Manners, mit 3213 Stimmen wiedergewählt. Der zweite konservative Vertreter der Grafschaft, Oberst Burnaby, erhielt 2991 Stimmen. Bisher sind 645 Unterhausmitglieder gewählt; es fehlen also nur noch 7. Die Liberalen haben jetzt eine Mehrheit von 57 Stimmen über die vereinigten Konserva⸗ tiven und Homeruler. Ihr Reingewinn an Sitzen stellt sich auf 111. Der Homeruler Parnell wurde gestern zum dritten Male gewählt und zwar für die Grafschaft Mayo. Er wird wahrscheinlich für Meath optiren, so daß für Mayo und Cork Ersatzwahlen stattfinden müssen. — Die Wahlen in Irland haben mit dem gestrigen Tage ihren Abschluß gefunden. Es wurden 103 Unterhausmitglieder gewählt, von denen 61 auf die Homerule, 25 auf die konservative und 17auf die liberale Die Konservativen verloren 9 Sitze, von
denen 6 die Homeruler und 3 die Liberalen gewannen. Die politische Fraktion „Konservative Homeruler“ wird im neuen Parlaniente gänzlich fehlen.
Der „Standard“ und der „Daily Telegraph“ erfahren, daß das Kabinet bald nach der Rückkehr Ihrer Majestät der Königin demissioniren werde. Die Führer der Liberalen haben die für nächsten Donnerstag anberaumt gewesene Berathung vertagt.
Bezüglich der verschollenen Uebungsfregatte „Ata⸗ lanta“ giebt man sich der Hoffnung hin, daß sie während der jüngsten heftigen Stürme nur ihre Masten eingebüßt haben und über kurz oder lang wohlbehalten in Portsmouth ankommen werde. Nach einer Mittheilung der Admiralität hatte das Schiff bei seiner Abfahrt von Bermuda 109 t Wasser und reichlichen Mundvorrath an Bord. Die Gerichte, daß das Schiff nicht ganz seeeüchtig ge⸗ wesen, als es seine Uebungsfahrt antrat, werden von Amks⸗ wegen dementirt. Man hofft, die auf der Rückreise von Ber— muda nach England befindliche Korvettte „Bacchante“, an deren Bord sich die beiden ältesten Söhne des Prinzen von Wales befinden, werde dem vermißten Schiffe begegnen, falls letzteres seine Masten eingebüßt haben sollte.
. „Times“ wird unter dem 11. d. aus Cabul ge— meldet:
Das wichtigste Ereigniß der letzten Woche war die heute erfolgte Ankunft in Cabul von Maidan der hervorragendsten Häuptlinge und Sirdars, welche zur Oppositionspartei in Ghazni gehören, näm- lich der Sirdars Tahia Khan, Mahomed Alam Khan, Mahomed Sarwar Khan, General Gholam Hyder und vieler anderer Chefs der Wardak und Gbilzai⸗ Stämme. General Mahomed Jan ist noch nicht eingetroffen, beabsichtigt aber demnächst zu kommen. Ob Ma— homed Jan kommt oder nicht, ist von geringer Bedeutung, da die große Majorität der Partei, welche ihm anhing, hier eingetroffen ist und er, als Anhänger des Mustaufi und Stammetgenosse desselben, voraussichtlich nachfolgen wird. Von den Barakzai Sirdars, welche sich eingestellt haben, um ihre Angelegenheiten der Regierung zu unterbreiten, ist keiner ein Mann von Einfluß; die Partei war eben nur gefährlich, weil sie der Opposition angehörte. Da sie durch ihr Erscheinen und Vorbringung ihrer Anliegen that—⸗ sächlich ihre Unterwerfung anerkannt haben, werden sie der Achtung der Afghanen im Allgemeinen verlustig werden, und sollten ihre For— derungen kein Gehör finden, so dürften sie kaum wieder im Stande sein, eine starke Partei gegen uns zu bil den. Ohne Zweifel werden sie in erster Linie die Wiedereinsetzung Jakub Khans, und wenn sie damit nicht erfolgreich, die Einsetzung seines Sohnes Musa Khan verlangen. Man wird ihnen entgegnen, daß die Regierung sich gegen Ersteren entschieden hat und Letzteren wohl kaum annehmen dürfte. Die unter diesen Chefs herrschenden Meinungsverschieden⸗ heiten haben zu häufigen Reibungen Veranlassung gegeben, insbesondere zwischen Mahomed Jan und dem Sirdar Mahomed Alam Khan. Keiner der Chefs ist geneigt, den Sirdar Hassan Khan als Emir anzuerkennen, obgleich die Regierung viel⸗ leicht im Nothfalle dazu sich verstehen würde. Die Schwierigkeit, diese Chefs nach Kabul zu bringen, war in Folge ihrer gegenseitigen Eifersüchteleien eine sehr große. Sie weigerten sich zu kommen, ehe man ihnen einen Freipaß unterschrieben und mit Siegel verfehen hatte und verlangten, daß ein Offizier nach Maidan komme, um sie zu beruhigen. Diese Forderung wurde sofort zurückgewiesen, ebenso das Verlangen, daß der Vormarsch der Kandahar⸗Armee auf Ghazni eingestellt werde. Morgen soll ein Durbar abgehalten werden, zu welchem die aufständigen Chefs und Sirdars und das Volk von Kabul eingeladen werden, um eine entscheidende Antwort auf ihre , entgegenzunehmen. — Am Dienstag soll eine starke
rigade von Kabul nach der Richtung von Maidan abgehen, um im Nothfall mit General Stewarts Kandahar -⸗Armee zu kooperiren.
Von gestern berichtet die „Times“ aus Kabul: General Roberts erklärte den versammelten afghanischen Häupt— lingen, die englischen Truppen würden zurückgezogen wer— den, sobald die Häuptlinge über die Ernennung eines Emirs einig seien, dessen Regierung Dauer verspreche und welcher England gegenüber freundlich gesinnt sei.
— 15. April, (W. T. B.) Der Schatzkanzler North⸗ (ote und der Generalpostmeister Manners sind zu Rittern des Großkreuzes des Bath⸗Ordens ernannt worden.
Frankreich. Paris, 15. April. (W. T. B.) Dufaure hat sich gegen eine Interpellation im Senate wider die Dekrete vom 29. v. M. ausgesprochen und ist der Ansicht, daß die Kong regationen ihre Zuflucht zu den Gerichts— höfen nehmen müssen.
Italien. Rom, 15. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wies der Mi— nister⸗Präsident Cairoli auf die Nothwendigkeit einer Regelung der parlamentarischen Arbeiten hin, da— mit die Session eine möglichst fruchtbare werde, und beantragte zu dem Ende, daß alle Interpellationen bis nach der Be— rathung des Budgets zurückgestellt würden, daß ferner nur eine einzige Finanzdebatte bei Gelegenheit der Berathung des Einnahmebudgets ken n el und daß endlich wöchentlich drei Vormittagssitzungen abgehalten würden. Der Antrag Lairol's wurde mit einer großen, aus Mitgliedern aller Fraktionen bestehenden Mehrheit angenommen.
Rumänien. Bu karest, 11. April. Den „Times“ wird von hier gemeldet: „Der englisch⸗rumänische Handels— vertrag enthält die Meistbegünstigungsklausel, und zwar nicht nur in Bezug auf den Handelsverkehr, sondern auch in Bezug auf die Schiffahrt und die Konsulatsrechte. Der „Ro— manul“ versichert, es seien bereits 85 pCt. der früheren ru⸗ mänischen Eisenbahn⸗ Obligationen zum Umtausche gegen ru⸗ mänische sechsprozentige Staatspapiere, wie er in dem Eisen⸗ bahn⸗Rückkaufs vertrage stipulirt ist, deponirt. Die rumänische Kammer ist noch in der Budgetdebatte begriffen; die Ausgaben— budgets mehrerer Ministerien sind bereits erledigt. Die Mi⸗ 6 ist behoben; Herr Boeresco hat sein Demissions— gesuch als Minister des Aeußern zurückgenommen, und die vier Vize⸗Präsidenten der Abgeordnetenkammer haben ebenfalls von ihrer Resignation Abstand genommen.“
Schweden und Norwegen. Stockholm, 12. April. (Hamb. Nachr) Die Erste Kammer beendete am Sonn⸗ abend die Lesung des Armeegesetzes und genehmigte sämmt⸗ liche Paragraphen in der vom Justizausschuß vorgeschlagenen
orm. Nachdem der 5. 1 angenommen und hiermit das ganze Schicksal der Vorlage entschieden war, mattete das uber; sowie die Debatte sichtlich ab. Die Sitzung erhielt aber durch folgende Aeußerung des Minister⸗Präsidenten Barons, von Geer, eine hervorragende Bedeutung:
Nachdem die Erste Kammer nunmehr das in Vorschlag ge⸗ brachte Wehrpflichtsgesetz gut geheißen, bitte ich, eine Erklärung ab— geben zu dürfen, damit meine Kandlungsweise nicht mißverstanden werden möge. Man würde vielleicht annehmen können, daß ich einen Beifall der Erflen Kammer nicht ebenfo beachte. wie einen Ahschlag der Zweiten Kammer, wenn ich, im Fall der Ausgang daselbst ein er Vorlage ungünstiger ist, die Enthebung von meinem Vertrauen posten nachsuche. Dag ist jedoch nicht der Fall. Bei mehreren ähn⸗ lichen Gelegenheiten habe ich früher keinen Grund gefunden, mein Amt niederzulegen, und ich habe mich im Allgemeinen überhaupt
nicht von einer allzu großen Empfindlichkeit leiten lassen. liegt aber ein tieferer Grund vor. eine Bemühungen waren darauf gerichtet, eine ruhige Entwickelung dadurch zu fördern, daß ich die Regierung außerhalb der Fraktionen stellte, und durch Vermittelung zwischen beiden Häusern mich auch auf beide zu stützen. Wenn aber die Kammern in einer Frage, die so tief in die Verhält= nisse des Landes eingreift, wie dies bei der Heeresordnungsfrage der Fall ist, wiederum von einander abweichende Beschluͤsse faffen, dann sehe ich mich außer Stande, dieses Programm fänger beizubehalten. Vielleicht kann dies von einem Andern hewerkstelligt werden. Wenn nicht, dann dürfte es nöthig sein, daß sich die Regierung der einen oder anderen Gruppe des Reichstages mehr näbert. Aber in einem konstitutionellen Lande erheischt es die Würde des Reiches und der Minister, daß einem Prinzipwechsel ein Personenwechsel vorangeht.“ Heute hat nun die Zweite Kammer das Armeegesetz mit großer Majorität abgelehnt und das Ministerium in lch fen (wie schon gemeldet) seine Entlassung ein⸗ eicht.
Jetzt
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
St. Petersburg, Freitag 16. April. Se. Majestät der Kaiser hat auf die Vorstellung des Grafen Loris-Melikoff die wegen verbrecherischer Propaganda zur Verbannung nach Sibirien verurtheilten Studenten der Universität Charkow, Wantschakoff, Sudjekin und Tschugujewitz, vollständig begna⸗ digt. Das Militärkreisgericht hatte angesichts des von den Universitäts behörden konstatirten guten Verhalten der Ge—⸗ nannten während des Lehrkursus darum nachgesucht, daß die Strafe derselben gemildert und die Verbannung nach Sibirien durch eine zweimonatliche Zuchthausstrafe ersetzt würde, welches Ersuchen auch Seitens des Generalgouverneurs von Charkow unterstützt worden war. Die Begnadigten befinden sich bereits auf freiem Fuße.
Reichstags ⸗Angelegenheiten.
Die XIII. Kommission des Reichstags zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Küstenfrachtfahrt, hat fich, wie folgt, konstituirt: Udo Graf zu Stolberg ⸗ Wernigerode, Vorsitzen⸗ der; von Kehler, Stellvertreter des Vorsitzenden; Pr. Roggemann, Schriftführer; Schlutow, Stellvertreter des Schriftführers; Graf von Hompesch, Dr. Karsten, von König, Meier (Schaumburg ⸗ Lippe), Meyr (Offenburg) Möring, Mogsle, Schön, Freiherr von Schorlemer ⸗Vehr, Staudy.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Stan desämtern in der Woche dom 4. April bis, inkl. 10. April er, jur Anmeldung ge— kommen: 378 Eheschließungen, 82 Lebendgeborene, 31 Todtgeborene und 547 Sterbefälle.
Gewerbe und Handel.
Nach dem Geschäftsbericht der Weimarischen Bank für 1879 beliefen sich die Gesammtumsätze auf 661 613 387 ½ (1878: 473 182 446 6). Der Bruttogewinn beläuft sich auf 583 62 M (gegen 568 171 „ im vorigen Jahre) und ergiebt nach Absetzung von 56 540 MM für gezahlte Zinsen auf Geldeinlagen. 134 635 (e Verwaltungs kosten, 33886 S6 Abschreibung auf Inventar, 3300 . Kosten der Staatsaufsicht, welche mit dem Jahre 1880 in Fortfall kommt, insgesammt 198 364 M, einen Nettogewinn von 385 597 , von welchem in Abzug zu bringen sind 5oso fuͤr den Reservefond 19279 S, 5o/g Tantiome an den Aufsichtsrath und die Direktion 19279 6, zusammen 38 559 M6, während von dem Reste von 347 037 6 nach Beschltß des Aufsichtsraths auf das Aktienkapital von 6 750 000 S eine Dividende von 50g an die Aktionäre zur Vertheilung gelangt und restirende 96537 M auf neue Rechnung vor⸗ getragen werden. ;
— Die Ergebnisse des letzten Geschäftsjahres der Nienburger Eisengießerei und Maschinenfabrik lassen eine wesentliche Besserung gegen das Vorjahr erkennen. Aus dem Bilanz-⸗Konto ist ersichtlich, daß ein Bruttogewinn von 47 729 M erzielt wurde, so daß es möglich ist, nach Vornahme von 19445 „M. Abschreibungen und Zuweisung von 4800 „M an den Reservefonds noch eine Divi⸗ dende von 30/9 zur Vertheilung zu bringen.
Mainz, 15. April, (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Hessischen Ludwigsbahn beschloß heute, der Generalversamm— lung die Vertheilung einer Dividende von 40/0 vorzuschlagen.
; Verkehrs⸗⸗Anstalten.
(N. Zürch. Ztg.). Der offözielle Bericht über die bis Ende März ausgeführten Gotthardtunnelarbeiten zeigt in der Er⸗ weiterung des Stollens zur Calotte einen monatlichen Fortschritt von 122 m auf der Nordseite und einen solchen von 195,9 in auf der Südseite. Es fehlten an der im Programm vom 23. September 1875 auf Ende des letzten Monats in Aussicht genommenen Arbeit 102714 m. Von der Gewölbemauerung auf der Nordseite sind 5600 em fertig. (Der Fortschritt des letzten Monats betrug 191 m), auf der Südseite 5505, m ((5ortschritt im März 112, m). Es fehlten gegenüber dem Programme 2665344 m. Vollständig fertige Tunnelarbeiten sind auf der Nordseite 3945 m, auf der Südseite 4285 m, 4990 m weniger als vorgesehen war. Immerhin zeigt der erste Monat nach Burchbohrung des Tunnels einen bedeutend größern Fortschritt, als der in den vorhergegangenen Monaten war.
Triest, 15. April. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Urano“ ist heute Nachmitag 25 Uhr aus Konstantinopel hier angekommen.
Trie st, 16. April. (W. T. B.) Der „Lloyd“ wird eine chinesische Linie mit Anlaufplätzen in Pulo⸗Pinong und Hong kong errichten.
Riga, 16. April. (W. T. B.). Die Passage bei Domes nees ist seit heute frei vom Eise; die Rigaer Schiffahrt ist daher als eröffnet zu betrachten.
Berlin, 16. April 1880.
Der gestrige „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeiger“ enthält unter: Coblenz, den 16. April, die der „Cöln. Ztg.“ entlehnte Mit⸗ theilung, daß Ihre Majestät die Kaiserin und Köni— in vor Kurzem 200 S6 für die Wiederherstellung der Rhein⸗
nlagen g abe. Diese Nachricht muß dahin rektifizirt werden, daß Ihre Majestät nicht 2300, sondern 2000 M0 zu dem genannten Zweck bestimmt hat, indem die erstere Summe weder der Größe der Rhein⸗Anlagen, noch dem Umfang der w, den Eisgang angerichteten Verwüstung entsprochen haben würde.
Die Ausgrabungen zu Olympia. XXXXII. (S. Nr. 70 d. Bl. v. 22. März.)
Eine nach Umfang und Inhalt reichere und mannig—⸗ faltigere Ernte, als dieses Mal, haben die Berichte der olympi⸗
schen Ausgrabungen noch selten zu verzeichnen gehabt. Wir danken dieses vor Allem unserem 6 dessen Munificenz
es ermöglichte, die Zahl der Arbeitskräfte fast bis zur dop⸗— pelten Höhe zu steigern, um den nahen Abschluß der Aus⸗
er em zu einem vollständigen und würdigen zu ge⸗ alten.
Vor allem ist der Kopf des Dionysosknäbleins ge⸗ funden, das der praxitelische Hermes auf seinem Arme trägt. Es ist dies ein ganz besonderer Glücksfall. Alle an⸗ deren noch fehlenden Theile der Gruppe, mit Aus⸗ nahme etwa der rechten Hand, hätten wir allenfalls noch verschmerzen können — dieser allein wäre für uns völlig unersetzlich gewesen. Keine moderne Phantasie, kein vergleichendes Studium hätte uns zu zeigen vermocht, in welcher Weise Praxiteles einen Kinderkopf gebildet haben müßte. Und man durfte auf die Lösung dieses Problems um so mehr gespannt sein, als es ja bekannt ist, wie spät die griechische Kunst die Schwierigkeiten der Kinderdarstellung erst vollständig überwindet.
Daß das ,,, für sein Alter zu klein gebil⸗ det, ja überhaupt als Nebenwerk behandelt sei, wohl um den Hermes um so mehr als Hauptgestalt der Gruppe wirken zu lassen, erfährt nun eine weitere Bestätigung. Der auffallend kleine Schädel, das zwar kindliche, aber doch nichts weniger als puttenhafte pausbäckige Gesicht, das lange Haar, welches in zierlich geordneten Wellen durch eine Schnur zusammen⸗ gehalten wird und über der Stirn ursprünglich, wie es scheint, zu einem kleinen knaufartigen Büschel zufammengefaßt war, verräth ebensosehr ein entwickelteres Kindesalter, als die Körperformen und die sichere Haltung. Wenn daher die Pro⸗ portionen das moderne Auge auch nicht überall ganz kinder⸗ haft anmuthen und die Einzelbildung des Gesichtes hinter dem des Hermes unleugbar ein wenig zurücksteht, so kosten wir dafür die Bewegung erst jetzt völlig in ihrem vollen Reize echt lindlicher Lebensäußerung.
Als wir am Nachmittag des 27. März, kurz vor dem Sonnabendschluß der Arbeiten, das Köpfchen über 80 m weit von seinem ursprünglichen Standorte der Gruppe ausgegraben hatten — es lag ca. 46m nordwestlich von der Nordwest⸗Ecke des Zeustempels unverbaut auf einer Schicht von Thonscherben und Porosbrocken — und das unverkennbare dem Rumpfe sogleich aufpaßten, da war es vor Allem die Lebhaftigkeit der Bewegung in der Kindesgestalt, deren wahrhaft überraschender Wirkung sich keiner von uns ent— ziehen konnte. So lebendig hatte sich Niemand das Kind gedacht. Diese naiv reizende Neigung des vorge⸗ streckten Köpfchens zur linken Schulter hin, um an dem Hermeskopf vorüber zu dessen rechter Hand hinaufblicken zu können, ist von so frappanter Wahrheit, daß man das linke Aermchen förmlich zu sehen glaubt, welches sich bittend nach dem ausreckt, was Hermes in seiner Rechten hielt. Denn es unterliegt jetzt gar keinem Zweifel mehr, daß diejenigen Recht behalten werden, welche voraussetzten, der Gott halte seinem kleinen Gesellen eine Traube oder etwas dergleichen hin.
Und auch noch andere Hermes-Streitfragen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, werden durch diesen neuen Fund ihrer Lösung entgegen geführt.
Die Hauptfreude bleibt aber nicht die Lösung der wissen⸗ schaftlichen Probleme, sondern die Wiederauferstehung eines Bewegungsmotiys voll anmuthigsten Lebensgefühles. Und dieser Genuß wird durch die Beschädigungen, welche der Kopf erlitten, wenigstens nicht allzusehr beeinträchtigt, da dieselben sich meist an der rechten, dem Beschauer abgewandten Kopfseite befinden, die linke Seite ist verhältnißmäßig gut erhalten. Wie zu erwarten war, setzt sich auch hier, ganz wie beim
ermes, das Haar rauh gegen die fein geglättete, weiße Ge⸗ sichts haut ab. Endlich aber hat es sich so glücklich gefügt, daß die Brüche des Halses dem Rumpfe genau aufpassen, fo daß die Zugehörigkeit auch äußerlich erwiesen ist, Richtung und Bewegung des Kopfes unverrückbar gegeben sind.
Unter unseren telegraphisch bereits gemeldeten März⸗ funden sind demnächst die neuentdeckten Metopen und Giebelköpfe die bedeutendsten. Wir beginnen mit der Be⸗ sprechung des Herakleskopfes aus der Metope mit dem nemäischen Löwenkampfe.
Er ist ein Geschenk der endgültigen Aufräumung und sorgfältigen Reinigung des Zeustempel⸗-Stylobates. ierbei nämlich erwies sich eine der Stylobatquadern als verschoben; wie es scheint, hatte man den Versuch gemacht, dieselbe weg⸗ zuwuchten und dabei jenen Kopf als den nächstliegenden Stein zur Stütze daruntergeklemmt. Es muß dies ziemlich bald nach dem Sturze der Metopen geschehen sein, da der Kopf bei dieser Gelegenheit zwar die Spitzen von Nase, Lippen und Kinn einbüßte, dennoch aber der einzige von allen bisher aufgefundenen Köpfen ist, der sich die Bemalung von Haar und Augen in seinem Versteck erhalten hat. Sie ist nach dem sachverständigen Urtheil unseres Gastes, des Herrn Prof. Zimke aus Marburg, anscheinend in englisch Roth (Eisenoxyd) hergestellt, und an dem größten Theil des Haares, den Augen⸗ brauen, den Liderrändern und dem Stern des rechten Auges in lebhaften und reichlichen Resten zu konstatiren. Die Gesichtshaut dagegen ist auch hier weiß und glatt, während das Haar, das, wie bei allen Heraklesköpfen der Metopen als ungegliederte Masse behandelt ist, eine rauhere Oberfläche zeigt. Ein Versuch, die cinzelnen Locken darzustellen, ist auch in der Farbe nicht gemacht; es wäre aber nicht undenkbar, daß uns blos die Untermalung erhal⸗ ten geblieben ist.
Daß dieser Herakleskopß aus der Löwenmetope stammt, geht unwiderleglich daraus hervor, daß seine Wange auf die rechte, noch erhaltene Hand gestützt ist. Diese Stellung sindet In ß in dem Pariser Bruchstücke des genannten Reliefs seine Erklärung, aus dem hervorgeht, daß Herakles, nach links ge⸗ wendet, neben dem erlegten Löwen dastand und den rechten Fuß auf dessen Leib setzte. Der rechte Ellenbogen wird sich auf den Schenkel gestützt haben. Es ist ein schöner und, so weit wir sehen, dem Künstler dieser Reliefreihe ganz eigenthümlicher Gedanke, den mühbeladensten aller Helden nach seinem ersten Siege in dieser aus⸗ drucksvollen Duldergeberde tiefen Sinnens darzustellen, als gedächte er aller der Kämpfe und Gefahren, die ihm noch bevorstehen. Derselbe Gestus kehrt zu neuem Zeugniß für den verwandten Ursprung von Metopen und Giebel in einer Greisengestalt des Ostgiebels wieder; in unserem Relief erhält er aber noch einen tieferen Sinn dadurch, daß eine zweite Ge⸗ stalt, wahrscheinlich Athena als göttliche Helferin und Trösterin neben Herakles dastand — dies glaube ich wenigstens aus den Raumverhältnissen der Metope und der Vergleichung ver⸗ wandter Darstellungen schließen zu müssen.
Daß die Künstler der Metopen mit ihrer Scenenreihe eine chronologische Abfolge der Heraklesthaten einzuhalten unternommen hatten und den Löwenkampf wie gewöhnlich als die früheste derselben aufgefaßt wissen wollten, haben sie da⸗ durch deutlich dargethan, daß sie unseren Herakleskopf allein