unter allen erhaltenen unbärtig bildeten. Daß endlich diese Reihe an der Nordwestecke begonnen haben müsse, erhält durch den Fundort dieses Kopfes eine neue Bestätigung.
Unter den neugefundenen Giebelköpfen ist der schönste der der knieenden Lapithin aus der linken Giebelhälfte (E); ja es ist dieses überhaupt eins der schönsten Stücke unter unseren Tempelskulpturen. Die Geberde, mit der das knieende Mädchen ihr Haupt tief auf die Brust niederbeugt, um sich vor der Umnklammerung des Kentauren zu schützen, der sie mit seinem Hinterbeine festzuhalten sucht; die vollen, großen Gesichtsformen, das gelöste Haar, welches das Haupt in ge— drängter Fülle umflattert — alles dies ist in monumentaler Größe und Strenge der Auffassung zu packender Wirkung gebracht. Zwar fehlt uns noch viel zum vollen Verständniß dieser verwickeltsten und kühnsten aller Westgiebelgruppen — aber ihre künstlerische Wirkung namentlich wird doch durch diesen neuen Fund mächtig gesördert.
Von der einzigen noch fehlenden Gestalt des Westgiebels, dem nun schon seit Jahren vergebens gesuchten Theseus, ist wiederum ein kleines Fragment, eine Hinterkopflamelle zum Vorschein gekommen. Man könnte dies als ein böses Omen für die Zerschellung des Kopfes auffassen. Allein wie wenig wir auch in diesem Falle auf die Hoffnung zu verzichten brauchen, dergleichen zerschellte Köpfe allmählich zusammenzu⸗ finden, also z. B. auch der Paionios⸗Nike ihr Antlitz wieder⸗ zugeben, hat uns neuerdings wieder der Fund von dem Ge⸗ fichte des knabenraubenden Kentauren gelehrt.
Auch von diesem hatten wir bereits früher Hinterkopf— stücke gefunden. Das Gesicht aber ist uns dennoch gerettet worden, und zwar dadurch, daß ein später Ansiedler der Gegend im Süden des Philippeions das Grab seiner Ange— hörigen unter seiner Hütte mit einer zweiten Deckschicht aus Ziegelscherben, Porosbrocken und Marmorfragmenten versah, in die er auch dieses Kopfstück mit einflickte.
Es ist eins der charakteristischsten Kentaurengesichter mit
wirrem, kurzem Haar, niedriger, gefurchter Stirn und dem
Ausdruck thierischer Wildheit in den Zügen. Tief eingeschnit—⸗ tene, eigenthümlich schematische Falten an Nasenwurzel und Nüstern zeigen, daß der Kentaur sich durch Beißen seines Gegners erwehrte — vom Munde selbst ist uns nur die Ober⸗ lippe erhalten. Mit diesem Motiv ist aber auch der Platz des neuen Fundes im Giebel gegeben. Denn nach der symme⸗ trischen Entsprechung, welche durch die ganze Komposition geht, kann das Gesicht nur dem Gegenstück des beißenden ö der linken Giebelhälfte angehören, also dem Knaben⸗ räuber.
Der Tag dieses Fundes (20. März) traf mit der dies⸗ jährigen Geburtstagsfeier unseres Kaisers zusammen, die in den Annalen der Expedition als ein besonderer Glückstag ver⸗ zeichnet steht. Damals nämlich traf hier die mit Jubel empfangene Nachricht von der Gewährung einer Schlußrate durch Se. Majestät ein; und noch an demselben Tage thaten wir außer dem obengemeldeten noch den großen, völlig uner— warteten Fund einer überlebensgroßen Apollonstatue.
In den Fundamenten einer anscheinend noch aus spät— römischer Zeit stammenden Halle im Süden des Philippeions waren Bruchstücke von Inschriften und Skulpturen bemerkt worden. Der in Folge dieser Beobachtung sofort unter— nommene Abbruch der Fundamente ergab richtig nicht nur einige Inschriften, sondern auch über dreißig Bruchstücke einer nackten männlichen Statue, die offenbar absichtlich zum Zweck der Einmauerung zerkleinert worden ist.
Der etwas mühsame Versuch ihrer Wiederherstellung ge⸗ lang endlich, und ich konnte bei dieser Gelegenheit konstatiren, daß wir Hinterkopf und Hals der Statue bereits früher in der Nähe der sogenannten byzantinischen Kirche aufgefunden hatten. Bereits damals hatten wir aus dem Flechtzopf, welcher den Hinterkopf umgiebt, gefolgert, es müsse in Olympia eine Marmorwiederholung jenes bekannten archaisirenden Apollontyyus gegeben haben, der in verschiedenen Exemplaren in den Museen von Athen, Neapel, Mantua, Cassel ver⸗ treten ist.
Auch unser Exemplar stammt aus römischer Zeit. Ueber die feineren Stilnüanzirungen wird sich erst nach Auffindung des Gesichts und der noch fehlenden Unterarme und Unter⸗ beine urtheilen lassen. Uebrigens sieht man schon jetzt, daß der von einer Chlämys locker umgebene linke Arm eine Leyer hielt, die Rechte also wohl ein Plektron. Das Haupt schmückte fn Metallkranz; die sonst üblichen Schulterlocken scheinen zu ehlen.
Also ein leyerspielender Apollon in Olympia, den Pau⸗ sanias, wie fast alles gus römischer Zeit Stammende über— gangen. Vielleicht das Weihgeschenk eines Dichters, der sieg⸗ reich den olympischen Hhmnus gesungen, wie auf einer der Dichterbasen steht, die wir in letzter Zeit hier gefunden.
Unsere übrigen plastischen Funde seien hier nur in aller Kürze erwähnt. Sie bestehen aus einem überlebensgroßen nackten männlichen Torso römischer Arbeit und dem Körper eines Satyrknaben, der, an einen Baumstamm gelehnt, die Flöte bläst— — auch dies eine mittelmäßige römische Wiederholung eines bekannten Typus.
Wichtig ist der Fund eines fast lebensgroßen, leider aber
sehr beschädigten Terracottakopfes, der in Darstellung und Stil große Uebereinstimmung mit dem Haupte des Heraion⸗Kultbildes zeigt. AUnsere Ernte an Inschriften und Bronzen, unter denen sich wiederum einige archaische Statuetten feinsten Stils be⸗ finden, muß ich hier völlig übergehen, da dieser Bericht die ihm gesteckten Grenzen so wie so bereits weit überschritten hat. ch schließe benselben mit der Meldung von dem glück—⸗ lichen Eintreffen und dem festlichen Empfange der Herren Geheimräthe Curtius und Adler.
Olympia, den 2. April 1880.
Georg Treu.
Witterungserscheinungen im nördlichen und mittleren Deutschland während des März 1880.
Der Uebergang, welcher sich meistentheils im März von winter⸗ licher Witterung zu Frühlingswetter zu vollziehen pflegt, zeigte sich in diefem Jahre nicht, es war vielmehr, in Anschluß an den letzten Februar mit der an diesem Tage hervortretenden milderen Witte rung, während des ersten Drittheils des März das Wetter verhält⸗ nißmäßig fehr warm und es herrschte die äguatoriale Windes⸗ strömung mit . Niederschlägen vor. Die Aussicht, welche hierdurch für ein baldiges Erscheinen des Frühlings sich zeigte, trat
anz zurück, als mit dem Ende der zweiten Märzpentade eine Reihe eiterer, bei vorherrschendem Ostwinde sehr trockener, dabei aber kalter Tage sich einstellte. In den östlichsten Provinzen erreichte die Fälte eine bedeutende Höhe und es stellten sich auch wieder Schnee fälle ein; je weiter nach Westen war der Gegensatz gegen das milde Wetter des Monatsanfangs immer geringer.
Mit niederm Luftdrucke begann der März auf dem ganzen Be⸗ obachtungsgebiete und es nahm am 3. oder 4. März das Barometer den niedrigsten Stand im ganzen Monate ein. Die äquatoriale Windesstromung trat überall mit großer Lebhaftigkeit auf. Es gab leine Station, an welcher während der ersten fünf Monatstage die Windstärke nicht ein oder einigemal durch 4*) hätte be⸗ zeichnet werden müssen. Ganz besonders heftig war der Südwestwind an den westlichen Stationen, wo zu verschiedenen Malen die Zahl 5 zur Bezeichnung seiner Stärke gewählt wurde; ja in Münster fügte der Beebachter am Morgen des 4. März dem W., und in Lingen am Abend des 2. und am 1 des 3. März dem 8W. die Zahl 6 bei, und einen ebenso starken Orkan aus West beobachtete man in Görlitz am Mittage und Nachmittaze des 4 Maͤrz. Der heftige Aegugtorialstrom führte in den ersten Tagen des März überall Niederschläge herbei; an den meisten Stationen regnete es täglich, an einigen war der Regen von Graupeln (in Putbus am 2. und 3. März von Hagel), an den Gebirgsstationen auch von Schneegestöber begleitet. Einige Stationen hatten Wet terleuchten, Torgau am 2. März, Görlitz, Schreiberhau und Wang den 4. März, Abends 7 Uhr, Gewitter. In Clausthal be⸗ obachtete man am 2. März, strich 4 Uhr, bei heftigem Schnee⸗ sturm im Westen Elmsfeuer. Die Menge der Niederschläge in den einzelnen Tagen war an mehreren Statsonen nur unhedeutend, an einigen aber groß, namentlich in den westlichen Provinzen und im Gebirge. Aachen hatte am 3. März 18 mm, Cöln 21,9 mm, Hannover am 4. März 28 mm. Regenhöhe. Denselben Tag siel in Görlitz 25, mm, in Wang 38,9 mm, in Schreiber—⸗ hau 514 mm hoch Regen, während an demselben Tage in Breslau die Regenhöhe nur 34mm, ja im ganzen Monate nur 3 mm betrug, Das größte Regenquantum hatte, und zwar ebenfalls am 4. März Großbreitenbach im Thüringer Walde; hier gab es an diesem Tage eine Regenhöhe von b2c mim. Trotz der häufigen Niederschläge in den ersten Märztagen sank das Thermometer mit Ausnahme von ein Paar Gebirgsstationen nicht unter den Ge⸗ frierpunkt, die erste Monatäpentade war in den östlichen Provinzen die wärmste des ganzen Monats und in den westlichen stand ihr nur die zweite gleich; sie hatte im äußersten Osten eine mittlere Tempe⸗ ratur von 2 big 4, in den mittleren Provinzen von 5 bis 7, in den westlichen von 8 bis 19 Graden. Bald darauf, nachdem das Baro⸗ meter lam 3. und 4. März) seinen niedrigsten Stand erreicht hatte, fing auf dem ganzen Peobachtungsgebiete der Luftdruck zu steigen an, so daß die westlichen Stationen bereits am 8. März das barometrische Monatsmaximum beobachteten, während dasselbe weiter nach Osten erst einige Tage später eintrat. Es stand daz Barometer am 8. März etwa 25 bis 35 mm höher, als am 4. März. Es wurde nun die äquatoriale Windesströmung, an, fangs nur zeitweise, von dem Polarstrome verdrängt, der Himmel hellte sich mehr und mehr auf, und die Niederschläge wurden immer seltener. In den westlichen Provinzen trat jetzt eine Wärmevermin⸗ derung noch nicht ein, es war vielmehr die zweite Märzpentade an manchen Stationen noch etwas wärmer, als die erste, dagegen fing weiter östlich das Thermometer an, unter den Gefrierpunkt zu sinken. Am 12. und 13. März erreichte der Luftdruck auch in den mittleren und östlichen Provinzen sein Monatsmaximum. Es wurde von nun an der Polarstrom nur in den östlichen Provinzen ab und zu von der äquatorialen Strömung verdrängt, weiter westlich blieb ersterer fast ohne alle Unterbrechung vorherrschend. In hn. des häu⸗ figeren Wechsels der äguatorialen und polaren indes strömungen fielen auch in der Mitte des Monats östlich der Oder ab und zu noch Niederschläge und zwar bei der im Allgemeinen verminderten Temperatur zum größeren Theile als Schnee. Fast ganz frei von Niederschlägen blieben aber während der letzten zwei Monats dritt⸗ theile die Stationen in den Provinzen Brandenburg, Sachsen und den noch weiter westlich gelegenen Provinzen. Nebel, und, da wäh⸗ rend der Nacht der unbedeckte Himmel die Wärmeausstrahlung sehr begünstigte, des Morgens Reif wurde an manchen Stationen zäglich beobachtet, Regen oder Schnee aber nur an ein paar Orten und auch da nur in ganz unbedeutenden Mengen. Nachdem theils in der dritten, theils in der vierten Monatspentade die Temperatur ihren niedrigsten Punkt erreicht hatte, hob sie sich wieder bis zum Ende des Monats, wie für einige Stationen folgende Tabelle zeigt, indem sie die mitt⸗ lere Wärme der , , . angiebt:
Claußen Königsberg Bromberg Breslau Berlin Münster ; ; Cöln ⸗ . R ; ; Trier 9.6 9.5 7.0 56 . 8.1. Vie Tage in den zwei letzten Pentaden, namentlich die vom 23. bis 29. März, waren in den mittlern und wesilichen Provinzen fast ohne alle Himmelsbedeckung und bei der vorherrschenden östlichen Windesströmung zeigte die Luft Nachmittags 2 Uhr so geringe rela⸗ tive Feuchtigkeit, wie sie nur äußerst selten vorkommt. Niederschlãäge fielen in dieser Zeit auch an den östlichsten Stationen nicht, erst in den zwei letzten Monatstagen zeigte sich an ein paar Stationen ganz unbedeutender Sprühregen. Mittlerer Barometerstand im März 1880 nebst den Extremen, e,, in Millimetern. Mittl. Ba⸗ Seehöhe rometer⸗ Maximum in Metern stand Tag Stand Tag Königsberg k 17 182,8 Conitz 15 „8 12 70,0 Lauenburg l 12 83,4 Bromberg 12 81,9 Breslau . 69, ð Görlitz 624 Torg au 75,3 Breitenbach 20,7 Berlin 79, 1 Putbus 79.7 amburg 81,4 anno ver 73,7 ingen 74,0 Münster 70, ⸗ Cöln 69, 5 Aachen 54,7 Trier 58, Darmstadt 55 5 8323 Hechingen 26,4 08,3
) Auf den Stationen ist für die Stärke des Windes die sechs⸗ theilige (die sogenannte Land ⸗) Skale eingeführt. Aus den Wirkungen des Windes auf die Gegenstände der Umgebung oder auf das Gefühl des r r tert beurtheilt letzterer, welcher Grad der Windstärke erreicht ist. Stärkegrad. Wirkungen des Windes.
0 (Windstille). Der Rauch steigt grade oder fast grade empor;
kein Blättchen bewegt sich.
1 Für das Gefühl bemerkbar; der Wind bewegt einen Wimpel
oder leichte Blätter.
2 Der Wind streckt einen Wimpel, bewegt die Blätter und
kleinere Zweige der Bäume.
3 Der Wind bewegt größere Zweige der Bäume.
4 Der Wind bewegt ganze Aeste und schwächere Stämme, er
hemmt das Gehen im Freien. 5 Der Wind rüttelt die ganzen Bäume, bricht Aeste und mäßige 6 T 4,
28 8 80
S- r .
D
0 88 22 = D.
Minimum Stand 740,4 29, 8 38,8 41,4 31,8 28,5 37,4 692,0 741,4 34,8 40,7 39,7 40,9 39,6 44,5 31,6 37,7
. R , oe ,
SSSSSS3
6
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— — * O Odo MD — X — M0 Op—ä—LCĩ—
— 6 82
Stämme, entwurzelt kleine Bäume. Der Wind deckt Haͤuser ab, wirft festgemauerte Schornsteine
um, bricht und entwurzelt große Bäume.
age, an denen in den Monatstabellen die Stärke des Windes
mit 4, 5 oder 6 zu bezeichnen war, werden Sturmtage genannt.
Mittlere Temperatur des März 1880 nebst den ab soluten Extremen in Graden nach C. Maximum: Minimum: Mittlere 5 * Tem⸗ 2 peratur:
. —1,4 (1,2) 0
Stand Stand Eis⸗
Claußen Königsberg Fag. Hela Lauenburg. Bromberg. Breslau n, 6 . Landskrone. J Breitenbach k
ͤ
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1
3 März 1880, ausgedrückt in
Beigefügt ist der Monatstag, am welchem die größte Menge der Niederschläge fiel, dte Höhe der letzteren, die Anzahl der Tage mit Niederschlägen, sowie die Anzahl der heitern und trüben Tage.
Höhe der Größte Höhe Tage mit Heitere Trübe
Niederschläge Tag Höhe Niederschl. Tage Tage J 16 5
(30, 8 8
3h /h 12
(35,6) 630.4) 379) J76, 5 37395 29.45 JJ (633,5) Breitenbach 863 kö 50, 0 Putbus . (29,6) Hamburg (43, 3) annover 653 (158,3
(47165)
Claußen. Königsberg Conitz. Hela kö Lauenburg. Bromberg. Breslau.
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Hechingen.
Die Berliner ärztliche Unterstützungs kasse hat soeben den Bericht über ihre nunmehr 26jährige Thätigkeit eröffnet. Die Einnahmen betrugen während dieses Zeitraumes 61181 6, die Ausgaben 50 120 16, darunter 43 281 46 Unterstützungen, und zwar 8447 M gezahlt an 34 Aerzte in 85 Jahrgängen und 54 835 gezahlt an 54 Wittwen in 342 Jahrgängen. Die Mitgliederzahl, die 1855 sich auf 183 belief, betrug im Jahre 1879 573, die Ein⸗ nahme in diesem Jahre 4343, die Ausgabe 3844 S. Das Vermögen hat 1879 durch die Wilhelm ⸗Augusta⸗Stiftung einen Zuwachs von 15 000 AM erfahren.
Die Blumen- und Pflanzen ⸗Ausstellung der Gesell— schaft der Gartenfreunde Berlins wird, wie bereits mit⸗ getheilt, am Sonnabend, Sonntag, Montag, Dienstag und Mittwoch, den 17.,, 18., 19., 20. und 21. d. M. in der Reitbahn des König⸗ lichen Kriegs⸗Ministeriums, Wilhelmstraße sl, stattfinden.
Hirschberg, 12. April. (Schles. Ztg) Die im Frühjahre vorigen Jahres begonnene Anpflanzung von Edelweiß im Riesen⸗ gebirge hat glücklicherweise trotz der Strenge dieses Winters nicht gelitten, und fo beabsichtigt man in den verschiedensten Gebirgs⸗ theilen weiter damit vorzugehen und dem Edelweiß noch die Alpen— rose zuzugesellen, von der man größere Posten beziehen will. — Die Bohrarbeiten in dem neuen Kurbrunnen in Warm brunn sind bis auf 80 Fuß Tiefe gefördert. Zur Zeit arbeitet man Tag und Nacht weiter, um noch einige harte Granitschichte zu durchbohren. Bei 150 Fuß Tiefe hofft man das erwünschte Resultat zu erreichen.
Straßburg, den 13. April 1889. (Els.. Lothr. Ztg.) Die nunmehr erfolgte Feststellung und amtliche Genehmigung des Be⸗ bauungsplanes der neuen Stadttheile bildet in der Geschichte Straßburgs unstreitig einen höchst wichtigen Abschnitt. Mit Ausnahme des Theiles rechts der Ill zwischen der Ältstadt und Ruprechtsau sind nun alle Schranken gefallen, und die Bauthätigkeit kann sonach be⸗ ginnen. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß im Laufe dieses Fahres schon in den neuen Stadttheilen neue Gebäude erstehen werden. Der städtischen Verwaltung soll vielfache Gelegenheit ge⸗ boten sein, städtisches Bauterrain zu annehmbaren Preisen an Baulustige verkaufen zu können. Von nicht zu unterschätzendem Werthe dürfte die Nachricht fein, daß die Tage der Finkmatikaserne, welche in einer Länge von über 3650 Meter, gleichsam eine Scheiden and zwischen der Altstadt und dem östlichen Theile der Neustadt bildet, gezählt sind. Wie wir von zuverlässiger Seite hören, sind von Seiten der Militärbehörde bereits die Pläne ju der zwischen dem Stein und dem Schiltigheimer Thore zu erstehenden neuen Kaserne, welche zum Ersatze der Finkmattkaserne dienen soll, angefertigt und eh dürfte fonäch der Bau dieser neuen und großartigen Kaserne wohl noch im Laufe dieses Jahres in Angriff genommen werden, Die Her, stellung dieser Kaserne soll eine Bausumme von zwei Millionen Mark erfordern. Cin geräumiger Hof bei der Kaserne wird den Truppen als Uebungsplatz dienen, dagegen ein größerer Exerzierplatz vor dem Schiltigheimer Thore errichtet werden. Die . des letzteren wird 7 ha betragen. Schon vor dem Abbruche der Finkmattkaserne dürften die alten Festungswälle zwischen dieser und dem Fischerthore zur Schleifung gelangen. Nicht wenig dürfte zur Hebung der Baulust der Umstand beitragen, daß die Stadt hauptsächlich auf dem ihr von der Militärbehörde überlassenen und ihr in Eigenthum gehören den Gelände die erforderlichen Straßen, wozu auch diejenige, welche von dem neuen Steinthore nach dem neuen Kehler Thore führt, ge⸗ hört, möglichst bald herstellen lassen wird.
)) Die Angaben der Seewarte sind auf den Meeres horijont reduzirt.
a,.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗· Beilage).
Berlin:
zum Dentschen Reichs⸗Anzeiger
Erste Beilage
Berlin
Deutsches Reich.
Nachweisung ö der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche für die Zeit vom 1. April 1879 bis zum Schlusse des Monats März 1880.
Kö 1. 2.
Einnahme
Ober · Post · Direktions · Bezirke. k
Hierzu Einnahme in den Vormonaten.
16. . 1
3. ö ; 5 ; ö. Einnahme in dem⸗ felben Zeitraume In 1879 / 8) des Vorjahres mehr (Spalte H. weniger ** l Sp. 59
Zusammen.
3
1 16 8 Iwm Reichs ⸗Postgebiete. I) Köni Sberg . I Gumbinnen 35 Danzig. 4 Berlin. 2 5 Potsdam. 6 ö a. / O. . 7 Stettin. 8 . ⸗ 93 Posen .. 160 Bromberg. 3 Breslau 13 Liegnitz . 13 Dppeln. 145 Magdeburg 15 3 e a./ S.. 16 Erfurt. I) Kiel. ö annover. 19 Münster 20) Minden 215 Arnsberg.. 2) Cassel.. 3. 23 . a. / M. ö 2 Aachen.
1 9553 30 3 6638 36
11517 31 45 64 50 3371 535 56711 ig 38828 15 2662 69 124 56 2793 90 14255 355 7145 16 6 215 25 17735 35 6 5364 35 5 3834 75 1153 85 6457 36 1300 36 5755 35 16 554 3h 3565 1.5 26 865 76 143198 35 7533 60 2336 10 z6 235 35 1565 35 1 355 6565 33 585 36 13 885 76 1561 66 15 N75 45 1345 16 4065 25 1746 55 18 511 36 od zM 65 15 830 530 3365 56
24
25 1
26] Coblenz
I Disseidorf
K 29) Dres den
30M) Leipzig
315 Karlsruhe.
32 Konstanz .
33) Darmstadt 34 Schwerin i / M.. 35 Oldenburg.. 36 Braunschweig 377 Bremen
38) Hamhurg.. 39) Straßburg i. / E. 10 Metz...
146 796 45 34096 60 133 767 44 567 194 490 36 964 09 I5 049 35 S5 695 665 21 092 80 50 430 33 572 380 165 715 65 77625 00 67 106 49 194 762 95 1 1679 85 98 154 95 b 708 8 330 21 408 65 853 187 907 38 003 299 120 1560 531 76 906 31639 369 949 21 753 118 608 315 265 163 338 59 938 109 519 26 996 44018 51 914 188 864 689 615 169 643 41181
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1790 827 37112 145 291 609 236 37 962 S0 954 921 601 23 322 52 942 35216 182 598 80 gö4 77705 199 474 84747 106 725 66 7185 71 685 19 555 64761 203 695 41992 315 832 152 356 77801 32 641 386 150 22 869 126 753 315177 135 225 57 203 113918 270983 4378 52172 196359 748 576 189 032 41352
156 350 37 166 145 285 612 837 40 288 81790 24523 23 154 15 54671 36 365 179 948 84 770 73 321 212 496 87 702 1971099 69 203 74788 23 209 1 653 204 462 41 572 325 989 164 851 84 239 34 529 406188 23 714 129 916 347 851 167 324 64 440 120 494 2 943 48084 56 661 207 475 7147 922 185 265 44 486
TD dJ 24 7658 05
Summe J. k 6 553 45
U Ba pern. III. Württemberg..
71 5 233 218 412 588 191671
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Ueberhaupt Berlin, im April 1880.
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Haupt-⸗Buchhalterei des Reichsschatz-Amts.
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 16. April. Im weiteren Verlaufe der gestrigen 6 Sitzung setzte der Reichstag die dritte Verathung des Gesetzentwurfs, betreffend Ergänzungen und Aenderungen des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874, fort. Der Abg. von Kardorff erklärte, wenn die Herren vom Centrum unter den gegenwärtigen Verhält⸗ nissen für die Vorlage nicht stimmen könnten, dann dürften sie es auch der konservativen Partei nicht übel nehmen, wenn dieselbe nicht für den Antrag des Centrums stimme. Auf den Streit des Abg. von Schorlemer und des Dr. Baumgarten wolle er nicht eingehen, neu sei ihm nur gewesen, daß die Standesherren eine Berufsklasse seien; er müsse gestehen, daß es dann wenig⸗ stens ein recht angenehmer Beruf sei. Der Abg. von Schorlemer habe . der Ansicht des Abg. Richter darin angeschlossen, daß die Versprechung der Steuererleichterungen vom vorigen Jahre nicht erfüllt worden sei. Dem gegenüber müsse er doch das faktische Verhältniß nochmals klarlegen. Der Reichstag habe im vorigen Sommer un efähr 100 Millionen Mehreinnahmen bewilligt; davon ollten jetz; nur 17 Millionen für militärische Mehrausgaben ver— wendet werden; man behalte also über 70 Millionen zu Zwecken der Steuererleichterung übrig. Er behaupte aber auch, daß das Land heute mehr in der Lage sei, die jetzt ge⸗ forderte Militärlast zu tragen als vor einem Jahre die da⸗ mals bestehende. Es sei kein Zweifel, die r n, Lage sei in einem Aufschwung begriffen, und man könne daher dem Lande wiederholt auf. die zunehmende Auswanderung hingewiesen worden. Es sei ja möglich, daß unter dem Druck der wirthschaftlichen Verhältnisse, der übri⸗ gens unter die Zeit des Freihandels falle, ein ahl der Be⸗ völkerung den Entschluß zur Auswanderung gefaßt habe, er möchte aber doch darauf aufmerksam machen, daß oft ganze Gegenden ohne jeden politischen, wirthschaftlichen oder kirch— lichen Grund, lediglich vom Reiz der Neuheit wer⸗ leitet, vom Auswanderungsfieber ergriffen würden. Die Arbeitslöhne seien rn in der Eisenfabrikation im Steigen begriffen, die Politik. des Schutzzolls sei nicht nur den Arbeitgebern, sondern auch den Ar— beitern zu Gute gekommen, der wachsende Verkehr der Eisen⸗ bahnen sei ein weiteres günstiges Symptom; Niemand könne leugnen, daß das Vertrauen in den Verkehr zurückgekehrt sei und daher könne man mit Recht behaupten, daß Deutschland die geforderte Last jetzt leichter tragen könne. Auch die Gegner der Vorlage würden zugestehen müssen, daß sie bei der ersten Nachricht von der Mehrforderung der Regierung erwartet hätten, dieselbe würde weit höher Segen sein. Ein Vorzug der Vorlage sei es, daß sie dem Reichstage durch die kürzere Dienstzeit der Ersatzreserve eine Perspektive eröffne, wie in künftiger Jeit die Militärlast erleichtert werden könnte. Er könne nicht fagen, in welcher Zeit das möglich sein werde, es ei aber wichtig, baß die ,,. wenigstens eine solche Mög⸗ ichkeit in Aussicht stelle. Der Abg. Dernburg habe von der Lage der auswärtigen Politik ausführlich ge prochen; er gehe nur kurz darauf ein, weil der Abg. Richter
auch mehr zumuthen. Es sei
ihm und dem Abg. von Bennigsen den Vorwurf ge⸗ macht habe, sie hätten in der ersten Lesung die politische Situation zu schwarz geschildert. Der in England einge⸗ tretene Wechsel fei mindestens doch nicht als günstig für Deutschland zu bezeichnen, wenn er auch glaube, daß Deutsch⸗ land auch mit dem neuen Kabinet in England werde aus⸗ kommen können. Gegen die Ansicht des Abg. von Schorlemer, daß Frankreich mit seinen inneren Angelegenheiten zu sehr beschaͤftigt sei, um an einen Angriffskrieg denken zu können, sprächen die historischen Erkehh n n aus der Zeit der ersten franzbsischen Revolution. In Rußland habe sich in der letzten Zeit nichts geändert. Uebrigens sei ja mit Recht darauf hin⸗ gewiesen worden, daß der Reichstag die Bewilligung nicht für ein momentanes Bedürfniß, sondern auf die Dauer machen folle. Der Abg. Rickert habe sehr richtig betont, daß es vom größten Werth sei, daß die nationale Grundlage der beutschen Politik auf dem Zusammengehen der gemäßigt liberalen und der konservativen Partei beruhe. Er erkenne es dankbar an, daß die Nationalliberalen trotz ihrer abweichen⸗ den Ansicht in manchen inneren Fragen mit seiner Partei so⸗ fort für die Vorlage eingetreten seien. Der Gaulois/ habe einen sehr merkwürdigen und übertriebenen Bericht über die Rede des Abg. Rickert gebracht, der Referent desselben habe aber doch in Beurtheilung der Gesanimtsitugtion das Richtige getroffen. Die Thatsache stehe gi für das Ausland fest, daß die aus⸗ wärtige Politik des Reichskanzlers von fast dem gesammten Reichstage unterstützt werde, daß die n nicht auf einen frivolen Angriffskrieg sich rüste, daß aber, obald die Macht und das Ansehen Deutschlands bedroht werde, Deutschland sein Schwert in die Wagschale werfen werde und das ganze Land hinter der Politik des Reichskanzlers stehe. Aus diesen Gründen bitte er die Vorlage anzunehmen. Der Abg. Br. Bamberger konstatirte, daß der von Abg. . von Stauffenberg gestellte Antrag auf eine dreijährige ewilligung der Präsenzstärke von keiner Seite als technisch unzutreffend widerlegt worden sei. Nur politische Gründe seien vorgebracht, welche meistens in das hohe Gebiet der auswärtigen Politik hinübergriffen. Der Abg. Graf Stolberg habe gesagt, wenn der Reichstag nur auf drei Jahre bewillige, dann komme vielleicht nach drei Jahren schon die Forderung auf Erhöhung der Präsenzstärke, wenn man aber das Septennat bewillige, habe man wenigstens sieben Jahre Ruhe. Das Argunient sei nicht neu, vielmehr schon im hre 1874 vor⸗ gebracht worden. Aber richtig sei es nicht. Denn wenn auch auf sieben . eine Präsenzziffer festgestellt sei, darum müßten die Reichstagsabgeordneten als Patrioten doch, wenn innerhalb dieser Zeit die Nothwendigkeit dazu eintrete, eine Erhöhung eintreten lassen. Kein Patrict würde in solchem Falle mit Nein antworten. Der JReichstag bewillige die Präsenzstärke doch nicht einer Regierung, sondern in Anbetracht der Situation dem Vaterlande. Wenn man überhaupt von einer Mitwirkung des Reichstages sprechen wolle, dann lägen gaht g Gründe in keiner Weise vor, die De stalt auf 3, auf, 7 Jahre auszusprechen; aber auch praktische Gründe lägen nicht vor. Die Motive, welche auf die gegenwärtige Würdigung der nationalen Lage Einfluß hätten, seien verschiedener Natur,
und Königlich Prenßischen Staats⸗Anzeiger.
1880.
theils unveränderlicher Art, theils vorübe gehender. Fest⸗
stehend sei aus weltbekannten Gründen die Situation Deutsch⸗
lands Frankreich gegenüber, die in absehharer Zeit sich nicht bessern werde. Zu diesen feststehenden Verhältnissen gehöre auch noch die Stimmung der europäischen Nationen Deutsch⸗ land gegenüber überhaupt, welche Graf Moltke mit dem Aus⸗ druck charakterisirt habe, daß Deutschland von allen Nationen gefürchtet, aber von keiner geliebt werde. An wem die Schuld davon liege, wolle er jetzt nicht untersuchen; aber daß etwas davon von den Deutschen verschuldet werde, habe sich auch heute gezeigt. Zwei Redner hätten sich . über Personen, welche in Ländern, die mit Deutsch⸗ and offiziell in freundschaftlichen Verhältnissen ständen, und ochstehende öffentliche Stellungen bekleideten, in einer eise ausgesprochen, die nicht zu den Artigkeiten der deutschen Polemik gehöre. Jede Regierung in Frankreich, welche mit Erfolg glaube an Deutschland Revanche neh nen zu können, werde zugreifen. Ebenso wenig werde die Stellung Deutsch⸗ lands günstiger, ob in England die Whigs oder Tories am Ruder seien; es pflegten beide nichts zu verschenken. Aber man solle doch nicht gegen eine fremde Regierung ohne jede Ursache aggressix polemisiren. In England selbst sei man noch mit der Erklärung des erfolgten Umschwungs beschäftigt und noch ehe der von der großen Majorität einer respektablen Nation auf den Schild erhobene Mann seine Stellung Deutsch⸗ land gegenüber klargelegt habe, habe der Abg. Dernburg sehr auffällige Worte über den von England gefeierten Volks⸗ mann gesprochen. Er bedauere dieses Vorgehen für Deutschland und für die deutsche Presse; denn die Deutschen seien in Europa zum Theil so mißliebig, weil sie ohne jeden Grund jeden berühmten Mann des Auslandes anfeindeten. Den selben Vorwurf wie an Abg. Dernburg mache er dem Abg. von Schorlemer⸗-Alst. o wenig er Partei er⸗ greife für Herrn Gladstone, so wenig thue er es für Herrn Gambetta. Er habe noch viel weniger Ursache dazu; aber er halte es nicht für geschmackvoll, den Präsidenten einer aus⸗ ländischen parlamentarischen Versammlung in der Weise zu charakterisiren, wie der Abg. von Schorlemer⸗Alst es gethan habe, mögen auch dessen politische Anschauungen denen des Abg. von Schorlemer strikte entgegengesetzt sein. Bei der Ab⸗ fassung dieser Vorlage seien feyner maßgebend die Verhältnisse der auswartigen Politik, ein Gebiet, das er nur mit Wider⸗ streben berühre, weil der Leiter dieses Ressorts nicht hier sei und weil dem Reichstage zur Beurtheilung seiner letzten Ge⸗ heimnisse die Sachkenntniß fehle. Die Parlamente seien nicht zur Leitung der auswärtigen Politik geeignet. Er glaube, daß es nicht in der Ordnung sei, jetzt Rußland wieder als Erbfeind hinzustellen. Auch liege die Frage doch nahe, wie es denn komme, daß die Beziehungen Deutschlands zu Rußland in den letzten Jahren einen, solchen Umschlag hätten erfahren können! Andererseits wäre aber auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die früheren guten Be—⸗ ziehungen wiederkehrten. Daß man das Bündniß mit Oester⸗ reich nicht überschätzen dürfe, beweise der neuerdings vorgelegte Handelsvertrag. Die Gefahr allerdings dürfe man nicht unter⸗ schätzen, daß, wenn es einmal dem Osten einfallen sollte, mit Deutschland anzubinden, kein Regiment in Frankreich es unter⸗ lassen werde, sich dem anzuschließen. Er möchte noch beson⸗ ders davor warnen, daß nicht in der Journalistik Stimmen fortwährend laut würden, welche gegen den östlichen Nachbar in ähnlicher Weise loszögen, wie es von dortigen Publizisten geschehen sei. Wenn in Deutschland die öffentliche Kö auch nicht die Macht sei wie in England und Frank⸗ reich, so sei doch immerhin durch solchen Feder⸗ krieg schon manchmal ein Volkskrieg angefacht worden. Nach alledem würdige er die politische Gesahr vollkommen, aber diese Einsicht könne ihn doch nicht zu einer siebenjährigen Präsenz bestimmen. Auch die Verhandlungen des Jahres 1874 hätten darüber keinen Zweifel gelassen, daß nach der einmaligen Bewilligung der siebenjährigen Dauer eine Wieder⸗ holung derselben nicht ins Auge zu fassen sei. Der Abg. Miquel habe damals die Zuversicht ausgesprochen, daß nach Ablauf dieser Tjährigen Frist wohl der Kulturkampf beendet sein würde. Er würde sich darüber freuen, wenn das Essentielle des Kulturkampfes heute bereits als beendet angesehen werden könnte; allein wie die Dinge auch jLetzt liegen mögen: der Hoffnung dürfe man sich hingeben“ daß nach drei Jahren von diesem Kulturkampf wie bisher nicht mehr die Rede sein und der Friede zwischen Regierung und der die andere Seite vertretenden Partei vollständig sein werde, deshalb werde er nur für 3 Jahre stimmen. Der Abg. Rickert sei auf eine eigenthümliche Abirrung gerathen, als derselbe erklärt habe, er würde für 1, 5 und 7 Jahre stimmen, nur für 3 Jahre könne er nicht stimmen. In der Politik müsse man kompromittiren, es sei aber doch wahrlich kein Kompromiß, wenn die Regierung fordere, daß ihre Maxi⸗ malforderung bewilligt werden müsse. Mit einer Regierung, die solches fordere, könne er (Redner) einen Kompromiß nicht abschließen. Redner berichtigte sodann die Berechnungen des Abg. Rickert bezüglich der Erhöhung der Präsenzziffer. Die Zustände in Frankreich seien mit denen Deutschlands gar nicht zu vergleichen. Schon der Abg. Richter habe darauf hin⸗ gewiesen, daß dort die Vorsicht von Seiten des Parlaments egen die Exekutive ergriffen sei, während es sich hier um eine Cor sch der Exekutive gegen das Parlament handele. Was sei die ganze Geschichte jener Präsenzziffer, auf die sich der Abge. Richker beruse? 1872 sei im franz bfischen Rekrutirungsgesetz eine feste grundsätzliche Organisation geschaffen, um die frühere willkürliche Aenderung der Cadres zu beseitigen, In Frank⸗ reich sei das Parlament Alles und eine franzöfische Ewigkeit sei nicht so lang, wie die deutschen 7 Jahre. Er und seine politischen Freunde bestritten nicht die Erhöhung der Präsenz⸗ ziffer, auch nicht die Einstellung der Ersatzreserven, er wolle auch nicht jetzt schon auf der alljährlichen Bewilligung bestehen nur das wolle er, daß die Frist nicht auf 7, sondern auf 3 Jahre bemessen werde. Dafür werde ein Theil der Unter⸗ eichner des Äntrages Stauffenberg auch in dritter * an en, auch der Abg. von Stauffenberg habe erklärt, da er fo stimmen werde. Dieser Antrag würde die Wehrhaftig keit des Landes nicht schädigen. Hätte die Regierung, falls der