1880 / 97 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Apr 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Den Klagen über Mangel an Silbermünzen in Süddeutschland 2 sich die Reichsregierung entschlossen abzuhelfen. Es seien eshalb auch in den Motiven die beiden Zahlen gegenüber⸗ gestellt hinsichtlich Preußens und Sachsens am Ende des Jahres 1858 und 1879, um zu zeigen, daß in diesen Jahren eine auffällige Verschiebung stattgefunden habe. Die Regie⸗ rung habe insbesondere auch portofreie Beförderung dieser Silberbestände aus süddeutschen Bankkassen nach Norddeutsch⸗ land verfügt. Mit diesen Maßregeln sei es 4 gelungen ge⸗ wesen, z. B. für Preußen etwa 4 Millionen Mark mehr zu beschaffen als für Sachsen, wo besonders die Klagen erhoben seien und auch heute noch erhoben würden, wie bei der Be⸗ rathung im Bundesrath ausdrücklich von dieser Regierung konstatirt worden sei, und sei ihr deshalb gelungen, auch für Sachsen eine Summe von 1 300 9000 S mehr zuzuführen, als es vorher bekommen habe. Damit sei aber auch dieses Mittel nunmehr erschöpft erschienen, es lasse sich nicht mehr erwarten, daß Norddeutschland mehr Silbermünze zugefuͤhrt werden könnte. Denn in der That sei auch aus Bayern wieder die Er⸗ klärung gekommen, daß man dort nicht mehr abgeben könne i Gegentheil noch mehr Ein⸗ und Zweimarkstücke zu haben wie Nun glaube er nicht, daß mit diesen Zahlen der zifferm Beweis für die Nothwendigkeit geführt sei, die Reichssilbermünzen von 10 auf 12 M pro Kopf zu erhöhen. Das habe auch die

Regierung nicht gesagt, es sei nur ihre Absicht, sich die Vollmacht . zu lassen, um nach Maßgabe der an sie .

nforderungen Abhülfe zu schaffen. Man wolle nur allmäh⸗

lich und dem faktischen Bedürfniß entsprechend von der Voll⸗ macht Gebrauch machen. Die Berechtigung der Regierung auf Grund der höheren Bevölkerungszahl ohne Mitwirkung der Gesetzgebung zu einer größeren Ausgabe solcher Scheidemünzen zu schreiten, könne er nicht anerkennen. Die Thatsache, daß die Bevölkerung sich vermehrt habe, sei ja nicht zweifelhast, bevor aber eine neue Volkszählung stattgefunden habe, bleibe das Ergebniß der Zählung von 1856 für die Regierung maß⸗ gebend. Die Bemerkungen des Abg. Bamberger über die Verwerthung der Silberbarren und die Warnung vor Be⸗ strebungen nach einem kleineren pekuniären Nutzen seien, wie er glaube, nicht an die richtige Adresse gerichtet. Es handele sich um keinen kleinen Nutzen, sondern um ca. 30 Millionen Mark, die zinslos dalägen, d. h. Zinsen kosteten und es sei doch wirthschaftlich sich zu fragen, wie man ein solches zinsfressendes Kapital von der Reichskasse abwerfe. Nun sei gesagt worden, man müsse dann in demselben Maße Silberthaler einziehen, damit der . nicht ver⸗ mehrt werde. Dabei werde übersehen, daß es sich bei diesen 30 Millionen um eine kurz vorher bereits stattgefundene Ver⸗ minderung durch Thalereinziehung handle. Dem Abg. Grafen u Stolberg müsse er erwidern, daß es ihm nicht verständlich , wie sich nach seiner Auffasfsung der status quo durch dieses Gesetz ändern solle. Der Abg. Graf zu 2 n. glaube, man würde, wenn man jetzt ein Mehr von Scheidemünzen mache, für den Fall der Rückkehr zur Doppelwährung einen Verkust erleiden. Die verbündeten Regierungen würden doch aber auch in diesem Falle nichts veräußert haben und noch besitzen, was sie besessen hätten; ein Verlust könnte daraus dem Reiche nicht erwachsen. .

Der Abg. von Lenthe bemerkte, er habe mancherlei Be⸗ denken gegen die Vorlage. Die Ausprägung von zu viel minderwerthigem Silbergeld könne namentlich in Kriegszeiten eine große Gefahr herbeiführen. Es sei auch bedenklich, der Regierung die Vollmacht zu ertheilen, auch die vorhandenen Thaler in minderwerthige Silbermünzen umzuschlagen. Die Vorlage stehe allerdings ganz auf dem Boden der jetzigen Münzgesetzgebung und die Freunde derselben, die Abgg. Bam⸗ berger und Delbrück, begrüßten sie deshalb mit Freuden. Deshalb müßten aber auch diejenigen, welche anderer Meinung seien, um so mehr bedenklich dagegen werden. Es sei endlich angezeigt, daß der Reichstag eine klare Stellung zur Münz— frage nehme, namentlich zu der Frage, wie man sich verhalten solle gegenüber der kolossalen Entwerthung des Silbers, welche eine Weltkalamität geworden sei. Denn die Hoffnung, daß die asiatischen Staaten durch Annahme der Silberwährung die Silberpreise wieder auf den normalen Standpunkt bringen würden, habe sich als trügerisch erwiesen. Auch diese Staaten seien genöthigt, allmählich dem Beispiele Europas zu folgen, zur Goldwährung überzugehen und die Demonetisirung des Silbers und seine Entwerthung noch zu vermehren. Mit dem Sinken der Silberpreise stiegen aber die Gold⸗ preise ungeheuer, wodurch schließlich eine große Welt⸗ kalamität herbeigeführt werden müsse. Deutschland trage daran Mitschuld, denn unrichtiger Weise habe es die Be⸗ schickung der einen vernünftigen Bimetallismus anstrebenden Münzkonferenz in Paris abgelehnt, obwohl auch Hoffnung vorhanden sei, daß England sich diesen Bestrebungen anschließe. Deutschland müsse dazu beitragen, ein besseres Verhältniß in diesen Dingen anzubahnen, dazu müsse aber der Reichskanzler die Stellung des deutschen Reichstages kennen, welche am besten durch eine kommissarische Berathung der Vorlage zum Ausdruck komme.

Der Abg. Mosle führte aus, er stehe auf dem Boden des jetzigen Münzgesetzes und beharre bei der Goldwährung, welchen Standpunkt diese Vorlage auch nicht durchbreche. Er behaupte aber, daß die Vorlage bei einer richtigen Vertheilung der Scheidemünze überflüssig wäre. Da indessen ein Bedürfniß nach mehr Scheidemünze vorhanden sei, so stimme er für die Vor⸗ lage, damit Unverständige diesen Mangel nicht der Goldwäh⸗ rung in die Schuhe schöben. Wenn aber die Strömung in allen Staaten nach der Goldwährung gehe, so müsse er auch dafür sein, daß das Deutsche Reich sich möglichst schnell des überflüssigen Silbers entledige, um den dadurch entstehenden Ver⸗ lust nicht noch zu vergrößern. Jicht die Masse des deutschen Silber⸗ verkaufs habe die Silberpreise so gedrückt, sondern die Art und Weise des Verkaufs in kleinen Posten, und deshalb sei die vorjährige Sistirung der Silberverkäufe ganz berechtigt. Es sei auch kein Unterschied, ob die 48 Millionen aus Silber⸗ barren oder Silberthalern geprägt würden. Daß die Gold⸗ währung zunächst Verluste verursachen würde, hätten Alle vor⸗ ausgesehen, dieselben hätten allerdings vermindert werden kön⸗ nen, wenn man vor der gesetzlichen Einführung der Goldwäh⸗ rung viel Silber gegen Gold umgetauscht hätte. Er warne davor, auf diesem Gebiete zu experimentiren, das sei gefährlich. Es stehe fest, daß England trotz aller Broschüren nicht von der Goldwährung abgehen könne. Diese Vorlage sei von keiner großen Tragweite, wünsche das Haus aber dieselbe kommissa⸗ risch zu berathen, so habe er nichts dagegen.

Der Abg. von Helldorff⸗Bedra wünschte vor Allem eine genaue Feststellung der noch vorhandenen Silberthaler, da man, ohne hierüber informirt zu sein, in der ganzen Frage keine sichere Stellung nehmen könne. Jedenfalle sei die Ge⸗

fahr, zu viel unterwerthige Scheidemünze auszuprägen, nicht zu unterschätzen. Auch er sei für Aufrechthaltung des status quo. Er bitte daher daher die Regierung um Auskunft. Auch manche andere Frage bedürfe noch einer eingehenden Beleuch⸗ tung, weshalb er sich dem Antrage auf kommissarische Bera⸗ thung anschließe.

Der Abg. von Kardorff erklärte, er habe der Regierung nicht suppeditirt, daß sie wissentlich mit dieser Vorlage das Pro⸗ gramm Soetbeers auszuführen beginne, sie thue das nur un⸗ wissentlich. Er bestreite dem Abg. Mosle, daß irgend ein Mensch die Größe der Verluste, die Deutschland die Gold⸗ währung gebracht habe, vorausgesehen habe. Er werde in der Kommission eine Resolution, welche die Stellung des Reichs⸗ tages zur Münzfrage klar stelle, beantragen, und ebenfalls eine Enquete über die deutschen Sil bervorräthe und die deutsche Silbergeldeirkulation überhaupt.

Der Bundeskomissar Regierungs⸗Rath Schraut beantwor⸗ tete die Frage des Abg. von Helldorff dahin, daß im Ganzen

de 80 Millionen Mark an Thalerstücken ausgeprägt un nehme man an, daß 20 Proz. durch Einschmelzung dere Art zu Verlust kämen. Auf diese Weise bliebe etrag von einer Milliarde und 23 Millionen Mark.

Vo seien bisher eingezogen worden 613 Millionen. Es würde also der Umlauf noch 416 Millionen Mark in Thalern be⸗ tragen. Nach anderen Schätzungen sei der Verlust nicht so hoch und man käme dann zu einem Umlauf von 450 Mil⸗ lionen. Wieviel davon in der Reichsbank sich befänden oder außer allem Verkehr seien, könne er nicht angeben.

Der Abg. Dr. Bamberger wandte sich gegen die Ausfüh⸗ rungen der Abgg. von Kardorff und von Lenthe. Der Abg. von Kardorff habe sich geirrt, als derselbe ihm vorgehalten habe, er (Redner) hätte die französischen und englischen Ver⸗ hältnisse der Ausprägung von Kleingeld vorgebracht, um dar⸗ aus zu beweisen, daß die gegenwärtige Maßregel begründet sei; er habe aber gerade das Gegentheil gesagt; er habe die gemachten Anführungen zu entkräften gesucht, indem er nach⸗ gewiesen habe, daß England und Frankreich mehr Kleingeld hätten als Deutschland. Dem Abg. von Lenthe gegenüber müsse er bemerken, daß er sowohl als der Abg. Delbrück die Vorlage nicht mit Beifall begrüßt hätten, sondern nur aus gewissen Rücksichten keine Opposition gegen dieselbe machen wollten. Nun hätten verschiedene Redner den Wunsch ausge⸗ sprochen, daß die große Frage, ob Gold⸗ oder Doppelwährung end⸗ lich vom Reichstage verhandelt und zu der Sache Stellung genommen werde. Er habe dagegen nichts ein⸗ zuwenden, ihm könne es nur erwünscht sein. Es sei aller— dings eine eigenthümliche Erscheinung, die seines Wissens in keiner anderen Nation vorgekommen sei, daß man diese Frage der Münzgesetzgebung vom Gesichtspunkt anderweitiger Inter⸗ essen betrachtet habe, als derer, die aus der Münzgesetzgebung an sich zu ziehen seien. Die Herren von der rechten Seite dieses Haufes bekämpften die Münzgesetzgebung, weil sie glaubten, sie schade ihnen in anderer Beziehung. Er glaube, diese Herren täuschten sich über den Effekt der Münzgesetz—⸗ gebung vollständig, und würden nach einer Veränderung derselben die Klagen, die sie beseitigen wollten, genau ebenso noch vorfinden. Ob in Zukunft Gold genug vorhanden sein werde oder nicht, könne kein Mensch wissen. Im Jahre 1849/50 habe man eine Ueberschwemmung mit Gold gefürchtet, alle diese Vor— aussagen hätten sich als falsch erwiesen. Auf derartige Kon⸗ jekturen könne man sich bei einem so wichtigen Gesetz nicht einlassen. Den Abg. von Lenthe, welcher geglaubt habe, sich gegen den Umlauf von unwerthigen Silbermünzen ver⸗ wahren zu müssen, bitte er, zwei Dinge zu unterscheiden, nämlich die Unterwerthigkeit der Silbermünzen durch Aus⸗ bringung, durch Legirung und die Unterwerthigkeit, welche dadurch entstehe, daß der Silberwerth auf den Weltmarkt gefallen sei. Die mit der Ausbringung verknüpfte Unter⸗ werthigkeit stehi mit dem, was in der ganzen übrigen Welt existire, nicht in so großem Wider⸗ spruch. Bringe doch England seine Silbermünzen zu 66 Schilling Münze aus. Es existire also bei Vergleichung der Silberwerthe gar keine faktische Differenz. Aehnlich verhalte es sich in Frankreich. Er wolle noch hervorheben, daß die Unklarheit, welche die Zukunft biete, nicht ins Gewicht falle, da ja der Geldwerth in Deutschland nicht gestiegen sei. Die Preise hätten vielmehr eine ganz einseitige Bewegung unah⸗— hängig von den Silberpreisen gehabt und der Zinsfuß, wel⸗ cher den sicheren Maßstab bilde, der Preis von Geld sei nie so niedrig gewesen, als seit Deutschland die Goldwährung ein⸗ geführt habe. Die Argumente seien also hinfällig, daß auch jetzt ein solcher Effekt hervorgebracht würde. Er habe nichts gegen eine kommissarische Berathung, aber der dafür angeführte Grund sei nicht stichhaltig. Diese Fragen müßten im Plenum coram publico debattirt werden. Wolle man denn beschließen, daß Deutschland die europäischen und außereuropäischen Staaten zu einem internationalen Kongreß auffordern solle, um das Zahlenverhältniß zwischen Silber und Gold festzustellen? Solche Verträge würden nie gehalten der Natur der Verhält⸗ nisse nach. Der praktische staatsmännische Sinn des Reichs⸗ kanzlers werde eine solche Politik nie acceptiren. Er bitte, die Vorlage im Plenum zu verhandeln.

Der Abg. Udo Graf zu , konstatirte, daß er nur deshalb den fiktiven Verlust hervorgehoben habe, welcher bei einer Umkehr zur Doppelwährung aus der Um⸗ prägung minderwerthiger Silbermünzen in vollwerthige ent⸗ stehen müsse, weil die Regierung stets den Gewinn betone, der aus der umgekehrten Operation resultire.

Der Abg. Mosle erläuterte seine frühere Aeußerung von der fehlerhaften Vertheilung der Scheidemünzen in Deutschland dahin, daß dieser Fehler in dem Vertheilungsmodus nach der Einwohnerzahl der Einzelstagten liege. ne. Modus sei für das einheitliche deutsche Verkehrsgebiet falsch. Industriereiche , . litten bei demselben Mangel an Scheidemünzen, während sie anderswo im Ueberfluße vorhanden seien. Eine Ausgleichung könne nur durch eine Aceumulation der Scheide⸗ münze bei der Reichsbank und durch eine sofortige Befriedi⸗ gung jedes hervorgetre enen Bedürfnisses durch dieselbe ver⸗ mittelst der Post und der verschiedenen Reichsbankstellen er⸗ folgen. Die Reichsbank müsse sich dieser Mühe unterziehen, aber man müsse 1 auch im . ihrer Aktionäre zu die⸗ sem Zwecke die Portofreiheit gewähren. Durch solche Maß⸗ regeln würde das Gesetz überflüssig. Die Kommission müsse diesen Punkt erwägen.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen und war damit die erste Lesung der Vorlage beendet. Die Abstimmung über die Frage, ob die Vorlage einer Kommission von 14 Mit⸗ gliedern überwiesen werden solle, blieb zweifelhaft; die deshalb vorgenommene Zählung ergab 75 Stimmen für, 68 Stimmen gegen die Ueberweisung an eine Kommission. Das Haus war

mithin nicht beschlußfähig, Ag Uhr.

und vertagte sich hierauf um

In der heutigen (38.) Sitzung des Reichstages,

welcher der Staats⸗Minister Hofmann und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, trat das Haus in die zweite Berathung der einer besonderen Kommission zur Vorberathung überwiesenen An⸗ träge des Abg. von Seydewitz und Genossen, betreffend die weitere Abänderung der Gewerbeordnung, und zwar zunächst des Antrages, betreffend den Gewerbe⸗ betrieb der Schauspielunternehmer, ein. Derselbe lautet nach den Kommissionsbeschlüssen:

Der Reichstag wolle dem nachstehenden Gesetzentwurfe die

Zustimmung ertheilen: 4

8 E

betreffend die Abänderung des §. 32 der Gewerbeordnung. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundestaths und des Reichstages, was folgt: Einziger Artikel. Der 5. 32 der n, wird wie folgt abgeändert:

Schauspielunternehmer bedürfen zum Betriebe ihres Gewerbes der Erlaubniß. Dieselbe ist zu versagen, wenn die Behörde auf Grund von Thatsachen die Ueberzeugung gewinnt, daß der Nach⸗ suchende die zu dem beabsichtigten Gewerbebetriebe erforderliche Zuverlässigkeit, insbesondere in sittlicher, artistischer und finanzieller Hinsicht nicht besitzt.

Urkundlich ꝛe.

Nach einem einleitenden Vortrage des Referenten Abg. Frhn, von Soden begrüßte der Abg. Dr. Löwe (Bochum) es mit Freuden, daß durch diesen Antrag die öffentliche Auf⸗ merksamkeit auf einen wichtigen Punkt der öffentlichen Bildung und der öffentlichen Moral gelenkt, werde. Er bezweifele aber, daß der Verfall der Schauspiel⸗ kunst weniger von den nach der Theaterfreiheit ent⸗ standenen Theatern seinen Ursprung herleite, als vielmehr von der mangelhaften Pflichterfüllung der höheren und Hofbühnen; deshalb könne das Uebel auch nicht durch Beschränkung der ersteren geheilt werden. Der Staat müsse öffentliche Bildungsanstalten für die Schauspieler schaffen. Das Bedürfniß nach Theatern in den unteren Klassen werde durch eine Beschränkung der Theater nicht beseitigt. Er stimme deshalb gegen den Antrag. ,,. des Blattes hatte der Abg. von Kleist-Retzow as Wort.

. Wenn die in dem Vorverfahren einer Strafsache eidlich vernommenen Zeugen in der Hauptverhandlung vernommen werden und ihre Aussage auf den früher geleisteten Eid nehmen, dann aber wiederholt vorgerufen und befragt werden, ohne die Bezugnahme auf den Eid zu erneuern, so gelten sie, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 25. Februar d. J., in Bezug hierauf als unbeeidigt, und das auf die Aussagen gestützte Urtheil kann durch die Revision angefochten werden.

Nach §. 370 Nr. 5 des Reichsstrafgesetzbuchs ist die Entwendung von Nahrungsmitteln von unbedeuten⸗ dem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Ver— brauche nicht als Diebstahl, sondern nur als eine Uebertretung hi bestrafen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das

eichsgericht, II. Strafs., durch Erkenntniß vom 24. Fe⸗ bruar d. J. ausgesprochen, daß auch die Entwendung von Nahrungsmitteln in rohem, noch nicht genießbarem Zustande (3. B. von Kartoffeln), um sie nach erfolgter Zubereitung zu verzehren, nur als Uebertretung zu bestrafen ist.

Ir Ausführung des Gesetzes, betreffend die Aus⸗ 6 von Reichskassenscheinen, vom 30. April 1874, ist is Ende März d. J. der definitive Antheil an Reichskassen⸗ scheinen mit 120 006 009 M voll angewiesen worden. Auf den aximalbetrag der Vorschüsse (54 889 941,72 6) sind 54 682 140,6 MS angewiesen worden, so daß noch S807 800,86 M rückständig blieben. Auf diese Vorschüsse waren bereits 14 637 280 MS zurückgezahlt, so daß im Ganzen seit März d. J. 159 444 820 M in Reichskassenscheinen in Umlauf waren.

Für die Zeit vom 1. April 1879 bis zum Schlusse des Monats März 1880 sind im Reiche an Einnahmen (einschließlich der kreditirten Beträge) aus Zöllen und gemein⸗ schaftlichen Verbrauchssteuern sowie anderen Einnah⸗ men (verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt: Zölle 141 330 718 6 ( 27 045 298 S6), Rübenzuckersteuer 53 642 047 Ss (4 1603 631 6), Salzsteuer 36 276 657 66 ( 629 317 ), Tabaksteuer 1 074 262 S (4 1174765 „), Branntweinsteuer 41 280 336 66 (— 2406 832 S), Uebergangsabgaben von Branntwein 131 420 MS (4 20 353 , Brausteuer 16 397 843 6 . 242 669 6), Uebergangsabgaben von Bier 995319 66 4 54898 6), Summe 291 1238 542 M (4 26 821 471 6), Spielkartenstempel 1095 316 S ( 443 571 6). Die zur Reichskasse gelangte Ist-⸗-Einnahme abzüglich der Bonifika⸗ tionen und Verwaltungskosten betrug bis Ende März 1880: Zölle 134 893 790 S (4 34 210 489 S), Rübenzuckersteuer 46 124 362 M (4 435656813 ), Salzsteuer 35 671 618 6 ( 413 010 S), Tabaksteuer 898 717 MS ( 117076 h, Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 36 351 636 6 (— 582 047 Ä), Brausteuer und Uebergangs⸗ abgabe von Bier 14 7656 783 S6 (— 161 506 S6), Summe 268 696 906 S (4 38 353 835 , Spielkartenstempel (ein⸗ schließlich der Nachsteuer) 1 130 036 6 (4 S25 054 h.

Durch Allerhöchste Ordre vom 12. d. M. ist der Ge⸗ meinde Tengern im Kreise Lübbecke zu dem von ihr be⸗ schlossenen Bau einer Gemeindechaussee von Tengern über aer e, bis zur Herforder Kreisgrenze in der Richtung auf Remerloh das Enteignungsrecht für die zu dieser Chaussee erforderlichen Grundstücke verliehen und zugleich genehmigt worden, daß die dem Chausseegeldtarife vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗Polizei⸗Ver⸗ gehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich hessische Staats-Minister Freiherr von Starck ist hier an⸗ gekommen, und die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Staatssekretär für Elsaß⸗Lothringen Herzog, Herzoglich anhaltischer Stgats⸗Minister von Krosigk und Landes⸗ Direktor von Waldeck und Pyrmont von Sommerfe! sind von Berlin wieder abgereist.

Der General der Infanterie von Tresckow, General⸗ Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und komman⸗ dirender General des IX. Armee⸗Corps, ist von Altona hier

ö und heute Abend nach St. Petersburg weiter gereist.

Der General der Infanterie von Pape, komman⸗ r r. General des V. Armee⸗Corps, ist nach Posen zurück⸗ geke rt.

Der General⸗Lieutenant Graf von Wartens leben, Commandeur der 17. Division, bisher Kommandant von Berlin, hat sich zur Uebernahme des Kommandos über die genannte Division nach Schwerin begeben.

Nach Beendigung des seit dem 2. d. M. hier statt⸗ gehabten militärärztlichen Operations- resp. anato⸗ mischen Kursus haben sich die zu demselben kommandirt gewesenen Qber⸗Stabsärzte der Armee und Marine in ihre resp. Garnisonen zurückbegeben.

S. M. gedeckte Korvette Bismarck“, 16 Geschütze, Kommandant Kapitän zur See Deinhard, hat, telegraphischer Nachricht zufolge, am 24. d. Mts. Auckland auf der Reise nach Valparaiso verlassen.

Wiesbaden, 23. April. Nach Verlesung des Proto⸗ kolls und Vertheilung der Eingänge an die betreffenden Kom⸗ missionen gelangte in der heutigen (8) Plenarsitzung des Kommunal-Landtags zunächst der Bericht der besonders zur Begutachtung des Entwurfs über Abänderungen und Zu— fätze zu dem Reglement der nassauischen Brandyersicherungs⸗ anstalt gewählten Kommission zum Vortrag. Nachdem der Landesdirektor an der Hand statistischer Nachweise über die Zunahme der Schadenfeuer und die Erhöhung der Brand⸗ steuern die Nothwendigkeit der Verschärfung einzelner Bestim⸗ mungen erörtert hatte, damit die Gemeinden zu besserer Or⸗ ganifation der Löscheinrichtung und die Einwohner zu größerer Thätigkeit bei der Dämpfung ausgebrochener Brände ver⸗ anlaßt würden, erfolgte die einstimmige Genehmigung des vorgelegten Entwurfs und einiger von der Kommission vor⸗ geschlagener Zusätze. . .

Sodann wurde auf Antrag der Finanzkommission über ein Gesuch des evangelischen Rettungshauses zu Wiesbaden um Gewährung einer ständigen Unterstützung aus ständischen Mitteln Uebergang zur Tagesordnung beschlossen, weil eine Uebersicht über den Finanzstand der Anstalt nicht vorgelegt und das Bedürfniß nicht nachgewiesen sei.

Ein weiteres Gesuch der Gemeinderäthe zu Aßmanns— hausen und Aulhausen, daß der kommunalständische Verband das Marienhauser Kloster erwerben und eine zweite Irren⸗ anstalt daselbst errichten möge, wurde dadurch als erledigt er⸗ klärt, daß der Besitzer angezeigt habe, das Kloster sei nicht verläuflich. . ;

Die Eingabenkommission berichtete sodann zunächst zu dem Gesuche des Bürgermeisters Freund und Genossen zu Niederseelbach, des Vorstandes des landwirthschaftlichen Kasinos zu Idstein und des Karl Kettenbach und Genossen zu Ober⸗ libbach um Erhaltung des bestehenden Jagdgesetzes. Da kein besonderes provinzielles Interesse in Betracht komme und den Petenten überlassen bleibe, sich mit ihren Anträgen an das Abgeordnetenhaus zu wenden, so wurde Uebergang zur Tages⸗ ordnung beschlossen. . =

Zu dem Entwurfe eines Gesetzes über die Radfelgen⸗ beschläge im Kommunalverband des Regierungshezirks Wies⸗ baden beantragte die Wegebaukommission Ablehnung des ganzen gemachten Vorschlags, da derselbe zur Belästigung der der Fuhrenbesitzer und zu vielfachen Unzuträglichkeiten fuͤhren würde. Der Landesdirektor Wirth begründete die Noth⸗ wendigkeit, in der einen oder anderen Weise schärfere Bestim⸗ mungen treffen, da die ausgesetzten Fonds zur Unterhal⸗ tung der Straßen nicht hinreichten, letztere vielmehr bedeu⸗ tend höheren Kostenaufwand erfordert hätten und daß dies nach dem Gutachten der ständischen Wegebaubeamten wesent⸗ lich durch den Mangel gesetzlicher Bestimmungen über die Radfelgenbreite und die zulässige Belastung der Fuhrwerke herbeigeführt werde. Der Kommunal-⸗Landtag schloß sich dem AUntrage seiner Kommission an und lehnte die ganze Vor⸗ lage ab.

Endlich wurde zu den vorgelegten Rechnungen Decharge ertheilt, nachdem die dazu gezogenen Notate vorher erledigt

worden waren.

Württemberg. Stuttgart, 23. April. (ESt. A. f. W) Die berittenen Truppen unserer Armee werden in näch⸗ ster Zeit an Stelle der bisherigen Pistolen mit Revolsvern ausgerüstet werden; der für das hiesige Armee⸗Corps er⸗ forderliche Bedarf von Revolvern ist in der Fabrik der Ge⸗ brüder Mauser u. Comp. in Oberndorf in Bestellung gegeben worden. An der vom 18. Juli bis 7. August d. J. an der unteren Elbe bei ann stattfindenden größeren Pontonier⸗ übung werden sich auch 2 Compagnien des Königlich württem⸗ bergischen Ponier⸗Bataillons Nr. 13 betheiligen, .

Ludwigsburg, 22. April. Die „Ludw. Itg.“ schreibt: In den ersten Tagen des Monats Mai werden Ihre König- lichen Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Wilhelm mit der Prinzessin Pauline zu längerem Aufenthalt auf der Villa „Marienwahl“ hier eintreffen. Seit der kurzen Ab⸗ wesenheit der hohen Herrschaften wurden auf der Villa wieder verschiedene bauliche Veränderungen und Verschönerungen, insbesondere auch die Erstellung eines neuen größern Garten⸗ pavillons vorgenommen. Die das Anwesen umgebenden Obst⸗ Anlagen machen n . bei der gegenwärtigen Blüthenpracht zu einem reizenden Sitz.

Baden. Karlsruhe, 24. April. Die „Karlsr. Ztg.“ meldet: Heute Mittag ist Se. Königliche Hoheit der Erb⸗ großherzog wieder hier eingetroffen. Anfang nächster Woche wird Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin sich nach Wiesbaden begeben und während der Dauer des Aufenthaltes Sr. . des Kaisers, voraussichtlich etwa 14 Tage, dort verweilen.

HGessen. Darmstadt, 22. April. (Darmst. Ztg.) Nach dem Ausschreiben Großherzoglichen Ober- Konsistoriums an die Großherzoglichen Kreisämter vom 13. April hat das Groß⸗ herzogliche Ministerium des Innern und der Justiz genehmigt, daß den evangelischen Kirchenvorständen allgemein gestattet wird, Kapitalien der Lokalkirchenfonds mit spezieller uflin mung des betreffenden Großherzoglichen Kreis⸗ amts im Falle mangelnder Gelegenheit zu einer geeigneten und vortheilhaften hypothekarischen Ausleihung außer in den bis jetzt zugelassenen Werthpapieren auch in Qbliga⸗ tionen anderer deutscher Staaten, nämlich in Königlich preußischen, Königlich bayerischen, Königlich württembergischen und Großherzoglich badischen Staats⸗ papieren auf Inhaber anzulegen. Indem das Ausschreiben hiervon Kennkniß giebt, bestimmt das Ober⸗Konsisto—

rium allgemein, daß die für die evangelischen Lokalkirchen⸗ fonds anzukaufenden Staatspapiere der genannten Art in leicher Weise, wie dies für anderel, in den Besitz von el rhef ds gelangende, auf Inhaber lautende Werth⸗ papiere bereits früher angeordnet worden ist, durch Abstempe⸗ lung bei ihm „außer Verkehr gesetzt“ und, wenn dieselben wieder veräußert werden sollen, „dem Verkehr zurückgegeben“ werden. Da erfahrungsmäßig dergleichen abgestempelte Staats⸗ obligationen in ihrem Courswerthe keinerlei Einbuße erleiden, somit auch im Falle ihrer erfolgten Ausloosung deren Rück⸗ zahlung bei der betreffenden Staatskasse keinen Anstand fin⸗ den wird, ist es nicht erforderlich, die Zustimmung zu solcher Abstempelung bei der einschlägigen Staatsregierung vorher einzuholen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 24. April. (Els.⸗ Lothr. 3stg.) Der Kaiserliche Statthalter ist gestern Abend von seinem Ausflug nach dem Oberelsaß hierher zurückgekehrt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 24. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses befür⸗ wortete in fortgesetzter Budgeidebgtte der Abg. Meznik die Resolutionen betreffs der slavischen Mittel s chul en. Der Abg. Gompertz beantragt die Resolution, die Regierung aufzufordern, bei der Uebernahme der Mittelschulen in Mäh— ren und Böhmen auf den Staatsetat nur nach strenger Pruͤ⸗ fung des reellen Bedürfnisses vorzugehen. Der Redner be— merkt, daß für die Minorität hierbei zunächst die Rücksicht auf die Staatsfinanzen maßgebend gewesen sei. Die Resolu⸗ tion wird in namentlicher Abstimmung mit 157 gegen 149 Stimmen abgelehnt; die Ausschußresolution dagegen ange⸗ nommen.

Der Ausschuß des Abgeordnetenhauses zur Vorberathung der österreich isch⸗serb ischen Eisenbahn⸗ konvention hat die Konvention angenommen, ebenso der betreffende Ausschuß des Unterhauses in Pest.

Der Polit. Corresp.“ wird von authentischer Seite mitgetheilt, daß die österreichische Regierung mit der Verwal⸗ tung der Kai serin-Elisabeth⸗Westbahn keine Verhand⸗ lungen wegen einer Verstaatlichung dieser Bahn eingeleitet habe. Solche Verhandlungen seien von dem Handels⸗-Minister auch nicht in Aussicht genommen. .

Der genannten Correspondenz wird aus Cettinje gemeldet, der Adjutant des Gouverneurs von Skutgri, Fzzet Pascha, habe, entgegen der in der, türkisch⸗ montenegrinischen Konvention stipulirten 24 stündigen Frist für die durch die Montenegriner zu effektuirende Okku⸗ pation der türkischerseits zu räumenden Positionen in Pod goritza, nur eine siebenstündige Frist für den Abmarsch der türkischen Truppen zugestanden. Da es den Montenegrinern unmöglich gewesen sei, innerha b dieser kurzen, dem Vertrage zuwiderlaufenden Frist die Okkupation zu bewerkstelligen, hätten sich die Al banesen nach dem Ab⸗ marsch der tuͤrkischen Truppen aller früher von türkischer Seite besetzt gewesenen befestigten Stellungen be⸗ mächtigt. Die montenegrinischen Truppen seien in beobach⸗ tender Stellung verblieben und erwarteten weitere Befehle.

25. April. Bei dem zu Ehren des Kaisers und der Kaiserin heute stattgehabten Sänger fest wurde dem Kaiser im Stiftersaale des Künstlerhauses das Erinnerungs⸗ bild an die Feier der silbernen Hochzeit des Kaiserlichen Paares vom XW. April v. 8 überreicht, darauf wurde von

egen 2600 Sängern die Volkshymne vorgetragen. Der Kaiser 9 den Sängern und dem Vorsitzenden des Festeomités seinen Dank in herzlichen Worten aus.

26. April. Das Sängerfest verlief vollkommen dem Programm gemäß. Am Schlusse desselben wurde gestern Nach⸗ mittag die Festhymne auf dem inneren Burgplatze gesungen. Der Kaiser und die Kaiserin wohnten der Feierlichkeit mit dem Kronprinzen und den übrigen hier anwesenden Erz⸗ herzögen auf dem Balkon bei; ein nach vielen Tausenden zählendes Publikum füllte den Burghof. Das. Kaiserliche Paar war von dem imposanten Effekte des Sängergrußes sichtlich befriedigt und dankte dem Comité mit herz= lichen Worten. Später nahmen die Sänger als Gãste des Kaiferös einen Imbiß im Redoutensaale ein. Der hierbei auf den Kaiser, die Kaiserin und den Kronprinzen ausgebrachte Trinkspruch wurde mit Begeisterung aufgenom⸗ men, ebenso der Vorschlag, der Prinzessin Stephane die schriftliche Huldigung der Sänger darzubringen. Den Schluß des Festes bildete ein Sängerkommers in dem Sophiensaale. Der Festredner Weiß hielt eine patriotische Ansprache, welche er mik einem dreifachen Hoch auf das Kaiserliche Paar und das österreichische Herrscherhaus schloß. Dem Hoch, welches mit stürmischem Beifall aufgenommen wurde, folgte der Ge⸗ sang der Volkshymne. Der hiernach von dem Dichter Saar ausgebrachte Trinkspruch auf Oesterreich und seine Zukunft wurde ebenso wie ein Hoch auf die Prinzessin Stephanie mit Enthusiasmus aufgenommen. 3 ö

Rag u sa, 24. 26. Von montenegrinischer Seite wird behauptet, daß die albanesischen Bergstämme schon am 21. und 22. d. im Einvernehmen mit den türkischen Komman⸗ danten alle von den türkischen Truppen zu räumenden Posi⸗ tionen übernommen hätten. Osman Pascha sei nach Nieder— brennung des Barackenlagers von Tusi nach Hum abmarschirt h n. Hoda Bey in Tusi als Chef der Bewegung zurück⸗ gelassen.

Großbritannien und Irland. London, 23. April. (Allg. Eorr. Das „Hosjournal“ veröffentlicht heute wieder zahlreiche Srdensverleihungen. Mr. Gould, der Minister⸗Residenz in Belgrad, und Major Henry Trotter, der englische Konsul für Kurdistan, erhielten die dritte Klasse der Civilabtheilung des Bath⸗Ordens; General⸗Major Biddulph, der Ober⸗Kommissarius von Cypern, empfing das Komthur⸗ kreuz des St. Michael⸗ und Georgs-Ordens, und Oberst⸗ Lieutenant Calarke, der ehemalige britische Kommissär für die Berichtigung der türkischen Grenze in Asien, das Ritterkreuz desselben Ordens. .

Ein Rundschreiben der Admiralität macht be⸗ kannt, daß alle Beamten der Marine den Staatsdienst ver⸗ lassen müsfen, wenn sie das 60. Lebensjahr erreicht haben, Nur unter besonderen Umständen, wenn es das Gemeinwohl erheischt, dürfen sie bis zum 65. Lebensjahre im Amte bleiben. Bisher war der Dienstaustritt erst im 70. Lebensjahre bedingt.

In Portsmouth erwartete man gestern die ersten Nachrichten von dem Admiral des zur Aufsuchung der „Atalanta“ abgegangen Kanalgeschwaders. Der Umstand, daß kein Telegramm anlangte, hat die n en, des verscholle⸗ nen Schulschiffes gehegten Besorgnisse wesentlich erhöht.

. Der König von Siam verläßt, den bis jetzt getroffenen Dispositionen zufolge, seine Hauptstadt vor Ende dieses Mo⸗ nats, um seine langgeplante Reise nach Europa und Amerika anzutreten. ; .

Den „Daily News“ wird aus Kabul vom 21. d. M. telegraphirt:

Die nach Maidan abgegangene Streitkraft hat die Thürme der feindfeligen Chefs zerstört, ohne auf Widerstand gestoßen zu sein. General Roberts hat den Befehl erlassen, keine Dörfer niederzu⸗ brennen. Nachdem auf das auf der Straße nach Ghuzni vorgerückte 6 geschossen worden, kehrte dasselbe gestern zuruck. General

marschirte heute ab. In dem heutigen Durbar erklärten sich neunzig kohistanische Chefs mit der britischen Politik einverstanden. Sie gaben zu, von Abdurrahman ein Rundschreiben erhalten zu haben; dies habe sie jedoch nicht am Kommen verhindert. Mir Batcha. Surwar Khan und andere kohistanische Chefs werden gleich falls hier erwartet. Man glaubt, die Bewohner Kohistans seien Abdurrahman günstig gesinnt.“ ̃

Aus der Capstadt liegen unterm 5. d. via Madeira fol⸗ gende Nachrichten vor: :

Oham, der Bruder Ketschwayo's, bestreitet die gegen ihn erhobe⸗ nen Beschuldigungen, daß er Menschen getödtet und die Zulus am Heirathen verhindert habe. Der „Cap Argus“ mißbilligt die von der Regierung, im Bafutoland eingeschlagenen Politik. Sein dortiger Berichterstatter behauptet, daß die Lage der Dinge sich in kritischer Verfassung befände, aber anderen Berichten zufolge gehen die Basutos ruhig ihren üblichen Beschäftigungen nach. ; ö.

26. April. (W. T. W.) Lord Granville ist zum Stagtssekretär des Auswärtigen, Lord Hartington zum Stactssekretär für Indien, Childers zum Staats sekretär des Kriegs, Lord Northbrook zum ersten Lord der Admiralität und Lord Selborne zum Lordkanzler ernannt.

Frankreich. Paris, 24. April. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer genehmigte heute einen Zoll von 1,20 Fres. für Kohlen und einen solchen von 6 Fres. für Stahlschienen und beendete die Berathung der Zolltarifsätze für die Erzeugnisse des Bergbaus. Die Abstimmung über die gesammte Vorlage wurde auf nächsten Donnerstag vertagt,

25. April. (W. T. B.) Auf der Reise des Unterrichts⸗ Ministers Ferry nach Lille haben mehrfach öffentliche Kundgebungen stattgefunden, von denen einige auch gegen die Dekrete vom 29. März gerichtet waren.

Lille, 25. April. (W. T. B.) An der Demonstra⸗ tion, welche gegen die Dekrete vom 29. März während der Anwesenheit des Ministers Ferry gestern hier vorge⸗ kommen ist, waren etwa 80 Studirende betheiligt, die größten⸗ theils der katholischen Fakultät angehörten; etwa 12 derselben wurden verhaftet, aber alsbald wieder in Freiheit gesetzt. Der Minister besuchte heute die Schulanstalten, ohne daß irgend welcher bemerkenswerthe Zwischenfall vorgekommen wäre.

Spanien. Madrid, 24. April. (W. T. B.) Der Antrag, auf ausländische Spritwaaren einen Zoll von 66 Pesetas per Hektoliter zu erheben, ist von der Depu⸗ tirten kammer zur Erwägung angenommen worden.

(Allg. Corr.) In New⸗Hork eingegangenen Nachrichten aus Havanna, vom 21. ds., zufolge haben die spanischen Truppen die Gebirgs⸗Verbindungslinien zwischen den Insur⸗ gentenbanden in den Provinzen Santiago und Guanta⸗ namo besetzt und letztere somit in das offene Feld getrieben. Der Erfolg dieser Gperation wird als ein harter Schlag für die Insurrektion betrachtet.

Türkei. Konstantinopel, 23. April. (Wien. Ztg.) Der englische Botschafter Sir H. Layard hat jede Betreibung der zwischen der Pforte und England schwebenden Ver⸗

andlungen bis zum Empfange neuer Instruktionen aus ondon sistirt. Man glaubt, daß die Pforte, ohne das voraussichtliche Einschreiten des künftigen englischen Kabinets abzuwarten, demnächst die Initiative zur Wiederaufnahme der Verhandlungen in der griechischen Frage ergreifen werde.

24. April. (W. T. B.) Die Pforte hat eine Note an die europäischen Mächte gerichtet, in welcher sie den Zusammentritt der europäischen Kommission für O st⸗ rumelien verlangt, um die von der Pforte gemäß Artikel 23 des Berliner Vertrages für die europäischen Pro⸗ vinzen der Türkei ausgearbeiteten Reformentwürfe zu

rüfen.

ö Phi lippopel, 24. April. Der Generalgouverneur hat das Entlassungsgesuch des Finanz⸗Direktors Schmidt ange⸗ nommen.

Serbien. Belgrad, 25. April. (W. T. B.) An Stelle des Generals Alimpitsch, welcher von einem Schlaganfalle betroffen worden ist, soll Gberst Zdravkovits zum Minister für öffentliche Arbeiten ernannt werden.

Numänien. Bu karest, 24. April. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer erklärte in Beantwortung einer Anfrage wegen der Gerüchte über angebliche Aenderungen im Kabinet der Ministerpräsident Bratiano, daß zwei oder drei Minister wegen ihrer Privatangelegenheiten ihre Demission geben wollten. Dies werde jedoch die politische Fär⸗ bung des Kabinets nicht ändern. Der Deputirte Fleva erklaͤrte, daß die Antwort des Ministerpräsidenten ihn nicht vollständig befriedige. Er erinnere daran, daß das gegenwärtige sogenannte Fusions⸗Ministerium unter abnormalen Verhältnissen entstanden ei. Jetzt, wo der Gang der Geschäfte wieder ein regelmäßiger geworden sei, müsse sich die Regierung ganz besonders mit den inneren Interessen des Landes beschäftigen; dies sei aber schwierig, wenn die Regierung ferner aus Politikern bestehe, die verschiedenen Prinzipien huldigten. Der Minister⸗Präsi⸗ dent antwortete d, , daß die Minister die Portefeuilles nicht übernommen haben würden, wenn sie nicht die Anschauung der Majorität getheilt hätten. Der Minister des Auswär— tigen, Vo eres cu, erklärte, er habe stets in liberalem Sinne gehandelt. Wenn die Kammer glaube, daß das Ministerium nicht mehr bestehen könne, so werde er als der Erste seine Demission geben. Der Deputirte Fleva beantragte hier⸗ nach die Annahme einer Motion, durch welche der Mi⸗ nister⸗Präsident Bratiano aufgefordert wird, das Ministerium des Innern zu übernehmen. Nachdem der Präsident der Kammer erklart hatte, die Motion an die Sektionen verweisen zu wollen, wurde dieselbe von Fleva wieder zurückgezogen. Eine weitere Debatte wurde von der Majorität des Hauses abgelehnt. Schließlich wurde von dem Justiz⸗Minister eine Botschaft des Fürsten verlesen, durch welche der Schluß der außerordentlichen Session der Kammer aus⸗ esprochen wird. Während der Debatte über die von Fleva e n . Motion war der Minister des Innern nicht zu⸗ gegen. ö 25. April. Nach hier eingegangenen Nachrichten wur⸗ den gestern in Fokschani über 300 Häuser durch eine