1880 / 98 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Apr 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Münster, 26. April.

wetter, geschlossen: ö Hochgeehrte Herren! er

Landtag gestellt waren, erledigt haben. nicht gering; daher heute der zweite Tag der vierten Woche der Dauer des Landtags berangekommen ist. Aber auch in dieser durch .. mehrmals unterbrochenen Berathungszeit ist nur durch

hre unermüdliche Ausdauer und Ihre rege Theilnahme für die In⸗ teressen unserer Provinz, verbunden mit der Ihnen beiwohnenden Ein⸗

sicht in die Verhältnisse derselben, möglich geworden, den Gesammt⸗

stoff an laufenden Verwaltungsgeschäften, Vorlagen und Anträgen

unter sorgfältiger Erwägung zu überwältigen. Zehn Plenarsitzungen haben genügt, auf Grund der gründlichen Vorarbeiten, welche in den

6 gemacht worden, den Schluß des Landtags heute herbei⸗ zuführen.

Außer den laufenden Geschäften, Wahlen, Petitionen und Un— terstützungsgesuchen baben Sie schon in den ersten Sitzungen die Haupt. und Spezialetats für die Verwaltung festgestellt und bei dieser Veranlassung, sowie bei der später erfolgten Decharchirung der Rech- nungen Sorge getragen für das Wohl der Beamten, welche bei der Hauptverwaltung und bei den einzelnen der Obhut der Provinzialver⸗ waltung übergebenen Anstalten fungiren, sowie der Wittwen und Waisen einzelner Kategorien in Wohlwollen gedacht. Sie haben für Verkehrszwecke zahlreiche Bauprämien und Beihülfen für Chaussee⸗ neubauten bewilligt und selbst den Ausbau und die Unter⸗ haltung einzelner Strecken übernommen. Die Anträge auf Gewährung von Beihülfen zu den zahlreichen, in unserer Provinz projektirten Sekundärbahnen sind dem Verwaltungsausschuß mit sehr schätzbaren Ermächti ungen überwiesen worden, welche das Zu⸗ standekommen dieser für unsere Provinz äußerst wichtigen Kommu⸗ nikationen erleichtern werden. Der Provinz fehlen fast noch ganz die Querverbindungen mit den Hauptbahnen, und die Staatsbehörden sind augenblicklich damit beschäftigt, die Frage zu prüfen, welche Projekte als die dringendsten vorzugsweise zu berücksichtigen und un ter entsprechender Betheiligung der Interessenten, zu denen schon die Kreis, und Provinzialordnung vom 11. März 18650 die Kreise und Provinzen zählte, in das Leben zu rufen.

Sie haben, meine Herren, erhebliche Zuschüsse bewilligt für die landwirthschaftlichen Schulen, für Wiesenmeliorationen, Feuerlösch⸗ wesen und andere gemeinnützige Anstalten. Vor Allem aber verdient Erwähnung der Ankauf des Gutes Eickelborn zur Vergrößerung der Korrektionsanstalt in Benninghausen für 440 000 S' und die Be—⸗ willigung von 36 000 M für die Erweiterung der Blindenanstalt zu Paderborn. Sie sind dem Gedanken, eine eigene Anstalt für Idioten zu errichten, näher getreten und haben den Verwaltungsausschuß mit den nöthigen Ermächtigungen versehen, um eine solche in „arsberg ins Leben zu rufen. Sie haben Ihr und der Provinz Interesse für die bevorstehende rheinisch⸗westfälische Gewerbeausstellung in Düsseldorf durch Bewilligung einer nicht unerheblichen Summe zu dem Ga— rantiefonds des Unternehmens bewiesen.

Unter den organisatorischen Arbeiten sind hervorzuheben die Ge⸗ nehmigung der Reglements für die Anstalt Marienthal und für die Bewilligung von erhöhten Unterstützungen zum Kom⸗ munalwegebau, für welchen einen eigenen Wegebau⸗Direktor kommissarisch anzustellen Ihr Verwaltungsausschuß beauftragt worden ist, der Reglements für die Unterbringung verwahrloster Kinder und die Revision der bestehenden Aufnahmebedingungen und Pflegesätze in den Anstalten zu Gesecke, Marsberg und Lengerich: vor Allem aber die Uebernahme der Verwaltung der Provinzial⸗ Feuersozie tät unter Feststellung eines Statuts und Reglements. In Bezug auf die Bezirksstraßen haben Sie ohne Zweifel in der heutigen Sitzung Ihrem Verwaltungsausschuß die nöthigen Voll machten ertheilt, um mit den Staatsbehörden über eine Reorgani⸗ sirung der Verwaltung in Verhandlung zu treten und den jetzt be⸗ stehenden überaus komplizirten und schwerfälligen Organismus gänz— lich zu beseitigen.

. Unter den Gutachten, welche die Staatsregierung von dem Pro— vinzial⸗Landtag erfordert hat, ist ohne Zweifel dasjenige von der größten Bedeutung., welches den Gesetzentwurf über die Vererbung der Landgüter in Westfalen betrifft. Sie haben die Ihnen vorgeleg⸗ ten Fragen in wiederholten Ausschußsitzungen gründlich geprüft und durch Ihre Verhandlungen die Staatsregierung in Stand gesetzt, über die Bedürfnißfrage und die Art der Ausführung ein sr eres, auf genaue Kenntniß der bestehenden Verhältnisse gegründetes Urtheil zu gewinnen. Auch in Bezug auf die in Anregung gebrachte Veränderung be⸗ stehender Kommunalverbände in Oberbonsfeld, Amt Königsteele und Amt Bochum haben Sie der Aufforderung der Staatsregierung Folge geleistet.

Meine Herren! Ich spreche Ihnen im Namen der Staats regierung meinen Dank aus für Ihre hoch ersprießliche Thätigkeit. Sie nehmen in Ihre engste Heimath das Bewußtfein mit, nicht nur eine patriotische Pflicht erfüllt, sondern auch neue Grund⸗ und Bausteine gesammelt zu haben für die Entwickelung unserer theuern Provinz und in der Förderung des Wohls derselben für das gesammte deutsche Vaterland. Gottes Segen möge auf Ihnen ruhen und auf Ihren Beschlüssen!

Im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs erkläre ich den 24. Westfälischen Provinzial Landtag für geschlossen.

Bayern. Augsburg, 26. April. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Allgem. Ztg.“ hat Se. Majestät der König den bisherigen bayerischen Geschäftsträger bei der russischen Regierung, Grafen Fugger, abberufen und den⸗ selben zum Ministerial-Rath im Ministerium des Aus— wärtigen ernannt. Der bisherige Legations-Rath bei der diesseitigen Gesandtschaft am italienischen Hofe, Freiherr von Tauthoeus, ist zum Geschäftsträger beider ruffi⸗ schen Regierung ernannt worben.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 24. April. Wie die Presse“ erfährt, ist der Schluß der Reichsrathssession für den 15. Mai in Aussicht genommen. Das Exekutivcomité hat beschlossen, um die Einhaltung dieses Termins zu er— möglichen, nach Erledigung sämmtlicher Positionen des Unter⸗ richtsbudgets eine Unterbrechung der Budgetdebatte zu bean⸗ tragen, damit der Gesetzentwurf über die Militärtaxe in Ver⸗ handlung gezogen werden könne. Alsdann soll die Berathung des Voranschlages fortgesetzt werden.

26. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses widerlegte im Lause der Debatte über das Budget für die Volksschulen der Unterrichts⸗ Minister, von Eybesfeld, die Anschauung, daß in seinen Reformplänen sich ein reaktionärer Hintergedanke verberge. Die beabsichtigten Reformen seien lediglich pädagogischer Natur und nur von der Erfahrung im Interesse der Durchführung der Schulgesetze, aber keineswegs von Parteiinteressen, diktirt.

Der „Polit. Corresp.“ wird aus Bu karest gemeldet:

Der Minister des Innern Cogalniceano hat seine Ent⸗ la ssung genommen; der nit des Auswärtigen Boerescu dürfte seinem Beispiele folgen, um dem Minister⸗ Präsidenten Bratiano die Bildung eines homogenen national— liberalen Kabinets zu erleichtern.

Prag, 25. April. In der „Bohemia“ wirb die Publi⸗ kation einer vom Grafen Taaffe und dem Justiz⸗Minister

Heute wurde der 24. West⸗ fälische 9 vinzial-Landtag mit folgender Ansprache des Königlichen Kommissarius, Ober⸗Präsidenten von Kühl⸗

Herr Landtags- Marschall Freiherr von Bodelschwingb⸗ Plettenberg hat mir die Mittheilung zugehen lassen, daß Sie die sämmtlichen Aufgaben, welche dem 24. Westfälischen Provinzial⸗ Die Zahl derselben war

St rem ayr gezeichneten Verordnung im böhmischen Landes⸗ gesetzblatt signalisirt, welche bestimmt ist, den Gebrauch der Landessprachen in Bͤöhmen im Verkehre der poli— tischen, der gerichts- und der staatsanwaltschaftlichen Behörden mit den Parteien und autonomen Organen“ zu regeln. Diese Verordnung ist der „Boh.“ zufolge nach dem Muster jenes Erlasses verfaßt worden, der unter dem Ministerium Auers⸗ perg am 20. April 1872 für Dalmatien . wurde, und habe man bei Abfassung dieses speziell für Böhmen bestimmten Schriftstückes sich die in Dalmatien gewonnenen Erfahrungen, gleichzeitig aber auch die bereits in Böhmen im Verkehre der Behörden mit den Parteien bestehenden Vorschriften vor

Augen gehalten. Nach dieser Darstellung hätte man es somit nur mit einer Zusammenfassung in der Mehrzahl schon be⸗ standener Einrichlungen zu thun. Die „Boh“ glaubt, daß dies im Interesse einer gleichförmigen Praxis der Behörden liegen würde. Bemerkt wird übrigens, daß die Amtssprache für den internen Verkehr der Behörden in Böhmen von der Verordnung unberührt bleibe.

Pest, 26. April. Im Abgeordnetenhause legte heute nach Erledigung des Budgetvoranschlages der Finanz⸗ Minister das Finanzgesetz pro 1880 vor; dasselbe weist ein Defizit von 19 560 0065 Fl. auf, welches durch die noch unbegebenen 15 Millionen Goldrente und durch den Erlös aus den zu verkaufenden Eisenbahn-Prioritätsobligationen bedeckt werden soll.

Nach der Debatte des Budgets, die spätestens am nächsten Donnerstag beginnen dürfte, wird so berichtet die „Bud. Corr.“ der Minister-Präsident dem Abgeordnetenhause bezüglich des Arbeitsprogrammes in der jetzigen Session des Reichstags seine Vorschläge unter breiten. Die Session soll spätestens in den ersten Tagen des Monats Juni geschlossen, bis dahin aber die dringend noth⸗ wendigen Gesetzentwürfe erledigt werden, darunter namentlich der Gesetzentwurf über die Einführung des Strafkodex, die Vorlagen, betreffend die Eisenbahnkonvention mit Serbien, die Verlängerung des Handelsvertrages mit Deutschland, den Ankauf der Eisenbahnlinie Agram⸗Karlstadt, den Ausbau der Budapest⸗Semliner Eisenbahn, die Erwerbung resp. Verstaat⸗ lichung der Theiß⸗-Eisenbahn, wo möglich der Konkurs⸗Gesetz⸗ entwurf und einige kleinere Gesetzentwürfe. Die Verhand⸗ lung des Wehrgesetzentwurfes werde voraussichtlich erst im Herbste erfolgen können.

Schweiz. Bern, 23. April. (N. Zürch. Ztg.) Der Bundesrath erklärte sich heute auf eine bezügliche Anfrage der badischen Regierung einverstanden mit der Abhaltung einer Konferenz beiderseitiger Techniker zur Begutachtung der Frage, ob die projektirte Tieferlegung der Hochwasserstände, des Bodensees um 50— 80 em durchschnittlich ohne Herabmin⸗ derung der Niederwasserstände oder Benachtheiligung der Ab— flußverhältnisse bei Schaffhausen bewirkt werden könne.

Niederlande. Haag, 24. April. (Cöln. Ztg.) Die Zweite Kammer hat das Gesetz, betreffend den Schutz der Fabrikzeichen und Handelsmarken, genehmigt. Das—⸗ selbe kommt In⸗ und Ausländern gleichmäßig zu gute und tritt zu Neujahr 1881 in Kraft.

Großbritannien und Irland. London, 24. April. (Allg. Corr. Dig Ministerkrisis ist durch den Entschluß Ihrer Majestät der Königin Victoria, Herrn Gladstone mit der Bildung des neuen Kabinets zu betrauen, und die Uebernahme dieser Aufgabe Seitens des Herrn Gladstone in der Haupt⸗ sache überwunden. Der Marquis von Hartington und Earl Granville begaben sich gestern Vormittag nach Windsor und wurden von der Königin in einer Audienz empfangen, die etwa eine Stunde währte. Nach der Hauptstadt zurück— gekehrt, pflogen die beiden Führer der liberalen Partei eine längere Unterredung mit Herrn Gladstone. Der Letztere wurde bald darauf zur Königin berufen und begab sich dann ohne jede Begleitung nach Windsor. Seine Unterredung mit der Königin dauerte zwei Stunden. Auf der Rückreise nach London wurde Herr Gladstone auf allen Sta— tionen von der versammelten Volksmenge enthusiastisch be⸗ grüßt. Vor seiner Wohnung in Harleystreet hatten sich Hun— derte von Menschen versammelt, welche ihn mit nicht enden wollenden Cheers empfingen. Herr Gladstone wurde in seiner Wohnung von Earl Granville, Lord Hartington, Lord Wol— werton und Mr. Adam empfangen. Der Letztere theilte den anwesenden Vertretern der Presse mit, daß Herr Gladstone die Bildung des neuen Kabinets übernommen habe.

Herr Gladstone wird in dem neuen Kabinet außer der Premierwürde auch den Schatzkanzlerposten bekleiden. Die „Daily News“ bemerkt dazu: „Herr Gladstone erneuert das Arrangement, das während der letzten Periode seines früheren Kabinets in Kraft und bis zur Zeit des zweiten Ministeriums von Sir Robert Peel Usance war. Bis 1841 pflegte der jeweilige Premier⸗Minister, wenn er im Hause der Gemeinen saß, die Aemter der ersten Lords des Schatzamts und des Schatzkanzlers in seiner Person zu vereinigen.“

Von den 237 neuen Unterhausmitgliedern sind 150 Kaufleute und Fabrikanten, 53 Rechtsgelehrte, 44 ge— hören dem Barreau an, und 8 praktiziren als Anwälte, 30 gehören der Armee an, 2 der Flotte, 3 sind ehemalige Diplomaten, 6 sind Journalisten, 7 Civil⸗ und landwirth⸗ schaftliche Ingenieure, 5 Bankiers, d Brauereibesitzer, 3 Aerzte, 6 Pächter, 4 Druckereibesitzer, Verleger, Kupferstecher u. s. w. Die obige Klassifizirung umfaßt etwa 172 Mitglieder; die übrigen sind Land⸗Squires, Friedensrichter, Vize⸗Landräthe, ehemalige Ober⸗Sherifs, Baronets oder Pairsföhne. Das älteste neue Mitglied ist Sir Harry Verney, 78 Jahre alt, das jüngste Mr. Richard Fort, M. P. für Clitheron, der 1856 geboren wurde.

Aus Glasgow wird unter dem 22. d. gemeldet: Der Clyde hat heute von Hamilton bis Glasgow eine sehr starke Fluth. An letzterem Ort sind die Dämme durchbrochen und viel angebautes Land verwüstet worden; viel Vieh und Schafe sind ertrunken. An einigen Stellen erscheint der Fluß eine halbe Meile breiter Aus Portadown wird unter dem gleichen Datum gemeldet: Die ununterbrochenen Regen der letzten Tage haben den Fluß Bann bis zu einer unerhörten Höhe getrieben. Tausende von Ackern bebauten Landes stehen zu beiden Seiten des Flusses unter Wasser. Ein großer Theil des überschwemmten Landes war bereits besäet.

Das Indische Amt hat vom Vizekönig von Indien folgende Meldung erhalten:

„Nachstehende Depesche des Generals Stewart, per Heliograph nach dem Lager des Generals Roß befördert, ist hierher übermittelt worden: Lager bei Ghuzni, 22. April. Am 19. ds. stieß die von mir befehligte Division auf dem Marsche von Mushaki auf eine große

Masse Bewaffneter, bestehend aus Andaris, Tarakis, Suleman

ö

Kheyls und anderen Stammbewohnern und ungefähr 15 000 Mann an Reitern und Fußvolk zählend. Es wurden Vorbereitungen ge⸗ troffen, um die stark- Stellung des Feindes, 23 Meilen fuͤdlich von Ghujni, anzugreifen, als eine aus ca. 3000 fanatischen Rei. tern bestehende Streitmacht sich auf unsere Truppen stürzte und sich auf beiden Flanken unserer Linie ausdehnte. Nach einstün. digem Kampfe zerstreute sich der Feind nach allen Richtungen. Die Nothwendigkeit, ie Bagage zu schützen, verhinderte seine Verfolgung durch Kavallerie. Die Dioision marschirte indeß nach dem Treffen 9 Meilen weiter bis Tani, und vorgestern, am 20 ds, rückte die vorgeschobene Kavallerie in Ghuzni ein. Mehr als 1000 Feinde blieben todt auf dem Schlachtfelde, und der feindliche Gesammt— verlust an Todten und Verwundeten wird auf 2600 Mann geschätzt. Auf unserer Seite wurden 17 Mann getödtet und 115 verwundet.

Ueber den Kampf vor Ghuzni meldet ein Telegramm der „Daily News“ aus Lahore vom 23. d. M. folgende weitere Einzelnheiten:

„Die Schlacht wurde von dem 3000 Mann zählenden Feinde, worunter eine große Anzahl Ghazis, die verzweiflungsvoll kämpften, eröffnet. Nach Verlauf einer Stunde war der Feind zersprengt. Die Kavallerie rückte am Dienstag in Ghuzni ein, ohne auf Wider. stand zu stoßen. Es ist endgültig angeordnet, daß General Stewart sich nach Kabul begeben und den Oberbefehl übernehmen soll. General Roß trat heute seinen Marsch gegen Mahomed Jan an.“

27. April. (W. T. B.) Zum Lord⸗Präsidenten des Geheimen Raths ist der Herzog von Argyll, zum Staatz sekretär des Innern Harcourt ernannt. Göschen, Lord Rosebery und Lord Derby haben die Uebernahme von Posten im neuen Kabinet abgelehnt. Die vollständige Bildung des Kabinets scheint auf Schwierigkeiten zu stoßen wegen des An⸗ spruchs, der Seitens vorgeschrittener Liberalen auf Vertretung ihrer Partei in demselben erhoben wird.

Frankreich. Paris, 25. April. (Fr. Corr.) Die Deputirtenkammer beschloß in ihrer vorgestrigen Verhand⸗ lung über den allgemeinen Zolltarif den Anträgen des Ausschusses gemäß die Beibehaltung des Zolls von 1 Fre. pro Mille für Backsteine und Ziegel, von 46 Cts. für Kalk und 1ẽ Fre. 20 Cts. für Steinkohlen.

Wie der „National“ versichert, ist 5. Gambetta mit dem Präsidenten der Republik darüber einig, eine anticipirte Auflösfung der Kammer zu vermeiden. Hr. Gam— betta meint, es sei besser, wenn die Kammer auch noch das Budget von 1882 votire. Wenn die Auflösung im Laufe des nächsten Jahres stattfände, so könnten die Wahlen erst im Mai oder Juni vor sich gehen, und hätte die neue Kammer nicht Zeit, sich mit dem Budget von 18682 zu beschäftigen. Sollten daher die Kammern eine antizipirte Auflösung beschließen, so könnte sie erst nach der Annahme des Budgets von 1882 stattfinden, d. h. frühestens im August 1881.

Die Gruppe des „Appells an das Volk“ versammelte sich gestern Abend im Grand Hotel zur Wahl eines neuen Präsi— denten und verlieh diese Würde dem kürzlich von Gambetta gemaßregelten Godelle, welcher seinerseits beabsichtigt, noch vor Ablauf der über ihn verhängten vierzehntägigen Ver— bannung aus der Kammer seine Wähler einzuberufen.

Die Zahl der bischöflichen Protestschreiben beträgt gegenwärtig über fünfzig.

(Cöln. Htg.) Der Armeeausschuß hat sich mit dem Budgetausschuß über die Berittenmachung der Haupt— leute geeinigt. Jedes Jahr soll je ein Hauptmann in je einem Bataillon beritten gemacht und dies so lange fortgesetzt werden, bis sämmtliche Hauptleute beriiten sind.

Türkei. Konstantinopel, 25. April. (W. Pr.) Der Miriditen-Kapitän Pr enk richtete eine Depesche an den Premier⸗Minister Said Pascha mit der Anzeige, daß die Mirditen sich bei einem eventuellen Rampe zwischen den Montenegrinern und Albanesen neutral verhalten würden.

Griechenland. Athen, 23. April. (Wien. 3.) Das Kabinet Trikupis befestigt sich imuer mehr. Die Oppo⸗ sition, in sich gespalten, hat es aufgegeben, die Kabinetsfrage zu stellen. Die von Trikupis eingebrachte Vorlage der Be⸗ steuer ung des für die Landwirthschaft erforderlichen Nutz— viehes ist mit 116 gegen 21 Stimmen angenommen worden. Ebenso wurden die Verlängerung des Mandates der „Jo⸗ nischen Bank“ der Vertrag mit der „Allgemeinen Creditbank“, welcher derselben das Recht der Emission von Papiergeld auf den Jonischen Inseln giebt, und das Regentschaftsgesetz votirt. Nach letzterem wird dem Ministerconseil die Ausübung der Königlichen Gewalt für die Dauer der Abwesenheit des am 5. Mai eine längere Reise nach Dänemark und England

antretenden Königs Georg, mit Ausschluß gewisser König⸗.

licher Prärogative, eingeräumt.

Numänien. Bu karest, 26. April. (W. T. B.) Falcoja no, Dr. Calenderu und der ehemalige Ministe Statesco sind zu Administratoren der rumänischen Eisenbahnen mit den Befugnissen von Direktoren ernannt worden. Dieselben werden ihre Funktionen am 1. Mai be⸗ ginnen. Der „Pressa“ und dem „Romanul“ zufolge soll Cogalniceano rumänischer Gesandter in Paris werden. Der Conseilpräsident Bratiano würde das Ministerium des Innern und bis zur Rekonstruktion des Kabinets interimistisch das Ackerbau⸗Ministerium übernehmen.

Serbien. Belgrad, 26. April. (W. T. B.) Der Fürst hat nunmehr den Oberst ZdravkowiLe zum interimistischen Minister für öffentliche Arbeiten ernannt; die son⸗ stigen Gerüchte über eine angebliche Ministerkrisis entbehren der Begründung.

Rußland und Polen. Moskau, 26. April. (W. T. B.) Am 23. und 24. d. M. fand vor dem hiesigen Militär⸗ kreisgericht die Verhandlung gegen 8 junge Leute im Alter von 17 bis zu 27 Jahren statt, welche wegen gesetz— widriger Propaganda angeklagt waren. Vier der Angeklagten wurden zu 4. bis 5jähriger Zwangsarbeit, einer zu 2 Jahren Festungshaft und einer zu einer Festungshaft von 8 Monaten , Zwei Angeklagte wurden mit einem Verweis estraft.

Amerika. Washington, 23. April. (Allg. Corr.) Der Senat nahm gestern die Armeebudget-Vorlage einschließlich des Paragraphen an, der die Verwendung von Truppen als Polizei bei Wahlen verbietet.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 16. Jahreswoche von je 1900 Be⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet; in Berlin 29,8, in Breslau 28,8, in Königsberg 40,6, in

Cöln 25,0, in Frankfurt a. M. 30, l, in Hannover 23,5, in Cassel 23,l,

in Magdeburg 25 2, in Stettin 28.5, in Altona 28.7, in Straß hurg in Metz 33,1, in München 52,4, in Nürnberg 37.0, in Augsburg 246, in Dresden 29, 8, in Leipzig 30 O, in Stuttgart 24,0, in Braunschweig 260, in Karlsruhe 17,7. in Hamburg 272, in Wien 35.53, in Buda pest 4l,5, in Prag 47,1, in Triest 344, in Basel 30,6, in Brüssel 2456, in Paris 31,4, in Amsterdam 33,7, in Kopenhagen 26.7, in Stockholm 28,1, in Christiania 20,), in St. Deters burg 59, 2, in Warschau 33 4, in Odessa 35, in Bukarest 35, ), in Rom 39,7, i Turin 39,2, in Athen in Madrid 41,4, in London 21,6, tu Glaegow 23 6, in Liverpool 277, in Edinburgh 28,1 in Dublin 41,5, in Alexandrien (Egypten) 33,1. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗ Jork 24,2, in Philadelphia 1855, in St. Louis 12,9, in Chicago 189, in Cincinnati 20,l, in St. Franzisko 16,“, in Calcutta 26,2, in Bomba 408, ir Madras 41,35. .

In den ersten Tagen der Berichtswoche herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsstgtionen östliche und nordöstliche Windrich— tungen vor, die um die Mitte der Woche fast allgemein in füdliche und südöstliche, in Karlsruhe in südwestliche umgingen, nur in München blies Ostwind vorwaltend. Gegen Ende der Woche machten sich jedoch wieder mehr östliche, in Ost⸗ und Mitteldeutsch⸗ land mit nordwestliche wechselnde Luftströmungen geltend. Die Tem⸗ peratur der Luft stieg mit dem Eintritt der Südwinde weit über das Durchschnittsmaß lin Berlin am 17. bis 26 Gr. C.). Trotz mehr⸗ facher Gewitter erfolgte wenig Niederschlag. Der mäßig hohe Luft - druck sank um die Mitte der Woche, stieg aber in den letzten Tagen der Woche wieder. . .

. der Berichtswoche gestalteten sich in den meisten größeren europäischen Städten, besonders aber in den deutschen. die Sterblichkeitsverhältnisse ungünstiger. Die allgemeine Sterblichkeits⸗ verhältnißzahl für die deutschen Städte stieg auf 29,9 von 28, der Vorwoche (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Ganz besonders wurde der Antheil des Säuglingsalters an der Sterb⸗ lichkeit größer, so daß von 10000 Lebenden aufs Jahr berechnet 100 Kinder unter 1 Jahr . gegen 85 der vorangegangenen

oche (in Berlin 106 gegen 68). . . e den . haben von den Infektionskrankheiten Masern, Scharlachfieber, Darmkatarrhe der Kinder größere Ausdeh⸗ nung gefunden, Pocken und typhöse Fieber etwas abgenommen. Masern traten in Berlin, München, Zwickau, Weißenfels, Rom, Barcelona und Madrid in größerer Zahl als Todes oeranlassung auf, in Breslau, Amsterdam, Paris, London nahm die Zahl der Todes fälle etwas ab. Todesfälle an Scharlachfieber kamen in Berlin, Hamburg, Aachen häufig vor. Diphtherische Affektionen zeigen in Berlin und Wien Nachlässe, nahmen aber in Danzig, München, Bresden, Hamburg, Aachen zu. Unterleibstyphen erscheinen in Paris, Warschau, Turin, Bukarest in etwas verminderter Zahl, mehrfen sich aber in St. Petersburg. Auch der Flecktyphus hat in St. Petersburg wieder mehr (G67) Todes fälle veranlaßt. In Thorn er⸗ lagen der dort herrschenden Fleckentyphusepidemie b Personen. Aus Lon⸗ don und Braunschweig werden je?, aus Danzig, Warschau, Venedig. Ma⸗ drid je 1 Flecktyphustodesfall gemeldet. Rückfallsfieber zeigen in Berlin und St. Petersburg keine wesentliche Veränderung. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder waren namentlich in München, aber auch in Berlin, Königsberg, Gera, Hamburg, Warschau, St. Petersburg ver⸗ mehrt. Der Keuchhusten hat in London wieder etwas nachgelassen. Die Pocken forderten in London, Budapest, Paris, Bu karest, St. Peters⸗ burg etwas weniger, in Wien, Prag, Madrid, Barcelong, Alexandrien mehr Opfer. Aus Breslau, Krakau, Triest, Warschau, Odessa werden einzelne Blatterntodesfälle gemeldet. Das gelbe Fieber wüthet in Rio de Janeiro; in der Zeit vom 16. bis 29. Februar er. erlagen demselben 255 Personen. .

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

„Die Holzbaukunst“. Vorträge an der Berliner Bau— akademie gehalten von Dr. Paul Lehfeldt. Mit 96 Abbildungen in Holjschnitt. Berlin 1880. Verlag von Julius Springer. Das vorliegende Buch ist, wie schon der Titel besagt, aus gesam⸗ melten Vorträgen entstanden und behandelt den Gegenstand sowohl vom hinorischen als vom bautechnischen Standpunkte aus. Indessen will es der Verfasser nur als Versuch betrachtet wissen, fob sich vielleicht eine vollständige Entwickelungsgeschichte der Holz architektur schreiben läßt. Das Werk soll erst im Allgemeinen die Aufmerksamkeit auf die Gebilde der Holzbaukunst lenken, deren Be—⸗ kanntschaft dem Verfasser aus zwei Gründen schätzbar er— scheint, nämlich einmal für die Erkenntniß der „ftendenz⸗ losen, d. b. von der Vorliebe für eine bestimmte Stik— epoche unabhängigen Schönheit! und ferner für die Frage, wie weit eine Kunstentwickelung national sein könne oder solle. Nichts“, sagt er sehr richtig, „bildet das Urtheil und schätft gleich—⸗ sam das künstlerische Gewissen in dem Maße wie solche Formen, deren Lebenselement in der Wahrheit, deren Untergang in dem falschen Schein liegt. Demjenigen aber, der Interesse daran findet, die Kultur verschiedener Völker und Zeiten mit einander zu vergleichen, dem es Freude bereitet, in der Kunstthätigkeit und den Erzeugnissen eines Volkes dessen inneres Wesen zu erkennen, müssen die schlichten Holzbauten, welche oft das Nationale, Volksthümliche in überraschender Natürlichkeit abspiegeln, ebenfalls werth und bedeutunge voll erscheinen. Die Werthschätzung früherer und fremdländischer Kultur aber und ihr Vergleich mit der eigenen klärt das Urtheil für die Gegenwart und steigert die Freude an dem Guten in der Heimath.“ Mit der Holzarchitektur des Alterthums und der außereuropaäischen Völker beginnt denn auch seine Darstellung. Er schildert zunächst die Holzbaukunst der Orientalen und Ostasiaten, der Israeliten, Assyrler, Babylonier, Perser, Inder, Chinesen und Aegypter, dann den Riegelbau (Uebergang vom Nomadenthum za festen Wohnsitzen: Indianer, Malayen, Pfahlbauten) und die Holzarchitektur des klassischen Alterthums. Sodann legt er dar, wie das schon von den Römern angebahnte Prinzip, die reine Konstruktion wirken zu lassen, im Mittelalter auf das Höchste ausgebildet wurde und in den Decken konstruktionen zur Erscheinung kommt cchristliche Basilika, Felder⸗ decke und Sparrendecke, Hängewerk, Nachahmung des Gewölbes; Holzdecken im Orient, in Spanien, Sicilien, Italien, Deutschland). Im 3 Abschnitt, Holzbauten der Germanen und Normannen, wird den alten Kirchen in Norwegen, den ältesten, uns vollständig erhal⸗ tenen Werken der Holzarchitektur, eine besonders eingehende Besprechung gewidmet. Daran schließt sich die Schilderung der Entwickelung des Fachwerkhauses im Mittelalter und der Renaissance (in Frank- reich, Deutschland, Belgien, Dänemark, England) sowie als V. Ab⸗ schnitt die Renaissance˖ Dekoration in Holz (Einfluß des Mö— bels auf die Bautunst, Holjgewölbe). Dem Fachweribau gegenüber steht der Bleckbau des östlichen Europas, dessen schönste Gebilde in den slavischen Ländern zur Erscheinung kommen. Den Schluß hildet die Schweiz, welche sowohl den Fachwerkbau, wie den Blockbau bis auf die heutige Zeit anwendet und hierin wahrhaft künstlerische Leistungen hervorgebracht hat. Die zum Theil beachtenswerth originellen, zum Theil bizarren, zum Theil eigentlich auf fundamentalem Mißverständniß (Imitation des Stein⸗ baus) beruhenden Holjbauten Amerikas und Australiens haben freilich hier noch keine Würdigung gefunden. Auf S. 26 muß es bei Rangoon statt Vorderindien; Hinterindien heißen. Die Sprache des Buches ist allgemein verständlich. Die unvermeidlichen iechnischen Ausdrücke sind jedesmal erklärt, so daß die Lektüre zugleich für den nicht technisch gebildeten Leser möglich ist, während das Buch dem Fachmann durch Vergleichung verschiedener Zeiten und Länder neue Gesichtspunkte zu eröffnen sucht. Die reiche illustrative Aus— stattung des Werks verdient besonderes Lob.

Gewerbe und SGandel.

In der Generalversammlung der Aktionäre der Weimari⸗ schen Bank vom 26. April waren 1682 Stück Aktien durch 320 Stimmen vertreten. Es wurde auf die Verlesung des Geschäfts⸗ berichts verzichtet und dem Vorstand und Aufsichtsrath Decharge er⸗ theilt. Von einem Aktionär war unter Hinweis auf das neue Statut der Antrgg gestellt worden, statt der in diesem Jahre aus scheidenden drei Mitglieder nur ein Mitglied zu wählen, so daß der Aufsichtsrath alsdann aus 7 Mitgliedern bestehen solle. Dieser An⸗

trag wurde mit großer Majorität angenommen und das ausscheidende Mitglied, Hr. Kommerzien Raih Br. Hübner in Leipzig wieder gewählt. Hierauf schritt man zu der Wahl der Revisoren. Die Auszahlung der vom Aufsichtsrath für das Geschäftesjahr 1879 auf 59 o festgesetzten Dividende erfolgt nunmehr sofort.

Ueber den 5 sterreichisch⸗ungarischen Waarenerport nach Rußland bringt die Wiener Zeitung“ nach dem amtlichen russischen Kijewliannin“ einen Bericht, dem wir Folgendes entnehmen: Der Exvort Oesterreich⸗Ungarns nach Rußland hat seit dem Krim⸗ kriege immer mehr zugenommen und nur im Jahre 1877, als in Rußland der Metallzoll eingeführt wurde, einen Rückschlag erlitten. So wurden amtlichen Berechnungen zufolge in den Jahren 1854 um 6 200 0909, 1863 15 709000. 1874 32 600 009 1875 36 600 000, 1876 31 000000, 1877 23 200 000, 1878 38 000000, 1879 um 39 200999 F1. 5. W. Wagren aus DOesterreich⸗Ungarn nach Rußland, hauptsächlich aber nach Südwest⸗Rußland exportirt. Den Hauptexport⸗ artikel bildeten Werthsachen, deren Import nach Rußland besonders während des Krimkrieges fiel. Quantitativ war das Kriegsjahr 1877 für den österreichischuungarischen Export nach Rußland gar nicht so schlecht, denn es wurden importirt: 1874 1 598 000, 1875 und 1876 gegen 2000000 in jedem Jahre, 1877 2 837 000, 1878 3176000 und 1879 ca. 33 Millionen Centner. Im Allgemeinen bildete die Steigerung des österreichisch-ungarischen Exportes nach Rußland von 1854 bis 1863 153060, von 1865 bis 1879 143 ½ und im Vergleiche des letzten Jahres mit dem Jahre 1864 steigerte sich der Export um das Sechtzfache (6140/0). Was die einzelnen Importartikel betrifft, so wurden vor Allem Salz (1876 216750 Ctr.), Maschinen (39 070 Ctr), andere Metallgegenstände (20 690 Ctr.), Gips (27 505 Ctr.), Kalk und Cement (25 800 Ctr.), Holzgeräthe (19 380 Ctr.), Mehlprodukte (12 196 Ctr.), halb bearbeitetes Eisen (10470 Ctr.), Glaswaaren (10260 Etr.), Wein (0 2509 Gtr). Stahlschienen (7032 Ctr.), Wollgarn (6066 Ctr.), Brennholz (6330 Ctr.), Galanteriewaaren (1070 Ctr.), Raffi⸗ nade (3300 Ctr.), fertige Kleider (1665 Ctr.), Thonwaaren (16418 Ctr.), Wollgewebe (1577 Ctr.) und endlich Papier, Leder, Kautschuk und Selde roh) unter 1000 Ctr. importirt. An Eisenbahnwaggons wurden 1877 768 und 1878 1315 Stück nach Rußland importirt Das russische Regierungsblatt schließt seinen Bericht folgendermaßen: „»Wenn man die vorliegenden Ziffern durchblickt, kommt man zu einem äußerst traurigen Resultate. Es zeigt sich da klar, daß Oester⸗ reich Ungarn zu uns nicht nur allerlei Fabrikate, deren Herstellung bei uns, angenommen, nicht entwickelt ist, importirt, sondern uns auch eine Masse Rohwaaren bringt, deren wir selbst in Hülle und Fülle haben und die unsere Exportartikel wie Salz, Kalk, Folzwaare, Brennhol; u. dergl. eigentlich bilden sollten.“

Frankfurt a. M., 27. April. (W. T. B.) Die beute stattgehabte Generalversamm lung der Deutschen Handelsgefellfchaft genehmigte den Rechnungöabschluß und die Anträge des Aufsichte⸗ raths,. Der Aufsichtésrath und die Direktion erhalten 129 966 4 Tantiẽme; zur Vertheilung gelangen 1 350 000 M½, gleich 9 0 Di— vidende, welche sofort zahlbar ist.

Antwerpen, 26. April. (W. T. B.) WollauktioWn. An⸗ geboten 1961 B. verkauft 856 B. Das Geschäft war sehr belebt. Buenos ⸗Ayres Wollen 30-40 Cents, Montevideo⸗Wollen 40 45 Cents höher gegen die Auktion im Januar.

Verkehrs⸗Anstalten.

München, 25. April. (Leipz. Ztg.) Der Bau der vom letzten Landtage in erster Linie genehmigten, für den Verkehr Bayerns mit Sachsen und dem ganzen Norden so wichtigen Bahnlinie Wiesau⸗Redwitz jowie der Linie Dinkelsbühl⸗Feucht⸗ wangen ist in diesen Tagen bereits energisch begonnen worden. Am 15. Mai sollen der neue Bahnhof zu Landshut und die Bahn— ö. von dort bis Landau a. d. Isar dem Betrieb übergeben werden.

Triest, 2.5. April. (W. T. B.)) Der Lloyddamofer „Sa turno“ ist heute Vormittag mit der ostindischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

Berlin, 27. April 1880.

Der Bericht über die am 19. März d. J. abgehaltene vierzehnte Generalversammlung des Vaterländischen Frauen⸗Vereink ist jetzt im Deuck erschienen. Wir haben über die Generalversamm⸗ lung selbst bereits berichtet nud tragen daher jetzt aus dem vorltegen—⸗ den Berichte nur die folgenden statistischen Mittheilungen über den genannten Verein nach. Der Vaterländische Frauen ⸗Verein um⸗ faßt zur Zeit 493 Zweig Vereine, welche sich mit 26 auf außerpreußische Gebiete, 112 auf Ostpreußen, 26 auf Westpreußen 43 auf die Provinz Brandenburg, 26 auf Pommern, 29 auf Posen, 66 auf Schlesien, 41 auf Sachsen, 16 auf Schleswig Holstein, 21 auf Hannover, 29 auf Westfalen, 22 auf Hessen Nassau, 36 auf die Rheinprovinz, 1 auf die hohen⸗ zollernschen Lande vertheilen. Dieselben zähle. 39 176 ordentliche und 8742 außerordentliche, zusammen 47918 Mitglieder. Der Jahresabschluß der Zweigvereine pro 1879 weist inkl. Bestand aus den Vorjahren nach: eine Einnahme von rot. 1130 304 S, eine Ausgabe von 587 934 6 und einen Bestand pro 1880 von rot. 542 371 6 Der Hauptverein hat nach dem Rechnungsabschlusse pro 1879 inkl. der Sammlungen für Tann a. d. Rhön, Kestenholz und der aus Anlaß der goldenen Hochzeitsfeier Ihrer Majestäten aufgekommenen, nach Allerböchster Bestimmung Ihrer Majestät der Kaiserin der Stiftung „Frauen-Trost“ überwiesenen Beiträge eine Einnahme von 157 795 S6 S5 8 gebabt. Seine Ausgabe beträgt 133 668 4 81 , mithin blieb am Schlusse des Jahres ein Baar— bestand von rot. 4137 ÆS zurück. Als Vermögensbestand ist unter Zugrundelegung des erheblich unter dem wirklichen Cours—⸗ werfhe zurückbleibenden Buchwerthes der Werthpapiere vorhanden der Betrag von 243 671 6 58 3, so daß inkl. des Bestandes der Zweigvereine von 542 370 Æ 63 8 der Vaterländische Frauenverein als Ganzes mit einem disponiblen Bestande von rot. 786 042 M in das Jahr 1889 eingetreten ist, und gegen das Jahr 1879 einen Ver— mögenszuwachs von 14370 66 44 8 zu verzeichnen hat. Im Laufe des Jahres 1879 hat der Hauptrerein neben den Kosten für Ver— waltung, Beschaffung von Materialien für die Depotgegenstände und zu Liebesgaben an Wäsche, Kleidungsstücken ꝛc., an baaren Unterstützungen 38 040 M ausgegeben, wovon: JI. auf die Zweigvereine: in nichtpreußischen Landestheilen 1400 MS, in der Provinz Ostpreußen 5300 „S, Westpreußien 1750 4M, Brandenburg 1200 ½ , Pommern 1500 „SP, Posen 800 S6, Schlesien 6560 M, Sachsen 2700 „, Schleswig⸗Holstein 1450 S, Hannover 600 M, Westfalen 1600 S, Hessen⸗Nassau 470 , Rheinland 1400 „, zu⸗ sammen 30 960 M; II. auf Bewilligungen an außerhalb der Zweig vereine stehende, jedoch von diesen für ihre wohlthätigen Zwecke be⸗ nutzten Anstalten, Vereine, Unterstützungéècomités ꝛc. 7080 M. entfallen. Außerdem sind aus den aufgekommenen Sammel⸗ beiträgen gewährt worden: 1) zur Unterstützung der Abgebrannten in Tann an der Rhön 2981 46 40 , Y) zur Unterstützung der Ab⸗ gebrannten in Kestenholz 637 4 Ueber die Thätigkeit der Zweig⸗ vereine bemerkt der Bericht, daß auch im Laufe deg verflossenen Ge— schästsjahres sich mit wenigen Ausnahmen sämmtliche auch die kleinsten Zweigvereine, nach Maßgabe ihrer Mittel, vorzugsweise mit der Gemeinde Armen! und Krankenpflege beschäftigt haben. Außerdem haben sich im Besonderen eine Reihe von Vereinen fol genden Zwecken gewidmet: 1) der Unterhaltung und Unterstützung von Krankenanstalten, Siechenhäusern, Armenhäusern, Kinderhospi⸗ tälern, sowie der Ausbildung von Krankenpflegeringen 55 Vereine, 2) der Gemeinde. Armen. und Krankenpflege unter Zuziehung von Diakonissen, ausgebildeten Krankenpflegerinnen c. 57 Vereine. 3) Der Unterhaltung und Unterstützung von Waisenhäusern, sowie der Waisenpflege überhaupt 57 Vereine. 4) Der Einrichtung, Unter⸗ haltung und Unterstützung von Kleintinderbewahr. und Rettungs⸗ anstalten 85 Vereine. 5) Der Unterhaltung von Näh⸗ und Flick schulen, Industrie⸗Anstalten, Arbeits- und Sonntagsschulen, Auf⸗

sichtsführung in denselben ꝛc. 35 Vereine. 6) Dec Unterstützung von Taubstummen⸗, Blinden und Idiotenanstalten 11 Vereine. 7) Die Unterhaltung von Gesellen⸗ und Mägdeherbergen, Asylen, Volks küchen und Suppenanstalien 71 Vereine. 8) Der Unterstützung Ueberschwemmter, Abgebrannter und in sonstiger Weise Verunglückter 126 Vereine. 9) Der Unterstützung der Nothleidenden in den oberschlesischen Gebiets⸗ theilen 131 Zweigvereine. 10) Der Weihnachtsbescheerung für Arme und Kinder 112 Zweigvereine; 11) Der Fürsorge für Arme und Konfirmanden 25 Zweigvereine. 12) Der Beschäftigung alter und schwacher, sowie arbeitsloser Arbeiterinnen, Beförderung der Hausindu⸗ strie, Unterstützung verschämter Armen, Wöchnerinnen 60 Zweigvereine. 13) Der Anfertigung von Beständen an Wäsche z. und gemeinschaft⸗ lichen Arbeitsversammlungen 37 Zweigvereine 14 Der Einrichtung und Unterhaltung von Volksbibliotheken 6 Zweigvereine. 15) Der Unterstützung von Invaliden, Landwehr und Reservistenfamilien, Unterhaltung der Grabstätten verstorbener Krieger 2c. 29 Zweig vereine. 16 Der Veranstaltung von Bazars, Lotterien, Konzerten und sonstigen öffentlichen Aufführungen zum Besten der Vereing⸗ mittel 141 Zweigdereine.

Internationale Fischerei⸗Ausstellung. Die Aus stellung China's, die auf Anordnung der Kaiserlich chinesischen Regierung durch den Generalinspektor der chinesischen Zoll verwaltung, Hrn. Robert Hart hergerichtet ist und als deren Kommissar der frü—⸗ bere Direktor des naturhistorischen Museums in Shanghai, Mr. A. A. Fauvel, fungirt, ist in den offenen Hallen an der nordöstlichen Schmalseite des Landwirthschaftlichen Museums untergebracht. Sie präsentirt sich, obgleich in der Zusendung eines Theiles der Ausstel⸗ lungzobjekte eine unverschuldete Verzögerung eingetreten ist, den ihr mit Vorliebe zusttömenden Besuchern in überaus origineller, die ver⸗ wöhnteste Schaulust befriedigender Weise. Flaggen der verschiedenen Fischergilden in bunter Farbenzusammenstellung und phantastischen Formen wehen von der gewölbten Decke herab. Wavpen und In schriften der Gilden, Abbildungen, Fische und Vögel (unter ihlen freilich manche Phantasiestückeß, fowie die rerschiedenen Arten des Fischens darstellend, zieren die Wände; einige lebende und zahlreiche in natürlicher Größe aus Wachs und Holz imitirte Chinesen belehen die Halle und geben öfters zu Verwechslungen Ver⸗ anlassung. Die Ausstellung selbst hat sich bei der Eile ihrer Zusammenbringung auf den Hafen von Ningpo und den Archipel von Chusan beschränken müssen, ist aber trotzdem überaus reich und enthält unter ihren 506 Num⸗ mern eine Fülle hoch interessanter Gegenstände. 118 Fische, 10 Arten von Reptilien, ebensoviel Krustaceen, 43 Konchylien und zahl⸗ reiche Wasservögel gestatten einen interessanten Einblick in die Fauna des Hafens von Ningpo, während uns die 70 Proben präparirter Wasserthiere Aufschluß über die Lebensgewohnheiten der Chinesen geben. Getrocknete Haifischflossen, getrocknete Quallen, Trepang, einige Algensorten und getrockneter Krabbensaft gelten als besondere Leckerbissen. Unter den Netzen der verschiedensten Art interessirt vor Allem jenes 100 m lange, das zum Fang der Tintenfische dient. Wir finden hier sodann noch Netze mit Klappern geölte Netze aus Seidenfaden ein Luxus, den sich unsere Fischer nicht gestatten können —, Apyarate zur Herstellung von Netzen, Angelhafen und Schnüre Speere und Harpunen, wie sie zum Fang für Fische wie für Schsld= kröten dienen; Reusen verschiedener Art aus Bambus, Körbe und Kästen zur Aufbewahrung der Fische füllen die Tische in der Vor—⸗ halle; Modelle von Fischerbooten aller Art sind hier und da zerstreut ausgestellt. Eine transportable Fischerhütte vom Chusan⸗-Archiper präsentirt sich in natürlicher Größe, ein Eishaus ist in Modell vorgeführt. Auch über die Kleidungsstäcke, die Hausgeräthe und sonstigen Geräthschaften der Fischer aus dem Ningpo und Chufan⸗ Distrikte werden wir belehrt. Ein Spezial⸗Katalog, der in Shanghai in englischer, französischer und deutscher Sprache ge—= druckt wird, und der zugleich eine ausführliche Abhandlung über die Fischerei von Ningpo und Chusan enthalten soll, der der Feder Mr. Fauvels entstammt, wird späteren Besuchern die Uebersicht erleich- tern und manche wissenswerthe Mittheilung über die uns erst seit Kurzem genauer erschlossenen Verhältnisse Chinas darbieten. Zwischen den Ausstellungen Chinas und Japans, in dem nach der Chausseestraße zu gelegenen Eckzimmer, sowie in der vor der japanischen Abtheilung sich hinziehenden offenen Halle hat Dr. Jagor mit Geschick und Umsicht die reiche Sammlung ausgebreitet, die die niederländische Regierung aus Niederländisch⸗ Indien hierher gesendet hat. Leider hat auch hier die An— kunft sich verzögert: 12 große Kisten harren noch der Auspackung und Ordnung; wir müssen daher für heute darauf verzichten, näher auf diese Abtheilung einzugehen, die nach ihrer Vervollständigung zu den interessantesten der ganzen Ausstellung gehören wird und die unsere Beachtung um so mehr verdient, als die ganze Sammlung uns dauernd erhalten bleiben wird.

Die Fischzüchter-Konferenzen, die aus Anlaß der Inter— nationalen Fischerei ⸗Ausst llung hierselbst in Aussicht genommen sind, haben am Montag Abend unter Vorsitz der Herren von Behr Schmoldow und von Bunsen im Bibliotheksaale des Landwirthschaft⸗ lichen Museums ihren Anfang genommen.

Zu, der gegenwärtigen internationalen Fischereiaus stel⸗ lung in Berlin hat die hiesige Stuhrsche Buchhandlung (Unter den Linden 61) so eben eine Spezial-Literatur über Fischerei, Fischzucht und verwandte Gebiete veröffentlicht. Die in dem vorliegenden Kataloge verzeichneten Werke ea. 150 sind im Ausstellungsgebäude, Abth. 8, von obiger Buchhandlung aus⸗ gestellt und bei dem stets anwesenden Vertreter der genannten Buch⸗ handlung auch käuflich zu haben.

Morgen, Mittwoch, Abends 8 Uhr, hält der Verein für deutsches Kunstgewerbe im Architektenhause, Wilhelmstr. 92, eine Sitzung mit einem speziell ür Damen berechneten Programm. Professor Voepler hält einen Vortrag über dekorative Kunst in der Anwendung auf Frauentracht und Mode. Zwei von den Herren M. Schulz C Co, Thampson C Fürstenau und Ehrenhaus ausge stellte Zimmereinrichtungen wird der Baumeister Schäfer erklären. Außerdem werden weibliche Handarbeiten von Fr. Bessert. Nettelbeck, Fr. Krappe, Frl. von Schorn und Frl. Steffeck und Kostümfiguren von Frl. Mary Doepler ausgestellt sein.

Die „Leipz. Nachr.“ melden aus Leipzig: Einen wichtigen und zugleich hochinteressanten Fund hat man in den jüngsten Tagen bei der Ausschachtung des Areals am Schrötergäßchen gemacht. In un— gefähr 4m Tiefe kam bei Gelegenheit einer am Kurprinz vorgenom⸗ menen Ausgrabung ein mit wohlerhaltenen Zähnen besetzter mächtiger Kieferknochen eines vorsintfluthlichen Thieres mitten in der hier ausgebreiteten Sandschicht zum Vor⸗ schein. Das Knochenstück gehört, wie hiesige wissenschaftliche Autoritäten versichern, einer vorsintfluthlichen Gattung von Pflanzenfressern, dem Cuꝑressorxylon an und ist tertiär, allem Vermuthen nach ins Diluvium verschleppt worden. Vier Stück sehr gut erhaltene Zähne, wovon 2 Exemplare 3 em breit und un⸗ gefähr 5 em lang, geben in ausgesprochenstem Maße den deutlichsten Begriff von der Mächtigkeit der Kauwerkzeuge dieses Riesenthieres. Sie sind in der Mitte gefurcht und haben an ihren breit zulaufenden Enden noch vier scharfkantige knochige Reihen, die dem Zermalmungs⸗ werk des Fressers ganz gewaltigen Vorschub geleistet haben mögen. Es ist ein seltenes und zugleich werthvolles Stück, das gut erhalten und vor zerstörenden Einflüssen bewahrt geblieben ist.

Die deutsche Shakespeare Gesellschaft in Weimar hat in diesem Jahre ihre Generalversammlung nicht wie sonst am 23. April, dem Geburtstage W. Shakespeare 's, abgehalten, sondern wird erst zu Pfingsten zusammentreten, da der Präsident Professor Dr. Delius aus Bonn, der den Festvortrag übernommen hat, sich zur

Zeit in Rom befindet.