lichen Leben, besonders in den Städten, ein anderes Gepräge gaben; wenigstens traten nun auch in die Verwaltung der größeren Städte landesherrliche Beamte ein, welche dem alten Schlendrian ein Ende machten und Pünktlichkeit, Treue und Aufopferung allmählich an seine Stelle setz ten. ; .
Obschon die Hinüberleitung der Verhältnisse des geistlichen Kleinstaats in die des emporstrebenden Großstaats von den Bewoh⸗ nern des ehemaligen Erzbisthums Anfangs nicht ohne Mißmuth empfunden wurde, so schwand dieser doch außerordentlich rasch. Die hohen Aufgaben, die sich Kurbrandenburg gestellt hatte und zu deren Erreichung nun auch die Magdeburger mitzuwirken berufen wurden, gaben ihren Gedanken über Crwarten schnell eine andere Richtung und in kurzer Zeit wurde das Herzogthum ein Mittel punkt des reformatorischen Geistes, welcher von Branden burg ausging und die Früchte säete, welche die lebende Generation geerntet hat: Francke, der die großartigen christlichen Anstalten in Halle, begründete, Thomasius, der der deutschen Sprache in der Wissenschaft zu ihrem Rechte verhalf, Christian Wolf u. A., die eine große Anzahl von Jünglingen mit dem Eifer erfüllten, die neu gewonnene Erkenntniß einst im Leben zu bethätigen. Auch die äußeren Verhältnisse des Herzogthums gewannen unter der brandenburgischen Herrschaft nach kurzer Zeit frisches Leben und ge— deihliches Wachtthum, und wenn dem Herzogthum später auch Prüfungen nicht erspart wurden, so haben diese die Bande der Liebe und Treue zu dem Hohenzollernhause und das Bewußtsein der Ein— heit mit dem preußischen Staate in den Bewohnern des Herzog— thums Sachsens nur befestigt. Dem Hohenzollernhause haben sie es zu danken, daß die bevorstehende Jubelfeier in der vor bald tausend Jahren von einem Deutschen Kaiser begründeten Hauptstadt der Provinz wiederum durch einen Deutschen Kaiser ihre Weihe er— erhalten wird.
In Gemäßheit des 5§. 14 der Uebereinkunft der deutschen Landes—⸗ vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger vom 20. April 1869 haben wir beschlossen, den bereits seit Jahren in Aussicht genommenen
2. Deutschen Vereinstag auf den 27. und 28. September dieses Jahres in Frankfurt a. M. einzuberufen.
Gegenstände der Tagesordnung werden sein:
1) Bericht des deutschen Centraleomités über seine Thätigkeit seit dem im Oktober 1871 zu Nürnberg abgehaltenen ersten Vereinstag. .
2) Vortrag über die Frage: Welche Aufgabe fällt den Vereinen des Rothen Kreuzes für ihre Kriegsthätigkeit nach den Be— stimmu gen der neuen Sanitätsordnung zu und welche Einrichtungen und Vorkehrungen haben sie bereits im Frieden zu treffen, um dieser Aufgabe gerecht werden zu können? .
Namentlich soll hierbei auch in die Erörterung der Frage ein—⸗ getreten werden, auf welche Weise sich die gemeinsame Thätigkeit der Männer⸗ und Frauen⸗-Vereine schon im Frieden hinsichtlich der Aus⸗ bildung von Krankenpflegerinnen und der Anlage von Muster⸗Depots erfolgreich gestalten läßt.
3) Die von den Landesvereinen zur Besprechung auf dem Ver— einstage anzumeldenden Fragen.
Indem wir ergebenst ersuchen, bereits jetzt schon den Beschluß über die Abhaltung des zweiten Vereinstagges in Vereinskreisen mög lichst bekannt werden und darauf hinwirken zu lassen, daß der Ver— einstag von einer thunlichst großen Anzahl von Mitgliedern der Landes⸗, Provinzial-, Bezirks und Zweigvereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger beschickt wird, sprechen wir gleich⸗ zeitig die ebenso ergebene wie dringende Bitte aus, daß die geehrten Vereinsvorstände ung bis spätestens zum 1. September r. diejenigen Fragen mittheilen, welche sie als zur Besprechung geeig⸗ net auf die Tagesordnung des Vereinstages gebracht zu fehen wün— schen, sowie bis zum 15. September e,, wenn thunlich diejenigen Personen namentlich bejeichnen, welche ihre Geneigtheit, an dem Vereinstage Theil zu nehmen, kundgegeben haben.
Bei der hohen Wichtigkeit, welche die Bereinstage für das ge— sammte Vereinsleben haben, glauben wir uns der festen Zuversicht hingeben zu dürfen, daß die geehrten Landes, und Provinzial⸗Vereine uns in unserem Bestreben, den kommenden Vereingtag zu einer seinem Vorgänger in Nürnberg ebenbürtigen Vereinigung zu ge— stalten, nach allen Richtungen hin unterstützen werden.
Weitere Mittheilung über die definitive Tagegordnung, die Geschäftsordnung, das Versammlungslokal 2c. behalten wir unz vor.
Wir benutzen diese Gelegenheit zur Versicherung unserer aus— gezeichnetsten Hochachtung.
Das Central⸗Comits der ö Vereine vom rothen Kreuz. aß.
Berlin, 3. Juni. Das gestern Nachmittag zu Ehren der statt⸗ gehabten Enthüllung des Goethe-Denkmals arrangirte Fest⸗ mahl im Englischen Hause verlief in erhebender Weise. Der Ehren— platz wurde dem Schöpfer des Denkmals, Bildhauer Fritz Schaper eingeräumt, der zu seiner Rechten den Ober⸗Bürgermeister von Forcken⸗ beck, zu seiner Linken den Vorsitzenden des Festausschusses, Wirk— lichen Geheimen Ober-Regierungs⸗Rath von Löper hatte. Den
ersten Toast auf Se. Majestät den Kaiser und König brachte der
Wirkliche Geheime OberRegierungs⸗Rath von Löper aus und knüpfte daran zunächst die Verlesung einer Kabinetsordre Ihrer Majestät der Kaiserin, in welcher Allerhöchstdieselbe Ihr Bedauern ausspricht, der Enthüllung nicht haben beiwohnen zu können. Alsdann Überreichte Hr. von Löper noch Hrn. Fritz Schaper ein vom Kultus. Minister ausgestelltes Patent, wodurch Se. Majestät der Kaiser dem verdienten Künstler den Titel „Professor“ verleiht. Lauter Beifall begrüßte diese Anerkennung des Meisters, den Professor Dr. Grimm im zweiten Trinkspruch feierte. Es folgte dann noch eine Reihe von Toasten.
Verein für deutsches Kunstgewerbe zu Berlin. In der letzten zwanglosen Sitzung am 26. Mai trug Hr. Fabrikant Müller über alte und neue Leinenstickereien vor. Die Heimath der Sitte, leinene Decken buntfarbig zu sticken, stammt aus dem auch in der Natur farbig prangenden Asten, wie denn überhaupt im Orient und den südlichen Ländern der Farbensinn mehr entwickelt ist als in dem eintönigen Norden. Noch heute wie vor tausend Jahren arbeitet man in Asien Stickereien aus bunten Faden, haupt sächlich auf baumwollenen Stoffden, nach den alten in den einzelnen Familien und Stämmen erblichen Mustern, wenn auch nicht mehr so sorgfältig als ehedem. In Rußland, wohin diese Kunst aus dem Orient verpflanzt wurde, sticken die Frauen aller Stände leidenschaftlich und verzieren ihre Wäsche—⸗ gegenstände mit farbigen Mustern, während die gleichfalls sehr ge⸗ schickten Schweden mehr Weiß auf Weiß arbeiten. — Die ersten prientalischen Decken kamen wahrscheinlich in Folge der Kreuzzüge zu uns; später, namentlich zur Zeit der Renaissance, wurde auch in Deutschland unendlich viel gestickt; die noch jetzt zahlreich vorhan— denen alten bunten Decken lassen darauf schließen, daß damals jedes Haus seinen 2c bon derartigen Kunstwerken hatte. Erst zur Zeit des verfallenden Geschmackes, in der Zopfzeit, verlor sich diese schöne Sttte, die sich nur noch hin und wieder in einzelnen bäuerlichen Familien auf dem Lande erhalten hat. Neben dem Sticken war auch das Einweben bunter Muster in weiße Stoffe lange Zeit beliebt; der⸗ artige Arbeiten werden noch heute in Thüringen und Ostpreußen angefertigt. Seit etwa 1876 ist die alte Mode der Buntstickerei mit Flachmuster n wieder beliebt geworden; das Musterbuch von Prof. Lessing, sowie eine neue Ausgabe der alten Sibmacherschen Muster aus dem 16. Jahrhundert geben dazu gute Anleitung. — Eine Anzahl zum Theil äußerst werthvoller alter und neuer gestickter Decken, welche der Vor⸗ tragende ausgelegt hatte und erklärte, erregten große Bewunderung.
Nachdem ein von Hrn. O. Schulz autgestelltez prachtvolles Album eingehend besichtigt worden und allseitige Anerkennung gefunden hatte, las der Schriftführer des Vereins, Hr. Ad. M. Hildebrandt über die Beziehungen der Wappenkunst zum Runstgewerbe. Daß die Heral⸗ dik als Kunst seit etwa einem Jahrhundert wenig mehr
berücksichtigt worden ist, liegt theils in der zopfigen und trockenen Art, mit welcher sie lange Zeit gelehrt wurde, kheils an
manchen Vorurtheilen, welche bei dem größeren Publikum herrschen.
Man erblickt vielfach in Wappen nur Symbole des Feudalismus und vergißt, daß zur Zeit der Blüthe der Heraldik Wappen von allen Ständen und Korporationen geführt wurden, und daß zur Zeit unserer besten Kunstepochen die innigsten Beziehungen zwischen He— raldik und Kunstgewerbe bestanden, wie sich an zahlreichen älteren Kunstwerken nachweisen läßt. Der Vortragende erklärte, wie heral⸗ dische Zeichen zur Dekorirung von Gebäuden, Wohnräumen und vielen Gegenständen des täglichen Gebrauchs verwendet werden kön nen, und empfahl den Künstlern, namentlich den durch alle Jahr— hunderte in strengen Formen entwickelten Wappenstyl zu studiren. Eine für das Jahr 1882 in Berlin projektirte internationale heraldische Ausstellung wird den Industriellen Gelegenheit geben, nicht nur alte heraldisch ⸗kunstgewerbliche Gegenstände kennen zu lernen, sondern auch moderne derartige Erzeugnisse vorzuführen. — Hr. O. Prümm gab einen Bericht über die Leipziger Ausstellung von Drechsler und Bildhauerarbeiten, aus welchem ein erfreulicher Aufschwung auf diesen Gebieten hervorging; zugleich machte derselbe auf die Düsseldorfer Gewerbe ⸗Ausstellung aufmerkfam, welche die größte Beachtung verdiene, da sie in mancher . die vorjährige Berliner noch übertreffe.
Wie mache ich meinen Weg über den Ocean möglichst sicher und möglichst schnell? Einen praktischen Beitrag zur Beantwortung dieser Trage liefert eine vor Kurzem in der Schulze'schen Hof⸗Buchhandlung Oldenburg unter dem Titel:, Seewege und Di stanz⸗Tabellen. Ein Rathgeber für Schiffsführer, Rheder und Befrachter nach den besten Quellen zusammengestellt und bearbeitet von Georgi, Hydro⸗ graph. (Preis 3 „S) herausgegebene Schrift. Der grade Wege ist nicht immer der kürzeste Weg; das gilt auch für die Seewege und namentlich für die Segler, bei denen Wetter, Wind und Strömungen das Hauptwort reden. Weiß man das auch schon recht lange, so hat man doch erst in unserm Jahrhundert nach Maury's Vorgang die Erfahrung von Tausenden gesammelt und systematisch ver⸗ arbeitet, und so ist es gekommen, daß alle Seereisen schneller und sicherer, einzelne nachweisbar im Drittel der sonst gebrauchten Zeit zurückgelegt werden. Hier, bemerkt der Verfasser im Vorworte, gäbe es noch viel zu bessern. Nicht nur, daß uns wegen des vorlie⸗ genden geringen Beobachtungs materials der beste Weg oft noch gar nicht bekannt sei, sondern vor allem Andern, daß jeder Schiffsführer erst durch eigene Erfahrung lernen müsse, was längst Gemeingut und Allen so bekannt sein sollte, daß sie auf den gemachten Erfahrungen Anderer weiter bauen könnten. Seine Distanzberechnungen basirt der Verfasser auf den Satz; „Der kürzeste Weg zwischen zwei Punk— ten auf der Erdoberfläche ist der größte Kreis“ und die Konstruktion des größten Kreises zwischen zwei beliebigen Punkten an einer Seite des Acquators, führt er nach Professor Dr. Airy's Methode aus: „Auf einer Karte in Merkators Projektion verbinde die beiden Punkte durch eine Grade, errichte im Halbirungspunkte derselben eine Senk— rechte, die, soweit nöthig, verlängert werden kann. Mit der Mittel⸗ breite beider Orte nimm die korrespondirende Länge, und der Schnitt- punkt dieses Parallels mit der Senkrechten ist der Mittelpunkt des größten Kreises zwischen beiden Orten.“ Auf Grund dieses Satzes hat der Verfasser die Distanzen der am meisten befahrenen Seewege berechnet, als da sind die Wege: von Fair⸗Island zur Belle-Isle⸗ straße und umgekehrt; von Fair⸗Island bis Kap Race und umge— kehrt; von Lizard nach New-⸗JYork mit südlicher Route für Januar, Februar, November und Dezember; von New⸗Jork nach Lizard; von Lizard nach dem Delaware und südlicheren Häfen mit nördlicher und füd— licher Route; vom Delaware und sudlicheren Häfen und aus dem Golfe nach Lizard; der Seeweg Nord um Schottland; die Route von Gibraltar nach den Häfen an der Ostküste Amerikas und von diesen Häfen nach Gibraltar; vom Kanal nach Westindien, den klei nen Antillen und dem Golf von Mexiko und umgekehrt; vom Kanal nach den Häfen an der Westküste Afrikas, Nord vom Aequator und umgekehrt; vom Kanal nach den Häfen an der Westküste von Afrika, Süd vom Aequator und umgekehrt. Weiter enthält die vorliegende Schrift Tabellen der Schnittpunkte für die Reisen vom Kanal nach der Sunda— Straße ꝛc. Ind vice versa nach holländischen Quellen; ferner die mittleren Schnittpunkte von der Ostküste Nordamerikas über den Aequator und nach dem Meridian von Greenwich 2c. nach Maury. Dann folgt die Distanzberechnung der Seewege im indischen Ozean für Hin- und Rückreisen, der Seewege in der Bucht von Bengalen und Reisen deutscher Schiffe nach und von den Reishäfen; Seewege im indischen Archipel, der China⸗See c.; vom Aequator nach den Häfen an der Ostküste von Südamerika und um das Kap Horn; vom Kap Horn zum Aeguator im Atlantie und im Paeifie; nach Valparaiso, Coquimbo, Callao, Guaygquil, Panama c.; östliche und westliche Route im Pacifie nach San Francisco, und um das Kap der guten Hoffnung ebendahin; Reisen von Europg um das Kap Horn nach Honolulu und die Berechnung einer Reihe anderer Seewege im großen Ocean, so von San Francisco und den Häfen an der Nordwestküste von Amerika nach den hawaiischen Inseln und nach China und Japan und umgekehrt, sowie von Australien nach den Westküsten von Nord, Mittel⸗ und Südamerika und um gekehrt, und von Australien, Tasmanien und Neuseeland um Kap Horn. — Zum Schluß giebt der 66. noch Distanztabellen, in denen die Entfernung zweier Seeplätze in Seemeilen nach der Länge des Weges gegeben ist, auf welchem sie unter günstigen Umständen durch ein Segelschiff bezüglich darch einen Dampfer zu erreichen sind. Die durchschnittliche Reisedauer ist theilweise angefügt; wo das nicht ge— schehen ist, läßt sich eine ungefähre Berechnung der Reisedauer leicht anstellen, wenn man bei einem Segler als durchschnittliche Ge— schwindigkeit 120 Seemeilen, bei einem Dampfer 206 Seemeilen per Tag annimmt, und die Länge des Seeweges durch 120 dividirt, um die Reisedauer für den Segler, und durch 200 dividirt, um die Reise⸗ dauer für den Dampfer annähernd zu erhalten.
(Hamb, Corr.) Die Bepflanzung der neuen Au sterbänke im kleinen Belt mit verschiedenen Austern von Amerika ist rasch von Statten gegangen. Es sind zehn neue Bänke fertig gestellt und mit 1500900 Austern besetzt, nämlich: in der Gienner Bucht 1 Bank mit 1200090 Stück, bei Halckhoved i Bank mit 150 060 Stück, an der Südost- und Ostseite der Insel Aarco 3 Bänke mit 420 090 Stuͤck, ferner der kleinen Insel Linderum 3 Bänke mit 416 000 Stück und an den Landzungen Ravhoved und Kundhoved je eine Bank mit 150 009 Stück Austern. Außerdem sind eirea 100005 Stück große Austern als Mutteraustern gelegt, die in diesem Jahre noch Millionen Schwärmlinge (Span) absetzen dürften und welche dann im kommenden Herbst als Probe der akklimatisirten Auster in Hamburg zum Verkauf gebracht werden sollen. Die ganze Arbeit wurde unter Leitung des Ingenieurs Meyer ausgeführt. Derselbe, lange Jahre in Amerika ansässig gewesen, hatte die Austern selbst gefischt, verpackt und dann die Reise damit hierher unternommen, indem er fürchtete, daß selbige sonst etwa hätten leiden können, mithin ihren Zweck als Pflaͤnzlinge zu dienen, ganz verfehlt haben würden.
Aus dem Hirschberger Thale wird der „Soeial. Corr.“ geschrieben, daß der Bau der Sekundärbabn Hirschberg⸗Schmiedeberg nun. in Angriff genommen werden wird. Außerdem hat die Schweizer Aktiengesellschaft für die Rigibahn das Projekt aufgenommen, im Anschluß an die genannte Sekundärbahn von Schmiedeberg aut eine Radbahn auf die Schneekoppe zum Anschluß an die boͤh— mische Eisenbahn zu erbauen. Es kann nicht ausbleiben, daß der Arbeitsmarkt des Hirschberger Thals durch diefe Verkehrs vermehrun⸗ gen wesentlich beeinflußt werden wird.
Em den, 29. Mai. Vierzehnte Versammlung des Gesellschaftsausschusses der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Der Vorsitzende, Konsul H. H. Meier, eröffnete die Verhandlungen im Rathhausfaale um 16 Uhr Morgens. Es waren vertreten: die Bezirksvereine Emden, Olden⸗ burg, Bremen, Lehe Dorum, Hamburg, Blankenese, Heide, Tönning, Husum, Kiel, Lübeck, Rostock, Stralsund, Stettin, Danzig, Berlin,
Dortmund, Münster und die Vertreterschaft Lindau am Bodensee. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Vorlage des Jahresberichts. Die Wes. Ztg. entnimmt demselben das Folgende:
Im verflossenen Geschäftsjahre sind Seitens der Gesellschaßt auf Rettungsfahrten 25 Menschenleben gerettet und außerdem in 5 Fällen Schiffe durch die Hülfe unserer Rettungsböte aus Seenoth befreit worden. Die Zahl der durch Apparate der Gesellschaft insgesammt geretteten Personen betrug bis zum 1. April d. J. 1062. Die ver— bir en i. geringe Anzahl von Geretteten, welche in diesem Jah⸗ resberichte ebenso wie im vorigen zu verzeichnen ist, bildet die na— türliche Folge der günstigen Witterungsverhältnisse, welche in den beiden letzten Jahren an unseren deutschen Küsten herrschten, so daß auch im Jahre 1879380 nur wenig schwerere See— unfälle zu beklagen waren. Die Zahl der ordentlichen Mit— glieder betrug am Schlusse des Geschäftssahres 37 318 gegen 34189 im Vorjahre, die Summe der Jahresbeiträge 1I9 655 M 39 8 gegen 110 628 Æ 79 8 in 1878/79. Elf Ver⸗ treterschaften sind ins Leben gerufen, und zwar in Bassum, Beuthen, Calau, Hofgeismar, Lieberose, Lübbenau, Reichelsheim, Reichenhall, Schotten, Winsen a. d. Luhe. Ferner hat sich auf Grund der Ini⸗ tiative eines bewährten hte der Gesellschaft in Kreuznach ein Bezirksverein an der Nahe gebildet, und endlich hat sich die Ver— treterschaft in Dortmund in einen blühenden Bezirksverein verwan— delt. — Die der Gesellschaft zugeflossenen einmaligen Gaben stehen hinter den bezüglichen Cinnahmen des Vorjahres etwas zurück, so daß die Gesammtesnnahmen von 159 900 ½ 83 3 in 1878/79 zurück— gegangen sind auf 154 381 M 60 3 im verflossenen Jahre. Da jedoch die Gesammtausgaben gleichfalls auf 85 863 M 1 3 zurück gingen, so hat der Stand unferer Finanzen abermals gestattet, den Reservefonds nicht unerheblich zu erhöhen. Dem nie aus den Augen zu verlierenden Ziele, die Gesellschaft finanziell so zu kräftigen, daß sie allen Schicksalsschlägen gewachsen ist und ihre segensreiche Thätig⸗ keit dem Umfange ihrer Aufgabe entsprechend ununterbrochen fort⸗ setzen kann, sind wir damit abermals einen Schritt näher ge⸗ kommen. Aus den Anträgen zur heutigen Generalversammlung werden Sie übrigens ersehen, daß bereits für das nächste Jahr bedeutendere finanzielle Anforderungen an die Gesellschaft gestent werden. — Die Sympathie des deutschen Volkes ist unferer Gesell= schaft auch im verflossenen Jahre bewahrt geblieben; sowohl die außergewöhnlichen Anregungen, welche von warmen Freunden der Gesellschaft durch Vorträge und in der Presse gegeben find, wie auch die regelmäßige Agitation haben durchweg theilnehmende Herzen ge⸗ funden und theilweise sehr günstige Resultate geliefert. Ste werden deshalb aus den Ergebnissen des Jahres 187960 gewiß die Ermun— terung gewinnen, auch ferner dem menschensreundlichen Werke der Rettung Schiffbrüchiger in der bisherigen dankenswerthen Weise Ihre Kräfte zu leihen. — Was die äußeren Beziehungen der Gesellschaft anlangt, so sind dieselben zu Behörden, zu der Presse und zu aus— wärtigen Gesellschaften die besten geblieben. Der französischen Ge— sellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ist ein Rettungsboot nebst Bootswagen übermittelt, welche Rettungsgeräthe durch unseren Bootsbauer H. Havighorst bezw. unsern Wagenbauer Stilkenboom angefertigt waren. Das Boot ist jetzt in Port Mardyk, zwischen Dunkirchen und Gravelingen, stationirt und hat dort sehr gefallen. Desgleichen hat unser Bureau der französischen Gesellschaft 100 und der spanischen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger in St. Se bastian 12 Sammelbüchsen nach dem Vorbilde unserer eigenen Sam— melschiffchen, nur mit den bezüglichen anderen Landesfarben versehen, geliefert., Unsere Lieferanten, die Gebrüder Weyland in Bremen, haben die Schiffchen hergestellt. Es zeigen diese Thatsachen, daß man auch im Auslande den Leistungen unserer Gesellschaft Anerkennung zu Theil werden läßt. — Die Gesellschaft besteht zur Zeit aus 4 Bezirksvereinen, darunter 21 Küsten⸗ und 27 Binnenbessrksvereinen und 135 Vertreterschaften.
Aus den weiteren Verhandlungen ist hervorzuheben, daß folgende Anträge auf Vervollständigung bezw. Neuerrichtung von Rettungs⸗ stationen von der Generalversammlung angenommen worden sind: 1) Bezirksverein Königsberg. Antrag: für die Station Rossitten auf der kurischen Nehrung ein leichtes eisernes Rettungsboot nebst Wagen anzuschaffen. 2) Bezirksverein Stettin. a. Antrag: Für Station Stolpmünde, als Ersatz für das schwere hölzerne Boot, ein leichtes eisernes Boot mit Wagen anzuschaffen. b. Antrag: die Station Rügenwaldermünde wieder mit Boot und Bootk— wagen auszurüsten, sowie den Bootsschuppen zur Aufnahme des Raketenapparats um 20 Fuß zu verlängern. c. Antrag: Er— richtung einer Raketenstation in Neuendorf. 3) Bezirks verein Lübeck. Antrag: Bau einer Helling aus dem Rettungschuppen in Travemünde direkt ins Wasser, behufs leichten und raschen Zuwasserlassens des Rettungsboots. 4) Bezirksverein Emden. a4. Antrag: Für Station Norderney ⸗Westland, an Stelle des alten hölzernen schweren Boots ein leichtes BoJt aus kanellirtem Eisenblech nebst dazu gebörigem Wagen anzuschaffen. B. Antrag: Errichtung einer Rettungsstation vor der Nesserlander Schleuse und Stationlrung des in Baltrum ausrangirten, durch Reparatur so gut wie neu gemachten eisernen Rettungsbootes daselbst.
Ferner beauftragte die Generalversammlung den Vorstand: Modelle von Rettungsapparaten der Gesellschaft in einer solchen Größe anfertigen zu lassen, daß dieselben bei Vorträgen ꝛe. besser als die bisherigen Modelle zur Erläuterung des Besprochenen dienen können. — Im Anschluß hieran legte Hr. Kontre⸗Admiral a. D. Werner eine in Wiesbaden erfundene bewegliche Rettungsboje vor, mit welcher der Vorstand versprach, Versuche anstellen zu lassen. — Eine weitere Auflage der Broschüre „Seemann in Noth“ mit zeit— gemäßen Aenderungen wurde in Aussicht genommen. — Als Ort der nächsten Jahresversammlung wurde Kiel erwählt.
Wiesbaden, 24 Mai. Vom 3. Juli ab versammelt sich hier ein internationaler Schachkongreß. Die erst im vorigen Jahre in Angriff genommenen neuen Kuranlagen, nach der bekannten Dieten« mühle und Ruine Sonnenberg hin gelegen, gehen nunmehr rasch ihrer Vollendung entgegen und bieten schon jetzt mit ihren Baum gruppen, Rondels. Weihern, Miniatur⸗Wasserfällen, Brücken und Ruhebänken von Naturholz; einen reizenden Änblick. — Große Vor⸗ bereitungen werden auch bereits für eine würdige Repräsentation unserer Kur-⸗Stadt auf der Balneologischen Ausstellung (1881) in Frankfurt a. M. getroffen. — Die Fremden⸗Frequenz fůr das lau⸗ fende Jahr beträgt laut letzter Badeliste 15 323 Personen. — In mehreren Badehäusern, wie z. B. im „Spiegel“ sowie in der ‚Kur— anstalt Nerothal“, welche vor Kurzem Dr. Lehr übernommen, werden gegenwärtig auch Moorbäder eingerichtet.
München, 31. Mai. (Allg. Ztg.) Die vierte Aufführung des , in Oberammergau ging gestern, vom Wetter begünstigt, glücklich von statten. Obwohl es am Sonnabend tüchtig geschneit, so daß gestern noch die umliegenden Berge in eine Schnee— decke gehüllt waren, so wurde es doch gestern Vormittags etwas wärmer, und die Aufführung begann um 8 Uhr Vormittags. Mittags war die Bühne vollständig abgetrocknet und gegen halb 5. Uhr das Spiel zu Ende geführt. Am vergangenen Sonnabend Nachmittags 4 Uhr waren bereitz sämmtliche Eintrittskarten ver— kauft und Abends noch etwa 2909 Personen in Oberammergau vor— handen, die zur gestrigen Aufführung nicht mehr zugelassen werden konnten, weshalb für heute, Montag, ein Nachspiel anberaumt wurde. Während es im Laufe des gestrigen Vormittags in Oberammergau nur zeitweise schwach rieselte, trat jedoch nach Beendigung des Spieles heftiger Regen ein, so daß die Heimkehr mit mannichfachen Schwierigkeiten verbunden war. Der Zudrang des Landvolks zu den Passionsspielen ist ein ganz außerordenilicher.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Berlin:
—
— —
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
Königreich Preußen.
Auf den Bericht vom 19. Mai d. Is, will Ich dem an— liegenden, von dem westfälischen Provinzial-Landtage in der Sitzung vom 16. April er. beschlossenen srevidirten) Statute für die westfälische Provinzial-Feuersozietät hierdurch Meine Genehmigung ertheilen.
Berlin, den 24. Mai 1880.
Wilhelm. Graf zu Eulenburg.
An den Minister des Innern.
Statut der Westfälischen P—rovinzial⸗Feuer⸗Soeietät. Allgemeine Best immun gen.
8 1
Die als Provinzial⸗Anstalt für die Provinz Westfalen zum Zwecke der gegenseitigen Versicherung gegen Feuersgefahr bestehende öffentliche Sozietät versichert Gebäude und bewegliche Gegenstände nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Statuts und des zu demselben von dem Provinzial⸗Landtage zu erhassenden Reglements. 261
——
Die der Provinzial⸗Feuer-Sozietät auf Grund der früheren Reglements für die ImmobiliarVersicherung zustehenden Ansprüche auf Stempel! und Kostenfreiheit, sowie auf, Mitwirkung von Be— hörden und Beamten und das ihr dort gewährte Recht der admini⸗ strativen Exekution bleiben, soweit die allgemeinen Landesgesetze dies gestatten, unverändert bestehen. )
59.
Die Direktion der Provinzial⸗Feuer ⸗ Sozietät ist befugt, in An⸗ gelegenheiten ihres Geschäftskreises die öffentlichen Behörden zu re—
ten. . J Verwaltung.
Die Verwaltung der Provinzial-Feuer⸗Sozietät wird nach Maß⸗ gabe des Regulativs für die Organisation der Verwaliung des Pro— vinzial⸗Vermögens und der Provinzial ⸗Anstalten in der Provinz Westfalen vom 15. September 1871:
I) von dem Provinzial⸗Landtage, .
2 von dem ständischen Verwaltungsausschusse bezv. der Kom⸗
ission dessel ben, mf ö. der Provinzial-⸗Feuer⸗Sozietäts ⸗Direktion als Organe des Provinzialverbandes von Westfalen geführt. .
Zur Kompetenz des Provinziallandtages gehört insbesondere:
a. die Wahl des Direktors der Feuer⸗Sozietät und die Geneh— migung der für . vom Verwaltungsausschusse aufzustellenden Geschäfts - Instruktion; .
2 6 Ihre n, des Finanz-Etats für die Sozietät, daher auch insbesondere die Festsetzung der Gehälter und Besoldungen und der Anstellungs Bedingungen für sämmtliche Beamte der Sozietät;
C. die Anstellung der bei der Direktion fungirenden Beamten, sobald solche Anstellung auf Lebenszeit erfolgen soll;
d. die Revision und Dechargirung der Jahres Rechnungen der Sozietãts⸗Kasse;
*) Anmerkung. Das revidirte Reglement vom 26. September 1859 bestimmt: .
§. 2. Die Verhandlungen behufs Verwaltung der Provinzial Feuer⸗Sozietäts⸗Angelegenheiten, die darauf bezügliche Korrespondenz zwischen den Behörden und Mitgliedern der Sozietät, die amtlichen Atteste über die Versicherungen und die Quittungen über empfangene Brandentschädiung sind vom tarifmäßigen Stempel und von Sporteln entbunden. ö . .
Zu Verträgen mit einer stempelpflichtigen Partei ist der tarif— mäßige Stempel in dem halben Betrage und zu den Neben-Exem⸗ plaren derselben der Stempel beglaubigter Abschriften zu verwenden. Bei Prozessen ist die Sozietät von der Zahlung der Gexichtskosten unter der im 5. 6 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 (Gesetz⸗ Sammlung Seite 622) bestimmten Maßgabe befreit. ;
§. 5. Vereidete Baubeamte sind schuldig, innerhalb ihres Ge⸗ schäftskreises den Requisitionen der Direktion zu Tar⸗ und Brand—⸗ schadens aufnahmen oder zu Revistonen Folge zu leisten und sollen dazu nöthigen Falls von der vorgesetzten Regierung angehalten werden.
Ebenso ist jeder sachverständige Bauhandwerker verpflichtet, innerhalb des Kreises, worin er ansässig ist, auf die Aufforderung der Sozietätsbehörden in den Terminen zur Aufnahme von Taxen und Brandschäden sich einzufinden und als Sachverständiger zu fungiren. ; K
Den Baubeamten und Bauhandwerkern werden für solche Geschäfte die Gebühren und Reisekosten nach denselben Sätzen gezahlt, welche ihnen bei ähnlichen Geschäften für Staatsrechnung zukommen würden. Die Liquidationen der selben sind erforderlichen Falls von der Regierung festzusetzen. .
§. 29. Die ordentlichen, wie die außerordentlichen Beiträge werden in der Regel jeder in einer Summe gezahlt. Erfolgt die Zahlung nicht in dem festgestellten Hebetermine, so findet die exeku— tivische Einziehung in gleicher Art wie bei den öffentlichen Steuern tatt . §. 53. Der Bürgermeister (Amtmann) ist verpflichtet, von jedem Brandschaden, der sich in seinem Bezirk zuträgt, der Direktion so⸗ aleich, jedenfalls aber mit der nächsten Post nach Dämpfung des Feuers Nachricht mitzutheilen; gleichzeitig hat er davon dem Land rathe Anzeige zu machen. .
§. 78. Ein Arrestschlag auf die Brandentschädigung ist nur dann zulässig, ö. .
1) wenn der Versicherte das abgebrannte oder beschädigte Gebäude nicht wieder herstellen zu wollen erklärt, oder .
2) wenn die Forderung, für welche der Arrest gesucht wird, sich auf Baumaterialien oder Leistungen zur Wiederherstellung des Ge⸗ bäudes bezieht (Vergl. Allgem. Ger. Ordn. Thl. J. Tit. 29 &. 183.
F. 84. .. unter ihm (dem Provinzial-⸗Feuer⸗Sozietäts Direktor werden die Geschäfte der Sozietaͤt von Amtswegen durch die Land⸗ räthe und Bürgermeister (Imtmaͤnner) besorgt. ö
§. 91. Die Lokalerhebung der Feuer ⸗Sozietäts⸗Beiträge liegt den Elementarerhebern der direkten Steuern gegen anderthalb Prozent Hebegebühren von den durch sie eingehohbenen Beitrags Summen ob. Die Kaution derselben soll so abgemessen und regulirt werden, daß sie für sämmtliche ihnen anvertraute Nebenfonds und also auch für die Sozietätsbeträge mithaftet.
§. 965. Die Kassengeschäfte sind so zu betreiben, daß glle Geld⸗ sendungen zwischen der Sozictätskasse und den einzelnen Rezepturen 3 Vermittelung der Regierungs⸗Hauptkassen möglichst vermieden. . . werden.
§. 96. Zu diesem Zwecke kann .. der Rendant alle vorkomm enden Zahlungen auf die einzelnen Rezepturen anweisen.
§. 100. Die Revision der einzelnen Feuerkassen⸗Rezepturen liegt den resp. Kassen⸗Kuratoren ob, die darauf zu halten haben, daß die Sozietätsbeiträge gehörig eingezogen und die angewiesenen Zahlungen
Berlin, Domerstag, den 3. Juni
gehörig geleistet werden. Auch die Landräthe haben darauf zu wachen, daß diesem allem gehörig genügt werde. .
e. die endgültige Entscheidung bei Beschwerden über die Direktion und Sozietäts⸗Kommissare; . t .
f. die Verfügung über die gemäß 5§. 29 zur Disposition zu stellenden Ueberschüsse;
g. die Abänderung des ,,
Der Verwaltungs ⸗Ausschuß, bezw. die Kommission desselben führt im Uebrigen die Verwaltung der Sozietäts-Angelegenheiten im Auf⸗ trage und nach Maßgabe der Beschlüsse des Provinzial-Landtages. Er ist die Aufsichts-⸗Instanz für die Sozietäts-Direktion, zu seinen Ge— schäften und Befugnissen gehört insbesondere:
a. die Anstellung sämmtlicher Sozietäts⸗Beamten mit Ausnahme des §. 5 littr. a und ? aufgeführten;
b. die Normirung des Gehaltes und der sonstigen Anstellungs— Bedingungen der Sozletäts-Kommissare, und zwar, soweit als solche die Buͤrgermeister und Amtmänner fungiren, vorbehaltlich der Ge— nehmigung des Ober⸗Präsidenten;
C. die Festsetzung der Gebühren für die Lokal: Erhebung der Sozietäts⸗Beiträge, und zwar soweit, als die Erhebung durch die Steuer⸗Empfänger geschieht, vorbehaltlich der Genehmigung des Ober⸗ Präsidenten; J .
d. die Entscheidung über die fär einzelne Bezirke festzusetzende Erhöhung oder Ermäßigung der Beiträge (5. 28); .
e. die Genehmigung der von der Direktion zur Ausführung des Statuts und Reglements zu erlassenden Geschäfts⸗Instruktionen. So⸗ weit dieselben an die Landräthe, Bürgermeister, Amtmänner und Steuer-⸗Erheber ergehen, bedürfen sie der Genehmigung des Ober— Präsidenten;
f. die Bestimmung üßer die der Sozietät bei eintretendem De⸗ fizit aus Provinzialfonds zu gewährenden Vorschüsse (5. 32);
g. die Bestimmung über die Höhe und Act der Rückgewähr der Ueberschüsse an die Assoziirten (8. 29); . .
h. die Feststellung des Tarifs der Gebühren bei einjähriger Ver— sicherungsperiode und bei Zurücknahme von Versicherungsanträgen, sowie für die Ausfertigung von Katasterauszügen; ⸗
i. die Bestimmung über die Anlegung der disponiblen Gelder nach Maßgabe des 5§. 12; ;
k. die Entscheidung in 2. Instanz (5. 14) bei Beschwerden gegen das Verfahren der Sozietätskommissare und die endgültige Ent— scheidung bei Streitigkeiten der Sozietät mit den Assoziirten, wenn diese den Weg des Rekurses betreten (5. 16
. die Genehmigung des Beitritts der Sozietät zu dem Rück— versicherungs Verbande der öffentlichen Sozietäten Deutschlands, so⸗ wie die Genehmigung der von der Direktion mit Korporationen 2c. abgeschlossenen Versicherungs⸗ bezw. Rückversicherungs-Verträge I . mn. der Erlaß der Konventionalstrafen, welche von der Direktion gegen Assoziirte wegen Versäumung oder Verletzung ihrer Vervflich⸗ tungen festgesetzt sind, sowie die Bewilligung der wegen solcher Versäumniß oder Verletzung von der Direktion aberkannten Ent— schädigung.
3
Die unmittelbare Verwaltung der Provinzial⸗Feuer⸗Sozietät
führt unter der Bezeichnung
„Westfälische Provinzial⸗Feuer⸗Sozietäts⸗Direktion“ der von dem Provinzial Landtage auf je 6 Jahre oder auf Lebenszeit zu wählende und vom Minister des Innern zu bestätigende Feuer⸗ Sozietäts-Direktor nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Statuts, sowie der im vom Verwaltungsausschusse mit Genehmigung des Provinzial-Landtages zu ertheilenden Geschäftsinstruktion. Die Direktion hat ihren Sitz in der Stadt Münster und ihr Forum vor dem dortigen ordentlichen Gericht. 53 53
Der Direktor hat seinen Wohnsitz in der Stadt Mänster zu nehmen; derselbe vertritt die Sozietät nach Außen und nimmt auf Verlangen des Verwaltungsausschusses resp. der Kommission an den Sitzungen derselben mit ,, Theil.
S. J.
Unter dem Direktor werden die örtlichen Geschäfte der Provinzial⸗ Feuer ⸗Sozietät durch die Sozietätskommissare besorgt. Als letztere fungiren:
a. für die Gebäudeversicherung auf dem Lande von Amtswegen die Amtsmänner in ihren Bezirken; .
b. für die Gebäudeversicherung in den Städten und für die ge— sammte Mobiliarversicherung besondere von der Direktion zu er⸗ nennende Geschäftsführer.
. ;
Bezüglich der Anstellung aller Sozietätsbeamten bestimmt im Uebrigen das Reglement das Nähere.
.
Die Lokalerhebung der Feuer⸗Sozietäts Beiträge kann in den tädtischen Bezirken den für die Lokalverwaltung daselbst gemäß F§. 9b. angestellten Geschäftsführern Seitens der Direktion übertragen werden. Die etwa nöthig werdende exekutivische Einziehung der Ge⸗ bäudeversicherungs⸗Beiträge ist auf Etsuchen der Direktion durch die Bezirkssteuerkasse zu bewirken.
§. 12.
Die zinsbare Belegung der Bestände des Reservefonds, der Bei⸗ tragsreserve und der entbehrlichen Geldbeträge der Sozietätskasse be⸗ darf der Zustimmung des ständischen Verwaltungsausschusses, bezw. der Kommission desselben und geschieht entweder: .
I) bei der provinzialständischen Centralkasse oder Provinzial⸗ Hülfskasse, oder
2) in sicheren Hypotheken oder in Inbaberpapieren, welche von Preußen oder dem Veutschen Reiche emittirt oder garantirt oder unter Autorität des preußischen Staates von Korporationen oder Kommunen ausgestellt und zu einem fest bestimmten Satze verz ins⸗ lich sind, oder
3) bei den mit staatlicher Genehmigung in der Provinz errichteten Sparkassen, oder endlich 9 auch bei Privatbankhäusern. ö Auf Hypotheken soll nicht mehr als ein Drittel des Bestandes des Reservefonds ausgethan n n.
. 59.
Der Direktion ist gestattek, bei anderen Gesellschaften Rück— versicherung zu nehmen. Das Verhältniß der Assozirten zur Sozietät, sowie das Recht der eingetragenen Gläubiger erleidet hier—⸗ durch keine Aenderung. ;
Die Direktion ist ferner ermächtigt, dem zwischen den öffentlichen Sozietäten Deutschlands gegründeten, durch Allerhöchsten Erlaß vom 22. Mai 1872 genehmigten Rückversicherungsverbande mit Genehmi⸗ gung des Verwaltungsaueschusses beizutreten.
Die Direktion ist endlich befugt, mit Korporationen, Vereinen und Verbänden behufs gemeinschaftlicher Versicherung bezw. Rück— versicherung ihrer Mitglieder besondere Versicherungg⸗ bezw. Rück= versicherungs verträge mit Genehmigung des Verwaltungsausschusses abzuschließen.
Verfahren in inn ,n Streitfällen.
§. 14. 66 ; Beschwerden über das Verfahren der Sogzietätskommissare sind zunächst belt der Direktion und weiterhin bei dem Verwaltungsaus—
schusse, in letzter Instanz bei dem Provinzial ⸗Landtage anzubringen.
Beschwerden über die Direktion gehen an den Verwaltungsausschuß und in letzter Instanz an den k 8. 15. s
Bei Streitigkeiten zwischen der Sozietät und einem Assoziirten findet entweder der Rekurs oder der ordentliche Rechtsweg statt.
Bei Gebäudenversicherungen ist jedoch gegen die Abschätzung des Brandschadens weder der Rechtsweg noch der Rekurs zulaͤssig. Gegen die Festsetzung der Beiträge, der Versicherungssumme und der Versicherungsbedingungen findet nur der Rekurs stait. Ist in einem Falle, wo der Rechtsweg zulässig, von dem Betheiligten der Weg des Rekurses einmal gewählt, so bleibt der Rechtsweg ausge⸗ schlossen.
.
In Rekurgfällen entscheidet der Verwaltungsausschuß bezw. dessen Kommission endgültig. Der Rekurs muß innerhalb einer Präklusivfrist von sechs Wochen vom Tage der Insinuation der Fest⸗ setzung der Direktion eingelegt werden.
Wo der Rechtsweg zulässig und von den Interessenten gewählt ist, muß die Klage innerhalb zwei Monaten nach Empfang der be⸗ treffenden Entscheidung der Direktion bei dem zuständigen Gerichte erhoben werden (855. 250, 460 der Civil⸗Prozeßordnung), widrigenfalls die Festsezung der Direktion in Rechtskraft übergeht und die durch dieselbe abgewiesenen Ansprüche erlöschen.
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Die Sozietät nimmt zur Versicherung nur Gebäude und beweg- liche Gegenstände auf, welche sich innerhalb der Provinz Westfalen befinden.
In der Regel sind Gebäude aller Art zur Aufnahme bei der Sozietät geeignet; die Sozietät ist aber nicht verpflichtet, Gebäude höher als zu 4/5 ihres gemeinen Werthes in Versicherung zu nehmen resp. zu behalten.
Ueber Annahme oder Ablehnung der Mobiliarversicherungen be⸗ stimmt die Direktion; es sind jedoch von der Versicherung unbedingt ausgeschlossen: Dokumente, baares Geld, ungefaßte Edelsteine und echte Perlen, sowie unverarbeitetes Gold und Silber. Werthvolle Schmucksachen, Gold ⸗ und Silbergetäthe und Gemälde, sowie alle Gegenstände, die einen besonderen Kunstwerth haben, gelten nur dann als mitversichert, wenn sie in dem Versicherungsantrage speziell mit ihren Versicherungssummen aufgeführt sind.
Im Uebrigen sind alle Gegenstände, welche sich von den ver⸗ sicherten Gattungen in den Versicherungs räumen befinden, jederzeit in der Versicherung einbegriffen.
Der Eintritt in die Sozietät sowie die Erhöhung der Versiche⸗ rungssummen können — die Zeit des Krieszustandes (§. 40) aus— genommen, jederzeit erfolgen, die Beitrage aber werden vom Anfange des Monats an berechnet, in welchem der Eintritt oder die Erhöhung stattgefunden.
Das Rechnungejahr der Sozietät beginnt mit dem 1. Juli und endigt mit dem 50. Juni. Mit demselben Termine beginnen und endigen alle Versicherungsperioden. Bei Versicherungen, welche im Laufe des Rechnungsjahres anfangen, wird der ein«, fünf oder zehn⸗ jährige Turnus vom nächsten ö an gerechnet.
J. . Jede Versicherung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung der Direktion; erfolgt die Entscheidung der Direktion nicht längstens binnen 14 Tagen, nachdem der Versicherungsantrag bei ihr ein⸗ gegangen, so gilt die Versicherung mit dem Ablaufe des vierzehnten Tages in allen Fällen als ber n n fn
Die Direktion ist befugt, Gebäude Versicherungsanträge ab— zulehnen, sowie bereits bestehende Versicherungen zu löschen:
1) wenn ein Gebäude durch feuerpolizeiwidrige Einrichtungen, schlechte Bauart, vernachlässigte Unterbaltung, schlechte Feurrungs—⸗ anlagen oder durch sonstige Umstände —, welche auch in der Persön⸗ lichkeit oder in der Handlungsweise des Versicherten bezw. der Be⸗ wohner des Gebäudes ihre Begründung finden können, — einen außergewöhnlichen Grad von Feuersgefahr oder des Verfalls dar⸗— bietet; 2) wenn Jemand Gebäude, welche mit den bei der Sozietät zu versichernden oder bereits versicherten Gebäuden in demselben Stadt⸗ oder Amtsbezirk belegen sind, bei einer Privatgesellschaft ver⸗ sichert; .
3) wenn ein Gebäude zum Abbruch verkauft ist; .
4) wenn ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden steht.
Die Versicherung tritt in diesen Fällen mit der Insinuation der betreffenden Verfügung außer Kraft.
S. 20.
Die Direktion hat die Befugniß, für die Versicherung von ge⸗ werblichen Etablissements oder Gebäuden mit feuergefährlichem Be⸗ triebe, besondere im Interesse der Sozietät nothwendig erscheinende Bedingungen festzusetzen oder auch die Versicherung ganz abzulehnen. Bereits bestehende Versicherungen dieser Art kann die Direktion nach vorhergegangener vierwöchentlicher k wieder löschen.
ö
Kein Gebäude, welches anderswo versichert ist, kann bei der Pro⸗ vinzial⸗Feuer⸗Sozietät ganz oder zum Theil aufgenommen, und kein Gebäude, welches bei der Provinzial-⸗Feuer⸗Sozietät bereits versichert ist, darf ganz oder zum Theil anderswo versichert werden. ⸗ .
Versicherungen, welche dieser Bestimmung entgegen abgeschlossen worden, sind, soweit sie die Provinzial Feuer Sozietät betreffen, un⸗ gültig Erstattung des gezahlten Beitrages für dieselben findet nicht statt. ö Beiträge dier Assoziirten. — Tarif.
8. 2*
Die Beiträge, welche von den versicherten Gebäuden erhoben werden, richten sich nach der Beschaffenheit, Lage und Benußung und dem daraus hervorgehenden Grade der Feuergefährlichkeit derselben. — Es werden darnach 6 Klassen gebildet und gehören:
Zur J. Klasse:
Kirchen und ähnliche Gebäude mit feuerfester Bedachung, welche keine Feuerungsanlagen haben und weder zur Wohnung oder Wirth⸗ schaft, noch zum Gewerbebetriebe oder zum Lagern von brennbaren Gegenständen dienen. ;
Zur II. Klasse:
Gebäude mit feuerfester Bedachung, deren Umfassungswände einschließlich der Giebel ganz massiv aus gebrannten Ziegelsteinen oder aus hinreichend feuerfesten Bruchsteinen aufgeführt und deren Schorn⸗ steine von Grund auf ganz massiv gebaut sind.
Zur III. Klasse: ö. ( .
Gebäude mit feuerfester Bedachung, deren Umfassungswände ein⸗ schließlich der Giebel mit gemauertem Fachwerke oder aus sonstigem Fachwerke mit festem Verputze oder brandsicherer Bekleidung bestehen und deren Schornsteine von Grund auf ganz massiv gebaut sind.
a IV. Klasse: Alle übrigen Fachwerksgebäude mit feuerfester Bedachung. Zur V. Klasse:
Gebäude jeder Bauart, die nicht mit feuerfestem Material be⸗
deckt oder bekleidet sind. Zur VI. Klasse. Alle Gebäude mit sehr fer rg hrlichen Betriebe oder Inhalt.
Die 2, 3. 4. und 5. Klasse zerfällt jede in 3 Abtheilungen
und enthält:
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