1880 / 138 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Jun 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Der Widerruf dieser Senehmigung (8. ) tritt ein:

a. wenn die Voraus setzung der Unbescholtenheit oder des nüch—⸗ ternen Lebenswandels nicht mehr zutrifft,

b. wenn die Reinigungen der Schornsteine nicht ordnungs- und regelmäk ig vorgenommen werden, .

6. wenn die Anordnungen der Anstellungs behörde, die im 8§. 9 erwähnt sind, nicht befolgt werden, .

d. wenn bei Ausübung des Gewerbes die erforderliche Rücksicht nahme gegen die Hausbewohner wiederholt verletzt wird.

§. 12. Die §5§. 8— 11 gelten auch für die vor Erlaß dieses Reglements bereits angestellten Bezirks ⸗Schornsteinfeger. Ihre Ent⸗— lassung hat, wenn eine der Voraussetzungen des §. 11 sub a. d. vorliegt, auf Verlangen des Landraths so rasch zu erfolgen, als die Anstellungsbedingungen dies gestatten.

Düsseldorf, den 9. März 1880.

Königliche Regierung. Abtheilung des Innern.

Die Nummern 8 und 9 des Deutschen Handels ⸗Archivs vom 21. und 28. Mai d. J. enthalten ausführliche Mitthei⸗ lungen aus den Ergebnissen einer Enquete, welche der Kaiser—⸗ liche Geschäftstrager in Centralamerika über den Absatz deut⸗ scher Industrieerzeugnisse in den Republiken Guatemala, Nicaragua, Costarica, Honduras und Salvador veranstaltet hat. Mit bereitwilliger Unterstützung der in jenen Ländern ansässigen deutschen Fi , hat er ein Material ge⸗ sammelt, an dessen Zuverlässigkeit im Allgemeinen nicht zu zweifeln ist, und welches theils durch seine ausführlichen Nach⸗ weisungen über die Absatzbedingungen bezüglich einer großen Zahl dortiger Bedarfsartikel, namentlich aber auch dadurch ein großes Interesse gewährt, daß die Berichterstatter die Gründe, gus denen sie manche Mißerfolge des deutschen Ex⸗ portgeschäfts, und die verhältnißmäßig geringfügige Betheili⸗

gung desselben an der Versorgung des dortigen Marktes er⸗

klären, eingehender Erörterung unterwerfen. Die Wahrneh⸗ mungen und Winke, welche von ihnen mitgetheilt werden, dürften der ernstesten Aufmerksamkeit des am Export bethei⸗ ligten deutschen Handels- und. Gewerbestandes um so würdiger sein, als sie sich in ihrer Bedeutung keineswegs auf, das besondere hier in Frage stehende Absatzgebiet be⸗ schränken, vielmehr allgemeine dem deutschen Ausfuhrhandel überhaupt anhaftende Eigenthümlichkeiten und Mängel be⸗ treffen, auf welche in mehr oder weniger übereinstimmender Weise auch in manchen anderen Bexichten aus überseeischen Ländern bereits hingewiesen worden ist. .

Ich nehme daher Veranlassung, die obige Veröffentlichung der Beachtung des Handelsstandes noch besonders zu empfeh⸗ len. In den wesentlichsten Beziehungen wird die Abstellung der Mißstände, unter welchen unser überseeischer Export⸗ handel nach den, auch durch anderweitige Wahrnehmungen bestätigten, Ergebnissen der obenbezeichneten Enquete leidet, aus der eigenen Initiative des Handels- und Ge⸗ werbstands hervorgehen müssen. Die Frage verdient daher eine ernste Erwägung, mit welchen Mitteln Seitens der Handelskammern und kaufmännischen Korpora— tionen in diesem Sinne gewirkt werden kann und soll, und es wäre mir von großem Interesse, zu erfahren, was etwa dortseits in der bezeichneten Richtung schon geschehen ist oder beabsichtigt wird. Auch würde ich sachlich begründete Aus⸗ führungen bezüglich der Möglichkeit und Zweckmäßigkeit eines regierungsseitigen Einschreitens eingehender Prüfung zu unter⸗ werfen bereit sein.

Berlin, den 3. Juni 1889.

Der Minister für Handel und Gewerbe. Sofmann. An sämmtliche Handelskammern und kaufmännischen Korporationen (je besonders.)

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund des §. 12 des Reichsgesetzes gegen die ge— meingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird hierdurch zur , , Kenntniß gebracht, daß das angeblich bei Vanderbilt in Amsterdam gedruckte und von Philipp Achtermann in Osnabrück verlegte Flugblatt mit der Ueberschrist: „An unsere Partei— genossen!“ nach 5. 11 des gedachten Gesetzes Seitens der unterzeichneten Landespolizeibehhrde verboten worden ist.

Berlin, den 15. Juni 1880.

Königliches Polizei-Präsidium. von Madai.

Nichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 15. Juni. Se. Majestät der Kaiser und König besichtigten gestern Morgen von „S Uhr an auf dem Tempelhofer Felde das Garde⸗ ürassier⸗ und das 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiment und nahmen demnächst die Vorträge der Hofmarschälle, des Polizei⸗Präsidenten von Madai und des Chefs des Civil⸗-Kabinets, Wirklichen Ge⸗ heimen Raths von Wilmowski entgegen.

Nachmittags um 3 Uhr empfingen Se. Majestät den Reichskanzler Fürsten von Bismarck zum Vortrage.

Heute Vormittag besichtigten Se. Majestät der ö. auf dem Exerzierplatz hinter der Hasenheide das 2. Garbe— Ulanen⸗ und das 3. Farde⸗Dragoner-Regiment und hörten, in das Palais zurückgekehrt, die Vorträge des Polizei⸗-Präsi⸗ denten von Madai, des Chefs der Admiralität, von Stosch, und des Generals von Albedyll. ;

Später empfingen Se. Majestät das Präsidium des Herrenhauses, welches die Ehre hatte, Se. Majestät zur Ver⸗ lobung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm zu beglückwünschen.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern früh den Besichtigungen des Garde⸗Kürassier⸗Regiments und des Ersten Garde⸗Dragoner⸗ Regiments auf dem Tempelhofer Felde bei und kehrte um 1050 Uhr nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurück.

Der Bundesrath trat am 14. 8. Mts. unter dem Vorsitze des Reichskanzlers zu einer Plenarsitzung zusammen. Nach einigen geschäftlichen Mittheilungen des Vorsitzenden

fd die zweite Berathung des preußischen . wegen tatt.

Einverleibung der unteren Elbe in das Zollgebiet er

in und der in erster Lesung gefaßte, dem preußischen

. entsprechende Beschluß, daß ) vorbehaltlich der näheren Modalitäten der Ausführung, der Elbstrom von Altona und Harburg abwärts bis Cuxhaven in das Zollgebiet eingeschlossen werde; 2) für den Fall der Beibehaltung von Grenzauffichts⸗ stationen an beiden Ufern der Elbe abwärts Altona 'unb Har⸗ burg die Kosten dafür auch fernerhin auf gemeinschaftliche e, getragen werden, bestätigt.

Schließlich wurde zu der wegen Ablaufs der bisherigen Wahlperiode erforderlichen Neuwahl der vom Bundesrathe U ernennenden Mitglieder des Reichsbank-Kuratoriums ge— fir inr Die Wahl i. auf den Königlich bayerischen Be⸗ vollmächtigten, Ober⸗Regierungs⸗Rath Freiherrn von“ Raeg⸗ feldt, den Königlich sächsischen Bevollmächtigten, Wirklichen Geheimen Rath von Nostiz-Wallwitz und? den Königlich württembergischen Bevollmächtigten, Ober⸗Finanz-Rath von Schmidt.

Der heutigen (24) Sitzung des Herrenhauses, welche der Präsident Herzog von Ratibor um 13 Uhr eröffnete, wohnten die Staats⸗Minister Bitter, Maybach und Dr. . sowie mehrere Regierungskommissarien bei. Der Präsident theilte mit] daß Herr Hülschner die Wahl zum Mitgliede der kirchenpolitischen Kommission abgelehnt habe und demnach eine Neuwahl nothwendig sei. Auf der Tages⸗ ordnung stand zunächst der mündliche Bericht der Justiz⸗Kom⸗ mission über den Gesetzentwurf, betreffend Uebertragung von Befugnissen, welche den Provinzialbehörden und deren Vorstehern gesetzlich vorbehalten sind, auf die Königlichen Eisenbahn-Direktionen und deren Vorsteher.

Der Berichterstatter der Kommission Herr Dr. Wever beantragte, dem Gesetzentwurfe in der vom Hause der Ab⸗ geordneten beschlossenen Fassung die verfassungsmäßige Zu⸗ stimmung zu ertheilen. Das Haus beschloß demgemäß. ö

Es folgte der mündliche Bericht der Kommission für den Staatshaushalts-Etat und für Finanzangelegen⸗ heiten über den Gesetzentwurf, betreffend die Ver⸗ wendung der aus dem Erträge von Reichssteuern an Preußen zu überweisenden Geldsummen. Der Referent der Kommission, Herr Hasselbach, beantregte die Genehmigung in der vom Hause der Abgeordneten be— schlossenen Fassung. Graf zur Lippe erklärte, er könne dem Gesetze seine Zustimmung nicht ertheilen. In dem Augenblicke, wo. die regelmäßigen Ein nahmen nicht ausreichten, alle Bedürfnässe des Staates zu decken, müsse es bedenklich erscheinen, mit Steuererlassen vorzugehen oder solche in Aussicht zu stellen. Die Ueberschüsse des Reiches würden nicht einmal ausreichen, die Mehrausgaben zu decken, nun wolle man sogar Steuererlasse vornehmen. Herr Bredt meinte dagegen, man habe allen Grund, den Gesetzentwurf mit Freuden zu begrüßen, und bat deshalb, ihn unverändert anzunehmen, da es nur billig sei, wenn die Ueberschuͤsse an Steuern vertheilt würden.

Der Finanz⸗Minister Bitter erklärte, daß die Staatsregierung das größte Gewicht darauf lege, daß die Vorlage zum Gesetz werde. Er hoffe, daß die gewöhnlichen ö. zur Deckunginder Ausgaben ausreichen würden, und daß es gelingen werße, aus den Einnahmen und den Ueberschüssen des Reiches so viel zurückzubehalten, wie zum Erlaß direkter Steuern nothwendig sei, um eine

Entlastung Derjenigen, die Kommunalsteuern zu be⸗ zahlen haben, herbeizuführen. Das Gesetz sei die Grundlage zur Anbahnung einer gesetzlichen Steuerreform, und in die Veränderungen, die das Abgeordnetenhaus vorge⸗ nommen habe, sei nichts aufgenommen, was über die Inten⸗ tionen und den Wortlaut der Kabinetsordre vom Februar vorigen Jahres hinausginge. Er bitte daher, das Gesetz anzunehmen. Der Gesetzentwurf wurde hierauf mit großer Majorität genehmigt. err Dr. Stephan berichtete demnächst über ein e Petition

des Prinzen Friedrich Wilhelm Ernst von Hessen⸗Cassel, betr. den Schutz der Rechte seiner Fürstlichen Familie und deren

amilienfideikommiß. Der Referent beantragte Namens der

taatshaushaltskommission, über die Petition zur Tages⸗ ordnung überzugehen. Fürst Blücher von Wahlstatt befür⸗ wortete den vorläufigen Uebergang zur Tagesordnung, da die Sache noch nicht definitiv erledigt sei, zogs aber, nachdem Herr Dr. Beseler einen Antrag eingebracht halte, dahin lautend, in den Kommissionsantrag die Worte aufzunehmen: „mit Rücksicht auf die von der Staatsregierung abgegebenen Erklärungen“, seinen Antrag zu Gunsten des letzteren zurück. Der Antrag der Kommission wurde jedoch ohne dieses Amendement ange⸗ nommen. Es folgte als letzter Gegenstand der Tagesordnung der III. Bericht der Matrikelkommission. Nachdem der Referent Graf zur Lippe den Bericht erstattet und das Haus denselben stillschweigend genehmigt, wurde die Sitzung um 15 Uhr geschlossen. Der Präsident erklärte, den Tag der nächsten Sitzung noch nicht bestimmen zu können, da es unbestimmt sei, wann das andere Haus mit der Berathung der kirchenpolitischen Vorlage fertig werden würde.

0 ether Allerhöchsten Ordre vom 13. v. M. sollen bei Feststellung derjenigen Pension der Interessenten der vor⸗ mals Nassauischen Offizäer⸗Wittwen⸗ und Waisen⸗ Kasse, nach welcher sich die Pension suͤr ihre dereinstigen Relikten bemißt, fortan die Normen des nassauischen Gesetzes vom 2. Juni 1860 Anwendung finden. Es sind hierbei jedoch nur das im Militärdienst zuletzt bezogene Gehalt und event. der pensionsfähige Betrag des Wohnungsgeldzuschusses zu berücksichtigen. Auch auf diejenigen zur Zeit noch im Pensiont⸗ genuß befindlichen Relikten vormaliger Interessenten der be⸗ regten Klasse, deren Pension die Normen des preußischen Militär- Pensionsreglements vom 15. Juni 1835 * bew. des Reichs⸗Militär⸗Penstonsgesetzes vom 27. Juni 1871 zu Grunde gelegt sind, soll vorstehende Bestimmung nachträgliche Anwen⸗ dung finden, jedoch mit der Maßgabe, daß event. die höhere Pensionskompetenz erst vom 1. Januar 1880 ab zu gewähren ist, eine Nachgewährung von Pension für die Zeit bis Ende Dezember 1855 daher nicht stattzufinden hat.

In Folge wolkenbruchartigen Regens hat am 14d. M. zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags westlich von Hoppe⸗ . eine Unterspülung beider Gleife der Ost⸗

ahn stattgesunden; die Bahn ist jedoch nach einigen Stunden wieder fahrbar gemacht und der regelmäßige Betrieb wieder hergestellt worden.

von dem , n, Hamburgs abermals gestellte An— trag auf Verweisung der Sache an die Ausschüsse wurde ab—

abgespült und ein Durchlaß beschädigt worden, so daß die Befahrung der Strecke bis heute nur auf dem einen unbe⸗ schädigten Gleise stattfinden konnte.

Nach 8§. 77 der Gesindeordnung vom Jahre 18610 kann das Gesinde, welches die Herrschaft durch ungebührliches Betragen zum Zorn reijt und in selbigem von ihr mit Schelt— worten oder geringen Thätlichkeiten behandelt wird, dafür keine gerichtliche Genugthuung fordern. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichs gericht, 1. Strafsenat, durch Erkenntniß vom 12. April d. J. ausgesprochen, daß in diesem Falle jede Strafverfolgung ausgeschlossen ist, mag sie durch Yrtaltlage oder auf Antrag durch öffentliche Klage Seitens des Staatsanwalts erhoben werden.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich a er h Staatsrath Sel kmann, ist von Berlin ab— gereist.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats— Anzeigers ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. ?), enthaltend Entscheidungen des Reichsgerichts, beigefügt.

Bayern. München, 14. Juni. (W. T. B.) Der Landtag wird voraussichtlich zum 5. oder 6. Juli ein⸗ berufen werden. Der der Kammer vorzulegende Hauptetat der Militärverwaltung Bayerns für das Finanzjahr 1880'81 schließt mit 42 030 416 ½υ ab.

= 15. Juni. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich ist heute Vormittag hier eingetroffen und hat die Reise nach Feldafing bei Starnberg fortgesetzt, wo Dieselbe einen längeren Sommeraufenthalt nehmen wird.

Oesterreich⸗ Ungarn. Salzburg, 15. Juni. (W. T. B.) Graf Lamberg hat sein Amt als Landes hauptmann und sein Mandat zum Landtag niedergelegt.

Innsbruck, 15. Juni. (W. T. B.) Gestern' wurde im Landtage eine Erklärung der drei Bis chöfe von Trient, Brixen und Salzburg verlesen, worin diefelben gegen die vollzogene Bildung von zwei evangelischen Pfarr⸗ gemeinden protestiren, weil sie wider den Willen und unter Verletzung der heiligsten Gefühle des tiroler Volkes erfolgt sei. Sie ersuchen gleichzeitig um Aufnahme ihrer Erklärung im Protokolle des Landtages.

Lem berg, 13. Juni. (Pr.) Der Landesausschuß hat in den Voranschlag des Landes fonds für das Jahr 1880 einen Mehrbetrag von 290 680 Fl. nachträglich eingestellt. Der Voranschlag für 1881 weist ein Defizit von 2695 573 Fl. aus. Zur Deckung des Defizits wird die Erhöhung der Steuerzuschläge von 35 auf 39 Kr. beantragt. Zur Deckung des Gesammtabganges der Jahre 1876 bis 1851 proponirt der Landesausschuß die Aufnahme eines Landesanlehens im Betrage von Einer Million Gulden.

Großbritannien und Irland. London, 12. Juni. (Allg. Corr.) Der Vize-König von Indien telegraphirt unterm 109. d. M. an das Indifche Amt in London: n Kab ul und dessen unmittelbarer Umgebung herrscht Ruhe, obgleich Gerüchte von einer durch Mahomed Jan angestifteten Aufregung in Kohistan im Umlauf waren. Die Expedition von Djellalabad nach Kamar hinein ist erfolgreich gewesen: die Einwohner gaben Bürgschaft dafür, weder die Mullahs zu ermuntern, noch die Transportzüge auf unserer Straße am Flusse Kabul anzugreifen. Die Truppen sind unbehelligt über den Fluß zurückgekehrt. Einige unbedeutende Raub— anfälle haben in der Nähe von Lundikotai stattgefunden, und gewisse unzufriedene Zweige einiger Stämme haben Reisende im Khyber-Paß angefallen. Unter den Afridis haben die Mullahs eine Gährung verursacht. Zur Züchtigung der Auf⸗ ständischen werden eingeborene Truppen benutzt. In Kan⸗ dahar und an der Grenze von Beludschistan ist Alles ruhig.“

Das Reutersche Bureau meldet aus Simla vom 1I. d. M.: „Die drohende Bewegung Eyub Khans gegen Kandahar ist vereitelt worden.“

14. Juni. (W. T. B.) Im Unterhause erwiderte heute der Unter⸗Staatssekretär Dilke auf eine An⸗ frage Simons: Die Regierung sei mit anderen Mächten be— hufs gemeinsamer Vorstellungen in Marokko zu Gunsten der Religionsfreiheit in Berathung getreten. Auf eine wei— tere Anfrage Exringtons erklärté der Unter⸗-Staatsfekretär Dilke: Die von Seiten der italienischen Regierung beabsichtigte zwangsweise Konvertirung des Eigenthums' des Pro⸗ paganda⸗Kollegiums in Rom ssei durch die italienischen Gesetze begründet. Eine Einmischung in diese Angelegenheit sei daher unthunlich. Errington meldete darauf einen An⸗ trag zu Gunsten des genannten Kollegiums an. Monk wen— dete sich gegen die Interpellation O'Donnells, betreffend die Ernennung Ehallemel-Lacohurs zum Botschafter für London. Nachdem der Präsident hierauf erklärt hatte, daß O'Donnell auf eigene Verantwortlichkeit handele, beantwortete der Unter-Staatssekretär Dilke die Interpellation O'Donnells, indem er alle in derselben enthal⸗ tenen Anschuldigungen gegen Challemel⸗-Lacour widerlegte und erklärte, Challemel Lacour sei weder jemals zum Botschafter in Berlin ernannt gewesen, noch habe die deutsche Regierung je privatim der französischen angedeutet, daß Challemel⸗ Lacour, falls seine Ernennung zum Botschafter in Berlin erfolgen sollte, nicht empfangen werden würde. Der deutsche Botschafter, Graf Münster, habe, nachdem die Interpellation angemeldet gewesen sei, dem Staatssekretär des Aeußern, Lord Granville, mitgetheilt, daß jene Insinuation jeder Begründung entbehre und hinzugefügt, daß Challemel⸗ Lacour, falls derselbe zum Botfschafter für Berlin ernannt worden wäre, in Deutschland mit der größten Bereitwilligkeit empfangen worden wäre. O'Donnell erklärte sich durch die Antwort Dilke's nicht zufriedengestellt und behauptete, seine Angaben durch Beweise unterstützen zu können. Dies gab Anlaß zu einer sehr lebhaften Scene, während welcher der Präsident es als einen großen Mißbrauch bezeichnete, solche Anschuldigungen gegen einen fremden Botschafter nicht in ord⸗ nungsmäßiger Weise durch die Ankündigung einer Resolution vorzuhringen. Als O'Donnell trotz dieser Erklärung des Sprechers seine Rede fortsetzte, stellte der Premier⸗Minister Gladstone den Antrag, dem Redner das Wort zu entziehen. Parnell beantragte die Vertagung der Debatte und hob hervor, daß er keine Sympathie für den Gegenstand der Interpellation ege, daß aber der Antrag Gladstoness eine Beschränkung der edefreiheit sei. Andere Redner, darunter auch Northcote,

Zwischen Neuenhagen und Hoppegarten ist aus gleicher Ursache gegen 6 Uhr Abends ebenfalls der Damm theilweise

sprachen sich in dem gleichen Sinne aus Von Seiten der Regierung wurde die Erklärung abgegeben, daß die Botschafter

Angriffe geschützt werden müßten und die Regierung 3 bei . Antrage beharre. Der Antrag Parnells auf Vertagung der Debatte wurde mit 245 gegen 166 Stimmen abgelehnt. Ein Antrag Nolans auf Vertagung der Sitzung wurde nach einer abermaligen längeren Debatte mit 224 gegen ss Stimmen verworfen. Elcho beantragte hierauf von Neuem die Vertagung der Debatte, wodurch wiederum eine lebhafte Diskussion veranlaßt wurde. Gladstone erklärte sich hierauf damit einverstanden, seinen Antrag zurückzuziehen. Schließlich begnügte sich O Donnel damit, seine Interpellation ohne Rede anzukündigen und zu erklären, daß er dieselbe am nächsten Donnerstag begründen werde. Der Zwischenfall war hiermit erledigt, und die Sitzung wurde geschlossen.

15. Juni. (W. T. B.) Dem „Standard“ wird aus Bombay gemeldet: Gordon habe seinen Posten in der hritishen Armee niedergelegt, weil die Regierung ihm die Erlaubniß versagte, nach China gehen zu dürfen.

Frankreich. Paxis, 14. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats übernahm Leon Say das Präsidium mit einer Ansprache, in welcher er zunächst seinen Dank, für die Wahl zum Präsidenten ausdrückte und seines Vorgängers im Präsidium in ehrenden. Worten ge—

dachte. Say hob sodann hervor, die republikanischen Institu⸗

tionen seien zwar noch jung, aber sie seien stark; sie könnten jedoch alle ihre Früchte nur durch die Uebereinstimmung der großen Staatsgewalten tragen, eine Uebereinstimmung, die

indessen der Würde oder Unabhängigkeit der Deputirtenkam—

mer oder des Senates kein Opfer auferlegen solle. Diese Uebereinstimmung sei der schützende Mantel, welcher sich über die Republik, über die parlamentarische Regierung und über die

modernen Ideen ausbreite. Diese Uebereinstimmung sei vorhanden, nnd der Senat werde bei seinem tiefen Verständniß für die Erfordernisse der Politik sie zu erhalten wissen und auf diese

Weise die Aufgaben der Exekutivgewalt erleichtern, welche bei freien Völkern stets so schwierig seien. Der Senat werde so

dazu beitragen, in dem Geiste der Bevölkerung die Prinzipien zu befestigen, welche er für untrennbar von der Idee der Re⸗ publik erachte: Achtung, vor den Gesetzen und Äufrechterhal⸗ tung der Ordnung. (Beifall im linken Centrum) Demsle legte hierauf den Bericht über die Petitionen gegen die

Dekrete vom 29. März vor; der Bericht schlägt die Zurück—

weisung der Petitionen vor. Die Berathung wurde auf den 24. d. M. festgesetzt.

In der heutigen Sitzung der Zolltarifkommission

des Senats erklärte der Conseils⸗Präsident de Freycinet, daß nur zwischen Léon Say und Lord Granville Schrei⸗

ben ausgetauscht worden seien, welche aber keineswegs für die beiderseitigen Regierungen bindend seien. Die Kommission beschloß hierauf, morgen über diesen Gegenstand eine Anfrage an die Regierung zu richten.

Die Senatskommission zur Vorberathung des Gesetz—

̃ entwurfs, betreffend die Aufhebung der Obedienz⸗ briefe, besteht aus 7 Anhängern und 2 Gegnern der

Vorlage.

Die Deputirtenkammer lehnte den vom Senat an— genommenen Gesetzentwurf über die Militärverwaltung ab. Der Kriegs-Minister hatte sich sowohl gegen den vom Sengt angenommenen Gesetzentwurf als auch gegen denjenigen der Kommission der Kammer ausgesprochen und verlangte die Zurückverweisung der Vorlage an eine gemischte Kommission, die sich damit beschäftigen solle, einen Ausgleich zwischen beiden Entwürfen herzustellen.

Der von der Bu dgetkommission bezüglich des Budgets für das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten er— stattete Bericht beantragt die Ablehnung des ÄÜmendements Rapails, betreffend die Aufhebung der französischen B otschaft beim Vatikan.

Der Deputirte Janvier de la Motte hat darauf ver— zichtet, die Regierung wegen der Ernennung Challemel— Lacgurs zum Botschafter für London zu interpelliren.

Der Botschafter Challemel-Lacour wird sich heute Abend nach Bern zurückbegeben, dort noch einige Tage ver⸗ weilen und am 24. oder 215. d. M. nach London? gehen.

(Fr. C Die „France“ bringt einen sehr rühmenden Be— richt über die Düsseldorfer Ausstellung von Hrn. Turgan, dem sachverständigen Verfasser eines viel verbreiteten illustrirten Sammelwerks über die großen Industrieetablissements Frank⸗ reichs. „Vielleicht“, schließt Hr. Turgan, „wird man? mein Entzücken über eine kleine deutsche Proyvinzial⸗Ausstellung nach all dem Glanze unserer letzten Weltausstellung sehr naiv finden. Es wäre mir aber nur willkommen, wenn man mich der Uebertreibung überführen wollte; dann wären doch wenigstens diejenigen, welche mir widersprechen wollen, hingegangen, um mit eigenen Augen zu sehen, und gerade darauf kommt es mir an.“

Rumänien. Bukarest, 15. Juni. (W. T. B.) Der Baudirektor der österreichischen Staatsbahn, de Seres, und der Comitèésekretär, Ronna, sind hier eingetroffen, um mit der rumänischen Regierung über den Bau einer 3weigbahn don Krajova nach der Donau zur Herstellung einer Verbindung der österreichifchen Eisenbahnen mit dem Orient zu verhandeln.

Nußland und Polen. St. Pete rsburg, 14. Juni. [W. T. B.) Die Feier der Enthüllung des Puschkin⸗ Denkmals ist nunmehr auf den 18. d. M. festgesetzt worden.

Schweden und Norwegen. Christiania, 10. Juni Hamb. Nachr.) Im Laufe der Verhandlungen des Stor⸗ things über den Vorschlag des Präfidenten Spverdrup, betreffend die Staatsrathssache, trat Prof. Aschehoug als Hauptrehner für diejenige Partei auf, welche behauptet,“ daß der König in Grundgesetzfachen abfolutes Veto habe. In nem vorzüglichen Vortrage wies er die Richtigkeit dieser Be⸗ hauptung sowohl vom juristischen als vom historischen Stand⸗ zunkte nach. Die Verhandlungen schlossen gestern mit der Annahme des Sverdrupschen Vorschlages. Der erste Theil des Vorschlages wurde mit 74 Stimmen gegen 40, der andere Theil mit 165 gegen 8 angenommen. Der erste Theil des Vorschlages lautet:

»Das Storthing erklärt und bestimmt, wie folgt: ;

Das Storthing hat im Anschluß an wiederholte Beschlüsse der Repräsentanten des Volkes und in Nebereinstimmung mit §. 112 des

rundgesetzes eine Grundgesetzbestimmung, betreffend die Theilnahme der Staatsräthe an den Verhandlungen des Storthings, genehmigt. Die Grundgesetzbestimmung lautet: Wenn die Verhandlungen des Storthings, übereinstimmend mit dem 5. 74 des Grundgesetzes, er⸗ öffnet sind, haben der Staats⸗Minister und die Staatträthe das Recht, im Storthing Sitz zu nehmen und in den beiden Abthei⸗ lungen desselben, gleich den Mitgliedern, jedoch ohne Stimme abzu⸗ geben, an den vorfallenden Verhandlungen Theil zu nehmen, sofern

diese bei offenen Thüren gehalten werden, aber in solchen Sachen, welche bei geschlossenen Thüren behandelt werden, nur soweit es das betreffende Thing gestattet. Diefe Bestimmung soll als Grundgesetz für das Königreich Norwegen gelten und unverbrüchlich befolgt werden.“

Der zweite und später hinzugekommene Theil des Vor⸗ schlags lautet: ̃ .

Der gefaßte Beschluß wird der Regierung mit dem Ersuchen übersandt, denselben in der für Bekanntmachungen von Grundgesetz⸗ bestimmungen vorgeschriebenen Weise bekannt machen zu lassen.“

Amerika. Washington, 19. Juni. (Allg. Sof) Beide Häuser des Kongresses sind übereingekommen, si am 16. d. M. zu vertagen. .

New⸗York, 10. Juni. Die nationale Greenback⸗ und Arbeiterkonvention, bestehend aus 650 Bevoll⸗ mächtigten, trat gestern in Chicago zusammen und vertagte sich bis heute. Die Demokraten von In diana haben ihre Bevollmächtigten für die in Cincinnati zusammentretende Konvention angewiesen, Mr. Hendricks Kandidatur für die Präsidentschaft zu unterstützen.

Der „Times“ wird aus Philadelphia gemeldet:

„Durch die Bemühungen des „Public Record“, reines hiesigen Journals, ist wahrscheinlich dem hier betriebenen Verkauf von falschen Doktor-Diplomen ein Ende bereitet worden. Der Eigenthümer des „Record“ hat seit mehreren Wochen Beweis- stücke gesammelt, indem sein City⸗Redacteur unter angenom menen Namen sich acht Doktor ⸗Diplome von der amerikanischen Universität in Philadelphia, dem Eelectie Medicinal-Kollegium von Pennsylvansen und der Livingstone⸗ Universität erwirkte. Döüies wurde mit Wissen der Regierungsbehörden gethan. Als Alles bereit war, wurden am Mittwoch Pr. John Buchanan, der Haupthändler in falschen Diplomen, und drei andere seines Ge⸗ lichters verhaftet und des Mißbrauchs der Post für ungesetzliche Zwecke sowie des Betruges angeklagt. Die in Buchanans Comptoir mit Beschlag belegten Papiere erweisen einen Verkauf von 3066 fal⸗ schen Diplomen, während sich noch ein großer Vorrath auf Lager befand. Buchgnans Hauptgeschäft bestand mit Deutschland; aber einige Diplome haben auch nach England ihren Weg gefunden. Seine Preise variirten von 65 bis 110 Bollars pro Diplom. Fast alle ausgegebenen Diplome waren antedatirt. Die Collegien Buchanans erhielten von der Legislatur Pennsylvaniens Korpora— tionsrechte, aber in Folge dieser Blosstellung werden ihnen dieselben wohl entzogen werden. Buchanan wurde gegen eine Kaution von 10 007 Dollars auf freiem Fuße belassen. . (

New⸗Hork, 11. Juni. Die demokratische Kon⸗ vention von Illinois sendet ungebundene Bevollmächtigte zur Konvention in Cinginnati, obgleich sie Mr. Seymours Kandidatur für die Präsidentschaft in hohem Grade begünstigt.

Chicago, 10. Juni. Die von der nationalen Greenbackkonvention angenommene „Platform“ schlägt die Abschaffung der Nationalbanknoten, die Emission von Greenbacks an Stelle der Nationalbanknoten, freie und un⸗ beschränkte Geldprägung sowie die Aufhebung des Burlingame⸗ vertrags mit China vor. Die Konvention hat Mr. Weaver zum Kandidaten der Partei für die Präsidentschaft und Mr. E. J. Chambers für die Vize⸗Präsidentschaft aufgestellt. Mr. Chambers ist auch von der Greenhacklkonvention von St. 8 zum Kandidaten für die Vize⸗Präsidentschaft aufgestellt worden.

Südamerika. (W. T. B.) Der Geschäftsträger der Republik Peru in New-HYork erhielt eine Depesche von dem peruanischen General⸗Konsul zu Panama, wonach Ta ena durch die Chilenen nach einem dreitägigen Kampfe einge⸗ nommen worden wäre. Auf beiden Seiten seien 8000 Mann außer Gefecht gesetzt und Taena darauf durch die verbündeten Armeen belagert worden. Montero habe dabei 1000 Chilenen zu Gefangenen gemacht, während es Leiva und Montero ge⸗ lungen sei, die chilenischen Truppen vollständig zu umzingeln.

Rio de Janeiro, 14. Juni. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten haben die chilenischen Truppen am 7. d. M. Aricg im Sturm genommen. Die Garnison wurde gefangen. Die peruanische Korvette „Manescapas“ wurde in den Grund gebohrt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Darm stadt, Dienstag, 15. Juni. Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist heute Vormittag 111 Uhr nach Wien ab— gereist.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Der Dr. med. Fackeldey aus Emmerich, Vertreter des 6. Düssel dorfer Wahlbezirks (Rees), ist an einer Lungenentzündung am 1II. d. M. Abends hier verstorben.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Verösffentlichunge n des Kaiserlichen Gesund ˖ heitsamts sind in der 23. Tahreswoche von je 1007 Be⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 33,0, in Breslau 29,0, in Königsber 28,1, in Cöln 23.9, in Frankfurt a. M. 26.8, in Hannover 2233, in assel 17,8, in Magdeburg 21,2, in Stettin 24,3, in Altona 29,8, in Straßburg 24,, in Metz in München 41,6, in Nürnberg 24,B7, in Aug burg Ik !, in Dresden 24,3, in Leipzig 21,1, in Stuttgart 24. 9, in Braunschweig 234l, in Karlsruhe 225,9, in Hamburg 23,5, in Wien 28, , in Buda—⸗ est 404, in Prag 45,1, in Triest in Krakau in Basel 27,6, n Brüssel 1,2, in Paris 26,6, in Amsterdam 23,5, in Kopenhagen 24,1, in Stockholm 23,6, in Christiania 20,5, in St. Petersburg 35, 8, in Warschau —, in Odessa 31,6, in Bukarest 26,5, in Rom 23 in Turin —, in Athen —, in Madrid in London 18,6, in Glasgow 21,3, in Liverpool 24,5, in Dublin 37,6, in Edinburgh 20, in Alexandrien (Egypten) 38,3. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗ Jork 23,3, in . 19,8, in St. Louis 148, in Chieago 19.2, in Cincinnati 19,6, in St. Franzisko 13,3, in Calcutta 30,6, in Bombav 33,5, in Madras .

Vom Beginn der Berichtswoche bis zum 2. Juni herrschten an den deutschen Beobachtungsstationen nördliche (nordöstliche und nord⸗ westliche Luftströmungen, die am 3. in Süd, und Westdeutschland schon am 2. in südliche und südwestliche und gegen Ende der Woche meist in nordwestliche, in Cöln und München in westliche Windrich⸗ tungen umgingen. Die Temperatur der Luft stieg im Laufe der Woche, besonders an den Oststationen, nahm aber gegen das Ende der Woche, zumal nach Entladung hir g zum Theil recht schwerer Gewitter, wieder ab. Der Gang des Luftdrucks war von Beginn der Woche an ein langsam aber stetig sinkender. Vom 4. Abends an stieg jedoch der Luftdruck wieder. . .

Die Sterblichkeits verhältnisse der meisten größeren europãischen Städte haben sich in der Berichtswoche wieder ungünstiger gestaltet. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 27,! von 30.5 der vorangegangenen Woche (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr gerechnet). Inßsbesondere hat der An

theil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit wieder abgenommen, so daß von 10,009 Lebenden aufs Jahr berechnet 100 Kinder unter 1 Jahr starben, gegen 118 der Vorwoche; nur in Berlin nahm

die Säuglingssterslichkeit erheblich zu und stieg auf 152 gegen 147 der Vorwoche.

Unter den Todetursachen erschienen von den Jafektionskrank—⸗ heiten nur das Scharlachfieber und die Pocken häufiger. Masern haben in Berlin, Chemnitz, Zwickau, Breslau etwas nachgelassen, in München, Spandau und namentlich in Dretden zugenommen. Auch in New YJork hertschen Masern in ausgedehnter Weise. Das Scharlachfieber gewann in Berlin und Aachen größere Ausdehnung, in Hamburg, London, Stockholm nimmt es ab. Diphtherie verlief meist milder, besonders in Berlin, Dresden, Wien u. 4. auch in Paris wurde die Zahl der Todesfälle kleiner, in Hamburg und Altona stieg die Zahl derselben. Typhöse Fieber waren in Paris vermindert, in Dertmund un? St. Petersburg vermehrt, auch zeigte sich daselbst der Flecktyphus häufiger, während daz Vorkommen def⸗ selben im Allgemeinen seltener wurde. Von den gemeldeten 8 Todesfällen aus deutschen Städten entfallen 3 auf Dortmund, 2 auf Thorn, je 1 auf Posen, Berlin und Braunschweig. Aus London werden 3, aus St. Petersburg 39 Flecktyphustodes fälle gemeldet. Der Keuchhusten trat in Kiel häufiger als Todesveranlassung auf. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder wurden im All—« gemeinen seltener; nur in Berlin stieg die Zahl der dadurch beding⸗ ten Todesfälle auf 1853, in St. Petersburg auf 88. Dle Pocken haben besonders in den österreichisch⸗ ungarischen Städten wieder mehr Dpfer gefordert, so in Pest, Prag, Triest, ferner in Dublin, Bukarest, Odessa und Venedig. In Wien, Paris, London, Alexandrien sank die Zahl der Todesfälle ein wenig. Auch in deutschen Städten mehrte sich die Zahl der an Pocken Gestorbenen. Von den 11 gemeldeten Todesfällen entfielen auf Beuthen 4, auf Görlitz 2, auf Memel, Königshütte, Landsberg a. W, Elberfeld. Berlin je J. Auch aus Kopenhagen und Barzelona wurde je 1 Pockentodesfall gemeldet.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In der Nacht vom 12. zum 15. starb hier nach längerem Leiden der Geheime Ober⸗Hof. Baurath Professor Johann Heinrich Strack, Hofarchitekt Sr. Majestät des Kaifers und Königs, im fast vollendeten fünfundsiebenzigsten Lebensjahre.

Mainz. 11. Juni, (Darmst. Ztg.) Unter den alter thüm— lichen Funden, welche in der Aufschüttung der Wälle am Gau— thor jüngst gemacht wurden, verdient ein kleines in Serpentin ge⸗ schnittenes Stempelplättchen Erwähnung, auf dessen Schnittflächen im Kehrsinne der Name eines Arztes mit Angabe medizinischer Mittel eingegraben ist. Wie von kundiger Seite versichert wird, ist der kleine Gegenstand in seiner Art von großem Interesse; er hat im hiesigen Museum bis jetzt nur ein Gegenstück. Die Schriftzüge sind von durch— aus regelmäßiger Bildung und sehr scharfer Ausführung. Es ist in der nächsten Zeit eine eingehende Veröffentlichung darüber zu erwarten. Die Frage wegen der Erhaltung der in geschichtlicher wie künst⸗ lerischer Beziehung merkwürdigen Reliefdarstellung des heiligen Mar⸗ tinus im Giebelfelde der Außenseite des Gauthores hat nunmehr einen höchst befriedigenden Abschluß dahin gefunden, daß die Festungs⸗ behörde das Bild an seiner ursprünglichen Stelle belassen und für entsprechende Herstellung Sorge tragen wird: ein Beschluß, der nur mit Dank und Freude zu begrüßen ist, da er nicht blos ein Denk— mal aus dem 17. Jahrhundert schont, sondern eine bis went ins Mittelalter zurückgehende Erinnerung bewahrt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

(Pra. Abdbl z. Dag in Böhmen im Jahre 1879 zum Ab— schusse gelangte Wild beziffert sich mit 58 616 Stück. Hiervon ent⸗ fallen auf das nützliche Wild 898 845 Stück und auf das schädliche Wild 59771 Stück. Von ersterem wurden 275 262 Stück Haar⸗ und 23 533 Stück Federwild, vom schädlichen 15792 Stück Haar— und 43 979 Stück Federwild erlegt. Beim nützlichen Wild war die größte Ausbeute an Rebhühnern mit 458033 Stück; diefen reihen sich Hasen mit 347 870, Fasanen mit 36 378, Kaninchen mit 11 358, Wildenten mit 9948, Wachteln mit 9050, Rehe mit 8253, Wald- schnepfen mit 4679, Schwarzwild mit 4470, Birkwild mit 3166, Dammwild mit 1726, Rothwild mit 1600, Moosschnepfen mit 904, Auerwild mit 558, Haselwild mit 540, Wildgänse mit 152, Schnee⸗ hühner mit 137 und Steinhühner mit 127 Stück an. Vom schäͤd. lichen Wild wurden 37 592 Habichte, Falken und Sperber, 58607 Iltisse, 5776 Krähen und Elstern, 2619 Füchse, 2371 Katzen, 1964 Marder, 975 Cichhörnchen, 582 Wieseln, 269 Nußhäher, 24h Dachfe, 231 Uhus, 204 Fischottern, 6 Adler und 5 Reiher abgeschossen.

Bu da pest, 12. Juni. (Pest. L) Auf die vielen vorhergegan⸗ genen Niederschläge ist eine völlig regenlose Woche mit fteigender Temperatur gefolgt. Der Thermometer ist allmählich von 18 Grad bis auf 28 Grad R. gestiegen, und hätte in den letzten Tagen nicht fortwährend eine feische Brise geweht, wäre die Hitze unerträg— lich gewesen. Soeben steigt ein mächtiges Hochgewitter auf, welches Regen und Abkühlung bringen dürfte. Leßtere ist dringend noth— wendig, wenn nicht die Getreidekörner schon in der Milch ge⸗ trocknet werden sollen. Rost und Brand scheinen heuer weniger zu drohen. Die natürlichen Wiesen sind in der Entwickelung ihres Graswuchses zurückgeblieben, was wohl dem zu heißen April und dem allzukühlen Mai zuzuschreiben sein dürfte. Die Heuernte ist demnach etwas verspätet und dürfte kaum eine besonders glänzende werden. Im Banat wurde mit dem Rapsschnitt begonnen, nur giebt es Lider nicht viel zu schneiden. Doch wird die Qualität des Produkts, den vorliegenden Mustern nach, eine um so schönere sein. Soweit sich die Aussichten für unsere Fruchternte, theils den offiziellen Berichten, theils Privatnachrichten zufolge, bis jetzt über blicken lassen, sind die Hoffnungen auf eine gute Mittelernte ganz berechtigt, selbstverständlich, wenn nicht im letzten Stadium groß artige Witterungsexzesse dazwischentreten. ;

Die bei der italienischen Regierung über den Stand der Saaten eingelaufenen neuesten Nachrichten lauten fast durch weg ausgezeichnet, und man sieht rücksichtlich aller Kulturen vorzüg⸗ liche Ernteergebnisse voraus, wobei nicht einmal der Weinbau aus- geschlossen ist, dem in gewissen Provinzen durch Hagelschläge und unmäßiges Regenwetter allerdings sehr empfindlicher, aber eben nur lokaler Schaden zugefügt wurde, so daß, wenn nicht verheerende Fröste im Qberitalienischen par tiell viele Weinberge betroffen hätten, in wenigen der früheren Jahre eine so gute Weinlese vorauszusehen war. Auch die Seidenzucht präsentirt sich unter den günftigsten Auspizien, und es bleibt in dieser Richtung nur zu wünschen übrig, daß keine weiteren plötzlichen Temperaturwechsel eintreten und dat gegenwärtige heitere Wetter anhalte, wie denn auch den Saaten nun⸗ mehr Sonnenschein und kein Regen nöthig ist.

Gewerbe und Sandel.

Die Deutsche Lebens, Pensions⸗ und Renten Ver sicherungs⸗Gesellschaft auf Gegenseitigkeit in Potls⸗ dam hielt am Sonnabend, den 12, ihre diesjährige ordentliche Ge⸗ neralversammlung ab, welche von etwa 110 Mitgliedern besucht war. Der Vorsitzende des Kuratoriums, Geheime Hofrath Bußler, erõff· nete die Versammlung bald nach 3 Uhr. Nachdem der erste Di. rektor, Geheimrath Matthiolius, den Jahresbericht für 1879 vorge—⸗ tragen und denselben ausführlich erläutert hatte, wurde der Verwal⸗ tung einstimmig die Decharge ertheilt. Eine die rechnungsmäßige Erwartung überschreitende Sterblichkeit hat die Erzielung eines Ueberschusses verhindert. Das Aktivvermögen der Gesellschaft hat sich im Jahre 1877 um den Betrag von 533 5035,73 S5 auf 45328 681,53 M erhöht. An neuen Versicherungen wurden abgeschlossen 420 Policen mit 9 414135 . Kapital und 559,50 M Jahreg⸗ rente. Der gesammte. Versicherungsbestand erhöhte sich auf 32259 Policen mit 55 333 395 M Kapital und 6113,60 M Jahres⸗ rente. Beim zweiten und dritten Gegenstande der Tagesordnung er. folgte die Wiederwahl der bisherigen Mitglieder des Kuratorlums auf sechs Jahre; ebenso wurden die bisherigen Revisoren auf drei Jahre zu Mitgliedern der Revisions⸗Kommisston wieder⸗ gewählt. Sodann ertheilte die Versammlung ihre Zustimmung zu der zur Abwendung eines Verlustes erfolgten Erwerbung eines Grundstücks. Der in der Tagesordnung demnächst . Antrag eines Mitgliedes auf Revision und Umarbeitung des Statuts und

Einsetzung einer Kommission hierzu wurde einstimmiz abgelehnt. Mit geschäftlichen Mittheilungen Über den bis jetzt recht guͤnstigen

00,0, 8. . = ĩ 3 * .

.

.