1880 / 147 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Jun 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Ueber das Vikingerschiff in Sandeherred (Norwegen) sind dem Aftenblad⸗ folgende weitere Nachrichten zugegangen:

Der Grabhügel, in welchem dieser bedeutsame Fund gemacht ist, muß schon durch seine ungewöhnliche Größe die Aufmerksamkeit auf sich ziehen; seine jetzigen Dimensionen sind etwa 450 Fuß im Umkreis und 16 Fuß in der Höbe; ursprünglich wird er höher ge⸗ wesen seiy. 8. wegen seiner Größe hat er den Namen Königshügel“ erhalten.

* das Schiff nunmehr ausgegraben auf dem Boden de;

ügels dasteht, macht es einen recht imposanten Eindruck. Und doch kieslge vielleicht die großartigen Umgebungen, der gewaltige Hügel und die das Grab umgebenden 5 —6 Ellen hohen Lehmwände, daß man jetzt noch nicht so leicht den vollen Eindruck der Größe erlangen kann; wenn das Schiff aus dem Hügel gebracht und noch mehr, wenn es unter Dach gekommen ist, wird man sehen, daß man es nicht mit einem Boofe, sondern mit einem wirklichen Fahrzeuge zu tbun hat, dessen Dimensionen zeigen, daß unsere Vorvater mit dem · selben die Wogen der Nordsee sehr wohl durchpflügen konnten. Man ist jetzt dabei, den Lehm an den Seiten des Schiffes fortzuschaffen und zugleich das Schiff, um es zusammen zu halten, zu unterbauen, so daß es aus dem Hügel fortgeschafft werden kann,

Die jüngsten Üntersuchungen haben einige interessante Auf⸗ klärungen gebracht, durch welche früher Mitgetheiltes berichtigt und vervollftändigt wird. Man wußte u. A. nicht, wie die Riemen wäh⸗ rend des Ruderns angelegt worden sind. Nachdem die Seiten des Schiffes bloßgelegt, fand man, daß runde Riemenlöcher in der ober⸗ sten starken Here bun der Schiffsseite angebracht waren, und zwar in einem Abstande von 2 Fuß 7 Zoll nach Innen und mit Ein⸗ schnitten im oberen Theil versehen, so daß die Riemenblätter durch⸗ pafsiren konnten, indem die Riemen von Innen hinaus gestegt wurden. An der inneren Seite befanden sich kleine zierlich gearbeitete Klappen, ver⸗ mittelst welcher die Riemenlöcher geschlossen wurden, falls man segelte. An der eigentlichen Schiffsseite waren jwei Ober⸗Relinge von Fünnem Material angebracht, welche an Verlängerungen von Schiffs⸗ rippen befestigt waren; die Ober ⸗Relinge neigten sich etwas nach dem Innern des Schiffes, machten aber doch den Eindruck einer

Höhe von mehr als 2

aben kann. dem Wasserspiegel, bemalt gewesen.

dargeboten haben muß.

Die Mitte des Schiffes wird von dem großen Block ausgefüllt, Letzterer hat nach hinten nie- dergelegt werden können; derselbe ist ziemlich schwer, in einer Höhe von 3 Fuß mißt er 3 Fuß im Umkreis; das untere Stück, welches an seinem Platze tand, hatte eine Höhe von fast 11 Fuß. Das ohere Stück, welches abgehauen im Fahrzeug lag, mißt 22 Fuß; falls kein Jwischenstück fehlt, ist die ganze Oöhe des Mastes etwaß uͤber 30 Fuß gewesen, was im Verhältniß zur Länge des Schiffes, 15 Fuß, nicht viel istz wahrscheinlich fehlt jedoch ein Zwischenstück. Interessant ist, daß vor dem Mastblock vie Üeberresse einer Spille (Winde) aufge⸗ funden worden sind, welche ohne Zweifel dazu verwendet worden ist,

in welchem der Mast angebracht war.

den schweren Mast zu heben und zu senken.

Ble hinter dem Maste angebracht gewesene Grabkammer ist jetzt niedergelegt, da die schweren Balken das Schiff drückten und die Fortschaffung in hohem Grade erschwert haben würde; jeder einzelne Balken ist jedoch numerirt, so daß das Ganze in seiner ursprünglichen Form zusammengesetzt werden kann, falls das Fahr⸗ gebrackt wird. Inkereffant ist es, den Einbruch der alten Grabplünderer zu sehen; die ganze Schiffsseite an der Backbordseite ist fortgehauen, die schweren Balken find vollständig durchschlagen; diese Plünderung muß schon in alten Zeiten geschehen sein, während die Tradition noch die Erinnerung an die Grabkammer urd deren Platz im Hügel

zeug nach seinem zukünftigen Aufbewahrungsort

aufrecht erhielt.

Ber im Fahrzeuge gefundenen losen Gegenstände haben wir Einiges über Besonderes Interesse Acht bis zehn Zoll breite

bereits Erwähnung gethan. Es mag hier nur noch

die geschnitzten Holzgegenstände gesagt werden. erregen die gefundenen Drachen köpfe.

über den Riemenlöchern, so daß das

ahrzeug auf dem Wasser gleichwohl nicht so ganz niedrig aus gesehen h Die Ober ⸗Relinge sind, gleichwie die Schiff sseiten über Nach Außen sind die Ober⸗ Relinge mit Schildern bedeckt gewesen, welche halb übereinander lagen, die Holzbekleidung der letzteren war abwechselnd gelb und schwarz bemalt, was, von der Seite gesehen, einen lebhaften Anblick

spielenden Zungen und offenen Rachen mit Reihen großer zum Theil sind sie mit lebhaften Farben bemalt. sind mehrere Ellen lang;

jeder Seite, befestigt.

Das Äuszraben bietet nicht geringe Schwierigkeiten dar.

Aufbewahrungsort gebracht ist.

Universität Christiania Aufnahme finden.“

Planken haben am Ende geschnitze phantastische Dan,,

ãhne; Diese Planken daß sie an den Steven befestigt gemesen sind, ist unzweifelbaft, aber es läßt sich noch nicht sagen, wie sie befeftig! waren. Die Drachenkspfe gebören paarweise zusammen; wahrscheinlich waren sie paarweise an den Stevenplanken, einer an

Die Mittheilungen über die in der Grabkammer gefundenen Beschläge zu Sattel. und Riemenzeug sind dahin zu berichtigen, daß die für Silber gehaltenen beiden Garnituren aus Blei sind. Ihrem ganzen Stile nach erweisen diese Bleibeschläge sich als etwas in un serer jüngeren Eisenzeit bisher Unbekanntes und Einzigdastehendes. Ich bin geneigt, sie in Verbindung mit der ostbaltischen jüngeren Gifenzeit zu bringen, welche meistens durch die livländischen Fund e und Fundorte bekannt geworden ist; es wäre möglich, daß der hier begrabene Vitinger sie auf einem Zug nach der Ostsee erworben hat.

Holzwerk, welches sich etwa ein Jahrtausend in dem feuchten Lehm so gut konservirt hat, ist, wenn es jetzt trocken n ird, sehr geneigt, zu reißen und sich krumm zu ziehen; bei der jetzigen dürren Witterung wird das Fahrzeug daher mehrere Male mit Wasser übergossen, zu welchem Zwecke man eine Feuerspritze aus Sandefiord requirirt hat. Die Relinge werden mit Tannenreifern bedeckt und die geschnitzt ; Holzgegenftände in feuchtem Moos oder im Wasser aufbewahrt zur Konservirung erwünschte Reinigung und vollständige Präparirung kann erst stattfinden, wenn das Fabrzeug nach seinem schließlichen

Wie fich denken läßt, hat der Fund überall in Norwegen und selbst im Auslande das grö ßte Interesse erweckt. Die Zabl der her⸗ beiströmenden Schaulustigen ist eire große gewesen; an einem der juͤngften Sonntage ankerken in der Nähe des Fundortes 13 Dampfer mit Besuchern. Das Fahrzeug soll im Alterthumt⸗Museum der

* ; n. Jaseratt fär den Deutschen Reicht 4. KRönlgl. Preuß. Staatz Anzeiger und das Gꝛntral⸗Handeltz⸗ register nimmt an: die stönlgliche Expeditton

Steckbriefe and Untersachangs-Srchen. gnbhastation en. Aufgebot, Torladungen n. dergl.

und Grosshanäũel.

Verschiedene Bekanntmachungen,

Deffentlicher Anzeiger ⸗n

Industrielle Etablissementa, Fahbriker

Invalidenbank !, Rudolf Mosse, SHaasenftein & Bogler, G. 2. Danbe & Co,, E. Schlott Büttner & Eginter, sowte alle übrigen größeren

Preußischrn Ktaatzs · Anzrigern: Berlin, 8. W. Wilhelm Straße Nr. 32.

1. der Aeutschen Reichs Anzeigers und Königlich z. . 4.

Verkänfs, Verpachtungon, nhriszisnen eto. Verlosung, Amortisation, Zinssablung

a. 3. v. Von bffentlichen Papieren.

Literarinohs Anzeig sn. Thes ter- Anzeigen.

In der Böraen-

Annsneen⸗Bnreans. 3

1 D . . D*

Fanrailie s- Nachricht.

d silage. *

Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.

Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Kellner Andreas Julius Kikritz, aus Bernburg im Her⸗ zogthum nhalt gebürtig, welcher sich verborgen hält, foll eine durch vollstreckbares Urtheil des Königlichen Kammergerichts zu Berlin vom 29. August 1878 erkannte Gefängnißstrafe von noch 2 Monaten und 9 Tagen vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichts gefäng des Ergreifungsortes abzuliefern. Berlin, den 22. Juni 18560. Königliche Staatsanwaltschaft beim Landgericht J. Beschreibung; Alter: 26 Jahre, Größe: 1,51 m, Statur: kräftig, Haare: dunkelblond, kraus, Stirn: hochgewölbt. Bart: dun⸗ kelblonder Schnurrbart, sonst rasirt, Augenbrauen: dunkelblond, Augen: blau, Nase: groß, Mund: ge⸗ gewöhnlich, Zähne: vollständig, Kinn; oval, Ge— ficht; voll, oval, Gesichtsfarbe: gesund. Sprache: deutsch. Besondere Kennzeichen: In der linken Leiste eine große rothe Narbe.

Steckbrief. Gegen den Kaufmann Bernhard Simon, geboren am 9. April 1880 in Stoly i. /P, wescher sich verborgen hält, soll eine durch vollstreck= bares Urtheil des Königlichen Kammergerichts zu

Berlin vom 18. November 1878 erkannte Gefäng⸗ nißstrafe von drei Monaten vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgefängniß des Ergreifungsortes abzuliefern. Berlin, den 21. Juni 1880. Königliche Staate anwaltschaft beim Landgericht J.

16308 Schiffer Gottfried Fink aus Düsseldorf soll er⸗ hebliche Angaben bezüglich des BKaubmords an Josef Pollak machen können. Ich bitte denselben auf Be⸗ treten eidlich über seine Wahrnehmungen einzuver⸗ nehmen. Mannheim, den 23. Juni 1880. Großh. Landgericht. Der Untersuchungsrichter II.

16230) Im Namen des Königs! In Sachen betreffend das von dem Schulvorstande zu Oster⸗ holz beantragte Aufgebote verfahren bezuglich der von der Wittwe des Bockschiffers Johann Friedrich Schmonsees, Meta, geb. Wohlers, in Osterholz und dem Landwirth Johann Mahnke aus 2Asterholz, 3. Z. in New⸗Jork, angekauften, in der Feldmark Dsterholz belegenen Grundstücke, erkennt das König liche Amtsgericht zu Osterholz durch den Amts— richter Meyer für Recht: Alle Diejenigen, welche dem Aufgebot vom 21. April 1880 zuwider im heutigen Termine Rechte der im Aufgebot bezeichneten Art an den daselbst genannten Grundstücken nicht ange⸗ meldet haben, werden hierdurch solcher Rechte im Verhältniß zum neuen Erwerber der ge— dachten Irn nen g. ve gti erklärt.

Meer. Beglaubigt: Bode, Gerichtsschreiber. Verkündet am 18. Juni 1880. Bode, Gerichtsschreiber.

Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ꝛe. (15792 Bekanntmachung.

Die Ausführung der Arbeiten und Lieferungen zum Bau einer Wegeüberführung mit hölzernem Ueberbau in Station 32,12 zwischen den Halte⸗ stellen Fangschleuse und Hangelsb erg, ,, auf zusammen ea. 9000 , soll in . Sub⸗ mission vergeben werden, und ist hierzu ein Ter- min auf

den 1. Juli d. Is., Vorm. 10 Uhr, vor der unterzeichneten Bienststelle anberaumt. Be⸗ zügliche mit der Aufschrift: ö „Submisston auf Herstellung einer Wegeüber⸗

verschene Offerten sind bis zum Termin bersiegelt und portofrei einzusenden. . .

Dle Submissionsbedingungen, das Preis verzeichniß nebst Offertenformular, sowie die Zeichnungen, liegen im dießeitigen technischen Bureau während der Bienststunden zur Einsicht aus, auch werden Folche daselbst gegen Erstattung der Kopialien auf Erfor⸗ dern abgegeben. Ein Cxemplar der Bedingungen 2c. liegt außerdem im Bureau des Vereins Berliner Bau⸗-Intereffenten, Wil helmstr. 92 / 9s, hiers elbst aus.

Berlin, den 14. Juni 1880.

Königl. Eisenbahn ˖ Betriebs ˖ Amt (Berlin · Sommerfeld), Koppenstraße Nr. 38 / 89.

16074 Bekanntmachung.

Der zum Bau des Dienstgebäudes det Ministe⸗ riums der geistl. ꝛc. Angelegenheiten, Unter den Linden Nr. 4, erforderliche Bedarf von

1000 Mille Hintermauerungssteinen

sollen in öffentlicher Submission vergeben werden.

Versiegelte Offerten mit der Aufschrift: „Sub. misston auf Hiutermauerungzsteine sind nebst den Proben an das Bauburegu, Unter den Linden 4, portofrei bis zum 29. Juni 1880 Vormittags 11 Uhr, einzureichen, zu welcher Zeit der Termin stattifindet. r l

Die allgemeinen und speziellen Bedingungen sind im Baubureau und beim Berliner Baumarkt ein⸗

16022 Bekanntmachung.

Die Maurer⸗, Dachdecker und Anstreicherarbeiten inkl. Material ⸗Lieferung zur Ausführung der Bau⸗ reparaturen pro 1880 bei dem Filial / Artillerie Depot zu Wittenberg sollen im Submissionswege vergeben werden, wozu ein Termin auf

den 2. Juli 1880, Vormittags 11 Uhr, im diesseitigen Büreau anberaumt worden ist,.

Post mäßig verschlossene Offerten sind mit der Aufschrift „Baureparaturen in Wittenberg / bis zu dem genannten Termine franco hierher einzu⸗ enden. - Die Kostenanschläge und Bedingungen liegen im Bureau des Filial. Artillerie⸗ Depots zu Wittenberg zur Einsicht aus, können auch gegen Kopialien von dort abschriftlich bezogen werden.

Artillerie Depot Torgan.

iss10) Bekanntmachung.

Im Wege der öffentlichen Submission sollen:

74 fieferne Bettungsbohlen à 3m lang, 30 em

breit und 8 em stark,

33 kieferne Bettungsrippen à 4,5 m lang,

O, Hz em C),

13 dergleichen A 6 m lang;. 0, Ils em Gg beschafft werden, wozu ein Termin auf den 12. Juli er, Vormittags 11 Uhr, im diesseitigen Bureau angesetzt worden ist. .

Postmäßig verschlossene und mit der äußeren Auf⸗ schrift: Submisston auf Bettungshölzer. ver. schene Offerten sind bis zum genannten Zeitpunkte an das unterzeichnete Artillerie ⸗Depot einzureichen, woselbst die Bedingungen zur Einsicht ausliegen, welche auch gegen Esstattung der Kopialien bezogen werden können.

Artillerie · Depot Torgan. (156445 Sunubmission auf die Lieferung von 3450 Bettungs bohlen à 3m lang, 30 em breit, 8 em stark, 1786 Rippenstücke à 09 m lang, 16 gem stark, 9g61 Rippenstücke à 0, m lang, 16 em breit, 8 em stark, . sämmtlich von Kiefernholz, am 5. Jull d. J., Vormittags 10 Uhr, im Bureau des Artillerie ˖ Depots, wo die Lieferungs⸗ bedingungen eingeseben, auch gegen Einsendung von 1,50 MM bezogen werden können. Cöln, den 15. Juni 1880.

liste) Bekanntmachung.

Die zu dem Neubau des Garnison ⸗Lazareths in Neu. Ruppin erforderlichen: 1) Glafer⸗Arbeiten veranschlagt auf 1430 67 8 27 Maler⸗ und Anstreicher ˖ Arbeiten, veranschlagt auf. J m

3) Schieferplattenlieferung, veran⸗ , sollen in öffentlicher Submission an den Mindest⸗ fordernden vergeben werden. . Die Bedingungen und Kosten-Anschläge liegen im Bureau des Garnison-Lazareths, sowie auf dem Berliner Baumarkt, Wilhelmstraße 983/93 zur Ein sicht aus und können auch gegen Erstattung der Kopialien bezogen werden. . Versiegelte und mit entsprechender Aufschrift ver— sehene Offerten sind bis zum 5. Juli er., Vor⸗ mittags 10 Uhr, franeo einzusenden, zu welcher Zeit die Eröffnung in Gegenwart der erschienenen Submittenten erfolgen wird. Nen⸗Ruppin, den 22. Juni 1880.

Königliches Garnison ˖ Lazareth.

——

Verloosung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffentlichen Papieren.

16129 . . . Angermünde⸗Schwedter Eisenbahn.

Die laut Beschluß der Generalversammlung vom 21. Juni er. auf 1,750 o festgesetzte Dividende für das Geschäftsjahr 1879 auf die Stamm ⸗Priori⸗ täten unserer Gesellschaft kann gegen Vorlegung und Abstempelung des Dividendenscheins Nr. 7 (efr. §§. 18, 19 des Statuts) vom 1. Juli ab in Berlin bei der Coupons⸗ Kasse der Berliner Handelsgesellschaft während der üblichen Geschäftsstunden mit 10 4 50 3 erhoben werden.

Die Dlvidendenscheine sind arithmetisch geordnet, mit Nummernverzeichniß versehen, einzureichen.

In derselben Versammlung wurde von den Schuld verschr:ibungen

die Nummer 2 über 3000 M zur Rückzahlung am 1. Juli gezogen.

Die Rückzahlung erfolgt gegen Rückgabe der Obligation nebst den dazu gehörigen, noch nicht fälligen Coupons nach dem 1. Juli er. bei der Ber⸗ liner Handelsgesellschaft, bei welcher von diesem Tage ab auch die Ziasen der übrigen Schuldver— schreibungen gegen Einlieferung des Zinsscheins

Nr. mit 150 ½ pro Stück zur Auszahlung gelangen. Schwedt, den 22. Juni 1880.

Der Aufsicht ruth

er Angermünde Schwedter Eisenbahn ⸗Gesellschaft.

un Rostocker Bank.

Aus den Verhandlungen der Generalversamm⸗ lung der Aktionäre der Rostocker Bank vom 19. d. M., in welcher 873 Aktien mit 90 Stimmen vertreten waren, wird statutenmäßig das Nach—

Berichts wörtlich wie folgt ausgesprochen hat;

Artillerie · Depot.

führung in Station 82,12 der Niederschlesisch⸗ Märktischen Eisenbahn“

Spezialbericht sub B. erweiset, bei der dies jährigen Revision so wenige und geringfügige Monituren zu stellen gehabt, und haben uns andererseits so vollständig überzeugt, daß die ganze Leitung und Verwaltung des Geschäfts mit vorzüglicher Umsicht und Tüchtigkeit aus—⸗ geführt ist, daher wir nicht blos die Erthei—⸗ lung einer Decharge empfehlen müssen, sondern uns auch gedrungen fühlen, in beiden Beziehun⸗ gen ein besonderes Lob auszusprechen.“ Die Ertheilung der Decharge an den Verwal—⸗ tungerath und an die Bankdirektion für das ab— gelaufene Rechnungsjahr ist denn auch beschlossen. Nach der Rechnungs ⸗Vorlage der Direktion be⸗ trägt der Reingewinn des abgelaufenen Geschäfts—⸗ jahres, nachdem bereits eine Abschlagsdividende von 460 des Aktienkapitals, gleich 240 000 „M gezahlt ist, die Summe von... . a6. S6 4271,22 Hiervon gehen zunächst ab: 15 die Tantioõme des Verwaltungt⸗ raths und der Di⸗ rektion mit Mt. 3 035,40 2) die statutenmäßige Dotirung des Re— . . ; K bleiben 6 64 530,52 Die Direktion hat proponirt; 1) davon für dubiöse Debitoren Konto abzu⸗ H . 2) an die Aktionäre zu vertheilen eine Super Dividende von 5s / g oder 5 M per Aktie, gleich . . 50 000 3) auf neue Rechnung , 350, 52

servefonds mit.

S. 64 530, 52 Dieser Antrag ist im Beihalte der Befürwortung der Revisionscommitte zum Beschlusse erhoben, und wird demzufolge eine Superdividende von o des Aktienkapitals vertheilt werden, welches sich also im verflossenen Verwaltungejahre mit 450 ver⸗ zinset hat. Der Reservefonds der Bank betrug 250 000 M , und belaͤuft sich jetzt auf 267 855 (60 36 8. ö Die Reihe des Austritts aus dem Ausschusse traf dieses Mal die Herren Kaufleute Emil Beck mann, W. Lange, Martin Petersen, W. Scheel und den Herrn Bau⸗Inspektor Saniter, sämmtlich zu Rostock. Die Vorgenannten sind durch abfolute Majorität wiedererwählt, und haben die Wahl angenommen. (H. M888.) Rostock, den 19. Juni 1880. Der Verwaltungsrath der Rostocker Bank.

(16311 Bekanntmachung. .

Von den auf Grund des Allerhöchsten Privile⸗ giums vom 6. Juni 1874 ausgegebenen 4 dso Insterburger Stadtobligationen III. Emission find in heutiger Magistratssitzung folgende Num— mern zur Einlösung gezogen worden:

4 583 89 171 174 202 221 222 227 236 267 341 343 345 357 363, überhaupt 16 Stück à 600 M6 9600 6.

Dlese Kapitalsbeträge werden den Inhabern der Obligationen hierdurch mit der Aufforderung ge⸗ kündigt, dieselben gegen Rückgabe der Schuldoer— schreibungen nebst Talons und Zinsscheinen Ler späteren Fälligkeitstermine am 2. Januar 1881 bei unferer Stadthauptkasse in Empfang zu nehmen, indem mit dem 31. Dezember d. J. die Verzinsung aufhört. .

Ber Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird von dem Kapital in Abzug gebracht.

Insterburg, den 17. Juni 1880.

Der Magistrat.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel Druck W. Elg mer.

Fünf Beilagen

Berliun

„Im Uebrigen haben wir, wie der beifolgende

(einschließlich Börsen · Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Käniglich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

* 117.

Berlin, Freitag, den 25. Juni

100.

Aichtamtlich es.

Preußen. Berlin, 25. Juni. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (83.) Sitzung setzte das Haus der Ab⸗ geordneten die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Abänderungen der kirchenpolitischen Ge— setze, mit der Diskussion des Art. 19 fort. Nach dem Abg. ann, von Heereman ergriff der Minister der geistlichen ꝛc.

ngelegenheiten von Puttkamer, wie folgt, das Wort:

Meine Herren! Ich muß anerkennen, daß ich in einer Digkussion wie die gegenwärtige mich den Herren vom Centrum gegenüber von vornherein in einer ungünstigen Lage befinde; Sie können, wenn Sie über diese Angelegenheit der weiblichen Kongregation sprechen, appel⸗ liren und ich stehe gar nicht an zu sagen; mit Rect appelliren an die edelsten Gefühle, die die menschliche Brust bewegen.

Ich muß, indem ich mich auf den Staatsstandpunkt stelle, fest⸗ halten an der staatlichen und von dem preußischen Staat als solcher anerkannten Nothwendigkeit, und das bringt mich allerdings von vornherein in eine Lage, die gerade nicht angenehm zu nennen ist. Namentlich wenn der Hr, Abg. Reichensperger an die Ritterlichkeit der in der Regierung befindlichen Personen avpellirt, um die Be— handlung der Orden auf eine andere Basis zu stellen, so ge— stehe ich ganz offen, daß das für mich ein sehbr starker Stachel ist, denn ich hasse nichts mehr, als die Möglichkeit des Vorwurf: Mangel an Ritterlichkeit weiblichen Ordens kongrega—⸗ tionen gegenüber, die sich den edelsten und humansten Zwecken der Menschheit widmen.

Meine Perren! Ich will sogar noch einen Schritt welter gehen. Ich gestehe für meine Person ganz offen, daß ich es für richtig halte, der katholischen Kirche als solcher die Orden nicht in ihrer Tota— lität vorzuenthalten. Die Ordensthätigkeit bildet nun eine wesent⸗ lich eigenthümliche und natürliche Lebenkäußerung der Kirche. Es fragt sich nur, auf welchen Gebieten der Staat seinen Interessen zu⸗ nächst im Stande und rerpflichtet ist, dieser Thätigkeit Raum zu geben; und da hat nun die preußische Gesetzgebung, auf deren Boden ich selbstverständlich stehe und stehen bleibe, die ganze erziehliche und unterrichtliche Seite den Kongregationen abgeschnitten, wir haben es zu thun mit den Krankenpflegeorden. Von diesem Standpunkt aus, meine Herren, sage ich, sollte das Centrum die Vorschläge, die wir in dieser Gesetzesvorlage bringen, mit Freuden begrüßen, denn sie enthalten im Wesentlichen Punkte gerade eine Milderung und Abstellung derjenigen Uebelstände, gegen die auch der Herr Ab geordnete Frhr. ven Heereman in seinen letzten Aeußerungen ganz wesentlich polemisirte. Es dürfte also ein großer Theil der Aus— führungen, die sowohl Hr. Reichensperger als Hr., von Heereman gemacht haben, diesem Artikel der Vorlage gegenüber in der That gegenstandslos sein. Denjenigen Beschwerden, ich will nicht sagen allen, aber einen großen Theil welche wir heute gehört haben, will, soweit wir sie als berechtigt anzuerkennen vermögen, der Artikel 10 der Vorlage Abhülfe verschaffen.

Nun kann ich mich, glaube ich, für die heutige Diskussion dar⸗ auf beschränken, nicht die Vorlage zu motiviren, denn ich nehme an, sie wird vom ganzen Hause anerkannt, und wenn ich mir die Redner⸗ liste ansehe, die vor mir liegt, und für die Vorlage nur einen Redner finde, so ziehe ich meinestheils nicht daraus den Schluß, daß die Herren von jener Seite (links) des Hauses dem Artikel 10 ihre Genehmigung ver⸗ sagen wollen. Ja, nach der Rednerliste kann ich es nicht anders annehmen; ich hätte allerdings gewünscht, daß mir in der Diskussion auch von jener Seite (links) des Hauses einige Unterstützung zu Theil würde, während ich jetzt allerdings ganz allein eintrete.

Also, meine Herren, für die Vorlage plädire ich nicht, sondern ich will nur ganz kurz motiviren, weshalb die Regierung glaubt, den Abänderungsvorschlägen, welche die Herren aus den Reihen des Cen— trums gestellt haben, nicht zustimmen zu können.

Wenn also zunächst die Ausdehnung der weiblichen Ordensthätig keit verlangt wird, auch auf die Waisenpflege, so müssen Sie mir doch von vornherein zugestehen, daß dieser Vorschlag aus dem Rahmen der Krankenpflege herausfällt, Sie können durch keine Deduktion und durch keine Dialektik es dahin bringen, die Waisenpflege zu subsum⸗ miren unter die Krankenpflegethätigkeit, und deshalb werden Sie mir nicht verübeln, wenn ich erklären muß: die Regierung kann auf diesen Boden nicht treten, weil sie sich eben von dem n nn Boden nicht entfernen kann, ö. ö nur auf die Krankenpflege beschränkt blei⸗ en muß.

Dann wird verlangt in einer Reihe von Amendements, daß die⸗ jenige Staatsaufsicht, welche wir glauben festhalten zu müssen, in Bezug auf die Krankenpflegerorden gelockert werde, und Hr. von Deereman hat ja ein Bild davon entrollt, in wie hohem Maße die Staatsaufsicht diese segensreiche Thätigkeit der Kongregationen nicht nur erschwere, sondern sogar zu vernichten drohe. Meine Herren, dies ist gerade der Punkt, in welchem die Staatsregierung die Rich tigkeit der von jener Seite vor mir angeführten Gesichtspunkte be— streiten muß. Die Aufsicht, welche der Staat in dem . von 1875 über die Orden und ihre Thaͤtigkeit etablirt hat, ist keine solche, daß die Kongregationen in ihrem Nerv, in ihrer wirklich humanen Thätigkeit irgendwie auch nur behindert wären. Ich glaube, meine Herren, die Praxis wird das durchaus bestätigen.

Hr. von Heereman sagte zunächst, es ist doch geradezu unerhört, selbst bei einer bloßen Versetzung aus einer Niederlassung in die andere eine, wenn auch nur nachträgliche Kenntnißnahme der Regie⸗ rung zu fordern. Es liegt vor mir ein Formular für solche Ver⸗ d, . Erstens braucht die Anzeige nur allmonatlich zu geschehen, keineswegs für jeden einzelnen Fall, und dann enthalten die ganzen Rubriken lediglich statistische Bemerkungen. Vor⸗ und Zuname, Ordensname, Stellung im Orden, Jahr und Tag der Geburt, In⸗ digenat, Zeit des Eintritts, Versetzung aus der Niederlassung A. in die B., Grund der Versetzung und Thätigkeit in der Niederlassung. Diese letztere Rubrik hatte lediglich den Bezug und Zweck, zu einer Zeit, als eine große Anzahl von Orden und Kongregationen noch die doppelte, die erziehliche und die Krankenpflege übten, zu unterscheiden, welchem Zweck der Kollektivthätigkeit das einzelne Mitglied diente; nachdem die erziehlichen Niederlassungen aufgehört haben, fällt diese Rubrik überhaupt fort. Was den Grund der Versetzung anbetrifft, so ist die ausdrückliche Verfügung ergangen, daß diese Rubrik unaug⸗ gefüllt bleiben kann, diejenige Kongregation. der es unangenehm ist, diese Notiz zu geben, macht einfach einen Strich. Sie werden mir zugeben, es kostet etwas Papier und Tinte, aber absolut weiter nichts, es enthält keine materielle ,. irgend welcher Art.

Was nun die Aufnahme betrifft, so muß ich ja anerkennen, daß der Gesichtspunkt, den Hr. von Heereman zur Sprache brachte, ein sehr wichtiger ist. Ich habe ihm gegenüber auch bereits bei der Etatsberathung hervorgehoben, aus welchen Gründen die Regierung das Gesetz nicht anders auslegen zu konnen glaube, als daß die Staatsaufsicht, wenn sie in der That von Wirkung und von einer gewissen Garantie für die Staatsinteressen sein soll, doch so weit wird gehen müssen, daß die Aufnahme des Mitgliedes der staatlichen Genehmigung unterliegt. Und nun, meine Herren, erlauben Sie mir doch eine Frage: Wie kommt es denn, daß gerade die einfluß⸗ reichsten, ich möchte sagen die mächtigsten Krankenpflegeorden keinen Anstand nehmen, indem sie eben den humanen Zweck ihrer segent⸗

teichen Thätigkeit höher ftellen wie irgend einen systemat ischen

Widerstand gegen die Staatsgesetze, keinen Anstand neh men, sich den einfachen Kontrolvorschriften ohne alles Be— denken zu fügen. Ich werde, weil es in der Kommission

vorgekommen ist und es interessant genug ist, davon noch einmal Kenntniß zu nehmen, eine Erklärung vorlesen, die in der That für diese Seite der Sache in hohem Grade charakteristisch ist. Die Herren wissen jedenfalls, daß die ausgebreitetste, und ich darf wohl sagen, mit dem größten Segen verbreitete Genossenschaft, die⸗ jenige der barmherzigen Brüder in Schlesien ist. Ich habe selbst diese Kongregation zu betrachten Gelegenheit gehabt und kann be⸗ haupten, daß kaum in der ganzen Christenhest eine Genossenschaft mit solcher Hingebung und Aufopferung wirkt, wie dieser Orden, der vom ersten Augenblick des Gesetzes an ohne allen Anstand sich den Aufsichtsvorschriften gefügt hat. Dafür ist ihm aus den Reihen seiner eigenen Glaubens genossen eine sehr starke Kritik zu Theil ge⸗ worden, man hat darin den Abfall von den dogmatischen Grund⸗ sätzen der katholischen Kirche in so hohem Maße behauptet, daß gegen den ehrwürdigen Prior des Mutterhauses zu Breslau die allerheftigsten Anfeindungen Laraus entstanden sind. Was hat der Prior hierauf geantwortet? Er hat öffentlich erklärt:

„Von einer längeren Berufsreise zurückgekehrt, bin ich erst heute in, der Lage, die schweren Verdächtigungen und argen Verun—⸗ glimpfungen zurückzuweisen, welche die „Schlesische Volkszeitung“ in den Nummern vom 11. und 18 d. unserem Orden zugefügt hat. Ich erkläre hiermit in der bestimmtesten Weise, daß Seitens des Ordens der Regierung nichts geschehen ist, was unserem Gewissen, den Satzungen der Kirche und den Regeln des Ordens auch nur im Geringsten zuwider ist. Zugleich hoffe ich, daß durch derartige Verdächtigungen das Vertrauen in nichts erschüttert werden kann, dessen der Orden sich in so ehrenvoller Weise seit Jahrzehnten in der weiten Diözese erfreut.“ , .

Wenn ich das nun vergleiche mit der Lage der Akten, nach welchen allmonatlich die Versetzungsanzeigen und in den Fällen der Aufnahme eines Mitgliedes der Antrag auf Genehmigung von den barmherzigen Brüdern regelmäßig erstattet werden und der ehrwür⸗ dige Woiwode sagt:

Ich erkläre, daß nichts geschehen ist, was den Satzungen der

, ,,,,

fo heißt das doch nichts anderes als: diejenigen Kontrolvorschriften, welche das Gesetz 18756 enthalten, sind den Satzungen der katholischen Kirche und meinen Ordensregeln nicht zuwider. Meine Herren, wenn dieser Orden und ich könnte noch eine ganze Reihe anderer Orden nennen, ich unterlasse das aber, um keine unangenehmen Friktionen hervorzurufen für die Betheiligten wenn diese Orden kein Bedenken tragen, vielleicht schweren Herzens, aber doch faktisch sich den Kontrolvorschriften zu unterwerfen, dann werden Sie mir die Frage erlauben, kann man diesen Vorschriften eine so vernich⸗ tende und umstürzende Bedeutung beilegen, wie das heute von der Centrumsfraktion und bei früheren Anlässen geschehen ist? In der 4 tragen die Aufsichtsvorschriften diesen Charakter in keiner

eise.

Es, ist nun darauf hingewiesen, daß die, zerstörende Wir kung dieses Gesetzes sich in den hinkenden Ziffern der Nieder— lassungen in schreckbarer Weise geltend macht. Meine Herren, wenn ich die vor mir liegenden authentischen Zahlen vergleiche, so ist die Wirksamkeit des Ordensgesetzes, einschließlich der Aufhebung der erziehlichen Niederlassungen, deren eine große Anzahl waren, bisher folgende gewesen: Es bestanden bei Erlaß des Gesetzes geist⸗ liche Genossenschaften, also solche, die sowohl Erziehung wie Krankenpflege betrieben, 26, und Niederlassungen 946, und zwar waren davon Mutterhäuser 84, und Zweigniederlassungen 862. Nach Einführung des Gesetzes blieben bis zum heutigen Tage also nur ausschließlich der Krankenpflege gewidmete Genossenschaften 36, und Niederlassungen 609. Meine Herren, das ist doch eine sehr stattliche Anzahl, und wir haben ja durch die Novelle, wie wir sie hier vor- legen, den lebhaften Wunsch, diese Anzahl noch erheblich vergrößer zu seben, denn ich erkläre nochmals, der Staat sieht auch sein Inter esse daran, daß die freiwillige Krankenpflege sowohl Seitens der katholischen, als Seitens der evangelischen Kirche in möglichst aur— giebigem Maße betrieben werde.

Also, meine Herren, wenn Sie sich begnügen mit dem, was wir Ihnen zur Zeit bieten können, das heißt also mit dem bisher durch die Gesetzgebung anerkannten Gedanken der legitimen Thätigkeit der krankenpflegenden Orden, dann würden Sie einen wichtigen Akt, ich will von Ihrem Standpunkte sagen, aller⸗ dings der Selbstverleugnung begehen, aber Sie werden dem Interess⸗ Ihrer Kirche und Glaubensgenossen einen wesentlichen Dienst leisten und ich darf deshalb auch die Herren vom Centrum bitten sich dem übrigen Hause, welches, wie ich hoffe, Artikel 10 unter Ablehnung der dazu gestellten Amendements annehmen wird, anzuschließen.

Der Abg. von Eynern erklärte sich für die Beibehaltung des Artikels 10. Er werde sogleich dem Wunsche des Kultus⸗ Ministers bezüglich der Ansicht seiner Partei über Artikel 10 nachkommen. Er habe natürlich erwartet, daß seine vorgestrige Rede dem ultramontanen Rosse, welches das Centrum reite, ein starkes Futter zuführen werde, er hoffe, daß es gut verdaut werde, vermuthe aber, daß das Roß dadurch nicht fetter werden werde. Was die Intelligenz in den Rheinlanden betreffe, so habe er neulich nur ausgeführt, daß seine Partei die untere Bevölkerung in ihre Anschauungen hineinzuziehen bestrebt sei, daß das aber schnell gehen werde mit denen, die nach Marpingen gingen, habe er auch nicht geglaubt. Der Abg. Reichensperger habe darauf hingewiesen, daß das Klosterwesen in England voll⸗ lommen frei sei., Er habe ja vorgestern gesagt, daß die Ka⸗ tholiken in der Minderheit nette Leute seien, aber Mißbräuche würde das Gesetz treffen wie der Blitz. Wenn in dortigen Zeitungen Mittheilungen ständen, wie in deutschen bezüglich eines Vorfalls in Münster, so würde in England, sofort eine amtliche Untersuchung eingeleitet und öffentlich Auf⸗ klärung gegeben werden. Der Abg. Stöcker habe auf den Vorgang in Tirol hingewiesen und sich durch die Aeußerung des Abg. Windthorst sehr befriedigt erklärt, der die beiden Kirchen als Schwesterkirchen bezeichnet habe. Er erinnere den Abg. Stöcker daran, daß der römische Gelehrte Perone, welcher die Sätze des Syllabus zusammengestellt habe, in seinem Katechismus Folgendes gelehrt habe: „Die Protestanten seien der Abschaum der Buüberei und Unsittlichkeit in jedem Lande, die Beguͤnstiger desselben seien auf dem religiösen Gebiete das, was die Pestkranken auf dem physischen. Er wünsche dem 3 Stöcker in seinem Familienleben eine liebenswürdigere Schwester. Bezüglich des Artikel 10 habe er für den größten Theil seiner politischen Freunde die Erklärung abzugeben, daß seine Partei für denselben stimmen werde, und zwar deswegen, weil sie den realen Bedürfnissen des Volkes, welchem kirchliche Organe entgegenkämen, gern Befriedigung gewähren wolle. Der Kampf seiner Partei gelte nur der Uebermacht der römischen Kirche, niemals aber wolle er sich gegen die seelsorgerischen und religiösen Bedürfnisse des Volkes wenden.

eme . ,.

Der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst bemerkte, das Roß,

welches der Vorredner dem Centrum vorgeworfen habe, sei wenig geschmackvoll; wenn der Vorredner sein liberales Roß so weiter tummele wie bisher, werde es denselben bald ab⸗ werfen. Der Abg. von Eynern sage: Die Katholiken wären in der Minorität nette Leute nun die Katholiken seien in Preußen in der Minorität! Sollte die von dem Vorredner zitirte Stelle aus dem Katechismus von Perone richtig sein, so mißbillige er sie sehr. Schon gestern hätten die Zeitungen gemeldet, daß die vom Vorredner besprochene Klostergeschichte in Münster erfunden resp. entstellt sei. Der Kultus⸗Minister be⸗ tone immer seinen Staatsstandpunkt. Welches sei dieser und wie weit lasse derselbe Aenderungen der Maigesetze zu? Das sei unklar. Der Staat habe nicht nur die mit Erzie⸗ hung sich beschäftigenden Orden aufgelöst, wie der Minister be⸗ haupte, sondern auch die mit Gebet und mit der Kunst sich beschäftigenden die letzteren hätten wahre Kunstwerke in Paramenten für Kirchen und Kapellen angefertigt. Die Kontrole, der man die Krankenpflegeorden unter—⸗ werfe, sei schlimmer als die Ausweisung, und diese Kon⸗ trole werde auch durch diese Vorlage nicht beseitigt. Die Er⸗ klärung des Priors der schlesischen barmherzigen Brüder be⸗ weise Nichts, denn zu einer solchen sei nur die dem⸗ selben vorgesetzte bischöfliche Behörde berechtigt. Andere Krankenpflegeorden unterwürfen sich dieser Kontrole, die schärfer sei, als sie gegen Vagabonden geübt zu werden pflege, nicht, daher nehme die Zahl der krankenpflegenden Ordens— leute immer ab, so daß sie den vorhandenen Bedürfnissen nicht mehr genügten. Statt 350 neuer Mitglieder müßten wenigstens 2090 seit Erlaß der Maigesetze eingetreten sein, um das Bedürfniß zu befriedigen. Die Zahl der 609 Nieder— lassungen sei nicht so groß, man zähle jedes Hospi⸗ tal mit einer oder zwei Schwestern als Niederlassung. Zu viel könne man von diesen edlen Personen für Zeiten der Epidemien und Kriege nie bekommen. Jetzt erschöpften die wenigen noch vorhandenen ihre Kräfte vor der Zeit, ihre In⸗ firmität nehme zu, neue Mitglieder träten nicht ein, auch die krankenpflegenden Orden würden durch die Maigesetze und selbst nach dieser Vorlage zum Aussterben gezwungen. Ge⸗ wisse Erleichterungen in der Kontrole seien erst vom Minister von Puttkamer getroffen, sie ständen aber für die Zukunft in der diskretionären Gewalt des jeweiligen Ministers und seiner Beamten, welche dieselbe zur Erzwingung anderer Konzessio⸗ nen stets benutzen könnten. Er bitte deshalb seine Anträge anzunehmen. Der Abg. Stöcker behandele die Katholiken mit Wohlwollen, sei aber noch von vielen Vorurtheilen gegen die⸗ selben erfüllt. Der Abg. Stöcker sollte statt Mitleid mit den ausgewiesenen Ordensleuten Gefühl für das verletzte Recht, für die verletzte Gleichheit der Katholiken vor dem Gesetze haben. Was man den Freimaurern gestatte, die Vereins⸗ freiheit, sollte man auch den katholischen Orden gestatten. Der Abg. Stöcker sollte sich nicht auf die Autoritäten Choiseuls und anderer Staatsmänner berufen, welche den Papst zu der später von demselben sehr bedauerten Auflösung des Jesuiten⸗ ordens gedrängt hätten, der Abg. Stöcker soll eher an Friedrich II. denken, der die Jesuiten in Preußen aufgenommen habe. Wenn der Abg. Stöcker sich gegen die Maßregeln in Tirol ausgesprochen habe, so verweise er den⸗ selben auf die drakonische Gesetzgebung gegen die Ka⸗ tholiken in Mecklenburg und Schweden. In Eng⸗ land sei man gegen die Katholiken gerechter, obwohl für Eng⸗ land das katholische Irland ein wunderer Punkt sei, als für Preußen ein katholischer Landestheil. Die Konservativen zeig⸗ ten den Katholiken Wohlwollen, zögen aber der Bewährung desselben eine Grenze durch den Willen der Staatsregierung, von dem sie sich zur Zeit nicht trennen möchten. Er wünsche, daß die Konservativen sich dazu aufrafften, ihren wohlwollen⸗ den Absichten gegen die Katholiken jetzt sofort vollen Ausdruck u geben und nicht die Waffe, mit der seine Partei jetzt ge⸗ e, werde, nur in das Zeughaus zu stellen. Das Gesetz gegen die Klöster und namentlich gegen die barmherzigen Schwestern sei die bitterste Erscheinung des Kulturkampfes. Als der Kulturkampf angefangen habe, habe er gesagt, es ständen Dragonaden bevor. Man habe ihm damals wider⸗ sprochen. Was indeß geschehen sei, sei schlimmer als die Dra⸗ gonaden in Frankreich.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen. Persönlich ver⸗ wahrte sich der Abg. Dr. von Sybel gegen die Aeußerung des Abg. Frhrn. von Heereman, van er die Falksche Gesetzgebung verurtheilt habe. Er billige ihre Tendenz vollkommen, erkenne ihre wohlthätigen Wirkungen auf vielen Gebieten vollkommen an, und nur um diese Wirkung nicht abzuschwächen, habe er sich gegen einige verfehlte Mittel dieser Gesetzgebung ausge⸗ sprochen.

Nach weiteren persönlichen Bemerkungen der Abgg. Frhr. von Heereman, von Eynern, Stöcker und Dr. Reichensperger (Cöln) wurden die Anträge der Abgg. Dr. Brüel und Frhr. von Schorlemer⸗Alst abgelehnt und der 5. 10 in der Fassung der e,, . angenommen.

Art. 11 lautet nach der Regierungsvorlage:

Der Vorsitz in dem Kirchenvorstande von katholischen Kirchen emeinden G85. 12 und 5h des Gesetzes vom 20. Juni 1875 ber d=. S. a kann durch Königliche Verordnung anderweitig geregelt werden.

Der Abg. Dr. Brüel beantragte, dem Artikel 11 folgende Fassung zu geben:

Burch Königliche Verordnung können unter Abänderung des Gesetzes vom 20. Juni 1875 5§§. 12 und 5 (Gesetz⸗Samml. S. 241) zum Vorsitze in Kirchenvorständen von katholischen Kirchengemein den deren geistliche Mitglieder berufen werden.

Der Abg. Stengel beantragte den Artikel 11 zu streichen.

Der Abg. Schmidt (Sagan) begründete kurz den Antrag des Abg. Stengel. Es erscheine als ein höchst ungewöhnliches und bedenkliches Präcedenz, ein Gesetz bestimmten Inhalts aufzuheben und die materielle Erledigung der Frage gänzlich dem Belieben Königlicher Verordnung zu überlassen. Die Aufhebung des legislatorischen Rechts dieses Hauses in dieser Form sei wohl schwerlich überhaupt vorgekommen. Ob man

enerell oder blos von Fall zu Fall den Vorsitz den katho⸗ ischen Pfarrern übertragen 832 sei aus den Motiven nir⸗ gends zu entnehmen. Wolle man die Frage generell regeln,