1880 / 152 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Jul 1880 18:00:01 GMT) scan diff

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Denutscher Neichs⸗Anzeiger

und

Königlich Preußischer Staats⸗Anzeiger.

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dition: 8W. Wilhelmstr. Nr. 32. .

M 152. Berlin, Donnerstag,

den 1. Juli, Abends. Le O).

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Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Bibliothekar der Königlich schwedischen Landwirth⸗ schafts⸗Akademie zu Stockholm, Karl! Jacobson, den Rothen Adler⸗Orden vierter Klasse, sowie dem Stations⸗Chef 1. Klasse bei der Königlich belgischen Staatsbahn, Léon uys zu Verviers den Königlichen Kronen⸗Orden vierter lasse zu verleihen.

Deutsches Reich.

Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Vom 23. Juni 1880. Schluß.) 2) Be sondere Dort nt für einzelne Seuchen.

Die näheren Vorschriften über die Anwendung und Aus⸗ führung der zulässigen Schutzmaßregeln (585. 19 bis 29) auf die nachbenannten und alle übrigen einzelnen Seuchen werden von dem Bundesrath auf dem Wege der Instruktion erlassen.

Es sollen jedoch bei den hierunter benannten Seuchen, vorbehaltlich der weiter erforderlichen Schutzmaßregeln, nach⸗ folgende besondere Vorschriften Platz greifen.

a. Milzbrand. 3

Thiere, welche am Milzbrande erkrankt oder dieser Seuche

verdächtig sind, dürfen 2 . werden.

Die Vornahme blutiger Operationen an milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren ist nur approbirten Thierärzten gestattet.

Eine Oeffnung des Kadavers darf ohne polizeiliche Er⸗ laubniß nur von approbirten Thierärzten vorgenommen werden.

§. 33.

Die Kadaver gefallener oder getödteter milzbrandkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden.

Die Abhäutung derselben ist verboten.

Die gleichen Vorschriften finden beim Ausbruche des Milzbrandes unter Wildständen auf die Kadaver des gefalle— nen oder getödteten Wildes Anwendung.

b. Tollwuth. §. 34.

Hunde oder sonstige Hausthiere, welche der Seuche ver⸗ dächtig sind, müssen von dem Besitzer oder demjenigen, unter dessen Aufsicht sie stehen, sofort getödtet oder bis zu polizei⸗ lichem Einschreiten in einem sicheren Behältnisse eingesperrt werden. 66

Vor polizeilichem Einschreiten dürfen bei wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren keinerlei Heilversuche angestellt werden.

§. 36.

Das Schlachten wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere und jeder Verkauf oder Verbrauch einzelner Theile, der Milch oder sonstiger Erzeugnisse derselben ist verboten.

37

Ist die Tollwuth an einem Hunde oder an einem anderen Hausthiere festgestellt, so ist die sofortige Tödtung des wuth⸗ kranken Thieres und aller derjenigen Hunde und Katzen an⸗ zuordnen, rücksichtlich welcher der Verdacht vorliegt, daß sie von dem wuthkranken Thiere gebissen sind. .

Liegt rücksichtlich anderer Hausthiere der gleiche Verdacht vor, so müssen dieselben sofort der polizeilichen Beobachtung unterworfen werden.

Zeigen sich Spuren der Tollwuth an denselben, so ist die sofortige Tödtung auch dieser Thiere anzuordnen.

Ausnahmsweise kann die mindestens dreimonatliche Ab⸗ sperrung eines der Tollwuth verdächtigen Hundes gestattet werden, sofern dieselbe nach dem Ermessen der Polizeibehörde mit genügender Sicherheit durchzuführen ist, und der Besitzer des Hundes die daraus und aus der polizeilichen Ueberwachung erwachsenden Lasten trägt. 4

§. 38.

Ist ein wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Hund frei umhergelaufen, so muß für die Dauer der Gefahr die Festlegung aller in dem gefährdeten Bezirke vorhandenen Hunde polizeilich angeordnet werden. Der Festlegung ist das Führen der mit einem sichern Maulkorbe versehenen Hunde an der Leine gleich zu erachten. Wenn Hunde dieser Vor⸗ schrift zuwider frei umherlaufend betroffen werden, so kann deren sofortige Tödtung on, angeordnet werden.

Die Kadaver der gefallenen oder getödteten wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden.

Das Abhäuten derselben ist verboten.

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c. Rotz (Wurm) der ö n, Maulthiere und Maulesel.

Sobald der Rotz (Wurm) bei Thieren festgestellt ist, muß die unverzügliche Tödtung pere , . angeordnet werden.

Verdächtige Thiere unterliegen der Absonderung und poli⸗ zeilichen Beobachtung mit den nach Lage des Falles erforder⸗ lichen Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen oder der Sperre (85. 19 bis 29).

§. .

Die Tödtung verdächtiger Thiere muß von der Polizei⸗ behörde angeordnet werden, wenn von dem beamteten Thierarzte der Ausbruch der Rotzkrankheit auf Grund der vorliegenden Anzeichen für wahrscheinlich erklärt wird, oder wenn durch anderweite, den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Maßregeln ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche nach Lage des Falles nicht erzielt werden kann, oder wenn der Besitzer die Tödtung beantragt, und die beschleu— nigte Unterdrückung der Seuche im bffentlichen Interesse erforderlich ist. . 8. 43.

Die Kadaver gefallener oder getödteter rotzkranker Thiere müssen sofort en, beseitigt werden.

Das Abhäuten derselben I. verboten.

S8. 44.

Die Polizeibehörde hat von jedem ersten Seuchenverdacht und von jedem ersten Seuchenausbruche in einer Ortschaft, sowie von dem Verlaufe und von dem Erlöschen der Seuche dem General⸗Kommando desjenigen Armee⸗Corps, in dessen Bezirk der Seuchenort liegt, sofort schriftlich Mittheilung zu mashen. Befindet sick an dan Seuchenorte eine Garnison, so ist hie Mittheilung dem Goucerne nz, Kommandanten oder Garnisonältesten zu machen.

d. * ,,, Rindviehs.

Die Polizeibehörde hat die Tödtung der nach dem Gut⸗ achten des beamteten Thierarztes an der Lungenseuche er⸗ krankten Thiere anzuordnen und kann auch die Tödtung ver— dächtiger Thiere anordnen.

e. Pockenseuche der Schafe. §. 46

Ist die Pockenseuche in einer Schafherde festgestellt, so muß die Impfung aller zur Zeit noch seuchenfreien Stücke der Herde angeordnet werden.

Auf den Antrag des Besitzers der Herde oder dessen Ver⸗ treters kann für die Vornahme der Impfung eine Frist ge⸗ währt werden, wenn nach dem Gutachten des beamteten Thier⸗ arztes die sofortige Impfung nicht zweckmäßig ist.

Auch kann auf den Antrag des Besitzers oder dessen Ver⸗ treters von der Anwendung der Impfung ganz Abstand ge— nommen werden, sofern Maßregeln getroffen sind, welche die Abschlachtung der noch seuchenfreien Stücke der Herde inner⸗ halb 10 Tagen nach ir ben . Seuchenausbruchs sichern.

§. ;

Gewinnt die Seuche eine größere Ausdehnung oder ist nach den örtlichen Verhältnissen die Gefahr einer Verschlep⸗ pung der Seuche in die benachbarten Schafherden nicht aus⸗ zuschließen, so kann die Impfung der von der Seuche be⸗ drohten Herden und aller in demselben Orte befindlichen Schafe polizeilich angeordnet ,

§. 48.

Die geimpften Schafe sind rücksichtlich der polizeilichen

Schutzmaßregeln den 6 , gleich zu behandeln. §. 4

Außer in dem Falle polizeilicher Anordnung (85. 46 und 47) darf eine Pockenimpfung der Schafe nicht vorgenommen werden.

f. Beschälseuche der Pferde und Bläschenausschlag der Pferde und v e 50.

Pferde, welche an der Beschälseuche, und Pferde oder Rindviehstücke, welche an dem Bläschenausschlage der Ge⸗ schlechtstheile leiden, dürfen von dem Besitzer so lange nicht zur Begattung zugelassen werden, als nicht durch den be⸗ amteten Thierarzt die vollständige Heilung und Unverdächtig⸗ keit der Thiere festgestellt ist.

Tritt die Beschälseuche in einem Bezirke in größerer Aus⸗ dehnung auf, so kann die Zulassung der Pferde zur Begat⸗ tung für die Dauer der Gefahr allgemein von einer vorgängi⸗

en Untersuchung derselben durch den beamteten Thierarzt ab⸗ ng gemacht werden. g. Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe. S. 52.

Wird die Räudekrankheit bei Pferden, Eseln, Maulthieren, Mauleseln (Sarcoptes- oder dermatocoptes Räude) oder Scha⸗ sen (dermatocoptes Räude) festgestellt, so kann der Besitzer, wenn er nicht die Tödtung der räudekranken Thiere vorzieht, angehalten werden, dieselben sofort dem Heilverfahren eines approbirten Thierarztes zu unterwerfen.

nicht der Nachweis erbracht wird, daß

28 d-

3) Besondere Vorschriften für Schlachtviehhöfe und öffentliche Schlachthäuser. 8. 53.

Auf die einer geregelten veterinärpolizeilichen Kontrole unterstellten Schlachtviehhöfe und öffentlichen Schlachthäuser und das daselbst aufgestellte Schlachtvieh finden die vorstehen⸗ den Bestimmungen dieses Gesetzes mit denjenigen Aenderungen Anwendung, welche sich aus den nachfolgenden besonderen Vorschriften ergeben. ?

8. 54.

Wird unter dem daselbst aufgestellten Schlachtvieh der Ausbruch einer übertragbaren Seuche ermittelt, oder zeigen sich Erscheinungen bei demselben, welche nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes den Ausbruch einer solchen Seuche befürchten lassen, so sind die erkrankten und alle verdächtigen Thiere sofort in polizeiliche Verwahrung zu nehmen und von jeder Berührung mit den ö auszuschließen.

Soweit die Art der Krankheit es gestattet (vergl. S8. 31, 36, 43), kann der Besitzer des erkrankten oder verdächtigen Schlachtviehs oder dessen Vertreter angehalten werden, die sofortige Abschlachtung desselben unter Aufsicht des beamteten Thierarztes in den dazu bestimmten Räumen vorzunehmen.

Diese Maßregel kann in dringenden Fällen 3 alles andere, in der betreffenden Räumlichkeit vorhandene, für die Seuche empfängliche J ausgedehnt werden.

Nach Feststellung des Seuchenausbruchs können Schlacht⸗ viehhöfe oder öffentliche Schlachthäuser für die Dauer der Seuchengefahr gegen den Abtrieb der für die Seuche em⸗ pfänglichen Thiere abgesperrt werden.

Strengere Absperrungsmaßregeln dürfen nur in dringen⸗ den Fällen angewendet werden.

h Entschädigung für getödtete Thiere. §. 57. .

Für die auf polizeiliche Anordnung getödteten oder nach dieser Anordnung an der Seuche gefallenen Thiere muß vor⸗ behaltlich der in diesem Gesetze bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung gewährt werden.

8. 58. Die Bestimmungen darüber: 1) von wem die Entschädigung zu gewähren und wie die⸗ selbe aufzubringen ist, 2) wie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln und festzustellen ist, sind von den Einzelstaaten zu treffen.

Die in dieser Hinsicht in den Einzelstaaten bereits be⸗ stehenden Vorschriften bleiben unberührt. Insoweit solche Vorschriften nicht entgegenstehen, sind die Landesregierungen befugt, zu bestimmen, daß die Entschädigung für getödtete Pferde und Rinder bis zum Eintritt einer anderweiten landes⸗ verfassungsmäßigen Regelung durch Beiträge der Besitzer von Pferden und Rindvieh nach Maßgabe der über die Verthei⸗ lung und Erhebung der Beiträge von der Landesregierung zu treffenden näheren Anordnung aufgebracht werden.

In allen Fällen sollen jedoch die Vorschriften der 85. 59 bis 64 dieses Face dabei maßgebend sein.

§. 59.

Als Entschädigung soll der gemeine Werth des Thieres gewährt werden, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen das Thier dadurch erleidet, daß es mit der Seuche behaftet ist. Bei den mit der Rotzkrankheit behafteten Thieren hat jedoch die Entschädigung , bei dem mit der Lungenseuche behafteten Rindvieh / des so berechneten Werths zu be⸗ tragen.

Auf die zu leistende Entschädigung werden angerechnet:

I) die aus Privatverträgen zahlbare Versicherungssumme, und zwar bei Rotz zu drei Viertel, bei Lungenseuche zu vier Fünfteln, in allen anderen Fällen zum vollen Betrage;

2) der Werth derjenigen Theile des getödteten Thieres, welche dem Besitzer nach Maßgabe der polizeilichen Anordnun⸗ gen zur Verfügung bleiben. ;

60.

Die zu leistende Entschädigung wird, sofern ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist, demjenigen gezahlt, in dessen n, n oder Obhut sich das Thier zur Zeit der Tödtung

efand.

Mit dieser Zahlung ist jeder Entschädigungsanspruch Dritter erloschen.

8. 61.

Keine Entschädigung wird gewährt:

I) für Thiere, welche dem Reich, den Einzelstaaten oder zu den landesherrlichen Gestüten gehören;

2) für Thiere, welche, der Vorschrift des 5. 6 zuwider, 1 der Krankheit behaftet in das Reichsgebiet eingeführt ind;

3) für Thiere, bei welchen nach ihrer Einführung in das Reichsgebiet innerhalb 90 Tagen die Rotzkrankheit oder in⸗ nerhalb 180 Tagen die Lungenseuche m, wird, wenn

. ie Ansteckung der Thiere erst nach Einführung derselben in das Reichsgebiet

stattgefunden hat.