Glasgow, 3. Juli. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 448 590 Tons gegen 277 400 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 116 gegen 90 im vorigen Jahre.
Verkehrs Anstalten. 3 .
Auf der In do⸗Europäischen Telegraphenlinie sind im Monat Juni 1880 an gebührenpflichtigen Depeschen befördert worden: a. aus London, dem übrigen England und Amerika nach Persien und Indien 1362 Stück, b. aus Persien und Indien nach London, dem übrigen England und Amerika 1531 Stück, e. vom europäischen Kontinent — exkl. Rußland — nach Persien und Indien 407 Stück, d. aus Persien und Indien nach dem euroxyäischen Kon tinent — exkl. Rußland — 375 Stück, Summa 3675 Stück.
New⸗Hor k, 3. Juli. (W. T. B.) Vie Dampfer „Den mark‘ und ‚Cangdg. von der National⸗-Dampfschiffs⸗ Compagni (C. Messingsche Linie) sind hier eingetroffen.
Berlin, 5. Juli 1880.
eri gti gung.
In der durch Nr. 144 dieses Blattes veröffentlichten Liste der auf der Weltausstellung in Sydney prämiirten deutschen Aussteller ist die Firma F. W. Breithaupt & Sohn in Cassel, welche den ihr zuerkannten zweiten Preis urückgewiesen hat, zu streichen. Der mit einem zweiten
reise ausgezeichnete Liqueurfabrikant Oscar Krug wohnt nicht, wie angegeben, in Frankfurt a. M., sondern in Erfurt.
Für Reisen nach Kopenhagen. Die seit dem 1. April d. J. zwischen Kiel und Korsör — neben der Nacht⸗ verbindung — bestehende regelmäßige Tages⸗Dampfschiffahrts⸗ Verbindung findet in den Kreisen des reisenden Publikums immer mehr Anerkennung und erweiterte Benutzung.
In der That ist die Meeresüberfahrt bei Tage angeneh⸗ mer als bei Nacht. Die Schiffe sind auf das Komfortabelste eingerichtet und bieten den Reisenden alle Bequemlichkeiten; an Bord befindet sich eine vorzügliche Restauration; es werden Speisen à la carte und vollständige Diners verabreicht. Die Ueberfahrt wird durchschnittlich innerhalb sechs Stunden zurückgelegt; in Kiel sowohl wie in Korsör legen die Schiffe in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes an; der Benutzung besonderer Wagen bedarf es daher für den Uebergang vom Bahnhofe zum Schiffe und umgekehrt nicht. .
Durchgehende Billets für Reisende und deren Gepäck bestehen im Verkehr mit allen größeren Eisenhahnstationen. Rundreise⸗Billets nach Kopenhagen, welche auf die Mitbenutzung der Linie Kiel-Korsör berechnet sind, werden außer auf dem
amhurger Bahnhofe in Berlin auch auf den Bahnstationen in amburg, Altona, Kiel, Stettin, Stralsund, Rostock, Schwerin und Lübeck zu wesentlich ermäßigten Preisen ausgegeben.
Der Gang der Schiffe ist folgender:
aus Kiel um 11 Uhr 45 Min. Mittags, nach An⸗ kunft des Schnellzuges der Altona⸗Kieler Eisenbahn (aus Hamburg um 8 Uhr 40 Min. Morgens — nach Aufnahme des Anschlusses von Berlin, Frankfurt a. M. und Cöln — in Kiel um 11 Uhr 30 Min. Vormittags);
in Korsör gegen 5 Uhr 45 Min. Nachm. zum An— schluß an den Abendschnellzug nach Kopenhagen (aus Korsör ö . 25 Min. Abds., in Kopenhagen um 10 Uhr 30 Min.
8.);
aus Korsör um 9 Uhr 45 Min. Vorm. nach An— kunft des Morgenschnellzuges von Kopenhagen (aus Kopen⸗ hagen 6 Uhr 45 Min. früh);
in Kiel um 4 Uhr 45 Min. Nachm. zum Anschluß an den Nachmittagszug nach Hamburg (aus Kiel 5 Uhr 18 Min. Nachm., in Hamburg 8 Uhr 55 Min. Abds. )
Hülferuf!
Die Verheerungen, wesche die Wolkenbrüche am 14. d. M. im Laubaner und Görlitzer Kreise angerichtet haben, stellen sich nach den inzwischen eingegangenen amtlichen Berichten als so um fang reiche heraus, daß die, wenn auch mit der größten Opferfreudigkelt, sowohl hier als in der Umgegend, gespendete Hülfe bei Weitem nicht ausreicht, um dem durch jene Katastrophe herbeigeführten Nothstande auch nur annähernd aufzuhelfen. .
Ver bis jetzt angemeldete Schaden an Privateigenthum uüber—⸗ steit schoön um ein Bedeutendes den Betrag einer Mil— lion Mark und trifft zum größten Theil die ärmste Klasse der Bevölkerung! Um den so schwer Heimgesuchten ihre Häuser und Grundstücke wieder herzurichten, ihnen Haugrath, Klesdung, Werkzeug anzuschaffen, kurz um sie wieder in den Stand zu setzen, sich selbständig durchzuhelfen, bedarf es daher des werfthätigften Beistandes aller fühlenden Herzen, nicht allein im engeren Vater lande, sondern auch über dessen Grenzen hinaus.
Es ergeht daher an Alle, die diesen Aufruf lesen, die dringende und herzliche Bitte, sich des unsäglichen Elends der Verungluͤckten anzunehmen, Lokalhülfscomités zu bilden, Beiträge zu sammeln und dieselben an die ko mmunalständische Bank für die Preuß. Oberlausitz zu Görlitz einzusenden. Die Unterzeichneten haben sich als Central⸗Hülfteemité konstituirt; die von der Bank in Empfang genommenen Summen werden an dasselbe abgeliefert und 2 ö durch die Centralbehörden streng geprüften Bedürfnisse vertheilt.
Görlitz, den 25. Juni 1880.
. Das Central⸗Hülfs Comits für die Unterstützung der durch die Ueberschwemmung in der preu— . ßischen Oberlausitz Verunglückten.
Graf Fürstenstein, Landeshauptmann. Bethe, Rechtsanwalt und Stadtverordneten⸗Vorsteher. Dietzel. Stadtrath. Hammer, Amtsg⸗ vorsteher. Haukohl, Fabrikbesitzer. Hirche, Amtsvorsteher. A. Jahn, Kaufmann. Laurisch, Kämmerer. von Rathenow, Major. Sattig, Geheimer Regierungsrath. von Seydewitz, Landrath. Tschierschky, Stadtrath. von Witzleben, Kammerherr. von Wolff, Kreisdepu—⸗
tirter. Neumann, Amts vorsteher. nnn
Am 12. Juni Nachmittags hat ein furchtbares Unwetter die im nordwestlichen Theile des Kreises Pa derborn belegenen Gemeinden Stukenbrock, Hövelhoff, Ostenland, Wesster⸗ loh und We sten bol; heimgesucht. Während in Westenhol; ein gewaltiger Hagelschlag den Roggen und die sonstigen Früchte auf vielen Ländereien vollständig vernichtet hat, ist
eld und Flur der übrigen genannten Gemeinden in
olge eines mehrstündigen heftigen Gewitterregens und durch das Augtreten der zahlreichen die Gegend durchfließenden Bäche überschwemmt worden. Durch die Gewalt der Fluthen sind die Brücken, Stgauwerke und Mühlen in den Bächen theils fort. fer sen theils in äußerstem Maße beschädigt worden. Dabei nd, wo die Mühlen zu Grunde gegangen, auch die sämmtlichen Vorräthe an Korn, Fleisch und Kartoffeln weggeschwemmt. Das Graz auf den Wiesen und die Frucht auf den Feldern ist durch die Ueberfluthung weit und breit in der Gegend vernichtet. Die von dem Unglück Betroffenen büßen ihre ganze Ernte ein. Die kleinen Besitzer und Pächter gehen der größesten Noth und dem
Elende entgegen. Die Ländereien selbst sind tbeilweise durch die
Fluthen so jn Grunde gerichtet, daß sie nur durch außerordentliche Mittel und Arbeit wieder zu ibrem früheren Werthe gebracht werden können. Dabei sind die Sennebewohner in der Mehrzahl überhaupt so arm, daß sie zu besondereu Leistungen nicht im Stande sind. Um den Geschädigten und Bedrängten in der Gegenwart und in der nächsten Zukunft zu helfen, bleibt Nichts übrig, als die MilLdtbätigkeit edler Men schen⸗ freunde in Anspruch zu nehmen. Wir wenden uns deshalb an Alle, welche für die unglücklichen Leute Theilnahme empfinden, mit der Bitte um Einsendung von Gaben. Durch gemeinschaft⸗ lichen Beschluß der Unterze ichneten, welche zur Annahme der Gaben bereit sind, wird sodann die Vertheilung der Letzteren je nach dem Grade der Noth und des Bedürfnisses geschehen und wird seiner Zeit öffentliche Rechnungslegung erfolgen. Paderborn, den 30. Juni 1880. . Jentzsch, Kreis ⸗Landrath. Ahlen, Vicar in Stukenbrock. Bax, Kolon in Ostenland. Blome, Kolon in Westerloh. Düsterhus, Pfarrer in Westenh lz. Groepper, Kolon in Hövelheff. Hachmann, Kolon in Stukenbrock. Muller, Pfarrer in Hövelhoff. Schalk, Kolon in Westenholz. Schrader, Amtmann in Delbrück.
Vaterländischer Frauen-Verein. Die öffentlichen Blät⸗ ter haben die Kunde von den am 14. v. M. durch Wolkenbrüche im Laubaner und Görlitzer Kreise stattgefundenen groß— artigen Verheerungen bereits in weitere Kreise getragen. Die erschüt⸗ ternden Folgen dieser Elementar ⸗Ereignisse, anfangs unübersehbar, haben sich inzwischen als so umfangreich herausgestellt, daß die wenn auch mit größter Opferfreudigkeit von der näheren Umgebung den heimgesuchten Ortschaften, namentlich auch von unseren Zweig—⸗ vereinen in Görlitz, Lauban, Marklissa und Seidenberg gespendete Hülfe bei Weitem nicht ausreicht, um dem eingetretenen Nothstande auch nur annähernd Abhülfe zu verschaffen. Zahlreiche Menschen⸗ leben sind verloren gegangen, Gebäude zerstört, Vieh und Hausrath von den Fluthen verschlungen, Saaten vernichtet, Felder und Wiesen verschlemmt und verwüstet. Der bisher angemeldete Schaden an Privateigenthum übersteigt schon ein Bedeutendes den Betrag einer Million Mark und trifft zum größten Theil die ärmste Klasse der Bevölkerung.
An unsere sämmtlichen Zweigvereine ergeht deshalb die dringende Aufforderung, in ihrem Vereinsgebiete zum Besten der so schwer beschädigten Ortschaften Sammlungen zu veranstalten und den Ertrag derselben an unsern Schatzmeister Herrn Banquier von Krause hierselbst, Leipzigerstraße 45, abzuführen.
Auch Geldsendungen von Privatpersonen wird Herr von Krause in Empfang zu nehmen die Güte haben.
Berlin, den 3. Juli 1880.
Der Vorstand des Vaterländischen Frauen⸗Vereins. Charlotte Gräfin von Itzenplitz.
Die Geographische Gesellschaft trat am Sonnabend im großen Saale des Architektenhauses zu einer zahlreich besuchten Sitzung zusammen, die Dr. Nachtigal mit Mittheilungen über die Reisenden der Gesellschaft eröffnete. Dr. Buchner hat aller Wahr⸗ scheinlichkeit nach die Hauptstadt des Muata Gambo Anfang dieses Jahre verlassen und sich dem Sankurusee zugewandt. Seine letzten persänlichen Nachrichten datiren vom 22. September 1879; seitdem sind nur noch einmal durch Neger indirekt Mittheilungen über ihn nach San Paolo Loando gebracht worden. Von Dr. Lenz sind wenige Tage nach der letzten Sitzung Nachrichten eingelaufen. Er war nach Ueberschreitung des Atlas in Tarotan durch den Fanatismus der Einwohner großen Gefahren ausgesetzt und mußte 12 Tage in Gefangenschaft zubringen, ehe es ihm durch Vermittlung des Sultans von Marokko, dessen Macht sich allerdings hier schon sehr gering zeigte, gelang, die Weiter⸗ reise zu erzwingen, die ihn durch das Gebiet der Kawara nach Kar führte, wo er am 30. März d. J. eintraf und von dem gefürchteten Scheik verhältnißmäßig gut aufgenommen wurde. Er konnte die Residenz desselben, sogar mit einem Be⸗ gleitschreiben des Scheiks ausgerüstet, und geführt von einem ihm zur Verfügung gestellten Führer verlafsen, gelangte nach Ueberschreitung eines Gebirges von beträchtlicher Höhe am 6. April bei dem Stamm der Mazibda an und fand dort in dem Scheik einen ihm freundlich gesinnten Mann, der ihn thatkräftigst unterstützte. Der Scheik der Mazi!lda treibt selbst einen lebhaften Handel mit Timbultu, dem Zielpunkt des Dr. Lenz, wo auch einer seiner Brüder seinen ständigen Wohnsitz hat. Bei Timbourri be⸗ trat Dr. Lenz alsdann den Wüstenweg; vom 13. April datiren seine letzten Nachrichten, und etwa vor Monatsfrist dürfte er in Timbuktu eingetroffen sein, von wo aus er in westlicher Richtung die Küste wieder erreichen will. Inzwischen ist auch eine französische Expedition nach Timbuktu ausgerüstet und zwar unter Leitung des bekannten Reisenden Saureiller. Dieselbe wird von Senegambien aufbrechen, um die Möglichkeit zu eruiren, einen Schienenweg von hier aus nach Timbuktu zu legen. Andere Exxeditionen erforschen augenblicklich Algerien zu dem gleichen Behufe. und eine große Expedition wird endlich von Osten, von der Algerischen Wüste aus nach demselben Ziele aufbrechen. Wenn es auch nicht gelingen dürfte, einen Schienenweg nach Timbuktu zu errichten, weder von Senegam— bien, noch von Algerien aus, da sich diesem Plan doch mehr Schwie⸗ rigkeiten entgegenstellen, als man in Frankreich zu glauben scheint, so wird doch die Wissenschaft reichen Nutzen aus jenen Expeditionen erlangen. Was endlich den Dr. Stecker betrifft, so wird derselbe nach den neuesten Beschlüfssen des Vorstandes der Afrika— nischen Gesellschaft die Rohlfssche Expediton nicht wie— der aufnehmen, sondern sich im August oder September nach Abessinien begeben, um von dort eine Expedition anzutreten. Abessinien soll nämlich von jetzt ab zum Ausgangspunkt einer An— zahl von Expeditionen gemacht werden, mit denen man nicht nur der Wissenschaft sondern auch der Praxis zu dienen glaubt. In derselben Sitzung beschloß die Gesellschaft, dem Erforscher des Binue aus dem Fonds der Ritterstiftung eine Reiseunterstützung von 1000 M zu gewähren.
Wie aus Triest gemeldet wird, wurde am 30. Juni der siebente Haifisch in der Adria, anderthalb Seemeilen entfernt von der Hafenstadt Cittanuova in Istrien, gesehen. Derselbe hatte eine Länge von vier Metern.
Teplitz, 3. Juli. (Pr) Die Quellenfrage ist in ein neues Stadium getreten. Bie inundirten Werkbesitzer erhalten von der Bezirkshauptmannschaft den Befehl zur soforfigen Einstell ung jeder , auf acht Tage. Gleichseitig wurde Gensd'armerie zur Bewachung abgeschickt. Die Werkbesitzer entließen ihre Personale und die Arbeiter, welche sich korporativ zur Bezirkshauptmann schaft begaben und Lohnentschädigung verlangten. Ber Reglerungs⸗ rath versprach, daß sie auf Kosten der Werkbesitzer jedenfalks befrie⸗ digt werden sollen.
Im Victoria ⸗Thegter fand am Sonnabend und Sonntag die lange vorbereitete Aufführung des Goethe'schen „Faust? in der Bühneneinrichtung von Otto Devrient statt. Der äußerliche Erfolg war, wie vorläufig zu konstatiren ist, ein für Hrn. Devrient sowohl, wie für den Direktor Hahn, sehr ehrenvoller. Auf die Vorstellungen kommen wir noch des Näheren zurück.
— Im Wallner⸗Theater ging am Sonnabend eine vieraktige Posse: Hauswirthsfreuden“, nach dem Fronzoͤsischen von Chivöt, zum ersten Mal in Szene. Das Stück hatte bei vortrefflicher Befetzung der Hauptrollen durch die Herren Thomas (als Gast), Engels, Blencke, Kurz und Kadelburg guten Erfolg; einige Opposition, welche ö. gegen den ziemlich allgemeinen Beifall am Schluß der Aufführung geltend machte, war wohl auf die zuweilen etwas grobe Komik der Posse zu beziehen, die zwar im Wesentlichen recht luftig erdacht, aber keinets⸗ wegs in allen Motiven neu ist und in einigen Szenen überdies recht große Ansprüche an die Leichtgläubigkeit der Zuschauer stellt.
Bäder⸗Statistik. Personen
St. Andreasberg (im Oberharz in der Landdrostei Hildesheim)
bis zum 15. 1 Arnstadt (Soolbad in Schwarzb. Sondershausen) bis j. 19. Juni 35 Augustus bad (bei Radeberg i. Sachsen) bis z. 26. Juni (150 Part.) 204 k 1413 331 Berka a. d. Ilm (S.⸗Weimar) bis zur Mitte Juni.. . 110 Bertrich (Rheinprovinz) bis zum 24 Jung 395 Blankenburg (am Harz in Schwarzb.⸗Rudolstadt) bis z. 15. Juni 70 Charlottenbrunn (Schlesien) bis zum 23. Juni (nebst 105
e , 41897 Colberg (See und Soolbad in Pommern) bis zum 26. Juni Cudowa (Grafsch. Glatz) bis zum 23. Juni (nebst 98 Durch⸗
k Elgersburg (Wasserheilanstalt im Thüringer Walde, S.⸗Gotha)
j Elmen (Soclbad bei Gr.“ Salze, unweit Magdeburg) bis
m 21 Elster (Sachsen) bis zum 28. Juni (1253 Part.). ...
Ems (Nassau) bis z. 3. Juli (nebst 2269 Burchr.) (Kurgäste) Frankenhausen (am Harz in Schwarzb. Rudolstadt bis z. 15. Jun; Friedrichroda (S.Coburg⸗Gotha) bis zum 15. Juni. . Georgenthal (S. Coburg Gotha) bis zum 15. Juni. ... Glücksburg (Ostseebad in Schleswig Holstein) bis zum J. Juli Goezalkowitz (Oberschlesten) bis z. 24. Juni (nebst 18 Durchr.) Griesbach (badischer Schwarzwald) bis zum 30. Juni (nebst
J Groß Tabarg (S. Coburg ˖ Gotha) bis zum 15. Juni... Nen, 8 Oberharz, bei Klausthal in Hannover) bis zum
J kbar , , T nern; bis zum 20. Juni (nebst 1524 Durch-
ö Homburg v. d. H. (Nassau) bis zum 26. Juni ..... Ilmenau (am Thüringer Walde i. S. Weimar) bis zum 15. Juni 112 Karlsbad (Böhmen) bis zum 26. Juni (5685 Part) 12 919 Königsdorff⸗Jastrzemb (Oberschlesien) bis zum 22. Juni
JJ Kösen (Soolbad in der Provinz Sachsen) bis zum 25. Juni
G Köstritz (Soolbad in Reuß j. L.) bis zum 15. Juni... 76 Kreuznach (Rheinprovinz) bis zum 26. Juni.... 1434 Langenau (Grafschaft Glatz) bis zum 26. Juni (81 Part.) . 144 Langensalza (Schwefelbad in der Proo. Sachsen) bis zum 15. Juni Lauterberg am Harz (Hannover) bis zum 10. Juni.... Liebenstein (S. Meiningen) bis zum 15. Juni (nebst 440 Durch
ö . Neuenahr (Rheinprovinz) bis Anfang Juli (Fremde)
Oeynhausen (Westfalen) bis 4. Juli... ....
Petersthal (Baden) bis zum 29. Juni. ;
. e Rastenberg (Stahlbad in S.Weimar⸗Eisenach) bis zum 15. Juni Reichenhall (Bayern) bis zum 26. Juni (516 Part) .. . 1021 Reinerz (Grafsch. Glatz) bis zum 30. Juni (nebst 396 Famil.
mit 510 Pers. als Durchreisenden, Kurgäste 396 Famil.) 1311 Ruhla (bei Eisenach), bis zum 12. Juni (nebst vielen
k Sachsa (am Fuße des Harz im Reg. Bez. Erfurt), bis 15. Juni Salzbrunn (Schlesien), bis zum 30. Juni (nebst 668 Durch
J Salzungen (Soolbad i. S. Meiningen) bis zum 15. Juni ca. Schandau (Sachsen) bis 3. Juli (249 Part). .... Schleusingen (Reg.-Bez. Erfurt) bis zum 14. Juni. ... Schmalkalden (Reg.-Bez. Cassel) bis Ende Mai (nebst 18
a Schwalbach, Langen (Nassau) bis zum 2. Juli (Nrn.) .. Schwarzburg (klimatischer Kurort in Schwarz b-⸗Rudolstadt)
bis zum 15. Juni (einschließl. der Durchreisenden)
Soden (am Taunus in Nassau) bis zum 27. Juni
Stadtsulza (S. Weimar) bis zum 16. Juni.... Stotternheim (Luisenbad in S.-Weimar) bis zum 15. Juni Tennstedt (Schwefelbad i. Prov. Sachsen) bis zum 15. Juni Teplitz u. Schönau (Böhmen) bis zum 28. Juni (3059 Part.)
Mit Einrechnung der in den Militär und Civil Bade
Hospitälern Untergebrachten die Summe der Kurgäste 4 465,
und mit Zujählung der Durchreisenden die Zahl der
Fremden überhaupt: 16088.
K Warmbad (bei Wolkenstein i. S.) bis z. 1. Juli (131 Part.) 200 k 84 Weißer Hirsch mit Oberloschwitz (klimt. Kurort in Sachsen)
ö 6 Wildungen (Waldeck) bis zum 26. Juni (428 Nrn.)... . 572 Wittekind (bei Giebichenstein u. Halle) bis zum 22. Juni
ö, 566
Friedrichroda. Der hiesige Badeort zeichnet sich gleich früheren Jahren auch diesmal durch eine rege Frequenz in der Weise vor den übrigen Thüringer Badeorten aus, daß die Anzahl der gegenwärtig hier weilenden Gäste nach Ausweis der Kurliste 386 beträgt, während die Kurliste vom 13. Juni 1879 nur 211 aufweist. Diesen erfreulichen Erfolg des Wachsthums verdankt Friedrichroda haupt⸗ sächlich seiner geschützten freundlichen Lage sowie seiner reizenden an Naturschönheiten so reichen Umgebung, seiner gesunden Sauerstoff haltenden Luft und seinem fast chemisch reinen Trinkwasser. Die Krankheit formen, welche hauptsächlich in Friedrichroda Heilung fanden, sind Blutschwäche, Bleichsucht, Entwickelungsstörungen, Rekonvalescenzstadien, die ersten Stadien der Lungen⸗Phthisis, Scro⸗ phulosis, Tuberculosis ꝛe. Durch die stets wachsende Zunahme des Fremdenbesuches hat die Ausdehnung der hiesigen Stadt naturgemäß durch den Anbau neuer, geschmackvoller und zeitgemäß eingerichteter Häuser zugenommen; vorzugsweise gilt letzteres von dem Umbau und der vergrößerten Einrichtung der hiesigen Hotels, welche in Bezug auf äußere Eleganz und innere Einrichtung denjenigen Hotels größe⸗ rer Staͤdte nicht nachstehen. — Die geringe Entfernung Friedrichrodas von dem Herzoglichen Lustschlosse Reinhardtsbrunn nebst seinen Parkanlagen ist geeignet, die Zukunft Friedrichrodas als ersten Thüringer Badeorts für alle Zukunft zu sichern.
Tenn stedt. Die günstigen Heilerfolge, welche seit vielen Jahren durch den Gebrauch der hiesigen Schwefelquelle erzielt wur—⸗ den, sind nicht im Stande gewesen, zu einem zahlreiche n Besuche des Bades anzuregen. Gegenüber den Amn preisungen größerer Luxus bäder muß Tennstedt bescheiden zurücktreten; das kleine Landstädtchen bietet außer seiner Heilquelle nur einen einfachen billigen Aufenthaltsort in gesunder und freundlicher Lage. Es wird deshalb aus schließlich von Kranken besucht, welche Heilung von ihren Leiden (Gicht und Rheuma) fast ohne Ausnahme finden.
Grund. Die hiesige Badeanstalt hat in diesem Jahre durch Erneuerung der Dampfkessel⸗Anlage und bequemere Einrichtung der Badezellen eine wesentliche Verbesserung erfahren, auch sind die Fichtennadel ˖ Dampf ⸗Inhalationen in den Turnsälen jetzt ganz vor— züglich. Der Ort selbst hat ebenfalls sehr gewonnen, indem die Hauptstraßen einer gründlichen Aufbesserung unterzogen und die so⸗ genannten Grundner-Wasser, welche füüher die Stadt der Länge nach in zwei Hälften theilten, fast ganz überwölbt worden find. — Der Fremdenverkehr bat zu Anfang gegen das verflossene Jabr etwas nachgelassen, seit einigen Tagen aber wird es hier bedeutend lebendiger.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elgner,
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Berlin:
C zh
Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-A1nzeiger.
Mn 155.
Berlin, Montag den 5. Juli
1880.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 5. Juli. Auf der Tagesordnung der (25.) Sitzung des Herrenhauses am Sonnabend, den 3. Juli, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Graf zu Stolberg-⸗Wernigerode, der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten von Puttkamer, der Justiz-Minister Dr. Friedberg und mehrere Kommissarien beiwohnten, stand der mündliche Bericht der XII. Kommission über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend Abänderungen der firchen— politischen Gesetze.
Vom Grafen zur Lippe lagen folgende Anträge vor:
Das Herrenhaus wolle beschließen:
A. Dem Artikel 1 folgenden Artikel vorauszusetzen:
Das Staats⸗Ministerium ist ermächtigt, mit Königlicher Ge⸗ nehmigung 1) die Grundsätze festzustellen, nach welchen der Mi⸗ nister der geistlichen Angelegenheiten von den Erfordernissen der §§. 4 und 11 im Gesetz vom 11. Mai 1873 (G. S. S. 191) dispensiren, auch ausländischen Geistlichen die Vornahme von geistlichen Amtshandlungen oder die Ausübung eines der im 5. 10 erwähnten Aemter gestatten kann; 2) den nach den S§8. “, 8 und 27 im Gesey vom 11. Mai 1873 erforderlichen Nachweis wissenschaftlicher Vorbildung, soweit derselbe gegenwärtig durch Ablegung einer wissenschaftlichen Staats— prüfung zu führen ist, anderweitig zu regeln; auch 3) zu bestimmen, inwieweit und unter welchen Vorausetzungen Personen, welche aus— ländische Bildungsanstalten besucht haben, von den in den §5. 1 und 10 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 erwähnten Aemtern sern zu halten sind.
B. Dem Artikel 1 folenden Zusatz als vierten Absatz hinzu⸗ zufügen: Die auf Grund der §§. W ff. des Gesetzes vom 12. Mai 1873 (G. S. S. 198) durch gerichtliche Urtheile herbeigeführte Erledigung der Stellen ist fortan unwirksam. Bis zur Ueber—⸗ nahme der Stelle Seitens eines Bischofs oder Bisthumsverwesers verbleibt es indessen bei der auf Grund des Gesetzes vom 20. Mai 1874 (G. S. S. 135) angeordneten Vermögensverwaltung.
Der Referent Herr Adams erstattete im Namen der Kommis— sion mündlichen Bericht: Die gegenwärtige Vorlage bezwecke die Wiederanbahnung des Friedens zwischen dem Staate und der katholischen Kirche. Die Königliche Staatsregierung habe ge— glaubt, diesem Zwecke noch weitere Einräumungen machen zu sollen, als die heutige Vorlage biete, insbesondere die Ein— schränkung des Rekursrechtes an den Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten, die Ermöglichung der Wiedereinsetzung aus ihrem Amt entlassener Bischöfe auf rein staatlichem Wege und neben einigen anderen unwesentlichen Bestimmungen die Ermäch⸗ tigung des Staats⸗Ministeriums zur Feststellung neuer Grundsätze, nach welchen der Kultus⸗Minister von wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen dispensiren könne. Diese Vorschläge seien sämmtlich vom Abgeordnetenhause abgelehnt worden. Die Kommission empfehle die unveränderte Annahme derselben unter Ablehnung der vorliegenden schon in der Kommission mit allen gegen eine resp. allen gegen drei Stimmen abgelehnten Amendements. Die Kommission befinde sich hierbei nach den ihr gegebenen Erklärungen des Ministers nicht im Widerspruch mit der Königlichen Staatsregierung, welche auch ihrerseits, nicht um der zweifelhaften Möglichkeit der Wiederherstellung eines ihrer abgelehnten Artikel willen alles mit Mühe Erreichte in Frage ge— stellt und ernstlich gefährdet sehen möchte. Die Kommission erachte die Vorlage als einen wichtigen Schritt des Staates auf dem Wege zum kirchlichen Frieden, der hoffentlich entgegenkommende Schritte von der anderen Seite zur Folge haben werde. Der Wunsch, den religiösen Frieden hergestellt zu sehen, werde von allen Parteien des Landes und allen Konfessiönen gleich— mäßig empfunden. Man habe zwar davor gewarnt, dem Be— dürfniß nach Frieden zu frühzeitig nachzugeben: man erringe dadurch gar oft nur einen nicht dauernden Frieden, vielmehr sollten sich die katholischen Landesgehörigen nach Rom wen— den, um von dort aus die Herstellung des Friedens durch Anerkennung der Landesgesetze zu erlangen. Von allen Sei— ten sei aber anerkannt worden, daß bei der großen Zahl ver— waister Pfarreien der Staat wohl Veranlassung habe, in den vorliegenden Punkten, deren Abänderung in keinem Wider— streite mit den Prinzipien seiner kirchenpolitischen Gesetz— gebung stehe, Modifikationen zur Linderung von Härten und Erleichterung des Friedens eintreten zu lassen. Als das durch die Bestimmungen der zur Verhandlung stehenden Vorlage nicht alterirte Prinzip der kirchenpolitischen Gesetz— gebung sei angeführt worden: Schutz der kirchlichen Mino— ritäten gegen die Anwendung äußerlich entehrender Straf⸗ und Zuchtmittel, Sicherung der Landesangehörigen vor geistlichen Lehrern und Führern, welche den Anforderungen nicht ent— sprechen, die der Staat mit Rücksicht auf die Wichtigkeit ihres Amtes bezüglich ihrer Ehrenhaftigkeit, wissenschaftlichen Bil— dung und Friedfertigkeit stellen muß; endlich Rechtsschutz der Religionsdiener gegen Disziplinar⸗Entscheidungen durch Zu— lassung der Berufung an ein staatlich organisirtes Gericht. Die vielfach erhobenen konstitutionellen Bedenken gegen den theilweise diskretionären Charakter der Vorlage seien von ein— zelnen Mitgliedern als vollständig unbegründet zurückgewiesen und gerade dieser eingeschlagene Weg als der wuͤnschens— wertheste und voraussichtlich am besten zum Ziele führende bezeichnet worden. Von anderer Seite habe man das Be— denkliche, wichtige Fragen einer großen Religionsgemeinschaft für immer von wechselnden Anfchauungen der Minister ab— hängig sein zu lassen, sehr anerkannt und die konstitutionellen Bedenken nur um deswillen beseitigt erachtet, weil die be— schlossene Zeitbeschränkung den fraglichen Bestimmungen einen transitorischen Charakter beigelegt habe. Ingleichen habe die Frage, ob in der Vorlage eine die Autorität des Gesetzes schwächende unstatthaste Nachgiebigkeit liege, allgemeine Verneinung gefunden. Man habe wohl erwogen, daß es sich allerdings um Nachgiebigkeit handle gegen über einem den Landesgesetzen die Anerkennung verwei⸗ gernden Theile der Bevölkerung, die der gesammten kirchen— zPolitischen Gesetzgebung grundsätzlich den Gehorsam verweigere. Es sei jedoch zur Entschuldigung des zunächst in Betracht kommenden katholischen Volkes ausgeführt worden, daß dasselbe sich in einem schwierigen Konflikte befunden habe; daß einzelne Bestimmungen der Maigesetze, wie auch gegenwärtige Vorlage anerkenne, der Abänderung bedürftig seien; daß nun die Fuhrer der Opposition, deren Worten zu folgen das Volk
gewohnt sei, die Maigesetze als ein untrennbares System dar— gestellt hätten, dessen sämmtliche, auch die indifferenten Be— stimmungen verwerflich seien, wegen der damit zusammen— hängenden hauptsächlich unannehmbaren. Daß auch viele Irrung veranlaßt worden sei durch die Anrufung des Satzes: „man müsse Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Das Volk habe sich nicht klar gemacht, daß dieser Satz sich beziehe auf den Konflikt der inneren Stimme des Gewissens mit der äußeren Macht, daß er aber keineswegs anzuwenden sei in einem nicht die Moral noch das Evangelium, sondern staatskirchenrechtliche Organisations⸗- und Machtfragen betref— fenden Konflikte, und daß am allerwenigsten in solchem Kon— flikte die Stimme der kirchlichen Ober-Behörden zu identifi— ziren sei mit Gottes Gebot. Man habe gegen die Vorlage ein— gewandt; sie biete nur minimale Vortheile, sei des Kampfes nicht werth, und die von der Königlichen Staatsregierung fest— gehaltene Anzeigepflicht mit dem Veto des Ober⸗Präsidenten und dahinter stehendem Gerichtshof für kirchliche Angelegen— heiten sei dogmatisch unmöglich. Die Kommission sei zu dem Resultate gekommen, daß auch dieser Einwurf ein unbegrün— deter sei. Die Vorlage erleichtere vor Allem den Frieden da— durch sehr, daß sie die der Kurie unannehmbarste Abstimmung der eigentlichen Absetzung der Bischöfe und Priester be— seitige, und weitgehende Dispensationsbefugnisse bezüglich ein⸗ zusetzender Bisthumsverweser gebe. Bezüglich der Seelsorge mache sie durch ausdrückliche Gestattung der Stellvertretung die Spendung der Sakramente und das Lesen der heiligen Messe in sehr vielen Gemeinden zulässig, wo dies bisher Mangels gesetzmäßig angestellter Geistlichen nicht erfolgen durfte; sie behüte gleichzeitig viele Pfarreien vor der Ver— waisung, indem sie den Hülfsgeistlichen gestatte, ihre Vertre— tung fortzuführen, auch nachdem die Person, welcher sie assi— stirt, nicht mehr existire. Endlich sei die Vorlage dem mate— riellen Wohle der katholischen Bevölkerung förderlich, indem sie die Wiederaufnahme der Staatsleistungen für ganze Sprengel sehr erleichtere und dadurch gestatte, ein große Last von den Schultern der Pfarreingesessenen, wie auch einen Druck von ihrem Seelsorger zu nehmen. Ebenso fühlbar werde sich die Erleichterung und Erweiterung der Thätig— keit der Krankenpflegeorden machen. Die von einzelnen Mit— gliedern behauptete dogmatische Unmöglichkeit der im Sinne des Gesetzes vom 11. Mai 1873 anzuerkennenden Anzeigepflicht sei von den verschiedensten Seiten bestritten und — wiewohl vergeblich — auf Bezeichnung des mit ihr unvereinbaren Dogmas provozirt worden. Man habe hierbei hervorgehoben, daß in anderen Staaten nicht nur ein Veto der Staats gewalt, sondern die Ernennung der Pfarrer durch diese be— stehe; und daß auch in Theilen unseres Staates, wie von dem Minister im Abgeordnetenhause nachgewiesen worden, lange Zeit hindurch die Ernennung unter Zustimmung des Ober⸗Präsidenten erfolgt sei. In Preußen seien die Ver⸗ hältnisse der Kirche günstiger als vielfach anderwärts. Wäh— rend bei uns das Veto des Ober-Präsidenten auf einige genau fixirte Gründe beschränkt sei, könne in anderen Staaten die Zu⸗ stimmung ohne Angabe irgend eines Grundes versagt werden. Während bei uns die Anrufung eines Gerichtsspruches gegen die Entscheidung des Verwaltungsorgans zulässig sei, bestehe das Veto anderwärts als ein absolutes und definitives. Daß der Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten hinter dem Veto des Ober⸗Präsidenten stehe, sei insofern unrichtig, resp. gar nicht in Betracht kommend, als dieser Gerichtshof nicht gegen die Kirche in dieser Frage wirksam werden könne, sondern nur für sie, wenn sie denselben anrufen wolle, was vollstän— dig ihrem freien Ermessen überlassen sei. Die Kirche sei daher vollständig in der Lage, ein für allemal von dieser Wirksamkeit des fraglichen Gerichtshofes zu abstrahiren. Die Anzeigepflicht könne nach dem Tolérari possé in dem Briefe des Papstes Leo an den Erzbischof Melchers unmöglich mehr als dogmatisch unzulässig bezeichnet werden. — Anschließend an die Worte des Abgeordneten Strosser: „Der Herr habe seinen Jüngern den Auftrag gegeben, die Sakramente zu verwalten“, und habe nicht hinzugefügt: „Holt Euch die Er— laubniß erst vom römischen Kaiser und seinen Präfekten und Statthaltern“ fasse der Führer des Centrums, der Abg. Windthorst, seine Begründung in die Worte zusammen: Christus habe ein Mandat ertheilt, und deshalb dürften die Mandatare die Ausübung nicht abhängig machen wollen von der Zustimmung eines Ober-Präsidenten. Die ganze Argu—⸗ mentation zerstiebe vor der Betrachtung, welche Hindernisse die Boten des Glaubens stets überwunden haben und täglich überwänden, um ihr Amt auszuüben, von denen das, sich per⸗ sönlich die Erlaubniß der Staatsgewalt zur Ausübung des Be⸗ rufs zu erbitten, wahrlich das kleinste sei. Die Argumentation sei eben so unrichtig, wie der in seiner objektiven Allgemein heit falsche und in dieser Fassung agitatorisch wirkende Satz: in Preußen sei das Spenden der Sakramente und Lesen der Messe unter Strafe gestellt. Diese Handlungen als solche seien nicht verboten; es sei nur bestimmten, nach den Staatsgesetzen unbefugten Personen deren Ausübung untersagt. Man denke sich einen Augenblick, die Apostel ständen an der Grenze eines Reiches, und der Reichs- und der Landesfürst sagte ihnen: „Tretet ein, Ihr dürft Euere Religion öffentlich üben. Kirchen bauen und feierliche Prozession halten. Nur eines bedinge ich mir: Als Priester für andere Völker könnt Ihr wählen und entsenden, wen Ihr wollt. Als Priester in den geistlichen Aemtern meines Landes lasse ich bei der Wichtigkeit ihrer Stellung als Lehrer und geistliche Führer meines Volkes nur solche Männer zu, von denen auch ich, resp. meine Präfekten, die Ueberzeugung haben, daß sie ehrenhaft, gebildet und friedfertig sind. Dem müßt Ihr Euch fügen, wer dawider handelt, verfällt dem Strafgesetze. Ich werde Euere gesetzmäßig bestellten Priester aber auch schützen und achten, jede Beleidigung derselben unter besondere Strafe stellen, und werde Eueren Kirchengemeinden das Recht juri⸗ stischer Personen verleihen, daß sie Vermögen erwerben und in Testamenten bedacht werden können.“ So liege die Frage der Anzeigepflicht jetzt bei uns. Man dürfe doch nicht glauben, die Apostel hätten erwidert: „Diesen Bedingungen können wir uns nicht fügen. Wir allein müssen zu entscheiden haben, wer in jedem Lande als Priester zuzulassen ist.
Hier kann die Kirche ihres Amtes nicht walten, hier wird das Spenden der Sakramente unter Strafe gestellt, wir schütteln den Staub von unseren Füßen und überlassen die⸗ jenigen in diesem Lande, welche sich nach den Tröstungen unserer Religion sehnen, einer Zeit, wo diese Beschränküng aufgehoben sein wird?“ Ebenso wenig denkbar, ebenso wenig sei anzunehmen, daß Papst Leo, wenn es sich nach der jetzt erfolgenden Wegräumung anderer Schwierigkeiten darum handele, ob die Anzeigepflicht, so wie der Staat sie verlangt, ausgeübt werden solle, dieselbe verweigern könne. Es sei da⸗ her der vom Staate eingeschlagene Weg kein nutz⸗ und aus⸗ sichtsloser und auch kein die Souveraͤnetät des Gesetzes ver— letzender. Er (Redner) empfehle daher im Namen der Kom⸗ mission die Annahme der Vorlage und bitte, dieselbe nicht durch irgend eine Abänderung zu gefährden.
Hierauf nahm der Minister der geistlichen 2c. Angelegen⸗ heiten von Puttkamer das Wort.
(Wir werden diese Rede morgen im Wortlaut mittheilen.)
Herr Dove erklärte: Er sei überzeugt, daß der Protestan⸗ tismus auf die Dauer vor der Unterdrückung durch den Katholizismus nur durch den starken Schutz des Staates be⸗ wahrt werden könne. Man brauche ja nur nach Tirol zu sehen, um ein Beispiel vor Augen zu haben. Als protestan⸗ tischer Christ werde er sich nie dazu hergeben, von dem starken Bollwerk, das der Staat gegen die Uebergriffe der Kirche er⸗ richtet, das Banner mit dem schwarzen preußischen Adler herabzuholen und die päpstliche Flagge aufzupflanzen. Er glaube auch, daß, so lange der jetzige Reichskanzler am Ruder sei, das Prinzip der Maigesetze nicht werde aufgegeben werden. Als Lutheraner müsse er es tief beklagen, daß in konservativ⸗evangelischen Kreisen der Geist der Reformation immer mehr vom katholischen Geist und Wesen durchdrungen werde. Er beklage es, daß die evangelischen Konservativen der östlichen Provinzen den Staat als die sündliche Welt hinstellten und die äußere Kirche mit dem Reiche Gottes identifizirten. Das sei römisch⸗katholische, nicht evan⸗ gelische Anschauung. In Rom bezeichne man die Kirche als Gottesstaat, in der protestantischen Kirche nicht. Die äußerliche Kirche könne nicht frei vom Staate sein; nur im Staate und unter seinem Schutze könne die Kirche frei ihre Thätigkeit üben. Hr. Windthorst, der Führer des Centrums, behaupte, es handle sich beim Kultur— kampf um den Kampf des Glaubens gegen den Unglauben, und er finde den Beifall der Konservativen. Es gehe eine tiefe Erregung durch einen großen Theil der evangelischen Bevölkerung; man fürchte eine Niederlage des Staates im Kampfe gegen die Kurie und den Triumph der abgesetzten Bischöfe. Die Regierung, die den Frieden mit der Kurie suche, möge bedenken, daß sie dabei nicht den Frieden mit ihren evangelischen Unterthanen verliere. Für unmöglich habe er es gehalten, daß die Bischöfe wieder zurückgeführt werden könnten, welche ihren Widerstand gegen die Gesetze des Staates aufs Aeußerste getrieben und das Vorgehen des Staates mit den Verfolgungen eines Nero und Diokletian verglichen haben. Mit dem römischen Hofe sei ein dauernder Frieden überhaupt nicht möglich, höchstens ein Waffenstillstand, namentlich seit dem Vatikanum. Das Papalsystem sei unter Pius 1X. eine stärkere Macht geworden als unter Bonifacius VIII., und Thomas von Aquino, dessen Studium der jetzige Papst empfehle, sei der Theologe, der das Papalsystem in scholastische Form gebracht, der auch als Vorläufer der jetzigen Christlich⸗Sozialen die Gütergemeinschaft gepredigt. Dieses Papalsystem bestehe auch heute noch auf dem Satze, daß der weltliche Fürst nie aufhöre ein Unter⸗ than des Papstes zu sein. Wenn Leo XIII. auch die Absicht habe, den Katholiken Deutschlands zu Hülfe zu kommen, so werde er doch vom Papalsystem nichts aufgeben, das zeigten ja die Verhandlungen mit der Kurie. Am wenigsten aber sei gerade für den preußischen Staat ein Frieden mit der Kurie möglich, die diesem Staate nicht ein⸗ mal das Bischen Anzeigepflicht bewilligen wolle, das sie in anderen Staaten willig zugestehe. Der preußische Staat sei groß geworden unter der staatlichen Oberhoheit über die Kirche: man sollte ihm diese Gewalt erhalten. Er sei nach römischer Auf⸗ fassung groß geworden durch Kirchenraub. Dieser Staat habe sich durch Johann Sigismund, durch den Großen Kurfürsten, durch Friedrich den Großen zum Staate der Gemissensfreiheit ausgebildet, die Rom die Freiheit des Verderbens nenne. Der preußische Staat sei auch seinen katholischen Unterthanen gerecht geworden, und im Landrecht sei das System der Parität unter einer starken Staatsgewalt durchgeführt. Friedrich Wilhelm III. habe dazu beigetragen, die weltliche Herrschaft des Papstes wiederherzustellen und in der Pflichterfüllung gegen seine katholischen Unterthanen manchen katholischen Fürsten beschämt. Er (Redner) sei der Meinung, daß die Krone in ihrem Kampf gegen die Kurie im Jahre 1840 eine Niederlage erlitten habe, die ihr Ansehen schwer geschädigt und an die er nicht ohne eine Regung patriotischen Schmerzes denken könne. Die Kirchenpolitik des Königs Friedrich Wilhelm IV. habe die Saat gesät, aus der die streitbare Partei des Centrums so üppig aufgegangen. Die Kirchenfreiheit im römischen Sinne sei nie staatserhaltend, sondern zerstörend. Er gebe zu, daß in den Maigesetzen einzelne Fehler gemacht worden, aber ihr größter Fehler fei, daß sie für beide Konfessionen gleichmäßig, erlassen worden. Die ka⸗ tholische Kirche sei nicht nur wie die evangelische eine Gemein⸗ schaft der Gottesverehrung, sondern eine Weltmacht und müsse daher mit einem anderen Maße gemessen werden. Das habe auch der Minister Falk erkannt, aber mit seiner Meinung nicht durchdringen können gegen den doktrinären Satz, daß man keine Ausnahmegesetze machen solle. Die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses halte er für annehmbar, niemals aber die Artikel 2 und 4 der Regierungsvorlage. Er empfehle die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses zur Annahme.
Darauf nahm der Kultus⸗Minister von Puttkamer das Wort:
Meine Herren! Ich batte, wie ich mir schon in meinen Ein gangsworten zu bemerken erlaubte, es nicht als meine Aufgabe be⸗ trachten können, hier andert zu sprechen, als zur Begründung des⸗ jenigen Standpunktes, den die Regierung dem vom Abgeordnetenhaus