1880 / 220 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Sep 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 16. September. Von der „Presse“ wird heute der 22. November als der Termin für die Wiederaufnahme der Reichsrathsarbeiten bezeichnet. Die Dauer der Delegationssession sei auf ungefähr vier Wochen in Aussicht genommen. Die definitive Fest⸗ setzung des parlamentarischen Arbeitsprogramms dürfte übrigens von dem Ergebnisse der gemeinfamen Minister— konferenzen abhängen, die Ende dieser Woche in Pest statt⸗ finden würden.

Eine schon seit Jahren in der Schwebe befindliche Streit⸗ frage, die Besetzung der Domherrenstellen am Olmůtzer Dom kapitel betreffend, ist in den letzten Wochen ihrer defi⸗ nitiven Erledigung zugeführt worden. Wie das genannte Blatt erfährt, sind dem Olmützer Domkapitel vor ungefähr vierzehn Tagen die zuletzt zwischen der roͤmischen Kurie und der österreichischen Regierung vereinbarten neuen Statuten des Kapitels, welche für die Zukunft ausschließlich Geltung haben sollen, zugekommen. In diesen Statuten sind die zur Er⸗ langung einer Domherrnpräbende erforderlichen Bedingungen bis ins kleinste Detail präßzisirt. Es wird darin ausdrücklich das theologische Doktorat einer inländischen Fakultät verlangt, da⸗ gegen ist der Adel keine Bedingung mehr zur Erlangung einer Domherrnstelle. Das Institut der Domizellar⸗Kanoniker ist gänzlich aufgehoben. Gleichzeitig wurde das Kapitel auf⸗ gefordert, die ihm statutenmäßig zustehenden Wahlen binnen drei Monaten vorzunehmen. In derselben Zeit würden auch die vom Kaiser vorzunehmenden Ernennungen stattfinden.

Krakau, 16. September. Erzherzog Karl Ludwig ist heute Abends hier angelangt und wurde von dem Erz⸗ herzog Friedrich empfangen.

Pest, 15. September. Herzog Ludwig in Bayern, Bruder Ihrer Majestät der Kgiserin, kommt, wie der „Pest. L.“ meldet, nächster Tage aus Wien in Gödölls an, um an den Herbstjagden theilzunehmen. Der ungarische Reichstag tritt am 25. d. M. wieder zusammen.

Agram, 16. September. Der Landtag beendigte die Generaldebatte des Budgets und beschloß mit allen Stimmen gegen jene der Starcevicianer, in die Spezialdebatte einzugehen.

Schweiz. Bern, 17. September. (W. T. B.) Der Ständerath ist dem gestrigen Beschluß des Nationalrathes betreffs der Revision der Bundesverfassung mit 50 gegen 5 Stimmen beigetreten.

Ersßbritannien und Irland. London, 16. September. (A. C) In einer am 15. d. stattgefundenen Versammlung der scho ttischen Ironmasters in Glasgow wurde der Beschluß gefaßt, daß die Hälfte der Hochöfen, die in Schott⸗ land während des jüngsten Strikes der Kohlengrubenarbeiter außer Thätigkeit gesetzt worden, wieder angezündet werden sollen. Bei einem vorgestern abgehaltenen Meeting des Oldhamer Baumwollspinnervereins wurde der Be— schluß gefaßt, angesichts der gedrückten Geschäftslage und des wahrscheinlichen Stillstandes von Stühlen im Nordosten Lan— cashires allen Vereinsmitgliedern die sofortige Annahme kür⸗ zerer Arbeitszeit anzuempfehlen. Der Rath der Oldhamer Limited Liability Association hat eine ähnliche Reso⸗ lution angenommen und wird voraussichtlich sofort ver⸗ kürzte Arbeitszeit eingeführt werden. In Blackburn sind die Arbeitgeber fest entschlossen, in der Lohnfrage nicht nachzu⸗ geben; sie wollen entweder gänzliche Arbeitssperre eintreten lassen, oder eine Lohnreduktion beantragen, oder schließlich nur an drei Tagen arbeiten lassen. Ein heute in Man chester abzuhaltendes Meeting des Centralausschusses des Nord- und Nordost⸗-Lancashire Baumwollspinnervereins soll hierüber entscheiden. In Accrington haben die Weber den

eschluß gefaßt, eine 144ägige Kündigung ergehen zu lassen, nan Ablauf welcher sämmtliche Weber die Arbeit einstellen werden.

Der Bischof von Kilmore (Irland) hat anläßlich der Jahresvisitation eine Ansprache an die Geistlichkeit der Diözese gehalten, in welcher er sein Bedauern über die unruhigen Zustände des Landes ausdrückte. Glücklicher⸗ weise sei die neue Konstitution der Kirche großentheils be⸗ festigt und die Revisionsfrage gelöst gewesen, als jene öffent⸗ lichen Unruhen ausgebrochen. Das soziale Gedeihen beruhe einzig und allein auf der Liebe zu Gott und den Menschen. Dies seien die Prinzipien, denen die ewigen Gesetze der Ge⸗ rechtigkeit, der Gnade und des Glaubens entsprungen, welche die Gesellschaft zusammenhielten. Pflicht der Geistlichkeit sei es, seine Wahrheiten dem Volke richtig vorzulegen, dasselbe könne dadurch allein zur Erke nntniß der wirklichen Tendenz der selbstsüchtigen, gehässigen und rücksichts⸗ losen Doktrinen gebracht werden, durch welche das Glück und der Wohlstand des Landes augenblicklich so sehr gefährdet seien.

Der Spezialkorrespondent des „Standard“ meldet aus Kandahar vom 8. d.. Man weiß absolut nicht, was aus Ayubs Kayallerie und regulärer Infanterie geworden ist. Es steht fest, daß nur sehr wenige an der Schlacht betheiligt waren und auf, der Flucht keine Spur derselben entdeckt wurde. Die Richtung, nach welcher sie sich gewendet und die Zeit, um welche sie das Lager verlassen haben, sind uns ein vollständiges Geheimniß. Auf den Posten unserer Marsch⸗ linie entlang werden Vorräthe eingebracht, um für den Rückmarsch unserer Truppen Fürsorge zu treffen. Bezüglich der Zukunft ist noch nichts entschieden worden. Den viel stimmigen Anschauungen unserer hiesigen Militärs gemäß würde eine überstürzte Räumung Kandahars einen verhängniß⸗ vollen Eindruck machen. Es wird allgemein angenommen, daß, falls wir uns zu einem Preisgeben Kandahars entschließen, die Höhen des Khojakpasses unsere beste Grenzlinie fein wärden. Bezüglich der Annektionspolitik und der Abtretung Kandahars an den Emir sind die Ansichten getheilt; fast ausnahmslos wird aber die Belassung des Walis auf seinem Posten ver⸗ urtheilt, da er enischieden den Streitkräften Kabuls oder Herats nicht gewachsen wäre, und wir ohne allen Zweifel abermals zu seiner Hülfe herbeieilen müßten. Für den Augenblick giebt es jedoch keine Meinungsverschiedenheiten. Kandahar sollte gehalten und die Eisenbahnen vervollstän digt werden; dann mag man darüber entscheiden, ob wir uns an den Khojak zurückziehen, oder, wie allgemein als das Beste auerkannt, Kandahar vollständig annekttren sollen, ein Ent— schluß, der sicherlich die Billigung Aller finden würde, mit Ausnahme vielleicht des allerniedrigsten Theils der Be⸗ völkerung.

Aus Capstadt wird unterm 15. d. M. gemeldet: „Sir Bartle und Lady Frere traten heute an Bord der „Pretoria“ unter allgemeiner Kundgebung des Bedauerns die Rückreise nach England an. Eine große Volksmenge hatte

sich eingefunden, um der Einschiffung des ehemaligen Gouver— neurs beizuwohnen.“

Der „Times“ wird aus Kapstadt vom 15. d. gemeldet: „Aus Basutoland kommt dis Nachricht, daß der Häuptling Lerathodi die ihm angebotenen Bedingungen zurückwies und mit 609 seiner Anhänger die Streitkraft unter dem Befehl Carringtons in Mafeteng angriff. Die Rebellen wurden zersprengt und mehrere Meilen weit verfolgt. Es wurde eine Anzahl gefangen genommen und eine Masse Vieh erbeutet. Die Kolonialtruppen hatten nur einen Verwundeten, doch wurden mehrere Pferde getödtet. loyalen Eingeborenen stärken.“

Frankreich. Paris, 16. September. (Köln. 3.) Das Amtsblatt bringt ein Rundschreiben des Ministeèr's des Unterrichts über die Anwendung des neuen Unter— richtsprogramms, welches bei Eröffnung des nächsten Schuljahres am 4. Oktober in Kraft tritt. Auch hat der Minister besondere Fachlehrer für Geographie, Geschichte, Mathematik und die physischen Wissenschaften in den Lyceen von Paris und in denjenigen der meisten großen Städte ein⸗ gesetzt. Bei der Rückkehr der Kammern will er einen neuen Kredit vom Parlament verlangen, um diese als nothwendig erkannte Maßnahme auf alle Sekundärschulen Frankreichs aus⸗ dehnen zu können.

Der Vize⸗Präsident des Senats, Dueclere, betreibt sehr angelegentlich den Plan zu einem Seekanal zwischen dem Mittelmeer und dem Ozean, der namentlich für die französische Flotte den Umweg durch die Meerenge von Gibral— tar aufheben würde. Die General-Räthe der Süddepartements sind dem Plane sehr günstig, sollte die Regierung sich weigern, das Unternehmen zu fördern, so ist Duclere geneigt, sich an die Spitze desselben zu stellen.

17. September. (W. T. B.) In dem heute statt⸗ gehabten Ministerrathe, welcher bis Mittags dauerte, wurde die Berathung über die Anwendung der Dekrete vom 29. März d. J. betreffs der Kongregationen fort— gesetzt. Der Minister des Innern, Constans, betonte aufs Neue die Nothwendigkeit, die Dekrete vollständig zur Aus— führung zu bringen. Die Berathung wurde nicht zu Ende geführt und soll in einem neuen heute Abend stattfindenden Ministerrathe wieder aufgenommen werden.

In seiner heute Abend stattgehabten Sitzung hätte, wie verlautet, der Ministerrath beschlossen, den Gerichtshof zur Entscheidung über die erhobenen Konflikte, welcher erst am 13. November d. J. zusammen treten sollte, auf einen früheren Termin einzuberufen. Die Ausführung der Dekrete aher würde erst nach der Entscheidung des Kon— fliktsgerichtshofes erfolgen. Der Präsident Gréävy reist morgen früh nach dem Juradepartement zurück, im Laufe des Nachmittags empfing derselbe einen Besuch des Senatspräsi— denten Léon Say.

Dem Vernehmen nach wäre der Ministerrath der Ansicht, daß die Ausführung der Dekrete bis zur rich⸗ terlichen Entscheidung über die erhobenen Konflikte zu ver— schieben sei. Die Gerüchte von einer Ministerkrisis werden in Regierungskreisen als unbegründet bezeichnet. Der vor— malige Minister Waddington erklärt in einem vom 15. d. M. datirten Briefe, daß die von dem Reichstagsabgeordneten von Varnbüler vor seinen Wählern gemachten Angaben, soweit sie ihn beträfen, gänzlich unbegründet seien und daß während der ganzen Dauer er e Ministeriums zwischen Ruß⸗ land und Frankreich keinerlei Verhandlungen oder Besprechungen über einen Allianzvorschlag stattgefunden hätten.

Eine den hiesigen Zeitungen von ber „Agence Havas⸗ zugegangene Mittheilung erklärt, daß das „Journal officiel“ am 18. d. M. keinen Bericht über den heutigen Ministerrath bringen werde; es sei noch kein als endgültig zu betrachtender Beschluß gefaßt worden.

18. September. Die Morgenblätter melden bestäti⸗ gend, daß bis zur Entscheidung des Konflikts-Ge— richtshofes der status quo aufrecht erhalten werden soll. Der „Rappel“ will wissen, die Kongregationen würden durch ein Cirkularschrei ben aufgefordert werden, sich den Gesetzen unter den Bedingungen der Dekrete vom 29. März d. J. zu unterwerfen. Präsident Grévy ist heute früh nach dem Juradepartement zurückgereist.

18. September. Präsident Gréävy hat seine Ab⸗ reise verschoben. Der Ministerrath trat heute Vormittag um 10 Uhr wieder zusammen.

Italien. Rom, 13. September. (W. 3.) Heute wurde das Grünbuch diplomatischer Aktenstücke ausgegeben. Es umfaßt 10923 Seiten in drei Heften, wozu noch ein Inhalts— verzeichniß von 30 Seiten, kommt. Die Aktenstücke beziehen sich alle auf die orientalische Frage und sind durchwegs älteren Datums. Diejenigen z. B., welche von der Berichtigung der griechisch-türkischen Grenze handeln, sind alle aus der Zeit vor der Berliner Konferenz. Das Inhaltsverzeichniß giebt selber folgende Zusammenstellung der Aktenstücke des Grünbuches: I) Ratifikation des Berliner Vertrages, russisch-türkischer Friedensvertrag, Räumung und Uebergabe der betreffenden Gebiete. 2) Reformen in der Türkei. 3) Türkische Finanzen. 4) Konstituirung Ost-Rumeliens. 5) Grenzbestimmungen, a. für Serbien, b. für Bulgarien, c. für Ost⸗Rumelien, d. für Montenegro. 6) Bestimmung der türkisch⸗griechischen Grenze. 7) Anerkennung Serbiens. 8) Anerkennung Ru⸗ mäniens.

Türkei. Konstantinopel, 17. September. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Assim Pascha, hat ein Rundschreiben an die Vertreter der auswärtigen Mächte gerichtet, in welchem er erklärt, daß der jüngste Ministerwechsel einzig und allein durch den Wunsch des Sultans veranlaßt worden sei, eine schnellere Regelung der politischen Angelegenheiten herbeigeführt zu sehen. Daher bestehe das Programm und die Aufgabe des neuen Kabinets in der schleunigen Lösung der schwebenden Fragen, wie dses dem festen Willen des Sultans entspreche. Den neuesten der Pforte . Nachrichten zufolge hat, Dank den Anstrengungen Riza Paschas, die Erregung in Albanien einer verhältnißmäßigen Ruhe Platz gemacht, welche Riza Pascha ohne weitere Unterstützung und ohne Blutvergießen ö Uebergabe Duleignos an Montenegro ermöglichen ürfte.

In, dem am Mittwoch im P lais abgehaltenen außerordentlichen Ministerrathe bezüglich der monte⸗ negrinischen Frage wurde nach langer Verhand— lung über die Montenegro betreffenden Bestimmungen des Berliner Vertrags, über den Antrag Corti's und über die Ab— tretung Dulcignos, beschlossen, eine Note an die Mächte zu

Dieser Erfolg wird die ˖

richten, in welcher die Pforte in die Abtretung Dulcignos ein— willigt, unter der Bedingung, daß vorher eine endgültige Grenzlinie festgestellt werde.

Die „Pol. Corr.“ erfährt aus Kattaro vom heutigen Tage: 6000 Montenegriner mit 3 Gebirgs-Batterien und einer schweren Batterie stehen bei Suterman oberhalb Anti⸗ vari und sind zum Vorrücken bereit, sobald die europäische Flotte in Sicht kommt. Die verschanzten albanesi schen Lager auf Mazura Planina liegen im Schußbereich der Flotte; in Dulcigno kommandirt Ibrahim Bey.

Rumänien. Bu karest, 18. September. (W. T. B.) Nach einem Telegramm aus Ku st end sche hat sich der Minister⸗ Präsident Bratiano gestern nach Besichtigung der mili— tärischen Etahlissements, der Kirchen aller Konfessionen und anderer öffentlichen Gebäude in Begleitung des Präfekten und des türkischen Gesandten, Suleiman Bey, auf dem ru⸗ mänischen Kriegsdampfer „Griwitza“ nach Mangalia begeben.

Bulgarien. Sofia, 6. September. (Pol. C) In der letzten Session der Sobranis wurde ein Budget vör— gelegt, welches mit einem Defizit von 3110 620 Fres. ab⸗ schloß. Einer Einnahme von 23 Millionen standen Ausgaben in der Höhe von 26110 620 Fres. gegenüber. Es handelt sich nun in erster Linie darum, in dem nächstjährigen Staatsvoranschlage das Defizit zu beseitigen.

Schweden und Norwegen. Christiania, 13. Septem- ber. (K. 3.) Dem volksthümlichen Könige Dänemarks und Norwegens, Christian IV. (F 1648), der im Volksliede König Christian stand am hohen Mast“ fortlebt, ist hier ein Denkmal gesetzt worden, das Ende d. M. im Beisein des Königs Os kar feierlich enthüllt werden soll.

14. September. (Wes. 3.) Die drei militärischen Mitglieder des Militärausschusses des Storthings (General Grimsgaard und die Kapitäne Gregersen und Jacobsen) haben dem Präsidenten Sverdrup die Mittheilung zugehen lassen, daß sie an den Berathungen des Au s— schusses theilnehmen werden. Es 'ist dieser Schritt um so auffallender, als die Regierung ihre Genehmigung zum Zusammentritte dieser Kommission verweigert hat, da es dem Grundgesetze widerspreche, daß Ausschüsse des Storthings zu einer Zeit tagen, wo keine Session stattfindet. Bedenkt man ferner, daß der Ausschuß den dargebotenen Ausweg der Regierung, als Königliche Kommission zur Berathung der Militärfrage unter Hinzuziehung von drei höheren Militärs zusammen— zutreten, abgelehnt hat, so wird die Haltung der obengenannten militärischen Mitglieder des Storthings noch bedenklicher. Die Möglichkeit für diese Herren, so zu verfahren, ist dadurch geboten, daß sie schon, noch früher als Spverdrup die Kommission einberufen hatte, für die erforderliche Zeit sich Permission erwirkt hatten. Dagegen soll dem Lehnsmann Welde die nachgefuchte Erlaubniß zur Theilnahme an den Ausschußberathungen verweigert wor den sein. Das hiesige „Dagblad“ will übrigens wissen, daß die Regierung von der Einberufung der Königlichen Militär⸗ kommisfion absehen will.

Amerika. New⸗York, 4. September. (W. 3.) Nach den letzten Nachrichten aus Centralamerika scheint jede Befürchtung wegen feindseliger Verwickelungen mit der Re— publik Colum bia, welche durch die durch Vereinigte Staaten⸗ Fahrzeuge angeblich auf columbischen Gebiete vorgenommenen Messungen in möglicher Aussicht standen, bei Seite gelegt werden zu können. Aus Bogota wurde unterm 28. Juli berichtet, daß bei der am 20. stattgefundenen Feier der colum⸗ bischen Unabhängigkeit der Gesandte der Vereinigten Staaten daselbst eine Anrede an den Präsidenten der Republik hielt, in welcher er diesem versicherte, daß dem Verfahren der Ver⸗ einigten Staaten von dem Volke von Columbia eine durchaus irrthümliche Auslegung gegeben worden sei und die Ver— einigten Staaten nur von dem Wunsche der Beförderung der⸗ Intere ssen der spanisch⸗amerikanischen Republiken beseelt seien. Der Präsident Nunez beantwortete diese Versicherung mit der Aussprache des Danks seiner Regierung für die guten Ab sichten der Vereinigten Staaten.

Südamerika. (A. C.) Ueber den südamerikanischen Krieg wird aus Washington vom 15.8. telegraphirt: Im Juli d. J. benachrichtigte der amerikanische Gesandte in Chile, Mr. Osborne, die Regierung der Vereinigten Staaten, daß Chile zweifellos die Vermittelung der Washingtoner Re⸗ gierung zum Zwecke einer Beendigung des Krieges mit Peru annehmen würde. Darauf folgte ein Schriftwechsel über den Gegenstand zwischen den drei Regierungen, aber bis jetzt hat die Regierung der Vereinigten Staaten weder von Chile noch von Peru eine offizielle Benachrichtigung erhalten, daß die angebotene Vermittelung acceptirt werde.

In Brasilien werden Vorkehrungen getroffen, um den 50. Jahrestag der Regierung des Kaifers festlich zu begehen. Dom Pedro II. bestieg am 1. April 1831 im Alter von 6 Jahren den brasilianischen Thron.

Nr. 38 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichgamt des Innern, hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungesachen: Autweisung von Aus ländern aus dem Reichsgebiete. Zoll- und Steuerwesen: Ander weite Bestimmung, betreffs der Trantportkontrole Über Mühlen⸗ fabrikat: in Schlesien. Neubenennung der obersten Behörde für Zölle 2. in Bayern. Ableben eines Station controleurs. Uebersicht über Ruͤbenzuckersteuer, sowie Zucker-Ein. und Ausfuhr fü‚ r August 1380. Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende August 1889. Statistik der deutschen Banknoten Ende August 1880. Gisenbahnwesen: Eröffnung von Bahnstrecken. Marine und Schiffahrt: Beginn einer Seesteuermannt⸗Prüfung. Konsnlatwefen: Erequaturertheilung.

Nr. 34 des „Justiz⸗Ministerial Blatts“ hat folgen⸗ den Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 3. September 1886, betref⸗ fend die im Auslande zu bewirkenden Zustellungen. §5§. 182, 185 C. R O, §. 37 St. P. O. Erkenntniß des Reichsgerichts vom 23. Februar 1880. .

Nr. 25 des Deutschen Handels -Archivs, Wochenschrift für Handel und Gewerbe, herausgegeben im Reichsamt des Innern, enthält: Gesetzgebung: Deutsches Reich: Bekanntmachung, betreffend den Mittelwerth der italienischen Lira Papier bei Berechnung der Wechselstempelabgabe. Verfügung des Königlich preußischen Finanz Ministeriums, die Tarifirung von imitirten orientalischen Shawl⸗ tüchern betreffend. Großbritannien und Rumänien: Handels“ und Schiffahrtsvertrag zwischen beiden Ländern. Großbritannien: Ver⸗ bot der Einfuhr verschiedener Vegetabillen in Eypern. Rußland: Vorschriften zur Verhütung des Zusammenstoßenz der Schiffe auf See. Peru und Chile: Zollregime der perugnischen Prooinz Taena⸗ Arica. Entrichtung der Zölle für die nach Arica gesandten Waaren in Valparaiso. Venezuela: Wiedereinführung des Eingangszolls

auf gewisse Weine. Berichte: Deutsches Reich: Osnabrück. Großbritannien: Handelsbericht aus Lago (Guinea) für 18795. Handelsbericht aus La Valetta (Malta) für 18379. Schiffsverkehr im Hafen von Hongkong während der Jahre 1878 und 1879. Belgien: Handelsbericht aus Antwerpen für 1879. Spanien: Handelsbericht aus Cebu (Philippinische Inseln) für 1879. Brasilien: Handelsbericht aus Porto Alegre für 1879. Japan: Bericht aus Jokohama über die Verschlechterung der japanifchen Seide.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die deutsche Industrie 1875 und 1861. Statistische Darstellung der Verbreitung ihrer Zweige über die einzelnen Staaten des Deutschen Reichs mit Hervorhebung Preußens von Br. Engel. Berlin 1880. Verlag des Königlichen Statistischen Buréaus (Dr. Engel). Seit. G. von Viebahn sein verdienstvolles Weik „Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands“ beraus— gegeben, ist keine solche gedrängte literarische Zusammenfassung des deutschen Gewerbfleißes mehr erschienen. Der III. Band des genannten Werkes behandelt bekanntlich u. A. auch die Thierzucht und die Gewerbe. Von den Gewerben theilt er den Gesammtbestand, die me⸗ chanischen Kräfte und die Arbeiterverhältnisse mit. Die Zahlen hierüber beziehen sich auf das Jahr 1861. Zwischen 1861 und 1875 hat keine Gewerbezählung wieder stattgefunden. Die Ergebnisse letzterer sind zwar schon seit geraumer Zeit sowohl in den Publikationen der sta— tistischen Bureaus der einzelnen Staaten des Deutschen Reiches, als auch in denen des Kaiserlichen statistischen Amts in ausführlichster Weise zur öffentlichen Kenntniß gebracht worden; allein durch die große Ausführlichkeit sind die meisten dieser Publikationen sehr um fangreich und schwer benutzbar für den unmittelbaren praktischen Ge⸗ brauch geworden. Das Bedürfniß eines gedrängten handlichen Nach—= weises der Hauptresultate der Gewerbezählung vom 1. Dezember 1876 machte sich daher immer fühlbarer, und besonders lebhaft trat es zu Tage als die Gewißheit vorlag, daß im Jahre 1880 keine neue Gewerbezählung stattfinden würde, mithin die Angaben aus dem Jahre 1875 noch mehrere Jahre vorzuhalten haben werden. Plan und Eintheilung der vorliegenden Veröffentlichunz sind aus dem Inhaltsverzeichniß leicht zu übersehen. Sie zerfällt in zwei, dem Raume nach, die sie hier einnehmen, freilich sehr ungleiche Theile. Der erste stellt auf 207 Seiten ausschließlich die Industrie des Deutschen Reiches am Ende des Jahres 1875 in allen ihren Ver— zweigungen dar, während der zweite auf nur 12 Seiten die In— dustrie des Zollvereind am Ende des Jahres 1861 derjenigen des Deutschen Reichs am Ende des Jahres 1875 gegenüberstellt. Die 1. Tabelle auf S. 1 bis S. 145 giebt in der jetzt allgemein angenommenen systematischen Ordnung der Gewerbebetriebe Auskunft über das Personal und die motorischen Kräfte jedes bei der Gewerbe zählung getrennt gehaltenen Gewerbzweiges, und theilt für jeden Staat des Reiches mit: die Zahl der Betriebe mit Unter— scheidung in Klein- und Großbetriebe (d. h. Betriebe mit bis 5 und über 5 Gehülfen oder Hülfspersonen), ferner die Zahl der in diesen Betrieben beschäftigten Personen und der in den Großbetrieben ver wandten mechanischen Pferdestärken, mit besonderer Hervorhebung derer der Dampfmaschinen. Die ermittelte Zahl der nur gewerblich im Deutschen Reich Erwerbthätigen beträgt 6470 650 unter 42727 360 Bewohnern. Der Antheil Preußens ist bei jedem Ge⸗ werbzweige hervorgehoben. Das Verhältniß der Gesammtbevölkerung Preußens zu der des Reiches ist 60,2: 10600; dagegen beträgt in Preußen, wenn alle Ziffern des Reiches 100,09 gesetzt werden, die Zahl der Gewerbebetriebe nur 56,94, die der Personen derselben nur 5604. Auf S. 144 ist mit wenigen Zahlen ersichtlich gemacht, in welchen Gewerbzweigen Preußen über jene durch die Be— völkerungsziffer gegebenen Normen hinausgeht, oder auch da— hinter zurückbleibt. Ersteres ist am meisten bei dem Bergbau, Hütten und Salinenwesen und bei der Fischerei der Fall. Letzteres dagegen vorzugsweise bei den künstlerischen Betrieben, der Kunst⸗ und Handelsgärtnerei, der Textilindustrie und bei den Be⸗ herbergungs, und Erquickungsgewerben. Dieses an der Bevöl kerungs— ziffer gemessene Zurückbleiben Preußens in einzelnen Industrie— jweigen wird indessen mehrfach und zum Theil sehr reichlich aufge⸗ wogen durch das Uebergewicht seiner motorischen Kräfte, insbesondere der Dampf ⸗Pferdestärken. So ist der Antheil Preußens an der Dampfkraft des Reiches im Bergbau und Hüttenwesen, in der Metall verarbeitung, der Industrie der Steine und Erden, der Heiz⸗ und Leucht. stoffe, der Nahrungs⸗ und Genußmittel, ein über jenes Maß von 60, 2 0/ sehr hervorragender. Die 2. Tabelle (von S. 146 bis 195) zählt die in den einzelnen Klassen der Betriebe verwendeten charakteristi⸗ schen Arbeitsmaschinen, Vorrichtungen und Apparate auf. Tabelle 3 (S. 196— 00) enthält eine Zusammenfassung der motorischen Kräfte und der charakteristischen Arbeitsmaschinen u. s. w. nach Gruppen, und zwar in der Anordnung, daß sofort für jede Gruppe ersichtlich ist, mit welchen mechanischen Hülfsmitteln die Großbetriebe dersel ben ausgerüstet sind. In Tabelle 4 (S. 201 202) sind die allein addirbaren motorischen Kräfte (Wasser, Dampf, Gas und Heißluft). für die einzelnen Gruppen mitgetheilt. Der zweite Theil enthält dann den Vergleich der Industrie des Zoll— vereins am Ende des Jahres 1861 mit der des Deutschen Reiches am Ende des Jahres 1875 Hier beschäftigt sich Tabelle 5 (S. 204 - 267) damit, die Zahlen von 1861 und 1875 vergleichs fähig zu machen, worauf diejenigen der Tabelle 6 (S. 208 209) die Thatsache erweisen, daß die ganze Bevölkerung des Staatsgebietes des Zoll vereins in der Zeit von 1861 1875 um 12,51 /o zugenommen hat, die erwerbthätige Bevölkerung aber um 27 0/0. Letztere ist mithin um mehr als das Doppelte rascher gewachsen als erstere, was nichts Anderes heißt, als daß das Deutsche Reich in höberem Grade Industriestaat geworden ist. Unter den größeren Staaten gilt dies namentlich von Preußen, über dessen Wandelungen in genannter Beziehung sich die Tabelle 8 (S. 214) noch etwas spezieller verbreitet. Auf je 10 609 der Gesammt⸗ bevölkerung kamen 1858 genau so viel Erwerbthätige wie 1861, nämlich 1169. Bis zur letzten Gewerbezählung, den J. Dezember 1876, war die Quote der Erwerbthätigen in den nämlichen Gewerbzweigen von 1169 auf 1226 gestiegen. Wenn man sämmtliche Staaten des Deutschen Reiches auf gleiche Bewohnerzahlen reduzirt und das Ver— hältniß der Zahl der Erwerbsthätigen jeder Gruppe zur Gesammt⸗— bevölkerung jedes einzelnen Staates ermittelt, wie das für 1875 und 1861 in Tabelle 7 (S. 210 213) geschehen ist, so erhält man Auf⸗ schluß über den vorherrschenden gewerblichen Charakter der einzelnen Staaten des Reiches. Von je 10000 Ortsanwesenden waren 1861 nur 1333,4 Erwerbthätige, 1575 aber 165144. Aus den Spalten 5 bis 23 der 7. Tabelle ist zu entnehmen, in welchen Gewerbzweigen der Fortschritt oder auch der Rückschritt der Gewerbsamkeit der ver— schiedenen Staaten stattgefunden hat. So ist z. B. Preußen ausge—⸗ zeichnet durch einen starken Vorschritt im Bergbau, Hütten und Sa⸗ linenwesen, in der Fabrikation von Maschinen, Werkjeugen u. s. w. in der chemischen Industrie und einigen anderen mehr, während es auch in manchen Gewerben Rüöckschritte aufzuweisen hat, so z. B. in der Textilindustrie und in den Baugewerben. Wir müssen es uns versagen, auf den reichen Inhalt der Publikation hier näher ein— zugehen, und bemerken nur noch, daß ausführliche alphabetische Re⸗ gister für die Gewerbebeiriebe und deren Benennungen, für die in diesen Betrieben beschäftigten Motoren, Arbeits! und Werkzeug— Maschinen und Apparate, welche den Schluß der Schrift bilden, ge— nügend den Weg durch dieselbe weisen.

Gewerbe und SHanhel.

Das Kuratorium der Preußischen Hypotheken ⸗Aktien⸗ bank hat die für die beabsichtigte Ausgabe 4prozentiger Pfandbriefe erforderlichen Aenderungen des Reglements über das Verfahren bei der Amortisation beschlossen. Die durch das Ableben des Direktors Hermann Spielhagen entstandene Vakanz wird nicht neu besetzt; die Direktion wird viel mehr ferner durch die bisherigen Metglieder gebildet. Aus dem von der Hauptdirektion erstatteten Geschäftsberichte ent⸗ nehmen wir, daß in der Zeit vom 1. Januar bis 31. August e. 4 985 305 0

Hypotheken erworben und 2 665 400 M Hypotheken an die Bank zurückgezahlt sind. Von den neu erworbenen Hvpotheken sind zum Tresor als Unterlage für ausgegebene Pfandbriefe genommen 4591 700 S. Die statutarlsche Beleihungẽfahig keit der hierfür ver⸗ pfändeten Grundstücke beziffert sich auf 4 853 584 M, der Feuer- versicherungswerth derselben auf 6277 487 6. Von den seit Beginn d. J. emittirten 43 prozentigen Paripfandbriefen waren bis zum 31. August er. in Umlauf gesetzt 3 265 300 , während überhaupt von den Pfandbriefen der Bank am 31. August im Umlauf waren Sa ʒMꝛ Mh it . .

Stralsund, 13. September. Auf den in diesem Jahre im diesseitigen Verwaltungsbezirke abgebaltenen Remonte märkten wurden 147 Pferde zum Verkauf gestellt; davon sind 42 Pferde für die Summe von 26 890 AM gekauft worden. Der gezahlte höchste Preis für ein Pferd betrug 1000 „M, der niedrigste Preis 350 , der Durchschnittspreis 64010/α. .. .

Nach der dem Aufsichtsrath der Cröllwitzer Aktien Papterfabrik vorgelegten Bilanz per 39. Juni 1889 ist ein Ge—⸗ winn von 334 051 M erzielt worden. Nach den Abschreibungen, Dotirung des Reserve⸗ und Delerederefonds, sowie nach Abzug der Tantiemen werden auf das jetzige Aktienkapital von 900 O0 S 420 zur Vertheilung gelangen.

In der vorgestrigen Generalversammlung der Kammgarn spinnerei Harthau, Aktiengesellschaft wurde Decharge er— theilt und die Dividende auf 40 festgesetzt.

Nürnberg, 16. September. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Heute wurden annähernd 1000 Ballen Hopfen ju Markte gebracht. Da die Exporteure etwas zurückhaltender im Ein— kauf waren und nur zu niedrigen Preisen kauften, sahen sich die Eigner von Mittelsorten gezwungen, um einige Mark billiger abzu— geben. Brandige, scheckige Hopfen sind sehr schwer verkäuflich. Prima Qualitäten bleiben fortwährend stark gesucht und erzielen hohe Preise. Der Gesammtumsatz beläuft sich auf ca. 1200 Ballen. Die Stim⸗ mung ist ruhig. Die Notirungen lauten: Marktwaare prima 65— I5 „, mittel 50 60 MS, gering 40—- 50 ; Aischgründer und El— sässer prima 70 80 „M, mittel 55 65 „, gering 50 = 55 ½νν :; pol⸗ nischer, württemberger, badische und Hallertauer prima 90— 110 , mittel 65— 80 M, gering 50 0 A

Berlin, 18. September 1880.

2 Der bereits angezeigte 2. Theil J. Bandes (Heft 2 bis 4) des Jahrbuchs der Königlich preußischen Kunstsammlungen (Berlin, Verlag der Weidmannschen Buchhandlung) bringt außer den mitgetheilten amtlichen Nachrichten über Neu- Erwerbungen, Per— sonalveränderungen 2c. eine Reihe kunstwissenschaftlicher Beiträge und Abhandlungen. Zunächst giebt W. Bode eine Charakteristik Adam Elsheimers, „des römischen Malers deutscher Nation (aeboren in Frankfurt a. M. 1567, gestorben wahrscheinlich 1820), , von dem der Verfasser mehrere charakteristische Bilder in der hiesigen Galerie entdeckt hat. Dem Aufsatz sind 3 Faesimiles nach Zeichnungen Elsbeimers aus seinem im Städel schen Museum zu Frankfurt aufbewahrten Skizzenbuche beigegeben: jwei weihliche Köpfe (Studien nach Rafael) und eine eigene Kompo— sition, die Verspottung Christi darstellend. Ein Verzeichniß der Werke Elsheimers soll im nächsten Bande gegeben werden. Von dem Aufsatze über die italienischen Schaumünzen des fünfzehnten Jahr⸗ hunderts (1430 1539), von Julius Friedländer, folgt sodann die zweite Hälfte. Hier wird der auch als Maler einst be⸗ rühmte Vittor Pisano in seiner Bedeutung auf diesem Kunstgebiet gewürdigt und vier alte italienische Lobgedichte auf ihn mitgetheilt. Auf 7 Tafeln werden in vorzüglich gelungenem, die Originale aufs Treueste veranschaulichendem Lichtdruck (von Frisch hierselbst) eine Reihe der schönsten Schaumünzen des Pisano vor Augen geführt. An diesen Aufsatz reiht sich eine Abhandlung von M. Jordan über den vermißten Traktat des Piero della Franc. gca über die 5 regel mäßigen Körper und ferner Mittheilungen über mittelalterliche Zeugdrucke im hiesigen Kunstgewerbemuseum, von Julius Lessing. In dem Terxt des letzteren Aufsatzes sind mehrere dieser Drucke im Faesimile reproduzirt. Sehr merkwürdig ist nament⸗— lich das mitgetheilte Fragment, welches im Schutt eines rüh⸗ mittelalterlichen Grabes in der Schloßkirche zu Quedlinburg flmit einem darin eingehüllten Reliquienbruchtheil) gefunden worden ist. Dasselbe zeigt die rohschematisirte Darstellung des Ganymedraubes, wird von dem Verfasser für sassanidischen Ursprungs ge— balten und von ihm in das 6. 7. Jahrhundert verlegt. Ein ganz besonderes Interesse aber beansprucht der nun folgende vorläufige! Bericht über die Ausgrabungen zu Pergamon und ihre Ergebnisse. Nach einigen einleitenden Worten von A. Conze giebt hier Carl Humann eine lebendige Geschichte der von ihm seit einem Jahrzehnt geplanten und mit Unterstützung des Aus— wärtigen Amts und der Museumsverwaltung zu so alücklichem Ausgange geführten mühevollen Unternehmung. Die ganze Ausbeute ist nunmehr in Berlin eingetroffen, die letzten Kisten am 3. Juni d. J. Alles in Allem waren es 462 Kisten im Gewichte von ea. 7000 Ctr., wovon etwa die Hälfte auf Skulpturen, die Hälfte auf Architekturen und Inschriften kommt. Ein statisti⸗ scher Ueberblick des Gewonnenen ergiebt nach Humann 84 größere Platten der Gizantomachie, dazu drei schon früher dem Museum gesandte Platten und ein nach Konstantinopel verschenkt gewesenes Stück. Das ganze Bild der Gigantenschlacht hatte bei einer Länge von 135m und 2, 30 m Höhe einen Flächeninhalt von rund 300 4m. Dle Funde repräsentiren 120 4m, die reichlich 200 größer n, und klei neren Fragmente sowie die sich von selbst füllenden kleinen Lücken hinzugerechnet aber 180 dm oder 5, des Gesammtwerkes. Von der Telephosserie (Darstellungen aus der Sage, die sich um die Gestalt dieses mythischen Stammvaters der Pergamener schlingt), sind 35 Platten und ca. 190 Bruchstücke, ferner Einzel— statuen, Büsten, zwei Altäre oder Basen, Pferde u. a. gefunden worden, sowie ea. 130 Inschriften. Ferner sind aber auch die sämmt⸗ lichen Stücke des großen Hauptgesimses, soweit sie Götternamen oder technische Besonderheiten zeigten, hierher geschafft worden, gleichwie eine der Inschrift nach von Attales II. 1 eine Fülle architektonischen Materials von dem Altarbau und dessen Umgebung wie von dem Augusteum und dem Gymnast um. Ueber die Lage und Konstruktion des großen Altars giebt Richard Bohn architettonische Erläuterungen, während die Skulpturen des Altars von dem wissenschaftlichen Hauptförderer des Unternehmens, Direktor Conze in einer ausführlichen, geistvollen, mit vielen erklärenden Ab— bildungen ausgestatteten Abhandlung besprochen und gedeutet werden. Danach handelt es sich hier um eine Verherrlichung der unter den Königen von Pergamon, Attalos 1. und Eumenes 1II. erfochtenen Siege über die Gallier. Aber, sagt der Verfasser im Vorwort, es sei mehr als rhetorisches Spiel gewesen, wenn die Künstler zur Verwirklichung dieses Gedankens an einem großen Weihgebäude den gewaltigsten Vorgang der griechi—⸗ schen Göttersage, den Sieg der Götter über die erdgeborenen Giganten zum Hauptagegenstand der Darstellung machten. Man empfinde es von diesem Werke, daß das Geschlecht, welches es er⸗ schaffen, Wunder, Kampf und Sieg an sich selbst erlebt, daß auch hier der Krieg in die Leistungen des Friedens einen volleren Zug ge⸗ bracht habe. So konnte in ihnen die griechische Kunst noch einmal mit voller Großartigkeit, welche jedoch die Anmuth keines wegs ausschloß, auftreten. An die Abhandlung über die Bildwerke reiht sich eine weitere desselben Verfassers über die Inschriften, fer · ner Aufsätze über den Augustugtempel von Hermann Stiller, über das Gymnasium von Richard Bohn und über die Inschriften am Gymnasium von Lolling.

struktionsentwürfen (von Bohn, Stiller und Raschdorff) und

erbaute Exedra und

Zeichnungen nach den schönsten Gruppen der Gigantomachie beigegeben sind. Die Ausstattung in Papier und Druck ist eine außerordentlich gediegene und würdige. Die Berjöge rung in dem Erscheinen des zweiten und dritten Hefts wird übrigens mit dem Wunsche der Herausgeber entschuldigt, den Lesern im zweiten Hefte des Jahrbuchetz schon den Bericht über die Ausgrabungen zu Perga⸗ mon zu geben. Indessen habe sich leider zu spät die Unmöglichkeit herausgestellt, diese Arbeit früher als geschehen zum Abschluß zu bringen. In Zukunft soll das Jahrbuch regelmäßig am Beginn jedes Vierteljahres erscheinen. Am 1. Oktober gelangt ein Supple⸗ mentheft für den ersten Jahrgang zur Ausgabe.

Wildbad, 14. September. (A. 3.) Heute früh begann die erste Sitzung der hier tagenden IX. Versammlung deutscher Forstmänner im Kursaale des Königlichen Badhotels. Vor Be⸗ ginn der Sitzung forderte der seitherige Präsident, Ober -Forstmeister Direktor Dankelmann von Neustadt Eberswalde, die Versammlung auf, zum ehrenden Andenken an den gestern veerdigten preußischen Wber Landes ⸗Forstmeister v. Hagen sich von ihren Sitzen zu erheben. Sofort wurde zur Wahl des Präsidenten geschritten und durch Akklamation gewählt Dr. Judeich, Geh. Ober -Forstrath aus Tha— rand, zum Vize⸗-Präsidenten Forstratb Ganghofer aus München, zu Schriftführern Oberförster Nagel und Ober förster Ney. Zu Beginn der Sitzung begrüßte der Finanz ⸗Minister Dr. v Renner die Versammlung im Austrag Sr. Majestät des Königs, der, selbst ein großer Freund des Waldes, den Verhandlungen mit Interesse folgen werde und deren besten Erfolg wünsche. Hierauf hob der Minister die seitherigen Leistungen des Vereins für Hebung des Waldes und seiner Vertreter anerkennend hervor und rühmte es, daß der Verein nicht nur die Forsttechnik, sondern auch die überaus wichtige Forstpolizei in den Kreis seiner Thätizkeit ziehe. Endlich hob er als eine schöne Seite des Vereins hervor das durch denselben unter den Berufsgenossen be—⸗ festigte Freundschaftsband und wünschte, daß es dem deutschen Walde nie an tüchtigen, ihrem Berufe treu ergebenen Pflegern fehlen möge. Hierauf erwidernd, hob der Präsident das warme Inieresse hervor, welches in Württemberg dem Forstwesen zugewendet werde, und betonte, wie dieses Interesse ganz besonders von dem Könige Karl von Württemberg gehegt und gepflegt werde. Er schloß mit einem dreifachen Hoch auf Se. Meajestät, in welcheß die Versammlung begeistert ein stimmte. Nachdem noch Stadtschultheiß Bäzner in warmen Worten die Versammlung begrüßt hatte, wurde zum Gegenstand der Be— rathung geschritten. Denselben bildete die Frage: „Ist es, um der vermehrten Nachfrage nach Nutzholz Rechnung zu tragen, nothwendig, die Buchenwaldhochwirthschaft zu verlassen, oder verdient es den Vorzug, im Buchenhochwald möglichst viel Nutzholz eingesprengt zu er— ziehen?!“ Nach Schluß der Debatte wurde die Versammlung um halb 11 Uhr geschlossen. Die um diese Zeit ausgegebene Mitglieder—⸗ liste ergab 323 Besucher; doch sind seitdem zahlreiche weitere Mit- glieder eingetroffen. k

Bremen, 17. September. In der heutigen Sitzung des Kongre ses deutscher Strafanstaltsbeamten sprach der vortragende Rath im Ministerium des Innern, Geh. Ober Regie · rungs Rath Illing (Berlin), in sehr eingehender Weise über: „die Vermehrung des Lasters der Trunkenheit und die Strafrechtspflege. Mit Zustimmung des Referenten wurde schließlich nur resolÜvirt: „Der Kongreß erklärt: Nach den Erfahrungen der Deutschen Strafanstaltsbeamten ist der größere Theil der zur Unter— suchung kommenden Vergehen und Verbrechen eine direkte oder indirekte Folge des Genusses geistiger Getränke. Direktor Hölldorfer (Zwickau) stellte den Antrag:; Der Kongreß beschließt; Nach den bisher auf dem Gebiete des Gefängniß— wesens gemachten Erfahrungen ist es ein Bedürfniß, daß zur Heran⸗ bildung von brauchbaren Gefängnißbediensteten Aufseherschulen an den größten Strafanstalten Deutschlands aus Staatsmitteln errichtet werden“. Dieser Antrag wurde jedoch von verschiedenen Seiten, unter Hinweis auf die dazu vorhandenen unzulänglichen Mittel, be kämpft. Direktor Krohne (Rendsburg) beantragte: Der Kongreß beschließt: Zur Gewinnung von tüchtigen Aufsehern ist es noth— wendig, geeignete Persönlichkeiten durch einen längeren Vorbereitungs— dienst für ihren Beruf vorzubereiten. Der Krohnesche Antrag ge— langte schließlich, unter Ablehnung des von Direktor Hölldorfer pro⸗ ponirten, zur Annabme, Endlich wurde noch beschlossen? „Der Kongreß erklärt die Errichtung von Anstalten für geistes kranke Ver⸗ brecher für nothwendig. Hierauf schloß der Vorsitzende, General⸗ Staatsanwalt Dr. von Schwarze (Dresden), den Kongreß.

In der Septembernummer der North American Review. giebt Professor Desiré⸗Chornay, der Leiter der bereits erwähnten Expe⸗—

welche sich im Auftrage der französischen Regierung New⸗Jorker Privatmannes, Namens Lorillard, einer Durch forschung der mexikanischen und cent ral⸗ amerikanischen Alterthümer unterziehen soll, einen ersten Bericht. Einige Stellen aus diesem Berichte wollen wir hier nach der „Wes. Ztg.“ wiedergeben. Zuerst wird in dem in der ‚North American Review“ veröffentlichten Bericht eines Besuchs Er— wähnung gethan, welcher den beiden seit Humboldt bekannt ge— wordenen großen Pyramiden bei (San Juan de) Teotihuacan abgestattet wurde. Die eine dieser Pyramiden ist der Sonnengott heit, die andere der Mondgöttin geweiht; oben abgeschnitten tragen sie die diesen Gottheiten geweihten Tempel und Altäre. Die der Sonnengottheit geheiligte Pyramide hat eine Höhe von 216 Fuß und bedeckt eine Grundfläche von 761 Quadratfuß. Die Pyramide ist vierseitig, genau nach den Himmelsgegenden orientirt. Von Treppen, welche zur Besteigung dieses Baues gedient haben könnten, ist keine Spur zu bemerken; vielleicht führte ur— sprünglich ein sich um die Pyramide herumziehender, all— mählich aufsteigender Weg zu dem oben befindlichen Altar. „Wir kennen,“ so heißt es in dem betreffenden Aufsatze, »die Erbauer dieser Pyramiden nicht. Soviel aber kann man be— haupten, daß die gewohnliche Annahme, welche die Tolteken als Er⸗ bauer nennt, und die ganz allgemeine Annahme, welche unter diesen Telteken eine besondere Völkerschaft versteht, eine irrthümliche ist, entstanden durch die falsche Auslegung des Wortes Toltek. Tolteł⸗ heißt nichts anderes als Erbauer; diese Bezeichnung finden wir jedem Völkerstamme beigelegt, welches in Baudenkmälern 2c. Spuren seiner ehemaligen Existenz zurückgelassen hat.“ . einer anderen Stelle erwähnt der Bericht das in der Nähe be— findliche kolossale Götzenbild von Cholula. Leider wissen wir nicht, welche Gottheit in ihm die Bewohner der Götterstadt, so heißt Teotihuacan verdeutscht, verehrt haben. Das Monument von paralleli pipedischer Form ist ein Monolyth aus Trachytgestein; die Skulpturarbeit ist plump und zugleich außerst starr. Es ist jedoch fraglich, ob man nach der Anwendung dieses Skulpturstils wirklich auf eine niedrige Stufe der damaligen Bevölkerung in dieser Kunst schließen darf, oder ob man hier auf Nachahmungen des ältesten Skulpturstils schließen muß, welcher ja in der Regel bei religiösen Bildwerken beigehalten wird; man würde es also mit einem demjenigen Stile ähnlichen zu thun haben, welchem man in der griechischen Kunstgeschichte den Namen des hieratischen gegeben bat. Kleinere Bildwerke verschiedenen Charakters, aus weicherem Material gebildet, zeigen eine so vollendete Arbeit, daß man sie als wahre Kunstwerke bezeichnen muß. So ist es z. B. ein Frauenkopf, welcher dem Verfasser des Berichts in der North Ameriean Re⸗ view“ von ganz besonderer Bedeutung zu sein scheint. Die Gesichtz« züge zeigen einen europäischen, einen griechischen Typus; er hat trotz der jzertrümmerten Nase eine unverkennbare Aehnlichkeit mit der Venus von Milo.

dition, und eines

Mit einem Sch lußwort von Conze endet der Bericht, welchem außer den zahlreichen Abbildungen im Terte noch eine Serie von Tafeln mit vorzüglich reproduzirten Rekon⸗

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.

Preußische Jahrbücher. Herausgegeben von Heinrich von Treitschke. Sechsundvierzigster Band. Drittes Heft. September 1880. Berlin, 1880. G. Reimer. Inhalt: Zur Geschichte des deutschen Adels. (Schluß.) (Christtan Meyer.) Zur Würdigung Lavaters.