1880 / 226 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Sep 1880 18:00:01 GMT) scan diff

theilt. Der Verkauf kann im Ganzen oder in einzelnen Partien erfolgen. Diejenigen Personen, welche Akten kaufen, die eingestampft oder sonst vernichtet werden müssen, haben sich schriftlich zu verpflichten, daß sie die erstandenen Akten ohne Ausnahme einstampfen oder sonst vernichten lassen und vorher Niemandem deren Durchsicht gestatten wollen. Für den Fall des Zuwiderhandelns ist eine Konventionalstrafe bis auf Höhe des doppelten Betrages der für sämmtliche erstandene Akten gezahlten Kaufsumme zu verabreden und festzusetzen. Eine Versendung ausgesonderter Akten zum Zwecke des Ver⸗ kaufs ist nur mit Genehmigung der Vorstandsbeamten des Ober⸗-Landesgerichts und nur dann zu veranlassen, wenn vor— ausgesehen werden kann, daß die Kosten der Versendung durch den dadurch zu erzielenden höheren Kaufpreis über— stiegen werden. Die Erlbse aus dem Verkaufe der Akten werden gemäß §. 37 Nr. 3 der Anweisung vom 30. August 1879 an die Regierungs⸗(Bezirks) Hauptkasse abgeführt und bei derselben in Höhe von 80 Proz. als Hebungen für die Justiz⸗Offizianten⸗Wittwenkasse, in Höhe von 20 Proz. dagegen unter dem für sonstige verschiedene Einnahmen bestimmten Etatstitel verrechnet. Diese 20 Proz. können, soweit sie nicht zur Deckung der baaren Auslagen dienen, von den Vorstandsbeamten des Ober⸗-Landesgerichts zu Remune— rationen für die mit der Aussonderung und dem Ver— kaufe der Akten beschäftigten Beamten verwendet werden. Untersuchungsakten, Akten, welche Ehe-, Entmündigungs⸗ Alimentensachen, die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, Geschäftsrevisionen oder Disziplinarfachen betreffen, sowie die Personalakten der Beamten dürfen nur zum Ein⸗ stampfen in den Papiermühlen oder doch zu einem sonstigen, sie vernichtenden Gebrauche an zuverlässige Personen verkauft werden. Die gleiche Bestimmung kann von den Vorstands— beamten des Ober⸗Landesgerichts für andere Akten und Schrist⸗ stücke getroffen werden. Die Vorschriften, nach welchen Ur— kunden, Register und Akten von der Veräußerung entweder ganz ausgeschlossen bleiben oder erst nach Ablauf gewisser Zeiträume verkauft werden dürfen, bleiben in Kraft.

An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver⸗ brauchssteuern, sowie anderen Einnahmen sind im Reiche für die Zeit vom 1 April 1880 bis zum Schlusse des Monats August 1880 verglichen mit der Einnahme in demselben Zeit⸗ raum des Vorjahres, einschließlich der kreditirten Beträge) zur Anschreibung gelangt: Zölle 67 675 5438 M (4 S54 7530 ), Rübenzuckersteuer 13 246 946 S6), (— 912496 09, Salz⸗ steuer 12702 207 ƽ (4 267 778 Sς), Tabaksteuer 3186 062 (t. 21 0765 M6, Branntweinsteuer 9 635 205 S0 (— 242 801 ), Uebergangsabgaben von Branntwein 48 531 S) (412753 6), Brausteuer 6 769 846 M (4 249 981 M6), Uebergangsabgaben von Bier 381 509 MS C 23 173 S6), Summe 84 277 962 C6. 274193 6, Spielkartenstempel zo 556 S6 (48197 . Reichs-Post⸗ und Telegraphenverwaltung 53 636 231 ( 2469 769 M6, Reichs- Eisenbahnverwaltung 16170 400 CH 524414 S6ü). Die zur Reichskasse gelangte Ist-Ein—⸗ nahme abzüglich der Bonifikationen und Verwaltungskosten beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende August 1880: Zölle 57 5965 015 υν (— 9553 557 S6), Rübenzucker— steuer 55 332 331 J, n 3 867 143 SςJ, Salzsteuer 12916544 S6 C 271 006 ), Tabaksteuer 267 464 „MS, . 20 185 6), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von

ranntwein 15 123 799 6 ( 1448 456 ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 6069 248 S 64 2360 8657 b), Summe 147 304404 S (— 6612 818 , Spielkartenstempel

leinschließlich der Nachsteuer) 364 060 S ' C 108 495 sC5). Das „Centralblatt für das Deutsche Reich“

enthält in Nr. 39 das Verzeichniß derjenigen Behörden (Kassen), an welche nach der vom Bundesrath unter dem 23. April 1880 beschlossenen Anweisung, betreffend den zum Zwecke der Einziehung von Gerichtskosten unter den Bundes— staaten zu leistenden Beistand, ein Ersuchen um Einziehung von Gerichtskosten zu richten ist.

—= Der General⸗Lieutenant z. D. Dr. Baeyer, Präsident des Königlichen geodätischen Instituts, ist aus München, wohin derselbe sich zur Generalkonferenz der europãischen Gradmessung begeben hatte, wieder hierher zurückgekehrt.

Die deutsche Korvette „Prinz Adalbert“, an Bord Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich, passirte wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag Frederikshaven.

Szachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 2. Sep⸗ tember. (Allg. Ztg.) Damit die Abgeordneten wohl orien⸗ tirt zu der auf den 24. Oktober festgesetzten Eröffnung des Landtags erscheinen können, hat ihnen die Regierung eine Reihe von Vorlagen bereits zugehen lassen, darunter in erster Linie den Etat auf die Finanzperiode 1881 1883. Derselbe schließt in Einnahme mit 6 319 970, in Ausgabe mit 6 283 196 und sonach mit einem Ueberschuß von 36 880 S pro Jahr ab. Vergleicht man damit den jetzigen Etat, so weist der neue Etat eine Minderung von rund 450 006 S in Einnahme und Ausgabe nach. Die sonstigen Vorlagen der Regierung beziehen sich auf Unterbringung verwahrloster Kinder, Grund—⸗ stuͤckszusammenlegung, Nachtrag zur Gesindeordnung 2e.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 23. September. Der König von Sach sen wird, wie die, W. Z.“ meldet, am 27. d. Mts. in Wien eintreffen. Der König, die Königin und Prinz Waldemar von Dänemark, sowie der König und die Königin von Griechenland, Letztere mit zwei Prin⸗ zessinnen, ihren Töchtern, sind gestern in Gmunden ange⸗ kommen. Sie wurden in Attnang von dem Herzog von Cumberland empfangen. Der Minister⸗Präsident Graf Taaffe ist heute Morgen aus Pest hier eingetroffen.

Die gemeinsamen Minister⸗-Konferenzen zur Feststellung des gemeinsamen Budgets für das Jahr 1881 und der übrigen den Delegationen zu überreichenden Vor— lagen haben mit dem gestern unter V rsitz des Kaisers abge⸗ haltenen Ministerrathe ihren Abschluß gefunden. Ob und welche Herabminderungen an dem Präliminare der Kriegs⸗ verwaltung vorgenommen wurden, darüber liegen, wie die „Pr.“ bemerkt, keine Meldungen vor. Die Delegationen sollen am 19. Oktober zusammentreten.

26. September. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht nunmehr die Ernennung des früheren Handels⸗Ministers Baron von Korb zum Statthalter von Mähren, und des

Sektionschefs Chertek zum Präsidenten der Finanz⸗Landes⸗

direktion in Prag.

Pest, 23. September. Die Abreise des Königs nach

Czegled erfolgte heute Morgen. Der gemeinsame Finanz⸗ Minister Josef von Szlavy, Minister-Präsident Graf

Taaffe und Vize⸗Admiral Pöckh sind heute Morgen nach Wien, Graf Julius Andrassy nach Töke⸗Terebes gereist. Heute Vormittag traten, dem „Pest. L. zufolge, Ritter von Kremer, der österreichische Handels⸗Minister, und Finanz⸗ Minister Graf Julius Szapary beim gemeinsamen Minister des Aeußern Freiherrn von Haymerle zu einer Konferenz zusammen, die bis Nachmittags 2 Uhr dauerte und zoll- und handelspolitische Fragen zum Gegenstand hatte. .

24. September. (W. T. B.) In der heutigen Konferenz der liberalen Partei des Reichstags wurde das bisherige Parteipräsidium wiedergewählt. Vom Baron Perenyi wurde im Interesse einer festeren Organi— sation der Partei die Wahl eines Centralausschusses bean— tragt. Der Minister Trefort stimmte dem Antrage zwar zu, ersuchte jedoch die Konferenz, die Entscheidung dieser wichtigen Angelegenheit bis zur Rückkehr des Minister⸗Präsidenten Tisza zu vertagen. ö

Agram, 23. September. Der Landtag hat sich heute bis zum 11. Oktober vertagt.

Niederlande. Haag, 24. September. (W. T. B.) Das niederländische Budget pro 1881 weist in Aus⸗ gabe 126163 Millionen Gulden auf. Das hiernach sich er⸗ gebende Defizit von 21/4 Millionen Gulden soll provisorisch durch die Ausgabe von Schatzanweisungen gedeckt werden. Außerdem wird die Aufnahme einer Anleihe zur Deckung der Ausgaben für Verbesserung der Kanäle nothwendig sein. Um Uebrigen hält die Regierung eine dauernde Vermehrung der Einnahmen für erforderlich und rechnet auf die Bewilli— gung einer Steuer auf Renten.

Großbritannien und Irland. London, 23. Sep— tember. (Allg. Corr.) Wie der Standard“ erfährt, ist, außer den in Cypern bereits telegraphisch eingegangenen Befehlen, keine neuen öffentlichen Bauten und Werke in Angriff zu nehmen und die angefangenen einzustellen, nun auch Ihrer Majestãt Schiff „Hellespont“, das speziell mit dem Dienst bei der Insel be⸗ traut war, die Weisung ertheilt worden, sich von dieser Sta⸗ tion für immer zurüchzuziehen. Das Fahrzeug soll durch kein anderes ersetzt werden, da dekretirt worden, daß es nicht für nothwendig gehalten werde, in Cypern ein Kriegsschiff zu stationiren.

(Allg. Corr.) Der Spezialberichterstatter des „Standard“ meldet aus Kandahar:

General Me Gregors Brigade (das 60. Schuüͤtzen⸗Regiment und drei eingeborene bengalische Regimenter) sind nach Indien zurück beordert worden; unterwegs haben sie die Marris zu züchtigen, welche vor sechs Wochen unsere Truppen auf dem Rückzuge niedergemetzelt und geplündert haben. General Bakers Brigade, die sich derzeit in Pischin befindet, hat in gleicher Weise die Khöojac⸗-Stämme zu züchtigen. General Roberts befindet sich in Quettah. Ueber die Annexion sind die Ansichten sehr getheilt. Die politischen Beamten sind für die Annexion, die Militärs meistentheils da— gegen. Viele erfahrene Militärs befürworten die Erhaltung einer subsidiirten afghanischen Armee unter britischen Sffizieren, zum Schutze der Eisenbahnlinie und der Erhaltung des Friedenz— = Die letzten verlässigen Nachrichten aus Kabul sind 14 Tage alt. Alles stand zu jener Zeit gut, doch soll Abdurrabman noch weit da— von entfernt sein, die Feindseligkeit des größten Theils der Bevölke— rung überwunden zu haben. Das Mißtrauen und die Abneigung zahlreicher einflußreicher Leute in Afghanistan gegen Abdurrahman beruhen auf der allgemeinen Annahme, daß derselbe für Rußland voreingenommen sei. Für den Augenblick traut ihm Niemand und Alle stimmen darin überein, daß wir Kandahar vorerst halten und eine Eisenbahn dahin durch den Bolanpaß anlegen müssen. Es würde dies ein großer Handeltserfolz und durchaus keine Geld— vergeudung sein, da es den britischen Einfluß diesseits des Indus mehr als alles Andere zu einem überwiegenden machen würde.

Ueber den von so traurigen Folgen begleiteten Erd— rutsch in Bengalen telegraphirt der Bom bayer Spezial⸗ Korrespondent des „Standard“ von heute Nacht folgende Einzelheiten:

„Bezüglich des Unglücks in Naini Tal sind nachstehende Nach— richten hier eingegangen: Am letzten Freitag Abend trat heftiger Regen ein, der ununterbrochen bis Sonnabend Nachmittag anhielt. Das Regenwasser zeigte alsdann einen Fall von 25 Zoll in 40 Stunden. Die Wirkung einer so ungeheueren Wassermasse auf die von einer Hügelkette eingeschlossene Niederlassung kann man sich vorstellen. Sämmtliche Wege waren aufgewühlt. Am Sonn abend Vormittag hieß es, das Victoria Hotel befinde sich in einem gefährlichen Zustande. Ein Erdrutsch fand hinter dem Hotel statt und hatte den Zusammensturz der ganzen oberen Häuser⸗ reihe mit den Außengebäuden und einem Theil der Hintergebäude zur Folge. Die im Hotel weilenden Gäste suchten anderswo 'ein Unter⸗ kommen. Das Hauptgebäude stand indessen noch unverletzt da. Ob- gleich der Erdrutsch kein bedeutender war, wurden doch 30 mit dem Hotel in Verbindung stehende Eingeborene und ein europfisches Kind unter den Trümmern begraben. Kommissär Taylor mit der Polizei und einer Gruppe von Arbeitern waren schnell zur Stelle, und ihnen schloß sich eine Arbeiter Abtheilung vom Militär-Devot unter dem Befehl von Kapitän Balderston an. Ungefähr um 15 Uhr wurde Naini Tal durch ein plötzliches und donnerähnliches Geräusch erschreckt, das lauter war, als der gleichzeitige Krach schwerer Ge— schütze, Es folgte ein Rollen und dann ominöse Stille. Ungeheuere Staubwolken stiegen auf und hüllten große Strecken Landes in Finsterniß. Vom Hotel aus nach den Gesellschaftssälen und dem See erzitterte der ganze Platz, als ob ein Eidbeben stattgefunden hätte. Der See stieg in einem Augenblick weit über seine gewöhnliche Höhe, und eine ungeheuere Woge wälzte sich nach dem Damm. Für einen Augenblick herrschte vollkommene Ruhe, und dann Fam der ungeheuer große Erdrutsch, der das Hotel mit den muthigen Arbeitern dahinter, die Straßen, Gärten, Läden, die Gesellschaftsfäle und alle anderen Gebäude der Niederlassung begrub.“

Frankreich. Paris, 24. September. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Barthélemy⸗Saint⸗ Hilaire, hat den diplomatischen Vertretern Frankreichs im Auslande folgendes Schreiben zugehen lassen: „Durch das Vertrauen des Präsidenten der Republik zum Minister des Aus⸗ wärtigen berufen, ist es meine erste Pflicht, Sie zu ersuchen, der Regierung, bei welcher Sie beglaubigt sind, die Versicherung zu ertheilen, daß das neue Kabinet nichts in der von dem letzten Labinet befolgten auswärtigen Politik ändern wird. Niemals hat Frankreich ein größeres Gewicht auf die Aufrechterhaltung des Friedens gelegt, der so heilsam ist für seine Wohlfahrt und seine Ehre. Dieses System, welches durch die Weisheit Thiers', dessen Freund ich so lange gewesen bin, inaugurirt worden, ist seit zehn Jahren mit Beharrlichkeit befolgt wor⸗ den und hat herrliche Früchte getragen. Wir werden dieser so glücklichen Tradition treu bleiben und werden Alles thun, um die freundschaftlichen Beziehungen, welche die französische Republik zu den anderen Regierungen unterhält, noch mehr zu entwickeln. Was mich persönlich angeht, so werde ich alle meine Kräfte hierzu anwenden, und zu meiner Unterstützung

in dieser patriotischen Aufgabe rechne ich auf die hingebendste Beihülfe aller unserer diplomatischen Vertreter.“

Das die Deklaration der Oberen der Kongregationen beantwortende Rundschreiben des Ministers des In⸗ nern und des Kultus, Constans, ist gestern abgegangen. Die „Liberté“ will wissen, die den Kongregationen bewilligte Frist sei eine zehntägige, und die Maßregeln gegen die Kon⸗ gregationen würden den Konvenienzen entsprechend (suivant convenances) zur Ausführung gebracht werden.

Griechenland. Athen, 23. September. (W. Pr.) Die griechische Dampfschiffahrt-Gesellschaft wurde heute vom Kriegs⸗Ministerium dahin verständigt, die Regierung gedenke die zwölf Dampfschiffe der Gesellschaft für Kriegszwecke zu adaptiren und zu bemannen.

Türkei. Konstantinopel, 24. September. Wie der „Polit. Corresp.“ von hier berichtet wird, bedarf die Meldung über die den Botschaftern gestern übermittelte Note der Pforte (betreffend die Bedingungen für die Uebergabe Dul⸗ cignos) einer wesentlichen Berichtigung. Zunächst sei es ganz unrichtig, daß die Pforte gestern den Votschaftern eine Note des gemeldeten Inhalts zugehen ließ; vielmehr erschienen vorgestern in sämmtlichen Botschaftshotels zwei Adjutanten des Sultans, welche, wenngleich nach schriftlichen Aufzeich— nungen, so doch nur mündlich den Botschaftern' die Aufträge des Sultans und die in der vermeintlichen Note gemeldeten Bedingungen für die Uebergabe Dulcignos mittheilten. Die Botschafter vermochten diese Kommunikation nicht als eine offizielle Enunciation der Pforte anzusehen und erklärten gegenüber dem privaten Meinungsausdrucke des Sultans übereinstimmend, daß sie die ihnen gemachten Eröffnungen als undiskutirbar bezeichnen müßten. In diplomatischen Kreisen wird dieser Zwischenfall nunmehr als erledigt be⸗ trachtet.

Dem „Pest. S. wird aus Rag u sa, 23. September, telegraphisch berichtet: Alles ruhig, die Flotte ist noch nicht in Bewegung gesetzt. Die Rähe der Herbststürme verursacht Beunruhi⸗ gung. Kapitän Kerrwird nicht vor Sonnabend von seiner Mission in Skutari und Cettinje zurückkehren. Es ist möglich, daß Admiral Seymour sich persönlich nach Skutari begeben wird. Die zweite Aufforderung an Riza Pascha, Du leigno zu übergeben, ist bis gestern unbeantwortet geblieben. Die Montenegriner rücken, 16 Bataillone stark, an und schieben bereits zerstreute Patrouillen vor. In Folge Aufforderung Riza Paschas wird die ganze in Skutari vorräthige Mu⸗— nition nach Gorica gebracht. Von den Amtsgebäuden in Dulcigno wurde die türkische Flagge entfernt.

Bulgarien. Ru stschuk, 23. September. (W. „Presse“.) Hier ist eine aus Vertretern verschiedener Eisenbahnen be⸗ stehende Kommission zusammengetreten, um einen allge⸗ meinen Fahrplan für die Strecke London⸗Paris⸗Wien⸗-Kon⸗ stantinopel via Vertscherova⸗Bukarest festzustellen. Die neue Fahrordnung soll vom 15. Oktober an in Wirkfamkeit treten. Fürst Alexander von Bulgarien hält sich seit einigen Tagen hier auf und gedenkt in etwa zehn Tagen auf dem „Golubtschik“ sich nach Belgrad zu begeben.

(Pest. L.)

Montenegro. Cettinje, 23. September.

Der Angriff der Montenegriner auf die renitenten Albanesen in Dulcigno dürfte am Sonnabend erfolgen. Plamenage und Matanovies haben größere Einkäufe von Ge— treide für die Truppen in Wien und Triest effektuirt. Der Fürst verläßt heute die Hauptstadt, um sich zu den Truppen in Saturman zu begeben und dürfte derfelbe bis zur voll⸗ zogenen Okkupation von Dulcigno in Antivari verbleiben. Vize- Admiral Sir F. Seymour hat heute seinen Ein⸗ zug in Cettinje gehalten; er nimmt im Thronfolger⸗Palais sein Absteigequartier. Bozo Petrovics, der Kommandirende der Operations-Armee gegen Dulcigno, ist aus dem Lager auf dem Sutorman hier angekommen, um mit Seymour über ein kombinirtes Vorgehen zu berathen.

Danemark. Kopenhagen, 24. September. (W. T. B.) Der Reichstag ist auf den 4. Oktober c. einberufen woör— den, wird aber sofort wieder bis zum 9. November c. vertagt werden.

Amerika. New⸗York, 22. September. Allg. Corr.) Ein halbamtlicher Bericht über die Wahlausweise in Maine giebt Mr. Plaisted, dem fusionistischen Kandidaten, eine Mehrheit von 174 Stimmen. Es bedarf indessen noch immer der offiziellen Zählung, um das Resultat mit Gewiß⸗ heit festzustellen.

Asien. China. (Allg. Corr) Dem „Standard“ wird aus Shanghai gemeldet: In Canton haben ernst— liche Ruhestörungen stattgefunden. Die europäische Ko⸗ lonie ist bedroht worden und fühlt sich beunruhigt. Die katholische Mission ist angegriffen worden. Es wurde für nothwendig erachtet, das Militär herauszurufen, und wurden bei dessen Zusammentreffen mit den Unruhstiftern mehrere der Letzteren getödtet und verwundet. Mehrere Missionäre wurden gleichfalls bei dem Auflauf verwundet. Es befindet sich derzeit kein Kanonenboot in Shanghai.

Persien. (Allg. Corr.) Der „Daily Telegraph“ läßt sich aus Wien melden: Soeben ist aus Teheran die Nachricht eingegangen, Mirza Hussein Khan habe als per⸗ sischer Minister für die auswärtigen Angelegenheiten seine Demission gegeben. Er wurde zum General-Gouverneur von Khorassan ernannt und wird durch Nadi Gelmulk, einen seiner bisherigen Untergebenen, zeitweise im auswärtigen Amte ersetzt werden. Mirza Hussein Khan begleitete den Schah auf seinen beiden Reisen nach Europa. Er war ein eifriger Für⸗ sprecher der Einführung europöäischer Gebräuche in Persien und ein warmer Parteigänger Englands. Sein Rücktritt ist ausschließlich Rücksichten der inneren Politik Persiens zuzu⸗ schreiben.

Nr. 39 des Centralblatts für das Deutsche Reich, herausgegeben im Reichgamt des Innern, hat folgenden⸗ Fuhalt: Allgemeine. Verwaltungs sachen: Ausweisung von?“ Aus— ländern aus dem Reichsgebiete. Zoll. und Steuerwesen: Be⸗ stellung eines Reichsbevollmächtigten für Zölle und Steuern. Be⸗ fugniß einer Steuerstelle. Marine und Schiffahrt: Ertheilung eines Flaggenattestes. Beginn einer Schiffer ⸗Prüfung. Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen an Zöllen und Verbrauchs steuern, sowie anderer Einnahmen des Reichs dom i. April bis Ende August 1880. Nachweisung der Einnahme an Wechsel ste mpel⸗ steuern in demselben Zeitraum. Justizwesen: Verzeichniß derjeni⸗ gen Stellen, an welche ein Ersuchen um Einziehung von Gerichts kosten zu richten ist. Eisenbahnwesen: Gröffnung von Bahn strecken. Konsulatwefen: Entlassung. Exequaturertheilung.

Nr. 26 des Deutschen Handels ⸗Archivs“, Wochenschrift für Handel und Gewerbe, herausgegeben im Reichs amt des Innern, enthält: Gesetzgebung: Frankreich: Zeitweilige zollfreie Zulassung ge⸗ wisser Oelsämereien. Belgien und DOesterreich Ungarn: Vor— schriften zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See. Niederlande: Verbot der Ein- und Ausfuhr in einigen Distrikten von Sumatra. Spanien: Aufhebung der Lokal -Einfuhrzölle der Stadt Irun. Türkei: Egypten. Neues Hafen. Tarifreglement für Alexandrien. Vereinigte Staaten von Eolumbien: Reues Zoll⸗ gesetz nebst Tarif. Uruguay: Modifikationen im Tarif der Vin— gangszölle. Berichte: Rußland: Handelsbericht aus Riga für 1879. Spanien: Handelsbericht aus Huelva für 1879. Portugal: Allgemeine Uebersicht des Handels mit dem Auslande und den Ko— lonien, speziell mit Deutschland. und der Schiffahrt im Jahre 1877. Literatur. Brunkow, O., Die Wohnplätze des Deutschen Reiches. Bd. J.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Gestern starb hierselbst der bekannte Chirurg, Generalarzt, Ge⸗ heime Sanitäts- ath Dr. Robert Wilms. Derselbe war am J. September 1824 zu Arnswalde als der Sohn eines Apothekers ge⸗ boren. In den Jahren 1842 —– 46 studirte er auf der hiesigen Uni— versität und später in Prag Medizin. 1848 wurde er Assistenzarzt an Bethanien, 1862 Chefarzt der chirurgischen Station daselbst. In den Feldzügen seit 1866 hat Wilms seinen Ruf auch auf dem Kriegs⸗ schauplatze bewährt.

Der nordwestdeutsche Volksschriftenverlag hat von der Samm⸗ lung: Soziale Fragen und Antworten“ jetzt Heft 12: Pon bil= liger Nahrung und Arznei“ betitelt, ausgegeben. Dieses Heft bildet gewissermaßen eine Ergänzung der mit vielem Beifall auf⸗ genommenen „Sparsamkeit', von welchem Hefte, dem 7. der Folge, wie die Verlagshandlung mittheilt, in kurzer Zeit an 40000 verbreitet wurden. Das vorliegende Heft, eben— falls Jus der Feder des vortheilhaft bekannten Volksschriftstellers Wilh. Fischer, behandelt die wichtige Frage der Erlangung von billiger Nahrung in überzeugender Weise und eindringlicher fessel nder Sprache. Darum werden weite Kreise des Volkes und besonders die Arbeiter aus der aufmerksamen Lektüre des Heftes und der Befolgung der darin gegebenen trefflichen Rathschläge einen nicht zu unterschätzenden Nutzen zie hen können. Mit dem vorliegenden 12. Hefte ist die erste Folge der unter dem Titel Soziale Fragen und Antworten“ herausgegebenen Flugschriften vollendet, welche sich bemühen, die von der Sozial— demokratie verbreiteten Irrthümer und Mißzesinnungen umfassend und planvoll in wohlwollender und Iedermann verständlicher Weise aufzudecken und zu berichtigen. Der Einzelpreis eines Heftes be— trägt 30 , doch läßt die Verlagshandlung zwecks möaglichster Massenverbreitung resp. Vertheilung bei Abnahme größerer Partien dieser Schriften eine bedeutende Preisermäßigung eintreten.

Von dem Prachtwerk „Spanien“ (Berlin, Gebrüder Pätel) liegen die Lieferungen 13 bis 15 vor. Dieselben führen den Leser von Toledo nach Cordoba, wo sich neben der reichen maurischen noch Spuren der altrömischen Kultur finden. Von Toledo werden die Umgebungen, das Vorstädtchen Los Corachuelos, die Kirche S. Leo— cadig, die Waffenfabrik, das Schloß der Infantin Galiana, die Kathedrale, das Stadthaus beschrieben und illustrirt. Ein besonderes Kapitel ist der Wasseifrage, ein andert dem spanischen Maulthier (der Post) gewidmet. Cordoba gie bt dem Verfasser Veranlassung, auf die Geschichte des Mauren thums, dem das Land seinen Aufschwung verdankt, zurückzugehen, woran sich eine eingehende (durch Grundriß und Textillustrationen erläuterte) Beschreibung der großen Moschee, der Kathedrale des Bischofs Don Alonso Manrique, des Lustschlosses Aza Zahira und der alten Königspaläste am Guadalquivir schließt. Vie diesen Lie— ferungen beigegebenen Tondruckbilder stellen dar: die Synagoge Sta. Maria la Blanca in Toledo; Balkon in Sevilla; altrömisches Thor in Cordoba und Puerta de la Inclusa daselbst.

Die Nr. 1943 (25 September 1880) der Illustrirten Zeitung (Leipzig. J. J. Weber) enthalt folgende Abbil⸗ dungen; Der große Zapfenstreich der Musikkapellen des III. Armee Corps vor dem Königlichen Palais in Berlin am 9. Sep⸗ tember. Originalzeichnung von E. Hosang. Die nationalen Feste in Belgien. 3 Abbildungen: Das Turnerfest zu Brüssel am 17. August. Nach einer Skizze unseres Speztalzeichnerg X. von Elliot. Das venetianische Sommernachtsfest auf der Schelde in Antwerpen am 24. August. Nach einer Skizze unferes Spezial— zeichners L. v. Elliot. Die Gedenkmünze des belgischen National—⸗ kongresses. Eig Sonntagsmorgen in Albano. Nach einem Gemälde ron Karl Blaas. Der Hafen von Gravosa bei Ragusa, Sammel platz der Demonstrationsflotte der europäischen Mächte. Skizzen aus Oberammergau. Originalzeichnung von Eugen Horstig. (Zwei⸗ seitig). 6 Abbildungen: Morgentoilette am Brunnen. Während der Pause der Vorstellung. Nachtquartier auf dem Heuboden. Den Ettaler Berg hinauf. Ein Künstler des Passionsspiels. Saß Publikum während der Vorstellung. Amerikanische Skizjen: Eine Damenturnanstalt in San Francisco. Von der Düsseldorfer Ge⸗ werbeausstellung: Ein Meisterstück deutscher Kunsttischleei. Ser Stern des siamesischen Ordens vom Weißen Elefanten. Poly⸗ technische Mittheilungen: Neuer englischer Hühnerträger. Touristen—⸗ uhr. 2 Figuren.

Vie Nr. 31 des, Deutschen Familienblatts“ (Verlag von J. H. Schorer in Berlin) hat fulgenden Inhalt: Luckhardt und Söhne, Roman von E. Lennechk (Fortsetzung und Schluß). Unter der Linde, altes Lied mit Illustration von J. Koppers. Die Vollendung des Doms zu Cöln, mit einer großen Abbildung des vollendeten Doms. Der Entdecker Trojas, von A. Woldt, mit tem Porträt Heinrich Schliemanns. Fahrende Paläste. Plauderecke (u. A. die Berliner Dampfdroschke, mit Abhildung). Abonnementspreis 1 60 vierteljährlich.

Gewerbe und Handel.

Im Anschluß an den gestern mitgetheilten Bericht von der Leipziger Messe theilen wir nach dem „Dretdener Journdät—= folgende Preise für Leder mit: Die Preise stellten sich als minimale im Engros⸗ und maximale im Detailverkehr, dies wobl zu beachten, wie folgt: Luxemburger und St. Vither holten feinste Saljoch sen⸗ häute pro 50 Kg oder 100 Pfd. 170 —– 200 , do. geringere Waare 130 165 ½ , Trier und Siegener Saliochsenhäute, Primawaare 170 - 200 M, do. trockene Sekundahäute 145 158 M, Malmedyer bis 165 S; Eschweger leichte und gerinze Waare j25 = 156 Mt, stärkere 150 I65 , bayerisches Zahmleder, rücken starke Häute 166 bis 180 , do Mittelsorte 130 —= 159 MS, Vacheleder, hochfeine rhei⸗ nische 160 180 1, do. gute hessische 140 160 M, do. Secunda 120 140 S6, Maschinenleder, ganz feine Waare bis 189 46, do. an⸗ dere Sorten bis 176 4, Blankleder schwarz holte das Pfund oder Eg bis 155 *, do. helle 160— 180 , gefalzte Sorten bis 220 3, Fahlleder bis 180 3, Niederländer oder leichte und aus sonstigen renommirten Gerbereien bis 200 , Fahlleder, extrafeine Wanre bis 240 3, Kipsfahlleder geringe 120 , do, bessere Sorten bis 190 8, braune Kalbleder, gewöhnliche Waare ca. Wh , Geraer und solche aus bevorzugten Gerbereien bis 450 g, Roßleder, lobgare pro Decher von 19 Häuten bis 20 A6, weiße alaungare Schaffelle gute Wgare pro Decher 12 —· 20 ½6, do. geringe bis 12 M, braune Schaffelle 12 —· 20 e, schwerste Waart bis 36 M. pro Decher. Die Zufuhr in Kips war genügend, der Absatz jedoch ein schwer⸗ fälliger, weil die Fabrikanten nur ungenügende Preise für Kipsfahl⸗ leder zu erreichen vermochten. Es siellten sich die Preise wie folgt: Kipse la. 120— 159 43, do. Ifa. 95 116 35, 1a. 75— 94 *. La. 59 —- 75 , Rio ⸗de⸗Janeiro Ochsen, schwere 61— 65 4, do Kühe, schwere 60 64 8, do. Kühe, leichte 47 —– 52 , schwere trockene Buenos⸗Aires 120— 130 8, do. Kühe, leichte 10624125 6. trockene Rio Grande 110 120 3. Puerto-⸗Cabello, Angasturg und Guatemala 19 112 3, Ceara, je nach Gewscht und Qüalitär 94 bis 102 , Uruguay und Montevideo, gesalzene 6 - 70 3, Rio⸗

Grande Ochsen, schwere 64—- 66 3, do. Kühe, gesalzene, je nach Ge⸗ wicht 58 - 68 8.

Auf den 6. Oktober wird eine außerordentliche General— versammlung der Aktionäre des Aktien: Bau vereins Kön ig⸗ st adt einberufen, um über die Liquidation des Unternehmens zu beschließen.

Nürnberg, 23. September. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held, Hopfen⸗Kommissionsgeschäft Die Abladungen am heutigen Markte beliefen sich auf ca. 2600 Ballen meistenz feuchter Hopfen. Die Exporteure kauften zwar große Quantitäten, aber nur zu niedrigen Preisen und erzwangen einen aber maligen Preisrückgang für Markthopfen. Trockene Mittel⸗ und Primawaare aller Sorten behauptet sich fest im Preise und ist fortwährend sehr gesucht. G der Zufuhr wurde abgefetzt. Die Notirungen lauten: Marktwaare prima 55 55 4A, mittel 40-50 M, gering 30 -= 40 4; Gebirge hopfen 70 - 80 „1; Hallertauer prima S5 1606 S, mittel 565 75 ½ ; Badische und Württemberger prima 85 = 100 AS, mittel hee T5 M, gering 50 = 55 1; Altmärker 35 43 4 Aischgründer und Elsässer prima 60 70 S, mittel 50–- 55 „b, gering 10 - 4·ę5 MM; Polnischer prima 90 105 AM, mittel 70 - 85 4

Die Direktoren der Eastern Extension Telegraph Company haben für das am 30. Juni beendete Quartal eine Dividende von 2 3. 6 d. pro Aktie erklärt, wodurch die Dividende für das Halbjahr auf 3 069 zu stehen kommt. Auf neue Rechnung wurden 35 610 Pfd. Sterl. vorgetragen. ;

Nach den Ermittelungen des Cheftz des statistischen Bureaus der V. St. hat sich der Betrag des aus den Vereinigten Staaten ausgeführten Petrole ums und der Petroleum · Produkte im Mai 1880 auf 1 384 575 Doll. und im Mai 1879 auf 3 126166 Doll, belaufen. Während der 11 Monate, die am 31. Mai 1880 zu Ende gehen, war der Gesammtbetrag 34069 253 Doll. und wäh⸗ rend der gleichen Periode im Jahre 1879 37 350 666 Doll., im lau⸗ fenden Jahre also eine bedeutende Verminderung des Werths in einem so wichtigen Artikel.

Die jährliche Produktion von Baumwolle in den Ver— einigten Staaten übersteigt zur Zeit 2 450 56 059 Pfund, d. h. die Hälfte mehr, als in den besten Jahren vor dem Kriege. Ungefähr ein Drittel verbleibt im Lande zum eigenen Verbrauch; der Ueber⸗ schuß wird erportirt. An die Stelle der Baumwolle ist schon lange als „leitender“ Ausfuhrartikel das Korn getreten. Der Ertrag an Weizen allein giebt einen Ueberschuß von 150 bis 185 00000) Bushels Weizen im Jahr. Der Preis der Baumwolle ist in Eng⸗ land ungefähr 6 Pence per Pfund und der des Weizens 6 Schilling per Bushel.

Berlin, 25. September 1880.

Am 22. d. M. waren fünfzig Jahre verflossen, seit die erste Abtheilung des damaligen „Schlefis chen Schützen Bataillons“ ihren Einzug in Görlitz bielt. Bas Bataillon, welches heute bekanntlich die Bezeichnung: „1. Schlesisches Jäger⸗Bataillon Rr. 5“ führt, hat seit jenem Tage die Stadt Görlitz zur ständigen Garnison gehabt und konnte daher am 237. sein 50 jähriges Garnison⸗Jubiläum begehen. Die „Görlitzer Nachrichten und Anzeiger“ haben zur Feier des Tages ein Erinnerungsblatt zum fünfzigjährigen Garnison-Jubiläum unserer Jäger“ herausgegeben, in welchem des herzlichen harmonischen Verhältnisses zwischen der Bürgerschaft und des Bataillons während des verflossenen, so ereig⸗ nißreichen halben Jahrhunderts mit Wärme gedacht, und in kurzen Umrissen eine Geschichte des Bataillons entworfen wird. Wir ent nehmen dieser Skizze die folgenden Daten. Wie schon oben erwähnt ist dag heutige erste Schlesische Jäger-Bataillon Nr, 5 aus dem Schlesischen Schützen. Bataillon hervorgegangen, welches auf Grund der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 21. No“ vember 1808 aus den „vorzüglichsten Leuten und aus den besten Schützen der in Schlesien im Laufe des Krieges 1806 und 1807 ge⸗ bildeten und gut gedienten Kempagnien leichter Infanterie formirt wurde. Die Mannschaften desselben sollten in gleicher Art wie die der beiden bereits besthenden Jäger-Bataillon e bewaffnet und geübt werden und grüne Montur erhalten. Wir müssen es uns versagen, hier alle rühmlichen Waffenthaten dieses Schlesischen Schlͤtzen⸗Bataill ons aufzu⸗ zählen und zu schildern, und wollen nur des Gefechtes bei Jeanvilliers am 14. Februar 18145 Erwähnung hun, in welchem, wie Karl Friedrich Gumtau in seinem Sr. Majestät dem Kaiser als Prinzen voa Preußen gewidmeten Werke: „Die Jäger and Schützen des preu— ßischen Heeres‘ erzählt, die Schützen, ungefähr 230 Mann stark, den heftigen Angriff bedeutender feindlicher Karalleriemassen energisch zurückwiesen, eine Anhöhe vor dem Paß von Etoages besetzten und daselbst das von den Feinden hart bedrängte Schlesische Kürassier⸗ und Husaren - Regiment aufnahmen. Auch 1815 zeichneten sich die Schlesischen Schützen vielfach aus, so daß sie in Paris am 3. September eine Fahne erhielten. Am 12. Januar 1861 er— bielt diese Fahne in Erinnerung an den Feldzug in der bayerischen Pfalz und in Baden in Jahre 1849 das Band des Militär ⸗Ehren⸗ zeichens mit Schwertern. Hierzu kamen am 17. Dezember 1866 das Band der Kriegs denkmünze von 1866 mit Schwertern zur Erinnerung an den Krieg in Böhmen und endlich am 16. Juni 1871 das Eiserne Kreuz in die Fahnenspitze zur Erinnerunz an den Feldzug in

rankreich. Außer dem Jahre 1848, in welchem die Gör— itzer Jäger bei Dious und Miloslaw gekämpft, haben sie in vier Feldzügen, und wie die eben aufgezäblten Ehrenzeichen zeigen, mit Ruhm und Ehren gekämpft. Das Jahr 1849 sah sie bei Ladenburg, Heidelberg, Niederbühl und bei der Ein schließung von Rastatt. Aus dem Jahre 1866 sind vornehmlich die Tage von Nachod, Skalitz, Schweinschädel, Gradlitz und Königgrätz ruhmvoll für das erste Schlesische Jäger Bataillon, während der Feldzug von 1870/71 die Namen Weißenburg, Wörth, Sedan, Bie tre, la Malmaison Gar res und Mont Valerien aufzuweisen hat, wo sich das Ba? taillon reiche Lorbeeren errungen. In allen diesen Kämpfen stand dem' selben ein gütiges Geschick zur Seite; es hatte seine Siege nicht theuer zu bezahlen; seine Verluste waren meist unbedeutend im Verhältnisse zu den Gefahren, die es bestanden. Für 1848 und 1849 sind die Verluste nicht festgestellt, doch wird bemerkt, daß die Zahl der Todten und Verwundeten gering war. 1866 verlor das Battalllon 31 Mann. Die Jahre 1870 und 1871 freilich haben auch von ihm schwere Opfer gefordert; es blieben 4 Offiziere, 1 Fähnrich und 105 Oberjäger und Jäger. Das oben erwähnte Erinnerungsblatt ent⸗ hält außer einem Festgedichte noch folgende Aufsätze: Das J. Schlesische Jäger⸗Bataillon Nr. 5 in Baden im Jahre 1849 (aus den Auf— zeichnungen des Hauptmann von Oppel; der letzte Marschtag aus dem Feldzuge 1666 (au dem Tagebuche eines Jägers) und dle Er—⸗ oberung der ersten Kanone in der Schlacht bei Weißenburg.

In dem kürzlich ausgegebenen 9. September) Heft von Peter— manns Geographischen Mittheilungen (Gotha, Justus Perthes) findet sich ein Aufsatz von F. von Stein über die Tur k— menen, welcher wegen des Krieges, den Rußland gegenwärtig mit den räuberischen Tekke⸗Turkmenen führt, von zeitgemäßem Interesse ist. Die Raubsucht der Turkmenen, heißt es darin, kennt keine Grenzen. Da bei ihnen nur das Recht des Stärkeren gilt, plündern sie Cinheimische und Fremde in der unbarmherzigsten Weise. Die persische Provinz Chorassan wurde von verschiedenen Stämmen der Turkmenen so heimgesucht, daß sie in ihren nördlichen Theilen gan; verwüstet war und fast nur noch Trümmer aufzuweisen hatte. In dem einen Bezirt Pjaß i⸗tu, auf dem linken Ufer des Heri⸗Rud, blühten einst 460 Dörser, jetzt findet man deren nur noch 20, und nicht besser steht es mit anderen persischen Bezirken, in denen sich nur da eine Bevölkerung findet, wo dieselbe in unzugänglichen Schluchten Schutz gefunden hat. Die noch vorhandenen Dörfer sind alle mit Schutzwehren umgeben, und der Pflüger geht nur mit einer Schußwaffe ausgerüstet zur Arbeit. Cbiwa und Buchara haben etwas weniger gelitten, weil ihnen eine turkmenische Grenzbevölkerung, welche die Herrschast der Khane anerkannte, einigen

Schutz gewährte, unbehelligt sind aber auch fie nicht geblieben. So überfielen die Tekke 1873 das Fort Kabakly und brandschatzten die

Stadt Pitnak in Chiwa; 1877 wurde 70 Werst von Kanja⸗Urgendsch, eine Karawane geplündert und das Aul Ißmamud jerstört. Der Stamm der Ssaryk hat sich Maimene zur Arena ihrer Thaten erwählt, doch dehnen sie ihre Raubzüge auch gern auf die 5unlichen Grenzstriche Chorassans aus Jetzt ist es, Dank der Befestigung der russischen Herrschaft im Osten des Kaspischen Meeres und der Besetzung von Krassnowodsk und Tschikischljar im westlichen Theile des Turkmenen⸗ gebiets freilich um Vieles besser geworden. Noch immer aber sind die Tekke und die Ssaryk die Herren der Wüste, des Karakum. Sie sind die Ursache, daß der Karawanen handel zvischen Krassnowodsk und Chiwa, ja auch zwischen Cbiwa, Buchara und Persien fast ganz aufgehört hat. Selten, vielleicht einmal im Jahre gelingt es einer Karawane, sich unter Beobachtung der größten Vorsicht, namentlich unter Gehejmhaltung der Zeit des Abgangs hin⸗ durch zu stehlen. Namentlich leidet Persien durch unaufhörliche Raubzüge, welche die Tekke sogar bis zu der 1000 Werst von Merw entfernten Provinz Kain ausdehnen, nur Spuren der Verwüstung zurücklassend. Dies wird nicht eher anders werden, als bis sie eine starke Hand zu fühlen bekommen. Daß ihnen diez von Seiten der Russen zu Theil werden könnte, scheint ihnen allmählich immer klarer zu werden. Schon die Besiegung Chiwas durch die Russen und die von denselben den Bucharen auferlegte Bedingung, fernerhin keine Sklaven zu halten, fügte den Tekte infofern einen empfindlichen Nachtheil zu, als sie keine Märkte mehr für den Absatz der per⸗ sischen Gefangenen fanden und ihnen eine wichtige Erwerbequelle ge⸗ raubt wurde. Jedesmal, wenn ihnen von Sesten der Russen eine Gefahr zu drohen schien, wie 1876, als die Krassnowodsker Truppen⸗ abtheilung die Expedition nach Kunja Urgendsch unternahm, 1377, wo die Russen bis Kysyl⸗Arwat vorgedrungen waren, und 13878 bei der doppelten Bewegung der Kraffnowodsker und turkesta⸗ nischen Truppen, knüpften die Tekke auch mit der persischen Regie⸗ rung behufs ihrer Aufnahme in den Unterthanenverband Unterhand⸗ lungen an, brachen dieselben aber sofort ab, wenn Tie Gefahr vor⸗ über war, um zum Scheine wieder mit den Russen wegen ihres An⸗ schlusses an Rußland zu un erhandel. Jedenfalls muß es zu einer endgültigen Entscheidung kommen, denn die Tekke allein tragen die Schuld, wenn die Russen die mit so vielen Opfern erkaufte vor⸗ theilhafte Position in Centralasien nicht zur Ausbreitung ihrer Handelsbeziehungen benutzen können. Es wird ihnen bei den be— stehenden Verhältnissen allerdings nicht leicht werden, die Tekk; zu unterwerfen, wie dies auch die mißglückte Expedition des vorigen Jahres gezeigt hat, aber zum Ziele werden sie früher oder später ge—⸗ langen, das ist . n.

Ferner enthält das vörsießende Heft, außer dem geographischen Monatsberichte, eine „Historische Notiz zu dem Begriff Mittel meer, eine Ethnographie des Kaukasus, auf einer sorgfältia ausgeführten Karte und in Tabellen dargestellt von N. v. Seidlitz, Ober⸗Redacteur des kautasischen statistischen Comités, sowie einen Aufsatz über die Forschungen von B. Capello und R. JIvens im Gebiete des Quanza und Quango.

Die Ausgrahungen auf dem Schlachtfelde von Chäronea haben den besten Fortgang genommen. Von den Ueberresten der thebanischen geweihten Schaar sind bis jetzt 215 Gerippe aufgefunden worden und zwar, Dank dem Lehmboden, in einem wohlkonseroirten Zustande. Einige derselben tragen an den Armen und Kniegelenken große. Beinknöpfe, wie man glaubt, Abzeichen der Offiziere. Auf ire halbe Stunde Entfernung von diefen Gräbern befindet sich der Tumulus, welcher die Gebeine der macedonischen Krieger enthält.

Wiesbaden, 19. September. In der Montagssitzung des Verbandes deutscher Architekten, und Ingenieur⸗ Vereine kam auch die interessante Angelegenheit der Vollendung des Cölner Domes, die Restauration des Straßburger und des Ulmer Mün sters zut Verhandlung. Die drei Referenten waren Baumeister Wiethase aus Cöln, Ober. Baurath v. Egle aus Stuttgart und Baumeister Eggert aus Straßburg. Folgende Resolution gelangte zur Annahme: 1) Die Vollendung des Cölner Domes ist eine kunstgeschichtliche That, welche Deutschland mit einem erhabenen Denkmal der Baukunst bereichert und das deutsche Volk, das die Durchführung des Unternehmens durch seine andauernde Opferwilligkeit ermöglicht hat, in seiner Gesammtheit auf das Höchste ehrt. Der Verband der deutschen Architekten spricht Allen, welche zum Gelingen des Werkes beige—⸗ tragen, seinen Dank aus. 2) Es ist erwünscht, daß in gleicher Weise, wie für den Kölner Dom, in Zukunft die Geldmittel beschafft werden, um den Ausbau unvollendeter deutscher Baudenkmale, welche von hervorragender Bedeutung sind und deren Vollendung den be⸗ schränkten Mitteln einer einzelnen Stadt oder eines Landes nicht möglich ist, zu ermöglichen. 3) Unter den würdigsten Denk- malen, deren Vollendung zuerst mit allen Mitteln anzu⸗ streben ist, stehen die Münster von Straßburg und Ulm, theils wegen ihrer Schönheit, theils wegen ihrer Größe und geschichtlichen Bedeutung, in' erster Linie. 4) Der Verband der deutschen AÄrchitekten⸗ und Ingenieur ⸗Vereine in Wies baden erachtet es für wünschenswerth, wenn vorerst der Münster von Ulm dessen Vollendungsbau mit einem Aufwand von annähernd 2 Millionen Mark seit 36 Jahren fast ausschließlich aus den Mit⸗ teln des Landes Württemberg gefördert worden ist und für welchen feststehende Pläne bereits vorhanden sind, mit einer allgemeinen deutschen Prämienkollekte unterstützt wird. 5 Betreffs des Straß⸗ burger Münsters muß die Frage, ob derselbe durch den Ausbau des zweiten Thurmes und Umgestaltung der Westfront zu harmonischer Vollendung gebracht werden ka in, zur Zeit noch als eine offene angesehen werden, da die Anschauungen hierüber zu weit auseinander gehen. Es wäre jedoch sehr erwünscht die Frage zum Abschluß zu bringen, doch kann das nur durch umfassende, zur Zeit noch nicht veranstaltete techaische Ermittelungen und durch gemeinschaftliche Berathungen berufener Sachrerständigen, Architetten und Ortskundigen geschehen. 6) Der Verband der deutschen Architekten und Ingenieure richtet an die Regierungen des Deutschen Reiches der Provinzen Elsaß und Lo— thringen und die betheiligten Gemeinden und kirchlichen Behörden das Ersuchen, die erforderlichen Ermittelungen baldigst veranlassen zu wollen, damit eine feste Grundlage dafür gewonnen wird, ob die neuerdings betriebene Agitation zum Vollendungsbau des Münsters unterhalten oder für jetzt aufgegeben werden 'soll. 7) Auf An⸗ suchen ist der Verband bereit, nach Maßgabe seiner Geschäfts⸗ ordnung hierfür geeignete Kräfte für Mitwirkung bei der Prüfung

der Frage zur Verfügung zu stellen.

Breslau, 24. September. (W. T. B.) Nach einer Meldung der Schlesischen Presse' sind heute in Maifrizdorf bei Reschenstein zwei Pulvermühlen in die Luft gepflogen; eine Perfon foll hier— bei getödtet, eine zweite verstümmelt worden sein.

Im Kroll -Thegter bleibt vorläufig die Operette Columba“ noch auf dem Repertoire. Derselben geht jetzt ein anderes einaktiges Stück: Unglückliche Fanilienverhaͤltnisse', mit Hrn. Eduard Weiß in der Hauptrolle, voran.

Im National-⸗-Theater tritt morgen Hr. Barnav zum ersten Male in der Titelrolle von ‚Monjsoye“ oder Der Mann von Eisen? auf. Auf Ausstattung und Inscenirung dieses Schauspiels hat Hr. Direktor van Hell besondere Sorgfalt verwandt.

Im Residenz ⸗Theater erfreut sich das Schönthan'sche Lustspiel, Das Mädchen aus der Fremde“ stetig wachsenden Beifalls und Zuspruchs.

Im Be lle-Allianee⸗Theater beginnen am Son nabend Hr. Direktor Th. Lebrun und mehrere hervorragende Mitglieder des Wallner⸗-Theaters mit „Doktor Klaus“ von Ad. L' Arronge ein Gastspiel. Bis dahin werden „Der Rattenfänger von Hameln“ und „»Kieselack und seine Nichte vom Ballet! abwechselnd gegeben werden.

Im Germania⸗Theater kommt morgen die Posse von k und R. Hahn: „Ja Saus und Braus“ zur Auf⸗ führung.