1880 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Oct 1880 18:00:01 GMT) scan diff

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hat. Da die Eingeborenen nahezu die ganzen 300 Faß Oel, welche als Geldbuße beansprucht wurden, aufgebracht haben, dürfte die Blockade wahrscheinlich nicht eintreten. Die briti⸗ schen Kriegsschiffe hatten die Nachbarschaft von Braß verlassen und sich langs der Küste zerstreut. ö.

14. Oktober. (W. T. B.) Wie verlautet, beabsichtigt die Regierung, die Führer der Bodenagitation in . wegen Verschwörung in Anklagezustand zu versetzen.

Fwolin, 13. Oktober. (W. T. B.) Hiesigen Zeitungen zufolge werden militärische Vorbereitungen getroffen, um etwaigen Unruhen in dem westlichen Theile Irlands vorzubeugen. Es werden bereits Truppenverstärkungen dort⸗ hin dirigirt.

Frankreich. Paris, 13. Oktober. (W. T. B.) Der heute Vormittag unter dem Vorsitz des Präsidenten Grévy zu⸗ sammengetretene Ministerrath erklärte sich einstimmig für den Antrag des Ministers des Innern, Constans, betreffend die Anwendung der Dekrete über die Kongregationen. Der Minister des Aeußern, Barth élemy St. Hilgire, theilte die auf den Orient bezüglichen Depeschen mit, namentlich die offizielle Notifikation über das Einverständniß der Pforte bezüglich der Uebergabe Dulcignos. Im Uebrigen beschäftigte sich die Diskussion mit dem Termin der Munizipal—⸗ wahlen; ein Beschluß hierüber wurde indeß nicht gefaßt. Auf morgen Vormittag ist ein neuer Ministerrath anberaumt.

Italien. Rom, 13. Oktober. (W. T. B.) Wie der „Osservatore Romano“ erfährt, hat der Papst das Gesuch des Kardinal⸗Staatssekretärs Nina um Enthebung von seinem Posten aus Gesundheitsrücksichten genehmigt; indeß wird der Kardinal auf Verlangen des Papstes das Amt des Präfekten der apostolischen Paläste auch ferner be⸗ kleiden. Die türkische Gesandtschaft bei der italieni⸗ schen Regierung soll zum Range einer Botschaft erhoben werden.

Brindisi, 13. Oktober. (W. T. B.) Der König und die Königin von Griechenland sind heute an Bord der Yacht „Amphitrite“ nach Corfu abgereist.

Türkei. Konstantinopel, 14. Oktober. (W. T. B.) Der englische Botschafter Göschen hat gegen das Anhalten eines englischen Schiffes bei Samos, weil dasselbe die Gebührenzahlung verweigerte, Protest erhoben.

Die „Agence Havas“ vom 138. läßt sich aus Skutari melden, Riza Pascha habe die Führer der albanesischen Liga zusammenberufen und sie aufgefordert, sich der fried⸗ lichen Uebergabe von Dulcigno zu fügen. Es werde deshalb eine große Versammlung der Liga zusammentreten.

Aus Cattaro, 13. Oftober, meldet „W. T. B.“: Die englische Korvette „Bittern“, welche in Korfu eintraf, geht nach Cattaro weiter, um dem Konsul Green, der heute Cettinje verläßt, Instruktionen zu überbringen.

Aus Paris, 12. Oktober, meldet man der „Pol. Corr.“: „Die Haltung, welche man in hiesigen Regierungs⸗ kreisen den jüngsten Meldungen aus Konstantinopel gegen⸗ über an den Tag legt, ist eine vorsichtige Zurückhaltung. Man hebt hervor, daß über die Art und Weise der von der Pforte gegenwärtig intendirten Lösung der Dulcigno⸗ Affaire Positives nicht bekannt, daß man insbesondere völlig im Ungewissen sei, ob eine förmliche und ordnungsmäßige Uebergabe Dulcignos an die Montenegriner in der Absicht des Sultans liege oder eine einfache Dereliktion durch die türki— schen Behörden und Truppen, wobei es etwa den Montene—⸗ grinern überlassen bliebe, das geräumte Gebiet zu okkupiren. Man betont überdies, daß über das eventuelle Verhalten der Albanesen im letzteren Falle gleichfalls keine verläßlichen An⸗ gaben vorliegen. Es sei klar, daß die ersterwähnte Lösungs—⸗ art bei den Mächten einer ganz anderen Beurtheilung begeg— nen würde als die letztere, von der es immerhin fraglich sei, ob sie sämmtliche Kabinette zu befriedigen vermöchte. Man. halte die Ii der Möglichkeiten überdies mit den zwei ange— geführten Fällen nicht für erschöpft und somit sei bis zum Eintreffen positiver Nachrichten eine zurückhaltende Beurthei⸗ lung der Situation geboten.“

Numänien. Bu karest, 12. Oktober. Der W. „Pr.“ wird berichtet, daß die Einberufung der Kammern, deren ordentliche Session am 27. November beginnt, in Anbetracht vieler Fragen von unaufschiebbarer Wichtigkeit, bereits für den 11, oder 16. November stattfinden dürfte. Die durch eine Abtheilung des Generalstabes im vorigen Jahre be— gonnene geodätische Aufnahme der Dobrudscha ist nahezu vollendet.

Demselben Blatte meldet man weiter von hier unterm 10.: „Der Regierung wurde durch den Kriegs⸗Minister Ge⸗ neral Slaniceano ein Memoire vorgelegt, worin derselbe die sofortige Fertigstellung der Chaussee von Kimpolung nach Targoweschti aus militärischen Gründen verlangi. Der Minister des Innern erhielt in Folge dessen den Auf⸗ irag, die Präfekten ff der Beistellung der erforderlichen Arbeitskräfte durch die Distrikts-Konsilien zu veranlassen, wäh⸗ rend das nöthige Holz für Brückenkonstruktionen aus den Staatsforsten entnommen und die für den Bau nöthigen 60 0090 Frances durch das Ministerium der öffentlichen Arbeiten aufgebracht werden soll. Die Truppen der vierten Division, welche für die Periode vom 19. bis 31. Oktober das Lager bei Roman beziehen, bestehen aus dem 8. Linien-, dem 15., 14, 15., 16, 26, 26., 27. und 28. Dorobanzen⸗Regimente mit je einem Bataillon in vier Regimenter formirt, dem 7. Kalarasch⸗ und 4 Artillerie⸗Regimente (6 Batterien, 386 Geschütze) und einer Halbcompagnie Gensd'armen unter Kommando des Ge— nerals Rakovitza.“

Bulgarien. Sofia, 12. Oktober. (W. Pr.) Das Sabranije wird für den 27. d. M. einberufen und vom ürsten persönlich eröffnet werden. Hierauf reist Für st lexander nach Rustschuk, wo ihn am 10. November Fürst Karl von Rumänien besuchen wird. Die Rekru— tirung wird im Laufe dieses Monats vorgenommen. Auch Mahomedaner werden assentirt. Die Infanterie⸗-Druschinen werden um zwei, die Kavallerie⸗Druschinen um eine vermehrt, so daß dann die Zahl der Druschinen 24 beträgt.

Montenegro. Cettinje, 12. Oktober. (Pest. L.) Die Uebergabe Dulcignos an Montenegro wird in den nächsten Tagen erfolgen. Hier herrscht Jubel. Petroviecs, der Kommandant der in Sottorman stehenden Truppen, reist cg Hauptquartier, um die Uebernahme Dulcignos durch— zuführen.

Amerika. New⸗York, 13. Oltober. (W. T. B.) Nach den bis jetzt eingegangenen Nachrichten sind die Dem o⸗ kraten bei den Wahlen in Indiana unterlegen; die Re⸗ publikaner haben mit einer nicht sen großen Majorität den Sieg davon getragen. In Ohio sind die republikanischen Kandidaten mit großer Majorität gewählt worden. In West⸗ Virginien siegten die demokratischen Kandidaten, aber mit einer gegen die früheren Wahlen verringerten Majorität. Der New⸗York Herald“ und die „New⸗York Tribune“ sind der Ansicht, daß die Niederlage der Demokraten eine entscheidende bei und daß das Wahlresultat einen Sieg der Republikaner sei der bevorstehenden Präsidentenwahl anzeige.

Südamerika. Argentinien. Buenos-Ayres, 13. Oktober. (W. T. B.) Dr. Romero ist zum Präsidenten des Provinzialsenats gewählt worden.

Afrika. Tunis, 13. Oktober. (W. T. B.) Eine Abtheilung des Levante⸗Geschwaders hat La Goulette verlassen, um sich nach dem Piräus zu begeben.

Archiv für Post und Telegraphie. Beiheft zum Amtsblatt des Reichs ⸗Postamts. Herausgegeben im Auftrage des Reichs ⸗Postamts. Nr. 18. September 1880. Inhalt: Aktenstücke und Aufsätze: Gewerbe⸗Ausstellung zu Düsseldorf 1880. (Schluß.) Das portugiesische Post⸗ und Telegraphengesetz vom 7. Juli 1880. Internationaler Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel. Ein braunschweigischer General ⸗Erb-⸗Postmeister des 17. Jahrhunderts und dessen Wohnhaus in Braunschweig. Oeffentliches Fuhrwesen und Dampfschiffe in Berlin im Jahre 1878. Kleine Mitthei⸗ lungen: Belgischer Post⸗ und Telegraphentarif in Taschenformat. Die Registrande der geographisch⸗statistischen Abtheilung des Großen Generalstabes. Dienstanweisung der italienischen Postanstalten. Ein neuer Themse⸗Tunnel. Literatur des Verkehrswesens: Archiv für Eisenbahnwesen. Beilage zum Eisenbahn Verordnungsblatt. Zeitschriften⸗Ueberschau.

Heft 9 des Jahrgangs 1880 der Annalen der Hydro— graphie und maritimen Meteorologie, Organ des Hydro⸗ graphischen Amtes und der Deutschen Seewarte, herausgegeben von dem Hydrographischen Amt der Admiralität, Verlag von Ernst Siegfried Mittler u. Sohn in Berlin, hat folgenden Inhalt: Das Auftreten von Treibeis im Nordatlantischen Seean in der ersten Hälfte des Jahres 1880. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) Die Chronometerprüfungen auf dem Observatorium zu Wilhelms haven in den Jahren 1878—79 und 1879 80. Aus den Reise⸗ berichten S. M. S. „‚Vineta“, Kapt. z. See Zirzew, Reisen von Panama · Acapulco Honolulu⸗Jokohama (März Funi 1880). Be⸗ merkungen über Acapulco. Aus dem Reiseberichte S. M. S. »Freya?“, KorvKapt. von Hippel, Wind und Strömungsverhältnisse während der Reise von Panama nach Honolulu im Mai und Juni 1880. Bemerkungen zu den Skizzen der Bucht von Anttim, der Sandy⸗, Elena⸗, Micaela“, und Grau⸗Bai, Westküste von Pata—⸗ gonien. Von Australien durch die Torres-Straße nach Westen. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte) Eingänge von me— teorologischen Journalen bei der Deutschen Seewarte im Monat Mai 1880. Ueber den Hafen von Padang. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) Reihentemperaturmessungen im Atlantischen Ocean und an einigen Stellen im Indischen und Stillen Ocean. Vergleichende Uebersicht der Witterung des Monats Juni 1880 in Nordamerika und CGentraleuropa. (Mittbeilung von der Deutschen Seewarte) Kleine hydrographische Nolizen. Tabellen. Kartenbeilagen: 1) Zwei Karten zu dem Artikel: Das Auftteten von Treibeis im Nordafsantischen Ocean 6. 2) Karte mit Skijzen der Antrim-⸗Bucht, der Sandy⸗, Elena⸗, Micaela und Grau⸗Baz.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten nebst den ergänzenden und abändernden Bestimmungen der Reichs und Landesgesetzgebung. Mit (Erläuterungen von H. Rebbein, Kammergerichts Rath, und O. Reincke, Direktor am Landgericht 1. zu Berlin. Verlag von H. W. Müller daselbst. Von diesem Werke, dessen erste Lieferung wir vor Kurzem ankündigten, ist jetzt die zweite Lieferung, die Titel 11— 18 des ersten Theils umfassend, erschienen. Auch in dieser Fortsetzung sind die bis auf die neueste Zeit erlassenen Ergänzungf⸗ und Abänderungsgesetze ein⸗ gereiht, die obsoleten Vorschriften mit kleinerer Schrift erkennbar gemacht und der gesammte Gesetzesterxt von Allegaten und Erläute—⸗ rungen aus der Rechtsprechung des preußischen Ober-Tribunals, des Reichs-Ober ⸗Handelsgerichts und des Reichsgerichts begleitet. Der Schluß des ersten Theils (Titel 19 23) erscheint in einigen Wochen.

Das dies jährige Michaelis Programm des Königlichen Gymnasiums zu Insterburg enthält eine Abhandlung von Harry Brettschneider: Melanchthon als Historiker, ein Beitrag zur Kenntniß der deutschen Historiographen im Zeitalter des Dumanismug. Nachdem der Verfasser in einer Einleitung die Ge— schichtsschreibung im Mittelalter charakterisirt hat, geht er dazu über, die Bedeutung der historischen Thätigkeit Melanchthons zu unter— suchen und besonders den Werth der von ihm bearbeiteten allgemeinen Weltchronik festzustellen, die für lange Zeit das gelesenste allgemeine Geschichtsbuch des 16. Jahrhunderts gewesen ist. Er behandelt seinen Stoff in 3 Kapiteln. Das erste beschäftigt fich mit Melanchthons historischen Arbeiten im Allgemeinen, worin namentlich die vielen Vorreden, die Melanchthon zu verschiedenen historischen Werken geschrieben, sowie seine sogenannten Declamationes angegeben und kurz gewürdigt werden. Melanchthons hiftorisches Hauptwerk ist aber das sog. G ronicon Carionis. Demselben ist das ganze zweite, umfassendste Kapitel gewidmet. Es werden hier zunächst die verschiedenen Ausgaben, Uebersetzungen und Bearbeitungen des ge— nannten Werkes angeführt und sodann Melanchthons Ärbeit ihrem Jahalte und Charakter nach eingehend besprochen. Das dritte Kapitel egdlich handelt von Melanchthong historischer Methode und Geschichig⸗ philosophie. Das Resultat seiner Untersuchungen hierüber faßt Brettschneider schließlich in folgenden Worten zusammen: Trotz seiner umfassenden Kenntniß des Alterthums ist Melanchthon das Verstandniß für die Größe, der antiken Historiographie nicht aufgegangen. Da er die Geschichte, zu deren Bearbeitung ibn freilich eine innere Neigung bindrängte, als einen Zweig der Rhetorik ansah, so war bei ihm die Werthschätzung der Alten wesent⸗ lich durch die Rücksicht auf die Form bedingt, daher die Ueber— schätzung Tenophong und die Zurücksetzung des Thuchdides und des Tacitus. Diese Menschen mit ihrer großartigen Weltauffassung sind der weichen und ängstlichen Seele Melanchthons nicht sympathisch; ist doch das Höchste, was er aus der Geschichte lernt, die modestin, die resignirte Einsicht, daß wir ein schwaches Geschlecht sind. Nir' gends erkennt er in der Geschichte das Walten großer allgemeiner Ideen: sie ist ibm, trotz allen angeblichen Bestrebeng, die Gründe der Entwickelung kennen zu lernen, doch eine Keste einzelner, nur biographisch interessanter Begebenheiten. Und wag die formale Kritik der Quellen betrifft, so wird bei ihm damit erst ein Anfang gemacht.“

Den Schulnachrichten entnehmen wir, daß die Anstalt aus einem Gymnasium, einer Realschule und einer Vorschule besteht und gegen⸗ waͤrtig 599 Schüler zählt, von denen 355 auf dat Gymnasium, 16 auf die Realschule und 84 auf die Vorschule kommen.

Stühlens Jggenieur⸗ Kalender für das Jahr 18861 (Verlag von G. D. Baedeker in Essen). Das durch 15 Jahr⸗ gänge bewährte Taschenbuch wird dem Maschinen, und Hättentech—

niker auch in seinem 16. Jahrgang willkommen sein. In Form und

Inhalt sich den letzten Jahrgängen anschließend, zeigt auch dieser neue

das Bestreben, neben Verbesserungen des früberen Inhalts brauch bar Neues hinzuzufügen. Der vorliegende 16. Jahrgang des Inge—⸗ nieur . Kalenders*, heißt es im Vorwort, ist wiederum durch eine Reihe von Umarbeitungen und Ergänzungen, durch Aufnahme neuer No tizen, sowie durch Berichtigung der im früheren Jahrgange auf— gefundenen Ungenauigkeiten mehrfach verbessert und vervollständigt worden. Im Anhange sind die Einkommensteuersätze in Preußen neu aufgenommen, die Notizen über Post, und Telegraphenwesen den neueren Bestimmungen konform abgeändert. Die angenehme Zugabe einer Eisenbahnkarte von Mitteleuropa, mit welcher der Stühlensche Ingenieur ⸗Kalender schon in früheren Jahrgängen versehen war, fehlt auch dem neu erschienenen nicht. Je nach Wunsch bietet sich der Kalender in ursprünglicher Form mit Klapxe und Faberstift (Ausgabe A.) oder in Brieftaschenform mit Gummiband und Faber⸗ stift (Ausgabe B.) dar, zum Preise von 3 4 25 A oder 4 M 25 3.

Die Nr. 41 des Deutschen Familienblatts (Heraug⸗ geber und Verleger J. H. Schorer in Berlin), vom 10. Sktober 1880, hat folgenden Inhalt: „Gerichtet“, Novelle von Konrad Tel— mann. Athas Gawrilo, eine kleinrussische Idylle, von Sacher— Masoch. Staßfurt und seine Riesenschätze, von Th. Gampe (mit Illustrationen). Der deutsche Schulverein in Oesterreich, von Max Freidanck. Herbstmorgen, Gedicht von Johannes Trojan, mit Zeichnung von Woldemar Friedrich. Pflege des Kindes 1I., von Hr. med. R. Koch in Berlin. Plauderecke, Flissenidyll (mit Holzschnitt nach dem Gemälde von W. Stryowekih. Das Klester Melk, mit Originalzeichnung von B. Mannfeld. Der kleine See vulkan von San Salvador, mit Abbildung u. s. w.

K. F. Köhlers Antiquariat in Leipzig hat vor Kurzem die Nrn. 332, 333 u. 334 seiner Kataloge ausgegeben. Nr. 332 enthält ein werthvolles Verzeichniß von ca. 100 Schriften über Numismatik (d. i. über Münzen aus dem alten römischen Reich, dem deutschen Mittelalter, verschiedenen Staaten Deutschlands, aug DOesterreich⸗Ungarn, der Schweiß, Frankreich, England, Holland, Italien, Spanien, Polen, Rußland, Griechenland, Egypten, Amerika ꝛe.), sowie eine Zusammenstellung von ca. 170 Schriften über Genealogis, Heraldik und Adelsgeschichte. Dieselben beziehen sich auf den hohen und niederen Adel, sowohl Deutschlands als anderer Länder Europaz (der Schweiz, Dänemarks, Englands, Frankreichs z). Katalog Nr. 333 verzeichnet 772 Geschichtswerke; 453 derselben betreffen die deutsche Geschichte (die Geschichte Deutschlands im Allgemeinen in ver schiedenen Zeiträumen, sowie die Geschichte einzelner deutscher Staaten, Landschaften und Städte); die übrigen geschichtlichen Schriften handeln von der Geschichte der außerdeutschen Länder. In beiden Abtheilungen finden sich viele werthvolle Werke. Katalog Nr. 334 führt mebr als 200 Schriften über Staats und Finanz- wesen, Nationalökonomie, Statistik, Handel und Verkehr, Handels und Seerecht, sowie ea. 430 Schristen über Recht und Rechtswesen (das römische Recht, das deutsche Recht im Mittelalter und das der neuesten Zeit, das Recht einzelner deutscher Landschaften, sowie über Rechts, und Strafsachen verschiedener anderer Staaten Europas) auf.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Berichte aus den russischen Gouvernements Twer, Wladimir, Saratoff und Samara bezeichnen die diesjährige Ernte als sehr unbefriedigend. Besonders hart sind die sogenannten deut schen Kolonien an den Wolga⸗Ufern durch die Mißernte be—⸗ troffen. Moskauer Blätter veröffentlichen zur Unterstützung diefer Kolonien nachstehenden Aufruf:

Die Kombinirte Synode der Berg⸗ und Wiesenseite der Wolga sieht sich veranlaßt, durch das unterzeichnete, von den Synodalen er— wählte Comité folgende Bitte an die evangelischen Glaubenk⸗ genossen zu richten:

Gott der Herr hat unsere sonst so fruchtbaren und gesegneten Wolga-Kolonien aufs Neue mit Dürre und Mißwachs heimgesucht. Eine solche Mißernte, wie im vorigen 1879er Jahre, hat es hier seit Menschengedenken nicht gegeben. Es fehlte in den meisten Familien am Allernothwendigsten: an Brod, an Futter fürs Vieh, an Brennmaterial. Die Noth war um so größer, als der Winter sich weit früher als sonst einstellte und länger als sonst anhielt. Da wurde denn alles Mögliche gethan, um der Hungerß— noth vorzubeugen: die Gemeinden verpachteten ibre irgend entbehr— lichen Gemeindeländereien, nahmen Geld zu sehr hohen Prozenten auf, zum Theil kam Hülfe von Seiten der Landämter, schließ⸗ lich namhafte Summen durch die Barmherzigkeit unserer Glaubenẽ—⸗ genossen auf mehrere in den Zeitschriften erlassene Bittrufe. So haben sich denn unsere Gemeinden, so schwer es auch ging, durch das harte Jahr durchbringen können, und wir hatten viel Grund, Gott den Herrn zu preisen, daß er uns in der Notb nicht hatte sinken lassen, und allen opferwilligen Glaubensgenossen zu danken, die durch r Liebesgaben so vielen armen Familien die Sorgen erleichtert

aben.

Nun aber gehen wir aufs Neue einem Noth und Hungerjahre entgegen, einem Jahre, das noch düsterer zu werden droht als das vorige, weil damals noch hie und da Vorräthe aus besseren Jahren vorhanden waren, die nun aufgezehrt sind. Die Hoffnungen, mit denen die Aussaat im Frühjahr gemacht wurde, haben sich nicht er— füllt. Große, ausgedehnte Ackerländereien sind schwarz geblieben, andere haben nicht einmal die Saat wiedergegeben. Die Gemeinde⸗ mittel sind in Folge der Mißernte des vorigen Jahres gänzlich er⸗ schöpft, Vorräthe sind nicht vorhanden, die Schuldenlast ist eine riesige, die Theuerung steigt von Tag zu Tage, es sieht trübe und schwarz vor uns aus, wenn wir in die Zukunft sehen. Wir gehen einer Noth entgegen, die das Aeußerste befürchten läßt.

Da hält es denn die soeben in Ssaratow tagende Synode der Berg. und Wiesenseite für ihre dringende Pflicht, nach dieser kurzen Darlegung des Nothstandes ihrer Gemeinden, an die Glaubensge— nossen im russischen Reiche die herzliche Bitte zu richten: Helft, Ihr Brüder im Herrn, unseren so schwer heimgesuchten Gemeindegliedern aufs Neue durch Gaben der Liebe und Barmherzigkeit, damit wir der Noth nicht erliegen! Eine Bevölkerung von 200000 Seelen hat mit sehr wenigen Ausnahmen so gut wie nichts geerntet, und geht“ mit Angst und Sorgen der Zukunft entgegen. Sie klopft durch uns an Eure Herzen an. Wenn auch die Regierung es voraus sichtlich an Hülfe nicht wird fehlen lassen, so hat doch auch die Kirche die Pflicht, darum zu bitten, daß den Hungrigen das Brod gebrochen werde. Wir selbst stehen rathlos da inmitten der vielen Hungernden, wie einst die Jünger in der Wüste vor den hung— rigen Tausenden. Aber wie der Herr dort Rath wußte und Hülse schaffte, so hoffen und glauben wir, wird Er auch uns Rath und Hülfe schaffen, daß die Tausende nicht verschmachten. Wir flehen zu Ihm, daß Er diesen unseren Bittruf für unsere Gemeinden segne und unsere ausgestreckten Hände fülle, auf daß wir Eure Liebengaben un— seren dürftigen Gemeindegliedern mittheilen können. Ber Herr, der unsere Herzen lenkt, wie Wasserbäche, wolle doch recht viele Her⸗ zen zur Hülfe lenken, und uns auch in diesem, wie im vorigen Jahre die Erfahrung machen lassen, daß wir einen Gott haben, der da hilft, und den Heirn, der vom Tode errettet.

Nach darauf bezüglicher Berathung wurde von der Synode das unterzeichnete Comitèé zur nil, . der nothleidenden evangeli⸗ schen Ansiedler in den Wolgagemelnden gewählt, das die eingelau— fenen Gaben in Empfang nehmen, je nach Bedürfniß vertheilen und zu seiner Zeit Rechenschaft über die Verwendung ablegen wird.

Die erbetenen Gaben bitten wir dem Comits zuzusenden per Adresse: L-ny Ipoßery Kocenamrh bB r. Caparonz.

Das von der Komb. Synode gewählte Comité: Probst der Wiesenseite: C. Hölz. Probst der Bergseite: C. Coßmann, Pastor Dl gell Pastor G. H. Keller, Pastor W. Stärkel, Pasior C.

um.

Die geehrten Redaktionen aller im Reiche in deutscher Sprache , e g, Zeitungen sind höflichst gebeten, diesen Aufruf abzu⸗ rucken.

Das Reichegesetz vom 16. Juli vorigen Jahres, betreffe ad die Besteuerung des Tabake, hat im Jahre 1880 zum ersten Male

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auf den inländischen Tabakbau Anwendung gefunden und seine Wir⸗ kung geäußert. Es dürften deshalb einige Mittheilungen über den Umfang des diesjährigen Tabakbaues in Württemberg, welche dem St. A. f. W.“ entnommen sind, von Interesse sein. Im Jahre 1380 wurde Tabak von 2417 Pflanzern in 120 Gemeiden auf einer Fläche von 249 ha 13 a 80 n (7901½ Morgen 145 Ruthen) angebaut, während im Jahre 1879 der Tabakbau nur von g25 Pflanzern in 57 Gemeinden auf einer Fläche von 88 ba Ta 91 di (2846/5 Morgen 49.5 Ruthen) betrieben wurde. Die Zahl der Pflanzer ist somit im Jahre 1880 gegenüber dem Vorjahre um 171 69, die mit Tabak bepflanzte Fläche um 19500 ge— stiegen. Die erhebliche Steigerung, welche der Tabakbau im laufen · den Jahre erfahren hat, dürfte, bemerkt der St. A. f. W.“, in der Hauptsache in der großen Differenz zwischen dem Eingangszoll von ausländischem Tabak mit 85 M für 10) kg und der inneren Steuer, welche für das Jahr 1880 nur 20 M, für das Jahr 1881 sodann 30 αο und erst vom Jahre 1882 an 45 e für 100 kg betträgt, zu suchen sein. Die Quglität der diesjährigen Tabakernte wird als eine im Allgemeinen ziemlich gute bezeichnet. Die Durchführung der im Wesentlichen der französischen Monopolsgesetzgebung entnommenen Vorschriften über die Kontrole des Tabakbaues hat in Württemberg zu keinen wesentlichen Anständen geführt.

Gewerbe und Handel.

Internationale Eisenbahn;: Ausstellung in Ber lin im Jahre 1882. Das Comits für die internatioaale Eisen bahn⸗Ausstellung in Berlin, welches aus den Herren: Geh. Regie⸗ rungs⸗Rath Simon, Vorsitzenden der Direktion der Berlin⸗Ham - burger Eisenbahngesellschaft, Eisenbahn ⸗Dirzktor Schrader von der Berlin ⸗Anhaltischen Eisenbahngeselll haft, Geh. Com merzien⸗Rath Schwartzkopff Chef der Berliner Maschinenbau ⸗Aktiengesellschaft, vor⸗ mals L. Schwartzkopff, dem Reichstags ⸗Abgeordneten Richter, dem Ge— neral Direktor der Vereinigten Königs, & Laurahütte, Aktiengesell⸗ schaft für Bergbaa und Hüttenbetrieb, und dem Kommissiong ⸗Rath, Ingenieur F. C. Glaser, Herausgeber von Glasers Annalen für Jewerbe und Bauwesen, besteht, hat unter dem Vorsitz des Geh. Ober · Regierungè · Raths Streckert, vom Reicht eisen bahnamt, seine zweite Sitzung abgehalten. Der Vorsitzende brachte eine Anfrage des Cisenbahn⸗ Klubs in Wien zur Mittheilung, aus welcher zu ersehen, daß man in Wien noch nicht über den ersten Gedanken, eine Eisen— bahn Ausstellung zu veranstalten, hinausgekammen ist. Auch ging aus Mittheilungen anderer Mitglieder des Comité, welche kürzlich in Wien waren, hervor, daß man sich in Oesterreich einer in Berlin abzuhaltenden internationalen Eisenbahn ⸗Ausstellung freundlich gegen⸗ über stellen wird. Das Gleiche findet auch Seitens der Stadt—⸗ behörde Berlins statt, welche, wie aus den Zeitungsberichten über die letzte Sitzung des Magistrats hervorgeht, schon Delegirte zu einer Besprechung mit dem Comits bestimmt hat. Als Ort für die Aus. stellung wurde der schon mehrfach erwähnte Lehrter Bahnhof als der geeignetste betrachtet; bekanntlich wird derselbe nach Ecöffnung der Stadtbahn frei und ist auch dem Vernehmen nach als permanentes Ausstellungsgebäude in Autsicht genommen. Bei Hinzuziehung der Bögen der Stadtbahn würde der ganze Komplex über 00 O00 4m betragen, also beinahe das Dreifache des Terrains der Düsseldorfer Ausstellung umfassen. Das Comité geht von der Ansicht aus, daß Alles, was auf das Verkehrswesen Bezug hat, zur Ausstellung ge— langen soll. .

Der Aufsichtsrath der Neuen Gas-⸗Aktien-Gesell⸗ schaft hat die Dividende pro 1879/80 auf 43 0so festgesetzt.

In der kürzlich ausgegebenen 10. Lieferung der Gewerbe halle, Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie (Redaktion: Adolf Schill, Architekt in Stuttgart, Verlag von J. Engelhorn ebendaselbst) finden sich an Erzeugnissen vaterländischen Gewerbfleißes ein geschmackvoller Spiegelrahmen in Eichenhol; (Renaissancestyl), entworfen von L. A. Lippert, ausgeführt von der Firma F. Radspieler u. Cie. in München; ferger ein Wand⸗ becken mit Wasserbehälter in Steingut, entworfen von F. Keller Leuzinzer in Stuttgart, ausgeführt von Merckel⸗ bach und Wiek in Grenzhausen bei Coblenz (letzteres insofern erfreulich, als damit zuerst eine schöne und styl volle Ausbildun eines anzubringenden Waschapparats geboten wird, nachdem die bisher be— liebten laͤckirten Blechkasten lange genug unser Auge beleidigt haben. Dasselbe Modell ist übrigens auch in Majolika von A. Mani in Heimberg bei Thun ausgeführt worden) Ferner bringt das Heft wieder zwei Blätter mit preisgekrönten Arbeiten von der leßten Pariser Weltausstellung, darunter ein üppig reich dekorirtes und dra— pirtes Ruhebett nebst Beiwerk aus einem Damensalon von Penon; Aufnahmen einer gemalten Wan füllung im Schlosse Trausnitz zu Landshut in Bayern (Ende des 16. Jahrhunderts) und von Metall⸗ gefäßen auf Gemälden alter deutscher und niederländischer Meister. Die letzteren sind besonders interefsant und dürften zur Nachahmung anregen, was auch von den in Gold und Silberdruck sorgfältig faesimilirten zierlichen Niello Arbeiten und Gravirungen aus dem 15. und 16. Jahrhundert auf dem letzten Blatte gilt.

Die ‚New⸗JYJorker Hdls. Ztg.“ äaßert sich in ihrem vom l. Oktober datirten Wochenbericht folgendermaßen: Daz Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkt war mäßig lebhaft. Der Frachtenmarkt, welcher matt eröffnete, war in den letzten Tagen in Folge reger Nachfrage für Getreide fahrzeuge animirt, und wurden 48 Schiffe für volle Ladungen geschlossen. Für Weizen, Weizenmehl und Mais bewegten sich Preise à Ua hausse, während Baumwolle bei stillem Geschäft in disponibler Waare die höchsten Notirungen der Woche nicht behaupten konnte. Rio Kaffee verharrte in flauer Haltung; west und ostindische Sorten waren Seitens des Konsums mäßig beachtet. In Rohzucker fanden nach einem weiteren Rück⸗— gang der Preise sehr umfangreiche Trantaktionen statt. Schmalz und Speck sind bei stillem Geschäfte niedriger, Schweinefleisch bat dagegen unter dem Einfluß einer lebhaften Spekulationsfrage ziemlich bedeutend im Preise angezogen. Harz sowie Terpentinöl waren fest und letzteres abermals höher. Für neuen Hopfen blieb der Begehr schleppend. Raffinirtes Petroleum gewann eine Anfangs erlittene Einbuße wieder zurück und schließt in fester Haltung. In fremden Manufakturwaaren war das Geschäft in einzelnen Branchen etwas lebhafter, läßt aber im Ganzen genommen noch viel zu wünschen übrig. Der Import fremder Webstoffe betrug während der heute beendeten Woche 1705132 Doll. gegen 2241144 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

Washington, 13. Oktober. (W. T. B) Der Schatz⸗ sekretär Sherman hat weitere Obligationen im Betrage von 2 500 000 Doll. angekauft und zwar 6proz. von 1380 zum Course von 102,55 à 102,59, 6 proz. von 1881 zum Course von 104 55 und 5proz. von 1881 zum Course von 102,55 à 102,67.

Verkehrs⸗Anstalten.

Die „N. Zürch. Ztg.“ schreibt: ‚Wie wir vernehmen, ist gegenwärtig beim Bundesgericht ein von der Favre'schen Unterneh⸗ mung erhobener Prozeß anhängig, in welchem dieselbe eine Er— streckung des Termins für die Vollendung des großen Gotthard Tunnels um 700 Tage verlangt. Der vertragsmäßige Vollen⸗ dungstermin ist mit dem 1. Oltober abgelaufen; würde der Favre schen Unternehmung ihr Klagebegehren zugesprochen, so wäre die Folge davon, daß die Zufahrtslinien, die bis zum 30. Juli 1882 rollendet sein müssen, eher fertig würden als der große Tunnel. Die Gründe, auf welche die Favre'sche Unternehmung ihr Frist— erstreckungsbegehren stützt, sind uns des Näheren nicht bekannt. Im Laufe dieses Monats wird sich auch die Gotthardbahn-Direktion darüber schlüssig machen müssen, ob sie bei den Abschlagszahlungen, die jeweilen auf Ende eines Monats erfolgen, die Konventionalstra—⸗ fen in Abzug bringen will, welche im Vertrage mit Favre für die nicht rechtzeitige Vollendung festgesetzt sind.“

Triest, 14. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer

Berlin, 14. Oktober 1850.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute beendigten Ziehung der 1. Klasse 163. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: 1 Gewinn von 15 000 S auf Nr. 5135. 1 Gewinn von 9000 S auf Nr. 76738. 2 Gewinne von 3600 MS auf Nr. 32431. 67 833. 4 Gewinne von 300 MS auf Nr. 17 588. 29 859. 68 526. 82 983.

Am 12. d. M. ist der um 3 Uhr Nachmittags von Berlin nach Breslau abgelassene Schnellzug 5 um circa 4 Uhr 25 Minuten Nachmittags auf dem Wegeübergange bei der Wärterbude 75 vor Frankfurt a. / O. auf ein mit Steinen be⸗ ladenes zweispänniges Fuhrwerk, das im Begriff war, den ö zu passiren, bei nicht geschlossener Barriere auf— gefahren.

Hierhei sind die Lokomotive und der Packwagen sowie auch ein Personenwagen, letzterer jedoch nur unerheblich be⸗ schädigt worden. Verletzungen von Personen sind glücklicher⸗ weise nicht vorgekommen, auch die Pferde des Fuhrwerkes sind unbeschädigt geblieben, aber der Wagen zertrümmert. Der Zug erlitt hierdurch eine Verspätung von 48 Minuten.

Cöln, 14. Oktober, 12 Uhr 30 Minuten früh. (Tel.) Die englische Post vom 13. Oktober früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, ist ausgeblieben. Grund: Zugverspätung auf belgischer Seite.

Dem Vaterländischen Frauen⸗Verein sind in Folge seines Aufcufs zum Besten der in Schlesien durch Ueber⸗ schwemmung Beschädigten zusammen 15 524 ½ 35 8 zugegangen.

Das öffentliche Fuhrwesen in Berlin und Paris. (Stat. Corr.) Von höchster Bedeutung für die Entwickelung mo— derner Großstädte ist die Gestaltung des öffentlichen Fuhrwesens ge⸗ worden. Vordem, als selbst die größten Städte kaum eine solche Ausdehnung erlangt hatten, daß man nicht bei mäßiger Anstrengung und ohne zu viel Zeitverlust die weitesten Entfernungen innerhalb derselben zu Fuß hätte zurücklegen können, galt die Benutzung eines Fuhrwerks als Zeichen der Beguemlichkeit oder des Luxus; hꝛute ist der Verkehr zu Wagen oder Schiff für die Bewohner von Groß— und selbst von Mittelstädten zur absoluten Nothwendigkeit geworden. Moderne Großstädte ohne umfangreiches Stadtfuhrwesen sind geradezu undenkbar. Wenn ursprünglich die zunehmenden Entfernungen in den Städten das öffentliche Fuhrwesen in denselben geschaffen und ausgebildet haben, so ist nunmehr die immer wachsende Vervoll komm⸗ ,. Fuhrwesens die Ursache der progressiven Ausdehnung dieser

adte.

Die Beförderung der Menschen in großen Städten, als öffent— liches Unternehmen, geschieht in ihren fortschreitenden Stadien durch Droschken oder Fiaker, durch Omnibus, durch Pferdeeisenbahn (Tramway), durch ober oder unterirdische Dampfeisenbahn oder durch Dampfschiffe. Indeß verdrängt nicht die eine Kommuni— ö die andere, sondern sie existiren vielfach gleichzeitig neben einander.

Um ein Bild über das Fuhrwesen in Berlin zu gewinnen, empfiehlt es sich, dasselbe mit dem einer ähnlich großen Stadt zu vergleichen. Wir wählen dazu Paris. Die Ausdehnung und ganz besonders die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist allerdings in Paris eine bedeutend größere als in Berlin; allein man muß dabei erstens im Auge behalten, daß bei Parts eine mindestens zweimal so große Bevölkerung als in Berlin hierfür in Betracht kommt, und zweitens, daß wegen der stark bevölkerten Umgebung von Paris dort auch wesentlich größere Eatfernungen zu überwinden sind als hier.

Was nun zuerst den Verkehr auf den Pferdebahnen, als dem— jenigen Transportmittel anlangt, welches jetzt in den beiden Haupt— städten den größten Theil der Personenbeförderung an sich gezogen hat, so wurde in Berlin die erste Pferdeeisenbahnlinie (nach Char lottenburg) im Jahre 1865 eröffnet und blieb acht Jahre bindurch die einzige Strecke. Die Frequenz stieg innerhalb dieses Zeitraumes von 960 000 berörderten Personen im Jahre 1866 auf 2577000 im Jahre 1872. Die Entwickelung des Straßenbahnnetzes datirt in Berlin erst seit 1873, in welchem Jahre der älteren Gesellschaft durch Konzessionirung einer neuen eine sehr wirksame Konkurrenz bereitet wurde. Von da an wuchs die Ausdehnung der Linien und mit dieser die Frequenz in beschleunigter Progression. Am Ende, bezw. im Laufe der nachstehenden Jahre betrug die

Länge der in Betrieb Zahl der beförderten befindlichen Geleise. Personen.

1 20,5 km 3783000

, 47,0 8 692000

,, . 92,9 18 960000

, . 109,3 26 660 000

k 110,8 29 150 000

ä.. 126,6 32 545 000

,,, 156 8 40 100000.

In derselben Zeit rermehrte sich die Zahl der in Betrieb be⸗ findlichen Wagen von 10 auf 380 und die der Pferde von ca. 300 auf ca. 1700 Stück. Die eigentliche Bahnlänge belief sich Ende 1879 auf ungefähr 100 km oder 139 Meilen.

In Paris hat die Entwickelung der Pferde Eisenbahn einen ganz ähnlichen Lauf genommen wie in Berlin (es sind hier wie dort auch jene Strecken mit inbegriffen, welche von Straßenbahn Lokomotiven befahren werden). Bis 1873 existirten in Paris nur die beiden Linien nach dem Bois de Boulogne und nach Säores, welche in dem genannten Jahre nur etwas mehr als 1 Million Personen beförderten. Die folgenden Jahre brachtea aber eine sehr schnelle Ausdehnung des Schienennetzes in den Straßen innerhalb der Stadt und auf den nach den Vororten füh⸗ renden Wegen. Einen starken Impuls hierzu gab die Weltaus stellung im Jahre 1878. Der durch sie veranlaßte Menschenstrom ist danach zu beurtheilen, daß z. B. die größte der drei Pferdebahn Gesellschaften im Aue stellungsjabre 58I Millionen Menschen beför— derte gegen 148 Millionen im Voijahre. Im ganzen Jahre 1878 wurden sämmtliche Linien, welche zusammen eine Länge von 234 km hatten, von 127 720 900 Persogen benutzt; allerdings sind hierbei viele Personen, welche Correspondenzbillets hatten, jwei⸗ und auch dreimal gezählt worden.

Das Jahr 1879 zeigte bei der größten Gesellschaft eine Abnahme der Frequenz von fast 100 600 Personen. Et waren bei ihr im Betriebe: 225 Wagen und 3215 Pferde gegen 200 bejw. 2716 im Vorjahre. Von den b8 406 871 Passagieren hatten 30 82 499 ihren Platz im Innern des Wagens, die übrigen auf dem Verdecke ge nommen. Die Eianahmen betrugen 10417 0900 Fr., die Ausgaben 8 308 000 Fr., sonach verblieb ein Ueberschuß von 2 109000 Fr. en das Jahr 1878 mit einem Plus von 3 151 000 Fr. ab—

oß.

Durch die Errichtung von Pferde-Eisenbahnen ist den Omni⸗ bussen eine die m, enn, fast vernichtende Konkurrenz entstanden. Die Allgemeine Omnibusgesellschaft zu Paris hat die Gefahr dieser Kon kurrtenz von sich abzuwenden gewußt, indem sie selbst den Bau von Pferdebahnlinien in die Hand genommen und das Netz ihrer Omni⸗ buslinien so eingerichtet hat, daß dasselbe als eine Ergänzung und nicht als ein Konkurrent zu ersteren erscheint. Der Vortheil, welcher durch eine einheitliche Feststellung des Fahrplans von Omnnibussen und Pferdebahnen dem Publikum erwächst, ist offenbar. Berlin, wo

„Achilles“ ist beute früh aus Konstantinopel hier eingetroffen.

das Omnibuswesen überhaupt schwach entwickelt ist, steht darin Paris entschieden nach.

Der Omnibusverkehr war folgender: in Berlin

Wagen Perso nen Wagen

1 191 14 367 000 652 , 191 14697 000 656 K 192 14130000 655 mm, 177 13 20400) 649 , 182 13 515 000 674 . 182 13 6583 000 639 102 913 000 , 1665 12 M7 000 619 91 248 000

In Berlin wurden von der Allgemeinen Omnibusgesellschaft, welche mehr als 96 0 der Omnibus passagiere beförderte, im Jahre 1879 15 Linien in einer Länge von 714 km befahren; in Paris hin⸗ gegen hatten 1878 sämmtliche 33 Linien eine Ausdehnung von 205,6 Km. Von den Panggieren fuhren 46,9 / in Berlin und 41,3 o in Paris auf dem Verdeck der Wagen.

Die Centralisation des öffentlichen Fuhrwesens zu Paris ist nicht blos bei den Straßenbahnen und Omnibussen vorhanden, son⸗ dern auch bei dem Drioschkenwesen. Der Betrieb desselben, soweit er öffentlich konzessionirt ist, ruht in Paris in den Händen einer einzigen Gesen schaft (Compagnie geéag6rale des voitures),, während in Berlin an der Stellung der Droschken sich über 2000 Konzessionäre bethei⸗ ligen, unter denen die Aktiengesellschaft für öffentliches Fuhrwesen die meisten Droschken (ca. 400) besitzt. Was die Form der Droschten anbelangt, so herrscht darin in Paris eine wesentlich größere Ver⸗ schiedenartigkeit als in Berlin. In diesem giebt es nur Droschken l. und 2. Klasse und Gepäckdroschken, zu denen noch die Thor wagen als konzessionirte Fuhrwerke zu zählen sind. In Paris werden 10 Arten unterschieden, zu 2, 4 und 6 Sitzen, unter denen die zweisitzigen Coupéz, auch Cabs genannt, mehr als die Hälfte ausmachen. Außer den eigentlichen Droschken (voitures de place) sind in Paris noch sogenannte voitures de grands remise konzessio- nirt, welche für gewöhnlich nicht auf öffentlichen Plätzen halien, sondern in den Remisen bestellt werden müssen.

Es waren im J ö

in Berlin

Ende Droschken Thorwagen 11 225 1 264 5773 827 16 284 6064 951 ,, 255 5 504 991

Man erkennt auch hier den Aufschwung, welchen daz Fuhrwesen zu Paris im Jahre 1878 in Folge der Weltausstellung genom nen hat. Die Zahl der Ende 1879 in Gebrauch befindlichen Droschken⸗ pferde betrug in Berlin ca. 900), in Paris gegen 10 000. Die Einnahmen der Pariser Allgemeinen Droschkengesellschaft bezifferten sich 379 auf 166 Mill. Fr. oder 4 Mill. Fr. weniger als im Jahre vorher; die durchschnittliche Tagescinnahme eines Wagens be— lief sich auf 113 Fr. gegen 173 Fr. im Jahre 1878. Bei der Berliner Aktiengesellschaft für öffentliches Fuhrwesen stellte sich die durchschnittliche Einnahme pro Tag und Droschke im Jahre i878 auf 11,71 „, also ungefähr 33 Centimes höher als das Ergebniß der Pariser Droschken im Jahre 1873.

Faßt man die besprochenen Zweige des öffentlichen Fuhrwesens, welchem das Pferd als Zagkraft dient, zusammen, so kann man die Gesammtzahl der konzessionirten Personen Fahrzeuge für Ende 1879 in Berlin zu 5609 mit ungefähr 12 000 Pferden, in Paris zu fast I5ß00 mit ca. 25 000 Pferden annehmen. Das sind aber keineswegs sämmtl iche Wagen, welche dem Publikum zu Gebote stehen, so ist z. B. in Berlin sämmtlich.'s Fuhrwerk ungezäͤhlt geblieben, welches von den Besitzern auf Bestellung zu Fahrken jeglicher Art geliefert wird; und in Paris sind alle jene Omnibusse nicht mitgezähit wor⸗ den, welche zur Beförderung der Passagiere von und nach den Bahn⸗ höfen dienen u. s. w. u. s. w. Immerhin geben diese Zahlen ein an— genähertes Bild von dem angeheueren Umfange, zu dem das öffent⸗ liche Fuhrwesen in den modernen Großstädten angewachsen ist. Als Ecgänzung dieses Bildes ist noch die Darstellung des durch Dampf bewegten Fuhrwerls nöthig, dessen Besprechung wir uns vorbehalten.

in Paris

Personen 11103600) 113 294 000 113 577000 111251 000 113 674 000

in Paris Droschken Remisewagen 5700 793

Die Preußische Hauptbibelgesellschaft feierte am Mittwoch Ahend in der festlich erleuchteten Dreifaltigkeits— kirche ihr 66. Jahres fest. Die Festpredigt hielt der General⸗ Superintendent Schultze ⸗Elbei im Anschluß aa Joh. 4, 13. 14. Dem vom Prediger Daue alsdann erstatteten Bericht entnehmen wir, daß die Gesellschaft vom 1. Oktober 1879 bis ebendahin 1880 50.151 Bibeln und 12301 Testamente, im Ganzen 5765 heilige Bücher mehr als im Vorjahre ausgegeben hat. So erfreulich diefe Zahl an sich ist, so gering ist sie im Vergleich zu dem, was die britische Bibelgesellschaft zu leisten vermag. Während fämmtliche 25 deutsche Gesellschaften mit ihren Hunderten von Tochtergesell. schaften im angegebenen Zeitraum nur 296 338 heilige Schtiften verbreitet haben, hat die eine britische Gesellschaft allein in Deutsch⸗ land 232 691 vertheilen können. 354 Bibeln und 545 Testamente, zusammen 899 heilige Schriften, 432 mehr als im Vorjahre, wur— den von der preußischen Hauptbibelgesellschaft verschenkt. 207 Bibeln erhielten die Berliner Stadtschulen aus Erträgen der Bibel ⸗Pfennig⸗ büchsen, 40) die Militärschulen, 340090 der vertheilten Bibeln waren Schulbibeln, unter ihnen 2560) mit Karten Palästina; und der Reisen des Paulus austgestattet. Trau, und Jubelbibeln wurden 9233 gegen 7387 im Vorjahre von der Gesellschaft ver⸗ langt. Die Sitte, Traubibeln zu vertbeilen, hat sich in Berlin bereits in 12. Gemeinden eingebürgert. Die Schrif⸗ ten mit einfachen Einbäaden wurden 250 unter Herstellungs« preis verkauft. Seit Stistung der Gesellschaft siad im Ganzen 2406 653 Bibeln und 1022 856 Testamente und in Gemein schaft mit den 163 Tochtergesellschaften ca. 4 899 000 heilige Schriften verbreitet worden. Die Einnahmen betrugen im abgelaufenen Jahr 135 161 , darunter 615 MS vom Königlichen Hause und 2363 Bei träge aus der Hauptstadt, letz ere seit 11 Jahren im steten Abaeh—⸗ men begriffen; die Ausgaben 124819 4 Die Zahl der Tochtergesell ˖ schaften hat sich um 2 vermehrt.

Ballenstedt. 11. Oktober. Das B. Kr Bl.‘ meldet: Die auf Höchsten Befehl Sr. 66 des Herzogs durch den Bau⸗ Inspektor Mauer in der hiesigen Schloßkirche am 7. d. M. einge⸗ leiteten Nac rschungen nach dem Grabe des Markgrafen Albrechts oes Bären haben insofern bereits einen günstigen Ecfolg gehabt, als am Abend 10. d. M. und heute früh durch den Oben⸗ genannten persönlich unter der, zwischen den beiden westlichen Thür⸗ men der alten romanischen Kirche befindlichen Kapelle St. Nicolai (ietzt Speisekammer) das Vorhandensein zweier Steingräber mit menschlichen Ueberresten festgestellt wurde. Oh man wirklich das Grab Albrechts des Bären nebst Gemahlin vor sich hat, kann e, überhaupt möglich erst nach Aufdeckung der Gräber ermittelt werden.

New Jork, 11. Oktober. (Allg. Corr.) Einem stark besetzten Exkursionszuge ist bei Pitts burg ein von traurigen Folgen begleiteter Unfall zugestoßen. Die vorderen Waggons wurden in die hinteren hineingeschoben und, um das Unglück voll zu machen, explodirte in Folge der Erschütterung der Kessel der Lokomotive. Neun Personen blieben auf der Stelle todt und 2 sind seitdem ihren Verletzungen erlegen.

Im Re sidenz⸗Thea ter erfreuen sich die Aufführungen von Daniel Rochat“ regen Besuchs und die treffliche i enn, vielen ,. 2

Im Belle Alliance Theater ging gestern Abend G. v. Mosers Hypochonder“ zum ersten Male vor gut besetztem Hause in Scene. Hr. Dir Th. Le hbrun bot darin als Rentier it kenstock seine bekannte vortreffliche Leistung und wurde sowohl von feinen, als von den Mitgliedern des Belle Alliance Theaters aufs Wirksamste unter⸗ stützt, so daß der Erfolg des Abends ein vollstaͤndiger zu nennen war.