1880 / 249 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Oct 1880 18:00:01 GMT) scan diff

In den Reservefonds fließen: .

a. etwaige Ersparnisse an dem Baukapitale, insoweit solches von dem Minister der öffentlichen Arbeiten für erforderlich erachtet werden sollte, . .

b. der Betrag der statutenmäßig verfallenen, nicht abgehobenen Dividenden und Zinsen;

e. die Zinsen des Reserrefonds; . .

d. eine im Regulative festzusetzende, alljährlich den Betriebsein⸗ nahmen zu entnehmende Rücklage. .

Erreicht der Reservefonds die Summe von 10090 4, so können mit Genehmigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten die Rück—⸗ lagen so lange cessiren, als der Fonds nicht um eine volle Jahres rücklage wieder vermindert ist. Die Werthpapiere, welche zur zins⸗ tragenden Anlage der vereinnahmten und nicht sofort zu verwenden den Summen zu beschaffen sind, werden durch das Regulativ bestimmt. J

Läßt der Ueberschuß eines Jahres die Deckung der Rücklagen

zum Erneuerungs⸗ oder Reservefonds nicht oder nicht vollständig zu, so ist das Fehlende aus den Ueberschüssen des bezw. der folgenden Betriebsjahre zu entnehmen. Abweichungen hiervon sind mit. Ge—⸗ nehmigung des Minist ers der öffentlichen Arbeiten zulässig. Für die Rücklagen geht der . dem Reservefonds ror.

Die Gesellschaft ist verpflichtet: ö ;

a. ihre Betriebsrechnung nach den vom Minister der öffentlichen Arbeiten zu erlassenden Vorschriften einzurichten, der Regie⸗ rung zu der von letzterer zu bestimmenden Zeit, den jähr⸗ lichen Betriebs⸗Rechnungsabschluß einzureichen und ihre Kassen⸗ bücher vorzulegen; . der Aufstell ung der Rechnung den Zeitraum von Anfang April jeden Jahres bis Ende März des folgenden Kalenderjahres als Rechnungsjahr zum Grunde zu legen; ;

die von den Aufsichtsbehörden zu stfatistischen Zwecken für nöthig erachteten Nachweisungen, sowie deren Unterlagen auf ihre Koster zu beschaffen und der Aufsichtsbehörde in den von derselben festgesetzten Fristen einzureichen.

XI

Nach Eröffnung des Betriebes ist die Gesellschaft zur Aenderung und Erweiterung der Bahnhoftanlagen, sowie zur Vermehrung der Betriebsmittel verpflichtet, sofern und soweit solches der Minister der öffentlichen Arbeiten im Interesse des Eisenbahnverkehrs, ins besondere im Interesse der Sicherheit des Betriebes für erforderlich erachtet.

Zur Herstellung des zweiten Geleises soll die Gesellschaft erst dann angehalten werden können, wenn die Brutto⸗Einnahme im Durchschnitt dreier auf einander folgender Jahre mindestens 16 000 4. pro Kilometer beträgt. 4

Die Gesellschaft ist verpflichtet, hinsichtlich der Besetzung der Subaltern. und Unterbeamtenstellen mit Militär-Anwärtern, inso⸗ weit dieselben das 35. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, die für den Staatseisenbahndienst in dieser Beziehung und insbe- sondere bezüglich der Ermittelung der Militär⸗Anwärter be—⸗ stehenden und noch zu erlassenden Vorschriften zur Anwendung zu bringen, auch den Militär⸗Anwärtern schon während der Ausbil⸗ dungszeit eine angemessene, erforderlichen Falls von der Staats- regierung festzusetzende Remuneration zu gewähren. Für ihre Beamten hat die Gesellschaft auf Verlangen des Ministers der öffentlichen Arbeiten nach Maßgabe der Grundsätze, welche bis zum Erlaß des Gesetzes, betreffend die Pensionirung der unmittelbaren Staats beamten 2c. vom 27. März 1872 für die Staatseisenbahnen bestanden haben, für ihre Arbeiter nach Maßgabe der jetzt und künftig für die Staatsbahnen bestehenden Grundsätze, Pensions-, Wittwen“ und Unterstützungskassen einzurichten und zu denselben die erforderlichen Zuschüsse zu leisten.

XIII.

Die Verpflichtungen der Gesellschaft zu Leistungen für die Zwecke des Postdienstes regeln sich nach dem Eisenbahn-Postgesetze vom 20. Dezember 1875 (Reichs⸗Gesetzblatt für 1375 S. 318) und den dazu gehörigen Vollzugsbestimmungen, jedoch mit der Erleichterung, daß für die Zeit bis zum Ablauf von acht Jahren vom Beginne des auf die Betriebseröffnung folgenden Kalenderjahres an Stelle der Artikel 2, 3 und 4 des Gesetzes die im Erlasse des Herrn Reichs⸗ kanzlers vom 28. Mai 1879 (Centralblatt für das Deutsche Reich S. 380) getroffenen Bestimmangen treten.

Sofern innerhalb des vorbezeichneten Zeitraums in den Ver— hältnissen der Bahn in Folge von Erweiterungen des Unternehmens oder durch den Anschluß an andere Bahnen oder aus anderen Gründen eine Aenderung eintreten sollte, durch welche nach der Entscheidung der obersten Reichs ⸗Aufsichtsbehörde die Bahn die Eigenschast als Eisenbahn untergeordneter Bedeu ung verliert, tritt das Eisenbabn— Postgesetz mit den dazu gehörigen Vollzugs bestimmungen ohne Ein— schränkung in Anwendung. ö

Die Gesellschaft ist verpflichtet, sich den bezüglich der Leistungen für militärische Zwecke bereits erlassenen oder künftig für die Eisen⸗ bahnen im Deutschen Reich ergehenden gesetzlichen Bestimmungen zu unterwerfen. 2

Der Telegraphenverwaltung gegenüber bat die Gesellschaft die⸗ jenigen Verpflichtungen zu übernehmen, welche für die Eisenbahnen im Gebiete des ehemaligen Norddeutschen Bundes festgestellt sind oder später für dieselben anderweit festgestellt werden mögen.

XVI.

Anderen Unternehmern bleibt sowohl der Anschluß an die Bahn mittelst Zweigbahnen, als die Mübenutzung der Bahn ganz oder theilweise gegen zu vereinbarende, eventuell vom Minister der öffent— lichen Arbeiten festzusetzende Fracht, oder Bahngeldsätze vorbehalten.

XVII.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, den Betrieb ihrer Bahn der Verwaltung einer anschließenden Bahn gegen Gewährung einer jähr— lichen Rente, welche der im Durchschnitte der letzten fünf Jahre er— zielten Reineinnahme gleichkemmt und mindessens jährlich 4 0 ihres Anlagekapitals (efr. II) beträgt, zu überlassen, falls der Minister der öffentlichen Arbeiten diese Betriebsüberlassung im öffentlichen Verkehrsinteresse für erforderlich erachtet.

Als Reineinnahme ist diejenige Summe anzusehen, um welche die Betriebs ⸗Roheinnahme die in dem betreffenden Rechnungsjahre aufgewendeten Verwaltungs, Unterhaltungs⸗ und Betriebskosten ein⸗ schließlich der vorgeschriebenen Rücklagen in den Erneuerungs und Reservefonds, jedoch ausschließlich der aus diesen Fonds zu bestreiten den Ausgaben übersteigt. 6

Sollten nach dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Ar— beiten die Voraussetzungen wegfallen, unter denen auf die Bahn bei ihrer Konzessionirung die Anwendung der Bahnordnung für deutsche Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung für statthaft erklärt ist (efr. Art. XIII. in fine, so muß die Gesellschaft auf Erfordern des be⸗ zeichneten Ministers sich bereit finden lassen, nach ihrer Wahl entweder selbst die baulichen Einrichtungen und den Betrieb der Bahn nach Maßgabe der für Hauptbahnen bestehenden Bestimmungen um zuändern, falls die finanziellen Verbältnisse der Gesellschaft ihr diese Umwandlung nach dem Ermessen des Ministers gestatten, oder zu diesem Zwecke einem etwaigen anderen Unternehmer entweder das Figenthum und den Betrieb der Bahn gegen Erstattung des Anlage—⸗ kapitals oder blos den Betrieb der Bahn gegen Gewährung der vor hin am Schlusse des Artikels 5. bejeichneten Rente abzutreten.

Die Aushändigung einer Ausfertigung dieser Konzessionsurkunde an den Eingangs bezeichneten Aufsichtsrath erfolgt erst, nachdem die Hinterlegung der unter VIII. 4 vorgeschriebenen Kaution und Ver- pfändungsurkunde stattgefunden hat.

Binnen einer von heute ab zu berechnenden dreimonatlichen

mit der Konzession übereinstimmend befundenen Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister bewirkt werden, zu welchem Zwecke dem Han⸗ delsgerichte die Ausfertigung der Konzessiong⸗Urkunde und die Er— ann 44 Regierung bezüglich jener Uebereinstimmung vorzu⸗ legen sind.

! Nachdem jene Eintragung rechtzeitig erfolgt und unter Beifü⸗ gung von 6 Druckexemplaren des Gesellschaftsvertrages nachgewiesen ist, soll die geger wärtige Urkunde in Gemäßheit des Gesetzes vom 10. April 1872 veröffentlicht werden.

Wird dagegen jene Eintragung binnen der vorbezeichneten Frist uicht herbeigeführt, so ist die gegenwärtig ertheilte Konzession ohne Weiteres erloschen, in welchem Falle jedoch die hinterlegte Kaution zurückgegeben werden soll. . . ̃

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 24. Mai 1880.

(L. S.) Wilhelm.

Graf zu Stolberg. von Ka meke. Graf zu Eulenburg. Maybach. Bitter.

Dr. Friedberg.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Die Wahlen des Oberlehrers Dr. Huot an der Victoria⸗ schule in Berlin zum Direktor dieser Anstalt, und

des ordentlichen Lehrers Dr. Richard Scheppig an der Realschule zu Kiel zum Oberlehrer dieser Anstalt sind be⸗ stätigt worden.

Hofmann, von Puttkamer.

Angekommen: Se. Excellenz der Ober-⸗Hof⸗ und Haus⸗ Marschall und Ober⸗Stallmeister Graf von Pückler aus Baden⸗Baden.

In der heutigen Handelsregister⸗-Beilage wird Nr. 43 der Zeichenregister-⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.

Aichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 22. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König sind heute Nachts 12 Uhr 5 Minuten in erwünschtem Wohlsein auf der Anhalter Bahn, von Frank— furt a. M., und Philippsruhe kommend, wieder hier eingetroffen.

Se. Majestät empfingen heute Vormittag den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Georg und Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin und nahmen sodann um 11 Uhr die militärischen Meldungen Sr Königlichen Hoheit des Prinzen August von Württemberg, des Gouverneurs Generals der Infanterie von Fransecky, des Kommandanten General-Majors Freiherrn Meerscheidt von Hüllessem, des General-Majors von Thile und einiger an⸗ deren Offiziere entgegen. Hierauf begaben Se. Majestät Sich h e, Einweihungsfeier nach dem Joachimsthalschen Gym⸗ nasium. .

Nachmittags wurde der Militär⸗Bevollmächtigte in St. Petersburg, General-Adjutant und General-Lieutenant von Werder empfangen, und um 4 Uhr hatte der Vertreter des Auswärtigen Amts, Graf Limburg-Stirum, Vortrag.

Heute Mittag 12 Uhr ist in Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers und Königs der Neubau der ältesten Schulschöpfung der Hohenzollern in Brandenburgischen Landen, des Joachimsthalschen Gymnasiums, feierlich eingeweiht worden.

Nachdem die alten in der Burg⸗ und Heiligegeiststraße gelegenen Gebäulichkeiten nicht mehr den gesteigerten Anfor— derungen entsprachen, wurde ein umfangreiches, ungefähr 34 000 Quadratmeter umfassendes, auf der Wilmersdorfer Feldmark im Westen von Berlin belegenes Grundstück er— worben und im Jahre 18765 mit der Aufstellung eines Bauplanes, im Herbst 1876 mit der Ausführung des Neubaues begonnen. Die neuen, feierlich eingeweihten Ge— bäude nehmen etwa ein Fünftel der Fläche des Grundstücks ein, während die übrigen vier Fünftel auf Park- und Garten— anlagen, Turn- und Spielplätze, Wirthschaftshöfe und Zufuhr— wege entfallen. Das mit der Hauptfront nach der Kaiser— straße (Berlin W.) gerichtete, etwa 280 m lange Hauptgebäude enthält in seinem nördlichen Flügel das den Anforderungen der Neuzeit entsprechend eingerichtete Gymnasium; der den Flügel flankirende Thurm in seinem obersten Geschosse ein großes Hochreservoir, auf der Plattform ein Observatorium. Im Mittelbau, hinter dem großen Eingangsvestibül, liegen die etwa 40 000 Bände zählende Hausbibliothek, die Schülerbibliothel und das Lesezimmer. Ferner befinden sich hier die Kassen- und Regislraturräume, sowie das große Archiv, Wohnungen des Portiers und des Pedells. Im oberen Hauptstockwerk liegt die für 600 Sitzplätze einge⸗ richtete Aula, welche durch Aufstellung von acht lebensgroßen Statuen der Hohenzollern, vom Großen Kurfürsten bis zu Kaiser Wilhelm, einen hervorragenden Schmuck erhält. In der Aula wird ferner eine Bühne mit Garderobe zu theatralischen Vorstellungen der Zöglinge eingerichtet. Ein großer, als Gips⸗ museum eingerichteter Vorsaal, ein Konversations⸗ und ein Musik⸗ saal hängen unmittelbar mit der Aula zusammen. Die übrigen drei Hauptflügel des Gebäudes sind in den drei oberen Stock— werken für das Alumnat bestimmt und enthalten 16 geräu— mige Wohnsäle und ebensoviele Schlafsäle, sowie 8 Waschsäle für 170 Alumnen und Pensionäre, 8 aus je zwei Räumen bestehende Adjunktenwohnungen und einen größeren Betsaal für die Morgenandachten der Alumnen. Große, theils massive, theils eiserne Haupttreppen vermitteln den Verkehr zwischen den verschiedenen Stockwerken. Im ersten Stock des sud⸗ lichen Hauptflügels befindet sich die Wohnung des Direk— tors; im Erdgeschoß der Hauptflügel liegen die Wohnungen der Unterbeamten. In dem an das Hauptgebäude sich an⸗ schließenden Wirthschaftsgebäude sind zu ebener Erde die Küchenanlagen mit Nebenräumlichkeiten untergebracht; darüber liegt der große, für 200 Plätze eingerichtete Speisesaal. Eine en fis eingerichtete Badeanstalt hat ein 180 cbm Wasser assendes Schwimmbassin, um welches sich Nischen zum Aus- und Ankleiden sowie Badezellen für die Familien der Lehrer gruppiren. Weiter folgen ein Kessel⸗ und ein Maschinenhaus, eine Waschanstalt, ein Kranken— haus und an den umgrenzenden Straßen fünf für je 2 Familien eingerichtete villenartige Wohngebäude. In der

Prällusivfrist muß die Eintragung des von der Staate regierung als! Mitte der ganzen Anlage liegt die Turnhalle mit Neben—

räumen, davor ein großer Turnplatz. Vor dem Hauptgebäude, welches eine reichere Ausstattung mit Sandsteinwerkstücken, ornamentalem und figürlichem Schmuck erhält, soll das Stand⸗ bild des Begründers der Anstalt, des Kurfürsten Joachim Friedrich errichtet werden. Die Kosten der Gesammtanlage (mit Ausschluß des Grunderwerbs) waren auf 3 Millionen Mark veranschlagt. Die oberste Leitung des Baues ruhte in den Händen des Geheimen Ober⸗Bauraths Giersberg, nach dessen Angaben der Landbaumeister Genick den ersten Plan aufgestellt hat; mit der speziellen Bearbeitung der Projekte und Kostenanschläge sowie der speziellen Bauleitung waren der Königliche Bau⸗Inspektor Zastrau und die Regierungs⸗ Baumeister Klutmann und Kleinwächter betraut.

Se. Majestät der Kaiser wurden heute Mittag 12 Uhr an dem Hauptportale der Anstalt von dem Minister der geist⸗ lichen 2c. Angelegenheiten von Puttkamer, dem Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach, von den Herren des Provin⸗ zial-Schulkollegiums, der Ministerial-Baukommission und dem Direktor des Gymnasiums, Professor Dr. Schaper, empfangen und durch das reich geschmückte Vestibül nach der Aula ge⸗ leitet, wo man in der Festversammlung den General⸗Feld⸗ marschall Grafen von Moltke, den Gouverneur von Berlin, den Unter⸗-Staatssekretär und die Räthe des Kultus-Ministe⸗ riums, die Spitzen der städtischen Behörden, die Vertreter der Universität sowie sämmtlicher hiesiger Gymnasien und zahlreiche ehemalige Schüler der Anstalt bemerkte. Nachdem die Schüler das „salvum fac regem“ gesungen, ergriff der Minister von Puttkamer das Wort zu einer Ansprache, um Sr. Majestät für Allerhöchstdessen Erscheinen zu danken, in kurzen Worten der Anstalt zu gedenken und die Allerhöchst bewilligten Ehren⸗ bezeugungen bekannt zu machen. Hierauf warf der Direktor der Anstalt, Dr. Schaper, einen Blick auf die Ver⸗ gangenheit des seiner Leitung unterstellten Gymna⸗ siums und schloß mit guten Wünschen für eine gesegnete und gedeihliche Zukunft. Der Rede folgte das Danklied „Zu Gott“ von Haydn, worauf der Choral „Nun

danket Alle Gott“ die erhebende Feier schloß. Se,. Majestät der Kaiser erhoben Sich, verweilten noch kurze Zeit in dem Neubau, erkundigten Sich bei dem Direktor nach verschiedenen Einzelnheiten und verließen alsdann unter lebhaftem Jubel der Jugend deren neues Heim, das durch den Kaiserlichen Besuch seine höchste Weihe erhalten hat.

Das soeben im Verlage von G. Reimer in Berlin erschienene „Handbuch für die deutsche Handels⸗ Marine auf das Jahr 1880“ hat folgenden Inhalt:

J. Verzeichniß der auf die Seeschiffahrt bezüglichen Reichs⸗ gesetze, Verordnungen u. s. w.

II. Verzeichniß der im Deutschen Reich amtlich oder im amt⸗ lichen Auftrage herausgegebenen, ausschließlich auf die Seeschiffahrt bezüglichen Bücher, Zeitschriften und Karten.

III. Verzeichniß derjenigen auswärtigen Staaten, mit denen vom Deutschen Reich, vom früheren Norddeutschen Bund, vom frü— heren Deutschen Zoll, und Handelsverein und von einzelnen deutschen Bundesstaaten Verträge über die Auslieferung desertirter Matrosen abgeschloßen sind, nebst Bezeichnung dieser Verträge.

JV. Anweisung in Betreff der Beurkundung von Geburten und Sterbefällen auf Seeschiffen während der Reise.

V. Cirkular an die Kaiserlich deutschen Konsulate, betreffend die kostensreie Vermittelung des Geldverkehrs der deutschen Seeleute im Auslande mit der Heimath, vom 15. Juni 1877.

VI. Verzeichnisse von Seebehörden innerhalb des Bundesgebietes. a. Die Inspektoren zur Beaufsichtigung des Seesteuermanns- und Seeschiffer⸗Prüfungswesens und die Kommissionen für die Prüfung der Seesteuecleute und Seeschiffer. b. Die Inspektoren zur Beauf⸗— sichtigung des Maschinisten⸗Prüfungswesens und die Kommissionen für die Prüfung der Maschinisten auf Seedampfschiffen. ) Verzeichniß der zur Ausfertigung der Befähigungszeugnisse rür Seeschiffer, Seesteuer⸗ leute und Seedampfschiffs⸗Maschinisten zuständigen Landesbehörden. d. Verzeichniß des auf Grund des §. 4 der Verordnung vom 26. De⸗ zember 1875 (Reichs ⸗Gesetzblatt Seite 387) bestellten Personals der Deutschen Seewarte. «. Die Schiffsregister Behörden. f. Die In⸗ spektoren zur Beaufsichtigung des Schiffsvermessungswesens und die Schiffe vermessungs⸗ und Schiffsvermessungs⸗Revisions behörden. g. Die Seemannsämter und die denselben vorgesetzten Landesbehörden. h. Die Strandbehörden. i. Behörden für die Untersuchung von See⸗ unfällen.

VII. Verzeichniß der deutschen Konsulate, nach der alphabetischen Reihefolge der Staaten und innerhalb jedes Staates nach der alphabetischen Reihefolge der Amtesitze geordnet, nebst alphabetischem Register der Amtssitze. A. Verzeichniß der deutschen Konsulate. B. Alphabetisches Register der Orte, an denen die Konsularbehörden ihren Sitz haben.

VIII. Verzeichniß derjenigen fremden Konsulate in Deutschland, deren Amtsbezirke die deutschen Kästengebiete mit umfassen.

IX. Alphabetisches Verzeichniß der deutschen Kauffahrteischiffe nach dem Bestande am 1. Januar 1880.

X. Alphabetisches Verzeichniß der deutschen Kauffahrtei⸗Dampf⸗ schiffe nach dem Bestande am 1. Januar 1880.

XI. Verzeichniß von deutschen Kauffahrteischiffen, welchen auf Grund des §. 16 des Gesetzes, betreffend die Nationalität der Kauf⸗ fahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge, vom 25. Oktober 1867 (Bundes ⸗Gesetzblatt Seite 35) von den Kaiserlich deutschen Konsularbehörden Flaggenatteste ertheilt worden sind.

XII. Alphabetische Liste der deutschen Heimathshäfen mit Be⸗ zeichnung der Schiffsregisterbehörden, in deren Bezirk die Häsen

liegen.

; XIII. Statistische Uebersichten. a. Der Bestand der deutschen Kauffahrteischiffe. b. Uebersicht der Seereisen deutscher Schiffe zwischen außerdeutschen Häfen in den Jahren 1873, 1875, 1877 und 1878. . Der Seeverkehr in den deutschen Hafenplätzen für die Jahre 1873, 1875, 1877 und 1878. d. Nachweis über die in den Jahren 1873, 1874, 1875, 1876, 1877 und 1878 verunglückten deutschen See⸗ schiffe. e. Uebersicht der Schiffgunfälle an der deutschen Küste wäh— rend der Jahre 1873, 1874, 1875, 1876, 1877, 1878 und 1879.

XIV. Nachträge.

Das unter 1X. aufgeführte Verzeichniß giebt für jedes einzelne Schiff an:

1) Das Unterscheidungssignal.

2) Den Namen.

3) Den Heimathshafen.

4 Die Gattung (Bauart), insbesondere: a. bei Dampf⸗ schiffen, ob Räder⸗ oder Schraubendampfschiff; b. bei Segel⸗ schiffen, die durch die Takelage und die Form des Safe körpers bestimmte Gattung nach der landesüblichen Benennung,

5) Die Ladungsfähigkeit (den Retto⸗Raumigehalt), sowohl in Kubikmetern, als auch in britischen Register-Tons auf Grund der Vermessung nach der Schiffsvermessungs-Ordnung vom 5. Juli 1872 (Reichs⸗-Gesetzblatt Seite 270). In soweit eine Neuvermessung noch nicht stattgefunden hat, ist dies er⸗ kennbar gemacht und beruhen in diesem Falle die Angaben auf Umrechnung in Gemäßheit der Bestimmungen des 5. 33 der Schiffsvermessungs-Ordnung oder der Anweisung vom 13. Februar 1874 (Central-Blatt für das Deuische Reich Seite 223).

6) Die Pferdekräfte der Dampfmaschinen; die Angabe über dieselben ist in der Form eines Bruches gemacht, in welchem die Zahl der effektiven Pferdekräfte den Zähler und diejenige der nominellen Pferdekräfte den Nenner bildet.

7) Das Jahr der Erbauung, d. h. das Jahr, in welchem das Schiff zuerst vom Stapel gelaufen ist: erforderlichen Falles auch das Jahr eines etwa vorgenommenen neuen Aufbaues.

8) Das Hauptmaterial, aus welchem das Schiff erbaut ist; ob: a. von Eisen, b. von Holz, und zwar: aa. von har— n. . Eichen⸗, Teak⸗) Holz, bb. von weichem (z. B. Föh⸗ ren⸗) Holz.

9) Die Verbolzung; ob das Schiff verbolzt ist mit: a. Bolzen von Kupfer oder von irgend einer Kupferlegirung (Muntzmetall, Metall in engerem Sinne), b. Bolzen aus ver⸗ im (galvanisirtem) Eisen, (. Bolzen aus unverzinktem

isen.

10) Den Beschlag; ob der äußere Schiffsboden beschlagen ist mit: a. Platten von Kupfer oder von irgend einer Kupfer ,. (Muntzmetall, Metall in engerem Sinne), b) Zink— platten.

I).Die Zahl der Schiffs- (Box⸗) Chronometer, welche das Schiff führt.

12) Den Namen und Wohnort des Rheders. Bei ge⸗ theiltem Eigenthum den Namen und Wohnort des Korre⸗ spondent⸗Rheders.

13) Den Namen und Wohnort des Schiffers (Schiffs— führers, Kapitäns).

14. Die Zahl, der regelmäßigen Besatzung, einschließlich des Schiffers (Schiffsführers, Kapitäns), sowie des ärztlichen, Maschinen⸗ Verwaltungs⸗ und Dienstpersonals.

Das Verzeichniß ist nach den Namen der Schiffe alpha— betisch geordnet. Schiffe gleichen Namens sind nach der alpha⸗ betischen Reihefolge ihrer Heimathshäfen aufgeführt. Kennt man daher den Namen, beziehungsweise den Namen und den Heimathshafen eines Schiffes, so wird man das Unterschei⸗ dungssignal, die Ladungsfähigkeit, den Ramen und Wohn— ort des Rheders und Schiffers, sowie die sonstigen Angaben über das Schiff dem Verzeichnisse leicht entnehmen können.

Diese alphabetische Anordnung, sowie die größere Zahl und Reichhaltigkeit der Angaben über jedes einzelne Schiff unterscheiden das Verzeichniß von der als Anhang zum inter— nationalen Signalbuche herausgegebenen Schiffsliste. Die letztere weist die Schiffe nach der systematischen Reihefolge ihrer Unterscheidungssignale nach und beschränkt sich, unter Beibehaltung des Schemas der britischen beziehungsweise fran⸗ zösischen Signalbuch⸗-Schiffsliste, auf die Angabe des Unter— scheidungssignales, des Namens, des Heimathshafens, der Ladungsfähigkeit und der Maschinenkraft des einzelnen Schiffes. Während die Signalbuch⸗-Schiffliste daher vorzugs— weise den Signalisirungszwecken dient, ist das alphabetische Verzeichniß wesentlich zum allgemeinen Gebrauche für Behör— den, Kaufleute, Schiffer u. s. w. bestimmt.

Ueber die deutschen Kauffahrtei⸗Dampfschiffe enthält das unter X. aufgeführte besondere Verzeichniß derselben im An⸗ schluß an die Aufzeichnungen in 18. noch Folgendes:

a. Die nach 8. 22 der Schiffsvermessungsordnung vom 5. Juli 1872 behufs Feststellung der Identität der Schiffe er⸗ mittelten Hauptmaße Länge, Breite, Tiefe, sowie Länge des Maschinenraumes derselben.

b. Den nach der Schiffsvermessungsordnung festgellten Bruttoraumgehalt der Schiffe, sowohl in Kubikmetern als auch in britischen Registertons.

C. Den Unterschied zwischen dem Brutto- und dem Netto— Raumgehalt der Schiffe in Prozenten ihres Brutto-Raum— gehalts.

d. Die Zahl und Bauart der Fortbewegungsmaschinen der Schiffe, sowie die Zahl und Bauart der zu ersteren ge— hörigen Dampfkessel.

Am 21. d. M. ist der um 5 Uhr 23 Minuten Nach—⸗ mittags von Dortmund nach Camen fahrende Personen— zug Nr. 11 aus noch unbekannter Ursache auf freier Strecke entgleist, wobei, soweit bis jetzt bekannt, 2 Personen getödtet, 5 schwer und eine größere Anzahl leicht verletzt worden sind.

Von den beiden Geleisen wird eins voraussichtlich bis zum 22. Mittags für den Verkehr wieder frei gemacht sein. Die Untersuchung ist sofort eingeleitet.

Das Enteignungsrecht ist Allerhöchst verliehen worden: 1) unter dem 25. September 1880 dem Kreise Bolkenhain im Regierungsbezirke Liegnitz, welcher den Bau einer Chaussee von der mittleren Boberbrücke in Rudel—⸗ stadt nach der Merzdorf-Kupferberger Provinzialchaussee be— schlossen hat, für die zu dieser Chaussee erforderlichen Grund— stücke; 2) unter dem 1. Oktober 1830 dem Kreise Darkehmen im Regierungsbezirke Gumbinnen behufs Erwerbung der Grundstücke, welche zum Bau zweier, von der Insterburg⸗ Goldaper Chaussee, und zwar von den Dörfern Wikischken und Sodehnen ausgehender Zufuhrwege nach den gleichnamigen Bahnhöfen benöthigt werden.

Das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes ist

worden: I) Unter dem 15. September 1880 dem Kreise verliehen Marienwerder, welcher den Ausbau der Straßen: 4. von Marienwerder über Rospitz nach Bialken, b. von Marienwer—⸗ der nach Cölmisch Neuhöfen, (. von Marienwerder nach Neu⸗ liebenau und d. von Warmhef nach Rauden als Stein— chausseen beschlossen hat, für die genannten Chausseestrecken; 2 unter dem 26. September 1880 dem Kreise Sberbarnim im Regierungsbezirke Potsdam bezüglich der neuerbauten Chaussee von der Wriezen⸗Oderbruch⸗Chaussee bei Wriezen über Neu⸗Kietz, Neu⸗ und Alt⸗Maedewitz bis zurfKreisgrenze in der Richtung auf Alt⸗Reetz. Die Abgaben für die Benutzung des Hafens bei Teten büllspiecker im Kreise Eiderstedt, Regierungsbezirk Schleswig, sowie das Fährgeld für das Uebersetzen über die Elbinger Weichsel an der Dornbusch⸗-Kathe in der Gemeinde Junkertroyl, Landkreises und Regierungsbezirks Danzig, sind durch Tarife, welche unter dem 19. September 1880 Ällerhöchst vollzogen sind, geregelt worden.

Die Bestimmung des 8. 183 des Strafgesetzbuches, wonach derjenige, welcher durch eine unzüchtige Handlung öffentlich ein Aergerniß giebt, mit Gefängniß bestraft wird, findet nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, J. Strafsenat, vom 12. Juli d. J., auch dann Anwendung, wenn auch nur eine Person an der an einem bffentlichen rte vorgenommenen unzüchtigen Handlung, an welchem auch

Andere dlese Handlung wahrnehmen konnten, Aergerniß ge—

nommen hat.

Der General der Kavallerie Graf von Branden- burg, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der Garde⸗-Kavallerie⸗-Division, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Hannover, 21. Oktober. (W. T. B.) Bei der in der heutigen Sitzung des Provinzial-Landtages vor— genommenen Neuwahl des Landesdirektoriums wurden der Landesdirektor Rudolf von Bennigsen mit 46 Stimmen (von 24 Landtagsmitgliedern wurden weiße Stimmzettel abgegeben), der erste Schatzrath Hugenberg mit 70 Stimmen und der zweite Schatzrath Müller mit 67 Stimmen wiedergewählt.

Bayern. München, 20. Oktober. (Allg Ztg.) Die Mitglieder des Steuerausschusses der Kammer der Abgeordneten waren bis heute Mittag bereits in beschluß— fähiger Zahl angemeldet und dürften zu der auf morgen Vor— mittag anberaumten Sitzung vollzählig erscheinen, wofür nach— stehende Tagesordnung festgestellt ist: Erste Lesung (erstmalige Berathung) des Gesetzentwurfs, einige Abänderungen an den Gesetzen über die allgemeine Grund- und Haussteuer betref— fend: a. allgemeine Diskussion, b. spezielle Diskussion, (. Pe⸗ titionen: 1) des Bürgermeisters Miller in Krumbach, 2) des Vereins der Grund⸗ und Hausbesitzer von München, die Haus⸗ steuer betreffend.

Würzburg, 18. Oktober. (Allg. Ztg.) Heute fand hier die zur Erinnerung an die Schlacht bei Leipzig von König Ludwig 1. von Bayern gestiftete Armenspeisung statt. Im Sommer-Pavillon der Königlichen Residenz, der durch seine stukkatur⸗ und bilderreiche Ausschmückung schon an sich das Staunen des diese Hallen Betretenden fesselt, erhoben sich in Blumen- und Blattwerkbosquets die Büsten des König— lichen Stifters und des jetzt regierenden bayerischen Landes— herrn, und in einer Nische hatte das Musikcorps des 9. Infanterie-Regiments Platz genommen, um die Tafel— musik auszuführen. In der Mitte waren an langen weiß— gedeckten Tafeln die Plätze für die Festgäste hergerichtet; an jedem Platz ein Teller, ein Gefäß mit Wein aus dem König⸗ lichen Hofkeller und ein Stück Brod. Um 11 Uhr Morgens trafen die Gäste, bei 300 an Zahl, ein und füllten bald den ganzen Raum. Es war eine Freude, die Speisen zu sehen, und eine noch größere Freude, die Speisenden. Viele Leute aus den besseren Kreisen umstanden die Tafel, um an dem Armenfeste theilzunehmen. Den Gästen ist gestattet, das Trinkgefäß zum eigenen Gebrauche mitzunehmen.

Sachsen. Dresden, 21. Oktober. (Dr. J.) Der König und die Königin sind nach den hier eingegangenen Nach— richten nach einem zweitägigen Aufenthalte in Monza am gestrigen Tage in Stresa angekommen.

Hessen. Darmstadt, 20. Oktober. Wie die „Darmst. Itg.“ vernimmt, würde die Rückkehr des Großherzogs vor— aussichtlich Ende der Woche stattfinden, so daß Se. Königliche Hoheit Sonnabend, den 23., hier eintreffen wird.

Mecklenburg ⸗Schwerin. Schwerin, 20. Oktober. (Lpz. Ztg.) Von seiner Reise nach Cöln ist der Großher— zog am 17. in Ludwigslust wieder eingetroffen. An dem— selben Tage vor zehn Jahren nahmen die deutschen Truppen unter des Großherzogs Führung die Festung Soissons ein. Dieses Umstandes gedachte eine Wehrmänner⸗Versammlung in Prenzlau, brachte dem Großherzoge ein Hoch und übermittelte dasselbe telegraphisch nach Ludwigslust. Am nächsten Tage, den 18, traf in Prenzlau ein Telegramm ein des Inhalts: „Den braven Wehrmännern des Bataillons Prenzlau vor Soissons meinen kameradschaftlichen Dank. Friedrich Franz, Großherzog von Mecklenburg.“

Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Gotha, 19. Oktober. (Mgdb. Ztg.) In der gestrigen Sitzung des Sonderland⸗ tages beantwortete der Staats-Minister von Seebach zunächst eine Interpellation in Betreff des kürzlich auf einer Ueber— gangsstelle der Thüringer Eisenbahn bei Seebergen vorge— kommenen Unglücksfalles. Sodann wurden die Gesetzes— vorlagen über die Aufnahme der neuen 4prozen— tigen Anleihe, über die Beitreibung öffentlicher Ab— gaben und Domänengefälle von Seiten der Gemeindeverwaltun— gen und über Abänderungen des Forstablösungsgesetzes ange— nommen, und zwar fand das Anleihegesetz die Zustimmung des Landtages, in der Voraussetzung, daß der Rest der schwe— benden Schuld (nach Verwendun, der durch die neue Anleihe verfügbaren Mittel ca. 180 000 M6) aus den bei der hiesigen Grundkreditbank kündbar eingeliehenen Kapitalien gedeckt, und daß überhaupt künftig statt Kontrahirung einer „schwebenden Schuld“ zuvörderst durch Aufkündigung und Verwendung der gedachten Kapitalien die erforderlichen Mittel beschafft werden. Auch wurde statt des im Entwurfe vorgesehenen Termins für den Beginn der Ausloosung der Anleihescheine (1. Oktober 1886) der 1. Oktober 1885 vom Landtage als erster Amorti— sationstermin festgesetzt.

Elsaß Lothringen. Straßburg, 21. Oktober. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wil—⸗ helm ist gestern Abend, von Baden-Baden kommend, hier eingetroffen, hat bei dem Staatssekretär Hofmann das Diner eingenommen und alsdann die Reise nach England über Metz fortgesetzt.

Bei einer geselligen Zusammenkunft des hier ver— sammelten elsaß⸗-löoöthringischen Lehrertages, an welchem etwa 850 Lehrer und Lehrerinnen, zum größten Theil Elsesser, Theil nahmen, wurden Toaste auf Se. Majestät den Kaiser und auf den Statthalter ausgebracht, welche von der Versammlung mit Begeisterung aufgenommen wurden. Lehrer Schweitzer aus Mülhausen, ein geborener Elsasser, trank auf das Wohl des Mannes, der seine Heimath ver— lassen, um Elsasser zu werden und das aus seinen politischen Banden herausgerissene Land nicht mit dem Arme des Sie⸗ gers, sondern mit Milde und Nachsicht einer ruhigen inneren Entwickelung und einer gesetzlichen Selbständigkeit entgegen zu führen und die Eroberung der Herzen mit unverdrofsener Arbeit zu vollziehen, und schloß mit dem Wunsche, daß „dem treuen Stellvertreter unseres gnädigen Kai sers der schöne Lohn . möge, die Verwirklichung seiner Ideen recht bald zu

hauen.“

Oesterreich⸗ Ungarn. Pest, 20. Oktober. Die Kommission zur Erstattung von Vorschlägen Betreffs der Theilnahme der Hauptstadt an der Vermäh⸗ lungsfeier des Kronprinzen hat heute beschlossen, zur Vermählungsfeier in Wien eine Gratulations— Deputation mit einer Adresse an das Hoflager zu entsenden,

dem Hohen Brautpaare ein Geschenk von künstlerischem Werth zu überreichen, das neuvermählte kronprinzliche Paar bei seiner Ankunft in Pest feierlich zu empfangen und dem⸗ selben in der städtischen Redoute ein glänzendes Ballfest zu geben. Als Geschenk ist ein Speise-Service für sechszig Per⸗ sonen in Aussicht genommen.

Großbritannien und Irland. London, 21. Ok⸗ tober. (W. T. B. Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen ist heute Abend hier ange⸗ kommen und auf dem Bahnhofe von Charingeroß von Sr, Königlichen Hoheit dem Prinzen Christian von Schleswig⸗ Holstein-Augustenburg und dem deutschen Botschaftspersonale empfangen worden.

Frankreich. Paris, 21. Oktober. (Journ. off) Unter dem gestrigen Datum ist Graf Mouy an Stelle des Barons des . zum diesseitigen Gesandten in Athen ernannt worden.

22. Oktober. (W. T. B.) General Cissey hat ein Schreiben an den Kriegs⸗Minister Farre gerichtet, in welchem er erklärt, daß er sich zu der ihm geeignet erschei⸗ nenden Zeit an die Gerichte wenden werde und sich zugleich darüber beklagt, daß man ihm die Aufklärung des That— bestandes, welche er verlangt habe, verweigert habe.

Spanien. Madrid, 21. Oktober. (W. T. B.) Im Centrum der Stadt fand heute Vormittag ein leichtes Erd— beben statt, welches etwa 6 Sekunden anhielt, indeß keinen bemerkenswerthen Schaden anrichtete. Auch in mehreren Städten der Provinz Zamorg sind Erderschütterungen ver— spürt worden. Gleichzeitig wüthete daselbst ein heftiger Sturm.

Portugal. Lissabon, 21. Oktober. (W. T. B.) Hier und in Coimbra ist heute Vormittag eine leichte Erd— erschütterung beobachtet worden. Dieselbe ist nach hier eingetroffenen Meldungen auch im ganzen Lande fühlbar ge⸗

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wesen.

Griechenland. Athen, 20. Oktober. (W. „Pr.“ Der Dampfer „Aglaja“ ist mit einem Transporte im Auslande angekaufter Pferde hier angekommen. Die griechische Regie⸗ rung hat neuerdings eine bedeutende Bestellung von Waffen bei einer österreichischen Waffen fabrik gemacht. Das hiesige Comité des „Rothen Kreuzes“ hat an das Subcomits in Corfu die vollständige Ausstattung an Verbandstücken und anderem nothwendigen Materiale gesendet.

21. DYltobeer kammer ist heute mit einer Thronrede eröffnet wor— den, welche dankend hervorhebt, daß die Mächte Griechen land eine neue Grenze zugesprochen hätten und bereits mit der Ausführung des Berliner Vertrags beschäftigt seien. Aus der Gewißheit der Ausführung ergebe sich für Griechen— land die Verpflichtung zum Handeln, die verkündete Mobil— machung und die militärischen Vorbereitungen seien eine Ver— pflichtung dem Hellenismus und den Berliner Signatarmächten gegenüber, die Armee werde bis zu der neuen Ordnung der Dinge in den neuen Provinzen unter den Waffen bleiben. Zur Bestreitung der Kosten sei ein Axnleihevertrag mit der Bank unterzeichnet. Die Thronrede wurde mit Beifallszeichen aufgenommen.

Die „Times“ vom 22. d. bespricht die griechische Frage und giebt der Hoffnung Ausdruck, daß der Kö, ig von Griechenland das Ungestüm seiner Unterthanen zu zügeln ver— mögen werde. Vorerst seien die Großmächte noch nicht ge— willt, gemeinsam für die Durchführung der Bestimmungen der Berliner Konferenz einzutreten. England könne nicht allein handeln, insbesondere da Frankreich, welches die griechischen Ansprüche hauptsächlich befürworte, zurückstehe. Gegenwärtig sei der Zeitpunkt für eine Aktion Griechenlands nicht gelegen und würden eine reifliche Ueberlegung und die Rücksicht auf ihre unentbehrlichen Alliirten die griechische Regierung nöthi— gen, die Rüstungen zu mäßigen.

Türkei. Konstantinopel, 15. Oktober. (Pol. Corr.) Die Ermordung des österreichischen Dragomans in Prizrend ist ein sehr schlimmes Symptom der Ueberreizung der Gemüther und der Machtlosigkeit der türkischen Behörden in Ober-Albanien. Unzweifelhaft ist dieses abscheuliche Attentat das Werk der Liga, deren Drohungen die Konsuln Englands und Rußlands gezwungen hatten, Prizrend zu verlassen. Leider dürste die Liga durch die Auszeichnung eines ihrer unruhigsten Führer, Hodo Beys in Skutari, der zufolge Hodo Pascha zum Liva und zum General-Adjutanten des Sultans ernannt wor⸗ den ist, noch aufgemuntert werden. Der hier anwesende Onkel des Schah von Persien und seine Familie ist Gegenstand der schmeichelhaftesten Aufmerksamkeit Seitens des türkischen Hofes. Sie wurden zur Tafel im Jildiz-Kiosk ge⸗ laden und mit den höchsten Dekorationen geehrt.

21. Oktober. (W. T. B.) Nach Ädrianopel sollen unverzüglich zur Kompletirung der dortigen türkischen Trup⸗ pen 10000 Mann abgehen.

Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Rom vom 20.: Der italienische Botschafter in Konstantinopel ist beauftragt, die Aufmerksamkeit der Pforte auf ihre Zusage bedingungsloser Uebergabe Dulcignos und die dem wider⸗ sprechenden Bestimmungen der Konvention von Rjeka zu lenken. Italien müsse der Pforte empfehlen, die Kon⸗ vention nur auf die Feststellung der militärischen Modalitäten zu beschränken. Eine Konstantinopeler Meldung der „Polit. Corresp.“ bestätigt, daß der türkische Minister⸗Refident in Cettinje Montenegro eine Note übergeben hat, worin gegen das Vorgehen Montenegros wider die Muhamedaner in Podgoritza, Spuz und Zabliac Protest er⸗ hoben wird.

Die „Agence Havas“ vom 22. läßt sich aus Ragusa melden, Riza Pascha habe energische Maßregeln für die Uebergabe Dulcignos getroffen, und zwar solle dieselbe in Gegenwart von Repräsentanten der europäischen Mächte er⸗ folgen, was Fürst Nikita zur Bedingung gemacht habe. Es seien in Folge dessen Delegirte des Geschwaders nach Cettinje abgegangen.

Rumänien. Bukarest, 20. Corr.‘ schreibt man von hier: Der Besuch des Fürsten von Rumänien beim Fürsten von Bulgarien in Ru st schuk wird morgen stattfinden. Fürst Karl kehrt Tags darauf nach Bukarest zurück und reist am 25. d. zur In⸗ spizirung der Lager von Roman und Jassy nach der Moldau. Von verschiedenen Journalen wurde die Absicht der Re⸗ gierung, diesmal die Kammer früher einzuberufen, in sehr tendenziöser Weise besprochen und die Behauptung aufgestellt, daß derselben hochpolitische Ursachen zu Grunde liegen. Diese

Oktober. Der „Pol.