1880 / 258 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Nov 1880 18:00:01 GMT) scan diff

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die Errichtung der Stiftung bekundeten Anhänglichkeit an den König und das Königliche Haus ausgedrückt werde.

Da es in jüngster Zeit mehrfach vorgekommen ist, daß Gegenstände von geschichtlichem oder Kunstwerthe, alte Waffen, Standarten und andere Alterthümer, welche sich im Besitze von Gemeinden befanden, an Antiquitätenhändler, zum Theil unter dem wahren Werthe, verkauft wurden, hat sich im Interesse der Erhaltung solcher vom Standpunkte der Geschichte oder der Kunst werthvollen und interessanten Gegen⸗ stände das Staats-⸗Ministerium des Innern veranlaßt gesehen, den Gemeindebehörden nahezulegen, daß sie Gegen— stände dieser Art entweder an Ort und Stelle geeignet auf⸗ bewahren oder aufstellen, oder daß sie im Falle einer beab⸗ sichtigten Veräußerung dieselben vorher dem bayerischen National⸗Museum oder dem Germanischen Museum zur Er—⸗ werbung anbieten.

In der heutigen Sitzung des Steuerausschusses wurde der 1. Abschnitt des Gesetzentwurfes, die Gewerbe— steuer betreffend, zu Ende berathen. Auf der Tagesordnung für die morgige Sitzung steht zur Berathung zunächst die Frage der Bildung einer Subkommission zur Prüfung des Steuertarifs, eventuell die Wahl der Subkommission, worauf die Spezialdiskussion über den Gewerbesteuergesetzentwurf, beginnend mit dem 2. Abschnitt (Verfahren bei der Anlage der Gewerbesteuer) fortgesetzt wird. Bis zum nächsten Mitt— woch soll dann keine Sitzung mehr stattfinden.

30. Oktober. In der heutigen Sitzung des Steuer⸗ ausschusses der Kammer der Abgeordneten wurden in die Subkommission zur Prüfung des Steuertarifs die Abgg. Crämer, Graf Fugger, Ostermann, Ruppert, von Schlör und Freiherr von Stauffenberg gewählt, die sich kurz vor der nächsten, auf künftigen Mittwoch anberaumten Sitzung des Ausschusses zur Konstituirung versammeln werden. In der speziellen Diskussion über den Gesetzentwurf, die Gewerbe⸗ steuer betreffend, kam der Ausschuß heute bis zum 31. Artikel.

Baden. Karlsruhe, 28. Oktober. (K. 3.) Eine landesherrliche Verordnung bestimmt, daß die obere Leitung des Salinenwesens aus dem Geschäftsbereiche der Steuer direktion ausgeschieden und der Domänendirektion übertragen werde. Diese Maßregel hängt mit der dem Vernehmen nach beabsichtigten Vereinigung der Steuer- und Zolldirektion zusammen, welche vorerst durch eine Personalunion angebahnt ist, indem die Stelle des zum Präsidenten der General-Inten—⸗ danz der Großherzoglichen Civilliste ernannten Steuerdirektors Regenguer dem Vorstande der Zolldirektion, Geheim⸗Rath Schmidt, neben seinem bisherigen Amte übertragen wurde.

Anhalt. Dessau, 31. Oktober. (Anh. St. Anz.) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Cart von Preußen ist heute mit Gefolge hier eingetroffen.

Oesterreich⸗Ungarn. Pe st, 1. November. (W. T. B.) Der Budgetausschuß der österreichischen Delega— tion berieth gestern das Ordinarium des Budgets des Kriegs⸗Ministeriums und votirte das verlangte Mehrerforderniß für die Mannschaftskost einstimmig. Die Position für die Berittenmachung der Haupt— leute wurde mit 10 gegen 8 Stimmen abgelehnt, dagegen der Antrag des Referenten Sturm, durch spätere Einberufung der Rekruten von dem Mehrerforderniß 1 375 208 Fl. zu streichen, mit 10 gegen 8 Stimmen angenommen. Heute genehmigte der Ausschuß nach lebhafter Debatte das Gesammterforderniß für die Heeresverwaltung in den okkupirten Gebieten nach den mit der Regierungsvorlage übereinstimmenden Anträgen des Referenten. Nach dem setzt veröffentlichten Quartalsausweise haben die ungarischen Staatskafsen im 3. Quartal 1860 59 603 570 Fl. eingenommen oder 635 965 Fl. mehr als in dem gleichen Zeitraume 1879. Die Ausgaben be— trugen 79 727 822 Fl. oder 2928 853 Fl. mehr als im 3. Quartal 1879.

Großbritannien und Irland. London, 30. Ok— tober. (Allg. Corr.) Die „Times“ unterzieht die Stel lu ng des Ministeriums einer eingehenden Erörterung und stellt dabei folgende Betrachtungen an: „Die Kritiken der Op— position sind konventioneller Art, während die Rechtfertigun— gen der Regierung vorsichtig und zurückhaltend sind. Die Regierung schweigt sowohl bezüglich der Vergangenheit als der Zukunft, sie brüstet sich nicht besonders mit gesetz⸗ geberischen Erfolgen während der verflossenen Session, noch mit Abenteuern auf dem Gebiete der auswärtigen Politik. Ihr Verhalten wird bezüglich mancher Punkte von vielen Politi—⸗ kern scharf gegeißelt und voll Verdacht untersucht, und es darf wohl zugestanden werden, daß Mr. Gladstone in der Gesellschaft kein größerer Günstling ist, als er gewesen, da er sich vor einem Jahre auf die Midlothian-Expedition vorbereitete. Allein enttäuschte Politiker und soziale Einflüsse sind ge— nöthigt anzuerkennen, daß die Kritik Angesichts der maßgeben— den Resuliate der allgemeinen. Wahlen machtlos ist. Die Politik ruht noch im Schatten jenes bemerkenswerthen Ereig⸗ nisses, und es spricht bislang noch nichts dasür, daß die Massen des Volkes, welche Mr. Gladstone im vergangenen April eine ungeheure Majorität gegeben, im Allgemeinen ihre Meinungen geändert haben. Ihr Eunthusiasmus mag etwas nachgelaffen haben, allein das erklärt sich auf natürlichem Wege, nachdem die Kampfeswuth vorüber; von einem Entziehen ihres Ver— trauens kann aber keine Rede sein.

Ueber die ernstlichen Vorgänge im Basutolande übermittelt ein Telegramm des Premiers der Kap⸗Kolonie unterm 29. d. M. folgende Mittheilungen:

Am 22. d. M. wurde Lethorodi's Dorf von den Kolonialtruppen unter Oberst Carrington gestürmt. Die Rebellen wurden völlig zer⸗ sprengt und vertrieben, und das Dorf ward niedergebrannt. Auf britischer Seite wurde ein Mann getödtet und 10 verwundet. Der Verlust der Rebellen war ein beträchtlicher. Um Maseru herum ist die Ruhe nicht gestört worden. Ungünstige Nachrichten sind aus Ost— Grigualand eingelaufen. Mr. Hope, der Friedentzrichter in Aumbo, wurde verrätherischerweise ermordet. Viele Genossen vom Umhlonblois⸗ stamme waren Zeugen des Verbrechens. Der Stamm befindet sich jetzt in offener Empörung. Es verlautet, daß Mr. Walsh, der Friedensrichter in Tiolo, ebenfalls ermordet worden. Freiwillige rücken jetzt in Transkei ein, um diese Rebellion niederzuwerfen. 2000 Bürger, und 1009 Freiwillige sind unter die Waffen gerufen worden.“

Ein Kapstädter Telegramm der „Times“ metdet:

»Die Pondos unter Umhlonhlois haben ihren Friedensrichter Hamilton Hope und dessen Sekretäre Henman und Warrene in verrätherischer Weise ermordet. Der Chef und seine Leute betheuer⸗ ten Lreue und Ergebenheit, aber während eines Kriegstanzes um— ringten sie die Weißen und erstachen sie. Major Bourne meldet die Ermordung des ehrwürdigen Mr. Davis in Shawbury.“

2. November. (W. T. B.) Das gerichtliche Ver⸗ fahren gegen Healy und Wal sh wegen Einschüchterung

des Pächters Manning ist gestern in Bantry eröffnet wor⸗ den. Die Verhandlung endete mit der Verweisung der An⸗ geklagten vor die Assisen. Zugleich wurde beschlossen, die Angeklagten gegen Kaution auf freiem Fuße zu belassen. Nach amtlichen Meldungen aus Capetown haben alle

Basutos im Osten von Drachenberg sowie beide Abthei⸗ lungen des Pondostammes sich zum Aufstande gegen die Regierung vereinigt. Die Kolonialregierung hat 560 Irre⸗ guläre und 3500 Kolonisten zum Kriegsdienst ausgehoben. Ach der Stamm der Tembus hat sich gegen die Regierung erhoben.

Frankreich. Paris, 31. Oktober. (C. Ztg.) Im gestrigen Ministerrathe wurde endgültig die Liste der Gesetzentwürfe festgestellt, welche der Kammer zur Be— sprechung in ihrer letzten Legislatur empfohlen werden soll: die Berathung der Entwürfe betreffs des Primärunterrichts, des Gerichtspersonals und der Presse. Diese Gesetze müssen von den beiden Kammern beschlossen werden. Vom Senat wird die Regierung außerdem den Zolltarif, das Gesetz bezüg—⸗ lich der Aufhebung des Obedienzbriefes, das Gesetz bezüg—⸗ lich der Gründung von Mittelschulen für Mädchen, sämmtlich schon von der Kammer angenommene Gesetzentwürfe, verlan— gen. Der Kammer ist auch die Berathung des Vereins— gesetzes vorbehalten.

Italien. Rom, 2. November. (W. T. B.) Garibaldi ist gestern in Mailand eingetroffen und mit Ovationen empfangen worden; später trafen dort Rochefort, Blanqui, Pain und Assi ein.

Türkei. Nach einem am 31. Oktober in London einge⸗ troffenen Telegramm der „Saint-James-Gazette“ aus Kon— stantinopel soll Riza Pascha von den Insurgenten an der St. Georgsbrücke zurückgeworfen sein und sich mit seinen Truppen nach Frashai zurückgezogen haben.

Danemark. Kopenhagen, 29. Ottober. (H. C.) Die Auflösung der seeländischen Eisenbahngesell— schaft ist unterm 19. d. vom König bestätigt worden. Nach— dem die seeländischen Eisenbahnen somit definitiv in den Be— sitz des Staates übergegangen sind, ist von Seiten des Mini— steriums des Innern der bisherigen Direktion vorläufig die unveränderte Fortsetzung des Betriebes übertragen worden.

Amerika. Washington, 2. November. (W. T. B.) Nach den dem Staatssekretär Evarts zugegangenen amtlichen Nach— richten haben die von der Regierung der Vereinigten Staaten zwischen Chile und Peru geführten Vermittelungs—⸗ Unterhandlungen noch kein Refultat ergeben.

Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im vergangenen Monat um 7 100 9000 Doll. abgenommen. Im Staatsschatze befanden sich ult. Oktober 203 550 000 Doll.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau—.

Cassel, 2. Oktoher. Der Ober⸗-Präsident a. D. von Moeller ist heute früh 31“ Uhr an der Lungenentzün— dung gestorben.

Nr. 20 des Marine⸗Verordnungs-Blattes har folgenden Inhalt: Erfrischungszuschuß. Uebungeberichte S. M. Schiffe. Angabe der Seite bei Bezugnahme auf das Marine⸗ Verordnungs ⸗Blatt. Kriegs feuerwerkerei. Personalveränderun⸗ gen. Benachrichtigungen.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Dem Herrenhause ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung der kommunalständischen Verhände in der Provinz Pommern, zur Beschlußfassung vorgelegt worden:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ze. verordnen zur Ausführung der Vorschrift im Schlußsatze des §. 128 der Provinziglordnung fuͤr die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 29. Juni 1875 (Gef. Samm̃— S. 335) mit Zustimmung beider m des Landtages, was folgt:

Die beiden kommunalständischen Verbände l) von Hinterpommern und Altvorpommern, 2) von Neuvorpommern und Rügen werden aufgehoben. Mit der Aufhebung gehen alle Rechte und Pflichten der kom—

nicht Andereß in diesem Gesetze bestimmt ist, auf den Provinzial⸗ verband der Provinz Pommern über.

Die dem Kommunglverbande von Neuvorpommern und Rügen von dem Provinzialverbande übertragene Verwaltung und Unter—

verband zurück. 2 Die im bisherigen kommunalständischen Verbande von Neuvor— pommern und Rügen bestehenden Kommunalchausseen, deren Unter⸗ haltung dem kommunalständischen Verbande obliegt, gehen mit allem Zubehör in das Eigenthum des Provinzialverbandes über. Die

Franzburg, Grimmen und Greifswald und des Stadtkreises Stral⸗ sund, welche von denselben in Gemäßheit des 5. 110 der Provinzial— ordnung vom 29. Juni 1875 , . wird.

Diejenigen Summen, welche zur Verzinsung und Abtragung der Schulden des kommunalständischen Verbandes von Neuvorpommern und Rügen erforderlich sind, werden durch Mehrbelastung der Kreise Rügen, Franzburg, Grimmen und Greifswald, sowie des Stadt— kreises Stralsund in Gemäßheit des §. 110 der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 in der Art aufgebracht, daß die Mehrbelastung die dem Amortisationtplan zu Grunde gelegte Verzinsung mit vier Prozent und Amortisation mit . nicht übersteigen darf.

mern und Rügen verwaltete Provinzial⸗Hülfskasse und der Antheil der Kreise Dramburg und Schivelbein an der Provinzial -Hülfskasse der 33 werden mit der Provinzial⸗Hülfskasse von Altpommern vereinigt.

Die Vexwaltung det rereinigten Fonds wird bis zum Erlasse eines neuen Statutt nach Maßgabe der für die Provinzial ⸗Hülftz—

kasse von Altpommern geltenden Norm geführt. Der Zinsgewinn ist im Interesse des Provinzialverbandes der

Provinz Pommern zu verwenden.

munalständischen Verbände, soweit dies nicht bereits geschehen oder

haltung der früheren Staatschausseen fällt an den Provinzial.

Kosten der Unterhaltung und Verwaltung dieser Chausseen werden bestritten durch die aufkommenden Chausseegelder und das dann noch Fehlende durch eine gleichmäßige Mehrbelastung der Kreise Rügen,

Die von dem kommunalstandischen Verbande von Neuvorpom⸗

Bei Verwaltung der Neudorpommerschen Feuer · Vesicherungs⸗ Sotietät für Gebäude tritt bis zum Erlasse eines anderweitigen

Reglements an die Stelle des ständischen Ausschusses (der Land-

kastens ⸗Bevollmächtigten) der Provinzialausschuß, an die Stelle des Kommunal Landtages der Provinzial ⸗Landtag und wird das staat⸗ liche Aufsichtsrecht nach Maßgabe der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 ausgeübt.

Für den Fall, daß eine Auflösung und nicht blos eine Vereini⸗ gung mit einer anderen Provinzial⸗Sozietät erfolgt, wird der Re⸗ servefonds der Sozietät den Kreisen von Neuvorpommern und Rügen nach dem Maßstabe der beitragspflichtigen Summen der bei der Auf— lösung in den Kreisen versicherten Gebäude überwiesen.

§. 6.

In das Kuratorium der in Neuvorpommern und Rügen be⸗ stehenden König⸗Wilhelms⸗-Stiftung treten an Stelle der beiden Landkastens⸗Bevollmächtigten zwei vom Provinzialausschusse zu wäh— lende Angehörige von Neuvorpommern und Rügen.

Diejenigen Verwaltungbefugnisse, welche bei der Neuvor⸗ pvommerschen Wilhelms-Stiftung bisher dem Kommunal⸗-⸗Landtage be ziehungsweise dem engeren Ausschusse zugestanden haben, gehen auf den Provinzial -Landtag beziehungsweise den Provinzialausschuß über.

. Der Fonds für die Linderung allgemeiner Nothstände in Neu— vorpommern und Rügen, darf nur seinem ursprünglichen Zwecke ge—⸗ mäß verwendet werden.

§. 8.

Die Meliorationsfonds für den Regierungsbezirk Coeslin und 9 werden zu einem Meliorationsfonds für die Provinz ver— einigt.

§. 9

Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem 1. April 1881 in Kraft.

Mit diesem Zeitpunkte treten alle mit den Vorschriften desselben in Widerspruch stehenden oder mit demselben nicht zu vereinigenden gesetzlichen Bestimmungen außer Geltung.

Der Minister des Innern ist mit der Ausführung dieses Ge— setzes beauftragt.

Urkundlich ꝛe.

Der Vorbericht zum Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1881,82 lautet:

Der Voranschlag der Staats-Einnahmen und Ausgaben für das Jahr vom 1. April 1881,82 hat zwar noch nicht zur völligen Wieder⸗ herstellung des Gleichgewichts im Staatshaushalt geführt, läßt aber erkennen, daß die Finanzlage sich wesentlich günstiger zu gestalten beginnt. Es ist dies vorzugsweife darauf zuräckzuführen, daß einer⸗ seits durch das andauernde Steigen der Erträge der Reichssteuern der preußischen Staatskasse erbebliche Einnahmen, welche um 9648 429 höher als im laufenden Etat haben in AÄnsatz gebracht werden können, zufließen, und daß andererseits im Bereiche der Be— triebsverwaltungen bei allmäblichem Schwinden des Druckes, welcher seither auf den Erwerbsverhältnissen lastete, auf bedeutende Mehr⸗ Ueberschüsse gerechnet werden darf. Daneben ist nicht ohne Einwir - kung geblieben, daß bei den Ausgaben, ebenso wie im Vorjahre, der Grundsatz strenger Sparsamkeit leitend gewesen und in weitem Umfange auf die Erzielung von Ersparnissen, unbeschadet der Be— friedigung der als wirklich nothwendig anzuerkennenden Bedürfnisse, Beracht genommen worden ist.

Die Gesammtausgabe im Ordinarium beträgt 872783 566 . Dieser Ausgabe gegenuber waren die ordentlichen Einnahmen auf s95 761 284 M zu veranschlagen. Es würde sich also ein Ueberschuß im Ordinarium ron 22977718 6, bezw. nach Abrechnung der durchlaufenden Post von 330 009 aus dem reservirten Fonds zur ö Einrichtung des Zeughauses in Berlin, von 22 647718 0 ergeben.

Dieses Ergebniß wird, zumal nach Lage der Umstände auf ein demnächstiges weiteres Steigen der betreffenden Einnahmen zu rechnen ist, als ein so wesentlicher Fortschritt angesehen werden dürfen, daß es zulässig erscheint, mit der im Interesse der Erleichterung der di⸗ rekten Besteuerung dringend wünschenswerthen Ausführung des Ge— setzes über die Verwendung der aus dem Ertrage der Reichssteuern an Preußen zu überweisenden Geldsumme vom 16. Juli 1880 schon jetzt vorzugehen. Es wird demgemäß in dem Entwurf des Staats haushalts Etats der Vorschlag gemacht, aus dem Preußen zustehen— den Antheil an den Zöllen und der Tabaksteuer zu einem Steuer erlaß nach Maßgabe des gedachten Gesetzes die Summe von 14 Millionen Mark zu verwenden, welche ausreicht zum Erlaß einer dreimonatlichen Rate der Klassensteuer und der fünf untersten Stufen der klassifizirten Einkommensteuer. Der vorgeschlagene Steuererlaß erscheint im Etat als Einnahmeausfall' bei der Verwaltung der direkten Steuern. Die ordentlichen Einnahmen ermäßigen sich dadurch auf 881 761 284 S, und es verbleibt im Ordinarium dann ungeachtet des gedachten Ausfalls noch ein Ueber schuß von 8 647718 66ÄU Es ist in dem Etatsentwurf angenommen, daß dieser Betrag zur tbeilweisen Deckung des Extraordinariums zu dienen haben werde. Inwieweit derselbe statt dessen theilweife zur Bildung eines Eisenbahn⸗Reservefonds zu bestimmen und ein ent— sprechender Betrag in das Ordinarium des Etats einzustellen sein möchte, wird von den Verhandlungen über das zur Vorlage gelangende Gesetz, betreffend die Verwendung der Jahresüberschüsse der Eisen⸗ bahnverwaltung, abhängen.

Im Extraordinarium sind einmalige und erstmalige Bewilli— gungen nur ganz ausnahmsweise da in Aussicht genommen worden, wo es sich um Befriedigung eines außergewöhnlich dringenden und nicht aufschieblichen Bedürfnisses handelt. Dagegen haben bedeutende Summen zur Fortführung der in den letzten Jahren begonnenen Bauten eingestellt werden müssen. Das Gesammterforderniß im Extraordinarium beläuft sich nach Abzug der oben erwähnten, duich besondere Einnahme gedeckten Summe von 330 060 9 auf 39 227 718 9 Es bleibt also, wenn der oben erwähnte Ueberschuß im Ordinarium von 8647 718 M mit zur Deckung des Extraordsna⸗ riums bestimmt wird, ein Betrag von 30 580 000 M½ν, für welchen die Einnahmen Deckungsmittel nicht gewähren und der daher in An— lehnung an die im Vorjahre getroffene ähnliche Maßregel durch Auf⸗ nahme einer Anleihe zu decken sein wird. Wegen Bewilligung der Anleihe, deren Betrag bei den Einnahmen der allgemeinen Finanz— verwaltung eingestellt ist, wird ein besonderer Gesetzentwurf vor— gelegt werden.

Der Etat schließt hiernach in Einnahme und Ausgabe im Ganzen auf 912341 284 66 ab, mithin gegen das laufende Jahr mehr II3 140 794 M Q Dieses Mehr hat vorzugsweise in dem Erwerb der verstaatlichten Privatbahnen seinen Anlaß und beruht insbesondere darauf, daß in dem vorigen Etat nur die Betriebsüberschüsse dieser Bahnen vorgesehen waren, während in dem vorliegenden Etat die Brutto⸗Einnahmen und Brutto⸗Ausgaben eingestellt worden sind.

Im Einzelnen ist bezüglich der Staats ⸗Cinnahmen hervorzuheben, daß der Ueberschuß der Jog. Betriebs verwaltungen sich gegen den laufenden Etat auf ein Mehr von 8288 016 stellt. Diese Summe würde sich aber um 14 Millionen, also auf 22 288 016 , erhöhen, wenn nicht bei den Erträgen der direkten Steuern in Folge des vor⸗ geschlagenen Erlasses ein eutsprechender Ausfall in Abzug zu bringen gewesen wäre. Von dem Mehr ⸗Ueberschuß erscheinen insbesondere bei der Eisenbahnverwaltung 16150 957 Sς, bei der Berg- Hütten · und Salinenverwaltung 4323 504 S, bei der Forstverwaltung 38 670 „, bei den direkten Steuern wenn der theilweise Erlaß derselben außer Ansatz bleibt 1912 650 M und bei den indirekten Steuern 515 200 „S. Dieser letztere Mehr⸗Ueberschuß ist vorzugs⸗ weise durch Mehreinnahmen bei den Reichssteuern und bei den Ge— richtskosten veranlaßt worden, während der Ertrag der Stempel⸗ steuer um weitere 13 Mill. Mark zurückgegangen ist. Der Mehr— einnahme an Gerichte kosten steht übrigens eine erhebliche Mehrausgabe aus Anlaß der nothwendigen Verstärkung des Beamtenpersonals gegenüber. Ueber die Ergebnisse der Uebernahme der Gerichts kosten. erhebung Seitens der Verwaltung der indirekten Steuern im Ein—

zelnen ist eine besondere Denkschrift ausgearbeitet worden, welche dem Etat als Anlage beigefügt wird. . ;

Minder ⸗Ueberschüsse gegen den laufenden Etat weisen auf die Domänenverwaltung, die Lotterie, die Münzverwaltung, der Erlös aus Ablösung von Domänengefällen und dem Verkauf von Domänen und Forstgrundstücken, zusammen 973 060 0

Was die übrigen Verwaltungen betrifft, so sind auf das Gesammt⸗ ergebniß des Etats von wesentlichem Einfluß nur noch zwei Posi⸗ tionen bei der allgemeinen Finanzverwaltung, nämlich die bereits oben erwähnte Mehr-Einnahme aus den Erträgen der Zölle und der Tabakssteuer von 9648 420 M und eine Mehr⸗Einnahme von 2195 800 M aus den Einnahmen des vormaligen Staatsschatzes.

Bei den Staatsausgaben ist der Matrikularbeitrag in gleicher Höhe, wie er durch den Reichshaushalts⸗Etat pro 1886/81 normirt worden war, angesetzt. Es ergiebt dies gegen den laufenden Staatt⸗· haus halts Etat eine Ersparniß von 4 8533 521 ½ Beim Hinter legungsfonds ist eine Minderausgabe von 25 973 500 46 zu verzeichnen, der aber eine Mindereinnahme von 26 911 930 M gegenübersteht. Bei der öffentlichen Schuld tritt eine Mehrausgabe von 14 490 0004 hervor. Von dieser Summe entfallen jedoch 12 376 600 M auf Zin⸗ sen für Eisenbahnschulden, die nach dem zur Vorlage gelangenden Gesetz über die Verwendung der Jahres überschüsse der Eisenbahn⸗ Verwaltung durch entsprechende Mehrertzäge der letz tern gedeckt wer⸗ den müssen und nach dem vorliegenden Voranschlage auch thatsächlich gedeckt werden.

Bei den Staatsverwaltungs⸗Ausgaben kommt vorzugsweise der Etat des Finanz⸗Ministeriums in Betracht. Durch das Anwachsen der mit der Verwaltung des Hinterlegungsfonds verbundenen Ge— schäfte ist die Errichtung einer erheblichen Anzahl neuer Bureau— und Kassenbeamtenstellen erforderlich geworden. Ferner ist der Fonds zu Diäten und Reisekosten bei den Ober -Präsidien und Re— gierungen, der bisher unzulänglich war und in jedem Jahr sehr er— beblich überschritten worden ist, angemessen verstärkt und endlich ein Betrag von 400 009 1 zum Ansatz gebracht, um die für die Zurdispo⸗ sitionsstellung von Beamten auf Grund der S8. 83 ff. des Gesetzes vom 26. Juli 1880 erforderlichen Mittel bereit stellen zu können. Der im §. 83 vorgesehene besondere Etat für diese Beamte wird nach⸗ träglich vorgelegt werden. Im Ganzen besragen diese Mehr— ausgaben 852 284 M. Bei der Justizverwaltung ist eine Mehrausautgabe von 2066 009 M in den Etat eingestellt. Hierbei ist zu. bemerken, daß die dauernden Bedüͤrfnisse dieses Ressorts, wie sie sich in Folge der Gerichtsorganisation gestal⸗ ten werden, noch immer nicht mit Sicherheit zu übersehen sind, da der mit Ausführung der Organisation verbundene Uebergangtzustand einstweilen noch andauert. In der Verwaltung des Innern hat die nothwendige Verstärkung des Polizeipersonals in Berlin und der Landgensd'armerie, sowie die nicht zu umgehende Befriedigung verschie⸗ dener Bedürfnisse der Strafanstalts Verwaltung zu einem Mehr— Erforderniß von 253 412 ½è geführt. Bei dem Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten sind, insbesondere für die Universitäten, das Elementar⸗Unterrichtswesen und den technischen Unterricht 374 224 S neu bewilligt, denen Minder ⸗Ausgaben von 55 964 S. gegenüberstehen. Im Ganzen ist für die Dotationen, die allgemeine Finanzverwaltung und die Staatsverwaltungen eine dauernde Minder Ausgabe von 14453 506 66, welcher eine Minder⸗Einnahme von 14 825 454 ½ gegenübersteht, zum Ansatz gekommen. ;

Der Betrag des Extraordinariums von 39 557718 46. übersteigt ungeachtet der strengen Sparsamkeit, die bei Prüfung der bezüglichen Bedürfnisse maßgebend gewesen ist, denjenigen des laufenden Etats jahres um 796 968 é. Die in Ansatz gebrachte Summe gestattet die planmäßige Weiterführung der in Angriff genommenen Staats⸗ bauten, insbesondere auch die im allgemeinen wirthschaftlichen Inter esse als vorzugsweise dringend anzusehende kräftige Förderung der Arbeiten zur Regulirung der bedeutenderen Ströme des Landes. Für letzteren Zweck sind im Ganzen 7890 400 M, mithin gegen den laufenden Etat mehr 2057 400 „S eingestellt worden. Die im Extraordinarium für die Eisenbahnverwaltang ausgeworfenen 7522 450 Mƽ werden nach dem in Aussicht genommenen Gesetz über die Verwendung der Eisenbahnüberschüsse demnächst der Eisenbahn— kapitalschuld zuzuschreiben und aus den Erträgen der Eiseabahn— verwaltung zu verzinsen sein.

Ein dem Hause der Abgeordneten vorgelegter Entwurf eines Gesetzes, betr. die Abänderung von Be stim mungen der Provinzial-Ordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen, vom

29. Juni 1875, und die Ergänzung derselben lautet: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛe. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Mo—

narchie, was folgt: Artikel JI.

Die §§. 38, 112, 118 und 121 der Provinzialordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen, vom 29. Juni 1876 (Gesetz⸗Samml. S. 335) werden durch nachstehende, den bisherigen Zifferzahlen entsprechende Bestimmungen ersetzt.

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IV. Der Provinzial⸗Landtag beschließt über die Veräußerung ron Grundstücken und Immobiliarrechten. Durch Provinzialstatut kann dem Provinzialausschusse für einzelne Verwaltungszweige und Anstalten die Befugniß zur Veräußerung von Grundstücken minderen Werthes beigelegt e n.

§. 112.

Reklamationen der Kreise gegen die Vertheilung der Provinzial— abgaben unterliegen der Beschlußfassung des Provinzialausschusses.

Die Reklamationen sind innerhalb einer Frist von 4 Wochen nach erfolgter Bekanntmachung der Abgabenbeträge bei dem Provin— zialausschusse anzubringen. .

Gegen den Beschluß des Provinzialausschusses findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Bezirks ⸗Verwaltungsgerichte statt. Hierbei finden die Vorschriften des 5. 146 des Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungegerichte Anwendung.

§ 118.

Beschlüsse des Provinzial⸗Landtages, des Provinzialausschusses oder einer Provinzialkommission, welche deren Befugnisse überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der Ober ⸗Präsident, entstehenden Falles auf Anweisung des Ministers des Innern, mit aufschiebender Wir kung zu beanstanden.

Gegen die Verfügung des Ober⸗Präsidenten steht dem Provinzial Landtage, dem Provinzialausschusse, beziehungeweise der Provbinzial— kommission innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Ober⸗Verwal⸗ tungsgerichte zu. Dieselben können zur Wahrnebmung ihrer Rechte im Verwaltungsstreitrerfahren einen besonderen Vertreter bestellen.

9. 121.

Unterläßt oder verweigert ein Provinzialverband die ihm gesetzlich obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zu ständig⸗ keit festgestellten Leistungen auf den Haushaltsetat zu bringen oder außerordentlich zu genehmigen, so verfügt der Ober-Präsident die Eintragung in den Etat, beziehungsweise die Feststellung der außer— ordentlichen Ausgaben.

Gegen die Verfügung des Ober-Präsidenten steht dem Provin— zialverbande innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Oberdberwal« tungsgerichte zu. Zur Ausführung der Rechte des Provinzialverban— des kann der Provinzial -⸗Landtag einen besonderen Vertreter bestellen.

Artikel II.

In der Ueberschrift und in der Einleitung der Provinzial— ordnung sind die Worte „Provinzen Preußen durch „Provinzen Ost— und Westpreußen“ und in dem §. 98 Ziffer 5 die Worte . BVerwal⸗ tungsgericht' und ‚Verwaltungsgerichte“ durch Bezirks verwaltungt⸗ gericht“ beziehungsweise . Bezirksverwaltungs richte“ zu ersetzen.

In den Fällen der §5§. 25, 24, 98 Nr. 4, und 114 Ubfatz 2 beträgt die Frist zur Erhebung des Einspruches, beziehungsweise der

Klage und der Beschwerde fortan zwei Wochen, in den Fällen des §. 13 die Frist zur Anbringung der Anträge fortan vier Wochen.

Der fünfte Abschnitt des zweiten Titels (85. 62 bis S6), sowie

die 55.2 Absatz 2, 126 und 1277 kommen in Wegfall. Artikel III. ;

Dieses Gesetz tritt am 1. April 1881 in Kraft.

Der Minister des Innern wird ermächtigt, den Text der Pro—⸗ vinzialordnung vom 29. Juni 1875, wie er sich aus den in den Artikeln I. und II. festgestellte! Aenderungen ergiebt, durch die Gesetz⸗ Sammlung bekannt zu machen.

Urkundlich ꝛc.

Begründung.

Die dem Landtage der Monarchie vorgelegten Entwürfe eines Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichte, und einer Novelle zur Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 vermeiden es grundsätzlich, den Verwaltungsbehörden im Verwaltungsstreitverfahren die Parteirolle des Klägers zuzuweisen, indem sie davon ausgehen, daß einem Streit zwischen Einzelnen und einer Verwaltungsbehörde stets eine Anordnung oder ein Beschluß der letzteren voraufzugehen habe, gegen welche klagbar zu werden dem Einzelnen, der sich dadurch in seinen Rechten verletzt fühlt, überlassen bleibt. Dieser Grundsatz, dessen innere Berechtigung in der Begrün⸗ dung zu dem Zuständigkeitsgesetzentwurfe unter VI. näher nachgewiesen wird, ist insbesondere befolgt worden bei den Vorschlägen jenes Ent— wurfes für die Fälle einer Beanstandung gesetzwidriger Befchlüsse der städtischen oder ländlichen FKommunalorgane und für die Fälle der sogenannten Zwangsetatisirung gegen Stadt. oder Landzemeinden, welche die ihnen gesetzlich obliegenden öffentlichen Leistungen verwei⸗ gern (565. 7, 21, bezw. 11, 27 4. a. O.). Der Grundsatz ist ferner zur Geltung gebracht in der Novelle zur Kreisordnung in Betreff der Beanstandung gesetzwidriger Beschlüsse der Amts- oder Kreisorgane (E83. 54a, 128), sowie für die Fälle einer Verweigerung gesetzlich obliegender Leistungen Seitens der Amtsverbände oder der Kreise (85. 72, 180.

Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt zunächst den Zweck, den erwähnten Grundsatz auch in der Provinzialordnung zur Geltung zu bringen. Die Herstellung einheitlicher Grundsätze in den organisch zusammenhängenden Gesetzen erscheint an sich geboten und wird sich auch für die Provinzialorbnung um so weniger umgehen lassen, als gleichzeitig durch besondere Gesetzentwürfe die Einführung der letzteren in mehreren Provinzen, in welchen sie bisher nicht Geltung hatte, in Aussicht genommen ist. Der Entwurf bringt deß⸗

halb im Artikel J.

für die 58. 118 und 121 der Prooinzialordnung, welche die Bean— standung gesetzwidriger Beschlüsse der Organe der Provinzialverbände, beziehungsweise die Fälle der Verweigerung gesetzlich obliegender Leistungen Seitens eines Provinzialverbandes betreffen, eine Fassung in Vorschlag, welche derjenigen der erwähnten analogen Bestimmun— gen des Zuständigkeitsgesetzentwurfs und der Kreisordnungsnovelle entspricht.

Außerdem wird eine zusätzliche Bestimmung zum §. 38 der Pro— vinzialordnung in Vorschlag gebracht. Nach 5§. S8 ist zur Veräuße—⸗ rung von Grundstücken und Immobiligrrechten ein Beschluß des Provinzial-Landtags erforderlich. Diese Vorschrift ist mehrfach als ein Hemmniß empfunden worden, wenn es darauf ankam, in einzel nen Zweigen der Verwaltung, insbesondere bei der Verwaltung der Chausseen oder einzelne mit Grundbesitz verbundener Provinzial anstalten, eine oder die andere Parzelle zum Vortheile der Provinz schnell zu veräußern. Um in dieser Richtung eine Erltichterung zu schaffen, wird es sich empfehlen, nach dem Vorgange ähnlicher Be—⸗ stimmungen der Provinzialordnung, z. B. des §. 91 Absatz 2, die statutarische Uebertragung der Befugniß zur Veräußerung von Grundstücken minderen Werthes an den Provinzialausschuß für zu— lässig zu erklären.

Endlich erscheint es erforderlich, im 5. 112 den in der Begrün— dung des Gesetzentwurfes über die Zuständigkeit der Verwaltungt⸗ behörden und der Verwaltungsgerichte unter IV. D. entwickelten Grundsatz der Ausschließlichkeit des Verwaltungsrechtsweges in Streitsachen über kommunale Abgaben durch Hinweis auf den bezüg— lichen §. 146 des Zuständigkeitsgesetzes auch für die Provinzial⸗ abgaben zur Geltung zu bringen, wobei zugleich die Fristen für An— bringung von Reklamationen und Klagen mit den in den übrigen gleichzeitig vorgelegten Gesetzentwürfen befolgten Grundsätzen in Uebereinstimmung zu bringen fein werden.

Artikel II. bezweckt, außer einer im Hinblick auf die inzwischen erfolgte Thei—⸗ lung der Provinz Preußen erforderlichen Berichtigung der Ueberschrist und der Einleitung der Provinzialordnung, so— wie einer der Bestimmung im 8§. 3 Absatz 2 des Gesetzeö vom 3. Ful 1375 isp . . ; ö 2. August 855 en sprechenden Fassungsänderung im §. 9

Ziffer 5, die in der Provinzialordnung vorgesehenen Fristen für die Echebung von Einspruͤchen, Beschwerden und Anträgen (85. 13, 23 und 114 Absatz 2) dem in dem Gesetze über die Organisation der all⸗ gemeinen Landesverwaltung vom 26. Juli 1880 und in den oben er wähnten Gesetzentwürfen befolgten System anzuschließen. Hinsichtlich der Fristen für die Anbringung der Klage im Verwaltungsstreitver⸗ fahren (88. 24, 98 Nr. 4) ist dieser Anschluß bereits durch die Vor schriften des 5. 42 des erwähnten Organisationsgesetzes bewirkt. Es empfiehlt sich jedoch mit Rücksicht auf den redaktionellen Zweck, den der vorliegende Entwurf nach Artikel III. verfolgt, auch diese Fälle hier mitaufzuführen, was um so unbedenklicher erscheint, als diefer Entwurf gleichzeitig mit dem Organisationsgesetze in Kraft treten soll (Artikel III. Absatz 1). Die Fristen im 5. 112 sind bereits bei der im Artikel J. vorgeschlagenen anderweiten Fassung berücksichtigt.

Der fünfte Abschnitt des zweiten Titels, sowie die 55.2 Abfatz? und 126 der Provinzialordnung sind durch §. 1 Absatz 1 des Sr— ganisationsgesetzes ausdrücklich aufgehoben, der 5. 127, dessen zweiter Satz bereits durch die allgemeinen Vorschriften des §. 2 des Zu—⸗ ständigkeitsgesetzes vom 26. Juli 1876 gedeckt war, wird im Hinblick auf die Vorschriften des 5. 43 des Organisationsgesetzes in Wegfall zu bringen sein.

Wenn im

Artikel III.

vorgeschlagen wird, den Minister des Innern zu ermächtigen, einen gemäß den in Artikel J. und II. vorgeschlagenen Aenderungen be⸗ richtigten Abdruck der Provinzialordnung in der Gesetzsammlung zu veranlassen, so wird sich dies um so mehr empfehlen, als die Ein führung der Provinzialordnung in mehreren Provinzen, in welchen sie bisher nicht galt, beabsichtigt ist.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesun?« heits⸗Amtes sind in der 453. Jahreswoche von je 10690 B wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben ge—⸗ meldet; in Berlin 26,4, in Breslau 23,4, in Königsberg 25,9, in Cöln 31,5. in Frankfurt 4. M. 17,5, in Hannover 33,5, in Cassel 19,6, in Magdeburg 206, in Stettin 21,8, in Altona 22,1, in Straßburg in Metz 17.4, in München 25,5, in Nürnberg 21,6, in Augsburg 18,7, in Dresden 18,9, in Leipzig 176, in Stuttgart 19,5. in Braunschweig 19,6. in Karlsruhe 17,7, in Hamburg 2A, 3, in Basel 20, in Wien 21,2, in Budapest 30,7, in Prag 33,9, in Triest in Krakau 26,l, in Brüssel 24,5, in Paris 2257, in Amster⸗ dam 19.0 in Kopenhagen 30,1, in Stockholm 31,3, in Christiania 25,4, in St, Petersburg 33,l, in Warschau 301, in Odessa 32,2, in Bukarest 237, in Rom 532.7 in Turin 20,3, in Madrid 34,9, in Lon⸗ don 215, in Liverpool 302 in Glasgow 200, in Edinburgh 161, in Dublin 32,7, in Alexandrien (Egypten) —. Ferner aut frühe⸗

ren Wochen: in New⸗Jork 24,77, in Philadelphia 16,7, in Chicago 20,7 in St. Louis 21 9, in Cineinnafi 151, in San Francisko 16,7, in Calcutta 22,4, in Bombay 31,7, in Madras 33.7.

Beim Beginn der Bexichtswoche waren an den deutschen Beob- achtungsstationen südliche (südöstliche und südwestliche) Luftströmun⸗ gen vorherrschend, die am 19. an den meisten Stationen nach West und Nordwest umliefen und unter allgemeiner Abnahme des Luft⸗ druckes in Ost⸗, Nord⸗ und Mitteldeutschland am 21. zu heftigen Nordweststürmen ausart ten, während in Breslau West, in Karls ruhe Südwest wehte. In den letzten Tagen der Woche ging der Wind fast allgemein nach Ost⸗ und Nordost, an den süddeutschen am 23. nach Südwest. Die Luftwärme nahm im Laufe der Woche an den meisten Stationen ab und sank in Bremen bis unter 406. nur an den süddeutschen Beobachtungsstationen stieg die Luftwärme zu Ende der Woche und überstieg bei geringer Zunahme des Luftdrucks das Durchschnittsmaß. An den meisten Stationen erfolgten während der Woche häufige, zum großen Theil auch schneeförmige Niederschläge.

Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten größeren Städte Europas, namentlich der deutschen, blieben auch in der Berichtswoche günstige. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte blieb fast die gleiche wie in der vorhergegangenen Woche 23, 0 (auf 100) Bewohner und aufs Jahr berechnet. Die Theiknahme des Säuglingéalters an der Sterblichkeit nahm noch weiter ab, so daß von 10000 Lebenden aufs Jahr berechnet nur 79 Kinder unter 1 Jahr starben, gegen 83 der Vorwoche (in Berlin 83 gegen 84).

Unter den Todesursachen herrschen Scharlachfieber und diphthe—⸗ rische Affektionen immer noch in vielen Städten, wenn sich im Allge⸗ meinen ein geringer Nachlaß dieser Krankheiten zeigt. Besonders häufig treten Scharlachfieber in den größeren Staͤdten des Nieder⸗ rheins, Cöln, Düsseldorf, Elberfeld, Coblenz, Bonn u. A., sowie in Berlin, Prag, Beuthen, Stargard, Stockholm auf. Diphtherie ge— wann in Berlin, Dresden, Breslau, Danzig, München, Essen, Cöln, Wien u. a. O. größere Ausdehnung und forderte zahlreiche Opfer. Masern waren im Allgemeinen seltener und nur in Bremen häufiger. Todesfälle an Unterleibstyphus waren in Berlin, War schau erheblich vermehrt, auch in Breslau, Wien, Pest und Paris nimmt die Zahl derselben nicht ab. Flecktyphen kamen außer in in St. Petersburg nur aus spanischen Städten zur Meldung, namentlich herrscht diese Typhusform in Madrid. Darmkatarrhe der Kinder treten nur noch in wenigen Städten in außergewöhnlicher Zahl auf, in den meisten entsprechen sie dem normalen Vorkommen dieser Krankheitsgruppen. Die Pocken herrschen in Wien, Pest, Paris noch immer in ziemlicher Ausdehnung, wenn auch die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle an ihnen in Paris etwas abgenommen hat. In Prag, St Petersburg, Warschau, London, Bukarest und Venedig zeigten sie sich in be—⸗ schränkter Zahl, aus Königsberg und Magdeburg kam nur 1 Todes fall daran zur Meldung. In Rom und Madrid waren um die Mitte August resp. Anfang September Pocken häufig.

Das neueste der vom Kaiserlichen statistischen Amte heraus gegebenen Monatshefte enthält die Statistik der Produktion und des Ab⸗ satzes der deutschen Salzwerke, der Einfuhr von Salz aus dem Zollauslande, des Verbrauchs von einheimischem und fremdem Salz innerhalb des Zollgebiets und der Besteuerung sowie der steuer⸗ freien Verwendung von Salj im Etatsjahre 1879/60, dargestellt in 9 detaillirten Uebersichten, deren Hauptergebnisse in einer Reihe von angeschlossenen Tabellen mit den Resultaten der 7 Vorjahre zu⸗ sammengestellt sind. Es ist hieraus zu entnehmen, daß im gedachten Etatsjahre überhaupt 79 Salzproduktionsstätten im Betriebe waren, und zwar 9 Werke mit bergmännischem Betrieb (7 in Staats⸗ und 2 in Privatbesitz , 60 Salinen mit Siedesalzgewinnung (21 Staats- und 39 Privatsalinen) und 10 chemische Fabriken, welche Kochsalz als Nebenprodukt erzeugten. Die Produktion an Siedesalz betrug 187980 4 342 039 Doppelcentner und übersteigt wesentlich die Produktion der 7 Vorjahre, auch die Durchschnitteproduktion der letzten 8 Jahre um ca. 130 00) Doppelcentner. An Krystallsalz wurden 559 074 und an anderem Steinsalz 2344 155 Doppelcentner gefördert, ebenfalls je bedeutend mehr als im Durchschnitt der letzten 8 Jahre. Der Absatz der deutschen Salzwerke an festen Sal produkten betrug gegen 7 Millionen Doppeleentner, von denen etwa 5.4 Millionen im Inlande abgesetzt und 1,6 Millionen in das Ausland ausgeführt wurden; auch diese Mengen sind erheblich größer, als die betreffenden auf die 7 Vorjahre entfallenden. Aus dem Üuslande eingeführt wurden 387 788 Doppelcentner, also verhältnißmäßig eine geringe Menge fremden Salzes. Die der Reichskasse zugeflossenen Saljabgaben (Zoll für fremdes und Steuer für einheimisches Salz) betrugen zusammen ungefähr 4035 Millionen Mark; an abgabefreiem Salz wurden zu landwirthschaftlichen und technischen Zwecken verwendet zusammen 2477 801 Doppelcentner. Der Verbrauch an Speisesalz innerhalb des Zollgebiets betrug 3 299 309 Doppelcentner oder 7,6 kg auf den Kopf der Bevölkerung.

Kunst, Wissenschaft und Ziteratur.

Am 29. Oktober ist zu Wien der als Maler und Illustrator bekannte Professor Johann Nepomuk Geiger im 75. Lebensjahre gestorben.

Das Leben des Staatsraths Kunth. Von Friedrich und Paul Goldschmidt. Mit dem Bildniß Kunths. Berlin, 1881. Verlag von Julius Springer. Gottlob Johann Christian Kunth, geboren d. 12. Juni 1757 zu Baruth, gestorben d. 22. November 1829 zu Berlin, der Erzieher der Brüder Alexander und Wilhelm von Hum— boldt, der Freund und Genosse des Freiherrn von Stein, der eifrige Für sprecher der seiner Zeit allerdings opportunen Gewerbe und Handels- freiheit und der verdienstvolle Förderer des gewerblichen Bildungs wesens, ist hier zum ersten Male der Gegenstand einer ausführlichen Biographie. Den Verfassern stand zur Abfassung derselben nicht nur eine handschriftliche Selbstbiographie Kunths zu Gebote, die in ihrem Besitze befindlich ist, sondern sie waren auch in der Lage, die Kor— respondenz mit dem Freiherrn von Stein und Wilhelm von Hum boldt und die Akten der Behörden dafür zu benutzen, denen Kunth von 1789 bis 1829 angebört hat. Infolgedessen gewährt ihre Darstellung nicht nur ein interessantes Lebensbild, sondern zugleich mannigfache Aufschlüsse über die wirtbschaftlichen Zustände in Preu— ßen vor dem Jahre 1806, vor und nach dem Befreiungskriege, namentlich zur Zeit des Erlasses der Zollordnung von 1808. Die in einem Anhange ausführlich mitgetheilten Berichte aus den Akten des Archivs des Handelsministeriums, Voten, Korrespondenzen, na⸗ mentlich mit Stein, bieten die Unterlage zu einer gründlichen Kennt⸗ niß der Ansichten Kunths, indessen, so nahe dies liegt, wäre es ver⸗ fehlt, daraus eine Nutzanwendung auf unsere heutigen volkswirth⸗ schaftlichen Tagesfragen ziehen zu wollen, da die Lage der Verhält⸗ nisse, wie sich dem aufmerksam Prüfenden von selbst ergeben wird, damals eine dur aus andere war. Kunths Grabmal im Parke ju Tegel ist übrigens allen Berlinern bekannt. Freilich muß die Inschrift: „Grata quiescentem cultorem arbusta loquuntur- den Un- eingeweihten zu der Ansicht verleiten, daß er vor dem Grabe eines Gärtners stehe, jedoch mag Kunth mit dieser selbstgewählten Grab⸗ schrift wohl nicht nur auf seine Bemühungen um die Parkanlage, sondern auch auf seine Verdienste als Erzieher der Brüder Humboldt haben hinweisen wollen.

Das Novemberheft der Deutschen Run dschau (Berlin Gebrüder Paetel) beginnt mit einer Novelle von Arolf Wilbrandt: „Der Gast vom Abendstern“, welche eine jener feinen, aber über⸗ reizten Frauennaturen darstellt, deren Schicksal sich auf der Grenze vollzieht, wo das Psychologische von dem Pathologischen kaum noch zu unterscheiden ist. Die magische Wirkung geht hier von einem Manne aus, der, in ein märchenhaftes Dämmerlicht gekleidet, unter den übrigen Menschen der Novelle voll Leben und Wirklichkeit einberwandelt wie eine schattenhafte Unwirklichkeit. Ein groß ange⸗ legtes, aber düster gestimmtes Gemälde, mit dem Hintergrunde des nordischen Meeres, welches durch alle Stadien, vom sonnigsten, seligsten Frieden bis zum wilden Herbststurme den Gang der Handlung begleitet und in die Katastrophe mächtig eingreift. Einen Gegensatz